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Die Berufung des Beklagten gegen das am 2. Oktober 2003 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Sicherheitsleistungen können auch durch Bürgschaft eines der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegenden Kreditinstituts erbracht werden.
G r ü n d e :
2A.
3Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch.
4Der Beklagte war für die Klägerin, eine Versicherungsgesellschaft, als Versicherungsvertreter tätig.
5Die Klägerin gewährt ihren Versicherungsvertretern eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung. Mit dem Beklagten schloss sie eine kapitalbildende Lebensversicherung ab. Ausweislich des Versicherungsscheins zur Lebensversicherung des Beklagten (Anlage B 1, Bl. 25 GA) gelten für diese die "Richtlinien der Alters- und Hinterbliebenenversorgung des freiberuflichen Versicherungsaußendienstes" der Klägerin, wegen deren Inhalts auf die Anlage B 2 (Bl. 26 bis 31 GA) Bezug genommen wird.
6Mit schriftlichem Darlehensvertrag vom 11. Dezember 1997 gewährte die Klägerin dem Beklagten ein Darlehen in Höhe von 80.000,-- DM. Wegen des Inhalts des Darlehensvertrages wird auf die zur Akte gereichte Vertragsablichtung (Anlage K 1, Bl. 5 – 6 GA) verwiesen.
7Mit Schreiben vom 28. Mai 2002 kündigte der Beklagte das Versicherungsvertreter-Vertragsverhältnis ordentlich zum 30. September 2002 (Bl. 59 GA).
8Unter dem 25. Juni 2002 (Anlage K 6, Bl. 45 GA) kündigte die Klägerin den Versicherungsvertreter-Vertrag ihrerseits außerordentlich und fristlos. Mit weiterem Schreiben vom 17. Juli 2002 (Anlage K 2, Bl. 7 GA) kündigte sie auch den Darlehensvertrag mit sofortiger Wirkung.
9Aus dem Beklagten gewährten Darlehen steht unstreitig noch eine Restforderung in Höhe von 25.398,54 € oder 49.675,22 DM offen.
10Mit ihrer Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen in Anspruch genommen.
11Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat gegen die Klageforderung die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Zahlung des Rückkaufswerts aus der mit der Klägerin abgeschlossenen kapitalbildenden Lebensversicherung erklärt.
12Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung von 25.398,54 € nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte sei zur Zahlung des restlichen Darlehensbetrages verpflichtet. Die von ihm erklärte Aufrechnung greife nicht durch. Die Klägerin sei gemäß den Richtlinien für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung berechtigt gewesen, den Vertreter-Vertrag bei einem grob treuwidrigen Verhalten ihres Vertreters fristlos zu kündigen, wobei die Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag verfielen. Die Klägerin habe substanziiert vorgetragen, dass sich Ende Juni 2002 herausgestellt habe, dass der Beklagte seit Anfang Mai 2002 dazu übergegangen sei, Versicherungsverträge auch für andere Unternehmen zu vermitteln. Dem sei der Beklagte nicht in prozessrechtlich hinreichender Weise entgegen getreten. Dieses Verhalten des Beklagten stelle sich als grob treuwidrig dar. Die von der Klägerin ausgesprochene fristlose Kündigung sei daher wirksam. Diese und der Kündigungsgrund hätten zur Folge, dass dem Beklagten ein Anspruch auf Auszahlung des Versicherungsbetrages bzw. des Rückkaufwertes nicht zustehe.
13Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Beklagten mit dem Antrag,
14abändernd die Klage abzuweisen.
15Er trägt vor:
16Das Landgericht habe der Klage zu Unrecht stattgegeben. Es habe den Sachverhalt und seinen Vortrag falsch erfasst. Das Landgericht habe Prozessstoff übergangen und zu Unrecht den Vortrag der Klägerin hinsichtlich eines angeblich treuwidrigen Verhaltens als richtig unterstellt. Er habe das Vorbringen der Klägerin in ausreichender Form bestritten. Dieses werde auch weiterhin bestritten.
17Mit dem Antrag,
18die Berufung zurückzuweisen,
19verteidigt die Klägerin das angefochtene Urteil. Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens trägt sie vor:
20Rechtsfehlerfrei sei das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass das einfache Bestreiten des Beklagten unbeachtlich sei. Der Beklagte sei ihrem Vorbringen nicht in hinreichender Weise entgegen getreten.
21Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Urkunden und Schriftstücke, auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung sowie auf die vom Senat erteilten Hinweise Bezug genommen.
22B.
23Die zulässige Berufung des Beklagten hat aus den mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erörterten Gründen keinen Erfolg. Der Klägerin steht der gegen den Beklagten erhobene Darlehensrückzahlungsanspruch in der vom Landgericht zuerkannten Höhe zu. Die Klageforderung ist durch die vom Beklagten in erster Instanz erklärte Aufrechnung mit einem angeblichen Gegenanspruch aus dem 1993 abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag auf Zahlung des Rückkaufswertes aus der kapitalbildenden Lebensversicherung nicht erloschen. Die von dem Beklagten erklärte Aufrechnung ist bereits unzulässig.
