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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 18.04.2008 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Sicherheitsleistungen können auch durch Bürgschaft eines der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegenden Kreditinstituts erbracht werden.
G r ü n d e :
2I.
3Die Beklagte stellt her und vertreibt hochwertige Damen- und Herrenoberbekleidung. Die Klägerin war für die Beklagte auf der Grundlage eines am 08.07.1999 abgeschlossenen Handelsvertretervertrages durch Vermittlung von Kaufverträgen im Raum "GUS und Baltikum" tätig. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 25.03.2004 das Handelsvertreterverhältnis u.a. wegen unerlaubter Konkurrenztätigkeit fristlos. Ab dem 25.03.2004 erhielt die Klägerin keine Provisionsabrechnungen mehr. Zu diesem Zeitpunkt standen noch Auslieferungen zur Saison F/S 2004 an Kunden an und lagen bereits Aufträge von Kunden zur Saison H/W 2004 vor, die nach der Vertragsbeendigung auszuliefern waren. Die am 20.07.2004 angestrengte Klage der Klägerin auf Zahlung eines Ausgleichs- und Schadensersatzanspruchs wegen angeblicher Unwirksamkeit der Kündigung hat der Senat - mittlerweile rechtskräftig - (I-16 U 79/05) abgewiesen. In einem weiteren Verfahren vor dem Landgericht Mönchengladbach ( AZ 9 O 29/04 ) hat die hiesige Beklagte und dortige Klägerin eine Abrechnung für die Monate April 2004 bis Juli 2004 in Höhe von 76.768,16 € vorgelegt zu zwischenzeitlich fällig gewordenen Provisionen ( vgl. Bl. 54 der BA) und hiermit gegenüber der eigenen Klageforderung auf Rückzahlung von der dortigen Beklagten und hiesigen Klägerin angeblich zu Unrecht vereinnahmter Kundengelder die Aufrechnung erklärt, worauf hin der Rechtsstreit am 27.09.2004 übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist.
4Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin mit am 16.12.2006 bei Gericht eingegangener Klageschrift Stufenklage erhoben, mit der sie unter anderem einen Buchauszug bzw Auskunft, Provisionsabrechnung und Zahlung der bis zur fristlosen Kündigung noch von ihr vermittelten Geschäfte im Vertragsgebiet begehrt, einschließlich derer, die sich zu diesem Zeitpunkt noch in Auslieferung befanden und noch nicht abgerechnet waren.
5Der Handelsvertretervertrag sieht u.a. folgendes vor:
6§ 1
7……..
82. Ein vom Handelsvertreter vermitteltes Geschäft gilt erst dann als abgeschlossen, wenn es dem Kunden gegenüber durch g… bestätigt worden ist.
9……..
10§ 7
11H…
13M…
14Diese Kunden zahlen direkt an g….
15g… sagt zu, dass alle Informationen, insbesondere Aufträge und Rechnungen der Firma H… und M…, der Firma M… zur Kenntnis gebracht werden.
16……..
18§ 8
20Alle vertraglichen Ansprüche der Parteien verjähren in 12 Monaten. Die Frist beginnt mit dem Ende des Monats, in dem der Anspruch fällig geworden ist. Ausgenommen hiervon sind die Provisionsansprüche des Vertreters. Diese verjähren nach Ablauf von 12 Monaten nach Kenntnisnahme von der Fälligkeit des Provisionsanspruches. Für alle von dem Vertreter selber vermittelten Aufträge gilt die Kenntnisnahme als erfolgt nach Abschluss der jeweiligen Saisonauslieferung, das heißt für die Saison F/S am 30.06. und für die Saison H/W am 31.12. des Jahres.
21Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die vertragliche Verjährungsklausel sei unzulässig, die Beklagte habe durch ihre Provisionsaufstellung im Parallelprozess den Provisionsanspruch anerkannt. Die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung sei treuwidrig.
22Die Klägerin hat die Beklagte auf Erteilung eines Buchauszuges, Auskunft und Provisionsabrechnung und sich heraus ergebender Provision für alle Geschäfte, die die Beklagte im Zeitraum von 2003 bis zum 25.03.2004 mit Kunden im Vertretungsbezirk geschlossen hat, in Anspruch genommen.
23Wegen des genauen Wortlauts der erstinstanzlich gestellten Anträge und des weiteren Parteivorbringens wird auf die landgerichtliche Entscheidung und den Akteninhalt verwiesen.
24Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da mögliche Ansprüche der Klägerin verjährt seien. Es könne offen bleiben, ob die Verjährungsklausel in § 8 des Handelsvertretervertrages vom 08.07.1999 eine - von der Beklagten ständig verwendete - AGB-Klausel oder eine individualvertragliche Regelung sei. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin von einer AGB-Klausel ausgehe, verstoße diese nicht gegen die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahre 1999 geltende Vorschrift des § 9 Abs. 2 Nr.1 AGB sowie gegen § 88 HGB a.F., § 8 des Handelsvertretervertrages widerspreche nicht dem in § 88 HGB a.F. für die Verjährung festgelegten Grundsatz der Gleichbehandlung der Ansprüche des Handelsvertreters und des Unternehmers, sondern begünstige sogar den Handelsvertreter, indem für seine vorliegend maßgeblichen Provisionsansprüche eine erweiterte Verjährungsfrist über 12 Monate hinaus geregelt sei, so dass der Gesichtspunkt der Waffengleichheit zugunsten des Handelsvertreters erweitert sei. Hinsichtlich der Verjährung der Provisionsansprüche werde auf die Kenntnisnahme von der Fälligkeit des Provisionsanspruches abgestellt und damit auf einen von der Rechtsprechung für zulässig erachteten Gesichtspunkt. Soweit in § 8 Satz 4 für alle vom Vertreter selber vermittelten Aufträge darauf abgestellt werde, dass die Kenntnisnahme nach Abschluss der jeweiligen Saisonauslieferung als erfolgt gelte, werde auch diese Regelung für zulässig erachtet, da die Auslieferung der F/S-Ware bereits erhebliche Zeit vor dem 30. Juni und die Auslieferung der H/W-Ware üblicherweise am 31.12. längst abgeschlossen sei, so dass dem Handelsvertreter genügend Spielraum verbleibe, um sich Kenntnis von diesen provisionspflichtigen Geschäften zu verschaffen. Im Hinblick auf § 8 S.4 des Handelsvertretervertrages, den die Kammer ebenfalls für zulässig erachte, käme es auch nicht darauf an, wann die Klägerin tatsächlich Kenntnis erlangt habe. Die Kenntnis werde spätestens mit Ablauf des 30. Juni 2004 fingiert. Darüberhinaus habe die Klägerin aber durch das Inkasso und die übersandten Provisionsabrechnungen tatsächlich Kenntnis erlangt. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Beklagte durch Überreichen der Provisionsaufstellung im Parallelprozess am 27.09.2004 Ansprüche der Klägerin anerkannt haben sollte, würde dies nur zu einem Neubeginn der Verjährung gem. § 212 I Nr.1 BGB geführt haben und die Jahresfrist wäre im September 2005 und damit vor Klageerhebung abgelaufen. Soweit sich die Klägerin für ihre Auffassung auf eine Entscheidung des OLG Celle vom 23.08.2001 stütze, betreffe diese Entscheidung nicht nur eine andere Klausel, sondern auch einen Anspruch nach § 89b HGB und dessen Prüfung anhand § 89b Abs. 4 S. 2 HGB, während es im vorliegenden Rechtsstreit um den Provisions- und Auskunftsanspruch über offene Provisionsansprüche gehe. Im Hinblick auf die Firma H…, die die Firma M… vor Jahren übernommen habe, sei ebenfalls von einer Kenntnis der Klägerin von vermittelten Geschäften an die Firma H… auszugehen, da diese Transport, Verzollung und Logistik des Versandes vorgenommen habe und so über die endgültig zustande gekommenen Aufträge informiert gewesen sei. Da es für die Frage des Transports und der Verzollung auch notwendig gewesen sei, die Rechnungsdetails zu kennen, käme es nicht darauf an, dass die Zahlungen bei diesem Kunden nicht über die Klägerin, sondern unmittelbar über die Beklagte gelaufen seien. Die Einlassung der Klägerin, sie habe keine Kenntnis gehabt, sei insofern nicht plausibel, zumal die Beklagte nach § 7 des Handelsvertretervertrages ausdrücklich zugesagt habe, alle Informationen, insbesondere Aufträge und Rechnungen der Fa. H… der Klägerin zur Kenntnis gebracht werden. Mit ihrer pauschalen Behauptung, die Beklagte sei ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, könne sie angesichts des fast 5jährigen Vertragsverhältnisses nicht gehört werden, da sie keinerlei Schriftverkehr vorlege, aus dem die Beklagte ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sei, obwohl sie, die Klägerin, die monatlichen Abrechnungen der Beklagten genau kontrolliert habe.
25Die Berufung auf die Einrede der Verjährung sei auch nicht treuwidrig. Als die Beklagte im Parallelverfahren als dortige Klägerin Provisionsansprüche in Höhe von 71.629,21 € errechnet habe, hätte nichts näher gelegen, als bereits innerhalb der vertraglich vereinbarten Verjährungsfrist mögliche weitergehende Ansprüche geltend zu machen. Die Beklagte habe damit nicht weitere mögliche Ansprüche der Klägerin vereitelt, sondern entsprechend der damaligen Prozesssituation lediglich mit dem notwendigen Betrag aufgerechnet.
26Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie die erstinstanzlich geltend gemachten Klageanträge weiterverfolgt und zudem hilfsweise geltend macht, ihr Provisionsabrechnungen ab April 2004 fortlaufend über alle Geschäfte zu erteilen, die die Beklagte im Zeitraum 2003 bis zum 25.03.2004 mit Kunden im Vertretungsgebiet der Klägerin Gus und Baltikum mit von der Beklagten hergestellten und vertriebenen Artikeln im Bereich DOB- und Haka - Kunden geschlossen hat.
27Sie macht geltend, die Ansprüche seien nicht verjährt. § 8 des Handelsvertretervertrages sei gesamtnichtig.
28Der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges würde bei Wirksamkeit von § 8 Satz 1, 2 kenntnisunabhängig verjähren, da er nicht von den Regelungen nach § 8 Satz 3, 4 erfasst wäre, wonach nur Provisionsansprüche kenntnisabhängig verjähren würden. Eine Verjährungsverkürzung für Ansprüche aus dem Handelsvertretervertrag sei jedoch nur dann zulässig, wenn sie kenntnisabhängig erfolge. Von der Regelung sei auch ein Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB erfasst. Es seien Konstellationen denkbar, in denen die Frist zur Geltendmachung nach 89b Abs.4 HGB noch laufe, der Anspruch aber schon verjährt sei. Außerdem würde dem Handelsvertreter bei Verjährungsverkürzung auf ein Jahr zugemutet, am letzten Tag der Anmeldefrist Klage einzureichen, was zu einer unangemessenen Benachteiligung des Handelsvertreters führe. Entgegen der Auffassung des Landgerichtes käme es nicht darauf an, dass hier Ansprüche nach § 89 b HGB nicht in Rede stünden. Es käme lediglich darauf an, ob eine wirksame Regelung im Handelsvertretervertrag vorliege. Dies sei nicht der Fall, denn die Verjährung von Ausgleichsansprüchen in so kurzer Zeit sei unwirksam, wie dies auch das OLG Celle in seiner Entscheidung vom 23.08.2001-11U 247/99) festgestellt habe. Die Unwirksamkeit des § 8 S. 1 führe zur Gesamtnichtigkeit der Bestimmung gem. § 139 BGB.
