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Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 30. September 2005 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin,
78.156,46 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 17. Januar 2005,
1.268.264,46 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem je-weiligen Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2005,
116.715,05 Euro
sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 17.868 Euro vom 17. Januar 2005 bis zum 21. Oktober 2005
zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückzahlung von Entgelten für die Überlassung von Fernsprech-Teilnehmerdaten in Anspruch.
4Die Klägerin schloss am 18. August 1999 einen Vertrag über die Zurverfügungstellung von Daten im Wege eines Online-Zugriffs auf die NDIS-Datenbank der Beklagten unter Nutzung ihrer Suchfunktionen. Der Vertrag ist im März 2003 beendet worden.
5Die Klägerin verlangt nunmehr von der Beklagten die für diesen Zeitraum gezahlten Nettobeträge (ausschließlich der Leitungs- und Portokosten) in Höhe von 1.346.420,92 Euro zurück. Daneben beginnt sie die Rückzahlung kapitalisierter Zinsen in Höhe von 2,5 %-Punkten (116.715,05 Euro, berechnet vom jeweiligen Zahlungsdatum bis zum Datum der Klageschrift) mit der Begründung, zum einen hätte sie - die Klägerin - die Beträge zu diesem Zinssatz als Tagegeld anlegen können, zum anderen habe sich die Beklagte eine Kreditaufnahme zu mindestens diesem Zinssatz erspart. Schließlich verlangt sie Rechtshängigkeitszinsen auf den Gesamtbetrag sowie den eingezahlten Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 8 % Punkten über dem Basiszinssatz.
6Die Klägerin hat ihr Begehren damit begründet, die von der Beklagten verlangten Entgelte jedenfalls für eine zur Verfügungstellung off-line seien bei richtlinienkonformer Auslegung des § 12 TKG a.F. über das Entgelt beim Zurverfügungstellen von Teilnehmerdaten ungeachtet dessen, ob sie, die Klägerin, Sprachkommunikationsleistungen für die Öffentlichkeit anbiete (Absatz 1 von § 12 TKG a.F.) oder als Dritte im Sinne des § 12 Abs. 2 TKG anzusehen sei, überhöht, weil für die Überlassung von Teilnehmerdaten nur die bloßen, für das Zurverfügungstellen der Daten als solche entstehenden Kosten in Rechnung gestellt hätten werden dürfen. Tatsächlich habe die Beklagte das Entgelt anhand nicht berücksichtigungsfähiger Kosten, unter anderem nach Kosten der Errichtung und Unterhaltung des Datenverzeichnisses sowie nach der Häufigkeit der Nutzung berechnet. Dabei beruft sie sich maßgeblich auf eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 25.11.2004 (Rs. C-109/03) über die Auslegung des Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 98/10/EG vom 26.02.1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs der Universaldienstanbieter für die Überlassung von Teilnehmerdaten (ONP-Richtlinie), wonach den Anfragenden nur die Kosten für das tatsächliche Zurverfügungstellen dieser Daten an Dritte in Rechnung gestellt werden könnten.
7Wenn die Beklagte einen Vertrag über die Zuverfügungstellung von Daten offline zu den danach zulässigen Entgelten angeboten hätte, hätte sich die Klägerin für einen derartigen Vertrag und nicht für den überteuerten NDIS-Vertrag entschieden. Zudem habe die Beklagte zum Abschluss eines NDIS-Vertrag "gezwungen", weil der als Alternative zugängliche DaRed-Vertrag technisch und wirtschaftlich gegenüber dem NDIS-Vertrag unzumutbar gewesen sei.
8Die Beklagte hat demgegenüber ihre Entgeltberechnung sowohl für ihre DaRed-Verträge als auch für ihre NDIS-Verträge verteidigt. Die Entgeltberechnung für ihre DaRed-Verträge entspreche § 12 TKG a.F.. Die Klägerin sei nicht als Lizenznehmerin im Sinne des § 12 Abs. 1 TKG a.F. anzusehen, so dass sie nach Abs. 2 der Vorschrift angemessene Entgelte verlangen könne. Die Vorschrift könne auch nicht vor dem Hintergrund der - ihrer Ansicht nach nicht einschlägigen - Entscheidung des EuGH in dem Sinne ausgelegt werden, dass nur die Kosten der Übermittlung als solcher zu berücksichtigen seien. Eine derartige Auslegung würde auf die Möglichkeit einer nahezu kostenlosen Nutzung ihrer Daten hinauslaufen, obwohl insoweit ein einfachgesetzlich und verfassungsrechtlich geschütztes Datenbankrecht bestehe. Im Übrigen sei das zu erhebende Entgelt dadurch vom Bundeskartellamt vorgeschrieben gewesen, dass es durch Verfügung vom 13. Januar 1999 ein Missbrauchsverfahren (Az. B 7 - 76/98) eingestellt habe, nachdem die Beklagte sich - bei teilweiser Modifikation - mit Schreiben vom 22. Dezember 1998 der Abmahnung vom 02. November 1998 unterworfen habe. Für die Nutzung der NDIS-Datenbank gelte § 12 TKG a.F. von vornherein nicht.
9Hinsichtlich der Ansprüche für die Jahre bis 2001 hat sie die Einrede der Verjährung erhoben. Ausweislich des Eingangsstempels sei die - alsbald zugestellte - Klageschrift erst am 03. Januar 2005 eingereicht worden, während die Klägerin eine Einreichung bereits am 30. Dezember 2004 behauptet.
10Das Landgericht hat - unter teilweiser Umformulierung der Anträge - die Beklagte zur Zahlung von 1.463.135,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 % Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (17.01.2005) verurteilt sowie festgestellt, dass "die Beklagte verpflichtet ist, auf die seitens der Klägerin verauslagten Gerichtskosten in Höhe von 17.868,00 Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Januar 2005 bis zum Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages zu zahlen". Zur Begründung hat es ausgeführt, der Anspruch stehe der Klägerin aufgrund der §§ 33, 19 GWB als Schadensersatz zu. Die Beklagte habe mit ihrer Entgeltstruktur gegen § 12 TKG a.F. in einer richtlinienkonformen Auslegung verstoßen, die auch im fraglichen Falle einschlägig sei. Die Verjährungsfrist sei erst durch die Entscheidung des EuGH in Gang gesetzt worden, vorher sei der Klägerin eine Klage nicht zumutbar gewesen.