24Über die bereits erteilten und protokollierten Hinweise des Senats hinaus gilt im Einzelnen Folgendes:
25I.
26Der Klägerin hat gegen den Beklagten einen Darlehensrückzahlungsanspruch aus §§ 607 Abs. 1, 608, 609 Abs. 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung (Art. 229 § 5 Satz 1 u. 2 EGBGB) in Höhe von noch 25.398,54 €. Dass der Beklagte der Klägerin aus dem Darlehensvertrag vom 11. Dezember 1997 diesen Betrag noch schuldet, ist zwischen den Parteien dem Grunde und der Höhe nach unstreitig.
27II.
28Der Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerin ist durch die vom Beklagten in erster Instanz erklärte Aufrechnung mit einem angeblichen Gegenanspruch aus dem Lebensversicherungsvertrag von 1993 auf Zahlung des Rückkaufswertes aus der kapitalbildenden Lebensversicherung nicht erloschen.
291. Das Landgericht hat angenommen, dass die Ansprüche des Beklagten gegen die Klägerin aus dem Lebensversicherungsvertrag gemäß § 12 der ausweislich des Versicherungsscheins vom 24. Mai 1993 in den Lebensversicherungsvertrag einbezogenen "Richtlinien der Alters- und Hinterbliebenenversorgung des freiberuflichen Versicherungsaußendienstes" (im Folgenden: Richtlinien) auf Grund der von der Klägerin mit Schreiben vom 25. Juni 2002 erklärten außerordentlichen und fristlosen Kündigung des Versicherungsvertreter-Vertragsverhältnisses verfallen seien. Es hat insoweit auf § 12 Abs. 2 der Richtlinien abgestellt, wonach die abgetretenen Rechte und Ansprüche aus den Lebensversicherungs-Verträgen verfallen, wenn die Klägerin den Vertreter-Vertrag fristlos auf Grund einer Straftat zu ihrem Nachteil oder aufgrund eines grob treuwidrigen Verhaltens des Versicherungsvertreters kündigt.
302. Ob dem gefolgt werden kann, Ansprüche des Beklagten gegen die Klägerin aus dem Lebensversicherungsvertrag also schon nach der vorgenannten Bestimmung der Richtlinien verfallen sind, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
31Allerdings rügt die Berufung insoweit mit Recht, das Landgericht habe das Vorbringen der Klägerin zu einem angeblich grob treuwidrigen Verhalten des Beklagten seiner Entscheidung nicht als unstreitig zugrunde legen dürfen. Denn der Beklagte ist dem Vorbringen der Klägerin in seinem nachgelassenen Schriftsatz vom 5. September 2003 entgegen getreten. Er hat hierin ausdrücklich bestritten, sich durch die Schadensregulierung neue Geschäfte erkauft zu haben, und vorgetragen, ihm sei zu keinem Zeitpunkt vor seiner Kündigung oder vor der von der Klägerin ausgesprochenen fristlosen Kündigung ein entsprechender Verdacht oder hohe Kündigungszahlen offenbart worden. Außerdem ist er auf die von der Klägerin schriftsätzlich ohnehin nicht ausgewerteten Anlagen eingegangen und hat ausdrücklich bestritten, dass er in dem von der Klägerin allein angeführten Fall eine Tätigkeit, wie sie die Klägerin behaupte, entfaltet habe. Hieraus ergab sich eindeutig und unmissverständlich, dass der Beklagte das gesamte diesbezügliche Vorbringen der Klägerin bestreiten wollte. Das war angesichts des knappen Vorbringens der Klägerin zu der von ihr behaupteten Konkurrenztätigkeit des Beklagten ausreichend. Von seinem Standpunkt aus hätte das Landgericht damit den Sachverhalt aufklären müssen.
32Überdies ist zweifelhaft, ob die Klägerin, die schriftsätzlich nur Ausführungen zu einem Fall (Kundin H...) sowie zur Anbringung von Hinweisschildern in der Geschäftsstelle des Beklagten gemacht hat, überhaupt schlüssig aufgezeigt hat, dass hier nach der erforderlichen Gesamtabwägung – bei welcher insbesondere der langjährige Bestand des Vertragsverhältnisses und der Umstand, dass sich der Beklagte bislang nichts hatte zu Schulden kommen lassen, zu berücksichtigen sind – ein zur fristlosen Kündigung berechtigender wichtiger Grund im Sinne des § 89 a HGB vorgelegen hat und sie den Versicherungsvertreter-Vertrag ausnahmsweise auch ohne vorherige Abmahnung fristlos kündigen durfte. Hinzu kommt, dass nach § 12 Abs. 2 der Richtlinien nicht jedes pflichtwidrige Verhalten des Vertreters einen Verfall seiner Rechte und Ansprüche aus der Lebensversicherung zur Folge hat. Letztlich muss der Senat hier jedoch nicht entscheiden, ob der Anspruch des Beklagten aus der Lebensversicherung nach § 12 Abs. 2 der Richtlinien verfallen ist.
