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Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Vorsitzenden der 6. Kammer für Handelssachen vom 16.04.2002 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstre-ckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstre-ckenden Betrages abwenden.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus der Bürgschaftsurkunde vom 09.03.2000 in Anspruch, in der sich die Beklagte für die "Ansprüche aus Anzahlung Be- und Entlüftung, O... AG" gegen die Firma A... GmbH (im folgenden kurz Firma A...) bis zum Höchstbetrag von 48.930,83 EUR verbürgte. Hintergrund der Abgabe der Bürgschaft bildete die zwischen der Klägerin und der Firma A... auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung vom 23.11.1999 bestehende Arbeitsgemeinschaft "ARGE A...", durch die gemeinschaftlich Projekte abgewickelt wurden. Aufgabe der Firma A..., über die zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, war die Akquisition und Planung der Arbeiten, während der Klägerin die Durchführung der Arbeiten oblag. Zwischen der Klägerin und der Firma A... wurde vereinbart, dass letztgenannte aus dem Auftrag der Firma W... GmbH, einem Tochterunternehmen der O... AG, einen nach einem Verteilungsschlüssel errechneten Anteil erhalten sollte. Einen Teilbetrag von 48.930,83 EUR zahlte die Klägerin an die Firma A... im Voraus.
2Unter Hinweis auf von der Firma A... im Rahmen der Abwicklung des Auftrages der Firma W... nicht - bzw. unzureichend - erbrachte Leistungen verlangte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 25.04.2000 von der Beklagten mit Fristsetzung die Erklärung, ob sie die Bürgschaftssumme zahlen oder diesen Betrag hinterlegen wolle. Mit Schreiben vom 16.04.2000 verwies die Beklagte auf ihre nach der Bürgschaftsurkunde bestehende Berechtigung zur Hinterlegung und kündigte diese nach Zusendung der Originalbürgschaft an. Die Klägerin übersandte der Beklagten die Originalbürgschaftsurkunde. Die Beklagte hinterlegte die Bürgschaftssumme entgegen ihrer Ankündigung nicht.
3Die Klägerin hat im vorliegenden Rechtsstreit erstinstanzlich zunächst die Zahlung der Bürgschaftssumme begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, mit der Bürgschaft hätte angesichts der wirtschaftlichen Situation der Firma A... die Erfüllung der mit der Anzahlung bezahlten vertraglichen Leistungen gesichert werden sollen. Da die Firma A... ihre Leistungen nicht erbracht habe, insbesondere die notwendigen Planungsunterlagen nicht beigebracht habe, stünde ihr die Vorauszahlung nicht zu. Auf Erörterung der Sach- und Rechtslage im erstinstanzlichen Verhandlungstermin hat die Klägerin ihren ursprünglichen Zahlungsantrag auf Hinterlegung umgestellt und nur hilfsweise die Zahlung des Bürgschaftsbetrages nebst Zinsen beantragt. Die Beklagte wehrt sich gegen die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft mit dem Argument, der Bürgschaftsfall sei nicht eingetreten.
4Das Landgericht hat die Beklagte entsprechend dem Hauptantrag verurteilt. Der Anspruch auf Hinterlegung folge aus dem Schreiben vom 26.04.2000.
5Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Klageabweisung weiterverfolgt. Die Beklagte trägt vor: Die Klägerin habe keinen Anspruch aus der Bürgschaftserklärung. Dies schlage auch auf eine von dem Landgericht angenommene Absprache auf Hinterlegung des verbürgten Betrages durch. Eine vermeintliche Leistung der Hinterlegung des Betrages könne von ihr kondiziert werden, zumindest verstoße das Begehren der Kläger gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Eine zu sichernde Hauptforderung bestünde nicht (mehr). Sicherungszweck der Bürgschaft sei allein gewesen, die Klägerin insoweit abzusichern, also sie im Vorgriff auf die Werklohnabrechnung der W... GmbH den aus dem Gesamtwerklohn auf die Firma A... entfallenden Anteil an diese als ihren ARGE-Partner gezahlt habe. Sie - die Beklagte - habe lediglich einstehen sollen, wenn der Rückfluss der 48.930,84 EUR an die Klägerin ausbliebe. Da die Klägerin den Gesamtwerklohn für das Projekt vereinnahmt habe, sei die zu sichernde Forderung erloschen. Im übrigen habe die Firma A... ihre vertraglichen Planungsleistungen
6aus der ARGE-Vereinbarung erbracht. Die Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen. Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Berufung. Sie wendet sich gegen die Auslegung der Bürgschaftserklärung durch die Beklagte und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen, wonach die Beklagte die geschuldeten Planungsunterlagen entweder unvollständig oder verspätet geliefert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie auf den Inhalt der im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
7II.
8Die zulässige Berufung hat Erfolg. Eine aus der Bürgschaftserklärung vom 09.03.2000 bestehende Zahlungs- oder Hinterlegungsverpflichtung der Beklagten besteht nicht. Das Landgericht hat die Beklagte zur Hinterlegung auf der Grundlage des Schreibens vom 26.04.2000 verpflichtet gesehen. Es kann offen bleiben, ob diesem Schreiben der Beklagten der vom Landgericht angenommene rechtsgeschäftliche Erklärungsgehalt beigemessen werden kann mit der Folge einer "neuen" Verpflichtung zur Hinterlegung (hierzu unter 1.) oder ob es angesichts der tatsächlich nicht erfolgten Hinterlegung durch die Beklagte bei der ursprünglichen Bürgschaftsverpflichtung verbleibt. In beiden Fällen hängt die Verpflichtung der Beklagten als Sicherungsgeberin vom Bestand der zu sichernden Hauptforderung der Klägerin gegen die Firma A... ab (näheres unter 2.). Die zu sichernde Forderung besteht indessen nicht mehr (hierzu unter 3.) 1. Mit der Erklärung in dem Schreiben vom 26.04.2000, "Wir sind berechtigt, uns durch Hinterlegung des verbürgten Betrages von der Verpflichtung aus der Bürgschaft zu befreien" hat sich die Beklagte - ohne dies noch einmal ausdrücklich klarzustellen - auf die entsprechende Regelung im Bürgschaftsvertrag vom 09.03.2000 bezogen.
9Der Sinngehalt des Schreibens vom 26.04.2000 kann folglich nur vor dem Hintergrund der Hinterlegungsregelung der Bürgschaftserklärung ermittelt werden. a) In seinem Urteil vom 14.02.1985 (vgl. BauR 1985, 575f = WM 1985, 475ff = ZIP 1985, 525ff) hat sich der Bundesgerichtshof mit einer fast wortgleichen Klausel in einer ebenfalls von einer Sparkasse gestellten und formulierten Bürgschaftserklärung eingehend befasst. Dort hieß es: "... Wir behalten uns vor, uns jederzeit von dieser Bürgschaft dadurch zu befreien, dass wir den Betrag von..... DM in bar bei der zuständigen Hinterlegungsstelle als Sicherheit anstelle dieser Bürgschaft hinterlegen".