29Aber auch die vertragliche Regelung des § 8 S. 3, 4 sei unwirksam. Die Bestimmung stelle keine kenntnisunabhängige Verjährungsregelung dar. Eine Verkürzung der Verjährung für Provisionsansprüche sei nur dann zulässig, wenn sichergestellt sei, dass der Handelsvertreter sichere Kenntnis von der Existenz der Ansprüche habe und in der Lage sei, den Anspruch geltend zu machen und eine bereits laufende Verjährung durch Klageerhebung zu unterbrechen. Wenn dagegen nach der konkreten Vertragsgestaltung und geübten Vertragspraxis die Möglichkeit bestehe, dass Provisionsansprüche entstünden und verjährten, ohne dass der Handelsvertreter davon Kenntnis erlange, so sei die abgekürzte Verjährungsfrist unwirksam. Da die Beklagte sich nach § 2 Ziffer 3 des Handelsvertretervertrages das Recht vorbehalten habe, in dem Vertretungsgebiet der Klägerin selbst tätig zu werden, insbesondere im Fall einer Kündigung des Handelsvertretervertrages während der Auslaufzeit - wovon jedoch der Provisionsanspruch des Handelsvertreters unberührt bleibe – sei es sehr wohl möglich gewesen, dass Provisionsansprüche für die Klägerin entstanden seien, von denen die Klägerin keine Kenntnis erlangt habe. Deswegen sei eine kenntnisunabhängige Verjährung mit Kenntnisfiktion, wie § 8 S. 4 sie vorsehe, nicht wirksam. Die Klägerin könne nicht wissen, ob mit Ende der Saisonauslieferung nicht auch eigene Liefergeschäfte der Beklagten getätigt worden seien. Monatliche Provisionsabrechnungen, wie in § 7 des Handelsvertretervertrages vorgesehen, seien nur bis zum 25.03.2004 erteilt worden. Ohne eine solche Abrechnung fehle der Klägerin aber die Möglichkeit zu überprüfen, ob die Provisionen mit den ihr erteilten Aufträgen übereinstimmten oder nicht. Die Fiktion kenntnisunabhängiger Verjährung passe dann nicht mehr in das Vertragssystem, weil sie nur Sinn ergebe, wenn die Beklagte als Unternehmer auch ordnungsgemäß abrechne. Ohne eine solche Abrechnung aber könne die Klägerin Geschäftsvorgänge, die sich auf ihre Provisionsansprüche auswirkten, wie zum Beispiel Minderlieferungen oder Reklamationen nicht werten. Die Wirksamkeit des § 8 würde damit wesentlich davon abhängen, dass die Beklagte der "Provisionsvorlagepflicht" nachkomme.
30Dem stehe auch das vorgenommene Inkasso nicht entgegen, da es nicht ausschließe, dass Direktgeschäfte von Kunden mit der Beklagten ohne Kenntnis der Klägerin getätigt worden seien. Solche Geschäfte habe es in der Vergangenheit auch gegeben. Von direkten Lagerabverkäufen der Beklagten an den Kunden H… habe die Klägerin in der Vergangenheit erst mit der Provisionsabrechnung erfahren. Insoweit habe auch kein Inkasso stattgefunden.
31Aber auch das Inkasso und die logistische Abwicklung hätten der Klägerin keine hinreichende Kenntnismöglichkeit verschafft, insbesondere nicht nach der Kündigung vom 25.03.2004. Ab dem Zeitpunkt der Kündigung habe sie, die Klägerin die logistische Abwicklung für den Kunden H… nur noch in dessen Auftrag durchgeführt. Soweit ihr nunmehr Rechnungen zur Verfügung gestellt worden seien, die dazu geführt hätten, dass der Kunde direkt an die Beklagte gezahlt habe, seien diese für die Klägerin nur für die Abwicklung der Zollformalitäten von Bedeutung gewesen. Die Unterlagen seien aber nicht als Rechnungsnachweis isoliert abgeheftet worden. Dass Rechnungen bei den Zollformalitäten beigelegen hätten, bedeute daher nicht, dass die Klägerin Kenntnis vom Entstehen der Provisionsansprüche gehabt habe. Dies hätte vorausgesetzt, dass die Beklagte ihrer Abrechnungspflicht nachgekommen wäre. Bei allen anderen Kunden im Vertragsgebiet der Klägerin habe die Beklagte ab dem 25.03.2004 die logistische Abwicklung selbst vorgenommen, da der ehemalige Mitarbeiter der Klägerin N… von der Beklagten abgeworben worden sei und für diese die Vertretung übernommen habe. In all diesen Fällen habe die Klägerin keine Kenntnis mehr von Rechnungen und dem Warenabgang erhalten. Da der volle Provisionsanspruch nach § 7 Nr. 1 des Vertrages erst mit Zahlung des Kunden entstanden sei, und die Klägerin auch hierüber keine Kenntnis gehabt habe, sei die Verjährungsklausel des § 8 unwirksam, da sie an kenntnisunabhängige Tatbestände anknüpfe. Wie der Parallelprozess jedoch zeige, seien durchaus nach dem 25.03.2004 noch Provisionsansprüche der Klägerin entstanden, über die sie jedoch mangels Abrechnung keine Kenntnis erlangt habe. Unter diesen Voraussetzungen sei eine an das Saisonende anknüpfende Fiktion der Kenntnis und damit der Verjährung nicht zulässig. Dem Schweigen könne im Handelsverkehr nur dann Zustimmungswirkung zukommen, wenn der Schweigende Kenntnis von den Umständen habe, zu denen er zustimmen soll. Diese seien der Klägerin jedoch gerade verheimlicht worden. Es handele sich bei § 8 um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, auf die eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stattfinde. Das Landgericht habe § 9 Abs.2 Nr. 1 AGBG zu Unrecht angewendet, da nach der Übergangsregelung des Art. 229 § 5 S.2 EGBGB das seit dem 01.01.203 geltende Recht in Form der §§ 305 ff BGB Anwendung fände. Sowohl die Möglichkeit, dass Provisionsansprüche kenntnisunabhängig entstanden sein könnten, als auch die Abweichung von der geübten Vertragspraxis durch die Beklagte mache die Verjährungsverkürzung nach der Wertung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unzulässig. Die Klausel verstoße auch gegen die Wertungen der §§ 308, 309 BGB.
