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Auf die Beschwerde der Antragstellerinnen wird der Beschluss des Amtsgerichts Moers vom 25.11.2002 abgeändert.
Den Antragstellerinnen wird im Rahmen der ihnen bewilligten Prozesskostenhilfe Rechtsanwalt Dr. ..., ..., für das Genehmigungsverfahren beigeordnet.
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
2Die sofortige Beschwerde ist begründet.
3Gemäß § 121 Abs. 2 ZPO wird einer Partei in Verfahren ohne Anwaltszwang ein Anwalt beigeordnet, wenn dies erforderlich ist. Der Begriff der Erforderlichkeit einer Vertretung ist weit auszulegen und die Regel-Ausnahme-Fassung des § 121 Abs. 2 S. 1 ZPO ist in der Praxis umzukehren: Der Partei ist ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, dass der Einzelfall so einfach und der Hilfsbedürftige so geschäftsgewandt ist, dass anwaltliche Unterstützung entbehrlich ist (vgl. Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 121 Rdnr. 4). Dass – wie hier – in einem Verfahren der Sachverhalt von Amts wegen aufgeklärt wird, ist kein Grund, die Beiordnung eines Anwalts abzulehnen. Wenn die Partei ihre Interessen nicht sachgerecht wahrnehmen kann, ist die gerichtliche Fürsorge kein Ersatz dafür (Zöller a.a.O.).
4Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts war nicht nur das Nachlassverfahren, sondern auch das vorliegende Genehmigungsverfahren rechtlich schwierig und überforderte die gesetzliche Vertreterin der Antragstellerinnen, die die Interessen ihrer minderjährigen Kinder als Erben ihres Vaters wahrzunehmen hatte. Sie hat am 13.12.2001 für ihre Kinder die Erbschaft ausgeschlagen, weil der Nachlass ihres Wissens überschuldet war, und am gleichen Tag zu Protokoll bei dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Moers um die familiengerichtliche Genehmigung ihrer Erbausschlagung gebeten. Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.12.2001 hat sie ihre Ausschlagungserklärung angefochten, weil die … Vers. AG mit Schreiben vom 17.12.2001 mitgeteilt hatte, dass die Lebensversicherungssumme in Höhe von 53.498,50 DM aus der Lebensversicherung des Erblassers in den Nachlass falle, was der gesetzlichen Vertreterin der Antragstellerinnen bei Abgabe ihrer Erklärung vom 13.12.2001 nicht bekannt war. Auf eine telefonische Anfrage der gesetzlichen Vertreterin der Antragstellerinnen teilte eine Rechtspflegerin ihr telefonisch mit, dass die Ausschlagung der Erbschaft schwebend unwirksam sei, die gerichtlich erforderliche Genehmigung noch nicht vorliege und deshalb die Anfechtung der Ausschlagungserklärung nicht nötig sei. Mit Schreiben vom 23.01.2002 wies das Amtsgericht den Anwalt auf dessen Anfrage darauf hin, dass die Ausschlagung der Erbschaft zur Zeit schwebend unwirksam sei. Wenn die familiengerichtliche Genehmigung versagt werde, werde die Ausschlagung endgültig wirksam. Das Familiengericht habe zu ermitteln, ob der Nachlass überschuldet sei oder nicht. Allein diese telefonische Rücksprache mit der gesetzlichen Vertreterin der Antragstellerinnen und der beginnenden Schriftverkehr mit dem Anwalt zeigen, dass die Antragstellerinnen auch mit dem Genehmigungsverfahren überfordert waren und anwaltliche Hilfe benötigten. Immerhin ging es für ihre Kinder um die Frage, ob sie die Lebensversicherungssumme von 53.498,50 DM erben oder nicht. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens hat das Amtsgericht umfangreiche Ermittlungen angestellt, was allein die Verfügung des Amtsgerichts vom 18.02.2002 zeigt. Letztlich ist das am 13.12.2001 eingeleitete Genehmigungsverfahren durch Beschluss des Amtsgerichts vom 24.10.2002 (familiengerichtliche Genehmigung) beendet worden. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerinnen, vertreten durch ihre Mutter, das Genehmigungsverfahren ohne anwaltliche Hilfe hätten durchführen können.