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Auf die Berufung der Kläger und der Beklagten zu 1. wird unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das am 08. August 2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I.
Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an die Kläger 58.907,17 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 % aus 25.807,67 EUR und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 24.464,87 EUR jeweils ab 31.10.2001 sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.196,43 Euro vom 31.10.2001 bis 14.10.2007 und aus 8.634,63 Euro seit dem 15.10.2007 zu zahlen.
II.
Die Beklagten zu 2. und 3. werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte zu 1. 58.907,17 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 % aus
22.789,12 EUR und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 24.464,87 jeweils ab 31.10.2001 sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.196,43 EUR vom 31.10.2001 bis 14.10.2007 und aus 8.634,63 EUR seit dem 15.10.2007 zu zahlen.
III.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
IV.
Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:
1. Instanz:
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. fallen dieser zu 52 %, den Klägern zu 48 % zur Last. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. und 3. fallen den Klägern zur Last. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger und die Gerichtskosten fallen den Klägern zu 75 %, der Beklagten zu 1. zu
25 % zur Last.
2. Instanz:
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. fallen dieser zu 79 %, den Klägern zu 21 % zur Last. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. und 3. fallen diesen zu 47 %, den Klägern zu 53 % zur Last. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger und die Gerichtskosten fallen den Klägern zu 57 %, der Beklagten zu 1. zu 27 %, den Beklagten zu 2. und 3. zu 16 % zur Last.
V.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
VI.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
2Die Kläger nehmen die Beklagte zu 1., die nach Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse durch Beschluss vom 30.10.2003 aufgelöst ist, aus dem Bauträgervertrag vom 29.09.1998 in Anspruch. Sie wurden nach Verkündung des angefochtenen Urteils am 15.10.2007 als Eigentümer der Doppelhaushälfte im Grundbuch eingetragen. Sie haben in 1. Instanz in erster Linie gemäß §§ 817, 818 BGB Herausgabe derjenigen Nutzungen verlangt, die die Beklagte zu 1. aus einer verbotswidrigen Entgegennahme geleisteter Abschlagszahlungen gezogen hat, außerdem Rechtshängigkeitszinsen wegen verschärfter Haftung gemäß §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 BGB, hilfsweise Rückerstattung der Abschlagszahlungen, hilfsweise Schadensersatz wegen von ihnen aufgewendeter Darlehenszinsen, hilfsweise Schadensersatz wegen fehlender Nutzbarkeit des Dachgeschosses. Die Beklagten zu 2. und 3. sind von den Klägern in 1. Instanz aus §§ 812 ff. BGB, 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Verstößen gegen die MaBV und 64 Abs. 1 GmbHG und aus § 826 BGB wegen sittenwidriger Schädigung, existenzvernichtendem Eingriff und unzulässiger Vermögensvermischung in Anspruch genommen worden.
3Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
4Das Landgericht hat der Klage gegen die Beklagte zu 1. in Höhe von insgesamt 64.043,50 EUR nebst anteiliger Zinsen stattgegeben und die weitergehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
5Die Beklagte zu 1. schulde den Klägern die Herausgabe von Nutzungsvorteilen, die sie durch den Erhalt nicht geschuldeter Abschlagszahlungen für die Zeit bis zum 24.08.2001 erlangt habe, und zwar in Höhe von 44.555,48 EUR aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., 818 BGB, da die im Bauträgervertrag enthaltene Regelung zu den Abschlagszahlungen gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 MaBV und § 3 Abs. 1 Nr. 4 MaBV verstoße und unwirksam sei. § 813 Abs. 2 BGB trete wegen des Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 Nr. 4 MaBV in vollem Umfang zurück. Der von den Klägern mit
67,5 % p.A. bezifferten Höhe der Nutzungsvorteile seien die Beklagten nicht entgegengetreten. Der von den Klägern gegen die Beklagte zu 1. hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der Abschlagszahlungen sei nicht gerechtfertigt, da der Werklohnanspruch der Beklagten auf Grund des Eintritts eines Abrechnungsverhältnisses fällig geworden sei. Der gegen die Beklagte zu 1. hilfsweise geltend gemachte Schadensersatzanspruch auf Ersatz des ihnen entstandenen Zinsdifferenzschadens bestehe in Höhe von 6.352,27 EUR. Der gegen die Beklagte zu 1. hilfsweise geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB a.F. stehe den Klägern in einer Höhe von mindestens 13.135,75 EUR zu, da die Kosten für die Beseitigung des Mangels des Dachgeschosses bzw. für die Herstellung der Voraussetzungen für eine genehmigte Wohnnutzung des Dachgeschosses sich auf mindestens 15.768,58 EUR beliefen. Dem stehe nicht entgegen, dass hierfür bestimmte Änderungen der Bauausführung erforderlich seien. Sollten die Kläger zu diesen Änderungen nicht bereit sein, stehe ihnen ein Anspruch auf Wertminderung zu.
7Mit einer Restkaufpreisforderung von 2.574,53 EUR und einem Anspruch auf Erstattung von Grundbesitzabgaben von 2.561,80 EUR könne die Beklagte zu 1. nicht (hilfsweise) aufrechnen, da diese Forderungen einredebehaftet seien, weil die Beklagte zu 1. noch die Übertragung des Eigentums schulde.
8Auf den Teilbetrag von 50.907,75 EUR schulde die Beklagte zu 1. erst ab Rechtshängigkeit (16.05.2007) Zinsen gemäß § 288 BGB a.F.. Auf den Teilbetrag von 7.999,42 EUR schulde die Beklagte Rechtshängigkeitszinsen gemäß § 288 BGB n.F..
9Gegen die Beklagten zu 2. und 3. ständen den Klägern keine Ansprüche auf Zinsen bzw. Rückzahlung von Abschlagszahlungen aus §§ 812 ff. BGB zu, da die Abschlagszahlungen an die Beklagte zu 1. geleistet worden seien. Ansprüche aus §§ 18 Abs. 1 Nr. 3 MaBV, 9 OWiG, 823 Abs. 2 BGB ständen ihnen nicht zu, da ihnen hinsichtlich des von der Beklagten zu 1. erlangten Nutzungsvorteils kein Schaden entstanden sei und hinsichtlich des ihnen entstandenen Zinsdifferenzschadens der gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB, 10 OWIG bzw. § 826 BGB notwendige Vorsatz der Beklagten zu 3. fehle. Auch eine Durchgriffshaftung der Beklagten zu 2. und 3. sei zu verneinen. Sie folge nicht aus §§ 30, 31, 32 a GmbHG, da sich daraus kein unmittelbarer Anspruch von Gläubigern der GmbH ergebe. Sie folge auch nicht aus dem Gesichtspunkt eines "existenzvernichtenden Eingriffs", da die GmbH noch längere Zeit nach Abschluss des Kaufvertrages über das unbebaubare Grundstück tätig gewesen sei. Für eine fernliegende vorsätzlich sittenwidrige Schädigung seien die Kläger beweisfällig geblieben. Aus einer etwaigen und zudem zweifelhaften "materiellen Unterkapitalisierung" lasse sich bereits dem Grunde nach keine Haftung ableiten. Verstöße der Beklagten zu 2. und 3. gegen §§ 64, 84 GmbH infolge verspäteter Insolvenzantragstellung könnten nur einen Anspruch auf den sog. Quotenschaden begründen, der nicht ersichtlich sei, da die Kläger die letzte Zahlung am 15.09.1999 geleistet hätten, der Insolvenzgrund aber erst später eingetreten sei. Auch die Voraussetzungen einer persönlichen Haftung der Beklagten zu 2. und 3. infolge "Vermögensvermischung" seien nicht ersichtlich, da dafür eine etwaig unterbliebene Darstellung von persönlichen Sicherheiten in der Bilanz nicht genüge. Auch der Hinweis der Kläger auf § 4 MaBV könne keine persönliche Haftung der Beklagten zu 2. und 3. begründen.
10Sowohl die Kläger als auch die Beklagte zu 1. haben Berufung eingelegt.
11Die Kläger tragen zur Begründung ihrer Berufung unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen vor:
12Mit der Berufung gegen die Beklagte zu 1. werde das Urteil insoweit angefochten, als das Landgericht der Klage gegen die Beklagte zu 1. teilweise, nämlich in Höhe von 13.135,75 Euro nur auf ihren Hilfsantrag stattgegeben habe. Die Beklagte zu 1. müsse statt dessen in vollem Umfang auf ihren Hauptantrag verurteilt werden. Der Bereicherungsanspruch ergebe sich entgegen der Annahme des Landgerichts nicht aus §§ 812, 818 BGB, sondern aus §§ 817, 818 BGB, da die Beklagte zu 1. mit der Entgegennahme der Zahlungen in mehrfacher Hinsicht gegen die gesetzlichen Verbote des § 3 MaBV verstoßen habe. Diese Verstöße seien im Rahmen von Vorgängen aus den Kernbereichen der Tätigkeit eines Bauträgers zumindest leichtfertig erfolgt. Das Landgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Beklagte zu 1. Zinsvorteile nur bis zum 24.08.2001 herauszugeben habe. Die Voraussetzungen des § 3 MaBV als Verbotsgesetz im Sinne von § 817 BGB hätten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 16.05.2007 aus mehrfachen Gründen noch nicht vorgelegen, so dass sich allein bis zu diesem Zeitpunkt weitere Ansprüche auf Herausgabe von Nutzungen von rund 183.000 DM bzw. 93.400 EUR ergäben: Eine Baugenehmigung für das vorhandene Gebäude liege nicht vor. Das Landgericht habe das Gebäude gedanklich fehlerhaft in Geschosse aufgespalten und lediglich das Dachgeschoss als nicht genehmigt angesehen. Tatsächlich sei das Gebäude insgesamt formell und materiell baurechtswidrig. Die Baugenehmigung vom 13.08.1998 sei nach Ablauf der damals noch vorgesehen Zweijahresfrist unwirksam geworden. Die Voraussetzungen der weiteren Baugenehmigung vom 23.08.2001 lägen in mehrfacher Hinsicht nicht vor, so dass sie mit Ablauf der darin erklärten Dreijahresfrist unwirksam geworden sei (§ 77 BauONW). Sie - die Kläger - hätten erst im Laufe des vorliegenden Verfahrens vom Fehlen einer Baugenehmigung Kenntnis erlangt. Das Landgericht sei ferner rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass aufgrund der Anwendbarkeit von § 641 BGB auf die MaBV nicht mehr abgestellt werden könne. Die öffentlich-rechtliche MaBV wirke aber mittelbar über § 134 BGB auf zivilrechtliche Verträge ein; keinesfalls könne hingegen § 641 BGB den Anwendungsbereich der öffentlich-rechtlichen MaBV beeinflussen. Das Landgericht habe fehlerhaft und überraschend die Berufung auf fehlende Unterlagen zur Lastenfreistellung für treuwidrig gehalten. Ihnen, den Klägern, seien bislang keine Unterlagen zur Lastenfreistellung ausgehändigt worden. Eine wegen der Nichtigkeit der Abschlagszahlungsvereinbarung erforderliche Abnahme sei bislang nicht erfolgt. Der BGH habe inzwischen dem Verrechnungsverhältnis eine Absage erteilt; es gebe nur das gesetzliche Aufrechnungsverhältnis. Hier ständen sich aber nicht ausschließlich auf Geld gerichtete Ansprüche gegenüber; zudem seien Aufrechnungsverbote und Entgegennahmeverbote und die sonstigen Voraussetzungen der MaBV zu beachten, da andernfalls deren Schutzzweck konterkariert werde. Rechtshängigkeitszinsen ständen ihnen gegen die Beklagte zu 1. in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß §§ 819 Abs. 2, 818 Abs. 4, 291, 288 BGB schon ab Klagezustellung (31.10.2001) zu.