10Der Bundesgerichthof hat klargestellt, dass es den Parteien grundsätzlich frei stand zu vereinbaren, dass die Beklagte (Sparkasse) als Bürgschaftsschuldnerin berechtigt sei, bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts die Bürgschaftssumme als Sicherheit für die Klägerin zu hinterlegen. Die §§ 232 ff BGB finden nicht nur Anwendung, soweit ein Schuldner nach gesetzlichen Vorschriften verpflichtet oder befugt ist, Sicherheit zu leisten, sondern auch dann, wenn ein Gläubiger als Sicherungsnehmer und sein Schuldner oder ein Dritter als Sicherungsgeber durch Rechtsgeschäft die Pflicht oder auch das Recht zur Sicherheitsleistung begründen. Eine Befreiung der Sparkasse von ihrer Bürgschaft wäre nicht zu erreichen, wenn die vereinbarte Klausel, nach der die Bürgin das Recht hat, sich von ihrer Verpflichtung durch Hinterlegung zu befreien, dahin ausgelegt würde, dass die Sparkasse die geschuldete Bürgschaftssumme als Sicherheit für den Anspruch der Gläubigerin aus der Bürgschaft hinterlegen dürfe. Die Klausel müsse vielmehr in der Weise interpretiert werden, dass mit der Hinterlegung der Bürgschaftssumme zugunsten der Gläubigerin nicht für die Bürgschaftsforderung, von der sich die Bürgin befreien will, sondern für den Anspruch der Gläubigerin gegen den Hauptschuldner Sicherheit geleistet werden soll. Für dieses Verständnis spreche - so der Bundesgerichtshof zu der von ihm zu beurteilenden Klausel - deren Fassung: ... "dass wir den Betrag .... als Sicherheit anstelle dieser (erlöschenden) Bürgschaft (die ja die Hauptverbindlichkeit bisher sicherte) hinterlegen". Danach sei es der Sparkasse oder Bank gestattet, sich von ihrer Bürgschaft dadurch zu befreien, dass sie Sicherheit nicht wie üblich als Schuldnerin (für ihre Bürgschaftsschuld), sondern als Dritte für die Hauptverbindlichkeit leistet.
11Bei der in Rede stehenden Klausel aus dem Bürgschaftsvertrag vom 09.03.2000 belegt gerade die Formulierung "zum Zwecke der Sicherheitsleistung im Namen und für Rechnung des Hauptschuldners", die Richtigkeit der Auslegung des Bundesgerichtshofes auch für den vorliegende Bürgschaftsvertrag. Zu den rechtlichen Auswirkungen im Falle der Hinterlegung hat der Bundesgerichtshof (a.a.O.) weiter ausgeführt, dass, wird von der Bürgin hinterlegt, das Pfandrecht an ihrer Rückerstattungsforderung nach § 233 BGB nicht den Bürgschaftsanspruch, sondern die bisher verbürgte Forderung gegen die Hauptschuldnerin sichert. Als Pfandgläubiger kann der Gläubiger die Rückerstattungsforderung der Sparkasse gegen die Hinterlegungsstelle gemäß §§ 1257, 1273, 1279, 1282 Abs. 1 BGB einziehen, wenn die Pfandreife (§ 1228 Abs. 2 BGB) gegenüber dem Hauptschuldner eingetreten ist. Weiter hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass einer derartigen Vereinbarung, die die Bürgin zur Hinterlegung ermächtigt, nicht entnommen werden könne, dass der Gläubiger die Pfandreife, also den Bestand und die Fälligkeit der gesicherten Forderung nur durch ein gegen den Hauptschuldner erstrittenes Urteil nachweisen könne. Wortlaut und Sinn der Klausel, insbesondere die vereinbarte Befreiung von der Bürgschaft, schränken die Befugnisse der durch die Hinterlegung Berechtigten, die ihr aufgrund des § 233 BGB als Pfandgläubiger zustehen, nicht ein. Der Gläubiger kann deshalb gemäß §§ 1257, 1273, 1279, 1282 Abs. 2 2. Halbsatz, 1210, 1211 BGB von der hinterlegenden Sparkasse als Sicherungsgeberin (Verpfänderin) die Duldung der Einziehung der mit dem Pfandrecht belasteten Forderung oder, was dem gleichsteht, die Zustimmung zur Auskehrung des hinterlegten Betrages verlangen. Damit sind die Rechte des Gläubigers bei einer Hinterlegung nicht geringer als bei einer direkten Inanspruchnahme aus der Bürgschaft.
