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1. Benennt der Bieter in seinem Angebot für näher bezeichnete Leistungsteile einen Nachunternehmer, ist er mit Ablauf der Angebotsabgabefrist hieran gebunden. Er kann für die betreffenden Arbeiten weder einen anderen noch einen zusätzlichen Nachunternehmer anbieten. Ebenso wenig darf der öffentliche Auftraggeber eine dahingehende Angebotsänderung gestatten (Abweichung von OLG Bremen, BauR 2001, 94 ff.).
2. Der Bieter ist in gleicher Weise gehindert, sein Angebot dahin abzuändern, dass die in Rede stehenden Arbeiten nicht mehr durch einen Nachunternehmer, son-dern im eigenen Betrieb ausgeführt werden sollen.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 5.5.2004, Az. VII-Verg 10/04 (rechts-kräftig)
I. Auf die sofortige Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss der 2. Vergabe-kammer des Bundes vom 3. März 2004 (VK 2 - 142/03) aufgehoben.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen zu tragen, die der Antragsgegnerin und der Beigeladenen in beiden Instanzen entstan-den sind. Die Beigeladene trägt vorab die Kosten des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB.
III. Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten war für die Beigeladene in beiden Instanzen notwendig.
IV. Der Beschwerdewert wird auf bis 795.000 EUR festgesetzt.
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
2Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.
3I.
4Die Beigeladene wendet sich mit Recht dagegen, dass die Vergabekammer dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin stattgegeben und die Antragsgegnerin verpflichtet hat, die Angebotswertung unter Einbeziehung des Angebots der Antragstellerin zu wiederholen. Dabei kann es auf sich beruhen, ob - wie die Vergabekammer angenommen hat - die Antragsgegnerin mit Rücksicht auf das Wettbewerbsprinzip (§ 97 Abs. 1 GWB, § 2 Nr. 1 Satz 2 VOB/A), den Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 97 Abs. 2 GWB) oder eine entgegenstehende Verwaltungspraxis gehindert war, von der Antragstellerin gemäß Abschnitt zu 6. in Teil B der "Bewerbungsbedingungen für die Vergabe von Bauleistungen, Ausgabe 02/2003" die Vorlage einer Bereitschaftserklärung ihres Nachunternehmers für die Tondichtungsarbeiten zu fordern. Unentschieden bleiben kann auch, ob die Antragsgegnerin im Rahmen der streitbefangenen zweiten Angebotswertung vom 2. Dezember 2003 noch rechtsfehlerfrei von der Möglichkeit Gebrauch machen konnte, wegen der nicht beigebrachten Nachunternehmererklärung das Angebot der Antragstellerin auszuschließen, obschon sie im Zuge der ersten Angebotswertung von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht und das Angebot alleine aus preislichen Gründen abgelehnt hatte. Das Angebot der Antragstellerin ist nämlich in jedem Fall aus einem anderen Grund und überdies zwingend von der Wertung auszuschließen.
5A. Es besteht der zwingende Ausschlussgrund des § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A 2. Abschnitt, weil die Antragstellerin außer Stande ist, die Tondichtungsarbeiten (Titel 2.5 und 3.4 des Leistungsverzeichnisses) so wie von ihr angeboten zu erbringen.
61. Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A 2. Abschnitt ist bei öffentlicher Ausschreibung zunächst die Eignung der Bieter zu prüfen. Dabei sind anhand der vorgelegten Nachweise die Angebote derjenigen Bieter auszuwählen, die aufgrund ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit sowie ihrer technischen und wirtschaftlichen Mittel die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen notwendige Gewähr bieten. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Angebote solcher Bieter, die nicht die erforderliche Zuverlässigkeit und Fachkunde besitzen oder die zur Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen (ganz oder teilweise) außer Stande sind, von der Wertung ausgeschlossen werden müssen. Es handelt sich um einen zwingenden Ausschlussgrund, der vom öffentlichen Auftraggeber bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens - d.h. bis zur rechtswirksamen Zuschlagserteilung - zu beachten ist (Senat, VergabeR 2002, 282; Rusam in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 10. Aufl., A § 25 Rn. 22 a.E.). Der Ausschlussgrund der mangelnden Eignung kann weder vom öffentlichen Auftraggeber modifiziert oder außer Kraft gesetzt werden noch ist er einer Selbstbindung des Auftraggebers zugänglich. Der öffentliche Auftraggeber ist deshalb auch dann nicht an dem - vergaberechtlich gebotenen - Angebotsausschluss gehindert, wenn er zunächst die Eignung des betreffenden Bieters bejaht und das Angebot zu Unrecht in die engere Wahl für den Zuschlag genommen hatte. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass das Vertrauen auf ein vergaberechtswidriges Verhalten des Auftraggebers rechtlich nicht schützenswert ist (Senat, Beschl. v. 26.11.2003 - VII-Verg 53/03, Umdruck Seite 8 m.w.N.).