32Zudem sei die Weigerung, einen Buchauszug zu erstellen, unter Berufung auf die Verjährung treuwidrig. Die Informationsrechte des § 87 c HGB seien nach § 87c Abs. 5 HGB zwingend. Die Beklagte habe durch die Nichtvorlage der Provisionsabrechnungen und Herauskopieren nur eines Teiles von entstandenen Provisionsansprüchen der Klägerin jegliche Kenntnisnahme des Entstehens der Provisionsansprüche und über deren Höhe genommen. Wer sich derart vertragswidrig verhalte, könne sich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen.
33Das Landgericht habe zudem nicht berücksichtigt, dass die Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz vom 19.03.2008 auf Seite 4. hilfsweise neue Anträge formuliert habe, über die hätte verhandelt werden müssen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Die auch mit der Berufung unter Ziffer 2 gestellten Anträge berücksichtigten das veränderte vertragswidrige Provisionsabrechnungsverhalten der Beklagten. Mit den neuen Anträgen habe das Landgericht sich zu Unrecht nicht beschäftigt.
34Die Klägerin beantragt,
35die Beklagte zu verurteilen,
36jeweils in zeitlicher Reihenfolge;
39b.) hilfsweise der Klägerin Auskunft zu erteilen über alle noch offenen Provisionsansprüche der Klägerin für den Zeitraum 2003 bis zum 25.03.2004 aus Geschäften der Beklagten mit von ihr hergestellten und vertriebenen Artikeln im Bereich DOB- und Haka-Kunden im Vertretungsbezirk der Klägerin GUS und Baltikum;
40c.) an die Klägerin eine Provisionsabrechnung hinsichtlich der sich aus dem Buchauszug oder der Auskunft ergebenden abrechnungs- und zahlungspflichtigen Geschäfte zu erteilen;
41d.) an die Klägerin sich aus der Provisionsabrechnung ergebende Provision zzgl Zinsen in Höhe von 8%-Punkten über dem jeweiligen Basissatz hierauf sei dem 16.12.2006 zu zahlen abzüglich für die Monate April bis Juli 2004 anteilig verrechneter 71.629,21 €.
422. hilfsweise:
43(1) die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Provisionsabrechnungen ab April 2004 fortlaufend über alle Geschäfte zu erteilen, die die Beklagte im Zeitraum 2003 bis zum 25.03.2004 mit Kunden im Vertretungsgebiet der Klägerin….geschlossen hat.
44(2) die Beklagte wird verurteilt, die sich aus diesen Provisionsabrechnungen ergebenden Provisionsansprüche der Klägerin gegenüber abzurechnen und die sich aus der Abrechnung ergebende Provision zu zahlen zzgl Zinsen in Höhe von 8%-Punkten über dem jeweiligen Basissatz hierauf sei dem 11.08.2006 abzüglich für die Monate April bis Juli 2004 anteilig verrechneter 71.629,21 €.
45Die Beklagte beantragt,
46die Berufung zurückzuweisen.