11Gegen diese Beurteilung wendet sich die Berufung der Beklagten unter Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Sie verteidigt die von ihr erhobenen Entgelte, die Maßstäbe und die in Ansatz gebrachten Bemessungsfaktoren. Insbesondere sei sie hinsichtlich ihrer Preisgestaltung für den Online-Zugriff auf ihre NDIS-Datenbank mit ihren Suchfunktionen, für den § 12 TKG a.F. nicht gegolten habe, frei gewesen. Sie habe die Klägerin weder aus technischen noch aus wirtschaftlichen Gründen - letztere seien aus Rechtsgründen im Übrigen unerheblich - zu einem NDIS-Vertrag "gezwungen".
12Sie beantragt daher,
13unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
14Die Klägerin beantragt,
15die Berufung zurückzuweisen,
16hilfsweise zu 2.,
17die Beklagte zu verurteilen, an sie auf die verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit vom Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages zu zahlen.
18Sie verteidigt unter Bezugnahme und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil sowie die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
20II.
21Die Berufung der Beklagten hat nur hinsichtlich der Zinsen Erfolg. Des Weiteren ist der Tenor hinsichtlich der Gerichtskosten an den Hilfsantrag anzupassen.
221.
23Die Klägerin kann die (sich nicht auf Datenträger und Versand beziehenden) Nettozahlungen, deren Leistung unstreitig ist, gemäß §§ 33, 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB zurückverlangen. Die Beklagte hat für die off-line-Nutzung ihrer Daten (sogenannte DaRed-Verträge) überhöhte, nicht mit der Regelung des § 12 TKG a.F. in Übereinstimmung stehende Entgelte verlangt und die Klägerin dadurch zu dem Abschluss eines NDIS-Vertrages veranlasst, den sie anderenfalls nicht eingegangen wäre.
24a) Die Beklagte war zumindest auf dem Markt für Teilnehmerdaten als Anbieterin marktbeherrschend. Der Senat hat dazu in seinem Urteil vom 16. Mai 2007 (VI-2 U 10/05) ausgeführt:
25Das geht aus den Feststellungen des Bundeskartellamts hervor (Abmahnung S. 9, 38 ff., 42 f., 50). Beim sachlich relevanten Markt handelt es sich um den Markt für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten für Zwecke der telefonischen Auskunftserteilung. Der Markt ist bundesweit abzugrenzen. Auf diesem Markt war die Beklagte keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt, mindestens aber nahm sie eine überragende Marktstellung ein (§ 22 Abs. 1 Nr. 1, 2 GWB aF). Wie außer Streit steht, verfügte sie aufgrund dessen, dass sie Telekommunikationsdienstleistungen in einem seit langem bestehenden Festnetz vertrieb, um die Jahreswende 1997/1998 über etwa 40 Mio Teilnehmerdatensätze. Dies entsprach einem Marktanteil von deutlich mehr als 90 %. Die Klägerin war beim Betrieb eines Telefonauskunftsdienstes infolgedessen davon abhängig, von der Beklagten mit Teilnehmerdaten beliefert zu werden (vgl. Abmahnung S. 17, 40). Dass sich infolge der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte die Marktverhältnisse sogleich entscheidend veränderten, macht die Beklagte nicht geltend. Dies ist auch nicht anzunehmen.
26Unabhängig von der Frage, ob die fragliche Abmahnung in das Verfahren – ganz oder teilweise – einbezogen worden ist, stellt die Beklagte, wie sie im Termin vom 06. Juni 2007 erklärt hat, eine Marktbeherrschung auf diesem Markt auch nicht in Abrede.
27Ob die Beklagte auch auf weiteren Märkten - wie etwa dem der Auskunftsdienste - marktbeherrschend war, kann offen bleiben.
28b) Die wettbewerbliche Behinderung erfolgte unmittelbar auf dem Markt für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten, sie wirkte sich auf dem nachgelagerten Markt für die Erbringung von Auskunftsdiensten sowie der Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen aus. Dies steht einer Anwendung des § 19 GWB selbst dann nicht entgegen, wenn die Beklagte auf den zuletzt genannten Märkten nicht marktbeherrschend sein sollte. Die Beeinträchtigung muss nicht auf dem beherrschten Markt, sondern kann auch auf einem Drittmarkt eintreten, sofern nur - wie hier - der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Marktbeherrschung und dem missbilligten Verhalten oder seiner wettbewerbsbeeinträchtigenden Wirkung gegeben ist (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1183 - Strom und Telefon II).
29Die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen auf dem Markt ist darin zu sehen, dass die Beklagte für die offline-Überlassung von Teilnehmerdaten ein - wie aus den nachfolgenden Ausführungen unter c) hervorgeht - überhöhtes Entgelt verlangt hat. Als Beeinträchtigung ist das Verhalten der Beklagten auch dann zu beurteilen, wenn die Beklagte sämtliche Wettbewerber auf dem Markt der Auskunftsdienste und Vertreiber von Teilnehmerverzeichnissen gleich behandelt hat und es durch ihr Verhalten nicht zu Verschiebungen in den Marktanteilen gekommen sein sollte. Entweder hätten die Nachfrager eine Preissenkung der Beklagten an ihre Kunden weitergegeben (mit der Folge einer allgemeinen Marktausweitung) oder die Nachfrager hätten ihre Finanzkraft durch höhere Gewinne gestärkt.
30Es fehlt auch an einem sachlichen Grund für die Beeinträchtigung. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes. Diese Interessenabwägung wird durch die Wertung des § 12 TKG a.F. geprägt, der - wie unter c) noch dargelegt werden wird - die Bereitstellung von Teilnehmerdaten lediglich zu erheblich geringeren Entgelten als von der Beklagten gefordert und bezahlt verlangt.
