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I.
Zur Klarstellung wird festgestellt, daß der Senatsbeschluß vom 4. September 2002 infolge der Zurücknahme der Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 7. außer Kraft getreten ist, soweit der Senat die aufschiebende Wirkung dieser Beschwerde angeordnet und ergänzende einstweilige Anordnungen zuguns-ten der Beschwerdeführerin zu 7. erlassen hat.
II.
Die Anträge des Beschwerdegegners sowie der Beteiligten zu 1. bis 3. auf Aufhebung der mit den Senatsbeschlüssen vom 11. Juli, 25. Juli, 4. Septem-ber und 18. September 2002 erlassenen einstweiligen Anordnungen werden zurückgewiesen.
III.
Auf die Anträge der Beschwerdeführerinnen zu 8. und zu 11. ergehen folgen-de einstweilige Anordnungen:
1.
Die aufschiebende Wirkung der Beschwerden, die die Beschwerdeführerinnen zu 8. und 11. gegen die Ministererlaubnis des Beschwerdegegners – Erlaub-nisverfügung vom 5. Juli 2002 in der Fassung der Änderungsverfügung vom 18. September 2002 - [Gesch.-Z.: I B 1 –220840/129 (Erlaubnis zu den vom Bundeskartellamt mit Beschlüssen vom 17. Januar 2002 [E./G.] und vom 26. Februar 2002 [E./B.] untersagten Zusammenschlußvorhaben unter Auflagen)] eingelegt haben, wird angeordnet.
2.
Die Anordnung zu III. 1. bedeutet zugleich, daß es den Beteiligten zu 1. bis 15. untersagt ist, die angemeldeten Zusammenschlüsse zu vollziehen und einen schon begonnenen Vollzug fortzusetzen oder am Vollzug einschließlich der Fortsetzung eines schon begonnenen Vollzugs dieser Zusammenschlüsse mitzuwirken. Ergänzend wird der Beteiligten zu 1. ferner untersagt, Anteile an den Beteiligten zu 3., zu 4. und zu 14. zu erwerben, die – allein oder zusam-men mit Anteilen, die der Beteiligten zu 1. im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB gehören – 25 vom Hundert oder mehr des Kapitals oder der Stimmrech-te der Beteiligten zu 3., zu 4. oder zu 14. erreichen oder die Beteiligte zu 1. in die Lage versetzen, unmittelbar oder mittelbar einen wettbewerblich erhebli-chen Einfluß (im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB) auf die Beteiligte zu 3., zu 4. oder zu 14. auszuüben.
3.
Für den Fall, daß die Beteiligten zu 1. bis 14. schon mit der Vollziehung der angemeldeten Zusammenschlüsse begonnen oder diese (auch teilweise) schon vollzogen haben, wird
a)
der Beteiligten zu 1. untersagt, Stimmrechte aus Anteilen an den Beteiligten zu 3. und zu 14. und damit mittelbar an der Beteiligten zu 4. auszuüben oder Einfluß auf die Geschäftsführung der Beteiligten zu 3., zu 14. und/oder zu 4. (einschließlich etwaiger Tochtergesellschaften) zu nehmen,
b)
der Beteiligten zu 1. untersagt, Aufsichtsrats-, Geschäftsführungs- und Vorstandsämter bei den Beteiligten zu 3., zu 14. und/oder zu 4. mit Organmit-gliedern oder Mitarbeitern der Beteiligten zu 1. oder ihrer Konzerngesellschaf-ten zu besetzen,
c)
der Beteiligten zu 2. untersagt, sich einer Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten als Gesellschafter der Beteiligten zu 3. zu enthalten,
d)
den Beteiligten zu 5. bis 13. untersagt, sich einer Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten als Gesellschafter der Beteiligten zu 14. zu enthalten.
IV.
Auf jeweiligen Antrag der Beschwerdeführerinnen zu 2. bis 4. werden die Se-natsbeschlüsse vom 11. Juli und 25. Juli 2002 zur Klarstellung folgenderma-ßen ergänzt:
Die zugunsten der Beschwerdeführerinnen zu 2. bis 4. erlassenen einstweili-gen Anordnungen gelten auch für die Änderungsverfügung des Beschwerde-gegners vom 18. September 2002 (siehe oben III. 1.).
V.
Der Vorbehalt zu Ziffer 2. der Beschlußformel des Senatsbeschlusses vom 18. September 2002 entfällt.
VI.
Der Beschwerdeführerin zu 5. wird aufgegeben, unverzüglich – spätestens bis zum 6. Januar 2003 – zum Schriftsatz der Beteiligten zu 1. vom 26. November 2002, soweit dieser Schriftsatz die Zulässigkeit der Beschwerde der Be-schwerdeführerin zu 5. betrifft, Stellung zu nehmen.
G r ü n d e
2I. Antrag auf Aufhebung der bisher erlassenen einstweiligen Anordnungen
31. Die Beteiligte zu 1. hat mit Schreiben vom 15. 2. und vom 4. 3. 2002 beim Beschwerdegegner die Erlaubnis zu den Zusammenschlußvorhaben E./G. und E./B. beantragt, nachdem das Bundeskartellamt diese Zusammenschlüsse untersagt hatte. Mit Verfügung vom 5. 7. 2002 hat der Beschwerdegegner die beantragte Erlaubnis erteilt (fortan: Ministererlaubnis I; veröffentlicht in WuW/E DE-V 573 ff.). Gegen diese Verfügung haben zunächst die Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 8., die zuvor vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (fortan: BMWi) zum Verwaltungsverfahren beigeladen worden waren, jeweils Beschwerde eingelegt. Auf die Anträge der Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4., 6. und 7. hat der Senat durch Beschlüsse vom 11. 7., 25. 7. und 4. 9. 2002 gemäß den §§ 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3, 64 Abs. 3, 60 Nr. 3 GWB die aufschiebende Wirkung der Beschwerden dieser sechs Beschwerdeführerinnen angeordnet und ergänzende einstweilige Anordnungen erlassen. Wegen des genauen Inhalts der einstweiligen Anordnungen und ihrer Begründungen wird auf die vorgenannten drei Senatsbeschlüsse Bezug genommen (vgl. auch die Veröffentlichung des Beschlusses vom 11. 7. 2002 in WuW/E DE-R 885 ff. und die Veröffentlichung des Beschlusses vom 25. 7. 2002 in WuW/E DE-R 926 ff.). Auf Antrag der Beschwerdeführerin zu 6. hat der Senat mit Beschluß vom 18. 9. 2002 die zu ihren Gunsten (mit Beschluß vom 4. 9. 2002) erlassenen einstweiligen Anordnungen dahin ergänzt, daß diese auch für die weiteren bis zur Beschwerdeentscheidung ergehenden Verfügungen des Beschwerdegegners gelten, die die angemeldeten Zusammenschlüsse "E./G." und "E./B" gemäß § 42 GWB – gegebenenfalls auch unter Auflagen und/oder Bedingungen – erlauben. Auf die Begründung des Beschlusses vom 18. 9. 2002 (veröffentlicht in WuW/E DE-R 943 ff.) wird Bezug genommen.
4Der Senat hatte den Erlaß der vorgenannten einstweiligen Anordnungen mit ernstlichen Zweifeln (im Sinne des § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 GWB) an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis I begründet. Die ernstlichen Zweifel resultierten aus der Beurteilung, daß die Verfügung unter gravierenden Verfahrensfehlern (Abwesenheit des den Bundesminister für Wirtschaft vertretenden Staatssekretärs Dr. T. in der einzigen öffentlichen mündlichen Verhandlung [Verstoß gegen § 56 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 GWB] sowie Unterlassung der Gewährung rechtlichen Gehörs zu einigen entscheidungserheblichen Erklärungen der Beteiligten zu 1. [Verstoß gegen § 56 Abs. 1 und 3 GWB]) zustande gekommen sei. Daraufhin hat das BMWi mit Schreiben vom 15. 8. 2002 die Verfahrensbeteiligten zu einer "erneuten öffentlichen mündlichen Verhandlung" am 5. 9. 2002 eingeladen, mit der Erklärung, es beabsichtige, "unter Wahrung seiner Rechtsauffassung im Anschluß an die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. 7. 2002 eine erneute öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 56 Abs. 3 GWB im Ministererlaubnisverfahren E../R. durchzuführen, um den Bedenken des Gerichts Rechnung zu tragen und eine Heilung der festgestellten Verfahrensfehler nach § 45 Abs. 2 VwVfG vorzunehmen". Die öffentliche mündliche Verhandlung ist am 5. 9. 2002 unter Leitung von Staatssekretär Dr. T. durchgeführt worden.
5Mit Verfügung vom 18. 9. 2002 hat der Beschwerdegegner die Ministererlaubnis I hinsichtlich der Auflagen teilweise geändert (Ordnungsziffern 1. bis 1.6. des Verfügungstenors). Ziffer 2. des Verfügungstenors lautet sodann: "Im übrigen wird die Erlaubnisverfügung [Anm.: die Ministererlaubnis I ] aufrecht erhalten." Zur Begründung der "formellen Rechtmäßigkeit" (Überschrift vor der Tz. 52) hat der Beschwerdegegner in der Verfügung vom 18. 9. 2002 (fortan: Ministererlaubnis II; veröffentlicht in WuW/E DE-V 643 ff.) ausgeführt: Die angefochtene Ministererlaubnis I sei nunmehr durch den zuständigen Amtsträger grundsätzlich in ihrem Bestand bestätigt und hinsichtlich einzelner Auflagen abgeändert worden, um – unter Aufrechterhaltung des Rechtsstandpunktes des BMWi – eine Heilung der vom Gericht beanstandeten Verfahrensfehler der Ministererlaubnis I zu bewirken. Das Verfahren entspreche den im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), insbesondere in § 45 Abs. 2 VwVfG vorgesehenen Vorschriften für ein Nachverfahren zur Heilung von Verfahrens- oder Formfehlern. Die vom Senat gerügten Fehler im Verwaltungsverfahren, das zur Ministererlaubnis I geführt habe, seien nach der Durchführung einer erneuten öffentlichen mündlichen Verhandlung unter Leitung von Staatssekretär Dr. T., der nochmaligen Abwägung der Vorteile und Nachteile des Zusammenschlußvorhabens und der Einräumung rechtlichen Gehörs zum Auflagenregime geheilt.
6Mit Schriftsatz vom 20. 9. 2002 stellt der Beschwerdegegner nunmehr gemäß § 65 Abs. 5 Satz 1 GWB den Antrag, die Beschlüsse des Senats vom 11. und 25. 7. sowie vom 4. und 18. 9. 2002 aufzuheben, und ferner, die Anträge der Beschwerdeführerinnen auf Erlaß einstweiliger Anordnungen zurückzuweisen. Der Aufhebungsantrag sei wegen veränderter Umstände begründet, weil die vom Senat an der Ministererlaubnis I beanstandeten Verfahrensfehler inzwischen geheilt worden seien und daher "ernstliche Zweifel" an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis I, modifiziert durch die Ministererlaubnis II, jedenfalls jetzt nicht mehr gegeben seien. Da die verfahrensrechtlichen Vorschriften des GWB – auch zur Frage der Heilung von Verfahrensfehlern – lückenhaft seien, könne ergänzend auf die Regelungen des allgemeinen Verwaltungsrechts zurückgegriffen werden, die im VwVfG kodifiziert seien. Im kartellrechtlichen Schrifttum bestehe Einigkeit, daß § 45 VwVfG auch im Kartellverwaltungsverfahren anwendbar sei; überwiegend werde im Schrifttum außerdem die Meinung vertreten, daß die Heilung von Verfahrensfehlern (gemäß § 45 VwVfG) auch noch im Beschwerdeverfahren möglich sei, weil Abs. 2 des § 45 VwVfG in direkter Anwendung seit der im Jahre 1996 in Kraft getretenen Änderung der Vorschrift die Nachholung der in Abs. 1 genannten Handlungen auch noch nach Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage gestatte. Dies alles gelte auch für die im Ministererlaubnisverfahren obligatorische mündliche Verhandlung. Zwar werde der Verfahrensfehler einer unterlassenen oder unrichtig durchgeführten mündlichen Verhandlung in § 45 Abs. 1 VwVfG nicht (ausdrücklich) erwähnt. Es sei jedoch eine analoge Anwendung des § 45 Abs. 1 VwVfG möglich, wenn es sich um die Verletzung von Verfahrensregeln handele, die – wie hier das Gebot der mündlichen Verhandlung – grundsätzlich dem gleichen Zweck (hier: der Gewährung effektiven rechtlichen Gehörs) dienten, wie die in § 45 Abs. 1 VwVfG genannten Verfahrensvorschriften (hier: die erforderliche Anhörung eines Beteiligten gemäß Nr. 3 des § 45 Abs. 1 VwVfG). Die in einem Teil des Schrifttums gegen die Gesetzesänderung (§ 45 Abs. 2 VwVfG) geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken seien unberechtigt. Den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG und auf die verfahrensrechtliche Schutzdimension der Grundrechte werde dadurch Genüge getan, daß dem Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt werde, seine Beteiligungsrechte nachzuholen. In verfassungsrechtlicher Hinsicht sei also nur zu fordern, daß diese Nachholung in einer Art und Weise geschehen müsse, die dem Sinn und Zweck der verfahrensrechtlichen Rechtsposition entspreche. Dies bedeute: Die Nachholung der in Rede stehenden fehlerhaften Verfahrenshandlung müsse in einer Weise erfolgen, die die Betroffenen letztlich so stelle, als wäre der entsprechende Verfahrensfehler nicht erfolgt. Vor allem bedeute dies, daß die Nachholung der Verfahrenshandlung "ergebnisoffen" erfolgen müsse; die (zuvor) getroffene Entscheidung müsse gerade in Bezug auf die Nachholung der Verfahrenshandlung zur Disposition gestellt werden. Diese Anforderungen seien im vorliegenden Fall durch das Heilungsverfahren und die Ministererlaubnis II erfüllt worden. Die "Ergebnisoffenheit" der nochmaligen mündlichen Verhandlung werde (auch) durch den Inhalt der Ministererlaubnis II belegt, mit der insbesondere das Auflagenregime einer weitreichenden Modifikation unterzogen worden sei.
7Die Beteiligten zu 1. bis 3. unterstützen den Beschwerdegegner mit rechtlichen Argumentationen (auf die nachfolgend noch näher eingegangen werden wird) und schließen sich dem Aufhebungsantrag ausdrücklich an.
8Dagegen sind die Beschwerdeführerinnen, die die Zurückweisung des Aufhebungsantrags beantragen, der Ansicht, daß die allgemeine Vorschrift des § 56 Abs. 1 GWB für den Bereich der Fusionskontrolle materiell-rechtlich einer Heilung von Anhörfehlern über § 45 VwVfG entgegenstehe; das gelte erst recht im Falle eines Verstoßes gegen die strengere Vorschrift des § 56 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 GWB – nach deren Sinn und Zweck - im Verfahren nach § 42 GWB. Denn wenn "auf Grund" mündlicher Verhandlung zu entscheiden sei, müsse die mündliche Verhandlung nicht nur aus reinen Ordnungsgründen zeitlich vor der Entscheidung liegen, sondern dann bezwecke die Vorschrift gerade den Schutz derjenigen, die sich gegen die Freigabe des Zusammenschlusses im Wege der Ministererlaubnis wenden. Im Falle der Nachholung der mündlichen Verhandlung schließe deshalb § 56 Abs. 3 GWB eine Beibehaltung einer zuvor bereits getroffenen Entscheidung aus. Überdies machen einige Beschwerdeführerinnen (zu 1. und zu 6.) geltend, der Beschwerdegegner habe im Heilungsverfahren erneut ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem er in der Ministererlaubnis II (Tz. 77 und 78) auf Erklärungen der Beteiligten zu 1. sowie der Beteiligten zu 18. und zu 30., die nach dem 9. 9. 2002 eingegangen seien und den Abänderungsbescheid (= Ministererlaubnis II) beeinflußt hätten, Bezug genommen habe, ohne zuvor diese Schriftsätze den anderen Verfahrensbeteiligten zugänglich gemacht zu haben, damit diese hierzu vor dem Erlaß des Änderungsbescheids hätten Stellung nehmen können. Dies alles gelte auch für die – aus den Verwaltungsverfahrensakten hervorgehenden - "Geheimgespräche", die der Beschwerdegegner mit den Beteiligten zu 1. und 4. am 13. 9. 2002 geführt habe. Man werde nach Lage der Dinge nicht ernsthaft annehmen können, daß die Inhalte dieses Gesprächs nicht entscheidungserheblich gewesen seien. Damit habe der Beschwerdegegner im Heilungsverfahren genau diejenigen Fehler erneut begangen, die der Senat in Bezug auf das Aushandeln des Auflagenpapiers vom 3. 7. 2002 vor der Ministererlaubnis I festgestellt gehabt habe. Diese Verletzungen rechtlichen Gehörs zwischen der mündlichen Verhandlung (vom 5. 9. 2002) und dem Erlaß der Ministererlaubnis II begründeten erneut ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis II, die es schon für sich allein rechtfertigten, den Aufhebungsantrag zurückzuweisen.
92. Gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG ist eine Verletzung der (eine notwendige Anhörung vorschreibenden) Verfahrensvorschrift, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 VwVfG nichtig macht, "unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird", wobei diese Nachholung gemäß § 45 Abs. 2 VwVfG noch bis zum Abschluß eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (in den Tatsacheninstanzen) möglich ist. Die Rechtsfolge einer gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 (eventuell i.V.m. Abs. 2) VwVfG vorgenommenen Heilung des Verfahrensfehlers eines – zuvor durch Bekanntgabe bereits wirksam gewordenen (vgl. Klappstein in: Knack, VwVfG, 6. Aufl., § 45, Rdnr. 3.3.1) - Verwaltungsakts besteht in folgendem: Der Verfahrensfehler, der (vorbehaltlich der §§ 46, 47 VwVfG) zunächst zur Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsakts geführt hatte, wird durch die Nachholung der erforderlichen (zuvor versäumten oder fehlerhaft durchgeführten) Verfahrenshandlung (hier: "Anhörung") behoben. Das bedeutet, daß der zunächst rechtswidrige Verwaltungsakt rechtmäßig wird und der vorherige Verfahrensfehler in einem Rechtsbehelfsverfahren vor Gericht nicht mehr (mit Erfolg) geltend gemacht werden kann; vielmehr ist der Verwaltungsakt in der Fassung, die er zum Abschluß des die erforderliche Verfahrenshandlung nachholenden Heilungsverfahrens durch einen etwaigen Änderungsbescheid erhält, im Rechtsbehelfsverfahren so zu behandeln, als sei er ohne den vorherigen und jetzt geheilten Fehler erlassen worden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 45, Rdnr. 12, 39, 40, 41, 42; Klappstein, a.a.O., Rdnr. 2.5; Schäfer in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 45, Rdnr. 3, 76; Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 45, Rdnr. 18; Sodan, DVBl 1999, 729, 732; Brischke DVBl 2002, 429, 432, m.w.N.; auf die umstrittene Frage, ob die Heilung auf den Zeitpunkt des Erlasses des zunächst rechtswidrigen Verwaltungsakts zurückwirkt oder nur mit ["ex nunc"-]Wirkung für die Zukunft eintritt – vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rdnr. 14; Klappstein, a.a.O., Rdnr. 2.5; Schäfer, a.a.O., Rdnr. 76; Sachs, a.a.O., Rdnr. 18; jeweils m.w.N. - , kommt es im vorliegenden Fall nicht an). § 45 VwVfG regelt allerdings nur die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen und Folgen der Nachholung von Verfahrenshandlungen, nicht aber, jedenfalls nicht abschließend die auch auf Grund der Regeln des jeweiligen Sachbereichs zu beurteilende Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Behörde in dem konkret zu überprüfenden Verwaltungsverfahren zur Nachholung von Verfahrenshandlungen befugt und fähig ist (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 3: eine materiellrechtliche Frage).