13Das Landgericht habe unzutreffend eine Durchgriffshaftung gegen die Beklagten zu 2. und 3. verneint.
14Die Rechtsfigur der Vermögensvermischung sei vom BGH als eigenständiger Fall der Durchgriffshaftung anerkannt. Hierfür genüge, dass aufgrund einer undurchsichtigen Buchführung oder aber auf andere Weise eine Kontrollierbarkeit der Kapitalerhaltungsvorschriften, zu denen die Eigenkapitalersatzregeln (§§ 30, 31 GmbHG) gehörten, vereitelt werde. Dass diese Voraussetzungen vorlägen, sei von ihnen bereits in 1. Instanz vorgetragen worden. Die Beklagten zu 2. und 3. hätten zwingende Buchführungsvorschriften (§ 285 Satz 1 Nr. 1 b HGB), wonach Sicherheiten im Jahresabschluss anzugeben seien, nicht beachtet. Der vorläufige Insovenzverwalter habe die Sicherheiten, die später erst durch umfangreiche Ermittlungen aufgedeckt worden seien, den Geschäftsbüchern nicht entnehmen können und sei hierauf auch durch die Beklagten zu 2. und 3. entgegen § 20 Abs. 1 InsO nicht hingewiesen worden. Im Falle eines Hinweises wären vom Insolvenzverwalter Ansprüche aus §§ 135 InsO iVm §§ 30, 31, 32 a/b GmbH geprüft worden, die unter Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsregeln erfolgte und nicht in den Büchern vermerkte Auskehrung von 414.146 EUR aus der Rückführung von eigenkapitalersetzend besicherten Darlehen bei der Stadtsparkasse W aus dem Vermögen der Beklagten zu 1. an die Beklagten zu 2. und 3. unterblieben, das Insolvenzverfahren eröffnet und mit einer vollständigen Befriedigung aller Gläubiger (Quote 100 %) abgeschlossen worden. Allein mit dem Klägervorbringen, dass der vorläufige Insolvenzverwalter die Rückerstattungsansprüche gemäß §§ 30, 31 GmbHG analog nicht habe feststellen können, liege ein für den Tatbestand einer Vermögensvermischung ausreichender Sachvortrag vor. Zudem hätten die Beklagten zugestanden, die Kosten von rund 52.000 EUR für eine dem Beklagten zu 3. gehörende Privatstraße aus dem Vermögen der Beklagten zu 1. im Geschäftsjahr 2002/2003 bestritten zu haben; die sich daraus ergebenden Erstattungsansprüche tauchten in der Bilanz nicht auf, sondern seien als Baukosten der Gebäude ausgewiesen. Da es sich bei der Kostentragung um eine Ausschüttung an die Gesellschafter handele, die zu einer erheblichen Unterbilanz geführt habe, sei durch diese Verschleierung ebenfalls die Kontrolle über die Einhaltung der Kapitalerhaltungsvorschriften vereitelt worden. Der erheblich verspätet erst am 01.06.2003 erstellte Jahresabschluss zum 31.05.2002 sei fehlerhaft; Vermögensgegenstände seien überbewertet, Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten unterlassen worden. Die Buchführung sei nur unordentlich und undurchsichtig erfolgt. Hätte das Landgericht auf eine angebliche Unschlüssigkeit des Klägervortrags hingewiesen, wäre folgender ergänzender Vortrag erfolgt: Die Beklagten zu 2. und 3. hätten bereits seit Aufnahme der Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1. durch Manipulationen der Geschäftsbücher entgegen den Kapitalerhaltungsvorschriften erfolgte Auszahlungen an die Gesellschafter verschleiert und damit die objektiv bereits eingetretene Unterbilanz und Überschuldung verheimlicht, die damit selbst herbeigeführte Krise in die folgenden Geschäftsjahre verschleppt und durch weitere Auszahlungen vertieft. Dies folge aus der Auswertung der Unterlagen für die Geschäftsjahre 1998/1999 bis 2002/2003. Zudem hätten die Beklagten zu 2. und 3. für die Bauvorhaben höhere Kosten ausgewiesen als tatsächlich angefallen und durch die Abrechnung privater Kosten über die Bauvorhaben der Bauabschnitte 1 bis 3 nochmals rund 368.924 DM an sich selbst ausgeschüttet, obwohl bei ordnungsgemäßer Buchführung die Jahresabschlüsse der Beklagten zu 1. bereits eine Überschuldung hätten ausweisen müssen. Dass die Bilanzen offensichtlich verfälscht worden seien, ergebe sich daraus, dass sich im Zeitraum vom 31.05.1999 bis 31.05.2002 unter Berücksichtigung von Baukosten, Einnahmen und sonstigen Kosten laufend nicht durch Einnahmen gedeckte Kosten zwischen rund 759.000 DM und 1.106.000 DM errechneten, wobei insbesondere die von durchschnittlich 4,42 % auf 14,34 % steigenden Zinsleistungen an den Beklagten zu 3. auf das Gesellschafterdarlehen und den entsprechend von 1,46 % auf 7,79 % steigenden Anteil dieser Zinsleistungen an den jeweiligen Gesamtausgaben der Beklagten zu 1. auffällig seien. Dabei sei die fehlende Kostendeckung aufgrund der ungerechtfertigten Überbewertungen der Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens unentdeckt geblieben. Bis zum Abschluss des Geschäftsjahres 2001/2002 seien nur noch zwei Gegenstände des Umlaufvermögens verblieben, die auch bei Überbewertung für die Kompensation von Verlusten dann nicht mehr ausgereicht hätten.
15Das Landgericht habe im Rahmen von §§ 823 Abs. 2 BGB, 64, 68 GmbHG unzutreffend einen Quotenschaden abgelehnt. Sie, die Kläger, hätten bereits in 1. Instanz vorgetragen, dass bei rechtzeitigem Insolvenzantrag zumindest im Juni 2002 und ohne die im März bzw. Mai 2003 unzulässig erfolgte Rückzahlung der eigenkapitalersetzend besicherten Gesellschafterdarlehen sämtliche Gläubiger der Beklagten zu 1. vollständig hätten bedient werden können. Bei einem pflichtgemäßen Hinweis des Landgericht hätten sie schon in erster Instanz die Urkunden über die Bestellung der Gesellschaftersicherheiten vorgelegt. Der Beklagte zu 3. sei auch faktischer Geschäftsführer, da es nicht erforderlich sei, dass dieser die formell bestellte Geschäftsführerin vollständig verdränge, sondern es genüge, dass er die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich bestimme, wie hier unstreitig geblieben sei und ggf. auch durch Zeugenbeweis zu belegen sei.
16Die Beklagten zu 2. und 3. hafteten zudem aus vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB). Das Landgericht habe ihren erstinstanzlichen Vortrag unberücksichtigt gelassen, sich fehlerhaft auf einen anderen Sachverhalt gestützt und eine Haftung verneint. Es stelle eine sittenwidrige Gläubigerschädigung dar, dass die Beklagten unter Ausnutzung ihrer Möglichkeiten zur Beeinflussung der Gemeinschuldnerin am 28.03.2003 (rund 1.235.000 EUR) und 20.05.2003 (rund 113.000 EUR) vorrangig Zahlungen an solche Gläubiger auf Schulden der Gemeinschuldnerin geleistet hätten, für deren Ausgleich sie sicherungshalber (durch Bürgschaft bzw. Grundschuld) eine persönliche Haftung übernommen hätten, und ihnen bekannt gewesen sei, dass danach kein Vermögen der Gemeinschuldnerin mehr verblieben sei. Damit hätten sie einen Ausfall der Gesellschaftsgläubiger nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern seien dabei planmäßig vorgegangen. Diese zeige auch die im Februar 2003 unter Vorlage eines Scheinmietvertrages beantragte Sitzverlegung der Gesellschaft nach B, die der heimlichen Beseitigung der GmbH und der Gläubigerbenachteiligung gedient habe. Bei einem pflichtgemäßen Hinweis hätten sie ergänzend vorgetragen, dass die Beklagten zu 2. und 3. durch planvolles Vorgehen im Ergebnis Vermögen in einem Gesamtwert von mehr als 1.438.000 DM aus der Gesellschaft unter Verstoß gegen die Kapitalerhaltungs- und Gläubigerschutzvorschriften gezogen hätten, obwohl diesem Vorteil kein entsprechender Gewinn gegenübergestanden habe. Der Niedergang der GmbH habe auch nicht auf der Realisierung branchenspezifischer Gefahren beruht, da erhebliche Überschüsse erzielt worden seien und die vermeintlichen Verluste einzig aus dem ständigen Vermögensentzug durch die Beklagten zu 2. und 3. beruhten. Zudem hätten die Beklagten zu 2. und 3. im Rahmen des Amtslöschungsverfahrens pflichtwidrig nicht mitgeteilt, dass die Beklagte zu 1. noch Vermögen (u.a. verschiedene Immobilien, darunter die streitgegenständliche) besitze und zahlreiche Prozesse gegen sie anhängig seien. Zur beabsichtigten Sitzverlegung hätten sie zudem widersprüchliche Angaben gemacht.
17Mit Schriftsatz vom 06.06.2008 haben die Kläger gegenüber den Beklagten zu 2. und 3. im Rahmen einer Klageerweiterung / Anschlussberufung hilfsweise Ansprüche der Beklagten zu 1. gegen die Beklagten zu 2. und 3. gemäß §§ 30, 31 GmbHG, § 823 BGB bzw. wegen Verletzung ihrer Pflichten als Geschäftsführer oder Gesellschafter der Beklagten zu 1. geltend gemacht. Sie verweisen auf den Pfändungsbeschluss gemäß § 720 a ZPO vom 22.04.2008 (H 4, 939 ff. GA) und ihre Vereinbarung mit dem Nachtragsliquidator vom 20.05.2008 (H 3, 936 ff. GA). Zur Begründung beziehen sie sich auf ihren bisherigen Vortrag zur Durchgriffshaftung und die Ausführungen des OLG Hamm im Rechtsstreit 19 O 146/05 LG Essen =
188 U 116/07 OLG Hamm zur Haftung der Beklagten zu 2. und 3. gegenüber der Beklagten zu 1. aus §§ 31, 30 GmbHG analog. Ergänzend tragen sie vor:
19Die bilanzielle Überschuldung der Beklagten habe gemäß den Feststellungen im Urteil des OLG Hamm mindestens 85.207,33 Euro betragen. Dieser Betrag sei auf mindestens 174.478,61 Euro anzuheben, weil in der vom OLG Hamm zu Grunde gelegte Handelsbilanz zum 31.5.2002 Grundstücke überbewertet worden seien, und zwar eine mit 49.801,78 Euro angesetzte Eigentumswohnung um 9.801,78 Euro, das mit 20.707,32 Euro angesetzte "Felsengrundstück" um 10.707,32 Euro, und weil Aufwendungen von 68.762,18 Euro nicht berücksichtigt worden seien, die für unter den Pos. "fertige Erzeugnisse und Waren" angegebenen zwei Einfamilienhäuser noch notwendig gewesen seien. Ferner hätten in der Handelsbilanz für die streitgegenständlichen Forderungen der Kläger, sowie die Forderungen der Frau S aus dem Prozess 19 O 146/05 LG Essen = 8 U 116/07 OLG Hamm und die Forderungen der Eheleute K aus dem Verfahren 23 U 5/08 OLG Düsseldorf Rückstellungen ausgewiesen werden müssen. Nach Abzug der vorrangigen Pfändungen der Frau Sch und der Eheleute K verbliebe damit eine Verbindlichkeit der Beklagten zu 2. und 3 gegenüber der Beklagten zu 1., die die Klageforderung übersteige.