12b) Aus der Übertragung dieser Grundsätze auf die vorliegende Bürgschaftsformulierung, die angesichts des im Kerngehalt identischen Textes der Klauseln gerechtfertigt ist, folgt, dass die Beklagte bereits auf Grund der angeführten Absprache im Bürgschaftsvertrag vom 09.03.2000 berechtigt und befugt war, sich durch Hinterlegung der Bürgschaftssumme mit den dargestellten Auswirkungen zu befreien. Es erscheint dem Senat vor diesem Hintergrund zweifelhaft, ob dem Schreiben der Beklagten vom 26.04.2000 angesichts der bereits nach dem Bürgschaftsvertrag bestehenden Berechtigung zur Hinterlegung noch ein rechtsgeschäftlicher Erklärungsgehalt in dem Sinne eines Angebots beigemessen werden kann, bei dessen Annahme durch die Klägerin die Beklagte nunmehr zur Hinterlegung nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichte sein soll. Das Schreiben vom 26.04.2000 stellt lediglich die Ankündigung dar, von der bestehenden Befugnis unter einer bestimmten Voraussetzung (Übersendung der Originalbürgschaftsurkunde) Gebrauch machen zu wollen. Da die Beklagte entgegen ihrer Ankündigung indessen nicht die Bürgschaftssumme hinterlegt hat, konnte zwangsläufig auch nicht die in dem Erlöschen der Bürgschaftsverpflichtung liegende Wirkung der Hinterlegung eintreten, mit der Folge, dass sie weiterhin aus der Bürgschaft verpflichtet wäre (vgl. BGH, a.a.O.).
132. Einer Entscheidung der Frage, ob es wegen der tatsächlich nicht erfolgten Hinterlegung bei der ursprünglichen Verpflichtung aus der Bürgschaft bleibt, oder entsprechend dem Ansatz des Landgerichts an deren Stelle eine Verpflichtung zur Hinterlegung getreten ist, bedarf es nicht. In beiden Fällen hängt nämlich der Umfang der Verpflichtung vom Bestand der zu sichernden Forderung ab. Bei der Bürgschaftsschuld folgt dies aus § 767 Abs. 1 Satz 1 BGB. Wollte man aus dem Schreiben vom 26.04.2000 in Verbindung mit der Übersendung der Originalbürgschaftsurkunde eine gesonderte rechtsgeschäftlich begründete Verpflichtung zur Hinterlegung konstruieren, stünde der Beklagten angesichts des weiter bestehenden Sicherungszweckes der Hinterlegung bei Nichtbestehen der Forderung entweder ein Kondiktions- anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Seite oder sie könnte der Geltendmachung des "Anspruchs auf Hinterlegung" den Missbrauchseinwand nach § 242 BGB entgegenhalten (dolo agit qui petit, quod statim rediturus est). Mithin war es rechtsfehlerhaft, dass das Landgericht die die Hauptforderung betreffenden Einwände der Beklagten als unbeachtlich eingestuft hat. 3. Die - sei es durch die Bürgschaft sei es durch die Hinterlegung - gesicherte Hauptschuld der Schuldnerin, der Firma A..., gegenüber der Klägerin ist erloschen. Zwischen den Parteien ist der Umfang der durch die Bürgschaft gesicherten Forderung der Klägerin gegen die Firma A... streitig. In der Bürgschaftsurkunde ist die Hauptschuld bezeichnet als "Ansprüche aus Anzahlung Be- und Entlüftung, O... AG." Die Klägerin legt die Bürgschaft in dem Sinne aus, dass hiermit die Erfüllung der mit der "Anzahlung" bezahlten vertraglichen Leistungen der Firma A... gesichert werden sollten. Gesicherte Forderungen seien alle Ansprüche, die die Klägerin gegenüber der Firma A... zustünden, sofern diese die ihr obliegende Gegenleistung für die Vorfinanzierung ihres Anteils durch die Klägerin nicht erbringen würde. Demgegenüber meint