72. Nach diesen Rechtsgrundsätzen muss das Angebot der Antragstellerin von der Wertung ausgeschlossen werden.
8a) Die Antragstellerin war bei Angebotsabgabe außer Stande, die in Titel 2.5 und 3.4 des Leistungsverzeichnisses aufgeführten Tondichtungsarbeiten im eigenen Betrieb auszuführen. Aus diesem Grund hat sie in ihrem Angebot für diese Arbeiten die Beigeladene als Nachunternehmer benannt. Daran ist die Antragstellerin gebunden. Nachdem ihr Angebot mit Ablauf der Angebotsfrist bindend geworden ist (vgl. § 18 Nr. 3 VOB/A 2. Abschnitt), kann es weder von der Antragstellerin inhaltlich abgeändert oder ergänzt werden noch darf die Antragsgegnerin eine solche Angebotsänderung gestatten (vgl. § 24 Nr. 1 Abs. 1, Nr. 3 VOB/A 2. Abschnitt). Der Antragstellerin ist es folglich versagt, für die Tondichtungsarbeiten an Stelle der Beigeladenen einen anderen Nachunternehmer zu benennen. Die Antragstellerin darf ihr Angebot ebenso wenig ergänzen und im Nachhinein einen zusätzlichen Nachunternehmer für die Tondichtungsarbeiten angeben. Soweit die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Schreiben vom 15. November 2003 (Anlage Ast 11) den Austausch des Nachunternehmers gestattet und die Antragstellerin mit Antwortschreiben vom 27. November 2003 (Anlage Ast 12) mitgeteilt hat, die Firma H/F sei an der Übernahme der Tondichtungsarbeiten interessiert, muss dies bei der rechtlichen Beurteilung außer Betracht bleiben. Denn dieses Nachschieben eines weiteren Nachunternehmers ist das Ergebnis einer vergaberechtlich unzulässigen Nachverhandlung im Sinne von § 24 Nr. 3 VOB/A 2. Abschnitt.
9Der Senat folgt insoweit nicht der Ansicht des OLG Bremen (BauR 2001, 94, 97), wonach das Nachunternehmerverzeichnis nicht Bestandteil des (bindenden) Angebots und aus diesem Grund auch ein Nachschieben oder das Auswechseln eines Nachunternehmers statthaft sein soll. Das zur Rechtfertigung dieser Auffassung vorgebrachte Argument, der Bieter habe bei Abgabe seines Angebots noch keine hinreichend sichere Aussicht auf den Zuschlag, könne demzufolge auch noch keine konkreten Verhandlungen mit Nachunternehmern führen und wolle sich aus diesem Grund mit der Bekanntgabe von Nachunternehmern erkennbar noch nicht binden, vermag nicht zu überzeugen. Es lässt außer Betracht, dass der Bieter ohne weiteres in der Lage ist, den von ihm in Aussicht genommenen und der Vergabestelle bekannt gegebenen Nachunternehmer bereits vor Angebotsabgabe unter der aufschiebenden Bedingung der Zuschlagserteilung zu beauftragen. In einem solchen Fall steht nichts der Annahme entgegen, dass sich der Bieter mit seinem Angebot auch insoweit vertraglich binden will, wie er darin für einzelne Leistungsteile Nachunternehmer namentlich aufführt. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Nachunternehmer - wie vorliegend - von ihm ohne jeden Vorbehalt benannt werden. Die Ansicht, welche eine vertraglich bindende Festlegung des Bieters auf die in seinem Angebot genannten Nachunternehmer ablehnt, berücksichtigt überdies nicht in ausreichender Weise die berechtigten Belange des öffentlichen Auftraggebers. Dieser läuft Gefahr, dass er den Auftrag im Vertrauen auf die Einschaltung der im Angebot bekannt gegebenen Nachunternehmer erteilt und der Auftragnehmer später andere - möglicherweise weniger geeignete - Nachunternehmer mit der Erledigung der betreffenden Arbeiten betraut.