20Der Hilfsantrag beinhalte keine Klageänderung i.S.v. § 533 ZPO. Es handele sich vielmehr um einen Fall des § 264 Nr. 2 ZPO. Im übrigen wäre eine Klageänderung sachdienlich, weil sie auf Tatsachen gestützt werden könnte, die das Berufungsgericht ohnehin zu Grunde zu legen habe und ein weiterer Prozess vermieden werden könne. Die von den Beklagten zu 2. und 3 erhobene Rüge des Mangels der örtlichen Zuständigkeit sei nicht berechtigt. Dieser Rüge stehe schon
21§ 513 Abs. 2 ZPO entgegen. Im übrigen ergebe sich die Zuständigkeit des LG und OLG Düsseldorf aus § 22 ZPO. Die Vereinbarung mit dem Nachtragsliquidator vom 20.5.2008 sei gemäß § 185 I BGB wirksam.
22Die Kläger beantragen,
23das Urteil teilweise abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 64.043,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von
245 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.10.2001 zu zahlen, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
25hilfsweise im Wege der Klageerweiterung
261.
27die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an sie 64.043,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.10.2001 zu zahlen,
282.
29die Beklagten zu 2. und 3. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Beklagte zu 1., vertreten durch den Nachtragsliquidator, Herrn Steuerberater C S, F, W, 64.043,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.10.2001 zu zahlen,
30Die Beklagte zu 1. beantragt,
31das Urteil teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit sie zu einem Betrag von mehr als 7.999,42 EUR verurteilt worden sei.
32Die Beklagten zu 1. bis 3 beantragen,
33die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
34Die Beklagte zu 1. trägt zur Begründung ihrer Berufung und zur Erwiderung auf die gegen sie gerichtete Berufung der Kläger unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen vor:
35Ein Verstoß gegen die MaBV liege nicht vor. Die in Abweichung von § 3 Abs. 2 MaBV getroffene Abschlagszahlungsvereinbarung benachteilige die Kläger nicht im Sinne von § 12 MaBV, da die erste und letzte Rate vollständig der MaBV entsprächen und die restlichen Raten nach Baufortschritt flexibel gestaltet seien. Die sechste Rate (Bezugsfertigkeitsrate) sei geringer als von der MaBV vorgesehen. Die Fassadenarbeiten seien bereits in die vierte Rate eingearbeitet. Es seien auch keine Arbeiten in einer Rate doppelt berücksichtigt worden, Fensterbänke und Rollläden gehörten - schon wegen der üblichen Bauabläufe - nicht automatisch zum Fenstereinbau. Selbst wenn hinsichtlich der fünften Rate ein Verstoß gegen §§ 3, 12 MaBV vorliegen sollte, stehe über 6 % der Gesamtsumme hinausgehenden Ansprüchen der Kläger aus §§ 812 ff. BGB die Ausschlussvorschrift des § 813 Abs. 2 BGB entgegen, da es eines Rückforderungsanspruches nicht bedürfe, weil der von der MaBV bezweckte Schutz des Erwerbers im Einzelfall bereits verwirklicht sei. Das Landgericht habe fehlerhaft angenommen, § 813 Abs. 2 BGB trete in vollem Umfang zurück, weil sich ein Bereicherungsanspruch im Hinblick auf § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 MaBV aus der fehlenden Baugenehmigung für das Dachgeschoss ergebe. Im Kaufvertrag sei indes nicht geregelt, dass den Klägerin ein ausgebautes Dachgeschoss zustehe oder sie - die Beklagte zu 1. - insoweit eine Baugenehmigung schulde oder die Nutzbarkeit des Dachgeschosses zu Wohnzwecken zugesichert habe. Die von ihr allein geschuldete Ausbaureserve sei nicht einmal im Kaufvertrag geregelt; man könne sie nur als Zugabe bezeichnen, für welche die MaBV nicht gelte und für die eine Baugenehmigung bereits im Zeitpunkt der Übergabe des Hauses bzw. der Entgegennahme von Geldern nicht von ihr geschuldet sei. Die Formulierung "Reserve" impliziere, dass ein Aubau erst später stattfinden solle und demgemäß eine Baugenehmigung "zur Not" auch nachgereicht werden könne. Entscheidend sei nur die Genehmigungsfähigkeit. Sie, die Beklagte zu 1., bzw. ihre Geschäftsführerin hätten keine positive Kenntnis von einem Gesetzesverstoß gehabt, zumal sie hier zum ersten und einzigen Mal eine Bauträgermaßnahme durchgeführt und sich auf den Notar verlassen habe. Da die Kläger ihre Gründe haben würden, das Dachgeschoss nicht auszubauen, scheide auch eine verschärfte Haftung aus. Da die Kläger am 29.09.1998 ein nahezu fertiges und am 20.02.1999 an sie übergebenes Haus gekauft hätten, seien hinsichtlich eines Ratenplanes gemäß MaBV nicht schutzwürdig gewesen. Ziehe man von dem vom Landgericht zuerkannten Schadensersatzanspruch von 13.135,75 Euro den Restkaufpreis von 2.574,53 Euro und den unstreitig für die Kläger verauslagten Grundbesitzabgaben von 2.561,80 EUR, die im übrigen von der Eigentumsübertragung unabhängig seien, ab, schuldeten sie den Klägern nur noch 7.999,42 EUR.
36Die Beklagten zu 2. und 3. tragen zur Erwiderung auf die Berufung der Kläger vor:
37Die Voraussetzungen einer Haftung unter dem Gesichtspunkt der Vermögensvermischung lägen nicht vor, da damit - kurz und plakativ gesagt - nur Fälle gemeint seien, in denen allenfalls eine "Schuhkarton-" bzw. "Waschkorblagen-" Buchhaltung geführt werde, wovon hier nicht auszugehen sei. Zu dieser streitigen Frage sei beiderseits bereits in 1. Instanz ausführlich vorgetragen worden. Das Landgericht habe - ohne Anlass zu Hinweisen - zutreffend darauf abgestellt, dass aus dem klägerischen Vorbringen nicht folge, dass das Vermögen der Beklagten zu 2./3. bzw. der Beklagten zu 1. schlechthin nicht mehr unterscheidbar gewesen sei. Der weitergehende Vortrag der Kläger sei verspätet und gemäß § 531 Abs. 2, 529 ZPO nicht zuzulassen. Selbst wenn er zuzulassen sei, sei unstreitig, dass die Beklagte zu 1. über eine kontrollierte Buchhaltung verfügt habe, auf deren Zahlenwerk die Kläger auch selbst umfangreich Bezug nähmen. Zudem seien die Jahresabschlüsse im Rahmen durchgehender steuerlicher Beratung durch den Steuerberater D aufgestellt worden. Es sei auch nicht Sinn und Zweck der Rechtsfigur der Vermögensvermischung, eine etwaige Verletzung einzelner Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung mit einer Haftungserstreckung auf die Gesellschafter zu sanktionieren; andernfalls werde § 13 Abs. 2 GmbHG ausgehöhlt, da ein Streit über Bewertungsspielräume oder die Höhe zulässiger Entnahmen ansonsten zu einer unbeschränkten Außenhaftung der Gesellschafter führe. Aus dem Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters ergebe sich, dass diesem die Sicherheiten bekannt gewesen seien, er aber Ansprüche aus Eigenkapitalersatzrecht deshalb nicht weiterverfolgt habe, weil es an dem zusätzlichen insolvenzrechtlichen Erfordernis der Gläubigerbenachteiligung bzw. Inkongruenz und mithin Anfechtungsansprüchen offensichtlich gefehlt habe. Da die Buchhaltung der Beklagten zu 1. geeignet sei, die Voraussetzungen von Eigenkapitalersatzansprüchen prüfen und (wie das Urteil des OLG Hamm vom 09.01.2008, 8 U 116/07, im Parallelfall der Erwerber S zeige) ggf. erfolgreich geltend machen zu können, sei der Schutzzweck der Rechtsfigur der Vermögensvermischung hier nicht erfüllt, so dass es ihrer Anwendung nicht bedürfe; andernfalls werde um einen Hinweis des Senats gebeten. Zudem könne ihre Haftung aus dem Gesichtspunkt der Vermögensvermischung nicht weitergehen als die Haftung der Beklagten zu 1., da diese Rechtsfigur allenfalls zu einer Haftung analog §§ 128, 129 HGB führe. Der BGH habe im übrigen mit dem Urteil vom 16.07.2007 (II ZR 3/04, dort Rn 17) jegliche Form der Außenhaftung oder Haftungserstreckung auf die Gesellschafter - insbesondere aus § 826 BGB (einschließlich Rechtsformmissbrauch als Unterfall der Existenzvernichtungshaftung) - mit Ausnahme der o.a. Vermögensvermischung eine Absage erteilt.
38Als Gesellschafter hafteten sie aus §§ 823 Abs. 2 BGB, §§ 64, 84 GmbHG ohnehin nicht; der Beklagte zu 3. sei auch nicht faktischer Geschäftsführer gewesen. Ein vermeintlicher Quotenschaden im Rahmen von §§ 823 Abs. 2 BGB, §§ 64, 84 GmbHG sei von den Klägern nicht hinreichend begründet worden. Hierfür hätten sie zumindest eine hypothetische Ist-Masse bei rechtzeitigem Insolvenzantrag abzüglich Soll-Ab- bzw. Aussonderungsrechte sowie abzüglich hypothetische Kosten und Massenverbindlichkeiten des Sollverfahrens ermitteln und die so ermittelte Teilungsmasse ins Verhältnis zu den damaligen Gesamtverbindlichkeiten setzen müssen.
39Der Hilfsantrag aus dem Schriftsatz der Kläger vom 27.6.2008 beinhalte eine Klageänderung, deren Zulassung nicht sachdienlich sei. Es fehle an der örtlichen Zuständigkeit des LG Wuppertal / OLG Düsseldorf. Außerdem sei die Frage der freien Spitze, d.h. die Frage, in welchem Umfang sie der Beklagten zu 1. gegenüber wegen Befreiung von eigenkapitalersetzenden Sicherheiten betragsmäßig hafteten, streitig. Schließlich berechtige die Forderungspfändung gemäß § 720 a ZPO nicht zur Einziehung der Forderung; die Vereinbarung der Kläger mit dem Nachtragsliquidato sei gemäß §§ 135, 136, 185 BGB unwirksam.
40Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
41E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
42A.
43Die Berufung der Kläger und der Beklagten zu 1. ist zulässig.
44I.
45Der Zulässigkeit der Berufung der Kläger gegenüber der Beklagten zu 1. steht nicht entgegen, dass sie keinen über die vom Landgericht zuerkannten 64.043,50 EUR hinausgehenden Hauptsachebetrag, sondern lediglich geltend machen, dass ihnen ein darin enthaltener Teilbetrag von 13.135,75 EUR nicht (wie vom Landgericht angenommen) als Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB a.F., sondern als (über den vom Landgericht insoweit zuerkannten Teilbetrag von 50.907,75 EUR hinausgehender) Anspruch aus §§ 817, 818 BGB auf Herausgabe der Nutzungsvorteile auf die von ihnen geleisteten Kaufpreiszahlungen zuerkannt wird. Dadurch, dass das Landgericht die Haupt-/Hilfsanträge in anderer Reihenfolge als von den Klägern formuliert zuerkannt hat, sind die Kläger durch Teilabweisung ihres Hauptantrages in Höhe von 13.135,75 EUR beschwert.