die Beklagte, die Klägerin solle lediglich insofern gesichert werden, als sie vor Abwicklung des Werkvertrages der ARGE mit dem Auftraggeber an die Firma A... eine Anzahlung auf deren Anteil an den Werklohn geleistet hat und das Risiko bestand, dass es nicht zur Zahlung des Werklohns auf das Kooperationskonto der ARGE kommt. Die Bürgschaftserklärung bedarf angesichts der nicht von vorne herein eindeutigen Eingrenzung der "Ansprüche aus Anzahlung Be- und Entlüftung, O... AG" der Auslegung. Grundsätzlich muss der Bürge - also die Beklagte - seine Erklärung so gegen sich gelten lassen, wie sie aus der Sicht des Gläubigers mit Rücksicht auf die ihm erkennbaren Umstände aufzufassen ist. Maßgeblich für den objektiven Erklärungswert ist in erster Linie der Wortlaut der Bürgschaftsurkunde (BGH, Urteil vom 16.10.1997, WM 1997, 2305fff = MDR 19978, 113f = BauR 1998, 138ff = NJW-RR 1998, 259f). Der Wortlauf der Bürgschaftserklärung allein ermöglicht im vorliegenden Fall keine hinreichend bestimmte Festlegung der zu sichernden Forderung. Begleitumstände können in die Auslegung einbezogen werden, soweit sie für den Gläubiger einen Schluss auf den Sinngehalt der Bürgschaftserklärung zulassen (BGH, Urteil vom 16.10.1997, a.a.O.). Die "Anzahlungsbürgschaft" ist vor dem Hintergrund der innerhalb der ARGE generell getroffenen Zahlungsabreden und der speziell für die Abwicklung des Auftrages der Firma O... AG vereinbarten Absprachen auszulegen. Nach Ziff. 5.1 der Rahmenvereinbarung zwischen der Klägerin und der Firma A... vom 23.11.1999, (vgl. auch das Schreiben der Klägerin vom 27.08.1999) sollte der gesamte Zahlungsverkehr aus den jeweiligen Aufträgen der ARGE über ein gemeinsames Konto erfolgen, über das die beiden Vertragspartner nur gemeinsam verfügungsbefugt wären. Des weiteren ist in Ziff. 5.2 Abs. 1 geregelt, dass die Eingänge aus einem Auftrag den Partnern der ARGE in dem im jeweiligen Arbeitsgemeinschaftsvertrag festgelegten Verhältnis der Anteile der Partner an dem jeweiligen Auftrag zustehen und eine Auszahlung nach Eingang entsprechender Zahlungen erfolge. Ausweislich des Schreibens der Firma A... vom 08.03.2000 hatten sich die Partner der ARGE, also die Klägerin und die Firma A..., dahingehend geeinigt, dass der Firma A... von dem gesamten Auftragsvolumen 150.831,1EUR ein Anteil von 46.868,62 EUR zustand. Weiter ist in diesem Schreiben festgehalten, dass die Firma A... über 90% ihres Anteils zuzüglich Mehrwertsteuer (48.980,84 EUR) eine Bankbürgschaft zu Gunsten der Klägerin vorlegt. Dieser 90%tige Anteil korrespondiert mit Abs. 3 der Ziff. 5.2 der Rahmenvereinbarung vom 23.11.1999. Bei diesen 48.980,64 EUR handelt es sich um die Bürgschaftssumme aus der Bürgschaftsurkunde vom 09.03.2000. Diese Entstehungsgeschichte, die konkreten Begleitumstände, die zu der Bürgschaftserklärung geführt haben und allgemeinen Absprachen zwischen der Gläubiger, mithin der Klägerin, und der Schuldnerin, der Firma A..., sprechen bereits für die einschränkende Auslegung, auf die sich die Beklagte stützt. Ein aussagekräftiges Indiz dafür, dass die Bürgschaft nicht in dem von der Klägerin vorgetragenen Sinne wie eine Vertragserfüllungsbürgschaft zu verstehen ist, und selbst die Klägerin hiervon zunächst nicht ausgegangen ist, ist das Schreiben des Geschäftsführers der Klägerin vom 10.03.2000. In diesem Schreiben hat sich die Klägerin