10Die der Ministererlaubnis I anhaftenden Verfahrensfehler (siehe oben) sind nur dann durch das am 15. 8. 2002 vom Beschwerdegegner eingeleitete und durch die Ministererlaubnis II abgeschlossene Nachverfahren behoben worden, wenn dem Beschwerdegegner die Heilungsmöglichkeit gemäß § 45 VwVfG für seine Ministererlaubnis I überhaupt zu Gebote stand (Anwendbarkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 VwVfG auf den vorliegenden Fall; siehe nachfolgend a)), und wenn – außerdem – die nachgeholte Anhörung (hier als Oberbegriff für die nachgeholte mündliche Verhandlung und die nachgeholte Gewährung rechtlichen Gehörs für alle Verfahrensbeteiligten) ordnungsgemäß und dem Gesetz entsprechend durchgeführt worden ist (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 26; Schäfer, a.a.O., § 45, Rdnr. 75; siehe nachfolgend b)). An beidem fehlt es. Demzufolge sind die Verfahrensfehler der Ministererlaubnis I nicht rechtswirksam geheilt worden, die Ministererlaubnis I ist vielmehr auch in der geänderten Fassung der Ministererlaubnis II infolge der ursprünglichen Verfahrensfehler, aber auch infolge der erneuten Verfahrensfehler (b)) rechtswidrig geblieben (vgl. Sachs, a.a.O., Rdnr. 23). Damit muß dem Aufhebungsantrag der Erfolg versagt werden (mit Ausnahme der zugunsten der Beschwerdeführerin zu 7. erlassenen einstweiligen Anordnung, die infolge der Beschwerderücknahme außer Kraft getreten ist).
11a) § 45 VwVfG ist ein gesetzlich vorgesehener Anwendungsfall des Grundsatzes der Verfahrensökonomie (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 1; Schäfer, a.a.O., § 45, Rdnr. 3; Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 9). Im Interesse der Verfahrensökonomie sollen Verfahrensfehler und Formmängel freilich nur geheilt werden können, soweit dies mit den Erfordernissen eines wirksamen Rechtsschutzes für die Betroffenen in der Sache vereinbar erscheint (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 1, m.w.N. aus den Gesetzgebungsmaterialien). Es ist daher im Grundsatz anerkannt, daß eine Heilung in solchen Fällen ausgeschlossen ist, in denen die nachzuholende Verfahrenshandlung ihre rechtsstaatlich gebotene Funktion nicht mehr erfüllen könnte und insofern eine "heilungsoffene" Entscheidungssituation nicht mehr gegeben ist (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 6 unter Hinweis auf BVerwGE 66, 291 und OVG Münster NJW 1982, 1663; Klappstein, a.a.O., § 45, Rdnr. 2.3; vgl. auch Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 75; Sodan, DVBl 1999, 729, 737). Eine Heilung des Verfahrensfehlers durch Nachholung der erforderlichen Verfahrenshandlung kann nicht eintreten, wenn die Funktion der Verfahrenshandlung für den Entscheidungsprozeß der Behörde nicht mehr uneingeschränkt erreicht werden kann (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 26). So hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, daß die unterbliebene Anhörung des Personalrats vor einer fristlosen Entlassung eines Beamten auf Probe nicht im Widerspruchsverfahren nachgeholt werden kann, und hat dieses Ergebnis aus dem von ihm aufgestellten allgemeinen Rechtssatz abgeleitet, eine Heilung des Verfahrensfehlers einer unterbliebenen Mitwirkung (Anhörung) - bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens [nur dieser Endzeitpunkt war nach der damaligen Gesetzesfassung des § 45 Abs. 2 VwVfG bedeutsam] – komme jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die Mitwirkung (Anhörung) den besonderen Sinn und Zweck, der ihr nach der jeweiligen spezialgesetzlichen Regelung
12[Hervorhebungen durch Kursivdruck hinzugefügt]
13beigegeben sei, nur dadurch erfüllen könne, daß sie vorher
14[Hervorhebung durch Kursivdruck auch im Original]
15erfolge (BVerwGE 66, 291, 295; ebenso: OVG Münster NJW 1982, 1663; zustimmend: Klappstein, a.a.O., § 45, Rdnr. 2.1; im Ergebnis ebenso: Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 73; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 26 a.E.; Sodan, DVBl 1999, 729, 737). Das trifft auch auf die hier zu beurteilende Ministererlaubnis (§ 42 GWB) zu.
16aa) Die durch die Ministererlaubnis I verletzte Vorschrift des § 56 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 GWB bedeutet, daß über den Antrag auf Erteilung einer Ministererlaubnis gemäß § 42 GWB (vorbehaltlich eines allseits erklärten Verzichts auf eine mündliche Verhandlung) nicht ohne öffentliche mündliche Verhandlung der zuständigen ("entscheidenden") kartellbehördlichen Instanz entschieden werden darf, und daß die Entscheidung des Bundeswirtschaftsministers oder seines zuständigen Vertreters selbst auf der Grundlage ("auf Grund") dieser – damit notwendigerweise vorher durchzuführenden - mündlichen Verhandlung ergehen muß. Die Norm bezweckt vor allem, daß eine intensive, dem Interesse sowohl der Kartellbehörde als auch der betroffenen Unternehmen an einer richtigen Entscheidung dienende Erörterung aller Sach- und Rechtsfragen stattfindet und der Anspruch aller Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör gewährleistet ist (vgl. die Senatsbeschlüsse vom 11. und 25. 7. 2002, WuW/E DE-R 885, 887 f. und 926, 933, m.w.N.).
17Über das Fernbleiben des verantwortlichen Entscheiders (des zuständigen Vertreters des Bundeswirtschaftsministers) in der mündlichen Verhandlung vom 29. 5. 2002 hinaus ist dem Beschwerdegegner bei der Ministererlaubnis I ein weiterer gravierender Verfahrensfehler dadurch unterlaufen, daß er zu entscheidungserheblichen Erklärungen der Beteiligten zu 1. den übrigen Verfahrensbeteiligten, darunter den Beschwerdeführerinnnen, kein rechtliches Gehör gewährt und damit gegen § 56 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 GWB verstoßen hat. Diese – durch die Ministererlaubnis I verletzten – Vorschriften bedeuten, daß der Bundeswirtschaftsminister seiner Erlaubnisentscheidung nur diejenigen Tatsachen und Erklärungen von Beteiligten (sowie Beweisergebnisse) zugrunde legen darf, zu denen sich alle Beteiligten äußern konnten. Bei neuem Vorbringen oder Erklärungen von Beteiligten, die aus der Sicht des Bundeswirtschaftsministers für die Entscheidung erheblich sein können, müssen vor der Erlaubnisentscheidung die anderen Beteiligten noch einmal angehört werden (vgl. die Senatsbeschlüsse vom 11. und 25. 7. 2002, WuW/E DE-R 885, 889 f. und 926, 936 ff.).
18(1.) Gerade weil einerseits dem Bundeswirtschaftsminister nach verbreiteter Auslegung des § 42 GWB ein weiter Beurteilungsspielraum hinsichtlich der "gesamtwirtschaftlichen Vorteile" und des "überragenden Interesses der Allgemeinheit" zur Verfügung steht (vgl. Mestmäcker/Veelken in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 42, Rdnr. 41) und andererseits die Ministererlaubnis geeignet ist, die wettbewerblichen und unternehmerischen Möglichkeiten der Beschwerdeführerinnen (soweit diese durch die Ministererlaubnis I materiell beschwert sind) erheblich in negativer Weise zu beeinflussen, gewinnt umso mehr die vorherige Gewährung rechtlichen Gehörs an nicht zu überschätzender Bedeutung. Durch sie werden die durch den beabsichtigten Zusammenschluß in ihren wettbewerblichen und unternehmerischen Interessen betroffenen Beigeladenen in die Lage versetzt, die Entscheidungsfindung des Bundeswirtschaftsministers in legitimer Weise zum Schutze ihrer Interessen zu beeinflussen, jedenfalls ihren Standpunkt geltend zu machen und zu einer sachgerechten, alle relevanten Aspekte wohl abwägenden Entscheidung über den Erlaubnisantrag beizutragen. Da sich das Gefahrenpotential (wirtschafts-)politisch planender und lenkender Staatsakte, zu denen auch die Ministererlaubnis gemäß § 42 GWB gehört, durch Ergebnisnormierung und durch Ergebniskontrolle seitens der Gerichte nicht vollständig und genau begrenzen läßt, muß der legitime Interessenschutz der Beigeladenen vorher – bei der Ergebnisherstellung – in Gestalt von Verfahrensgarantien, insbesondere der Gewährung rechtlichen Gehörs, ansetzen (vgl. Senatsbeschluß vom 25. 7. 2002, WuW/E DE-R 926, 928 f. unter Hinweis auf Grimm, NVwZ 1985, 865, 867; vgl. ferner BVerwGE 70, 143, 148 f.: Bei auf Beurteilungsermächtigungen beruhenden Entscheidungen komme es darauf an, daß sich die Entscheidungsfindung unbeeinflußt von Fehlern vollziehe; die "Fehlerfreiheit der Entscheidungsfindung soll die Fehlerfreiheit des Entscheidungsergebnisses gewährleisten").
19Schon die vorstehenden Erwägungen sprechen dafür, daß bei dem hier zu beurteilenden besonderen Verwaltungsaktstyp, der Ministererlaubnisentscheidung gemäß § 42 GWB, nur das vor der (ersten) Entscheidung gewährte rechtliche Gehör für die Verfahrensbeteiligten, (hier) insbesondere für die Beigeladenen, seine Funktion für die Entscheidungsfindung mit Blick auf den weiten Beurteilungsspielraum des Bundeswirtschaftsministers hinsichtlich der Gemeinwohlvorteile uneingeschränkt erreichen kann.
20(2.) Sicher führen aber folgende noch hinzukommende Erwägungen zu dem Ergebnis, daß Ministererlaubnisentscheidungen, die wegen Verletzung des Gebots rechtlichen Gehörs gegenüber Beigeladenen rechtswidrig sind, nicht durch Nachholung der Gewährung rechtlichen Gehörs – sei es in oder sei es außerhalb der mündlichen Verhandlung (§ 56 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Satz 3 sowie Abs. 1 GWB) – gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 GWB geheilt werden können, weil eine solche Nachholung Sinn und Zweck des gemäß § 56 Abs. 1 und 3 GWB vor der Erlaubnisentscheidung zu gewährenden rechtlichen Gehörs nicht mehr zureichend erfüllen kann:
21Bis zur Bekanntgabe der Erlaubnisentscheidung gilt für die den angemeldeten Zusammenschluß betreibenden Unternehmen das gesetzliche Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 Satz 1 und 2 GWB. Durch das Vollzugsverbot sind diejenigen Unternehmen, die durch die wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen einer freigegebenen Fusion in ihren eigenen wettbewerblichen und unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeiten betroffen werden, zunächst hinreichend geschützt. Dieser Schutz entfällt sofort mit der Bekanntgabe einer Ministererlaubnis (sofern diese – wie hier - nicht gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 GWB mit einer aufschiebenden Bedingung verbunden worden ist). Ohne daß die Zusammenschlußbeteiligten noch die Bestandskraft der Ministererlaubnis abwarten müssen, können sie unmittelbar nach deren Bekanntgabe den freigegebenen Zusammenschluß vollziehen. So ist es im vorliegenden Fall hinsichtlich eines erheblichen Teils des in seiner Gesamtheit zu betrachtenden Zusammenschlußvorhabens der Beteiligten zu 1. auch geschehen: Nachdem die Ministererlaubnis I am 5. 7. 2002 bekanntgegeben worden war, ist der angemeldete Zusammenschluß "E./G." noch am selben Tage vollzogen worden; laut dem Vortrag der Beteiligten zu 2. und 3. (Schriftsatz vom 23. 7. 2002, S. 25, sowie in der mündlichen Verhandlung am 24. 7. 2002), der als unstreitig gelten kann, hat die Beteiligte zu 2. (D. AG) ihre sämtlichen Aktien (100 %) an der Beteiligten zu 3. (G. AG) noch am 5. 7. 2002 auf die Beteiligte zu 1. (E.. AG) übertragen. Bereits dieser Zusammenschluß – ohne den weiteren Teil des Gesamtvorhabens (Zusammenschluß "E./B.") – ist für die Struktur und die Wettbewerbsbedingungen auf den betroffenen Märkten so bedenklich, daß er nach der im vorliegenden Ministererlaubnisverfahren verbindlichen wettbewerblichen Beurteilung des Bundeskartellamts die gesetzlichen Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllt: Der Zusammenschluß läßt sowohl die Verstärkung marktbeherrschender Stellungen (der R. AG auf der Ferngasstufe und von bestimmten E.-Gasversorgungs-Konzern- und Beteiligungsunternehmen bei der Belieferung von Gasgroßkunden und lokalen Gasweiterverteilern) beim Absatz von Gas als auch die Verstärkung marktbeherrschender Stellungen (der Beteiligten zu 1. zusammen mit R. P. AG auf bestimmten bundesweiten Märkten) beim Absatz von Strom erwarten (vgl. den Beschluß des BKartA vom 17. 1. 2002 betr. die Untersagung des Zusammenschlusses "E./G.", Az. B 8 – 109/01, Tz. 17 ff., veröffentlicht in WuW/E DE-V 511, 513 ff.).
22Diesen aus der verfahrensfehlerhaften Ministererlaubnis I resultierenden Zusammenschluß vom 5. 7. 2002 nebst seinen vom Bundeskartellamt (jedenfalls dem Grunde nach) verbindlich prognostizierten wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen konnte der Beschwerdegegner selbst in einem gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 (und Abs. 2) VwVfG betriebenen Nachverfahren nicht ungeschehen und auch nicht – schon gar nicht sofort – rückgängig machen, selbst wenn er nach erstmals selbst durchgeführter mündlicher Verhandlung und vollständiger Gewährung rechtlichen Gehörs bei der anschließenden "ergebnisoffenen" Prüfung und Abwägung aller entscheidungsrelevanten Tatsachen und Aspekte zu dem Ergebnis gekommen wäre, daß die Fusionserlaubnis zu versagen sei. Denn eine solche Versagung in Verbindung mit einer Aufhebung der Ministererlaubnis I am Schluß des Nachverfahrens hätte das Vollzugsverbot nur für die Zukunft, aber nicht rückwirkend zum 5. 7. 2002 wieder in Kraft gesetzt. Der am 5. 7. 2002 vollzogene Zusammenschluß "E./G." wäre also nicht rückwirkend von der Rechtsfolge der Unwirksamkeit gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 GWB erfaßt worden, sondern auf jeden Fall (zunächst) wirksam geblieben. Eine zum Abschluß des Nachverfahrens erlassene Verfügung, mit der der Beschwerdegegner seine Ministererlaubnis I aufgehoben und den Erlaubnisantrag (d. h. formal: die beiden, zum gemeinsamen Verfahren verbundenen Erlaubnisanträge) zurückgewiesen hätte, hätte nur die Grundlage für eine in einem neuen Verfahren zu verfolgende Entflechtung des schon vollzogenen Zusammenschlusses "E./G." gemäß § 41 Abs. 3 GWB geschaffen. Für eine solche Wiederauflösung des schon vollzogenen Zusammenschlusses ist der Beschwerdegegner nicht einmal zuständig, vielmehr allein das Bundeskartellamt, wie sich aus § 41 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 GWB (die Vorschriften decken nach ihrem Wortlaut auch die vorliegende Fallkonstellation ab) sowie aus der Tatsache ergibt, daß das GWB in keiner Vorschrift, auch nicht in § 42 GWB dem Beschwerdegegner eine Kompetenz für Maßnahmen zur Auflösung eines (letztlich) untersagten Zusammenschlusses zuweist (vgl. auch die Darstellung von Mestmäcker/Veelken, a.a.O., § 41, Rdnr. 51, wonach sogar im Fusionsfall "T./H. H.", in dem der Bundeswirtschaftsminister der T. AG nur die Übernahme einer Beteiligung von 45 % an der H. H. GmbH mit der Auflage erlaubte, die schon erworbene Beteiligung von 100 % auf die erlaubte Beteiligung von 45 % durch Veräußerung in einer Frist von fünf bis acht Jahren zurückzuführen [WuW/E BWM 159], das spätere Entflechtungsverfahren hinsichtlich des nicht erlaubten Beteiligungsumfangs von 55 % vom Bundeskartellamt betrieben wurde).