46II.
47Die in 2. Instanz gegenüber den Beklagten zu 2. und 3. hilfsweise vorgenommene Klageerweiterung ist zulässig. Der Hilfsantrag beinhaltet zwar entgegen der Annahme der Kläger eine Klageänderung, da mit der Inanspruchnahme der Beklagten aus gepfändetem Recht der Beklagten zu 1. gegenüber den hauptsächlich geltend gemachten Ansprüchen aus eigenem Recht der Kläger ein anderer Streitgegenstand eingeführt wird (BGH Urteil vom 25.02.1999, III ZR 53/98, NJW 1999, 1407). Die Klageänderung ist jedoch gemäß § 533 ZPO als sachdienlich zuzulassen.
48Die in diesem Zusammenhang erhobene Zuständigkeitsrüge der Beklagten zu 2. und 3. ist nicht gerechtfertigt. Abgesehen davon, dass § 513 Abs. 2 ZPO dieser Rüge entgegensteht, fiele auch eine Klage der Beklagten zu 1. bzw. ihres Insolvenzverwalters gegen die Beklagten zu 2. und 3. auf Rückgewähr kapitalersetzender Leistungen in den Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Wuppertal, und zwar gemäß § 22 ZPO (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.1.1998, 4 W 169/97, BB 1998, 389; OLG München, Urteil vom 27.7.2006,
497 U 2287/06, ZIP 2006, 2402).
50Die Zulassung des Hilfsantrags ist sachdienlich i.S.v. § 533 Nr. 1 ZPO, weil hiermit ein weiterer Prozess vermieden werden kann. Der Hilfsantrag kann gemäß § 533 Nr. 2 ZPO auf Tatsachen gestützt werden, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat. Dabei kann offen bleiben, ob der Hilfsantrag mit neuen Tatsachen begründet ist. Neue unstreitige Tatsachen sind im Berufungsrechtszug gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO stets zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 6.12.2004, II ZR 394/02, MDR 2005, 588 zur Zulassung einer Widerklage im 2. Rechtszug). Hier können die Kläger ihren Hilfsantrag gegenüber den Beklagten zu 2. und 3. mit Tatsachen begründen, die gemäß § 138 ZPO als unstreitig zu behandeln sind, weil sie von den Beklagten nicht substantiiert bestritten worden sind (dazu unter B. IV. 1.).
51Die Kläger sind in Bezug auf ihren gegen die Beklagten zu 2. und 3. gerichteten Hilfsantrag auch aufgrund gewillkürter Prozessstandschaft prozessführungsbefugt. Das dazu notwendige schutzwürdige Eigeninteresse der Kläger (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Auflage 2007, Vor § 50, Rn 44 mwN) folgt daraus, dass sie ein wirtschaftliches Interesse daran haben, dass die Beklagte zu 1. (bzw. deren Nachtragsliquidator) im Innenverhältnis Ansprüche aus §§ 30, 31 GmbHG gegen die Beklagten zu 2. und 3. als ihre ehemaligen Gesellschafter durchsetzt, da es sich dabei um den letzten und alleinigen Vermögenswert der Beklagten zu 1. handelt, aus dem die Kläger ihre Ansprüche realisieren können. Im Zeitpunkt der Vereinbarung/Ermächtigung zur Prozessführung durch den Nachtragsliquidator der Beklagten zu 1. vom 20.05.2008 bestand für die Beklagte zu 1. zwar durch den am 13.05.2008 zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss im Rahmen einer Sicherungsvollstreckung gemäß § 720 a ZPO ein Verfügungsverbot (§ 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO), das ihr indes nur Verfügungen zum Nachteil des Vollstreckungsgläubigers im Sinne eines relativen Verfügungsverbots gemäß §§ 135, 136 BGB untersagte (vgl. Zöller-Stöber, ZPO, 26. Auflage 2007, § 829, Rn 18 mwN); die Vereinbarung/Ermächtigung zur Prozessführung vom 20.05.2008 ist hingegen für die Kläger vorteilhaft. Der Einwand der Beklagten, die Beschränkung der Sicherungsvollstreckung gemäß § 720 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, die ohne Sicherheitsleistung gemäß § 930 Abs. 2 ZPO nur zur Hinterlegung ermächtigt, werde durch die gewillkürte Prozessstandschaft gemäß Vereinbarung vom 20.05.2008 umgangen, ist nicht gerechtfertigt, da eine Einziehung der Forderung aus §§ 30, 31 GmbHG im Sinne einer Befriedigung der Kläger damit insoweit nicht verbunden ist, als die Kläger Zahlung der Beklagten zu 2. und 3. nicht an sich selbst sondern an die Beklagte zu 1. (bzw. deren Nachtragsliquidator) verlangen.
52B.
53Die Berufungen der Kläger und der Beklagten zu 1. haben in der Sache jeweils teilweise Erfolg. In dem Umfang der Abänderung beruht die Entscheidung des Landgerichts auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO); die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen insoweit eine andere Entscheidung.
54Auf das Vertragsverhältnis der Parteien ist gemäß Art. 229 § 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB das bis zum 31.12.2001 geltende Schuldrecht anzuwenden.
55Den Klägern steht gegen die Beklagte zu 1. ein Anspruch auf Herausgabe von Nutzungsvorteilen/Zinsen auf von der Beklagten zu 1. zu Unrecht vereinnahmte Abschlagszahlungen (nur) für die Zeit bis zur fruchtlosen Ablauf der gemäß § 634 Abs. 1 BGB gesetzten Nachfrist (24.08.2001) in Höhe von 44.555,48 aus §§ 817, 818 BGB zu. Den Klägern steht gegen die Beklagte zu 1. zudem ein Anspruch auf Ersatz des Zinsdifferenzschadens in Höhe von 5.717,06 EUR aus positiver Vertragsverletzung zu, der ihnen durch die vorzeitige Anforderung der Abschlagszahlungen entstanden ist. Insoweit hat der Senat den vom Landgericht zuerkannten Betrag von 6.352,27 Euro wegen offensichtlicher Unrichtigkeit von Amts wegen gemäß § 319 ZPO herabgesetzt. Auf die beiden vorgenannten Beträge stehen den Klägern Zinsen zu.
56Die Differenz zwischen dem Hauptantrag der Klägerin von 64.043,50 EUR Euro und den beiden vorgenannten Ansprüchen von insgesamt 50.272,54 EUR (44.555,48 Euro + 5.717,06 EUR), also 13.770,96 EUR, steht den Klägern (nebst Zinsen) gemäß § 635 BGB a.F. wegen Mängeln des Dachgeschosses zu. Das Landgericht hat diesen in erster Instanz hilfsweise geltend gemachten Anspruch in etwas geringerem Umfang den Klägern zuerkannt. Diese von der Beklagte zu 1. nur mit ihrer bereits erstinstanzlich erklärten, vom Landgericht aber nicht anerkannten Aufrechnung angegriffene Entscheidung des Landgericht bleibt also in der Höhe unberührt, in der die Kläger ihren Hauptantrag nicht bis zur Höhe von 64.043,50 Euro erfolgreich durchsetzen können. Der Schadensersatzanspruch der Kläger gemäß § 635 BGB a.F. ist auf Grund der berechtigen Aufrechnung der Beklagten mit einer restlichen Kaufpreisforderung von 2.574,53 Euro und einem Anspruch auf Erstattung von verauslagter Grundbesitzabgaben von 2.561,80 Euro bis auf einen Restbetrag von 8.634,63 EUR gemäß § 389 BGB erloschen.
57Gegenüber den Beklagten zu 2. und 3. steht den Klägern nach ihrem Hilfsantrag aus abgeleitetem Recht der Beklagten zu 1. ein Schadensersatzanspruch analog §§ 30, 31 GmbHG zu; eigene Ansprüche der Kläger gegen die Beklagten zu 2. und 3. sind dagegen nicht gerechtfertigt.
58I.
59Anspruch der Kläger gegen die Beklagte zu 1. aus §§ 817, 818 BGB auf Herausgabe der Nutzungen der von den Klägern geleisteten Abschlagszahlungen
60Dieser Anspruch ist grundsätzlich gerechtfertigt, weil der Bauträgervertrag gegen die MaBV verstößt. Der Höhe nach ist der Anspruch für die Zeit bis zum 24.08.2001, dem Tag des fruchtlosen Ablaufs der gemäß § 634 Abs. 1 BGB gesetzten Nachfrist, beschränkt, weil an diesem Tag zwischen den Vertragsparteien ein Abrechnungsverhältnis entstand. Die restliche Kaufpreisforderung der Beklagten wurde hiermit fällig, ohne dass es der Abnahme ihres Werkes bedurfte.
611.
62Ist der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet (§ 817 Satz 1 BGB). Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auch auf die gezogenen Nutzungen (§ 818 Abs. 1 BGB). Zu den aus Abschlagszahlungen als Bereicherungsgegenstand gezogenen Nutzungen im Sinne von § 818 Abs. 1 BGB gehören auch die Zinsersparnisse, die der Bauträger dadurch hatte, dass er mit dem verbotswidrig (entgegen MaBV) erhaltenen Geld seine Bankverbindlichkeiten zurückgezahlt hat (BGH, Urteil vom 06.03.1998, V ZR 244/96, BGHZ 138, 160; OLG München, Urteil vom 17.06.1999, 19 U 6498/98, NJW-RR 2001, 13 mit Anm. Kniffka NZBau 2000, 552; OLG Koblenz, Urteil vom 18.12.1988, 10 U 362/98, NJW-RR 1999, 671; vgl. auch Senat, Urteil vom 04.06.2004,
6323 U 29/04, BeckRS 2004, 07533, dort zu Rn 8; Basty, Bauträgervertrag, 5. Auflage 2005, Rn 81). Deren Höhe ist hier mit 7,5 % p.A. in beiden Instanzen unstreitig. Die MaBV ist ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 817 BGB (BGH, Urteil vom 22.12.2000, VII ZR 310/99, BGHZ 146, 257; BGH, Urteil vom 22.03.2007,
64VII ZR 268/05, BauR 2007, 1235). Der streitgegenständliche Bauträgervertrag unterfällt der MaBV. Die Beklagte zu 1. war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Bauträgervertrages Eigentümerin des zu bebauenden Grundstücks. Der Berufungseinwand der Beklagten zu 1., die Kläger seien hinsichtlich eines Ratenplanes gemäß MaBV nicht schutzwürdig gewesen, da sie am 29.09.1998 ein nahezu fertiges und am 20.02.1999 an sie übergebenes Haus gekauft hätten, ist nicht gerechtfertigt. Nach dem nicht substantiiert bestrittenen Vortrag der Kläger bedurfte es im Vertragszeitpunkt noch erheblicher Fertigstellungsmaßnahmen. Zudem weisen die Kläger zutreffend darauf hin, dass sich der Schutzzweck der MaBV nicht nur auf die Herstellung des Bauwerks, sondern auch auf die Sicherung einer lastenfreien Eigentumsverschaffung an einem genehmigten Vertragsobjekt bezieht.