10Dass eine Abänderung der mit dem Angebot vorgelegten Nachunternehmerliste vergaberechtlich zulässig ist, kann auch nicht aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats hergeleitet werden. Zu Unrecht beruft sich die Vergabekammer für ihren gegenteiligen Standpunkt auf den Senatsbeschluss vom 28.5.2003 (Verg 8/03). Jenem Streitfall lag die Besonderheit zugrunde, dass die Vergabestelle entgegen ihren schriftlichen Verdingungsunterlagen über Jahre hinweg die nachträgliche Benennung von Nachunternehmern geduldet hatte. Lediglich für diesen Sonderfall hat der Senat es gebilligt, dass ein Bieter die nach den Verdingungsunterlagen bereits mit dem Angebot vorzulegende Nachunternehmererklärung nachreicht. Darum geht es vorliegend nicht. Der zitierten Senatsentscheidung kann deshalb nicht - wie die Vergabekammer meint - der allgemeine Grundsatz entnommen werden, der öffentliche Auftraggeber dürfe den Bietern gestatten, den Inhalt ihrer Nachunternehmerliste nach Ablauf der Angebotsabgabefrist zu ändern oder zu ergänzen.
11b) Bei dieser rechtlichen Ausgangslage beurteilt sich die Leistungsfähigkeit der Antragstellerin in Bezug auf die ausgeschriebenen Tondichtungsarbeiten ausschließlich danach, ob die Beigeladene der Antragstellerin als Nachunternehmerin für jene Arbeiten zur Verfügung steht. Das ist nicht der Fall. Nach dem Sach- und Streitstand steht fest, dass die Beigeladene nicht bereit ist, die Tondichtungsarbeiten für die Antragstellerin auszuführen. Die Beigeladene hat es bereits mit Anwaltsschreiben an die Antragsgegnerin vom 5. November 2003 abgelehnt, die Tondichtungsarbeiten für die Antragstellerin auszuführen. Zur Erläuterung hat sie darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin sie eigenmächtig und ohne zuvor eine vertraglich bindende Vereinbarung über die Nachunternehmertätigkeit getroffen zu haben, benannt habe. An dieser Haltung hält die Beigeladene unverändert fest. Schon aufgrund dieser tatsächlichen Weigerung der Beigeladenen, die Tondichtungsarbeiten als Nachunternehmerin der Antragstellerin zu erledigen, steht die mangelnde Leistungsfähigkeit der Antragstellerin feststehen. Denn der öffentliche Auftraggeber muss sich nicht auf das Risiko einlassen, ob der Bieter rechtzeitig zur vorgesehenen Auftragsdurchführung die Leistungsbereitschaft des von ihm benannten Nachunternehmers - gegebenenfalls unter Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe - herbeiführen kann. Es kommt hinzu, dass die Beigeladene der Antragstellerin nach ihrem eigenen Vorbringen zur Durchführung der Tondichtungsarbeiten auch nicht verpflichtet ist. Legt man die Sachdarstellung der Antragstellerin zugrunde, hat die Beigeladene der Antragstellerin auf entsprechende telefonische Anfrage lediglich ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Übernahme der Tondichtungsarbeiten erklärt (vgl. Seite 4 des Schreibens der Antragstellerin vom 27.11.2003, Anlage Ast 12). Irgendwelche Einzelheiten der in Aussicht genommenen Nachunternehmertätigkeit der Beigeladenen sind zwischen den Beteiligten weder besprochen noch verabredet worden. Ungeklärt geblieben sind damit auch (und vor allem) sämtliche vertragswesentlichen Punkte, etwa die von der Antragstellerin zu zahlende Vergütung sowie der Umfang und die näheren Modalitäten der Gewährleistungs- und sonstigen Haftung der Beigeladenen. Vor diesem Hintergrund durfte die Antragstellerin die Äußerung der Beigeladenen redlicherweise nicht als die vertraglich bindende Zusage werten, die Tondichtungsarbeiten als Nachunternehmerin auszuführen. Ob die Beigeladene durch ihre Äußerung ein berechtigtes Vertrauen der Antragstellerin geschaffen hat, dass sie einen Nachunternehmervertrag abschließen werde, kann vorliegend auf sich beruhen. Daraus kann der Antragstellerin allenfalls ein Schadensersatzanspruch wegen Verhandlungsverschuldens (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB) zustehen, der von vornherein nicht auf Erfüllung, sondern lediglich auf den Ersatz des Vertrauensschadens gerichtet wäre (vgl. nur: Heinrichs in Palandt, BGB, 62. Aufl., § 311 Rn. 56, 57 m.w.N.).