31c) Die in den Verträgen enthaltene Entgeltklausel ist wegen Verstoßes gegen § 12 TKG a.F. unwirksam, die Zahlungen daher ohne Rechtsgrund geleistet.
32aa) Die Vorschrift des § 12 TKG a.F. stellt, soweit sie sich über das Entgelt für die Überlassung von Teilnehmerdaten verhält, ein Verbotsgesetz dar. Der Senat hat dazu bereits in seinem Urteil vom 16. Mai 2007 (VI-2 U (Kart) 10/05) ausgeführt:
33Die Vorschrift bezweckt eine Marktöffnung und die Entwicklung eines chancengleichen Wettbewerbs auf den angesprochenen Märkten. Sie entfaltet Schutzwirkung zugunsten derjenigen Unternehmen, die – wie die Klägerin – zum Zweck des Betriebs eines Telefonauskunftsdienstes um eine Bereitstellung von Teilnehmerdaten nachsuchen. Sähe man dies anders, wäre der Verpflichtete durch die Gestaltung der von ihm für die Datenüberlassung erhobenen Entgelte in die Lage versetzt, den Normzweck zu unterlaufen. Das konterkarierte den Willen des Gesetzgebers. Dem Normzweck ist dadurch Rechnung zu tragen, dass § 12 Abs. 1 S. 2 TKG aF verbietet, beim Bereitstellen von Teilnehmerdaten mehr als ein kostenorientiertes Entgelt zu erheben. Das Verbot muss in einer gesetzlichen Bestimmung als solches nicht ausdrücklich ausgesprochen sein. Es genügt, wenn es sich, wie hier, aus dem Zusammenhang ergibt.
34Dies gilt nicht nur die Vorschrift des Abs. 1, sondern auch für Abs. 2 (so auch der 1. Kartellsenat des OLG Düsseldorf, Urteile vom 2.5.2007, VI-U (Kart) 31/06, UA 12 und vom 15.11.2006 – VI-U (Kart) 1/06, UA 8).
35bb) Die in den Verträgen vereinbarte Entgeltbemessung verstieß gegen diese Vorschrift. Sie war nicht "angemessen" im Sinne dieser Bestimmung.
36(1) Der Senat stimmt dem Landgericht dahingehend zu, dass unter "angemessen" das Gleiche zu verstehen ist wie "an den Kosten der effizienten Bereitstellung orientiert" im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 2 TKG a.F. Dies ergibt sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 12 TKG. Die dem Gesetz zugrundeliegende ONP-Richtlinie vom 26.02. 1998 unterschied bei der Entgeltbestimmung nämlich nicht danach, ob Teilnehmerdaten für Sprachtelekommuniktionsdienstleister oder für Dritte bereit gestellt werden (vgl. Urteil des hiesigen Senats vom 16.05.2006 - VI-2 U (Kart) 10/05, UA 24; Urteile des 1. Kartellsenats des OLG Düsseldorf vom 15.11.2006 - VI-U (Kart) 1/06), UA 10 - 12, und vom 02.05.2007 - VI-U (Kart) 31/06, UA 12/13). Auf die Begründung in diesen Entscheidungen wird verwiesen. Soweit die Klage Entgelte für Datenlieferungen ab dem 25. Juli 2003 betrifft, gilt im Hinblick auf den Art. 25 Abs. 2 der die ONP-Richtlinie ablösenden Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7.3.2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie )(ABl. EG Nr. L 108 v. 24.4.2002, S. 51) dasselbe. Im Hinblick auf die Einwendungen der Beklagten sei lediglich Folgendes hinzugefügt:
37Das in den genannten Entscheidungen zitierte Urteil des Europäischen Gerichtshof betraf gerade einen "Dritten" im Sinne des § 12 Abs. 2 TKG a.F.. Der Gerichtshof hat - ohne dies näher zu problematisieren - das Entgelt für die Datenlieferung anhand des Art. 6 der OPN-Richtlinie bemessen.
38Einer richtlinienkonforme Auslegung des § 12 TKG steht nicht entgegen, dass der nationale Gesetzgeber eine Differenzierung hinsichtlich der Entgeltbemessung zwischen Lizenznehmern (Abs. 1) und Dritten (Abs. 3) vornehmen wollte. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine richtlinienkonforme Auslegung der nationalen Vorschrift durch die nationalen Gerichte nämlich bis an die Grenze einer Auslegung contra legem möglich (vgl. EuGH NJW 2006, 2465; s. auch Auer, NJW 2007, 1106). Wie in den zitierten Urteilen des 1. Kartellsenats ausgeführt, ist der Begriff "angemessen" auslegungsfähig. Eine abweichende Auffassung des Gesetzgebers zur Auslegung des Begriffs, wie sie in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommt, steht einer einer anderweitigen richtlinienkonformen Auslegung nicht entgegen (vgl. BGH NJW 2002, 1881 unter II.2.a)bb)).
39Auf einen Vertrauensschutz kann sich die Beklagte gleichfalls nicht berufen. Im Allgemeinen gibt es einen solchen Vertrauensschutz nicht (vgl. BGH NJW 2002, 1881 unter II.2.a)cc)). Allenfalls dann, wenn eine gesicherte anderslautende höchstrichterliche Rechtsprechung und Verwaltungspraxis existierte, kommt sie in Betracht (vgl. BAG NJW 2006, 3161 Rdnrn. 32 ff.). Eine solche liegt hier nicht vor, die Auslegung des § 12 TKG war bis dahin nie geklärt worden. Ob die nach dem Wortlaut des § 12 TKG mögliche Unterscheidung zwischen Anspruchsinhabern nach Abs. 1 und nach Abs. 2 richtlinienkonform war, wurde im Übrigen in der Literatur frühzeitig angezweifelt (vgl. Büchner, in Beck’scher TKG-Kommentar, § 12 TKG Rdnr. 20).