47Sie macht geltend, dass ein eventuell bestehender Provisionsanspruch ebenso wie ein Anspruch auf Erstellung eines Buchauszuges verjährt seien. Die vertragliche Regelung in § 8 trage den Anforderungen der Rechtsprechung an die Verkürzung der Verjährung Rechnung. Unter Berücksichtigung der vertraglichen Regelungen und den besonderen Umständen der Ausgestaltung der Zusammenarbeit der Parteien sei es ausgeschlossen gewesen, dass Ansprüche der Klägerin verjähren konnten, bevor sie davon Kenntnis erlangen konnte bzw habe. Der Handelsvertreter habe regelmäßig bereits vor der Beendigung des Handelsvertretervertrages Kenntnis von einem Anspruch, die vereinbarte Verjährungsfrist laufe dennoch erst ab Fälligkeit. Da innerhalb eines Jahres nach Vertragsbeendigung nach aller Erfahrung eine Auseinandersetzung der Parteien darüber stattfinde, ob ein Ausgleichsanspruch bestehe und auch ein Rechtsstreit in aller Regel binnen Jahresfrist entstehe, sei es durchaus sachgerecht, Ausschluss und Verjährungsfrist durch vertragliche Vereinbarung gleich laufen zu lassen. Es sei keine unangemessene Benachteiligung, wenn die Verjährungsfrist für den Ausgleich nicht erst am Tag nach dem Ablauf der Ausschlussfrist ablaufe. Da eine Verkürzung der Verjährungsfrist auf 12 Monate und nicht eine Frist von nur 6 Monaten vorgesehen sei, sei es ausgeschlossen, über die Verjährungsverkürzung die Ausschlussfrist zu verkürzen. Aber auch Provisionsansprüche hätten nach der vertraglichen Regelung nicht ohne Kenntnis des Handelsvertreters verjähren können. Der Provisionsanspruch sollte nach § 7 entstehen und fällig werden mit dem Eingang der Kundenzahlungen. Da § 8 S.3 hinsichtlich der Verjährung der Provisionsansprüche vorsehe, dass diese nach Ablauf von 12 Monaten nach Kenntnisnahme von der Fälligkeit des Provisionsanspruches eintrete, bedeute dies 12 Monate nach Kenntnisnahme von dem jeweiligen Geschäftsvorgang und der daraus resultierenden Kundenzahlung. Soweit die Klägerin nicht informiert gewesen sei über einen Geschäftsvorgang, sei sie auch vor einer verkürzten Verjährungsfrist geschützt gewesen. Die Beklagte habe auch keine Direktverkäufe in das Vertragsgebiet getätigt, ohne dass die Klägerin davon erfahren habe. Solche Verkäufe habe es nicht gegeben. Soweit die Beklagte während der Vertragsdauer Lagerverkäufe mit Kunden der Klägerin getätigt habe, seien diese mit der Klägerin ausnahmslos abgerechnet worden. Direktverkäufe hätten ohne Einbindung der Klägerin auch gar nicht realisiert werden können, da die Klägerin die Einzige zur Verfügung stehende Vertragspartnerin gewesen sei. Die Ausnahme des § 8 S. 4 habe nur die Fälle betroffen, in denen die Klägerin die Aufträge selber vermittelt habe. Nach den besonderen Vertragsmodalitäten hätte auch hier eine Kenntnis der Klägerin jeweils vorgelegen. So seien die Aufträge über die Klägerin nur dann ausgeliefert worden, wenn diese gem. § 7 Nr. 2 für diese Aufträge auf eigenes Risiko Vorkasse geleistet habe. Die Beklagte habe keine Kenntnis davon, wie die Klägerin die Zahlungen der Kunden an sie geregelt habe, müsse aber davon ausgehen, dass die Klägerin von ihren Kunden ebenfalls Vorkasse eingefordert und erst auf der Grundlage dieser Zahlungseingänge ihrerseits die Vorkasse an die Beklagte geleistet habe. Auch Reklamationen seien stets über die Klägerin abgewickelt worden, die sich ihrerseits mit der Beklagten ins Benehmen gesetzt habe. Danach sei nach der grundsätzlichen Verjährungsregelung ( § 8 S. 3 ) die Zahlung der Klägerin an die Beklagte als Anknüpfungspunkt für den Beginn der Verjährungsfrist zu sehen, von der die Klägerin stets Kenntnis gehabt habe. Vereinfachend sollten demgegenüber nach § 8 S. 4 die Provisionsansprüche aus solchen Geschäften nicht bereits beginnend ab Eingang der Vorkassezahlungen der Klägerin verjähren können, sondern erst später, nämlich nachdem die Saisonware anschließend an die Kunden ausgeliefert und regelmäßig von dort an die Verbraucher verkauft worden seien.
48Die Klägerin habe während der Dauer des Vertragsverhältnisses ihren Anspruch auf Erstellung eines Buchauszuges geltend machen können. Hierzu hätte die Beklagte aufgrund der aufgezeigten Vertragsabwicklung über die Klägerin jedoch der Auskunft der Klägerin bedurft und die Beklagte hätte erst ihren Auskunftsanspruch gegen die Klägerin durchsetzen müssen, um den Auskunftsanspruch gegenüber der Klägerin erfüllen zu können. Daher habe ein berechtigtes Interesse daran bestanden, die Verjährungsfristen zu verkürzen. Die Klägerin selber habe die Ursache dafür gesetzt, dass ihr seit April 2004 keine Provisionsabrechnungen mehr erteilt worden seien. Sie habe vor und nach der fristlosen Beendigung des Vertragsverhältnisses die Kundengelder auf bereits vorliegende Bestellungen, d.h. solche bei denen die Kundenaufträge vor Vertragsende aufgegeben worden seien, die aber nach Vertragsende unter der Voraussetzung der Vorkasse zur Auslieferung standen, selber vereinnahmt und nicht weitergeleitet, so dass die Beklagt die Ware auch nicht mehr habe an Kunden ausliefern können.
49Aus diesem Grund habe sie, die Beklagte, die Klägerin auch im Parallelverfahren gerichtlich in Anspruch genommen, ohne zu wissen, ob die Klägerin vollständige Auskunft über die vereinnahmten Kundengelder erteilt hatte. Da sich während des Prozesses noch Provisionsansprüche der Klägerin ergeben hätten, habe sie diese bis zur Höhe der Klageforderung anerkennen wollen und aufgerechnet, obwohl sie der Auffassung sei, dass vertraglich kein Anspruch auf Überhangprovisionen mehr bestehe. Der Klägerin sei jedoch nicht entgangen, dass in der Zeit ab August 2004 weitere Provisionen angefallen sein mussten. Sie habe anhand ihrer Dokumentation abgleichen können, von welchen weiteren Kunden noch Bestellungen zur Auslieferung im 2. Halbjahr vorgelegen hätten. Nicht die Unkenntnis habe die Klägerin von der Anforderung einer Provisionsabrechnung in den Folgejahren abgehalten, sondern die Erkenntnis, dass gem. § 7 Nr. 5 S.1 auf Aufträge, die erst nach Vertragsende ausgeliefert werden, eine Provision nicht mehr geschuldet sei. Die Klägerin habe gewusst, dass noch Aufträge ausgeführt wurden, für die ihr auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung noch Provisionen zugestanden hätten. Dies habe auch für den Kunden H… gegolten, von dem die Klägerin die Aufträge nicht nur vermittelt, sondern für den sie auch nachvertraglich noch die Abwicklung der Auslieferung durchgeführt und hierfür die Rechnungen in Händen gehalten habe. Zwar sei zutreffend, dass die Klägerin hinsichtlich der Umsätze ab August 2004 keine positive Kenntnis mehr gehabt habe, wann und in welcher Höhe die Kundenzahlungen eingetroffen seien. Sie habe aber gewusst, dass die Beklagte nur gegen Vorkasse liefere und welche Lieferungen an welche Kunden angestanden hätten. Bei von der Klägerin selbst vermittelten Aufträgen sei es daher durchaus sachgerecht, dass die vertragliche Verjährungsfrist nach Abschluss der Verkaufssaison im Handel zu laufen begann. Die Klägerin habe wissen müssen, dass ihr möglicherweise zustehende Provisionen aus nachvertraglichen Auslieferungen jetzt beansprucht werden konnten oder gar nicht mehr. Zu diesem Zeitpunkt habe sie die abschließende Abrechnung und den abschließenden Buchauszug hierüber beanspruchen können. Gleiches gelte für den Kunden H….
50Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
51II.
52Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
53A.
54Der Klägerin steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Buchauszug gem. § 87c BGB über alle Geschäfte, die die Beklagte im Zeitraum von 2003 bis zum 25.03.2004 mit Kunden im Vertretungsbezirk der Klägerin geschlossen hat, nicht zu. Dabei geht es der Klägerin, wie sie mit der Berufungsbegründung klarstellt, um die Erteilung eines Buchauszuges über solche Geschäfte, die die Beklagte vor Vertragsbeendigung abgeschlossen hat, die jedoch erst nach Vertragsbeendigung ausgeliefert worden sind, zumal ein Buchauszug hinsichtlich der von der Beklagten abgerechneten Monate bis 3/2004, die die Klägerin unstreitig als richtig quittiert hat, nicht mehr verlangt werden kann. Wie der Senat bereits in der Beschwerdeentscheidung 16 W 40/08 angedeutet hat, spricht vieles dafür, dass § 7 Nr. 5 des HV dahingehend zu verstehen ist, dass die Beklagte Provisionen auch für solche Geschäfte schuldet, die vor Vertragsbeendigung geschlossen und bestätigt, aber erst nach Vertragsbeendigung ausgeliefert worden sind.
55Hinsichtlich dieser Ansprüche, d.h. für die Zeit ab April 2004 ist die Beklagte ihrer Abrechnungspflicht bislang nicht – jedenfalls nicht vollständig - nachgekommen. Gleichwohl kann ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges auch insofern nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Denn insoweit sind etwaige Provisionsansprüche der Klägerin jedenfalls verjährt.
561.
57Da es sich bei den Informationsrechten nach § 87c HGB um bloße Hilfsrechte zur Durchsetzung der Zahlungsansprüche aus dem Handelsvertreterertrag handelt, hängt ihr Fortbestehen vom Schicksal der Zahlungsansprüche ab (vgl. Löwisch in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, 2. Aufl. § 87c Rdnr. 18). Die Informationsrechte werden gegenstandslos und können nicht mehr durchgesetzt werden, wenn die Provisionsansprüche, die sie vorbereiten sollen, verjährt sind oder aus anderen Gründen nicht mehr durchgesetzt werden können (vgl. BGH, NJW 1979, 764; NJW 1982, 235, 236; NJW 1996, 2100, 2101; Löwisch in: Ebenroth/Boujong/Joost, a.a.O., § 87c Rdnr. 18; Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., § 87c Rdnr. 1). Als Hilfsanspruch verliert der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs in diesen Fällen seine Bedeutung.
582.
59Nach § 8 des zwischen den Parteien geschlossenen Handelsvertretervertrages verjähren die vertraglichen Ansprüche - wozu auch der Provisionsanspruch des Handelsvertreters gehört - in 12 Monaten nach Kenntnisnahme von der Fälligkeit des Provisionsanspruches, § 8 S. 3. Diese Kenntnisnahme wird für alle von der Klägerin selber vermittelten Verträge fingiert nach Abschluss der jeweiligen Saisonauslieferung. Damit ist nach der vertraglichen Regelung die Kenntnis der Klägerin spätestens mit dem Saisonabschluss der Herbst/Winter Saison 2004 zu fingieren und damit sind Provisionsansprüche spätestens am 31.12.2005 verjährt. Eine Hemmung der Verjährung hat nicht stattgefunden, da die Klage erst am 16.12.2006 eingereicht wurde.
603.
61Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die vertragliche Regelung in § 8 des Handelsvertretervertrages auch nicht unwirksam.
62a.) Im Ergebnis kann letztlich dahinstehen, ob es sich bei den hier streitigen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen oder einen individuell ausgehandelten Vertrag handelt. Die Klägerin hätte allerdings darzulegen, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen, was sie nur unzureichend getan hat. Sie ist vielmehr zunächst selber davon ausgegangen, dass dies dahinstehen könne. Entgegen der Auffassung des Landgerichtes ist allerdings gem. Art. 229 § 5 S.2 EGBGB das nach dem 01.01.2003 geltende Recht, und damit nicht § 9 AGBG anwendbar, sondern die §§ 307 ff BGB, da es sich bei dem Handelsvertretervertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt.
63b.) Die Regelung des § 8 HV ist jedoch weder als Allgemeine Geschäftsbedingung noch als individualvertragliche Regelung unwirksam. Es kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht festgestellt werden, dass diese gegen zwingendes Recht verstößt oder den Handelsvertreter unzulässig benachteiligt. Die gegenüber § 88 HGB a.F. bzw § 195 BGB bestehende Verjährungsverkürzung ist nicht zu beanstanden.