23Die vorstehend aufgeführten Konsequenzen, die sich aus der unter Verfahrensfehlern zustande gekommenen Ministererlaubnis I ergaben, zeigen, daß weder nach den zu § 45 VwVfG entwickelten Auslegungsgrundsätzen [siehe nachfolgend (2.1)] noch nach Sinn und Zweck der Vorschriften des § 56 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 GWB, die vor allem die Erfüllung des Anspruchs aller Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör vor Erlaß der Erlaubnisentscheidung – sogar in intensiver Form (vgl. § 56 Abs. 3 GWB) - gewährleisten sollen (Senatsbeschluß vom 25. 7. 2002, WuW/E DE-R 926, 933) [siehe nachfolgend (2.2)], eine Heilung dieser Verfahrensrechtsverletzung durch Nachholung der Gewährung rechtlichen Gehörs und der mündlichen Verhandlung mit Teilnahme des Entscheiders (des Staatssekretärs Dr. T.) in Betracht kommt:
24(2.1) Zu den dem § 45 VwVfG eigenen Anwendungsvoraussetzungen (siehe oben a), vor aa) ) gehört es, daß die Behörde auf Grund der nachgeholten Verfahrenshandlung (hier: der Anhörung im umfassenden Sinne) in eine neue, ergebnisoffene Prüfung und Entscheidungsfindung eintritt und rechtlich auch noch eintreten kann, ihr also noch alle diejenigen Entscheidungsmöglichkeiten offen stehen, die sie bei ihrer vorherigen – unter Verfahrensfehlern getroffenen – Entscheidung hatte, einschließlich der völligen ersatzlosen Aufhebung dieser verfahrensfehlerhaften Entscheidung (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 6, 26; Klappstein, a.a.O., § 45, Rdnr. 2.3; Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 73, 75). Diese Voraussetzung ist nicht (mehr) erfüllt, wenn der durch den verfahrensfehlerhaften Verwaltungsakt Begünstigte von den dadurch eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht hat (hier: durch den Vollzug des Zusammenschlusses) und diese Folgen – wie im vorliegenden Fall der Ministererlaubnis - durch die bloße Abänderung oder Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsakts am Ende eines "Heilungs"-verfahrens nicht rückgängig gemacht werden, es hierzu vielmehr eines weiteren Verfahrens (mit durchaus nicht sicherem Verfahrensausgang) bedarf. Dieser Argumentation kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß der Beschwerdegegner am Ende des Nachverfahrens immerhin die Aufhebung der Ministererlaubnis I und die Zurückweisung des Erlaubnisantrags hätte aussprechen, damit die Grundlage für eine Wiederauflösung des vollzogenen Zusammenschlusses (vgl. § 41 Abs. 3 GWB) hätte schaffen können und das Nachverfahren insofern doch als ein "ergebnisoffenes" Heilungsverfahren angesehen werden müsse. Denn im direkten Vergleich sind eine schon mit der ersten Verfügung ausgesprochene Zurückweisung des Erlaubnisantrags und eine nach einer verfahrensfehlerhaft verfügten Freigabe erst mit der zweiten Verfügung ausgesprochene Ablehnung der Erlaubnis zumindest dann einander nicht gleichwertig, wenn die Zusammenschlußbeteiligten von der zunächst gewährten Freigabe durch den Vollzug des Zusammenschlusses Gebrauch gemacht haben. Von der zu fordernden Gleichwertigkeit der möglichen Entscheidungsergebnisse in der jeweiligen Entscheidungssituation – zum einen in der Lage bei Erlaß des verfahrensfehlerhaften Verwaltungsakts, zum anderen in der Lage nach der Nachholung der erforderlichen "Anhörung" (im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG) - können aber für die Anwendung des § 45 VwVfG keine Abstriche gemacht werden (vgl. auch Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 75).
25(2.2) Die Anwendbarkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG ist aber bei einer Verletzung des Rechts der Beigeladenen auf rechtliches Gehör im Ministererlaubnisverfahren – sei es auf Grund des Unterlassens einer dem § 56 Abs. 3 GWB entsprechenden mündlichen Verhandlung, sei es außerhalb der mündlichen Verhandlung – auch deshalb ausgeschlossen, weil die Gewährung rechtlichen Gehörs den Sinn und Zweck, den sie nach den Vorschriften über die Zusammenschlußkontrolle und über die Teilnahme Dritter am Verfahren hat, im wesentlichen nur dann erfüllen kann, wenn sie vor der (ersten) Erlaubnisentscheidung stattfindet (wie das Bundesverwaltungsgericht – bei ganz anderem Ausgangssachverhalt – auch zu Sinn und Zweck der dort notwendigen vorherigen Anhörung entschieden hat, BVerwGE 66, 291, 295). Die zum Ministererlaubnisverfahren beigeladenen Unternehmen erfüllen aus der Sicht des BMWi, das zuvor den Zusammenschlußbeteiligten rechtliches Gehör zum Beiladungsantrag gewährt und sich dann erst seine Meinung gebildet hat, die in § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB normierte Voraussetzung, daß ihre Interessen durch die Entscheidung über den Erlaubnisantrag "erheblich berührt" werden. Für das Merkmal der "erheblichen Interessenberührung" kommt es darauf an, ob sich ein in Betracht kommendes Ergebnis des kartellbehördlichen Verfahrens - in der Fusionskontrolle vor allem eine Freigabe mit oder ohne Auflagen/Bedingungen – auf die wirtschaftliche Lage des beizuladenden Unternehmens spürbar auswirkt; dabei kommt es auf solche wirtschaftliche Interessen des Unternehmens an, die mit der Freiheit des Wettbewerbs oder der Wettbewerbsstruktur im relevanten Markt zusammenhängen (vgl. Senatsbeschluß vom 5. 7. 2000, Kart 1/00 (V), WuW/E DE-R 523, 525, 527, m.w.N.). Der Zweck der Beiladung besteht vor allem darin, es den beizuladenden Unternehmen durch die Einräumung der vollen Rechte eines Verfahrensbeteiligten zu ermöglichen, ihre durch ein in Betracht kommendes Verfahrensergebnis "erheblich berührten" Interessen zu wahren (vgl. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 54, Rdnr. 35). Im Fusionskontrollverfahren haben die beigeladenen Unternehmen daher die verfahrensrechtlich abgesicherte Möglichkeit, die zuständige Kartellbehörde durch Sachvortrag und Argumentationen hinsichtlich der zu treffenden Fusionskontrollentscheidung dahin zu beeinflussen, daß eine durch übermäßige Unternehmenskonzentration drohende Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen vermieden wird.
26Bedarf es zur Wahrnehmung dieser Verfahrensrechte der Gewährung rechtlichen Gehörs zu (insbesondere) entscheidungserheblichen Tatsachen und Erklärungen der Zusammenschlußbeteiligten, kann nach Sinn und Funktion der Beteiligtenrechte der Beigeladenen eine zweckentsprechende Gewährung des rechtlichen Gehörs nur vor der Freigabe- oder Erlaubnisentscheidung geleistet werden. Das hängt mit der schon erwähnten Besonderheit des Fusionskontrollverfahrens zusammen, daß der angemeldete Zusammenschluß sofort nach der Freigabeentscheidung (mit Ausnahme des Falls einer mit der Freigabe verbundenen aufschiebenden Bedingung) vollzogen werden kann, die Beigeladenen also zunächst einmal den Schutz des Vollzugsverbots (§ 41 Abs. 1 Satz 1 und 2 GWB) verlieren.
27Wollte man dennoch die Ansicht vertreten, daß Sinn und Zweck des den Beigeladenen zu gewährenden rechtlichen Gehörs auch noch nach einer (ersten) Freigabeentscheidung erfüllt werden können, würde man damit in einen Wertungswiderspruch zu einer der wichtigsten Neuerungen der 6. GWB-Novelle zur Zusammenschlußkontrolle geraten, nämlich zur Einführung der generellen präventiven Fusionskontrolle. Sie bezweckt nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf der 6. GWB-Novelle, zitiert nach dem WuW-Sonderheft 1998, S. 80), die immer wieder aufgetretenen Schwierigkeiten in der bisherigen Praxis der Entflechtung bereits vollzogener, anschließend jedoch untersagter Zusammenschlüsse zu vermeiden. Die pflichtgemäß anzumeldenden Zusammenschlüsse dürfen – das ist das Ziel der präventiven Fusionskontrolle – erst vollzogen werden, wenn ihre wettbewerbliche Unbedenklichkeit festgestellt ist (BReg, a.a.O.). Auf die kartellbehördliche Prüfung und Entscheidungsfindung, ob ein angemeldeter Zusammenschluß wettbewerblich unbedenklich ist oder aber die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllt bzw. die Ausnahmevoraussetzungen für eine Ministererlaubnis gemäß § 42 GWB nicht erfüllt, sollen aber gerade auch die – hiervon in ihren Interessen erheblich berührten – Beigeladenen durch Ausübung ihrer Verfahrensrechte Einfluß nehmen dürfen, was wiederum die Gewährung rechtlichen Gehörs zu entscheidungserheblichen Tatsachen und Erklärungen anderer Verfahrensbeteiligter notwendig voraussetzt. Ist erst einmal der Zusammenschluß – nach einer Versagung rechtlichen Gehörs zu Lasten von Beigeladenen und möglicherweise im ursächlichen Zusammenhang damit stehend – freigegeben, so führt der sofort erlaubte Vollzug zunächst zu denjenigen wettbewerbsbeschränkenden Unternehmens- und Marktstrukturen, die eine von vornherein ausgesprochene (und – wie unterstellt werden mag – von den Beigeladenen nach Gewährung rechtlichen Gehörs zutreffend unterstützte) Untersagung bzw. Ablehnung der Ministererlaubnis vermieden hätte. In einem solchen Fall werden die beigeladenen Unternehmen nicht nur zu Unrecht für einen längeren Zeitraum den wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen des an sich abzulehnenden Zusammenschlusses ausgesetzt. Erschwerend kommt hinzu, daß die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf Wettbewerber, Kunden und Lieferanten im Falle nachträglicher Untersagung und verfügter Entflechtung oft gar nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. Mestmäcker/Veelken, a.a.O., § 39, Rdnr. 1, und § 41, Rdnr. 50, wo berichtet wird, daß während der bisherigen Geltungszeit der GWB-Fusionskontrolle kein streitig geführtes Auflösungsverfahren tatsächlich zur Auflösung des schon vollzogenen Zusammenschlusses geführt hat). Die Ziele der präventiven Fusionskontrolle, die die vorstehend beschriebenen Folgen einer zunächst vollzogenen und danach erst untersagten Fusion von vornherein vermeiden soll, werden nur durch das Vollzugsverbot (§ 41 Abs. 1 Satz 1 und 2 GWB) gesichert (vgl. Mestmäcker/Veelken, a.a.O., § 41, Rdnr. 2).
28Dies alles bedeutet, daß die Nachholung der erforderlichen Gewährung rechtlichen Gehörs nach der (ersten) Freigabeentscheidung nebst Wegfall des Vollzugsverbots in keiner Weise der vorherigen Gewährung rechtlichen Gehörs gleichwertig ist. Vielmehr läßt sich mit Fug und Recht sagen, daß das den Beigeladenen zur Wahrung ihrer Verfahrensrechte in der Fusionskontrolle zu gewährende rechtliche Gehör zu relevanten Tatsachen und Erklärungen anderer Verfahrensbeteiligter nur dann seinen besonderen Sinn und Zweck erfüllen kann, wenn es vor der (ersten) Erlaubnisentscheidung stattfindet. Daraus folgt dann aber, daß bei einer Verletzung dieses Anspruchs auf vorheriges rechtliches Gehör eine Heilung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG durch Nachholung des rechtlichen Gehörs nach der (ersten) Erlaubnisentscheidung nicht in Betracht kommt (vgl. BVerwGE 66, 291, 295).
29bb) Die gegen dieses Ergebnis vom Beschwerdegegner und von den Beteiligten zu 1. bis 3. vorgebrachten Einwände sind nicht stichhaltig. Das soll, soweit diese Einwände der Sache nach nicht schon durch die vorstehenden Ausführungen unter aa) (insbesondere zur Frage des Zwecks der verletzten Verfahrensvorschriften im vorliegenden konkreten Verwaltungsverfahren und der weiteren Frage, ob dieser Zweck durch eine Nachholung der erforderlichen Verfahrenshandlungen noch erfüllt werden kann) erfaßt sind, im folgenden behandelt werden.
30(1.) Der Beschwerdegegner argumentiert (im Zusammenhang mit den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an das Heilungsverfahren), der verfahrensrechtlichen Schutzdimension der Grundrechte werde dadurch genügt, daß dem Betroffenen (d. h. dem Beigeladenen) die Möglichkeit eingeräumt werde, seine Beteiligungsrechte nachzuholen. Dabei müsse die Nachholung der in Rede stehenden fehlerhaften Verfahrenshandlung in einer Weise erfolgen, die die Betroffenen letztlich so stelle, als wäre der entsprechende Verfahrensfehler nicht erfolgt (Schriftsatz vom 20. 9. 2002, S. 21 f.). Entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners erfüllt das von ihm nach der Ministererlaubnis I beschrittene Heilungsverfahren diese Anforderungen gerade nicht. Hierbei darf als Basis der Beurteilung nicht die reale Entwicklung zugrunde gelegt werden, daß nämlich der Beschwerdegegner im Ergebnis bei der Freigabe der Fusion unter Auflagen geblieben ist. Vielmehr mußte der Beschwerdegegner die Nachholung der Verfahrenshandlung(en) – wie er selbst richtig sieht (a.a.O.) – "ergebnisoffen" vornehmen, d. h. er mußte auch offen für das Ergebnis sein, die Erlaubnis ganz abzulehnen. Daß die Beigeladenen für diesen Fall durch die Nachholung der in Rede stehenden Verfahrenshandlungen nicht so gut gestellt waren, als wären die Verfahrensfehler nicht begangen worden, ist mit Blick auf den Wegfall des Vollzugsverbots infolge der Ministererlaubnis I oben (2. a) aa) insbesondere in den Abschnitten (2.) bis (2.2) ) schon dargestellt worden. Darauf wird Bezug genommen.
31Auf S. 38 seines Schriftsatzes vom 25. 10. 2002 versucht der Beschwerdegegner unter der Überschrift "Ergebnisoffenheit der öffentlichen mündlichen Verhandlung" (ergänze: vom 5. 9. 2002) die Anwendung des § 45 VwVfG damit zu begründen, die erneute öffentliche mündliche Verhandlung habe dem Sinn der verletzten Verfahrensvorschriften in besonderer Weise entsprochen. Sie habe unter Leitung und in Anwesenheit von Staatssekretär Dr. T. stattgefunden und habe der unvoreingenommenen, ergebnisoffenen Überprüfung des gesamten Sachverhalts, der zum Erlaß der Erlaubnisverfügung geführt habe, gedient. Die Verhandlung habe sich daher auf alle rechtlichen und tatsächlichen Aspekte erstreckt, die für oder gegen die Ministererlaubnis und die Ausgestaltung der mit ihr verbundenen Auflagen sprächen. Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdegegner indessen nicht den entscheidenden Nachteil der Nachholung der erforderlichen Verfahrenshandlung (rechtliches Gehör) auszuräumen, der darin besteht, daß die Beigeladenen den Schutz des Vollzugsverbots infolge der unter Verletzung rechtlichen Gehörs zustande gekommenen Ministererlaubnis I verloren haben [daß der Senat teilweise diesen Schutz durch seine einstweiligen Anordnungen vom 11. und 25. 7. 2002 wiederhergestellt hat, ist für die vorliegende rechtliche Prüfung irrelevant, zumal der Beschwerdegegner gerade die Aufhebung dieser einstweiligen Anordnungen beantragt] und diesen Schutz durch die Nachholung der Verfahrenshandlung selbst auch nicht wiedererlangt haben (siehe oben 2. a) aa) insbesondere (2.2) ). Demzufolge hat der Beschwerdegegner auch mit diesem Vorbringen das Ergebnis des Senats, daß die Nachholung der Gewährung rechtlichen Gehörs dessen besonderen Sinn und Zweck für die Beigeladenen im Ministererlaubnisverfahren nicht mehr erfüllen kann (siehe oben 2. a) aa) (2.) ), so daß die Nachholung keine Heilung der vorherigen Verfahrensfehler bewirkt, nicht entkräftet.
32(2.1) Die Beteiligte zu 1. stützt sich für ihre Ansicht, daß § 45 VwVfG auch im Ministererlaubnisverfahren anwendbar sei und im vorliegenden Fall die geeignete Rechtsgrundlage für eine gelungene Heilung der der Ministererlaubnis I anhaftenden Verfahrensfehler sei, vornehmlich auf § 1 Abs. 1 VwVfG: Nach dieser Norm seien die Vorschriften des VwVfG, darunter des § 45, für die Verwaltungstätigkeit aller Bundesbehörden – auch des Beschwerdegegners – maßgeblich, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthielten. Damit sei gesetzlich eine allgemeine Ergänzungsfunktion des VwVfG angeordnet; deswegen sei grundsätzlich von dessen umfassender Anwendbarkeit auszugehen. Es handele sich mit Blick auf das Kartellrecht nicht um eine "analoge" Heranziehung des VwVfG; vielmehr gelte das VwVfG zwar subsidiär, aber [dann] unmittelbar. Es bedürfe deshalb jeweils der gesonderten Begründung, warum einzelne seiner Bestimmungen unanwendbar sein sollten – nicht umgekehrt. Im Einzelfall bleibe zu prüfen, ob ein Spezialgesetz eine Materie bewußt anders regele als das VwVfG, was regelmäßig – mit Blick auf den klaren Wortlaut des § 1 Abs. 1 VwVfG – nur dann der Fall sei, wenn es sich um eine ausdrückliche Spezialvorschrift handele. Das bloße Schweigen des Spezialrechts reiche für einen Ausschluß der ergänzenden Anwendung des VwVfG nicht aus, es sei denn, daß sich dies aus Sinn und Zweck des Spezialrechts unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessenlage eindeutig ergebe. Dabei könnten eine das VwVfG ausschließende Wirkung nur solche Spezialvorschriften haben, die ihrerseits die Folgen abschließend regeln. Einen Grundsatz der stillschweigenden Verdrängung des VwVfG aus der "Natur der Sache" gebe es nicht. Da das GWB keine Regelungen enthalte, die sich mit der Frage der Heilung von Verfahrensfehlern im Kartellverwaltungsverfahren ausdrücklich befaßten und abschließend eine andere Rechtsfolge normierten, sei § 45 VwVfG grundsätzlich und auch auf die im vorliegenden Fall gerügten Verfahrensfehler anwendbar (Schriftsatz vom 28. 10. 2002, S. 5 f., 14 ff.).