40(2) Diesen Maßstäben hält die Entgeltvereinbarung für eine offline-Nutzung nicht stand. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 16.05.2007 (VI-2 (Kart) 10/05; vgl. auch Urteil des 1. Kartellsenats vom 02.05.2007 - VI-U (Kart) 31/06, UA 15 - 18) dazu ausgeführt:
41Als Kosten einer effizienten Bereitstellung von Teilnehmerdaten i.S.v. § 12 Abs. 1 S. 2 TKG aF sind die bloßen Aufwendungen für das Zurverfügungstellen der Daten anzusehen. Bei einer Offline-Überlassung sind davon lediglich die Kosten für den Datenträger, für das Markieren der Daten und deren Übertragen auf den Datenträger sowie die Kosten für das Übermitteln des Datenträgers umfasst. Bei einer Online-Bereitstellung – so im Rahmen des hier behandelten NDIS-Vertrages – fallen Kosten für Datenträger und deren körperliche Versendung nicht an, sondern entstehen nur Aufwendungen bei der Öffnung der Datenbank für das um Information nachsuchende Unternehmen. Möglicherweise dürfen außerdem die Kosten einer Benutzung der Suchmaschine NDIS in Ansatz gebracht werden. Dem Inhalt nach hat der Verpflichtete Namen und Anschrift (einschließlich der Postleitzahl) der Teilnehmer sowie die Telefonnummer zu übermitteln. Dabei handelt es sich um die für einen Zugang zum nachgelagerten Markt für Telefonauskunftsdienste erforderlichen Grunddaten.
42§ 12 Abs. 1 S. 2 TKG aF ist demzufolge genauso zu verstehen wie Art. 6 Abs. 3 der späteren Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.2.1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs (ONP), wonach die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass die zum Betrieb eines Telefonauskunftsdienstes erforderlichen Informationen vom Pflichtigen zu "kostenorientierten Bedingungen" zur Verfügung gestellt werden. Die in § 12 Abs. 1 TKG aF vorgesehene Beschränkung auf ein Entgelt, "das sich an den Kosten der effizienten Bereitstellung orientiert", nimmt die Regelung in Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie vorweg. Sie schließt nach ihrem Wortlaut und Zweck aus, dass für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten mehr als die Kosten des bloßen Zurverfügungstellens der Daten in Rechnung gestellt und dass die Kosten anders berechnet werden. So müssen die Kosten der Datenerhebung sowie der Errichtung und Unterhaltung der Teilnehmerdatenbank außer Ansatz bleiben. Dabei handelt es sich begrifflich nicht um Kosten für das Bereitstellen der Daten, sondern um Ohnehinkosten, die vom Verpflichteten, der, wie die Beklagte, Sprachtelefondienste anbietet, selbst zu tragen sind. Die genannten Aufwendungen sind in den Kosten des eigenen Sprachtelefondienstes enthalten. Sie werden von den beim Betrieb erwirtschafteten Erlösen abgedeckt. Eine Doppeltberechnung gegenüber dem um die Bereitstellung von Teilnehmerdaten Nachsuchenden scheidet aus. ... Genauso wenig ist zur Bemessung des Entgelts die Häufigkeit der Nutzung durch Suchanfragen heranzuziehen. Zu erstatten sind nur die Kosten der Bereitstellung, die dadurch anfallen, dass die Daten dem anfordernden Unternehmen zugänglich gemacht werden. Wie oft vom zugänglich gemachten Datenbestand durch Suchanfragen später Gebrauch gemacht wird, steht mit der Datenbereitstellung und dem dadurch veranlassten Aufwand in keinem Zusammenhang (so auch OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urteil vom 15.11.2006 – VI-U (Kart) 1/06, UA 17).
43...
44Da inzwischen die neue ONP-Richtlinie in Kraft getreten war, ist § 12 Abs. 1 TKG aF nunmehr auch richtlinienkonform dahin auszulegen, dass unter einem an den Kosten einer effizienten Bereitstellung orientierten Entgelt ausschließlich die bloßen Kosten des Zurverfügungstellens der Teilnehmerdaten zu verstehen sind. Die Kosten des Aufbaus und der Unterhaltung und Pflege der Teilnehmerdatenbank sind deswegen beim Entgelt genauso wenig ansatzfähig wie die Zahl der jährlich vorkommenden Nutzungsfälle oder erst recht ein Unternehmensgewinn (s.o. S. 15 f.). In diesem Sinn hat auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entschieden (Urteil vom 25.11.2004 – C-109/03, Tz. 37 ff. i.V.m. den Schlussanträgen des Generalanwalts vom 14.7.2004, Tz. 49 ff.). Eine richtlinienkonforme Auslegung der einschlägigen nationalen Rechtsvorschrift kommt keiner unzulässigen Rechtswirkung der Richtlinie unter Privatrechtssubjekten gleich. Im Rechtsinn war die Beklagte im Anspruchszeitraum weiterhin allein durch § 12 Abs. 1 TKG aF verpflichtet, für das Bereitstellen von Teilnehmerdaten ein lediglich kostenorientiertes Entgelt zu berechnen.
45Die Beklagte macht geltend, eine derartige Doppelberechnung finde tatsächlich nicht statt; insbesondere habe sie Kosten für Aufbau und Pflege der Datei auch nicht - anders als sonstige Allgemeinkosten - kalkulatorisch bei den von ihren Anschlusskunden verlangten Preisen berücksichtigt. Ob dies zutrifft, kann offen bleiben. Die Rechtsprechung des EuGH weist die Kosten für den Aufbau und die Pflege der Datei normativ ausschließlich dem Rechtsverhältnis zu ihren Anschlusskunden zu.
