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Die Berufung des Klägers gegen das am 15.05.2006 verkündete Urteil der
2. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg (2 O 241/04) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
2I.
3Die Beklagte schuldet dem Kläger keinen Ersatz für den Rückstauschaden vom 30.06.2001.
41.
5Der Kläger beanstandet zu Unrecht den rechtlichen Ausgangspunkt des Landgerichts.
6Seine Auffassung, dass eine fehlende oder nicht ordnungsgemäße Sicherung der Hausinstallation gegen Rückstauschäden lediglich ein Mitverschulden des geschädigten Hauseigentümers begründe, ist überholt. Nach aktueller Rechtsprechung liegen Schäden durch Rückstau bis zur Rückstauebene (d.h. im Unterschied zu Schäden durch über das Straßenniveau hinaufsteigendes und von außen in ein Gebäude hineinlaufendes Wasser, um welche es im Urteil des BGH vom 22.04.2004 - III ZR 108/03 - ging) grundsätzlich außerhalb des Schutzbereichs der Pflicht zur ausreichenden Dimensionierung von Abwasserkanälen, gleichermaßen unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung wie im Rahmen des durch den Anschluss begründeten öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisses (grundlegend BGH 30.07.1998 - III ZR 263/96 -, zitiert nach Juris, Rz. 7/8; OLG Saarbrücken 07.05.2002 - 4 U 421/01 -, zitiert nach Juris, Rz. 4; OLG Hamm 27.06.2002 - 21 U 140/01 -, zitiert nach Juris, Rz. 7, 8, 10; OLG Celle 21.07.2003 - 14 W 25/03 -, zitiert nach Juris, Rz. 7; OLG Köln 30.08.2001 - 7 U 29/01 -, zitiert nach Juris, Rz. 3, 4). Streitig ist lediglich, ob dies auch dann gilt, wenn nicht allein eine Unterdimensionierung oder fehlende Wartung den Rückstau verursacht, sondern zusätzlich oder ausschließlich ein aktueller Eingriff der Gemeinde in das Abwassersystem (bejahend OLG Köln a.a.O., Rz. 5, verneinend OLG Saarbrücken, 21.06.2005 - 4 U 197/04, zitiert nach Juris). Darum geht es hier aber nicht, sondern der Schaden entstand unstreitig nur dadurch, dass das Abwassersystem der Beklagten die Regenmengen vom 30.06.2001 nicht fassen konnte.
7Der Senat schließt sich dem an. Rückstau ist ein Phänomen, das auch bei ausreichend dimensionierten kommunalen Leitungen auftreten kann, eben bei den von den Gemeinden nicht einzukalkulierenden seltenen Starkregenereignissen. Auf der anderen Seite ist es leicht möglich und entspricht dem anerkannten Stand der Technik, Gebäude gegen Rückstau zu sichern (DIN 1986 Teil 1, Kapitel 7, insbes. 7.1, Anl. 6.4 zum Gutachten des Sachverständigen Dr. H., Bl. 108/100 GA); diese Möglichkeit und Notwendigkeit dürfte sogar allgemeinkundig sein. Unter diesen Umständen ist es nicht ungerecht, sondern angebracht, die Funktion der Amtspflicht zur ausreichenden Dimensionierung der Kanalisation auf den Schutz vor solchen Schäden zu beschränken, die durch die üblichen Absicherungen nicht zu vermeiden sind.
82.
9Die Berufung wendet sich ohne Erfolg gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts. Dieses ist mit sachverständiger Hilfe zu Recht zu dem Schluss gekommen, dass der Schaden vom 30.06.2001 auf Mängel in der Sicherung des Hauses des Klägers gegen Rückstauschäden zurückging.
10Der Sachverständige Dr. H. hat zunächst in überzeugender und nach der mündlichen Erläuterung im Termin vom 24.04.2006 auch vom Kläger nicht mehr in Zweifel gezogener Weise errechnet, dass der auf den abgesprungenen Stutzen wirkende Wasserdruck ohne den Sondereinfluss der Pumpe maximal, nämlich bei kompletter Füllung des im Keller befindlichen Rohrleitungssystems bis zur Rückstauebene (Oberkante Straße) und zudem kompletter Füllung der Regenfallleitung ("Rohrleitung 10" in Abbildung 3.1 auf S. 11 des Gutachtens, Bl. 90 GA), 0,43 bar betrug. Das ist weniger als die 0,5 bar, welchen ein solches Leitungssystem und damit auch der Stutzen unstreitig und zudem vom Sachverständigen bestätigt bei ordnungsgemäßer Konzeption und Montage standhalten muss.
11Sodann hat der Sachverständige zwei Möglichkeiten aufgezeigt, welche dazu geführt haben können, dass der Stutzen dennoch absprang. Die eine besteht darin, dass der Stutzen defekt, ungeeignet, nicht richtig montiert oder aus anderen Gründen zu schwach war, um den 0,43 bar standzuhalten. Die andere Möglichkeit ist, dass das aus dem Kanal in die "Rohrleitung 1" eingedrungene Wasser über die unterhalb der Rückstauebene liegende Querverbindung ("Rohrleitungen 5 und 9") in die "Entlüftungsleitung 6" und damit in die Hebeanlage geriet, wodurch deren Pumpe ansprang und einen zusätzlichen Druck von ca. 0,69 bar aufbaute. Die eine wie die andere Möglichkeit stellt einen Fehler in der Sicherung des Hauses gegen Rückstauschäden dar. Das gilt für einen Stutzen, der einem Druck von 0,43 bar nicht standhält. Es gilt ebenso für eine Gesamtkonstruktion des Abwassersystems, welche es zulässt, dass rückgestautes Wasser über eine eigentlich der Entlüftung dienende Querverbindung in die Entlüftungsleitung der Hebeanlage und, da diese Entlüftungsleitung keine Rückstauklappe besitzt, in die Hebeanlage selbst eindringt, so dass deren Pumpe - grundsätzlich bestimmungsgemäß - anspringt und einen zusätzlichen Druck aufbaut, der zusammen mit dem Druck des rückgestauten Wassers die nur auf den Rückstaudruck allein ausgelegte Widerstandskraft eines Verschlussstutzens überschreitet. Eine dritte Erklärungsmöglichkeit ist nicht ersichtlich.
12Aus diesem Grund gibt es nichts zugunsten des Klägers her, dass der Sachverständige nicht sagen konnte, ob der Konzeptionsmangel in Form der Querverbindung usw. sich am 30.06.2001 ausgewirkt hatte, weil auch der möglicherweise nicht korrekt aufgesetzte Stutzen sich ausgewirkt haben kann. Da beide Schadensursachen gleichermaßen zu Lasten des Klägers gehen, kann offen bleiben, welche von ihnen tatsächlich vorlag. Dasselbe gilt für den Umstand, dass der Sachverständige die von dem Zeugen S. M. geschilderte Anbringung des Stopfens als "grundsätzlich so korrekt" bezeichnet hat, kann doch nicht nur eine unkorrekte Stopfenanbringung die Ursache gewesen sein, sondern eben auch die schadensträchtige Querverbindung. Zudem ist dem Landgericht zuzustimmen, dass dann, wenn der Stopfen schon bei 0,43 bar nachgegeben haben sollte, er ungeachtet der Einschätzung durch den Zeugen und ihrer - nur - grundsätzlichen Bestätigung durch den Sachverständigen denknotwendig fehlerhaft montiert oder sonst ungeeignet gewesen sein muss.
13II.
14Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
15Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
16Streitwert für die Berufungsinstanz: 11.956,05 €