12B. Zu keinem anderen Ergebnis führt es im Übrigen, wenn man - der Ansicht des OLG Bremen folgend - die Bindungswirkung einer Nachunternehmerbenennung verneint und ein Auswechseln des zunächst angegebenen Nachunternehmers für zulässig erachtet. Die Antragstellerin hat nicht nur von dieser - unterstellt: bestehenden - Möglichkeit Gebrauch gemacht, an Stelle der Beigeladenen einen anderen Nachunternehmer für die Tondichtungsarbeiten zu benennen. Sie ist zwischenzeitlich vielmehr gänzlich von ihrer Absicht abgerückt, die genannten Arbeiten durch einen Nachunternehmer ausführen zu lassen. Mit Schriftsatz an die Vergabekammer vom 8. Januar 2004 hat die Antragstellerin mitgeteilt, jene Arbeiten nunmehr in Eigenleistung unter Inanspruchnahme einer Lizenz an dem für die Firma F patentierten Verlegeverfahren selbst durchführen zu wollen. Diese Absicht hat sie im Verhandlungstermin des Senats bekräftigt. Die Antragstellerin ist mithin nicht willens oder nicht in der Lage, die Tondichtungsarbeiten so wie angeboten - d.h. unter Einschaltung eines Nachunternehmers - zu erledigen. Das bedeutet zugleich, dass die Antragstellerin für die von ihr angebotenen Tonverlegungsarbeiten nicht (mehr) leistungsfähig und ihr Angebot gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A 2. Abschnitt zwingend von der Wertung auszuschließen ist. Der Umstand, dass sich die Antragstellerin erst nach Abschluss der streitbefangenen Angebotswertung vom 2. Dezember 2003 zur Durchführung der Tondichtungsarbeiten in Eigenleistung entschlossen hat, steht dem nicht entgegen. Die mangelnde Leistungsfähigkeit des Bieters ist - wie bereits ausgeführt - ein zwingender Ausschlussgrund, der vom öffentlichen Auftraggeber bis zur rechtswirksamen Zuschlagserteilung zu beachten ist.
13C. Auf die weitere Frage, ob die Antragstellerin die für die Tonverlegungsarbeiten in Eigenleistung erforderliche fachliche Eignung besitzt und für jene Leistungen zudem in personeller und technischer Hinsicht leistungsfähig ist (vgl. § 25 Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz VOB/A 2. Abschnitt), obschon sie bislang derartige Tonverlegungsarbeiten im eigenen Betrieb noch nicht ausgeführt hat, kommt es unter diesen Umständen nicht mehr streitentscheidend an.
14II.
15Einer Vorlage der Streitsache an den Bundesgerichtshof gemäß § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB bedarf es nicht. Zwar vermag der Senat der Rechtsprechung des OLG Bremen, wonach die im Angebot erfolgte vorbehaltlose Nachunternehmerbenennung nicht bindend sein soll, nicht zu folgen. Diese Divergenz bleibt aber im Ergebnis ohne Auswirkungen. Wie vorstehend ausgeführt, muss der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin auch auf der Grundlage der Judikatur des OLG Bremen abgewiesen werden.
16III.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
18Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 12 a Abs. 2 GKG.