652. Der Bauträgervertrag enthält einen gegen § 3 Abs. 2 MaBV verstoßenden Zahlungsplan. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1 und 2 MaBV (in der seit 01.06.1997 geltenden Fassung) dürfen Gewerbetreibende, zu denen die Beklagte zu 1. gehörte, die Vermögenswerte in bis zu sieben Teilbeträgen entsprechend dem Bauablauf entgegennehmen oder sich zu deren Verwendung ermächtigen lassen. Die Teilbeträge können aus den aus der nachfolgenden Tabelle, dort linke Spalte, ersichtlichen Teilbeträgen zusammengesetzt werden. Der Bauträgervertrag sieht demgegenüber vor, dass die Beklagte die Vermögenswerte in sechs Teilbeträgen/Raten entsprechend der nachfolgenden Tabelle, dort rechte Spalte, fordern konnte .
66Teilb. MaBV Rate Bauträgervertrag
671 30 % Beginn Erdarbeiten 1 30 % Beginn Erdarbeiten
682 40 % Rohbaufertigstellung 2 28 % Rohbaufertigstellung
69incl. Zimmererarbeiten incl. Zimmerarbeiten
703 8 % Dachflächen/Dachrinnen 3 18,9 % Dachflächen und
71Rinnen, Rohinst. Heizung +
72Sanitär + Elektro, Fenstereinb.
73ohne Verglasung
744 3 % Rohinst. Heizung
755 3 % Rohinst. Sanitär
766 3 % Rohinst. Elektro
777 10 % Fenstereinbau/Verglasung
788 6 % Innenputz excl. Beiputz 4 8,4 % Innenputz excl. Beiputz
79Fassadenarbeiten/Estrich
809 3 % Estrich
8110 4 % Fliesenarb. Sanitärbereich 5 8,8 % Fliesenarb. Sanitärber.
82Einbau Rolläden, Haustüre,
83Fensterbänke, Treppen
8411 12 % Bezugsfert. Zug um Zug gegen 6 2,4 % nach Ausführung der
85Besitzübergabe restlichen noch verbleibenden
86Arbeiten, um die Bezugsfertig-
87keit herzustellen und Zug um Zug gegen Besitzübergabe
8812 3 % Fassadenarbeiten
8913 5 % vollst. Fertigstellung 7. 3,5 % nach vollst. Fertigstellung
90Zu beachten ist dabei, dass die MaBV ab dem 2. Teilbetrag die Prozentsätze von der "restlichen Vertragsumme" (d.h. hier 70 %) bildet, der Bauträgervertrag hingegen vom Gesamtkaufpreis (d.h. von 100 %). Aus § 3 Abs. 2 MaBV ergibt sich die maximal zulässige Teilzahlung zum jeweiligen Baustadium. Die Vorschrift benennt nur den Rahmen des gewerberechtlichen "Dürfens" und "Könnens". Sie ist nur insofern zwingend, als sich aus ihr die Höchstsätze ergeben, die der Bauträger beim jeweiligen Bautenstand entgegennehmen darf. Beliebige/flexible Zusammenstellungen von Raten aus den insgesamt vorgesehen 13 Bauabschnitten - auch in anderer zeitlicher Reihenfolge - sind zulässig, solange nur die Höchstsätze nicht überschritten werden, die der Bauträger unter Berücksichtigung des Bautenstandes nach den Prozentsätzen von § 3 Abs. 2 MaBV (oder entsprechenden Teilsummen dieser Prozentsätze) entgegennehmen darf (vgl. Basty, a.a.O., Rn 435-437, 441 ff. mwN).
91Nach den Regelungen im Bauträgervertrag der Parteien werden die Höchstsätze, die der Bauträger nach der MaBV beim jeweiligen Bautenstand entgegennehmen darf, überschritten. Danach sind in den ersten fünf Raten die in § 3 Abs. 2 MaBV im einzelnen umschriebenen Leistungsteile mit einem Prozentsatz von insgesamt
9294,1 % (nämlich 100 % ./. 3,5 % ./. 2,4 %) erfasst. Nach der MaBV ist aber für die Summe der Leistungsteile gemäß o.a. Teilbeträgen 1 bis 10 und 12 nur ein Prozentsatz von maximal 88,1 % der Gesamtvergütung (nämlich 100 ./. <70 x 5 % => 3,5 % ./. <70 x 12 % => 8,4 %) maximal zulässig.
93Der Berufungseinwand der Beklagten zu 1., die hier vereinbarte flexible Fälligkeitsregelung orientiere sich am Bauablauf und gehe nicht zum Nachteil des Erwerbers, da die erste Rate (30 %) und letzte Rate (3,5 %) vollständig und die restlichen Raten - nach Baufortschritt - insoweit flexibel gestaltet worden seien, als die 6. Rate (bei Bezugsfertigkeit/Besitzübergabe) mit 2,4 % wesentlich geringer sei, als von der MaBV vorgesehen, und die Fassadenarbeiten bereits in die vierte Rate eingearbeitet sei, ist dementsprechend unbegründet. Auch auf eine etwaige doppelte Berücksichtigung von Arbeiten in der Beschreibung der im Bauträgervertrag vereinbarten Raten kommt es nicht an, da sich aus § 3 Abs. 2 MaBV die maximal zulässige Teilzahlung zum jeweiligen Baustadium ergibt. Eine Unterschreitung der Höchstsätze ist zwar zulässig (Basty, a.a.O., Rn 435 mwN); eine Unterschreitung der Höchstsätze der MaBV bei der Rate nach Bezugsfertigkeit (Teilbetrag 11 gemäß § 3 Abs. 2 MaBV bzw. hier 5. Rate des Bauträgervertrages) und/oder bei der Rate nach vollständiger Fertigstellung (Teilbetrag 13 gemäß § 3 Abs. 2 MaBV bzw. hier 6. Rate des Bauträgervertrages) impliziert aber, dass bei den vorherigen Teilbeträgen bzw. deren Zusammenfassung zu Raten die Höchstsätze von § 3 Abs. 2 MaBV zwangsläufig überschritten worden sind und der Erwerber in seinen Sicherungsrechten/Zurückbehaltungsrechten und im Schutz gegen eine dem tatsächlichen Bautenstand nicht entsprechende Vorleistung benachteiligt ist.
94Rechtsfolge einer Abweichung vom § 3 Abs. 2 MaBV zu Lasten des Erwerbers ist, dass die gesamte Zahlungsvereinbarung nach § 12 MaBV i.V.m. § 134 BGB nichtig ist (BGH, Urteil vom 22.12.2000, VII ZR 310/99, BGHZ 146, 257; BGH, Urteil vom 22.03.2007, VII ZR 268/05, BauR 2007, 1235). Die infolge der Nichtigkeit der Zahlungsvereinbarung entstandene Lücke kann nicht durch Rückgriff auf § 3 Abs. 2 MaBV geschlossen werden. An die Stelle der nichtigen Vereinbarung tritt vielmehr
95§ 641 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 22.12.2000, VII ZR 310/99, BGHZ 146, 257; BGH, Urteil vom 22.03.2007, VII ZR 268/05, BauR 2007, 1235); der übrige Vertragsinhalt bleibt aber von der Nichtigkeit der Abschlagszahlungsvereinbarung unberührt (BGH, a.a.O.). In diesem Fall gilt das Werkvertragsrecht des BGB in der hier maßgeblichen Fassung, das bis zum 01.05.2000 (d.h. der Einführung des § 632 a BGB durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen, vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Auflage 2008, Rn 1218/1337) keine Vorschrift über Abschlagszahlungen enthielt, so dass die Forderungen des Unternehmers/Bauträgers grundsätzlich erst gemäß § 641 Abs. 1 BGB nach Abnahme des Objekts fällig werden.
963.
97Die subjektiven Voraussetzungen des § 817 BGB (dazu Palandt-Sprau, BGB, 67. Auflage 2008, § 817 Rdn.8) sind ebenfalls erfüllt. Bewusst handelt bereits derjenige, der leichtfertig vor dem Verbotensein seines Handelns die Augen verschließt (BGH Urteil vom 15.6.1989, III ZR 9/88, NJW 1989, 3217). Die Kenntnis der MaBV gehört zum Kernbereich des Fachwissens eines Bauträgers; zudem ist die MaBV im Notarvertrag mehrfach erwähnt. Die Beklagte zu 1. kann sich dem Vorwurf der Leichtfertigkeit nicht mit der Behauptung entziehen, sie habe hier zum ersten und einzigen Mal eine Bauträgermaßnahme durchgeführt und sich auf den Notar verlassen. Im Hinblick auf die diversen Parallelverfahren betraf diese Bauträgermaßnahme mehrere Häuser und hatte somit einen erheblichen Umfang. Die Beklagte zu 1. muss sich das Wissen der Beklagten zu 2., ihrer ehemaligen Geschäftsführerin, als Abschlussvertreterin zurechnen zu lassen (§ 166 BGB, vgl. OLG München, Urteil vom 17.06.1999, 19 U 6498/98, NJW-RR 2001, 13 mit Anm. Kniffka NZBau 2000, 552).
984. Die Vorschrift des § 813 Abs. 2 BGB steht dem zuerkannten Anspruch nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist für den Fall, dass eine "betagte" Verbindlichkeit (d.h. eine entstandene Verbindlichkeit, die aber ganz oder teilweise nicht fällig oder nicht durchsetzbar ist, vgl. Palandt-Sprau, BGB, 67. Auflage 2008, § 813, Rn 5) vorzeitig erfüllt wird, die Rückforderung ausgeschlossen und die Erstattung von Zwischenzinsen kann nicht verlangt werden.
99Die Kläger haben sämtliche Zahlungen auf eine Forderung geleistet, die im Zahlungszeitpunkt mangels eines wirksam vereinbarten Zahlungsplans noch nicht fällig waren. Ginge es in einem solchen Fall nur um eine vorzeitige Leistung auf eine betagte Forderung, so würde einem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch grundsätzlich § 813 Abs. 2 BGB entgegenstehen.
100Bei den Zahlungen, die der MaBV widersprechen, ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Bauträger durch Entgegennahme dieser Vermögenswerte gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB verstoßen hat und daher einem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch aus § 817 Abs. 1 BGB ausgesetzt ist. Da das Verbotsgesetz gerade die Entgegennahme von Zahlungen auf eine betagte Forderung verbietet, solange die Fälligkeitsvoraussetzungen noch nicht vorliegen, findet die Regelung des § 813 Abs. 2 BGB keine Anwendung, soweit sie den vom Verbotsgesetz bezweckten Schutz des Erwerbers ausschalten würde (BGH, Urteil vom 22.03.2007, VII ZR 268/05, BauR 2007, 1235 unter Bezugnahme auf Kniffka NZBau 2000, 552, 553). Die Regelung in § 813 Abs. 2 BGB kann jedoch nur insoweit zurücktreten, als dies im Hinblick auf Sinn und Zweck des genannten Verbotsgesetzes gerechtfertigt ist. Soweit der vorrangige Schutz des Erwerbers die Rückzahlung der vor Fälligkeit geleisteten Zahlungen nicht gebietet, verbleibt es beim gesetzlichen Ausschluss des Kondiktionsanspruchs (BGH, Urteil vom 22.03.2007, VII ZR 268/05, BauR 2007, 1235; vgl. auch OLG Stuttgart, n. rk. Urteil vom 13.06.2006, 5 U 198/05, BauR 2007, 406 mit abl. Anm. Weise, NJW-Spezial 2006, 309).
101Nach den vorstehenden Ausführungen gebietet der von der MaBV bezweckte Schutz der Kläger, § 813 Abs. 2 BGB bis zur Fälligkeit der Werklohnforderung der Beklagten zu 1. nicht anzuwenden.