64Es ist mittlerweile allgemein anerkannt, dass die gesetzliche Verjährungsfrist für Ansprüche aus dem Handelsvertretervertrag vertraglich abgekürzt werden kann.
65Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ( vgl. BGH-RR 1991, 35 ff mwN) ist für die Zulässigkeit einer Abkürzung der Verjährungsfrist zum einen die Gleichbehandlung der Ansprüche von Handelsvertreter und Unternehmer, jedenfalls aber der Ausschluss einer Benachteiligung des Handelsvertreters, und ferner Voraussetzung, dass anerkennenswerte Interessen zumindest einer der Vertragsparteien eine angemessene Beschränkung der Verjährungsfrist rechtfertigen. Da vorliegend nicht allein die Ansprüche des Handelsvertreters von der Verjährungsverkürzung betroffen sind, sondern auch die des Unternehmers bestehen hinsichtlich der ersten Voraussetzung keine Bedenken.
66Zudem dient die Abkürzung der Verjährungsfrist, wie sie vorliegend vereinbart ist, einer zügigen Abwicklung des Vertrages und einer baldigen Klärung der beiderseitigen Rechte und Pflichten. Diesem von den Vertragsschließenden verfolgten Vertragszweck ist grundsätzlich die Anerkennung nicht zu versagen.
67Auch sonst stellt die Abkürzung der Verjährungsfrist auf zwölf Monate vorliegend keine zu den Grundsätzen von Treu und Glauben in Widerspruch stehende Beeinträchtigung der schutzwürdigen Interessen der Parteien dar, auch nicht der Interessen des Handelsvertreters. Offen gelassen hat der Bundesgerichtshof in der oben zitierten Entscheidung, wie die Situation zu beurteilen wäre, wenn in Betracht gezogen werden müsste, dass in einer ins Gewicht fallenden Anzahl von Fällen Ansprüche des Handelsvertreters verjährten, bevor dieser von ihrer Existenz Kenntnis erlangt hätte.
68Hieraus ist allgemein der Schluss gezogen worden, dass Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Abkürzung der Verjährungsfrist sei, dass sichergestellt werden müsse, dass die vereinbarte Verjährungsfrist nicht vor der Kenntniserlangung des Handelsvertreters von der Anspruchsentstehung zu laufen beginnen könne (vgl. Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 1, 3. Auflage 2000 Rdn.1301, Band 2, 7. Auflage 2003 Rdn.1648).
69Auch diese Voraussetzung ist entgegen der Auffassung der Klägerin vorliegend erfüllt. Bei dieser Beurteilung sind die Besonderheiten der Vertragsabwicklung der Parteien zu berücksichtigen. Für Provisionsansprüche des Handelsvertreters stellt § 8 des Handelsvertretervertrages für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung ab. Aber auch hinsichtlich der anderen Ansprüche des Handelsvertreters aus dem Handelsvertretervertrag kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese verjähren könnten, ohne dass die Klägerin zuvor vom Bestehen der Ansprüche Kenntnis erlangt hätte.
70Der Ausgleichsanspruch gem. § 89 b HGB wird fällig einen Tag nach Beendigung des Handelsvertretervertrages ( vgl. hierzu Küstner/Thume Band 2 Rdn. 1630). Kenntnis von dem eventuellen Bestehen eines solchen Anspruchs hat der Handelsvertreter schon vorher, selbst wenn die Parteien um die Wirksamkeit einer Kündigung streiten. Die 12 Monatsfrist des § 8 beginnt dennoch erst am Ende des Monats, in dem der Anspruch fällig wird, d.h. jedenfalls nicht vor Kenntnis von der Beendigung des Vertrages und damit Entstehen des Anspruchs. Soweit sich die Klägerin unter Berufung auf eine Entscheidung des OLG Celle darauf beruft, dass eine Abkürzung der Verjährungsfrist einen Verstoß gegen den Unabdingbarkeitsgrundsatz des § 89b Abs.4 HGB darstellt, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden ( vgl. auch Küstner/Thume Band 2 Rdn. 1638 mwN). Die Abkürzung der Verjährungsfrist hat mit dem in § 89b Abs. 4 Satz 1 HGB niedergelegten Unabdingbarkeitsgrundsatz nichts zu tun. Durch diesen Grundsatz soll verhindert werden, dass der Ausgleichsanspruch im Voraus ausgeschlossen wird. Damit soll gleichzeitig der Schutzbedürftigkeit des Handelsvertreters Rechnung getragen werden. Eine abgekürzte Verjährungsfrist stellt aber weder einen Ausschluss des Ausgleichsanspruchs noch eine Verletzung dieses Schutzzwecks dar, der im Unabdingbarkeitsgrundsatz zum Ausdruck kommt.
71Die Abkürzung der Verjährung soll vielmehr der schnellen Abwicklung des Ausgleichs-Schuldverhältnisses dienen und damit den Interessen beider Parteien. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass es für einen Handelsvertreter, der ja in der Regel – wie auch hier - Kaufmann ist, zumutbar sein dürfte, sich alsbald nach der Vertragsbeendigung um die Regelung seines Ausgleichsanspruchs zu bemühen, zumal er ja ohnehin gehalten ist, die in § 89b Abs. 4 HGB niedergelegte Ausschlussfrist zu beachten und den Ausgleichsanspruch rechtzeitig geltend zu machen.