46Diese Auslegung verstößt auch nicht gegen - auf nationaler oder europäischer Ebene gewährleistete - Grundrechte und auch nicht gegen ein etwaiges Datenbankrecht der Beklagten. Der Senat hat dazu bereits in seinem Urteil vom 16.05.2007 (VI-2 U (Kart) 10/05; s. auch Urteil des 1. Kartellsenats vom 02.05.2007 - VI-U (Kart) 31/06, UA 18/19) ausgeführt:
47Dadurch wird nicht rechtswidrig in eine schutzwürdige Eigentumsposition der Beklagten eingegriffen (Art. 14 GG). § 12 Abs. 1 TKG aF stellt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsrechts i.S.v. Art. 14 Abs. 1 GG dar. Der Vorschrift kommt keine enteignende Wirkung zu. Die gesetzliche Verpflichtung, Teilnehmerdaten dritten Unternehmen zur Verfügung zu stellen, ist aus Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Denn die Regelung in § 12 Abs. 1 TKG aF hat zum Ziel, die weitgehend monopolistisch strukturierten Telekommunikationsmärkte aufzubrechen und diese für einen chancengleichen Wettbewerb zu öffnen. Dadurch wird die Beklagte als Marktbeherrscherin nicht unverhältnismäßig belastet. Sie hat Teilnehmerdaten nicht kostenlos zur Verfügung zu stellen, sondern kann dafür ein kostenorientiertes Entgelt berechnen, das einen angemessenen Ausgleich gewährt (so auch OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urteil vom 15.11.2006 – VI-U (Kart) 1/06, UA 16). Was die Beklagte mit der Verteidigung ihrer Entgeltstruktur angestrebt hat, ist demgegenüber in Wahrheit ein Mehrfachausgleich eigener Kosten bei der Vorhaltung von Teilnehmerdaten, der unter keinen Umständen zu rechtfertigen ist (s. auch oben unter bbb).
48Auch der von der Beklagten behauptete Verstoß gegen die Freiheit der Berufsausübung ist nicht gegeben (Art. 12 GG). Die unternehmerische Freiheit der Beklagten, die ihr verfügbaren Teilnehmerdaten nach eigenen Vorstellungen, und zwar auch hinsichtlich des Preises, zu verwerten, hat in § 12 Abs. 1 TKG aF eine gesetzliche Regelung gefunden, die durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist (so auch OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urteil vom 15.11.2006 – VI-U (Kart) 1/06, UA 16 f.).
49Die Beklagte beruft sich bei der von ihr angelegten Datenbank DaRed – was auch auf die Vorläuferdatei BUDI auszudehnen ist – ebenfalls zu Unrecht auf einen Sonderrechtsschutz nach dem Urheberrechtsgesetz. Ungeachtet dessen, ob die Datenbank BUDI (und ihr nachfolgend die Datenbank DaRed) einem Urheberrechtsschutz nach § 87 b UrhG (eingefügt durch Gesetz vom 22.7.1997, BGBl. I 1870) unterliegt, ist die Beklagte jedenfalls daran gehindert, für das Bereitstellen der Daten im Rahmen des NDIS-Vertrages Zahlung einer über den in § 12 Abs. 1 TKG aF normierten Entgeltmaßstab hinausgehenden Lizenz zu verlangen. § 12 Abs. 1 TKG aF geht nach dem Willen des Gesetzgebers den urheberrechtlichen Bestimmungen vor. Anderenfalls könnte die Vorschrift die ihr zugedachte ordnungspolitische Funktion nicht erfüllen (ebenso: OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urteil vom 15.11.2006 – VI-U (Kart) 1/06, UA 19). Unabhängig davon ist der Beklagten verwehrt, den Entgeltmaßstab in § 12 Abs. 1 TKG aF dadurch außer Kraft zu setzen, indem sie Teilnehmerdaten – über die Verpflichtung nach dem Gesetz hinaus – ausschließlich in der Form einer an sich urheberrechtlich geschützten Datenbank zugänglich macht (BGH, Urteil vom 11.7.2006 – KZR 29/05, UA 11).
50Schließlich kann die Beklagte entgegen ihrer Auffassung nichts aus dem Verwaltungsverfahren vor dem Bundeskartellamt aus dem Jahre 1998 herleiten. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 16.05.2007 (VI-2 U (Kart) 10/05) dazu ausgeführt:
51Die Beklagte ist im Übrigen nicht an das Ergebnis des Verwaltungsverfahrens vor dem Bundeskartellamt gebunden. Weder durch die Abmahnung vom 2.11.1998 noch durch die Unterwerfungserklärung der Beklagten vom 22.12.1998 ist die Höhe des Entgelts beim Bereitstellen von Teilnehmerdaten mit bindender Wirkung festgesetzt oder erst recht genehmigt worden. Das Amt hat in der Abmahnung lediglich eine Höchstgrenze festgelegt, bei deren Überschreiten ein Preismissbrauch anzunehmen sein sollte. Nicht anders ist die Unterwerfungserklärung der Beklagten zu verstehen. Dadurch wurde lediglich die Beklagte gebunden, nicht aber ist die Klägerin daran gehindert geltend zu machen, ihr gegenüber sei die Beklagte zu einer weitergehenden Herabsetzung der Entgelte verpflichtet (ebenso: OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urteil vom 15.11.2006 – VI-U (Kart) 1/06, UA 9 f.).
52Unstreitig sind kalkulatorisch in den von der Beklagten berechneten Entgelten vor allem die Kosten für den Aufbau und die Pflege der Datei enthalten, die nach den obigen Ausführungen nicht auf die Klägerin weitergewälzt werden dürfen. Die in den Rechnungen enthaltenen Positionen für Datenträger und den Transport hat die Klägerin bezahlt und sind nicht Gegenstand der Klage. Etwaige Kosten für das Markieren/ Extrahieren der Daten und die Übertragung auf Datenträger hat die Beklagte nicht beziffert.
53Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, sie habe über die sogenannten Basisdaten hinausgehende Daten an die Klägerin geliefert, für die die Beschränkungen des § 12 TKG a.F. nicht gälten. Es kann offen bleiben, ob und inwieweit dies zutrifft (vgl. für von Dritten stammenden Teilnehmerdaten Voß, in Säcker, Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, § 47 Rdnr. 29). In ihrem Schriftsatz vom 12. Januar 2006 (Bl. 42 = Bl. 423 GA) hat die Beklagte selbst darauf verwiesen, dass sie Verträge nur über die Lieferung von ihr als Basisdaten angesehener Daten nicht abgeschlossen habe. Sie kann die Beschränkungen des § 12 TKG a.F. nicht dadurch umgehen, dass sie den Abnehmern mehr oder höherwertige Daten "aufzwingt".