33Dieser von § 1 Abs. 1 VwVfG ausgehenden Argumentationskette kann nicht beigepflichtet werden. Sie berücksichtigt nicht, daß § 45 VwVfG selbst immanente Anwendungsschranken enthält (siehe oben 2. a) [vor aa)] und sodann aa) (2.) ), die hier zum Ausschluß einer Heilungswirkung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG führen. Im übrigen unterbewertet die Beteiligte zu 1. zu sehr die im "soweit"-Satz des § 1 Abs. 1 VwVfG normierte Regelung der nur subsidiären Geltung des VwVfG. Gemäß dieser Regelung ist den gesetzlichen Spezialmaterien des Verwaltungsrechts und damit auch dem Kartellverwaltungsverfahrensrecht ausdrücklich ein Anwendungsvorrang zuerkannt worden, wodurch die Anwendbarkeit (nicht des gesamten VwVfG schlechthin, wohl aber) jeweils einzelner Vorschriften des VwVfG eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen wird. Die Vorschriften des VwVfG sind in ihrer Ergänzungsfunktion nur vorrangig gegenüber Gewohnheitsrecht und ungeschriebenen allgemeinen Rechtsgrundsätzen (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 1, Rdnr. 3, 33; Bonk/Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 1, Rdnr. 188). Es ist gerade nicht erforderlich, daß die gesetzliche Spezialmaterie eine den Anwendungsvorrang zur Geltung bringende inhaltsgleiche oder entgegengesetzte Regelung ausdrücklich trifft; vielmehr genügt es, daß der Spezialregelung durch Auslegung nach ihrem Sinn und Zweck zu entnehmen ist, daß sie eine abschließende Problemlösung darstellt (vgl. BVerwG NVwZ 1987, 488; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 1, Rdnr. 35; Bonk/Schmitz, a.a.O., § 1, Rdnr. 208 u. 209).
34Da es entscheidend auf Sinn und Regelungszweck der Spezialmaterie ankommt, ob sie nämlich die Anwendbarkeit der im Einzelfall zu prüfenden VwVfG-Vorschrift (hier: § 45 Abs. 1 Nr. 3) einschränkt oder ausschließt, ist es in Anbetracht der Subsidiarität des VwVfG und des prinzipiellen Anwendungsvorrangs der Spezialmaterie weder hilfreich noch sachgerecht, eine Art Auslegungsregel aufzustellen, es bleibe "im Zweifel" bei der Anwendbarkeit des VwVfG (so aber Bonk/ Schmitz, a.a.O., § 1, Rdnr. 208). Ebenso wenig paßt es zum subsidiären Charakter des VwVfG, es nur "ausnahmsweise" als gerechtfertigt zu bezeichnen, daß die ergänzende Anwendung einer bestimmten VwVfG-Vorschrift bei Fehlen einer ausdrücklich gegenteiligen Spezialregelung abgelehnt wird (so aber Bonk/Schmitz, a.a.O.; das von ihnen hinzugefügte sehr einschränkende Wort "ausnahmsweise" fehlt gerade in der dort von ihnen zitierten Entscheidung BVerwG NVwZ 1987, 488). Die richtige Fragestellung ist vielmehr die, ob der durch Auslegung zu ermittelnde Sinn und Zweck der gesetzlichen Sondermaterie eine Ergänzung durch die im Einzelfall zu prüfende VwVfG-Vorschrift erlaubt (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 1, Rdnr. 34, die sich hierfür der Sache nach zu Recht auf BVerwG NVwZ 1987, 488 berufen; so letztlich im Ergebnis auch Bonk/Schmitz, a.a.O., § 1, Rdnr. 187, 209). Daß aber Sinn und Zweck der präventiven Fusionskontrolle, des Vollzugsverbots gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 und 2 GWB sowie der Einräumung von Verfahrensrechten zugunsten der gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB Beigeladenen im Ministererlaubnisverfahren der Heilung von Erlaubnisentscheidungen gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG entgegenstehen, die unter Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs (in den beiden Formen des Abs. 1 und des Abs. 3 des § 56 GWB) zustande gekommen sind, ist oben (2. a) aa), insb. (2.) ) schon ausführlich dargestellt worden. Darauf wird Bezug genommen. Dem läßt sich auch nicht entgegenhalten, daß das GWB für diesen Fall keine abschließende Problemlösung bereit halte, mithin die Folgen nicht abschließend regele (vgl. auch zu diesem Aspekt BVerwG NVwZ 1987, 488). Wenn das GWB für den hier zu beurteilenden Fall des Ministererlaubnisverfahrens überhaupt keine Heilung eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG vorsieht, bedeutet das nicht, daß die Folgenregelung des GWB nicht abschließend sei: Der an einem nicht heilbaren Verfahrensfehler leidende Kartellverwaltungsakt ist rechtswidrig (vgl. Bracher in: Frankfurter Kommentar, § 56 GWB, Rdnr. 21; Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 56, Rdnr. 9) und muß auf Anfechtungsbeschwerde hin aufgehoben werden (§ 71 Abs. 2 Satz 1 GWB).
35(2.2) Die Beteiligte zu 1. wendet sich sodann dagegen, den vom Bundesverwaltungsgericht in BVerwGE 66, 291, 295 angewendeten Rechtssatz der Beurteilung des vorliegenden Falls zugrunde zu legen (wie es der Senat für richtig hält; siehe oben 2. a) [vor aa)] und anschließend aa) (2.2) ). Der vom Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf drei Kommentare des VwVfG formulierte Rechtssatz, der hier nochmals wiedergegeben werden soll, lautet wörtlich:
36"Eine Heilung des Verfahrensfehlers einer unterbliebenen Mitwirkung (Anhörung) bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens [Anm.: diese Zeitgrenze, auf die es für die damalige Falllösung nicht ankam, entsprach der früheren Fassung des § 45 Abs. 2 VwVfG] kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die Mitwirkung (Anhörung) den besonderen Sinn und Zweck, der ihr nach der jeweiligen spezialgesetzlichen . . . Regelung beigegeben ist, nur dadurch erfüllen kann, daß sie vorher erfolgt."
37Die Beteiligte zu 1. meint, diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei hier nicht einschlägig: Es sei in dem zitierten Urteil um die Konstellation der fristlosen Entlassung eines Beamten auf Probe und das Unterlassen der gesetzlich vorgeschriebenen Anhörung des Personalrats vor dieser Entlassung gegangen. Eine Heilbarkeit der unterbliebenen Anhörung habe das Bundesverwaltungsgericht unter Hinweis auf die für fristlose Entlassungen vorgesehene gesetzliche Sonderregelung abgelehnt. So bilde die Anhörung des Personalrats vor einer fristlosen Entlassung – einem gezielten und schwerwiegenden Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Individualrechtsposition des Beamten – ein Mindestmaß an Entlassungsschutz. Diese spezifischen Schutzzwecke paßten indes auf die vorliegende Konstellation zu den §§ 42, 56 Abs. 1 und 3 GWB nicht (Schriftsatz vom 28. 10. 2002, S. 10 f.). Die Argumentation der Beteiligten zu 1. ist deshalb nicht stichhaltig, weil aus dem Urteil BVerwGE 66, 291, 295 nicht ein spezieller Rechtssatz aus dem Beamtenrecht oder dem Personalvertretungsrecht analog auf das Kartellverwaltungsverfahrensrecht übertragen werden soll, sondern ein allgemeiner Rechtssatz zur Auslegung des § 45 Abs. 1 VwVfG bei der Frage der Anwendbarkeit eben dieser Norm im Rahmen eines bestimmten Kartellverwaltungsverfahrens herangezogen werden soll. Da es hier wie dort um die Auslegung des § 45 Abs. 1 VwVfG geht (ging), ist die Entscheidung BVerwGE 66, 291, 295 selbstverständlich zu beachten. Ebenso versteht es sich von selbst, daß die weitere Anwendung des oben zitierten Rechtssatzes im vorliegenden Fall eines Ministererlaubnisverfahrens losgelöst vom Urteil BVerwGE 66, 291, also ohne Anlehnung an die dortige Bestimmung von Sinn und Zweck der vorherigen Anhörung gerade des Personalrats im Entlassungsverfahren beurteilt werden muß (wie es oben unter 2. a) aa) (2.2) auch geschehen ist). In diesem Prüfungsstadium kommen vielmehr die spezifischen Schutzzwecke der für die Falllösung relevanten GWB-Normen (§§ 42, 56 Abs. 1 und 3, 54 Abs. 2 Nr. 3, 41 Abs. 1 Satz 1 und 2) voll zur Geltung.
38Die Beteiligte zu 1. macht ferner geltend, die vorstehend zitierte Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts werde vom Bundesgerichtshof abgelehnt. Hierfür bezieht sie sich (nur) auf ein Urteil des Dienstgerichts des Bundes (BGH) vom 22. 9. 1998 – Az.: RiZ (R) 1/98 – und zwar auf den dortigen "Ls. Nr. 2" (Schriftsatz vom 28. 10. 2002, S. 10 u. 11 unten). Der Einwand der Beteiligten zu 1. ist unverständlich und unzutreffend. Das vorgenannte Urteil des BGH scheint nicht veröffentlicht zu sein (die Beteiligte zu 1. zitiert keine Fundstelle und der Senat hat auch keine Veröffentlichung entdeckt). Laut dem Ausdruck des Urteils aus der Dokumentation "Juris" hatte der BGH die Entlassung einer Richterin auf Probe zu überprüfen und zu beurteilen. Der von der Beteiligten zu 1. offenbar in Bezug genommene 2. Orientierungssatz des Juris-Ausdrucks lautet:
39"Die unterlassene Anhörung zu einer Stellungnahme des Vorsitzenden einer Kammer, der der Richter zeitweilig angehörte, hindert nicht die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung, wenn dieser Verfahrensfehler durch eine nachträgliche Anhörung im Widerspruchsverfahren gemäß VwVfG § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 geheilt worden ist."
40Das Unterlassen der Anhörung betraf in dem BGH-Fall die Richterin selbst, nicht etwa den (dem Personalrat im BVerwG-Fall funktionell vergleichbaren) Präsidialrat, dessen Stellungnahme vor der Entlassungsverfügung eingeholt worden war. Zu der Tatsache, daß in der Entlassungsverfügung die Stellungnahme eines Kammervorsitzenden verwertet worden ist, zu der die Richterin auf Probe vorher nicht angehört worden war, führt der BGH aus: Ein etwaiger Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift des § 28 Abs. 1 VwVfG über die Anhörung wäre jedenfalls durch die im Widerspruchsverfahren nachgeholte Anhörung der Richterin gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG geheilt. Daß die Entlassungsentscheidung unter Ausschöpfung eines Beurteilungsspielraums getroffen worden sei, stelle die Möglichkeit einer Heilung durch nachträgliche Anhörung nicht in Frage. Denn Ausgangsbehörde und Widerspruchsbehörde seien hier identisch. Daher sei die Gefahr einer Benachteiligung der Richterin auf Probe durch die erst im Widerspruchsverfahren erfolgte Anhörung nicht zu besorgen. Mit der hier in Rede stehenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt sich der BGH nicht auseinander. Weder das Urteil BVerwGE 66, 291 noch der oben aus diesem Urteil wörtlich entnommene allgemeine Rechtssatz werden vom BGH überhaupt nur zitiert. Aus der Urteilsbegründung des BGH ergibt sich, daß er angenommen hat, mit der Nachholung der Anhörung werde deren Schutzzweck für die Richterin durchaus noch erreicht. Es trifft daher nicht zu, daß sich der BGH von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts distanzieren und den oben herausgestellten allgemeinen Rechtssatz zu § 45 Abs. 1 VwVfG ablehnen will. Es gibt somit keinen Grund, der es verbietet, den oben wörtlich zitierten allgemeinen Rechtssatz aus BVerwGE 66, 291, 295 weiter anzuwenden; hinsichtlich des Ergebnisses wird auf den obigen Abschnitt 2. a) aa) (2.2) Bezug genommen.
41(2.3) Die Beteiligte zu 1. meint außerdem, auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und den aus BVerwGE 66, 291, 295 zitierten allgemeinen Rechtssatz zu § 45 VwVfG komme es gar nicht an. Es gehe im vorliegenden Fall verfahrensgegenständlich nicht mehr um die alte Ministererlaubnis I, sondern um die geänderte Fassung der Ministererlaubnis II, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit der Ministererlaubnis I zu einer rechtlichen Einheit verschmolzen sei; der ursprüngliche Verwaltungsakt bestehe nur noch in der durch die Änderung bewirkten Gestalt als geänderter Verwaltungsakt fort. Vor Erlaß der geänderten Ministererlaubnis sei jedoch am 5. 9. 2002 eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden. Es gehe im vorliegenden Verfahren deshalb nicht mehr um eine schlichte Nachholung für eine bereits erlassene Verfügung, sondern um die notwendige Anhörung vor einer Entscheidung der Behörde. Es stehe deshalb gar keine nachträgliche, sondern eine wortlautgemäß vorangehende Anhörung bezogen auf die Ministererlaubnis II in Rede (Schriftsatz vom 28. 10. 2002, S. 12).
42Diese Argumentation verhilft der Beteiligten zu 1. nicht zum Erfolg, weil sie einen Fehler enthält: Sie will die Streitfrage, ob eine Nachholung der Gewährung rechtlichen Gehörs (in den beiden Formen des Abs. 1 und des Abs. 3 des § 56 GWB) gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG im vorliegenden Fall rechtlich zulässig ist und zur Heilung der der Ministererlaubnis I anhaftenden Verfahrensfehler führt, auf sich beruhen lassen, mit folgendem Gedankengang: Maßgeblich sei nur noch, daß der Beschwerdegegner die Nachholung der mündlichen Verhandlung und der Anhörung vorgenommen und sodann eine Änderungsverfügung erlassen habe, sich also nicht mit einer bloßen Bestätigung der ursprünglichen Ministererlaubnis vom 5. 7. 2002 begnügt habe. Die Anhörung, die bezogen auf die Ministererlaubnis I eine Nachholung sei, sei bezogen auf die allein noch maßgebliche Ministererlaubnis II eine unproblematische vorangehende Anhörung. Die Argumentation der Beteiligten zu 1. entnimmt damit der Dogmatik des § 45 VwVfG nur noch die Rechtsfolge im Falle einer Änderungsverfügung, nämlich den Gedanken der "Verschmelzung" von Ausgangs- und Änderungsverfügung zu einer rechtlichen Einheit, ohne es dann noch für notwendig zu befinden, auch die normativen Voraussetzungen des § 45 VwVfG und damit die Voraussetzungen für die Zulässigkeit dieser besonderen Art von Änderungsverfügung prüfen und feststellen zu müssen. Es bedarf keiner vertieften Diskussion dazu, daß eine solche selektive Heranziehung von Elementen einer Norm (hier: des § 45 VwVfG) nicht rechtens ist. Da sich der Beschwerdegegner erklärtermaßen des (sogenannten) Heilungsverfahrens gemäß § 45 VwVfG bedient hat, um den vom Senat im Beschluß vom 25. 7. 2002 festgestellten Verfahrensfehlern abzuhelfen, muß er sich bezüglich des beschrittenen Nachverfahrens und der dies abschließenden Änderungsverfügung auch am Maßstab des § 45 VwVfG messen lassen. Wird ein Verfahrensfehler durch das von der Behörde auf § 45 VwVfG gestützte "Heilungsverfahren" nicht geheilt - etwa deshalb, weil § 45 VwVfG auf den Verfahrensfehler in dem konkreten Verwaltungsverfahren (wie hier) gar nicht anwendbar ist - , so bleibt der ursprüngliche, verfahrensfehlerhafte Verwaltungsakt rechtswidrig (vgl. Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 23). Diese Rechtswidrigkeit ergreift notwendigerweise auch eine (wie hier) auf § 45 VwVfG gestützte Änderungsverfügung, der mangels Anwendbarkeit des § 45 VwVfG die Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt.
43(2.4) Die Beteiligte zu 1. meint schließlich, daß die von ihr als grundlegend erachtete Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. 10. 1983 (veröffentlicht in NVwZ 1984, 578 f.) für ihre Rechtsposition streite (Schriftsatz vom 26. 11. 2002, S. 7). Das trifft im Ergebnis nicht zu, weil die Entscheidung die im vorliegenden Fall ausschlaggebende Schranke, an der die Anwendbarkeit des § 45 VwVfG scheitert, gar nicht behandelt. Die sicher nicht zu verkennende Bedeutung des Urteils BVerwG NVwZ 1984, 578 f. beschränkt sich darauf, daß es die analoge Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG auf eine im Rahmen eines förmlichen Verwaltungsverfahrens versäumte mündliche Verhandlung im Sinne des § 67 Abs. 1 VwVfG zuläßt, deren Nachholung es sogar nicht nur der Erstbehörde, sondern auch der Widerspruchsbehörde gestattet. In jenem konkreten Verwaltungsverfahren (Prüfung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit zur Ausübung u.a. der gewerblichen Zimmervermietung nach § 35 GewO) bestand ersichtlich kein Anlaß, daran zu zweifeln, daß die im Widerspruchsverfahren nachgeholte mündliche Verhandlung den mit ihr verbundenen gesetzlichen Regelungszweck noch erfüllen könne, und sich deshalb mit dem in BVerwGE 66, 291, 295 angewendeten allgemeinen Rechtssatz (siehe oben 2. a) aa) (2.2) und bb) (2.2) ) auseinanderzusetzen. Ohne von dem Urteil BVerwG NVwZ 1984, 578 f. abzuweichen, ist es also ohne weiteres und widerspruchsfrei möglich, die analoge Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG auf die gemäß § 67 Abs. 1 VwVfG durchzuführende mündliche Verhandlung im allgemeinen zu bejahen und dennoch die Anwendbarkeit des § 45 VwVfG im Ministererlaubnisverfahren hinsichtlich der Verfahrensverstöße gegen § 56 Abs. 1 und 3 GWB aus den vorstehend (a.a.O.) ausgeführten Gründen im besonderen zu verneinen.
44(3.) Die Beteiligten zu 2. und 3. führen für die Anwendbarkeit des § 45 VwVfG den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ins Feld. Sie argumentieren: Zwar werde durch die Zulassung der nachträglichen Anhörung (gemäß § 45 VwVfG) die Verfahrensstellung der Beigeladenen verschlechtert, jedoch in einer für sie nicht weiter erheblichen Weise. Bei unterstellter Relevanz ihrer Ausführungen wären bei rechtzeitiger Anhörung die Auflagen schon in der Ministererlaubnis I strikter ausgefallen; jetzt führe die nachträgliche Anhörung in Verbindung mit der Änderungsverfügung zu den strengeren Auflagen. Diese Verzögerung belaste die Beigeladenen nicht. Dagegen verbessere die Möglichkeit der nachträglichen Anhörung der Beigeladenen die Verfahrensstellung der Zusammenschlußbeteiligten, indem sie – wenn auch mit stärker belastenden Auflagen – eine nicht mehr durch Verfahrensfehler belastete Freigabe ihres Zusammenschlusses erhielten. Ohne die Heilungsmöglichkeit gäbe es allenfalls die Möglichkeit einer völligen Neudurchführung des Ministererlaubnisverfahrens, die mit Rechtsunsicherheit verbunden sei und – unabhängig davon – zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung sowie zu einem mit sehr viel Aufwand verbundenen Verfahren führe. Bei einer so komplizierten Interessenlage dürfe nicht einseitig auf die Interessen der Beigeladenen abgestellt werden. Die Interessen der Zusammenschlußbeteiligten seien mindestens gleichwertig (wenn nicht sogar ganz überwiegend) in die Beurteilung mit einzubeziehen. Die Verfahrensstellung der Zusammenschlußbeteiligten werde durch den Ausschluß einer Heilung der Nichtgewährung rechtlichen Gehörs in weit schwerwiegenderem Maße beeinträchtigt als diejenige der Beigeladenen durch die Möglichkeit der nachträglichen Heilung. Vor diesem Hintergrund erscheine es völlig unverhältnismäßig, die Zusammenschlußbeteiligten nur wegen eines Verfahrensfehlers, für den sie selbst nicht verantwortlich seien, auf die Möglichkeit eines neuen Ministererlaubnisverfahrens zu verweisen (Schriftsatz vom 11. 10. 2002, S. 9 f.).