72Auch stellt es keinen unzumutbaren Nachteil dar, wenn die Geltendmachung durch verjährungsunterbrechende Maßnahmen geschehen muss. Zwar muss bei der Abkürzung der Verjährungsfrist die zwingende zwölfmonatige Ausschlussfrist des § 89b Abs.4 S.2 HGB beachtet werden, so dass die Verjährungsfrist nicht ablaufen darf, bevor der Anspruch innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht werden muss. Dies ist jedoch nur dann von Bedeutung, wenn – was vorliegend nicht der Fall ist – die Verjährungsfrist kürzer als ein Jahr ist oder früher zu laufen beginnt.
73Soweit die Klägerin geltend macht, der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges könne ohne Kenntnis des Handelsvertreters vom Bestehen des Anspruches verjähren, ist dies von der Klägerin nicht weiter ausgeführt, aber auch nicht vorstellbar. Dem Handelsvertreter steht bei der Abrechnung ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges zu. Die Entstehung des Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs setzt grundsätzlich eine zunächst erfolgte Abrechnung der dem Handelsvertreter zustehenden Provisionsansprüche und eine fehlende Einigung der Parteien über die erfolgte Abrechnung voraus. Wie der Handelsvertreter in diesem Fall keine Kenntnis von seinem Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges haben soll, ist nicht vorstellbar.
74Nach der konkreten Vertragsgestaltung durch die Parteien und der geübten Vertragspraxis bestand auch nicht die Möglichkeit, dass Provisionsansprüche ohne Kenntnis des Handelsvertreters entstehen und verjähren konnten. Hieran änderte auch die in § 8 S. 4 geregelte Fiktionswirkung nichts. Nach der Regelung in § 8 S.3 war die Klägerin grundsätzlich vor dem Beginn der vertraglich vereinbarten kurzen Verjährungsfrist geschützt, bis sie über den Geschäftsvorgang von der Beklagten informiert wurde, insbesondere hinsichtlich solcher Geschäfte, die die Beklagte direkt in das Vertragsgebiet der Klägerin getätigt hat. Hinsichtlich solcher Geschäfte, die die Klägerin selber vermittelt hat, stellt die Regelung in § 8 zwar nicht auf die Kenntnis ab, sondern fingiert diesen auf den bei vertragsgerechter Ausführung – späteren - Zeitpunkt des Abschlusses der Saisonauslieferung. Dies ist jedoch nicht zu beanstanden, da nach der von den Parteien praktizierten Vertragsabwicklung die Klägerin selber den Zeitpunkt der Entstehung ihres Provisionsanspruches bewirkt hat, indem sie entsprechend ihrer vertraglichen Verpflichtung gem. § 7 für die von ihr hereingeholten Verträge an die Beklagte zu 100% Vorkasse für die Kunden leistete. Ohne die Regelung des § 8 S. 4 wäre danach der Termin, an dem die Klägerin die Zahlungen an die Beklagte leistete der Zeitpunkt, an dem die vertraglich vereinbarte kurze Verjährungsfrist zu laufen beginnen würde. Dieser Zeitpunkt wurde durch die Regelung des § 8 S. 4 nicht vorgezogen, sondern vereinfachend und fristverlängernd nach hinten verschoben. Bis zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung bestehen darüber, dass eine solche Kenntnis auch stets vorlag, letztlich auch kein ernsthafter Zweifel. Auch im Hinblick auf die Vertragsabwicklung nach Vertragsbeendigung bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der in § 8 des Handelsvertretervertrages geregelten Verjährungsverkürzung. Zum einen hat die Klägerin – wie aus dem Parallelverfahren bekannt – nach wie vor für die von ihr vermittelten Kunden Inkassozahlungen der Kunden entgegengenommen und wusste aus dem parallel geführten Prozess um die Entstehung weiterer Provisionsansprüche nach Auslieferung der Waren an die Kunden, zumal sie provisionspflichtigene Aufträge nicht nur vermittelt, sondern hinsichtlich des Kunden H… diese auch noch - insbesondere hinsichtlich der Zollformalitäten - abgewickelt hatte.
754.
76Die Beklagte ist, wie das Landgericht ebenfalls zutreffend entschieden hat, auch nicht gemäß § 242 BGB daran gehindert, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen.
77Zwar kann die Verjährungsrede unbeachtlich sein, wenn sie gegen das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) verstößt. Der Zweck der Verjährungsregelung gebietet es jedoch, hierbei strenge Maßstäbe anzulegen und diese Einwendung nur gegenüber einem wirklich groben Verstoß gegen Treu und Glauben durchgreifen zu lassen (BGH, NJW 1988, 265, 266; NJW 1988, 2245, 2247; Palandt/Heinrichs, a.a.O., Überbl v § 194 Rdnr. 17). Einen derartigen Sachverhalt, dem mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begegnen werden könnte, zeigt die Klägerin aber nicht schlüssig auf. Es hätte an ihr gelegen, frühzeitig ihre Ansprüche auf Abrechnung und Provisionszahlung geltend zu machen. Hieran ist sie durch die Beklagte in keiner Weise gehindert worden.
78B.
79Auch die weiteren Hilfsansprüche auf Erteilung einer Auskunft, Erteilung einer Provisionsabrechnung und Zahlung sind aus den oben genannten Gründen wegen der Verjährung gegebenenfalls noch nach Vertragsbeendigung entstandener Provisionsansprüche verjährt.
80C.
81Soweit die Klägerin unter Ziffer 2 hilfsweise den Antrag stellt, weitere Provisionsabrechnungen ab April 2004 zu erteilen, ist dieser Antrag in erster Instanz erstmals in einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz und damit verspätet angekündigt und daher vom Landgericht zu Recht nicht berücksichtigt worden. Auch dieser Anspruch scheitert in der Sache aber auch an der Verjährung des zugrunde liegenden Provisionsanpruches.
82D.
83Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
84Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
85E.
86Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
87R… B… S…