333. Es muss auch nicht entschieden werden, ob – sofern die Voraussetzungen von § 12 Abs. 2 der Richtlinien nicht vorliegen – dem vom Beklagten zur Aufrechnung gestellten Gegenanspruch nicht § 12 Abs. 3 der Richtlinien entgegensteht, weil der Beklagte das Versicherungsvertreter-Vertragsverhältnis seinerseits mit Schreiben vom 28. Mai 2002 fristgerecht zum 30. September 2002 gekündigt hatte.
34Gemäß der vorzitierten Bestimmung verfallen die Ansprüche des Versicherungsvertreters aus dem Lebensversicherungsvertrag nämlich auch dann, wenn der Vertreter-Vertrag durch Kündigung seitens des Vertreters innerhalb der ersten 10 Versicherungsjahre der kapitalbildenden Lebensversicherung beendet wird. Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinien kann der Versicherungsvertreter außerdem nach Ablauf von 10 Versicherungsjahren die kapitalbildende Lebensversicherung nur beitragsfrei stellen oder mit eigenen Beiträgen bis zum Versicherungsablauf weiter führen, wobei in diesem Fall die Abtretung der Versicherungsgesellschaft gemäß § 9 der Richtlinien rückwirkend entfällt.
35Hier wurde der Lebensversicherungsvertrag ausweislich des Versicherungsscheins zur Lebensversicherung im Mai 1993 abgeschlossen. Zum Zeitpunkt einer – unterstellten – Beendigung des Versicherungsvertreter-Vertrages durch die ordentliche Kündigung des Beklagten zum 30. September 2002 bestand die von dem Beklagten abgeschlossene kapitalbildende Lebensversicherung damit noch keine 10 Jahre.
36Damit sind die Ansprüche des Beklagten aus dem Lebensversicherungsvertrag nach § 12 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinien verfallen, sofern diese formularmäßige Regelung rechtswirksam ist. Dass durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diese Vertragsklausel bestehen, hat der Beklagte allerdings nicht schlüssig aufgezeigt. Letztlich bedarf auch diese Frage hier aber keiner abschließenden Entscheidung.
374. Die vom Beklagten erklärte Aufrechnung scheitert – worauf der Beklagte im letzten Verhandlungstermin ausdrücklich hingewiesen worden ist (Bl. 161 GA) – bereits an dem beschränkten Aufrechnungsverbot nach Nummer 13 des Darlehensvertrages der Parteien vom 11. Dezember 1997.
38a) Nach der genannten Bestimmung kann der Beklagte als Darlehensnehmer mit Forderungen gegen die Klägerin nur aufrechnen, soweit sie unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind.
39b) Diese Vertragsklausel trägt § 11 Nr. 3 AGBG (jetzt: 309 Nr. 3 BGB n.F.) Rechnung und ist rechtlich unbedenklich (vgl. hierzu nur BGH, v. 18.6.2002 – XI ZR 160/01, NJW 2002, 2779). Gegenteiliges macht der Beklagte auch nicht geltend.
40c) Der Anspruch aus dem Lebensversicherungsvertrag auf Zahlung des Rückkaufswertes aus der kapitalbildenden Lebensversicherung, mit dem der Beklagte aufrechnet, ist weder unbestritten noch rechtskräftig festgestellt. Es liegt daher keine der in Nummer 13 des Darlehensvertrages vorgesehenen Ausnahmen vom Aufrechnungsverbot vor. Die Anwendung dieser Bestimmung scheitert auch nicht daran, dass die Klägerin sich auf sie in erster Instanz nicht berufen hat. Da ein vertraglich vereinbartes Aufrechnungsverbot die materiellrechtliche Wirksamkeit der Aufrechnung und nicht nur deren Geltendmachung im Rechtsstreit ausschließt, haben die Gerichte einen solchen Aufrechnungsausschluss von Amts wegen zu beachten (vgl. BGH, v. 18.6.2002 – XI ZR 160/01, NJW 2002, 2779 m.w.N.).
41d) Gründe, die es rechtfertigen könnten, das vertraglich vereinbarte Aufrechnungsverbot ausnahmsweise unbeachtet zu lassen, zeigt der Beklagte nicht auf.
424. Die Aufrechnung gegen die Klageforderung muss damit als unzulässig zurückgewiesen werden. Mit dieser Maßgabe ist die Berufung des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.
43II.
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
45Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
46Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist bereits auf 25.399,-- € festgesetzt worden. In dieser Höhe ist der Beklagte beschwert.
47Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
48R... S... F... Vorsitzender Richter Richter am Richter am am Oberlandesgericht Oberlandesgericht Oberlandesgericht