54d) Die Beklagte hat schuldhaft gehandelt. Auf einen Rechtsirrtum kann sie sich trotz damals höchstrichterlich ungeklärter und unübersichtlicher Rechtslage nicht mit Erfolg berufen. So ist eine fehlerhafte Beurteilung höchstrichterlich noch nicht entschiedener Rechtsfragen nicht bereits dann entschuldigt, wenn der fehlerhafte Rechtsstandpunkt ernsthaft vertreten werden kann. Ein Rechtsirrtum ist vielmehr nur dann entschuldigt, wenn der Verletzer bei Anwendung der im Verkehr gebotenen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte (vgl. BGH WuW/E BGH 2141, 2345 - Taxizentrale Essen). Wie bereits dargelegt, war von Anfang an zweifelhaft, ob eine Auslegung des § 12 TKG anhand des reinen Wortlauts und der Entstehungsgeschichte mit der zugrunde liegenden Richtlinie vereinbar war. Wer seine Interessen trotz ungeklärter Rechtslage in dieser Weise wahrnimmt, hat grundsätzlich das Risiko einer unzutreffenden rechtlichen Beurteilung zu tragen. Er handelt, wenn sich seine Beurteilung als unrichtig erweist, im Zweifel fahrlässig (BGH, a.a.O.).
552.
56Daneben besteht ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 12 TKG a.F.. Aus den oben unter 1.c) genannten Gründen ist § 12 TKG a.F. auch als Schutzgesetz zugunsten der Marktgegenseite anzusehen.
573.
58Der Schaden der Klägerin besteht in der Zahlung der (Netto-)Entgelte für den NDIS-Zugang (ohne die Kosten für den Datentransport pp.). Die Klägerin ist nämlich nach § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie sie stünde, wenn die Beklagte sich rechtmäßig verhalten hätte. Der Senat ist auf Grund einer Gesamtwürdigung des Vorbringens der Parteien davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass in diesem Falle die Klägerin mit der Beklagten einen - der Entgeltvorschrift des § 12 TKG a. F. unterliegenden - Vertrag über die offline-Bereitstellung der sogenannten Basisdaten geschlossen und die Entwicklung bzw. Beschaffung einer eigenen Suchmaschine vorgezogen hätte. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:
59Hätte die Beklagte einen der Vorschrift des § 12 TKG a.F. entsprechenden Vertrag angeboten, wären der Klägerin nach dem oben Gesagten lediglich Kosten für den Datentransport pp. entstanden. Es spricht zwar vieles dafür, dass sie auch in diesem Falle aufgrund der Wettbewerbssituation sich eine Software mit den entsprechenden Suchfunktionen - kaufweise oder mittels eines Lizenzvertrages beschafft hätte. Die Beklagte macht aber selbst geltend, auf dem Markt für Suchmaschinen kein Monopol besessen zu haben und nicht einmal marktmächtig gewesen zu sein. Jedenfalls hätte sich die Klägerin die Software - wenn sie sie nicht selbst entwickeln wollte - ohne Weiteres bei Dritten beschaffen können. Dies wäre erheblich billiger gewesen als der Abschluss eines NDIS-Vertrages, bei dem in die Entgelte die erheblichen Kosten für den Aufbau und die Pflege der Datenbank einkalkuliert waren. Dies bedeutet, dass die Klägerin bei Abschluss eines NDIS-Vertrages kalkulatorisch die Kosten für den Datentransport pp. und die Suchmaschinensoftware sowie den Aufbau und die Pflege der Datenbank zu tragen hatte, während bei Abschluss bloß eines der Vorschrift des § 12 TKG a.F. unterliegenden Datenlieferungsvertrages der letztgenannte erhebliche Kostenblock entfallen wäre. Unter diesen Umständen war der Abschluss eines NDIS-Vertrages für die Klägerin unwirtschaftlich.
60Die Klägerin hätte dann zwar entweder eine eigene Suchmaschine entwickeln oder auf dem Markt beschaffen müssen. Dies war ihr aber, wie die Entwicklung im Jahre 2003 zeigt, nicht unmöglich. Die Beklagte weist auch für das Jahr 1999 darauf hin, dass der Klägerin insoweit Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung standen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Klägerin Kosten dadurch erspart sind, dass sie die Software erst 2003 statt 1999 angeschafft hat; die Beklagte hat dazu - trotz eines entsprechenden Hinweises der Klägerin (Bl. 521 GA) - nichts dargetan. Soweit an fiktive Lizenzgebühren für den Zeitraum 1999 bis 2003 zu denken wäre, hat die Beklagte dafür gleichfalls nichts vorgetragen. Ihr Vortrag bezieht sich lediglich auf die Lizenzierung eines Datenbankrechts, nicht aber auf die Software mit den Suchmaschinenfunktionen.
61Die Beklagte kann nicht darauf verweisen, bei einem niedrigeren Entgelt hätte die Klägerin auch ihre Vergütungssätze entsprechend nach unten anpassen müssen, sie habe damit letztlich keinen Schaden erlitten. Der Senat hat dazu bereits in seinem Urteil vom 16.05.2007 (VI-2 U (Kart) 10/05) ausgeführt:
62Die Beklagte hält der Klageforderung allerdings entgegen, die Klägerin habe den überhöhten und daher zu Unrecht gezahlten Teil der Datenentgelte ohne finanzielle Einbuße an ihre Kunden weiterberechnet. Dadurch seien ihr Vorteile zugeflossen, welche Schadensersatz- und Bereicherungsansprüche minderten und im Ergebnis sogar ganz entfallen ließen. Der dahingehende Einwand der Beklagten ist indes nicht berechtigt. Ob die Klägerin überhöhte Entgelte in vollem Umfang an ihre Kunden weitergegeben hat, bedarf keiner Aufklärung. Dies kann als wahr unterstellt werden.