mit dem Entwurf der Bürgschaftsurkunde einverstanden erklärt und gleichzeitig einen Vorschlag zur Ergänzung durch folgende Passage unterbreitet: "Die Verpflichtung aus der Bürgschaft endet 30 Tage nach der ordnungsgemäßen Übernahme des Gesamtgewerkes durch den Bauherrn." Bei diesem Schreiben vom 10.03.2000 handelt es sich um eine nachträgliche Erklärung eines Vertragspartners, da die Bürgschaft auf den 09.03.2000 datiert. Das nachträgliche Verhalten von Vertragspartnern kann zwar den bei Vertragsschluss zum Ausdruck gebrachten objektiven Gehalt der wechselseitigen Vertragserklärungen nicht mehr beeinflussen. Es kann aber für die Auslegung bedeutsam sein, weil es Anhaltspunkte für den tatsächlichen Vertragswillen enthalten kann (BGH, Urteil vom 16.10.1997, a.a.O.). Wenn der Gläubiger eine aus seiner Sicht zur Klarstellung sinnvolle Ergänzung der Bürgschaftserklärung mit Bezug auf die zu sichernde Forderung anbietet, wiewohl tatsächlich die Bürgschaftsurkunde bereits unterschrieben war, so kann dies Rückschlüsse auf die Vorstellung des Gläubigers vom Umfang der Hauptforderung zulassen. Die vorgeschlagene Variante für das Erlöschen der Bürgschaftsverpflichtung muss im Zusammenhang mit den Zahlungsbedingungen aus dem Werkvertrag mit der W... GmbH gesehen werden. Spätestens zu diesem in dem Ergänzungsvorschlag genannten Zeitpunkt waren nach Vorstellung der Klägerin bereits 90% der Vergütung fällig. Dementsprechend wäre auch die der ARGE zustehende Vergütung mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits auf dem Kooperationskonto der ARGE eingegangen. Diese Verknüpfung zwischen der Zahlung durch den Auftraggeber und dem Erlöschen der Bürgschaftsverpflichtung macht keinen Sinn, wenn eigentlich eine Vertragserfüllungsbürgschaft gewollt, also eine Absicherung des Leistungsanteils der Firma A... geplant war. Wollte man dagegen die Bürgschaft im Sinne einer Absicherung der vertraglichen Leistungsansprüche der ARGE gegen die Firma A... bei der Abwicklung des Auftrages O... AG ansehen, so würde nicht verständlich, aus welchem Grunde für die in diesem Zusammenhang bestehenden vertraglichen Verpflichtungen der Klägerin gegenüber der ARGE keine derartige Sicherung vorgesehen war. Insgesamt spricht also mehr für eine Auslegung der Bürgschaftsurkunde in dem Sinne, dass die an die Firma A... geleistete Anzahlung bis zur Begleichung der Vergütung durch den Auftraggeber gesichert werden sollte, zumal auch aus dem Grundsatz der Formstrenge der Bürgschaftserklärung regelmäßig in Zweifelsfragen der restriktiven Auslegung der Vorzug zu geben ist. Weiter bestehende Zweifel an dem Umfang der verbürgten Forderung gehen zu Lasten der Klägerin (Palandt-Sprau, BGB, 61. Aufl. Rz. 6 zu § 765). Da unbestritten die Klägerin die Vergütungszahlung aus dem Auftrag O... AG vereinnahmt hat, ist damit der Sicherungszweck erreicht, die zu sichernde Forderung erloschen und folglich wegen der Akzessorietät der Bürgschaft auch die Bürgschaftsverpflichtung (und im übrigen auch die in Betracht kommende Verpflichtung zur Hinterlegung).
14II.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf der Anwendung §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
16Anlass, aus den Gründen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
17Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer der Klägerin: 48.930,84 EUR
J... | G... | B... |