45Mit dieser Argumentation läßt sich die Anwendbarkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG nicht begründen. Nach zutreffender, höchstrichterlich abgesicherter Auslegung des § 45 VwVfG (vgl. BVerwGE 66, 291, 295 m.w.N. sowie die vorstehenden Ausführungen, insbesondere unter 2. a) vor aa) und aa) (2.2) ) ist die Nachholung versäumter, zwingend gebotener Verfahrenshandlungen der Behörde – ganz unabhängig von der zeitlichen Begrenzung gemäß § 45 Abs. 2 VwVfG - nicht schrankenlos gestattet. Wenn nun im konkreten Verwaltungsverfahren (hier: im Ministererlaubnisverfahren gemäß § 42 GWB) nach Sinn und Zweck der Normen, die bei Verstößen gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs für Beigeladene zu beachten sind (insbesondere §§ 56 Abs. 1 und 3, 54 Abs. 2 Nr. 3, 41 Abs. 1 Satz 1 und 2 GWB), Schranken gegenüber der Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG bestehen, müssen diese auch strikt beachtet werden, zumal da die wünschenswerte klare Trennung zwischen Verwaltungsverfahren und Gerichtsverfahren und die klare Abgrenzung der zwischen Verwaltung und Gericht zu verteilenden Aufgaben durch die im Jahre 1996 erfolgte Änderung des § 45 Abs. 2 VwVfG, durch die die zeitliche Begrenzung der Heilungsmöglichkeit bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens aufgehoben wurde, ohnehin schon erheblich beeinträchtigt worden ist (zur rechtspolitischen Kritik an § 45 Abs. 2 VwVfG vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 5; Schäfer, a.a.O., § 45, Rdnr. 61, 63. 66; Klappstein, a.a.O., § 45, Rdnr. 4 und 4.2; Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 113 ff.; Berkemann, DVBl 1998, 446, 447 f.). Die der Anwendbarkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG entgegenstehenden Hindernisse, die durch die Auslegung nach Sinn und Zweck der zu beachtenden Normen (siehe oben) erkannt worden sind, gestatten es nicht, das Ergebnis durch eine – im übrigen konturenlose – Abwägung der Interessen verschiedener Gruppen von Verfahrensbeteiligten (Zusammenschlußbeteiligte und Beigeladene) wiederum abzuändern. Für eine solche Interessenabwägung findet sich in § 45 VwVfG keine Grundlage. Im übrigen sei unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Senats in seinem Beschluß vom 25. 7. 2002 (unter II. 2. der Beschlußgründe) angemerkt, daß die Beteiligten zu 2. und 3. das Gewicht der Rechtsposition der Beigeladenen wohl als zu gering erachten.
46cc) Demzufolge muß es bei dem Ergebnis verbleiben, daß die vom Senat an der Ministererlaubnis I beanstandeten Verfahrensfehler durch das vom Beschwerdegegner ab 15. 8. 2002 unternommene, auf § 45 VwVfG gestützte Nachverfahren einschließlich der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 mangels Anwendbarkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG nicht geheilt worden sind (im Ergebnis ebenso: Möschel, BB 2002, 2077, 2078; a.A. allerdings Bunte, BB 2002, 2393, 2396 f., dessen Gegenargumente im vorstehenden Text der Sache nach schon behandelt worden sind). Daher ist die Ministererlaubnis – sowohl bei isolierter Betrachtung die Ministererlaubnis I als auch bei einer Einheitsbetrachtung die Ministererlaubnis I in der teilweise geänderten Fassung der Ministererlaubnis II – nach wie vor allein schon wegen der nicht geheilten Verfahrensfehler rechtswidrig (vgl. Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 23). Insoweit teilt die Ministererlaubnis II wegen ihrer Funktion, den Abschluß eines "Heilungsverfahrens" zu bilden, dem es aber an der Zulässigkeitsvoraussetzung und damit an der gesetzlichen Grundlage fehlt (vgl. auch oben 2. a) bb) (2.3) ), das rechtliche Schicksal der Ministererlaubnis I. Die vorstehend dargestellten Gründe reichen für sich allein aus, um die Zurückweisung der Anträge auf Aufhebung der bisher erlassenen einstweiligen Anordnungen (abgesehen von dem Sonderfall der Beschwerdeführerin zu 7.) zu rechtfertigen.
47Gegenüber der zu erwartenden Kritik, der Senat habe einem "nur" formellen Rechtsverständnis den Vorzug vor den vitalen materiellen Interessen der Zusammenschlußbeteiligten gegeben, sei vorsorglich noch auf folgendes hingewiesen: Abgesehen davon, daß der Senat – im übrigen auch der Beschwerdegegner – hinsichtlich der (bei zutreffender Auslegung) beschränkten Anwendbarkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG an das Gesetz gebunden ist (Art. 20 Abs. 3 GG), haben die hier entscheidungserheblichen Anwendungsschranken auch ihren guten Sinn: An der gesetzlichen Regelung wird hinsichtlich des Zusammenwirkens von Abs. 1 mit Abs. 2 des § 45 VwVfG allgemein kritisiert, daß die Behörden ihre verfahrensrechtlichen Verpflichtungen auf Grund der zeitlichen Erweiterung der Heilungsmöglichkeiten mangels sachlicher Sanktion de facto - nicht aus (nicht zu unterstellender) prinzipieller Rechtsuntreue, aber angesichts politischer Handlungszwänge und praktischer Schwierigkeiten – zunächst weitgehend risikolos vernachlässigen könnten (Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 114 m.w.N.; Schäfer, a.a.O., § 45, Rdnr. 63; Sodan, DVBl 1999, 729, 737). Hinzu komme – so wird weiter kritisiert – die Gefahr, daß die Behörde nach Prozeßbeginn ihre ein Heilungsverfahren abschließende Entscheidung nicht mehr unbefangen und ohne Rücksicht auf prozeßtaktische Überlegungen sowie auf die Autorität der Verwaltung, die im Gerichtsprozeß in gewissem Sinn auf dem Spiel stehe, treffe; zumindest stelle die im Gesetz gebilligte Zulassung einer erst während des Prozesses nachgeholten Anhörung eine außerordentliche Herausforderung an die Fähigkeiten der Behörde zur Distanzierung von ihrer schon einmal getroffenen Entscheidung dar (Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 73; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 34; Schäfer, a.a.O., § 45, Rdnr. 61, 63; Berkemann, DVBl 1998, 446, 448; Sodan, DVBl 1999, 729, 738). Diese nicht unrealistischen Gefahren kommen erst gar nicht auf in solchen Verwaltungsverfahren (wie hier im Ministererlaubnisverfahren), in denen jedenfalls § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG bei einem Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs überhaupt nicht anwendbar ist. Wichtiger noch: Daß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG nicht anwendbar ist, müßte dazu führen, daß die Behörde (hier: der Bundeswirtschaftsminister) schon vor der (ersten) Erlaubnisentscheidung mit größtmöglicher Umsicht und Sorgfalt verfährt, damit eine Verletzung des Rechts auch nur eines Beteiligten auf rechtliches Gehör nicht vorkommt. Diese präventive Wirkung des Ausschlusses einer Heilung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG kommt den Zwecken der präventiven Fusionskontrolle (siehe oben 2. a) aa) (2.2) ) und des sie sichernden Vollzugsverbots (§ 41 Abs. 1 Satz 1 und 2 GWB) sehr zustatten.
48b) Selbst wenn man der vom Senat im vorstehenden Kapitel unter a) vertretenen Ansicht nicht folgen und § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG im Ministererlaubnisverfahren bei unterlassener Gewährung rechtlichen Gehörs und verfahrensfehlerhafter Durchführung der gebotenen mündlichen Verhandlung für anwendbar halten sollte, ist eine Heilung der Ministererlaubnis durch das Heilungsverfahren des Beschwerdegegners nicht eingetreten. Denn der Beschwerdegegner hat in der Zeit zwischen dem 5. 9. 2002 (mündliche Verhandlung) und dem Erlaß der Ministererlaubnis II erneut das Verfahrensgrundrecht der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör verletzt, wie die Beschwerdeführerinnen zu 1. und 6. zu Recht geltend machen.
49aa) Zum Sachverhalt ist folgendes festzuhalten:
50Nach der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 teilte das BMWi allen Verfahrensbeteiligten mit Schreiben vom 9. 9. 2002 unter der Überschrift: "Rechtliches Gehör zu beabsichtigten Änderungen der Verfügung vom 5. Juli 2002" folgendes mit: "Staatssekretär Dr. T. beabsichtigt, die Verfügung vom 5. Juli 2002 wie folgt zu ändern: . . . . .". Es folgten sodann unter den Ordnungsziffern 1.1 bis 1.6 einzelne (beabsichtigte) Änderungen der im Tenor der Ministererlaubnis I aufgeführten Auflagen.
51Bei den "Veräußerungsauflagen" (Ziff. 1.2.1. des Tenors) sollte der Abschnitt "1.2.1.2. Vertikale Beteiligungen" mit Änderungen neu gefaßt werden. Zusätzlich zu den der Beteiligten zu 1. bisher schon auferlegten Verkäufen (Beteiligungen an E.. AG, G. AG, s. AG und B. GmbH) sollte auch die Beteiligte zu 4. ihre unmittelbar oder mittelbar gehaltenen Beteiligungen an der s. AG und der B. GmbH verkaufen. Neu aufgenommen wurde unter Ziff. 1.2.1.2. Buchstabe d) die Auflage folgenden Sonderkündigungsrechts:
52"E. wird auferlegt, den . . . (vor-)genannten Unternehmen ein vertragliches Sonderkündigungsrecht für mit diesen bestehende Energiebezugsverträge für die Dauer von sechs Monaten nach der vollständigen Veräußerung der jeweiligen Anteile einzuräumen. Ferner wird E. auferlegt, dafür zu sorgen, dass R. entsprechende Sonderkündigungsrechte einräumt."
53(Die unter Ziff. 1.2.1.2. auferlegten Veräußerungen selbst mußten gemäß Ziff. 1.2.1.3. des Verfügungstenors binnen sechs Monaten nach Vollzug der Zusammenschlüsse vorgenommen werden; auf begründeten Antrag der Beteiligten zu 1. hin war eine Verlängerung der Frist auf zwölf Monate zugesagt worden.)
54Bei der Ausgestaltung des Gas Release-Programms (Ziff. 1.2.3. des Tenors) sollte mit einer Änderung der Ziff. 1.2.3.1. die gesamte Verkaufsmenge von 75 auf 200 Mrd. kWh erhöht werden. Dabei sollte die Auktion in vier Teilschritten im Abstand von jeweils 12 Monaten erfolgen, wobei die jeweils angebotenen Tranchen eine Laufzeit von je drei Jahren haben sollten. Während es in der Ministererlaubnis I hieß, der monatliche Mindestpreis im Rahmen der Auktion sei der durchschnittliche Grenzübergangspreis für Erdgas in die Bundesrepublik Deutschland gemäß Veröffentlichung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle [im folgenden: BAFA] (zuzüglich Steuern) für den jeweiligen Liefermonat, kündigte das BMWi im Schreiben vom 9. 9. 2002 an, dieser Mindestpreis solle nur noch 85 % des genannten Grenzübergangspreises betragen.
55Zu den Änderungsankündigungen nahmen mehrere Beteiligte kritisch bis ablehnend Stellung. Zu erwähnen sind folgende Stellungnahmen:
56Mit Schriftsatz vom 11. 9. 2002 erklärte die Beteiligte zu 1., sie sei irritiert darüber, daß der Beschwerdegegner, anstatt die Auflagen zumindest zu reduzieren, sie jetzt sogar erheblich zu verschärfen beabsichtige und damit die Umsetzung des Zusammenschlusses gefährde. Die beabsichtigten neuen Auflagen seien in der jetzigen Fassung nicht vertretbar. Die Erhöhung der Gas Release-Menge in dem beabsichtigten Umfang und die Einführung des Sonderkündigungsrechts könne, wie die Beteiligte zu 1. ausdrücklich betont hat, "von E./R." nicht akzeptiert werden. Die Sonderkündigungsrechte würden im Gasgeschäft bei B. und s. mit zusammen rund 75 Mrd. kWh/a sehr erhebliche Mengen betreffen. Es bestehe das Risiko, daß R. auf Grund der neuen Auflage alle Mengen dieser beiden Großkunden verliere, z. B. an große ausländische Anbieter wie G. und E..., die über entsprechende freie Gasmengen verfügten. Dies hätte wiederum zur Folge, daß R. bei ihren Importverträgen in den Minimum Pay-Bereich gedrückt würde, also für Erdgasmengen zahlen müsse, die sie nicht abnehmen könne. Dies wäre eine schwerwiegende wirtschaftliche Schwächung, die sich mit den angestrebten Gemeinwohlvorteilen des Zusammenschlusses nicht in Einklang bringen lasse. Der jetzt geplante Umfang des Gas Release-Programms sei rechtlich nicht mehr vertretbar und daher nicht akzeptabel, wie anhand der Größenordnungen der beiden anderen bisher in der EG durchgeführten Gas Release-Programme (in England und in Spanien) deutlich erkennbar sei. Akzeptabel wäre für E./R. allenfalls eine Ausweitung des Programms um ein Jahr und 25 Mrd. kWh auf insgesamt 100 Mrd. kWh. Der vorgesehene Mindestpreis von rund 85 % sei deutlich zu niedrig. Er werde E./R. möglicherweise dazu zwingen, den Preis für die fraglichen Mengen zugunsten ihrer Wettbewerber zu subventionieren. In den letzten Jahren habe der Preis für die base load-Importe der R. aus Norwegen und Rußland nicht mehr als 3 % unter dem durchschnittlichen Grenzübergangspreis, teils sogar darüber gelegen. Deshalb wäre maximal ein Abschlag von 3 % auf den durchschnittlichen Grenzübergangspreis als Mindestpreis gerechtfertigt (Bl. 10188 ff. der Akten des BMWi).
57Die Beteiligte zu 30. (W. GmbH) nahm mit Schreiben vom 11. 9. 2002 vor allem zum Gas Release-Programm kritisch Stellung: Die Etablierung dieses Programms stelle einen nicht akzeptablen Eingriff in die Geschäftsgrundlagen ihrer Langfristverträge – und wohl auch in Langfristverträge anderer Importeure – dar. Schon aus diesem Grunde sei eine solche Auflage ihrer Struktur nach abzulehnen. Die Festlegung auf einen monatlichen Mindestpreis von 85 % des durchschnittlichen Grenzübergangspreises sei sehr problematisch. Sollte das BMWi erwarten, daß die Gasmengen tatsächlich auf einen Preis unterhalb der 100 %-Marke gesteigert werden könnten, dürfte dies in aller Regel einen wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Preisvorteil für den jeweiligen Ersteigerer darstellen. Damit käme die Auflage einer staatlich verordneten Subventionierung durch R. zu Gunsten eines einzelnen Wettbewerbers und zu Lasten aller übrigen Wettbewerber gleich. Dies widerspreche dem Wettbewerbsgedanken. Daher werde dringend angeregt, den Mindestpreis auf 100 % des durchschnittlichen Grenzübergangspreises festzulegen (Bl. 10203 ff. der Akten des BMWi).
58Auch die Beteiligte zu 18. (Z.) äußerte sich – mit Schreiben vom 11. 9. 2002 – zum Gas Release-Programm: Die vorgesehenen Änderungen wirkten dem Ziel der Versorgungssicherheit entgegen und stellten einen wesentlichen Markteingriff dar, der nicht ohne Konsequenzen für die Teilnehmer, insbesondere die Produzenten, sei und daher zurückgewiesen werde. Die erhöhte Verkaufsmenge mit den vier Teilabschnitten entspreche auf Jahresbasis 5 % des gesamten deutschen Erdgasaufkommens. Daraus und aus der Festsetzung des monatlichen Mindestpreises von 85 % des durchschnittlichen Grenzübergangspreises ergäben sich ernste Konsequenzen für das Marktgeschehen aus der spezifischen Sicht eines Produzenten, insbesondere für die Preise, für die take-or-pay-Regelung und für den Fortbestand der Praxis langfristiger Lieferverträge als Grundlage der Finanzierung von Investitionsprojekten in Milliardenhöhe. Mit dem Umfang des "Release" von ca. 5 % des deutschen Erdgasverbrauchs über einen Zeitraum von vier Jahren werde es zwangsweise Druck auf die Märkte geben. Durch die Reduzierung des Mindestpreises für die Auktion auf 85 % des Grenzpreises, d.h. des Preises, den ihre Muttergesellschaft O. G. an der Grenze erziele, werde es Druck seitens der bisherigen Abnehmer der O. G. geben, ihnen aus Wettbewerbsgründen ebenfalls günstigere Preise einzuräumen. Über einen Zeitraum von vier Jahren könne dies zu massiven Verwerfungen auf dem Markt führen. Auf Grund des komplizierten vertraglichen Verhältnisses der Abnehmer zur O. G. werde ein Großteil des wirtschaftlichen Risikos auf Umwegen u.a. auf die O. G. verlagert, was wiederum zur Folge habe, daß die Finanzierung der bestehenden und notwendigen Investitionsprojekte in der Zukunft und damit die Versorgungssicherheit beeinträchtigt würden (Bl. 10210 ff. der Akten des BMWi).
59Der Beschwerdegegner hat die vorstehend referierten Stellungnahmen jedenfalls den Beschwerdeführern und wohl auch den übrigen Verfahrensbeteiligten vor Erlaß der Ministererlaubnis II nicht mitgeteilt. – In den Akten des BMWi (Bl. 10719) findet sich folgendes Schreiben der Abteilung III B des BMWi vom 17. 9. 2002 an die (federführende) Abteilung I B 1 des BMWi:
60"Betreff: Auflagen E. / R.
61III B zeichnet mit, soweit Einbindung erfolgt war (z. B. keine Beteiligung an Gespräch mit E. und R. am 13. 9.)."