63Denn auf bereicherungsrechtliche Ansprüche findet die von der Beklagten angestrebte Vorteilsanrechnung bereits im Ansatz nicht statt (vgl. BGH NJW 2003, 582, 584). Im Schadensrecht sind Vorteile, die dem Geschädigten im Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis zufließen, nur schadensmindernd zu berücksichtigen, wenn sie durch das Schadensereignis adäquat kausal verursacht worden sind und darüber hinaus eine Anrechnung dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht entspricht, m.a.W. der Geschädigte dadurch nicht unzumutbar belastet und der Schädiger nicht unbillig begünstigt wird. Anrechenbar sind danach nur solche Vorteile, die mit dem geltend gemachten Schaden in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, so dass Schaden und Vorteil bei wertender Betrachtung zu einer Rechnungseinheit verbunden sind. Der einzelne Vorteil muss, sofern er angerechnet werden soll, mit dem einzelnen Nachteil kongruent sein, d.h. ihm seiner Art nach entsprechen (vgl. BGH NJW-RR 2004, 79, 80; NJW 1997, 2378, 2379; 1984, 229, 230; BGHZ 77, 151, 154 ff.).
64Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend steht einer Vorteilsanrechnung im vorliegenden Fall entgegen, dass der geltend gemachte Schaden und der bei Auskunfts- und Sprachtelefondiensten von der Klägerin erzielte Erlös auch dann, wenn es der Klägerin gelungen ist, die überhöhten Preise der Beklagten in vollem Umfang an ihre Kunden weiterzugeben, nicht derart miteinander zusammenhängen, dass sie bei wertender Betrachtung zu einer Rechnungseinheit zusammenzufassen sind (im Ergebnis ebenso: Roth in Frankfurter Kommentar zum GWB, § 33 Rn. 145-148; Schiemann in Staudinger, Kommentar zum BGB, Vorbem. vor § 249 Rn. 145; Köhler, GRUR 2004, 99, 103; Lettl, ZHR 167 (2003), 473, 486 ff.; a.A.: OLG Karlsruhe WuW/E DE-R 1229, 1231 f.). Schaden und Erlös sind, was für eine Vorteilsanrechnung nicht ausreicht, vielmehr nur insoweit – rein äußerlich – miteinander verbunden, als der Klägerin ein Betrieb von Auskunfts- und Sprachtelefoniediensten durch die Verwendung der überteuert zur Verfügung gestellten Teilnehmerdaten ermöglicht worden ist. Dagegen fehlt es an einem inneren Zusammenhang zwischen Schaden und Vorteil. Die Vorteile sind mit dem Schaden nicht kongruent. Sie stellen sich weder als eine unmittelbare Folge der übersetzten Entgeltberechnung dar, noch hat die Beklagte in irgendeiner Weise zu Vorteilen beigetragen oder deren Eintreten sogar veranlasst. Vielmehr hing es ausschließlich von den Absatzbemühungen, von der Kalkulation und vom geschäftlichen Erfolg der Klägerin ab, ob und zu welchem Grad der überteuerte "Einkauf" kompensiert werden konnte. Allein die Klägerin trug auch das wirtschaftliche Risiko, trotz übersetzter und von ihr gezahlter Datenkosten auf dem Markt für Telefonauskunftsdienste im Wettbewerb insbesondere neben der Beklagten bestehen zu können. Dann gebühren ihr im Gegenzug ohne Weiteres auch die Vorteile. Sie sind ausschließlich auf ihre eigene Geschäftstüchtigkeit zurückzuführen. Eine Vorteilsanrechnung belastete die Klägerin unzumutbar und begünstigte umgekehrt Beklagte ohne sachlich gerechtfertigten Grund. Bei wertender Betrachtung liegt der Streitfall damit im Ergebnis nicht anders als die Fallgestaltung, bei welcher der geschädigte Verkäufer durch einen Deckungsverkauf einen den Verkehrswert übersteigenden Erlös erzielt. Auch in jenem Fall ist ein Vorteilsausgleich abzulehnen, wenn der Mehrerlös entweder auf überobligationsmäßigen Verkaufsanstrengungen des Geschädigten oder auf einem besonderen Erwerbsinteresse des dritten Käufers beruht. Daran hat der Schädiger keinen Verdienst (vgl. BGH NJW 1997, 2378, 2379).
65Eine schadensmindernde Anrechnung der Erlöse widerspräche darüber hinaus dem Sinn und Zweck der Schadensersatzpflicht nach § 35 GWB aF und § 33 GWB nF. Die Schadensersatzhaftung desjenigen, der gegen Vorschriften des GWB, namentlich auch gegen das Behinderungsverbot nach § 26 Abs. 2 GWB aF, § 20 Abs. 1 GWB nF, verstößt, ist mit dem Ziel begründet worden, im Interesse eines wirksamen Wettbewerbs die Durchsetzungskraft der Wettbewerbsregeln zu erhöhen und die Marktteilnehmer von Kartellverstößen abzuhalten. Tatsächlich trägt die privatrechtliche Durchsetzung des Kartellrechts entscheidend zur praktischen Wirksamkeit kartellrechtlicher Verbote bei. Könnte der Schädiger mit dem Einwand durchdringen, der geschädigte Abnehmer habe die kartellrechtswidrig überhöhten Entgelte an seine Kunden weitergegeben und deswegen keinen Schaden erlitten, wäre die Abschreckungswirkung weitgehend verfehlt worden (so auch Lettl, aaO 487). Verstöße gegen kar-tellrechtliche Normen wären praktisch ohne haftungsrechtliche Folgen geblieben. Fehlte es an hinreichenden Ausweichmöglichkeiten, hätten kartellrechtswidrig überhöhte Preise durch sämtliche Marktstufen bis zum Endverbraucher hindurchgereicht werden können, ohne dass der Schädiger ernsthaft hätte befürchten müssen, im Schadensersatzweg zur Verantwortung gezogen zu werden. Infolgedessen wäre das Kartellrecht der mit der Schadensersatzhaftung bezweckten Präventivfunktion beraubt gewesen.