102Die Werklohnforderung ist mit dem fruchtlosen Ablauf der von den Klägern gemäß
103§ 634 Abs. 1 BGB gesetzten Nachfrist am 24.08.2001 ohne Abnahme fällig geworden (BGH, Urteil vom 23.11.1978, VII ZR 29/78, NJW 1979, 549; OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.11.1998, 5 U 84/98, BauR 1999, 494; BGH, Urteil vom 10.10.2002, VII ZR 315/01, BauR 2003, 88; BGH, Urteil vom 23.06.2005, VII ZR 197/03, BGHZ 163, 274). Es wird ein Abrechnungsverhältnis begründet, in das der (restliche) Vergütungsanspruch des Auftragnehmers und etwaige Schadensersatz- und / oder Minderungsansprüche des Auftragnehmers einzusetzen und bei dem etwaige Zurückbehaltungsrechte des Auftragnehmers wegen noch fehlender lastenfreier Eigentumübertragung zu berücksichtigen sind. Mit dem Begriff "Abrechnungsverhältnis" ist nicht zum Ausdruck gebracht, dass Forderung und Gegenforderung nicht den Regeln zur Aufrechnung unterliegen und Aufrechnungsverbote keine Bedeutung haben (BGH, Urteil vom 23.06.2005, a.a.O.; vgl. auch Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Auflage 2008, Rn 1337 mwN; Kuffer/Wirth-Bearb., Handbuch des Fachwanwalts für Bau- und Architektenrecht, 2. Auflage 2008, 3.Kap., Teil A, Rn 77 mwN). Die Kläger hätten das Abrechnungsverhältnis nur vermeiden können, wenn sie die weitere Erfüllung des Vertrages oder das Rückgängigmachen des Vertrages durch Rücktrittserklärung oder die Geltendmachung des großen Schadensersatzanspruches gewählt hätten, was sie jedoch offenbar deshalb nicht getan haben, weil über das Vermögen der Beklagte zu 1. das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
104Seit der Entstehung des Abrechnungsverhältnisses bedürfen die Kläger nicht mehr des Schutzes der MaBV. Es hat sich hiermit der Schutzzweck von § 3 Abs. 2 MaBV hinsichtlich eines unzulässigen Ratenzahlungsplanes erledigt, weil nach Entstehung des Abrechnungsverhältnisses Raten nicht mehr geschuldet werden.
105Mit der Entstehung eines Abrechnungsverhältnisses hat sich auch der Schutzzweck des § 3 Abs. 1 Nr. 4 MaBV, gegen den die Beklagte zu 1. nach Auffassung der Kläger verstoßen hat, erledigt. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Beklagte zu 1. auch gegen § 3 Abs. 1 Nr. 4 MaBV verstoßen hat. Die Kläger sind ausreichend dadurch geschützt, dass sie im Rahmen des mit fruchtlosem Ablauf der Nachfrist entstandenen Abrechnungsverhältnisses wegen der von ihnen gerügten Abweichungen des Hauses von den vertraglichen Vereinbarungen Schadensersatz- und Minderungsansprüche geltend machen können.
106Auch der Umstand, dass die Kläger erst am 15.10.2007 als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wurden, rechtfertigt es nicht, ihnen über den 24.08.2001 hinaus Ansprüche aus § 817, 818 BGB zuzuerkennen. Ihnen stehen seit dem 24.08.2001 gegen die Beklagte zu 1. deren Restwerklohnforderung übersteigende Schadensersatz- bzw. Minderungsansprüche zu, so dass sie ab diesem Zeitpunkt auch Anspruch auf lastenfreie Eigentumsübertragung haben. Dieser Anspruch war vor und ist auch nach Eintritt des Abrechnungsverhältnisses unter Beachtung der Anforderungen von § 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3 MaBV hinreichend gesichert.
107Die Eigentumsübertragung ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 MaBV durch die Regelung unter Ziffer XIII.2 des Bauträgervertrages durch Eintragung einer Vormerkung gesichert worden.
108Auch die Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 3 MaBV über die Sicherung der Lastenfreistellung ist in dem Bauträgervertrag beachtet worden. Die Vertragsparteien haben hierzu unter II.5.d. i.V.m. II.6 des Bauträgervertrages u.a. vereinbart, dass Zahlungen auf den Kaufpreis gemäß der nachstehenden Ziff. 6 (= Ratenplan) erst zu erfolgen haben, wenn dem beurkundenden Notar die Unterlagen zur Sicherung der Freistellung des verkauften Grundbesitzes von allen Belastungen vorliegen, die der Auflassungsvormerkung des Käufers im Range vorgehen oder gleichstehen und nicht ausdrücklich übernommen werden. Weiter haben die Parteien vereinbart, dass hinsichtlich der eingetragenen Grundschuld (über 2 Mio. DM, vgl. zu I.1.) sowie der voraussichtlich noch einzutragenden Grundschulden zugunsten der S W diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn dem Notar eine Freistellungserklärung der Gläubigerin gemäß § 3 MaBV vorliegt, die auch den Fall berücksichtigt, dass das Bauvorhaben nicht vollendet wird. Diese Regelungen genügen den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 MaBV. Die Lastenfreistellung ist damit dergestalt sichergestellt, dass es einer Mitwirkung des Bauträgers bzw. Liquidators nicht mehr bedarf, vielmehr der Notar im Rahmen der Vertragsabwicklung und Lastenfreistellung treuhänderische Funktionen ausübt.
1095.
110Der zuerkannte Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen im Zeitraum 01.11.1998 bis 15.09.1999 errechnet sich entsprechend der Tabelle auf Seite 11 des angefochtenen Urteils mit 87.142,95 DM bzw. 44.555,48 EUR. Davon entfällt ein Teilbetrag von 22.789,12 EUR auf den Zeitraum bis zum 30.04.2000 und ein weiterer Teilbetrag von 21.766,36 EUR auf den Zeitraum vom 01.05.2000 bis 24.08.2001.
111II.
112Den Klägern steht gegen die Beklagte zu 1. zudem wegen des o.a. zumindest fahrlässigen Verstoßes des im Bauträgervertrag enthaltenen Zahlungsplanes gegen § 3 Abs. 2 MaBV ein Anspruch auf Ersatz des Zinsdifferenzschadens in Höhe von 5.696,44 EUR aus positiver Vertragsverletzung zu, der ihnen durch die vorzeitige Anforderung der Abschlagszahlungen entstanden ist (vgl. Kniffka NZBau 2000, 552, dort zu 3.; Karzweski, IBR 2001, 24; Herrler, DNotZ 2007, 895, 911). Ob ein solcher Anspruch auch daraus folgt, dass die MaBV als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB anzusehen ist (vgl. OLG Hamm OLGR 1998, 298; a.A.: OLG Dresden DNotZ 1998, 372), kann dahinstehen. Die Berechnung des Landgerichts auf Seite 12 des angefochtenen Urteils ist wegen offensichtlicher Unrichtigkeit gemäß § 319 ZPO zu korrigieren, da das Landgericht den Zinsdifferenzschaden versehentlich mit einem Zinssatz von 2,5 % (statt 2,25 % als Differenz aus den Kreditzinsen von 5,25 % und den Bereitstellungszinsen von 3 %) berechnet hat.
113Rate Zahlungsdatum Enddatum Zinstage 2,25 %
114130.800 DM 01.11.1998 30.04.2000 546 2.250,92 EUR
115130.800 DM 01.05.2000 24.08.2001 481 1.982,95 EUR
11647.200 DM 01.12.1998 30.04.2000 516 767,63 EUR
11747.200 DM 01.05.2000 24.08.2001 481 715,56 EUR
118Summe 5.717,06 EUR
119(statt vom Landgericht insoweit zuerkannter 6.352,27 EUR)
120III.
121Aufrechnung der Beklagten zu 1. mit Gegenansprüchen in Höhe von 2.574,53 EUR Euro und 2.561,80 Euro gegenüber dem nach dem Hilfsbegehren verbleibenden Schadensersatzanspruch der Kläger von 13.791,58 EUR
122Die Aufrechnung ist in vollem Umfang begründet.
123Hinsichtlich der verauslagten Grundbesitzabgaben von 2.561,80 EUR hat die Beklagte zu 1. einen Erstattungsanspruch aus § 670 BGB, der nie einredebehaftet war.
124Auf Grund des am 24.08.2001 entstandenen Abrechnungsverhältnisses steht der Beklagten zu 1. auch der Restkaufpreisanspruch von 2.574,53 Euro zu. Dieser Anspruch war nur bis zur Eintragung der Kläger als Eigentümer ins Grundbuch (15.10.2007) gemäß § 320 BGB einredebehaftet. Dieses Zurückbehaltungsrecht ist am 15.10.2007 entfallen.
125III.
126Zinsen (als Nebenforderung)
127Die mit der Berufung weiterverfolgten Rechtshängigkeitszinsen in Höhe von
1285 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.10.2001 (Zustellung der Klageschrift) sind gem. §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 2, 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB, Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 2 EGBGB in Bezug auf ihren Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen (§§ 817, 818 BGB) und Ersatz des Differenzschadens (positive Vertragsverletzung) in dem Umfang gerechtfertigt, in dem dieser Anspruch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30.3.2000 (1.5.2000) fällig geworden ist. Hiervon wird ein Betrag von 24.464,87 EUR (21.766,36 EUR + 1.982,95 EUR + 715,56 EUR) erfasst. Der Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen ist sukzessive mit der jeweiligen Ersparnis von Kreditaufwendungen in der Zeit vom 01.11.1998 bis 24.08.2001 fällig geworden. Wegen der Restforderung aus §§ 817, 818 BGB in Höhe von 25.807,67 EUR (22.789,12 EUR + 2.250,92 EUR + 767,63 EUR), die vor dem 1.5.2000 fällig geworden ist, können die Kläger ab 31.10.2001 nur den damals noch geltenden Zinssatz von 4 % verlangen.
129IV.
130Ansprüche der Kläger gegen die Beklagten zu 2. und 3.
1311.
132Den Klägern steht auf Grund ihres in 2. Instanz gestellten Hilfsantrags gegen die Beklagten zu 2. und 3. aus abgeleitetem Recht der Beklagten zu 1. analog §§ 31, 30 GmbHG ein Anspruch in Höhe von 58.907,17 EUR zu.
133Die Beklagten stellen ihre grundsätzliche Haftung aus §§ 31, 30 GmbHG, wie sie vom OLG Hamm im Urteil vom 9.1.2008 dargelegt ist, nicht in Abrede. Ihr einziger Einwand, den sie auf Seite 4 ihres Schriftsatzes vom 18.8.2008 gegen die Begründetheit der Ansprüche der Kläger aus abgeleitetem Recht der Beklagten zu 1. zu den §§ 31.30 GmbHG erhoben haben, ist, dass die Frage der freien Spitze, d.h. die Frage, in welchem Umfang sie der Beklagten zu 1. wegen Befreiung von eigenkapitalersetzenden Sicherheiten betragsmäßig haften könnten, streitig sei. Streitig seien insbesondere die von den Klägern bemühten Verbindlichkeiten gerade auch aus dem vorliegenden Verfahren und der Parallelsache sowie die angeblichen Verbindlichkeiten des Architekten F. Dieses Bestreiten ist jedoch unsubstantiiert und unerheblich. Die Kläger haben zur sog. freien Spitze mit Schriftsatz vom 06.06.2008 schlüssig vorgetragen. Sie haben ausgehend von der Feststellung des OLG Hamm, dass die bilanzielle Überschuldung sich auf mindestens 85.207,33 Euro belaufen habe, auf Seite 5 vorgetragen, dass sich eine höhere Überschuldung von mindestens 174.478,61 Euro ergebe, wenn man die in der vom OLG Hamm zu Grunde gelegten Handelsbilanz angesetzten zu hohen Werte einer Eigentumswohnung und des sog. Felsengrundstücks um 9.801,78 Euro und 10.707,32 Euro reduziere und außerdem Aufwendungen von 68.762,18 Euro berücksichtige, die zur Fertigstellung von 2 Einfamilienhäuser (in der Bilanz unter fertige Erzeugnisse und Waren aufgeführt) notwendig waren. Bereits das OLG Hamm hat hierzu auf den Seiten 7 und 8 seines Urteils vom 9.1.2008 ausgeführt, dass es die Eigentumswohnung, das Felsengrundstück und auch die Pos. "fertige Erzeugnisse und Waren" eher für überbewertet halte. Konkrete Einwände gegen die von den Klägern dargelegte Überbewertung haben die Beklagten zu 2. und 3. nicht erhoben.