62Es ist unstreitig, daß in jenen Tagen (am 13. 9. 2002 laut dem vorstehenden Schreiben und laut Schriftsatz der Beteiligten zu 1. vom 6. 11. 2002, S. 7; am 11. 9. 2002 laut Schriftsatz des Beschwerdegegners vom 12./25. 11. 2002, S. 10) ein Gespräch zwischen Vertretern der Beteiligten zu 1. und 4. und Beamten des BMWi (laut den vorgenannten Schriftsätzen: ohne Staatssekretär Dr. T.) stattgefunden hat. Der Inhalt des Gesprächs steht nicht fest. Es gibt keinen Aktenvermerk hierüber in den Akten des BMWi.
63Unter der Überschrift: "Erneutes rechtliches Gehör zu beabsichtigten Änderungen der Verfügung vom 5. Juli 2002" teilte das BMWi allen Verfahrensbeteiligten mit Schreiben vom 16. 9. 2002 mit: "Nach Auswertung der Stellungnahmen, die uns zu den am 9. September 2002 mitgeteilten beabsichtigten Änderungen der Auflagen erreicht haben, beabsichtigt Staatssekretär Dr. T. nunmehr folgende Änderung der Verfügung vom 5. Juli 2002" (Unterstreichungen hinzugefügt). Gegenüber den am 9. 9. 2002 mitgeteilten beabsichtigten Änderungen wurden jetzt vor allem folgende Abänderungen angekündigt:
64Im Abschnitt Ziff. 1.2.1.2. (Veräußerungsauflagen vertikaler Beteiligungen) wurde der Absatz d) [Sonderkündigungsrechte] ab dem Satz 2 folgendermaßen neu gefaßt:
65"Ferner wird E. auferlegt, dafür zu sorgen, dass R. den . . . genannten Unternehmen Sonderkündigungsrechte für die bestehenden Energiebezugsverträge mit folgender Maßgabe einräumt: Zum 1. Juli 2004 können mit einer Frist von drei Monaten 33,3 % der vertraglich vereinbarten Gesamtmenge gleichmäßig für alle Teilmengen und Preisklassen gekündigt werden. In den beiden folgenden Jahren können jeweils erneut 33,3 % in gleicher Weise gekündigt werden."
66Diejenigen Unternehmen, denen nach der vorstehenden Auflage Sonderkündigungsrechte eingeräumt werden sollen, sollen andererseits gemäß Ziff. 1.2.3.2., letzter Satz, von der in Ziff. 1.2.3.2. vorgesehenen Anpassungsregelung ausgenommen werden, die folgenden Inhalt hat: R. muß es denjenigen Gasversorgungsunternehmen, die mehr als 50 % ihres Gesamtbedarfs von R. beziehen, sechs Monate nach Vollzug der Zusammenschlüsse, frühestens zum 1. 10. 2003 durch eine Vertragsanpassung ermöglichen, die mit R. vereinbarte Liefermenge auf jeweils 80 % der jährlich für die Restlaufzeit des Vertrages kontrahierten Menge zu reduzieren.
67Bei der Ausgestaltung des Gas Release-Programms blieb die gesamte Verkaufsmenge von 200 Mrd. kWh zwar unverändert. Die Auktion sollte jedoch in sechs (statt in vier) Teilschritten im Abstand von jeweils 12 Monaten erfolgen, wobei jeweils Tranchen mit einer Laufzeit von drei Jahren und einer jeweiligen Gesamtmenge von 33,33 Mrd. kWh in H-Gas-Qualität, unterteilt in Jahresmengen von 11,11 kWh/a angeboten werden sollten. Der monatliche Mindestpreis im Rahmen der Auktion sollte auf 95 % (statt 85 %) des durchschnittlichen Grenzübergangspreises festgesetzt werden.
68Die Stellungnahmen, auf deren "Auswertung" die angekündigten Abänderungen beruhten, waren dem Schreiben vom 16. 9. 2002 nicht beigefügt. Den Verfahrensbeteiligten wurde in dem Schreiben für eine Stellungnahme eine Frist von wenig mehr als 24 Stunden bis zum 17. 9. 2002, 18 Uhr, gesetzt. Die angekündigten Abänderungen der Auflagen sind sodann unverändert in die Ministererlaubnis II übernommen worden.
69bb) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners und der Beteiligten zu 1. stellt es einen nicht vernachlässigbaren Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 56 Abs. 1 GWB) dar, daß der Beschwerdegegner die vorstehend unter b) aa) wiedergegebenen Schreiben und Erklärungen den anderen Verfahrensbeteiligten, darunter den Beschwerdeführerinnen, nicht vor Erlaß der Ministererlaubnis II mit (ausreichender) Gelegenheit zur Stellungnahme zugänglich gemacht hat.
70(1.) Das Vorbringen des Beschwerdegegners im Schriftsatz vom 25. 10. 2002 (S. 44), nachgereichte Schreiben nach der mündlichen Verhandlung seien nicht Grundlage seiner Änderungsverfügung gewesen (sondern nur die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002), wird durch die Schreiben des BMWi vom 9. und 16. 9. 2002 und durch die Ministererlaubnis II selbst widerlegt. Welche Änderungen am Auflagenregime der Beschwerdegegner selbst auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 für erforderlich hielt, um eine Ausgewogenheit zwischen den aus der Fusion E./R. resultierenden Wettbewerbsbeschränkungen einerseits und den von ihm prognostizierten künftigen gesamtwirtschaftlichen Vorteilen andererseits herzustellen, hat er im Schreiben vom 9. 9. 2002 an die Verfahrensbeteiligten dargelegt. Es spricht alles dafür (und ist nach Ansicht des Senats unwiderlegbar), daß das Auflagenregime gemäß den Ankündigungen im Schreiben vom 9. 9. 2002 geändert worden wäre, wenn keine Stellungnahmen eingegangen wären. Ausdrücklich heißt es denn auch im Schreiben des BMWi vom 16. 9. 2002, "nach Auswertung der Stellungnahmen" beabsichtige Staatssekretär Dr. T. "nunmehr" die nachfolgend angekündigte Änderung der Ministererlaubnis I. Deutlicher kann man nicht ausdrücken, daß zumindest einige Stellungnahmen den Entscheidungswillen des Staatssekretärs Dr. T. und den Inhalt der kurz bevorstehenden Entscheidung beeinflußt haben. Dabei stehen die oben b) aa) aufgeführten Schreiben und Erklärungen im Vordergrund. Auf sie wird in der Ministererlaubnis II (Tz. 77: S. 45, 1. Abs.) ausdrücklich Bezug genommen. Es heißt dort:
71"Weiterhin war zu berücksichtigen, dass im Rahmen des rechtlichen Gehörs mit W. und Z. zwei Wettbewerber der R. dezidiert gegen die Gas-Release-Auflage in der mit Schreiben des BMWi vom 9. September 2002 mitgeteilten Ausgestaltung (Umfang und Mindestpreis) Stellung genommen haben. . . . Da nach Auffassung des BMWi diesen [von W. und Z. als gefährdet geltend gemachten] langfristigen Importverträgen auch in einem liberalisierten Gasmarkt eine herausragende Rolle für die Versorgungssicherheit zukommen wird (vgl. Tz. 119 der Ministererlaubnis I ), wurde dem Petitum der Beigeladenen, das sich insoweit mit dem der Antragsteller deckte, durch eine Streckung des Programms von vier auf sechs Auktionen Rechnung getragen." (Unterstreichungen hinzugefügt)
72Damit hat der Beschwerdegegner die Gas-Release-Auflage dem Umfang nach zwar nicht den Vorstellungen der Beteiligten zu 1., 18. und 30. angepaßt, sie aber doch hinsichtlich der jeweiligen Jahresmengen (bei einer zeitlichen Streckung des Programms) nicht unerheblich abgemildert, was innerhalb der ersten vier Jahre des Programms zu einer Abschwächung des mit dem Gas Release bezweckten Effekts, der Erhöhung der Liquidität am deutschen Gasmarkt und der Stimulierung des Wettbewerbs, führen wird. Festzuhalten bleibt, daß die Erklärungen und Schreiben der Beteiligten zu 1. (im zitierten Abschnitt der Tz. 77 als "Antragsteller" bezeichnet) sowie der Beteiligten zu 18. und 30. in diesem Punkt die Ministererlaubnis II unmittelbar beeinflußt haben; ihre Erklärungen und Schreiben waren somit entscheidungserheblich. Das gilt im übrigen auch bezüglich des für die Auktionen festgelegten Mindestpreises. Unter der Tz. 78 (S. 46) heißt es in der Ministererlaubnis II zu der Bemessung des Abschlags von nur noch 5 % auf den vom BAFA ermittelten durchschnittlichen Grenzübergangswert:
73"Der in der Mitteilung vom 9. September 2002 vorgestellte Abschlag von 15 % erscheint aufgrund der Reaktionen von Marktteilnehmern und nach einer genaueren Analyse der Daten des BAFA als zu hoch."
74Mit Blick auf den oben b) aa) wiedergegebenen Inhalt der Schreiben der Beteiligten zu 1., 18. und 30. läßt sich nicht bezweifeln, daß diese Schreiben zu den vorstehend in Bezug genommenen "Reaktionen von Marktteilnehmern" gehören. Damit haben die Schreiben die Entscheidung des Beschwerdegegners unmittelbar (mit-)beein-flußt, wobei er sich der Erklärung der Beteiligten zu 1., sie halte maximal einen Abschlag von 3 % auf den durchschnittlichen Grenzübergangspreis für gerechtfertigt, sehr angenähert hat.
75Obwohl bei der Ausgestaltung des Sonderkündigungsrechts zugunsten der von den vertikalen Veräußerungsauflagen betroffenen Unternehmen (Ziff. 1.2.1.2. Buchst. d) des Verfügungstenors) in der Begründung der Ministererlaubnis II nicht ausdrücklich auf bestimmte Äußerungen von Verfahrensbeteiligten, insbesondere der Beteiligten zu 1., Bezug genommen worden ist, kann ernstlich nicht bezweifelt werden, daß auch hier das Vorbringen (jedenfalls) der Beteiligten zu 1., und zwar zumindest ihr Schriftsatz vom 11. 9. 2002 (siehe oben 2. b) aa) ), die Entscheidung des Beschwerdegegners vom 18. 9. 2002 (mit-)beeinflußt hat. Das ergibt sich aus folgendem:
76Die Veräußerungsauflagen, an die die Sonderkündigungsrechte anknüpfen, dienen der Relativierung der mit der Fusion E./R. verbundenen Wettbewerbsbeschränkungen auf der Ferngasstufe sowie auf den regionalen Märkten für die Belieferung von lokalen Gasweiterverteilern und von endverbrauchenden Gasgroßkunden (vgl. Ministererlaubnis II, Tz. 68). Mit der Einführung von Sonderkündigungsrechten für die von den Beteiligten zu 1. und 4. zu entflechtenden Unternehmen bezweckt der Beschwerdegegner, die wettbewerblichen Wirkungen der Veräußerungsauflagen zu verstärken (vgl. Ministererlaubnis II, Tz. 68 u. 71). Der strategische Erwerber der Beteiligungen [Anm.: damit zugleich ein künftiger Wettbewerber der Beteiligten zu 1. und 4.] erhalte dadurch – wie der Beschwerdegegner argumentiert – zusätzliche Verhaltensspielräume, die er wettbewerblich nutzen könne, um neue Bezugsmöglichkeiten zu erschließen. Diese wettbewerblichen Verhaltensspielräume des (potentiellen) Wettbewerbers werden nun aber während der Anfangs- und Anschubphase nicht unerheblich beschnitten: In Bezug auf die Gasbezugsverträge seien die Sonderkündigungsrechte – auch im Hinblick auf die kumulierte Wirkung der (nur andere Unternehmen begünstigenden) Sonderkündigungsrechte nach der Auflage 1.2.3.2. - zeitlich gestaffelt worden. Denn R. sei ihrerseits an langfristige Importverträge mit Take-or-pay-Klauseln gebunden, deren Erfüllbarkeit im Interesse der deutschen Versorgungssicherheit aus Sicht des BMWi nicht gefährdet werden solle. Durch die zeitliche Staffelung bleibe das Risiko von Absatzverlusten insoweit beherrschbar (Ministererlaubnis II, Tz. 71).
77Mit dieser Begründung werden genau die Argumente der Beteiligten zu 1. aus ihrem Schriftsatz vom 11. 9. 2002 aufgegriffen und für eine Abschwächung des an sich angestrebten Effekts der Verstärkung der wettbewerblichen Wirkungen der auferlegten Veräußerungen verwandt. Die Beteiligte zu 1. hatte gerade auch den Kumulierungseffekt der beiden (unterschiedlich ausgestalteten und jeweils verschiedene Gruppen von Unternehmen betreffenden) Sonderkündigungsrechte gemäß Ziff. 1.2.1.2. Buchst. d) und gemäß Ziff. 1.2.3.2. des angekündigten neuen Verfügungstenors gerügt (S. 6 ihres Schriftsatzes vom 11. 9. 2002). Vor allem hatte sie – isoliert – das Sonderkündigungsrecht für vertikal zu entflechtende Unternehmen gemäß der am 9. 9. 2002 angekündigten neuen Auflage in Ziff. 1.2.1.2. Buchst. d) des Tenors beanstandet: Dieses Sonderkündigungsrecht betreffe sehr erhebliche Mengen des Gasabsatzes der R. (zusammen rund 75 Mrd. kWh/a). Es bestehe durchaus das Risiko, daß R. auf Grund der neuen Auflage diese gesamte Absatzmenge – insbesondere an große ausländische Anbieter – verliere. Das werde zur Folge haben, daß R. bei ihren [wie schon an anderer Stelle dargestellt und als bekannt vorausgesetzt: langfristigen] Importverträgen in den Minimum Pay-Bereich gerate, also für mehr Erdgasmengen zahlen müsse, als sie noch abnehmen könne, was auf eine schwerwiegende wirtschaftliche Schwächung hinauslaufe. Zur Erläuterung dieser Beanstandung hatte die Beteiligte zu 1. noch Zahlenmaterial vorgetragen: zum relevanten Absatz der R. AG in Deutschland, zum derzeitigen Ausmaß ihres Minimum Pay-Bereichs und zu ihrer dementsprechenden Flexibilität (S. 3 f. ihres Schriftsatzes vom 11. 9. 2002). Dieser Beanstandung und dem damit verbundenen Begehren der Beteiligten zu 1., das Sonderkündigungsrecht nicht aufzuerlegen (ausgedrückt durch die Worte, es werde nicht akzeptiert), hat der Beschwerdegegner durch die Abmilderung der Auflage der Ziff. 1.2.1.2. Buchst. d) teilweise Rechnung tragen wollen, wie die Begründung der Ministererlaubnis II in Tz. 71 unmißverständlich zeigt, und hat ihr im Effekt durch ein zeitliches Hinausschieben des Beginns der ersten Kündigungsmöglichkeit (zum 1. 7. 2004) und zugleich durch eine zeitliche Streckung (Staffelung) der Kündigungsmöglichkeiten auch tatsächlich teilweise Rechnung getragen. Dabei ist in zeitlicher Hinsicht ergänzend noch darauf hinzuweisen, daß der erstmögliche Kündigungstermin zeitlich deutlich versetzt ist zum auferlegten Beginn des Gas Release-Programms (die Lieferungen aus der ersten auktionierten Tranche sollen vorher, am 1. 10. 2003, beginnen). Die vorstehenden Ausführungen zeigen, daß auch zur Regelung des Sonderkündigungsrechts (Auflage Ziff. 1.2.1.2. Buchst. d)) kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, daß das nachträgliche Vorbringen der Beteiligten zu 1. die Entscheidung des Beschwerdegegners in der Ministererlaubnis II unmittelbar (mit-)beeinflußt hat.
78(2.) Aus der vorstehend (unter (1.)) dargestellten Relevanz der Schreiben und Erklärungen der Beteiligten zu 1., 18. und 30. (alle) vom 11. 9. 2002 für die Entscheidung des Beschwerdegegners ergibt sich dann aber weiter, daß der Beschwerdegegner den übrigen Verfahrensbeteiligten, darunter den Beschwerdeführerinnen, zuvor zum Inhalt jener Schreiben und Erklärungen rechtliches Gehör hätte gewähren müssen. Denn die Kartellbehörde darf ihrer Entscheidung gemäß § 56 Abs. 1 GWB nur diejenigen Tatsachen und bedeutsamen Erklärungen von Beteiligten zugrunde legen, zu denen sich alle Beteiligten äußern konnten. Auch nach durchgeführter mündlicher Verhandlung müssen bei neuem Vorbringen von Beteiligten, das aus der Sicht der Kartellbehörde für ihre Entscheidung erheblich sein kann, hierzu die anderen Beteiligten vor der Entscheidung noch einmal angehört werden (vgl. Bracher in: Frankfurter Kommentar, § 56 GWB, Rdnr. 1, 5, 6, 8, 15, 20, 34 [wonach sogar die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 56 Abs. 3 GWB geboten sein kann, erst recht dann aber schlechthin rechtliches Gehör gewährt werden muß]; Schultz in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 9. Aufl., § 56 GWB, Rdnr. 1; Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 56, Rdnr. 1, 4; Werner in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, § 53, Rdnr. 69; vgl. auch KG WuW/E OLG 2140 f. – "Einbauküchen"; Senat, WuW/E OLG 1820, 1821).