664.
67Die Verjährungseinrede der Beklagten greift nicht durch.
68Die Ansprüche der Klägerin für die Jahre 1999 bis 2001 sind nach § 852 Abs. 1 BGB a.F. (der auch für kartellrechtliche Schadensersatzansprüche galt, BGH NJW 1996, 3005, 3006) nicht verjährt.
69Die genannte Vorschrift ist nach Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB anzuwenden. Die Verjährungsfrist der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB n.F. ist länger, weil sie erst mit dem Schluss des Kalenderjahres beginnt, in welchem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit davon Kenntnis hätte erlangen müssen (vgl. Heß NJW 2002, 253, 258; Gsell, NJW 2002, 1297, 1298).
70Dass die Klägerin von den anspruchsbegründenden Tatsachen vor Anfang 2002 Kenntnis erlangt hat, ist nicht festzustellen. Das Bundeskartellamt hatte in dem gegen die Beklagte gerichteten Verfahren im Jahre 1998 die Kostenstruktur der Beklagten nicht endgültig aufgeklärt und sich durch Einstellung des Verfahrens nach Unterwerfungserklärung mit einer gewissen Kostensenkung zufrieden gegeben. Der Klägerin blieb danach unklar, welche Kosten in welcher Höhe die Beklagte letztlich in ihre Kostenberechnung eingestellt hat. Zudem war der Klägerin eine Klageerhebung vor dem Urteil des EuGH vom 24.11.2004 nicht zuzumuten; erst durch diese Entscheidung ist die schwierige und bis dahin zweifelhafte Rechtsfrage geklärt worden, welche Kosten einberechnet werden durften.
715.
72Teil des Schadens sind auch die von der Klägerin - in kapitalisierter Form - geltend gemachten entgangenen Gewinne in Form von Kapitalzinsen. Hätte sie die Kapitalbeträge, deren Rückzahlung sie mit der vorliegenden Klage begehrt, nicht an die Beklagte gezahlt, hätte sie die Beträge zinsbringend anlegen können. Die Beklagte bestreitet zwar die Zinshöhe, dieses Bestreiten ist aber - worauf auch in der mündlichen Verhandlung vom 06. Juni 2007 hingewiesen worden ist - unsubstantiiert. Die Beklagte als am Markt umfangreich tätiges Unternehmen wäre ohne Weiteres in der Lage, aus ihrer Sicht die realisierbaren Zinsgewinne darzulegen.
736.
74Rechtshängigkeitszinsen kann die Klägerin nur aus dem Kapitalbetrag, nicht aus den Zinsen verlangen, § 291 S. 2, § 289 S. 1 BGB.
75Der Zinssatz beträgt auf Grund der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 1 EGBGB nur 4 %, soweit die klägerische Forderung vor dem 01. Mai 2000 fällig geworden ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 288 Rdnr. 1). Nach der Anlage K 4 (insoweit gleich BE 2) betrifft dies allein eine Zahlung von 78.156,46 Euro.
76Für später fällig gewordene Forderungen beträgt er nur 5 %-Punkte über dem Basiszinssatz, § 288 Abs. 1 BGB; § 288 Abs. 2 BGB greift nicht ein, weil es sich bei der geltend gemachten Forderung nicht um eine Entgeltforderung im Sinne der Vorschrift handelt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 288 Rdnr. 8, § 286 Rdnr. 27). Aus diesem Grunde greift auch § 352 HGB nicht ein.
777.
78a) Die Klage auf Zahlung von Zinsen auf den Gerichtskostenvorschuss ist nur als Leistungsklage zulässig. Die Feststellungsklage ist unzulässig, weil eine Leistungsklage zulässig war. Die Klägerin war auch nicht deswegen auf eine Leistungsklage zu verweisen, weil das Enddatum der Verzinsungspflicht (Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages) bei Einreichung der Klage sowie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht noch nicht fixiert werden konnte. Abgesehen davon, dass dieses Hindernis inzwischen weggefallen ist, kann das Enddatum im Antrag sowie in einem darauf beruhenden Urteil nur allgemein bestimmt werden, weil es durch eine öffentliche Urkunde (Eingangsstempel des Kostenfestsetzungsantrages) nachgewiesen und es sich im Hinblick auf § 726 ZPO zudem um einen von der Beklagten geltend zu machenden Einwand (Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses, s. nachfolgend b)) handelte.
79b) Für die Klage besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin kann den geltend gemachten Schaden nicht anderweit leichter durchsetzen. Mittels eines Kostenfestsetzungsantrages kann sie die Festsetzung von Zinsen erst durch Einreichung eines derartigen Antrages, frühestens mit Erlass des erstinstanzlichen Urteils (im Übrigen auch nur in Höhe von 5 %.-Punkten über dem Basiszinssatz) erreichen, § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO.
80c) In der Sache besteht der Anspruch nach § 286, § 288 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat zwar nicht vorgetragen, die Beklagte vor Einreichung der Klage gemahnt zu haben. Dies war aber im Hinblick auf ihre strikt ablehnende Haltung unnötig, § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Die Vorschrift des § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO über die Verzinsung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs schließt eine früher beginnende Verzinsung des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nicht aus (vgl. Gödicke JurBüro 2001, 512).
81Der Anspruch besteht allerdings aus den unter 2. genannten Gründen nur in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz; § 288 Abs. 2 BGB ist nicht einschlägig.
82Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 709 ZPO. Die teilweise Abweisung des Zinsanspruchs ist verhältnismäßig geringfügig.
83Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
84Berufungsstreitwert:
85Klageantrag zu 1.: 1.346.420,92 Euro (Zinsen, auch in kapitalisierter Form, sind nach § 43 Abs. 1 GKG nicht zu berücksichtigen)
86Klageantrag zu 2.: 2.000,00 Euro
87Schüttpelz Dieck-Bogatzke Frister