134Bei der Feststellung der bilanziellen Überschuldung der Beklagten zum 31.05.2002 müssten außerdem die Forderungen zumindest der Bauherrn K und G (Kläger) berücksichtigt werden, da diese Forderungen bei Bilanzerstellung bereits rechtshängig waren mit der Folge, dass für sie in der Bilanz zumindest Rückstellungen hätten gebildet werden müssen.
135Insgesamt schulden die Beklagten zu 2. und 3. der Beklagten zu 1. aus §§ 31, 30 GmbHG einen Betrag, der ihre bereits geleisteten Zahlungen an S (35.163,22 Euro) und die berechtigten Pfändungen der Eheleute K und der Kläger übersteigen. Das gilt auch, wenn man ihre Haftung aus §§ 31,30 GmbHG auf den Betrag begrenzt, um den die Darlehnsverbindlichkeiten der Beklagten zu 1. aus der Kaufpreiszahlung der Beklagten zu 2. und 3. für die von der Beklagten zu 1. erworbenen Immobilie vermindert worden ist. Die Beklagten zu 2. und 3. sind dem entsprechenden Vortrag der Kläger auf Seite 6 des Schriftsatzes vom 06.06.2008 nicht entgegengetreten.
1362.
137Eigene Ansprüche, die die Kläger in 2. Instanz aus dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen Schädigung, zu der auch die besondere Fallgestaltung der sog. Existenzvernichtung zählt, aus dem Gesichtspunkt der sog. Vermögensvermischung und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG weiterverfolgen, sind dagegen nicht gerechtfertigt.
138a.
139Für Ansprüche aus dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen Schädigung / Existenzvernichtung fehlt den Klägern die Aktivlegitimation. Die Rechtsfolgen dieser Ansprüche aus § 826 BGB ergeben sich aus § 249 ff. BGB; es muss der Zustand hergestellt werden, der ohne den existenzvernichtenden Eingriff bestehen würde. Danach kann es keine Außenhaftung geben, denn auch ohne die sittenwidrige Schädigung bzw. den existenzvernichtenden Eingriff der Gesellschafter hätten die Gesellschaftsgläubiger keinen unmittelbaren Anspruch gegen den Gesellschafter gehabt. Ihr Schaden – in Form des Forderungsausfalls – ist nur ein Reflex des Vermögensentzugs bei der Gesellschaft. Unmittelbar wird nur die Gesellschaft geschädigt. Bei ihr ist der Schaden daher auszugleichen. Das entspricht inzwischen höchstrichterlicher Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 16.07.2007, II ZR 3/04, BGHZ 173, 246 – Trihotel; Urteil vom 10.12.2007, II ZR 239/05, MDR 2008, 396, Rn 25 ff; Urt.v. 13.12.2007, IX ZR 116/06, WM 2008, 449; Beschluss vom 07.01.2008 II ZR 314/05, BGH-Report 2008, 443; Urteil vom 28.4.2008, II ZR 264/06, BGH-Report 2008, 849 mit Anm. Terlau; vgl. auch Dr. Strohn, Richter am BGH, zum Thema Existenzvernichtungshaftung-Vermögensvermischungshaftung-Durchgriffshaftung, ZInsO 2008, 706).
140Von diesem Grundsatz kommen nur zwei Ausnahmen in Betracht, und zwar zum einen für den Fall, dass der Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen beiseite schafft, um gezielt den einzigen Gläubiger der Gesellschaft zu schädigen, zum anderen für den Fall der sog. Vermögensvermischung. Der BGH hat in der Trihotel-Entscheidung offengelassen, ob für den zuerst genannten Fall ausnahmsweise eine Durchgriffs(außen)haftung in Betracht kommt. Für den vorliegenden Fall kann dies ebenfalls offen bleiben, da ein solcher Fall hier nicht gegeben ist. Der weitere Ausnahmefall wird nachfolgend unter b. erörtert.
141Die Gläubiger werden durch die bloße Innenhaftung der Gesellschafter nicht unzumutbar benachteiligt. Sie haben – wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt wird, z.B. weil der Gutachter die Existenzvernichtungshaftung als nicht beweisbar oder mangels Bonität des Gesellschafters nicht durchsetzbar einschätzt - die Möglichkeit, auf Grund eines Titels gegen die Gesellschaft den Anspruch der Gesellschaft gegen die Gesellschafter aus sittenwidriger Schädigung / Existenzvernichtungshaftung zu pfänden und sich überweisen zu lassen. Gleiches gilt für den Anspruch aus §§ 30, 31 GmbHG analog.
142b.
143Eigene Ansprüche aus dem Gesichtspunkt der Vermögensvermischung analog
144§ 128 HBG haben die Kläger nicht schlüssig dargelegt.
145Die Tatbestandsvoraussetzungen einer Haftung wegen Vermögensvermischung sind sehr eng. Nach der Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt, kommt ein solcher Anspruch nur in Betracht, wenn die Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise verschleiert worden ist und deshalb die Kapitalerhaltungsvorschriften, deren Einhaltung ein unverzichtbarer Ausgleich für die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen (§ 13 Abs. 2 GmbHG) ist, nicht funktionieren können (Urteil vom 13.04.1994, II ZR 16/93, BGHZ 125, 366; Urteil vom 14.11.2005, II ZR 178/03, ZIP 2006, 467; Urteil vom 16.7.2007, II ZR 3/04, BGHZ 173, 246; Urteil vom 10.12.2007, II ZR 239/05, MDR 2008, 396; Urteil vom 7.1.2008, II ZR 314/05, BGHReport 2008, 443; Dr. Strohn, a.a.O.). Für die Annahme einer Vermögensvermischung genügt nicht schon das Fehlen einer "doppelten Buchführung" gemäß §§ 41 GmbHG, 238 HGB, solange sich die Vermögenszuflüsse und -abflüsse sowie die Trennung von Gesellschafts- und Privatvermögen der Gesellschafter noch aufgrund sonstiger vorhandener Unterlagen nachvollziehen lassen. Die Buchführungspflicht obliegt gemäß § 41 GmbHG dem Geschäftsführer; ihre Verletzung kann Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihn aus § 43 Abs. 2 GmbHG auslösen (BGH, Urteil vom 09.05.1974, II ZR 50/72, DB 1974, 1619), führt aber noch nicht ohne weiteres zu einer Durchgriffs- oder sonstigen Außenhaftung des Gesellschafters gegenüber den Gesellschaftsgläubigern. Haftungsgrund im Rahmen der Vermögensvermischung ist nicht die mangelhafte Buchführung, sondern der Tatbestand der von dem Gesellschafter zu verantwortenden, die Kapitalschutzvorschriften missachtenden Vermischung der unterschiedlichen Vermögensmassen. Ergibt sich unter diesen Voraussetzungen eine Unkontrollierbarkeit der Zahlungsvorgänge mit der Folge, dass die Vermögensmassen der Gesellschaft und des Gesellschafters nicht mehr unterschieden werden können, greift die Haftung des Gesellschafters ein, wobei dem Gläubiger die Grundsätze zur sekundären Behauptungslast des Gesellschafters zu Gute kommen, weil der Gesellschafter als derjenige, der die Verhältnisse der Gesellschaft kennen muss, sich nicht auf ein pauschales Bestreiten zurückziehen darf (BGH, Urteil vom 14.11.2005, a.a.O., Rn 15). Die Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung ist keine Zustands-, sondern eine Verhaltenshaftung wegen Rechtsformmissbrauchs. Sie trifft einen Gesellschafter nur, wenn er aufgrund des von ihm wahrgenommenen Einflusses als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter für den Vermögensvermischungstatbestand verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 14.11.2005, a.a.O., Rn 17; Urteil vom 13.04.1994, II ZR 16/93, BGHZ 125, 366).
146Der Annahme einer Vermögensvermischung nach den vorstehenden Voraussetzungen steht schon der eigene Vortrag der Kläger entgegen. Die Kläger haben in beiden Instanzen die vorhandene, durch einen Steuerberater/Wirtschaftsprüfer zu einem Jahresabschluss nebst Kontennachweisen verarbeitete, Buchhaltung der Beklagten zu 1. in vielfältiger Weise in Bezug genommen, um damit einen existenzvernichtenden Eingriff bzw. einen Verstoß der Gesellschafter gegen das GmbHG zu begründen. Dieser umfangreiche und dezidierte Sachvortrag wäre den Klägern nicht möglich, wenn die Zahlungsvorgänge der Beklagten zu 1. nicht nachvollziehbar und deren Gesellschaftsvermögen von dem Privatvermögen der Gesellschafter schlechthin nicht unterscheidbar wäre.
147Die Beklagten zu 2. und 3. sind auch ihrer sekundären Behauptungslast nachgekommen. Sie haben zum Vorwurf einer Vermögensvermischung im Prozessverlauf eingehend und unter Vorlage diesbezüglicher Geschäftsunterlagen der GmbH Stellung bezogen (204/300/496 ff. GA).
148Entgegen der Berufungsbegründung genügt es für den Tatbestand der Vermögensvermischung gerade nicht, dass eine in einzelnen Punkten "undurchsichtige Buchführung" der Gesellschaft zu verzeichnen ist oder Mängel der Buchführung Gesellschaft eine Kontrollierbarkeit der Kapitalerhaltungsvorschriften und Eigenkapitalersatzregeln (insbesondere §§ 30, 31 GmbHG) lediglich erschweren, wenn die maßgeblichen Zahlungsvorgänge anhand der Buchhaltung in Verbindung mit sonstigen zur Verfügung stehenden Unterlagen nachvollziehbar bleiben. Dies gilt auch für die von den Klägern gerügte buchhalterische Behandlung von Sicherheiten in der laufenden Buchhaltung bzw. im Jahresabschluss und einen damit etwaig einhergehenden zusätzlichen Aufwand des vorläufigen Insolvenzverwalters, sich im Rahmen des Insolvenzantragsverfahrens den notwendigen Überblick über die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft zu verschaffen. Ebenso wie die Missachtung von Buchführungsvorschriften nicht ohne weiteres zu einer Außenhaftung wegen Vermögensvermischung führt, gilt für etwaige Verstöße der Gesellschafter gegen § 20 Abs. 1 InsO (Auskunftspflicht des Schuldners im Eröffnungsverfahren) entsprechendes. Dementsprechend geht auch der Berufungseinwand fehl, allein mit dem Klägervorbringen, dass der vorläufige Insolvenzverwalter die Rückerstattungsansprüche gemäß § 31 GmbHG analog nicht habe feststellen können, liege ein für den Tatbestand einer Vermögensvermischung ausreichender Sachvortrag vor.