79Der Beschwerdegegner meint demgegenüber, er habe durch die den Verfahrensbeteiligten mit seinen Schreiben vom 9. und 16. 9. 2002 gegebene Möglichkeit, zu den beabsichtigten Änderungen Stellung zu nehmen, die Anforderungen, die an die Gewährung rechtlichen Gehörs zu stellen seien, erfüllt (Schriftsatz vom 12./25. 11. 2002, S. 8; im Ergebnis ebenso die Beteiligte zu 1., Schriftsätze vom 28. 10. 2002, S. 33, und vom 6. 11. 2002, S. 6, sowie die Beteiligten zu 2. und 3., Schriftsatz vom 28. 10. 2002, S. 18 f.). Das ist deshalb unzutreffend, weil der Beschwerdegegner in seinem Schreiben vom 16. 9. 2002 nur das von ihm selbst gewonnene Ergebnis seiner Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt hat, nicht aber diese Stellungnahmen einschließlich des in ihnen enthaltenen Sachvortrags selbst, die/den die anderen Verfahrensbeteiligten aber kennen müssen, um überprüfen zu können, ob das Auswertungsergebnis auf sachlich zutreffenden und vollständigen tatsächlichen Grundlagen beruht, ob das Ergebnis selbst richtig ist oder ob Anlaß zu Gegenvortrag besteht. Selbst wenn man der Ansicht sein sollte, daß die Kartellbehörde nicht unbedingt den vollen Wortlaut eingereichter Schriftsätze den anderen Beteiligten bekannt geben muß und, "wenn sie nur . . . die Ergebnisse im Verfahren erläutert, keinen Einblick in sämtliche Stellungnahmen und sämtliche Daten gewähren muß, die sie von anderen Marktbeteiligten eingeholt hat" (Schmidt, a.a.O., § 56, Rdnr. 5; mit Recht zweifelnd: Werner, a.a.O., § 53, Rdnr. 69), so darf eine "Zusammenfassung des Streitstoffs" jedoch nicht "auf Kosten der Genauigkeit und des sachlichen Informationsbedürfnisses der Verfahrensbeteiligten gehen" (Schmidt, a.a.O.). Auch dieser großzügigen Anschauung davon, wie rechtsstaatlichen Anforderungen (vgl. Schmidt, a.a.O., Rdnr. 1) entsprechend die Gewährung rechtlichen Gehörs praktiziert werden muß, genügt das Verhalten des Beschwerdegegners nach dem 9. 9. 2002 einschließlich seines Schreibens vom 16. 9. 2002 nicht. Denn in diesem Schreiben wird weder etwas erläutert noch auch nur andeutungsweise eine Zusammenfassung des Inhalts der eingegangenen Stellungnahmen einschließlich weiteren Sachvortrags von Beteiligten gegeben. Zur Rechtfertigung dessen macht der Beschwerdegegner geltend, die Stellungnahmen der Beteiligten zu 18. und 30. (Z. und W.) hätten keine entscheidungserheblichen neuen Tatsachen, bedeutsamen Erklärungen oder Beweisergebnisse enthalten (ebenso die Beteiligte zu 1., a.a.O.). Das Gegenteil ergibt sich aus der Darstellung oben 2. b) aa) und bb) (1.), auf das – um Wiederholungen zu vermeiden – Bezug genommen wird. Der jetzt vertretene Standpunkt des Beschwerdegegners, die Stellungnahmen von Z. und W. (vom 11. 9. 2002) hätten keinen entscheidungserheblichen neuen Sachvortrag und keine bedeutsamen Erklärungen enthalten, steht in einem unheilbaren Widerspruch zum Inhalt der Ministererlaubnis II, wonach "dem Petitum d(ies)er Beigeladenen, das sich insoweit mit dem der Antragsteller [mithin insbesondere der Beteiligten zu 1.] deckte, . . . [durch eine Streckung des Gas Release-Programms] Rechnung getragen" wurde.
80Der Beschwerdegegner will das Unterlassen der Gewährung rechtlichen Gehörs anscheinend auch damit rechtfertigen, die durch sein Schreiben vom 9. 9. 2002 eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme habe auch die Funktion der bei vielen Wettbewerbsbehörden (u.a. der EU-Kommission) üblichen "Markttests" haben und ein Bild darüber ergeben sollen, welche Wirkung die Wettbewerber der Auflage (insbesondere betreffend den Mindestpreis bei den Gasauktionen) beimäßen (Schriftsatz vom 12./25. 11. 2002, S. 7). Dieser Rechtfertigungsversuch ist aus mehreren Gründen ungeeignet: Zum einen ging der Zweck eines Markttests aus dem Schreiben vom 9. 9. 2002 nicht hervor, das vielmehr als Zweck ausdrücklich nur "rechtliches Gehör zu beabsichtigten Änderungen der Verfügung vom 5. Juli 2002" nannte. Der Beschwerdegegner behauptet auch nicht, daß er in den angeblichen Markttest weitere nicht zu den Verfahrensbeteiligten zählende Wettbewerber der R. AG einbezogen habe. Zum anderen ist die Ansicht des Beschwerdegegners abzulehnen, daß die den Markttest bildenden Stellungnahmen den Verfahrensbeteiligten nicht gemäß § 56 Abs. 1 GWB zugänglich gemacht werden müssen (zumindest in Form einer an Genauigkeit nichts zu wünschen übrig lassenden Zusammenfassung der Markttest-Stellungnahmen, vgl. Schmidt, a.a.O., Rdnr. 5; vgl. im übrigen KG WuW/E 2140, wonach die Kartellbehörde den Beteiligten zwecks Gewährung rechtlichen Gehörs Zugang zu den Verfahrensunterlagen gewähren muß), und daß Markttests noch nach der obligatorischen mündlichen Verhandlung, "auf Grund" deren die Kartellbehörde (hier der Beschwerdegegner) zu entscheiden hat (§ 56 Abs. 3 GWB), durchgeführt werden dürfen.
81Aus dem eigenen Vortrag des Beschwerdegegners in seinem Schriftsatz vom 12./25. 11. 2002 ergibt sich der Sache nach sogar ganz deutlich, daß neues Vorbringen von Beteiligten nach dem 9. 9. 2002 ihn zu einer anderen Entscheidungsfindung in einem wichtigen Punkt geführt hat: Auf Grund der in der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 geäußerten Kritik am Auflagenregime habe er sich insbesondere zum Gas Release-Programm zu einer Änderung entschlossen, nämlich E. in größerem Umfang zu verpflichten, über R. kontrahierte Mengen mit einem Auktionsverfahren am Markt anzubieten. Besonders schwierig sei die Festlegung des Mindestpreises für die Auktionen gewesen. Der Preis habe möglichst niedrig sein sollen, damit vom Gas Release-Programm Impulse für den Wettbewerb ausgingen. Er habe aber auch keine Gefährdung des Systems der langfristigen Lieferverträge mit sich bringen und nicht unter den Gestehungskosten der R. liegen sollen. Der durchschnittliche Grenzübergangspreis des BAFA, auf den in der Ministererlaubnis I abgestellt worden sei, liege oberhalb der Gestehungskosten der R., ohne daß für die Differenz eine feste Größenordnung habe ermittelt werden können (das wird auf S. 6 des Schriftsatzes vom 12./25. 11. 2002 näher ausgeführt). Der nach der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 zunächst vorgesehene Mindestpreis von 85 % des durchschnittlichen Grenzübergangspreises des BAFA habe mit dem geschätzten Abschlag von 15 % dem Umstand Rechnung tragen sollen, daß in den Durchschnittspreis auch die höheren Grenzübergangspreise für strukturierte Lieferungen einflössen. Die Schätzung habe darauf beruht, daß verläßliche Zahlen nicht verfügbar gewesen seien. Jedenfalls sei der Abschlag nach der Einschätzung des BMWi großzügig bemessen gewesen. Aus den verschiedenen Stellungnahmen habe sich insbesondere zur Frage des Mindestpreises kein klares Votum ergeben. E., ähnlich auch Z. sowie W., habe den Mindestpreis für "deutlich zu niedrig" erklärt. Die Beigeladene T. und in gleicher Weise auch andere Beigeladene hätten sich dahin geäußert, mangels genauer Daten zur "Beschaffungsstruktur" der R. keine Bewertung der Preisformel abgeben zu können. Der "Markttest" habe daher zu dem Ergebnis geführt, daß es eine optimale Preisformel, die allen berechtigten Interessen der beteiligten Unternehmen und der übrigen Marktteilnehmer Rechnung tragen würde, nicht würde geben können. Das BMWi habe daraufhin unter dem Eindruck der Stellungnahmen und unter Abwägung aller Umstände eine neue Formel entwickelt, die eine Anpassungsklausel enthalte und nicht mehr ausschließlich auf den veröffentlichten BAFA-Grenzübergangspreis abstelle (Schriftsatz vom 12./25. 11. 2002, S. 6 f., Hervorhebungen durch Kursivdruck hinzugefügt). Deutlicher als durch diesen schriftsätzlichen Vortrag kann man es kaum darstellen, daß Stellungnahmen von Beteiligten wesentlich mitursächlich dafür waren, daß eine Schätzung eines als angemessen erachteten Auktions-Mindestpreises, die auf Grund der bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 gewonnenen Erkenntnisse vorgenommen worden war (85 % des jeweils vom BAFA veröffentlichten durchschnittlichen Grenzübergangspreises), in eine erheblich höhere Festlegung auf (grundsätzlich) 95 % des "BAFA-Grenzübergangspreises" (mit der Möglichkeit einer Anpassungskorrektur auf ebenfalls 95 % eines anderen Referenzbetrags des durchschnittlichen Grenzübergangspreises) umgewandelt worden ist (siehe auch oben 2. b) bb) (1.) ). Dann aber mußte der Beschwerdegegner den Verfahrensbeteiligten, darunter den Beschwerdeführerinnen, zu den Stellungnahmen, die für die Anhebung des für die Erreichung des Zwecks der Gas Release-Auflage besonders wichtigen Auktions-Mindestpreises mitursächlich waren, rechtliches Gehör gewähren.
82Bei diesem Befund ist auch das abschließende Argument, das der Beschwerdegegner gegen die auf Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützte Rüge vorbringt, nicht stichhaltig. Er meint, (insbesondere) die Beschwerdeführerin zu 6. überdehne die Anforderungen an das rechtliche Gehör und die öffentliche mündliche Verhandlung so sehr, daß es die Verfahrensbeteiligten in der Hand hätten, das Verfahren ad infinitum zu verlängern. Wenn nicht nur bedeutsame Erklärungen, sondern jede Meinungsäußerung allen anderen Verfahrensbeteiligten erneut mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übersandt werden müßte, könnte das Verfahren nie abgeschlossen werden (Schriftsatz vom 12./25. 11. 2002, S. 11). Damit trifft der Beschwerdegegner indessen nicht den Kern des Problems dieses Falls: Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, war es durchaus neuer Sachvortrag von (zumindest) drei Verfahrensbeteiligten (zu 1., zu 18. und zu 30.), der die Entscheidung - die Ministererlaubnis II – unmittelbar (mit-)beeinflußt hat. Wenn der Beschwerdegegner nach der mündlichen Verhandlung weitere Stellungnahmen (wie hier mit Schreiben vom 9. 9. 2002) erbittet, damit neuen Sachvortrag ermöglicht und diesen bei der Entscheidungsfindung - wie hier – verwertet (hier sogar ergebnisrelevant berücksichtigt), so muß er zuvor den anderen Verfahrensbeteiligten auch rechtliches Gehör gewähren. Die Gefahr, daß sich das Verfahren infolge der Gewährung rechtlichen Gehörs endlos verlängern wird, kann der Beschwerdegegner durch sachgerechte Verfahrensführung, u.a. durch optimale Vorbereitung der mündlichen Verhandlung, vermeiden.
83cc) Die Rechtsfolge des vorstehend dargestellten Verstoßes (jedenfalls) gegen § 56 Abs. 1 GWB besteht darin, daß allein deshalb schon die Änderungsverfügung (Ministererlaubnis II) rechtswidrig ist (vgl. KG WuW/E OLG 2140, 2141 – "Einbauküchen"; Senat, WuW/E OLG 1820, 1821; Bracher, a.a.O., § 56 GWB, Rdnr. 21; Schultz, a.a.O., § 56 GWB, Rdnr. 8; Schmidt, a.a.O., § 56, Rdnr. 9; Werner, a.a.O., § 53, Rdnr. 71), unabhängig davon, daß die Änderungsverfügung auch deshalb rechtswidrig ist, weil es ihr an der (notwendigen) Zulässigkeitsvoraussetzung gemäß § 45 VwVfG fehlt (vgl. oben 2. a) cc), 1. Abs.). Die Rechtswidrigkeit auf Grund des Verstoßes gegen § 56 Abs. 1 GWB erfaßt – wie vorsorglich hervorgehoben sei – auch die gesamte Änderungsverfügung. Für die Annahme einer bloßen Teilrechtswidrigkeit (nämlich nur derjenigen Auflagen, deren Ausgestaltung durch den Verfahrensfehler unmittelbar betroffen ist) gibt es keine Rechtsgrundlage; sie verbietet sich auch deshalb, weil die betreffenden Auflagen (Gas Release, Sonderkündigungsrechte) wesentliche, nicht abtrennbare Bestandteile des Auflagenregimes sind, das wiederum zu den notwendigen Grundlagen der Erteilung der Ministererlaubnis überhaupt gehört.
84Als weitere Rechtsfolge dessen, daß die Änderungsverfügung bereits bei isolierter Beurteilung wegen Verstoßes gegen des Gebot rechtlichen Gehörs rechtswidrig ist, ist (nochmals) festzuhalten, daß allein deshalb eine Heilung der Ministererlaubnis I gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 VwVfG nicht eingetreten ist (selbst wenn diese Vorschriften im Ministererlaubnisverfahren anwendbar wären). Denn eine Heilung des einer Erstverfügung anhaftenden Verstoßes gegen die Verpflichtung der Behörde zur Anhörung (im weiteren Sinne, hier im Sinne der Abs. 1 und 3 des § 56 GWB) setzt voraus, daß die Anhörung formell ordnungsgemäß, also ihrerseits verfahrensfehlerfrei nachgeholt wird (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 26; Obermayer/Schäfer, a.a.O., § 45, Rdnr. 37 u. 38; Knack/Klappstein, a.a.O., § 45, Rdnr. 3.3.1), was hier bezogen auf das vom Beschwerdegegner unternommene, als Einheit bis hin zur Änderungsverfügung anzusehende Heilungsverfahren – wie ausgeführt worden ist – nicht der Fall ist. Aus diesem Grunde bedarf es hinsichtlich der Änderungsverfügung keiner weiteren Prüfung gemäß § 46 VwVfG. Denn auch dann, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 46 VwVfG – isoliert betrachtet – erfüllt sind, ist damit im Anwendungsbereich des § 46 VwVfG nur der Anspruch auf Aufhebung des fehlerhaften Verwaltungsakts ausgeschlossen; die durch den Verfahrensrechtsverstoß verursachte Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts bleibt hiervon unberührt (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 46, Rdnr. 41; Knack/Klappstein, a.a.O., § 46, Rdnr. 6, m.w.N.). Demzufolge fehlt der (wegen Verfahrensfehlers rechtswidrigen) Änderungsverfügung auf jeden Fall die Eignung, die Verfahrensfehler der Ministererlaubnis I heilen zu können. Im übrigen hat der Senat – auch im Hinblick auf den Vortrag der Beschwerdeführerinnen zu 1. (Schriftsatz vom 1. 10. 2002, S. 58 u. 59) und zu 6. (Schriftsatz vom 10. 10. 2002, S. 42 – 44) dazu, welchen Gegenvortrag sie bei Gewährung rechtlichen Gehörs den oben behandelten Schreiben der Beteiligten zu 1., 18. und 30. (alle) vom 11. 9. 2002 entgegengesetzt hätten – keinen Zweifel daran, daß die strengen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 46 VwVfG (vgl. Senatsbeschluß vom 25. 7. 2002 in dieser Sache, auf dessen Ausführungen im Abschnitt III. 1. c) der Gründe [WuW/E DE-R 926, 941] Bezug genommen wird) hier nicht erfüllt sind. Zu diesem Punkt sind weitere Ausführungen im vorliegenden Beschluß nicht veranlaßt, weil sich kein Beteiligter mit substantiiertem Vortrag zur Ministererlaubnis II auf § 46 VwVfG beruft.
85dd) In Anbetracht dieser Rechtslage zur Ministererlaubnis II kommt es auf die Rüge der Beschwerdeführerin zu 6., der Beschwerdegegner habe nach der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 durch Geheimgespräche mit den Beteiligten zu 1. und 4. die Vorschrift des § 56 Abs. 3 GWB mißachtet (Schriftsatz vom 25. 10. 2002, S. 10 – 12), in dem Sinne nicht mehr entscheidend an, daß es notwendig ist aufzuklären, was genau bei dem Gespräch (das unstreitig – entweder am 11. 9. oder am 13. 9. 2002 – stattgefunden hat) verhandelt, erörtert und/oder (insbesondere von den Beteiligten zu 1. und 4.) erklärt worden ist. Da aber die Rüge erhoben worden ist und sich der Beschwerdegegner sowie die Beteiligte zu 1. dagegen verteidigen, erscheint es notwendig, folgendes festzuhalten:
86Der Beschwerdegegner hat durch sein Verhalten zumindest den bösen Schein einer inkorrekten Verfahrensdurchführung gesetzt und dadurch die (im Rechtssinne [§ 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 3 GWB]) erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Heilungsverfahrens eher noch verstärkt. Dabei ist es unerheblich, daß Staatssekretär Dr. T. selbst an dem Gespräch vom 11./13. 9. 2002 nicht teilgenommen hat; denn der Beschwerdegegner muß sich das Verhalten seiner Beamten, die das Gespräch geführt haben, zurechnen lassen, zumal da in anderem Zusammenhang (z.B. in Bezug auf die erste mündliche Verhandlung vom 29. 5. 2002) immer wieder betont worden ist, daß Staatssekretär Dr. T. von den Beamten des BMWi fortlaufend über alle Verfahrensangelegenheiten informiert werde. Das Rechtfertigungsargument des Beschwerdegegners, das BMWi habe sich dem Wunsch von E., ihre schriftliche Stellungnahme vom 11. 9. 2002 mündlich erläutern zu dürfen, nicht verschließen können, weil E. durch die Neuformulierung der Auflagen in erster Linie betroffen gewesen sei (Schriftsatz vom 12./25. 11. 2002), ist bei objektiver Betrachtungsweise unverständlich. Die schriftliche Stellungnahme der Beteiligten zu 1. vom 11. 9. 2002 war in Anbetracht des hohen Sachverstands der Beteiligten zu 1. und ihres Verfahrensbevollmächtigten einerseits und der Beamten des Beschwerdegegners andererseits in jeder Hinsicht klar abgefaßt; einer "Erläuterung" im eigentlichen Sinne bedurfte sie nicht. Gemäß § 56 Abs. 1 GWB besteht für die Beteiligten, auch für die Hauptbeteiligten eines Zusammenschlußvorhabens, kein Anspruch auf mündliche Erörterung ihrer Argumentation (vgl. Werner, a.a.O., § 53, Rdnr. 70), schon gar nicht nach der Durchführung der mündlichen Verhandlung (§ 56 Abs. 3 GWB), zumal dann, wenn sich die Beteiligten hinsichtlich etwaiger noch offener Punkte schriftlich äußern und damit verständlich machen können (ob die Kartellbehörde danach die mündliche Verhandlung wiedereröffnen muß, ist dann eine andere Frage). Es entzieht sich der Kenntnis des Senats, ob die Beteiligten zu 1. und 4. beabsichtigten, bei dem Gespräch am 11./13. 9. 2002 ihren Sachvortrag des Schriftsatzes vom 11. 9. 2002 zu ergänzen oder mit sonstigen Erklärungen (z.B. mit Kompromißvorschlägen zur Ausgestaltung der Auflagen, ähnlich dem Verfahren vor der Ministererlaubnis I) auf die bevorstehende Änderungsverfügung Einfluß zu nehmen, und ob sie eine solche Absicht in die Tat umgesetzt haben. Zumindest in diese Richtung weist der (pauschal resümierende) Vortrag der Beteiligten zu 1., bei dem Gespräch am 13. 9. 2002 sei es den Beteiligten [zu 1. und 4.] darum gegangen, dem BMWi ihre "Haltung" zu dem Auflagenkonzept vom 9. 9. 2002 "im Anschluß an ihre schriftliche Stellungnahme" mündlich zu erläutern; es habe sich schlicht um die Gewährung rechtlichen Gehörs durch das BMWi gehandelt (Schriftsatz vom 6. 11. 2002, S. 7). Da der Beschwerdegegner der Beteiligten zu 1. durch die Entgegennahme und Kenntnisnahme vom Schriftsatz vom 11. 9. 2002 schon rechtliches Gehör gewährte, spricht der soeben zitierte Vortrag der Beteiligten zu 1. dafür, daß sich beim Gespräch am 11./13. 9. 2002 mehr als die bloße Darlegung des schriftsätzlich schon Fixierten ereignet hat. Daß die Vertreter von E. und R. bei dem mündlichen Gespräch, für das sie eigens nach Berlin zum BMWi gereist sind, nur "den Inhalt der schriftlichen Stellungnahme [vom 11. 9. 2002] nochmals mündlich vorgetragen haben" (so der Beschwerdegegner im Schriftsatz vom 12./25. 11. 2002, S. 10), wofür nicht die geringste Notwendigkeit bestand, erscheint dem Außenstehenden zumindest nicht plausibel. Die anderweitigen Mutmaßungen der Beschwerdeführerin zu 6. (Schriftsatz vom 25. 10. 2002, S. 11, letzter Abs.) sind ihr jedenfalls nicht zu verdenken. Den Vorwurf, zumindest einen bösen Schein dafür gesetzt zu haben, daß er nach der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 noch seine Entscheidung beeinflussende Sonderverhandlungen mit zwei Beteiligten geführt habe, obwohl er seine Entscheidung gemäß § 56 Abs. 3 GWB nur "auf Grund" der öffentlichen mündlichen Verhandlung treffen durfte, muß sich der Beschwerdegegner zumindest deshalb machen lassen, weil er schon die Minimalvoraussetzung für ein solches Sondergespräch mit zwei der zahlreichen Beteiligten nicht erfüllt hat, nämlich einen den wesentlichen Inhalt dokumentierenden Aktenvermerk hierüber anzufertigen (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 28, Rdnr. 41, m.w.N.), diesen zur Verfahrensakte zu nehmen und in Abschrift den anderen Verfahrensbeteiligten zu übermitteln, es sei denn, daß dessen Inhalt für die Entscheidung ohne Belang gewesen wäre.