149Selbst wenn Kosten für eine dem Beklagten zu 3. gehörende Privatstraße aus dem Vermögen der Beklagten zu 1. bestritten und die sich daraus ergebenden Erstattungsansprüche nicht ordnungsgemäß verbucht bzw. bilanziert worden sein sollten, handelt es sich um Vermögenszuflüsse und -abflüsse, bei denen die Trennung von Gesellschaftsvermögen und Privatvermögen der Gesellschafter noch aufgrund sonstiger vorhandener Unterlagen nachvollziehbar ist, wie schon der Sachvortrag der Kläger belegt.
150Gleiches gilt für etwaige sonstige von den Klägern gerügte Fehler in den Jahresabschlüssen, insbesondere für ihre Behauptung, darin seien Vermögensgegenstände überbewertet und Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten unterlassen worden. Dass eine Buchführung seitens der Beklagten zu 1. erfolgt ist, stellen die Kläger nicht in Abrede; deren etwaige "Unordentlichkeit" bzw. "Undurchsichtigkeit" kann die Haftung wegen Vermögensvermischung nicht ohne weiteres begründen, zumal sich die Kläger im Rahmen ihres Berufungsvorbringens in der Lage sehen, eine Einzelauswertung der Unterlagen für die Geschäftsjahre 1998/1999 bis 2002/2003 vorzunehmen und daraus eine Abgrenzung der unterschiedlichen Vermögensmassen mit umfangreichen Berechnungen vorzunehmen (vgl. im einzelnen 766-794GA).
151Wäre die Buchhaltung der Beklagten zu 1. nicht nachvollziehbar, wäre es dem OLG Hamm im Urteil vom 9.1.2008 (8 U 116/07) nicht gelungen, die zur Inanspruchnahme der Beklagten zu 2. und 3 aus gepfändetem Recht der Beklagten zu 1. erforderlichen Feststellungen zu den §§ 30, 31 GmbH zu treffen.
152c.
153Ebenfalls nicht schlüssig dargelegt haben die Kläger einen Anspruch gegen die Beklagten zu 2. und 3. aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG zu.
154aa. Gemäß § 64 Abs. 1 GmbHG haben die Geschäftsführer ohne schuldhaftes Zögern spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. § 64 Abs. 1 GmbHG ist nach der derzeit noch geltenden Rechtsprechung des BGH Schutzgesetz zugunsten der Gläubiger i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 30.03.1998, II ZR 146/96, BGHZ 138, 211; Baumbach/Hueck-Schulze-Osterloh, 18. Auflage 2006, § 64, Rn 90 mwN in Fn 390). Für sog. Altgläubiger, die bis zum Zeitpunkt der Insolvenzreife die Gläubigerstellung erlangt haben, besteht der nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 BGB zu ersetzende Schaden im sog. Quotenschaden, d.h. in dem Betrag, um den sich die Insolvenzmasse, insbesondere durch Eingehung neuer Verbindlichkeiten, gemindert hat (BGH, Urteil vom 03.02.1987, VI ZR 268/85, BGHZ 100, 19; BGH, Urteil vom 06.06.1994, II ZR 292/91, BGHZ 126, 181; Baumbach/Hueck-Schulze/Osterloh, a.a.O., § 64, Rn 92 mwN). Dieser sog. Quotenschaden besteht nicht in einer Minderung der Insolvenzmasse in der Zeit seit Beginn der Insolvenzverfahrensverschleppung, sondern in der Differenz der ursprünglich erzielbaren und tatsächlich erzielten Insolvenzquote. Dabei sind die Massebestandteile zu eliminieren, die Gegenstand eines Aus- oder Absonderungsrechts sind; gleichzeitig sind die durch diese Sonderrechte gesicherten Insolvenzforderungen in der Höhe von der Passivseite abzuziehen, in der sie durch diese Rechte gedeckt werden (BGH, Urteil vom 30.03.1998, II ZR 146/96, a.a.O.; Baumbach/Hueck-Schulze/Osterloh, a.a.O., § 64, Rn 95 mwN). Die objektiven Voraussetzungen eines Verstoßes gegen § 64 Abs. 1 GmbHG müssen im Prozess gegen den Geschäftsführer dargelegt und im Streitfall bewiesen werden. Dazu gehört die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH in dem für die Haftung maßgeblichen Zeitpunkt.
155bb. Der Senat hat bereits Zweifel, ob der BGH nach der unter II. 1. dargestellten neuen Rechtsprechung zur Durchgriffshaftung gegen Gesellschafter an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Durchgriffshaftung gegen den Geschäftsführer festhält. Auch die Konstruktion der Durchgriffshaftung gegen den Geschäftsführer steht nicht mit den Grundsätzen des § 249 BGB nicht im Einklang. Wenn der Insolvenzverwalter es versäumt, gegen den Geschäftsführer die Ansprüche nach § 64 Abs. 2 GmbHG geltend zu machen, haben die Gläubiger die Möglichkeit, auf Grund eines Titels gegen die Gesellschaft die Ansprüche der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer aus § 64 Abs. 2 GmbH pfänden und sich überweisen zu lassen.
156cc.
157Selbst wenn man davon ausgeht, dass der BGH an seinen bisherigen Grundsätzen zur Durchgriffshaftung des Geschäftsführers festhält, steht den Klägern der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Sie haben zwar schlüssig dargelegt, dass die Beklagte zu 1. spätestens zum 31.5.2002 überschuldet war. Hiervon ist auch das OLG Hamm im Urteil vom 9.1.2008 – 8 U 116/07 – ausgegangen, ohne dass die Beklagten zu 2. und 3. dagegen Einwände erhoben haben. In dem Überschuldensstatus sind auch solche Darlehen zu passivieren, die eigenkapialersetzend sind (BGH Urteil vom 8.1.2001, II ZR 88/99, NJW 2001, 1280). Folglich hat die Geschäftsführerin der Beklagten zu 1. , die Beklagte zu 2., nach dem Vortrag der Kläger pflichtwidrig gehandelt, weil sie nicht spätestens drei Wochen nach dem 31.5.2001 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat. Ihr Verschulden ist zu vermuten.
158Eine Insolvenzantragspflicht gemäß § 64 Abs. 1 GmbHG ergab sich hieraus allerdings nur für die Beklagte zu 2., nicht dagegen für den Beklagten zu 3., der lediglich Gesellschafter war. Die Kläger haben nicht schlüssig vorgetragen, dass der Beklagte zu 3. Geschäftsführerfunktionen in einem maßgeblichen Umfang wie die Beklagte zu 2. ausübte. Die Aussage des Architekten F im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ("Auch der Beklagte zu 3., der maßgeblich die Geschicke der Gesellschaft beeinflusste, hatte nicht nur als faktischer Geschäftsführer Einblicke in die Vermögenslage. Im standen überdies als Gesellschafter die entsprechenden Möglichkeiten zur Verfügung, sich über die Vermögenslage des Unternehmens einen Einblick zu verschaffen.") reicht für eine Haftung des Beklagten zu 3. nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 Abs. 1 GmbHG nicht aus, da dieser Aussage nicht entnommen werden kann, welche konkreten Tätigkeiten der Beklagte zu 3. ausgeübt hat. Allein die Einwirkung auf die Geschäftsführung, mag sie auch umfangreich gewesen sein, führt noch nicht zu einer Haftung als faktischer Geschäftsführer. Erforderlich ist ein eigenes Handeln in einem den Geschäftsführer / Mitgeschäftsführer kennzeichnenden Umfang (BGH, Urteil vom 21.3.1988,
159II ZR 194/87, BGHZ 104, 44; Baumbach/Hueck-Schulze/Osterloh, GmbHG, a.a.O. § 64 Rdn. 36/47).
160Der Anspruch gegen die Beklagte zu 2. scheitert schließlich daran, dass die Kläger einen Quotenschaden nicht schlüssig dargelegt haben. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens nicht nur nicht zum Wegfall des Anspruchs aus § 64 Abs. 2 GmbHG führt (Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, 3. Auflage 2006 Rdn. 244), sondern auch den Anspruch der Gläubiger aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 Abs. 1 GmbHG unberührt lässt (Prof. Dr. Karsten Schmidt, NZI 1998, 9/11). Schmidt (a.a.O.; s.a. Schmidt-Scholz, Kommentar zum GmbH-Gesetz, 9. Aufl. 2002, § 64 Rdn. 44) zeigt auf, dass die Altgläubiger, zu denen die Klägerin zählt, bei Masselosigkeit im Zweifel keine Klage erheben, weil Prozessaufwand und –risiko außer Verhältnis zum Ertrag stehen. Der vorliegende Fall bestätigt diese Auffassung. Bei Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Masselosigkeit ist es für Altgläubiger schwierig darzulegen und zu beweisen, in welchem Umfang sich die Insolvenzquote während der Verfahrensverschleppung verringert hat. Auch den Klägern ist diese Darlegung nicht gelungen. Ihre Berechnung, die darauf abstellt, dass im Juni 2002 mit Hilfe der Gesellschafterdarlehn noch alle Gläubiger hätten befriedigt werden können, nach Ablehnung der Insolvenzeröffnung tatsächlich aber keine Zahlungen geleistet worden seien, lässt außer Acht, dass es sich bei den Gesellschafterdarlehen nicht um Vermögen, sondern um Verbindlichkeiten der Gesellschaft gehandelt hat und die Umqualifizierung dieser Darlehen in funktionales Eigenkapital sowie die von der Rechtsprechung entwickelten Eigenkapitalersatzregeln lediglich zur Folge haben, dass der Gesellschafter während der Dauer der Krise seine Forderungen gegen die GmbH nicht durchsetzen darf (BGH, Urteil vom 8.1.2001, II ZR 88/99, NJW 2001, 1280). Aus diesem Grund wird bei der Feststellung der Überschuldung das der Gesellschaft analog § 30 GmbHG zustehende Leistungsverweigerungsrecht gegenüber eigenkapitalersetzenden Darlehen nicht berücksichtigt. Folglich können die Rechte der Gesellschaft aus
161§§ 30, 31 GmbHG auch nicht bei der Feststellung der Verschlechterung der Insolvenzquote auf Grund verzögerter Insolvenzanmeldung berücksichtigt werden. Durch die nach Eintritt der Überschuldung erfolgte Rückzahlung der Darlehen an die Gesellschafter hat sich hinsichtlich der Rechte der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern nichts wesentliches geändert. Aus dem ursprünglichen Leistungsverweigerungsrecht der Gesellschaft analog § 30 GmbHG ist ein Erstattungsanspruch der Gesellschaft analog §§ 30, 31 GmbHG entstanden. Dass dieser Erstattungsanspruch der Beklagten zu 1. auf Grund der Verzögerung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens heute weniger wert ist, als das ursprüngliche Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten zu 1. vor Auskehrung der Darlehen, etwa weil die Beklagten zu 2. und 3. heute nicht (mehr) in der Lage sind, diesen Anspruch zu erfüllen, haben die Kläger nicht dargelegt.
162C.
163Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97, 100 ZPO.
164Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
165D.
166Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
167Für die 1. Instanz bleibt es bei dem vom Landgericht festgesetzten Streitwert von 114.939,35 EUR.
168Für die 2. Instanz wird der Streitwert auf 139.575,60 EUR (19.488,02 + 56.044,08 + 64.043,50) festgesetzt. An diesem Streitwert sind die Kläger voll, die Beklagte zu 1. in Höhe von 75.532,10 EUR (19.488,02 + 56.044,08) und die Beklagten zu 2. und 3. in Höhe von 128.087 EUR (2 x 64.043,50) beteiligt.
169E.
170Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass (§ 543 Abs. 2 ZPO).