87ee) Festzuhalten bleibt, daß die Änderungsverfügung (Ministererlaubnis II) auch isoliert beurteilt auf Grund erneuter Verletzung des Verfahrensgrundrechts der Beschwerdeführerinnen auf rechtliches Gehör aus den vorstehend unter b) aa) bis cc) dargestellten Gründen rechtswidrig ist. Das reicht – ebenfalls – für sich allein schon aus, um die Zurückweisung der Anträge auf Aufhebung der bisher erlassenen einstweiligen Anordnungen (abgesehen von dem Sonderfall der Beschwerdeführerin zu 7.) zu rechtfertigen.
883. Unabhängig von den vorstehend unter 2. (sowie im Senatsbeschluß vom 25. 7. 2002) behandelten verfahrensrechtlichen Gründen, die gegen die Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis (I und II) sprechen, hat der Senat auch aus materiellrechtlichen Gründen ernstliche Zweifel (im Sinne des § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 3 GWB) an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis. Daher könnte, selbst wenn die verfahrensrechtlichen Einwände durch das vom Beschwerdegegner unternommene Heilungsverfahren ausgeräumt worden wären, den Aufhebungsanträgen nicht stattgegeben werden. Denn die Prüfung und Beurteilung der Aufhebungsanträge ist nicht auf diejenigen Verfahrensfehler beschränkt, die der Senat in seinen bisherigen Beschlüssen ausdrücklich beanstandet und als Grund für den Erlaß der einstweiligen Anordnungen bezeichnet hat. Vielmehr dürfte den Aufhebungsanträgen nur dann stattgegeben werden, wenn aus dem sehr komplexen Streitstoff keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis (I und II) mehr resultierten. Das ist indessen nicht der Fall. In materiellrechtlicher Hinsicht hat der Senat ebenfalls ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis, und zwar zumindest wegen erheblicher Bedenken (im Sinne des § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 3 GWB) an der Rechtmäßigkeit zweier Auflagen, weil diese gegen die §§ 42 Abs. 2 Satz 2, 40 Abs. 3 Satz 2 GWB verstoßen.
89a) Nach der Begründung der Entscheidung und der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Abwägung des Beschwerdegegners kann die Ministererlaubnis zur Fusion E./R. gemäß § 42 GWB nur dann erteilt werden, wenn den aus der Fusion resultierenden Wettbewerbsbeschränkungen alle tenorierten Auflagen entgegengesetzt werden, weil die Wettbewerbsbeschränkungen von den künftigen gesamtwirtschaftlichen Vorteilen der Fusion nur mit Hilfe der zusätzlichen Wirkungen der tenorierten Auflagen aufgewogen werden (vgl. Ministererlaubnis II, die im folgenden wegen ihrer Funktion, die Ministererlaubnis I teilweise zu ersetzen und zu ergänzen, vorzugsweise zitiert wird, Tz. 66 und schon Tz. 42). Ausdrücklich heißt es in der Begründung, "die verfügten Auflagen" (also alle verfügten Auflagen) seien zu diesem Zweck erforderlich (Ministererlaubnis II, Tz. 66 letzter Abs.).
90Es versteht sich von selbst, daß eine Auflage einer staatlichen Behörde wie der des Beschwerdegegners, also die gegenüber einem Unternehmen verfügte Auferlegung einer Verpflichtung, für sich betrachtet rechtmäßig sein muß. Sie darf nicht gegen zwingende Rechtsvorschriften verstoßen. Ferner läßt es sich nicht bezweifeln und entspricht auch dem rechtlichen Standpunkt des Beschwerdegegners, daß die erforderlichen Auflagen nur dann die ansonsten zu versagende Erlaubnis eines Zusammenschlusses rechtfertigen können, wenn sie nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich geeignet sind, zur Ausgewogenheit von Wettbewerbsbeschränkungen und künftigen gesamtwirtschaftlichen Vorteilen der Fusion beizutragen (vgl. zur entsprechenden Rechtslage gemäß den §§ 36 Abs. 1, 40 Abs. 3 GWB: Ruppelt in Langen/Bunte, a.a.O., § 40 GWB, Rdnr. 28). Mit anderen Worten: Eine Erlaubnis mit Auflagen ist nur zulässig, wenn dadurch die nach § 42 GWB gebotene Ausgewogenheit wirksam erreicht werden kann (vgl. Ruppelt, a.a.O., zur entsprechenden Rechtslage nach den §§ 36 Abs. 1, 40 Abs. 3 GWB). Dieses Ergebnis wird verfehlt, wenn auch nur eine von mehreren in einem Auflagenregime vom Bundeswirtschaftsminister für erforderlich gehaltenen Auflagen wegen Rechtsverstoßes rechtswidrig ist und dies im Rahmen einer gegen die Erlaubnis eingelegten Beschwerde festgestellt wird, so daß ihre rechtliche Wirksamkeit entfällt.
91So liegt der Fall hier. Zumindest beziehen sich darauf ernstliche Zweifel des Senats im Sinne des § 65 Abs. 3 GWB. Nach dem jetzigen Erkenntnisstand verstoßen die nachfolgend unter b) behandelten Auflagen – wie mehrere Beschwerdeführerinnen zu Recht geltend machen - gegen die zwingende Vorschrift des § 40 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 42 Abs. 2 Satz 2 GWB.
92b) Nach den vorgenannten Vorschriften dürfen sich mit einer Fusionserlaubnis verbundene Auflagen "nicht darauf richten, die beteiligten Unternehmen einer laufenden Verhaltenskontrolle zu unterstellen". Diesem Verbot liegt im Bereich der dem Bundeskartellamt übertragenen Zusammenschlußkontrolle die Erwägung zugrunde, daß die Auflagenkompetenz gemäß § 40 Abs. 3 GWB in einer Beziehung zu den materiellen Kriterien der Untersagungskompetenz gemäß § 36 Abs. 1 GWB stehen muß und diese materiellen Kriterien (Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung, etwaige Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen) auf Merkmale der Marktstruktur bezogen sind (vgl. Mestmäcker/Veelken in: Immenga/ Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 40, Rdnr. 48; vgl. auch Ruppelt, a.a.O., § 48, Rdnr. 28 a.E.). Es wird daher die Ansicht vertreten, es kämen als Auflagen nur strukturelle Maßnahmen in Frage (Ruppelt, a.a.O., § 40, Rdnr. 29). Einig ist man sich im Schrifttum, daß jedenfalls in erster Linie auf die Marktstruktur gerichtete Auflagen wie die Veräußerung von Beteiligungen, Unternehmensteilen oder Vermögensteilen (an unverbundene Dritte), ferner die Veränderung der Organisation oder der Willensbildung der beteiligten Unternehmen in Betracht kommen (Ruppelt, a.a.O., § 40, Rdnr. 29; Emmerich, Kartellrecht, 9. Aufl., § 28, 5. a) bb); Richter in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, § 21, Rdnr. 96). Dagegen ist es kein erlaubter Zweck der Ausübung der Auflagenkompetenz, bei einer Freigabe unter Auflagen die durch eine entstehende oder sich verstärkende marktbeherrschende Stellung verursachte Gefährdung der wirtschaftlichen Interessen anderer Marktbeteiligter durch Verhaltenspflichten der Zusammenschlußbeteiligten auszuschließen oder herabzumindern und auf diese Weise eine zusätzliche Grundlage für die Kontrolle des Mißbrauchs marktbeherrschender Unternehmen zu schaffen (Mestmäcker/Veelken, a.a.O., § 40, Rdnr. 48). Daher führen auferlegte Maßnahmen, die auf die Beseitigung von Marktzutrittsschranken gerichtet sind, ferner Vertriebsregelungen, die anderen Unternehmen den Zugang zu Bezugs- oder Absatzmärkten eröffnen oder gar die Freiheit der Auswahl von Abnehmern oder Lieferanten beschneiden, regelmäßig zu einer laufenden Verhaltenskontrolle durch die Kartellbehörde (vgl. Ruppelt, a.a.O., § 40, Rdnr. 29; Richter, a.a.O., § 21, Rdnr. 96 i.V.m. Rdnr. 59; Mestmäcker/ Veelken, a.a.O., § 40, Rdnr. 62, sowie – speziell zur Ministererlaubnis - § 42, Rdnr. 47: Auflage der Aufrechterhaltung bisheriger Lieferverpflichtungen bedeutet laufende Verhaltenskontrolle). Auch Auflagen, bestimmte gesellschaftsrechtlich zulässige Einflußmöglichkeiten nicht wahrzunehmen, laufen auf eine unzulässige Verhaltenskontrolle hinaus (Richter, a.a.O., § 21, Rdnr. 96 i.V.m. Rdnr. 59; vgl. auch Ruppelt, a.a.O., § 40, Rdnr. 29). Gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 GWB gelten die vorstehenden Auslegungskriterien für Auflagen, die mit einer Ministererlaubnis verbunden werden, entsprechend. Im Schrifttum wird hierzu betont, § 42 Abs. 2 Satz 2 GWB solle vermeiden, daß die (vom Bundeswirtschaftsminister im Rahmen des § 42 GWB ausgeübte) Fusionskontrolle in eine industriepolitische Sektorensteuerung umschlage und den Wettbewerb durch Verpflichtungen zu unternehmerischem Wohlverhalten verdränge. Unzulässig und ungeeignet seien auch Organisationsauflagen sowie Investitionskontrollen über die am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen (Mestmäcker/Veelken, a.a.O., § 42, Rdnr. 46, 47).
93Gemäß diesen Auslegungskriterien zu den §§ 42 Abs. 2 Satz 2, 40 Abs. 3 Satz 2 GWB führen folgende Auflagen dazu, die Beteiligte zu 1. und die Beteiligte zu 4. (diese nur zu den unter aa) behandelten Auflagen) einer laufenden Verhaltenskontrolle zu unterstellen:
94aa) Mit der Ministererlaubnis I unter Ziff. 1.2.2. des Verfügungstenors (insoweit abgesehen von der Zeitbestimmung unverändert geblieben) wird der Beteiligten zu 1. auferlegt, "dafür zu sorgen, dass R. drei Monate nach Bestandskraft dieser Verfügung, nicht jedoch vor dem 1. Januar 2004 ein Legal Unbundling nach Maßgabe folgender Bestimmungen durchführt: Das Geschäft des Erdgastransports über das R.-Fernleitungsnetz wird in eine zu diesem Zweck gegründete, rechtlich selbständige Transportgesellschaft ausgegliedert." Die weiteren hier relevanten (unter dem 3. und 4. Spiegelstrich angefügten) "Bestimmungen" lauten:
95(1.) Nicht nur die Auflage beim 4. Spiegelstrich (diskriminierungsfreier Erdgas-transport), sondern auch die davorstehende Auflage ist auf Dauer angelegt, sonst wäre sie nichts wert und schon deshalb für den bestimmungsgemäßen Zweck (siehe oben 3. a) ) ungeeignet. Besonders der 1. Satz der Auflage beim 3. Spiegelstrich bedeutet, daß sich die Beteiligte zu 4. in ihren unternehmerischen Aktivitäten als Netzeigentümerin ständig mit der gesellschaftsrechtlich (aber nicht eigentumsrechtlich) selbständigen Transportgesellschaft arrangieren muß, ferner deren "wirksame Einflußmöglichkeiten" (bezüglich Betrieb, Wartung und Unterhaltung des Netzes), über deren Ausmaß und Intensität in Anbetracht der Unbestimmtheit des Begriffs durchaus Meinungsverschiedenheiten und Streit entstehen können, permanent respektieren, wahren und sich vor allem über die dem Sinn der Auflage entsprechende Realisierung mit der Transportgesellschaft verständigen muß. Soweit die Transportgesellschaft gemäß Satz 2 der Auflage beim 3. Spiegelstrich die alleinige Entscheidungsbefugnis haben soll, muß sich die Beteiligte zu 4. als Inhaberin der Gesellschaftsanteile der auszugliedernden Transportgesellschaft ständig ihrer gesellschaftsrechtlich an sich gegebenen Einflußmöglichkeiten enthalten. Da dies alles zwecks Sicherung der Erfüllung der Auflage von der Kartellbehörde (Bundeswirtschaftsministerium) unter Kontrolle gehalten werden muß, werden die Beteiligten zu 1. (die ihrerseits für die Erfüllung der Auflage permanent "sorgen" muß) und zu 4. damit einer laufenden Verhaltenskontrolle unterstellt werden (ebenso: Möschel, BB 2002, 2077, 2081). Im Ergebnis gilt das Gleiche für die Auflage beim 4. Spiegelstrich, mit der zusätzlich zu erfüllenden Verpflichtung, daß die Beteiligte zu 4. und mittelbar auch die Beteiligte zu 1. die Transportgesellschaft ständig zu überwachen haben, daß diese den Erdgastransport für Dritte diskriminierungsfrei und auch im übrigen auflagengemäß durchführt (ebenso: Möschel, a.a.O.).
97(2.) Die Beteiligten zu 1. bis 3. meinen, die Auflage beim 3. Spiegelstrich stelle keine unzulässige laufende Verhaltenskontrolle dar. Die Auflage sei deshalb keine "Einmischung in typische Managementarbeit" (Ausdruck von Möschel, a.a.O.), weil eine solche Einmischung nach der Ausgliederung bzw. der Errichtung der Transportgesellschaft (im Einklang mit den Vorgaben der Auflage) nicht erforderlich sei (Schriftsatz der Beteiligten zu 1. vom 21. 10. 2002, S. 84). Ähnlich argumentieren die Beteiligten zu 2. und 3.: Diese Auflage schreibe eine einmal vorzunehmende rechtliche Trennung vor. Sobald diese Trennung vorgenommen worden sei, habe der Beschwerdegegner kein Recht mehr, irgendein Verhalten der Zusammenschlußbeteiligten zu kontrollieren (Schriftsatz vom 21. 10. 2002, S. 49). Daß die Beteiligten zu 1. bis 3. mit diesen Argumenten auch nicht annähernd die Verpflichtungen erfaßt haben, die die Auflage für die Beteiligten zu 1. und 4. auf Dauer mit sich bringt, ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen unter (1.), bei denen es der Senat bewenden lassen kann.
98Auch zur Auflage beim 4. Spiegelstrich meinen die Beteiligten zu 2. und 3., es handele sich nicht um eine unzulässige Verhaltensauflage; vielmehr lasse sie sich insofern als eine strukturelle Auflage einstufen, als sie eine in dieser Form noch nicht erfolgte Öffnung des Netzes der Beteiligten zu 4. bewirke, was die Marktstruktur verändere (Schriftsatz vom 21. 10. 2002, S. 49). Diese Sicht ist unzutreffend; denn die Öffnung des R.-Netzes wird nicht durch strukturelle Maßnahmen (z. B. Veräußerung) erreicht, sondern durch die Auferlegung einer immer wieder aufs Neue zu erfüllenden Verhaltenspflicht (". . . hat . . . diskriminierungsfrei zu transportieren usw.").
99Im übrigen versuchen die Beteiligten zu 2. und 3. (a.a.O.), die Bedeutung der Auflage beim 4. Spiegelstrich zu bagatellisieren: Auf sie könne es im Ergebnis nicht ankommen; denn sie gehe nicht wesentlich über geltendes Recht (§ 19 GWB) hinaus und könne deshalb in der Abwägung keine besondere Bedeutung gehabt haben. Die Auflage sei daher nur als Klarstellung des geltenden Rechts zu verstehen (ebenso die Beteiligte zu 1., Schriftsätze vom 21. 10. 2002, S. 85, und vom 26. 11. 2002, S. 19). Damit werden die Beteiligten zu 1. bis 3. der Bedeutung der Auflage nicht gerecht. Der Beschwerdegegner bezweckt mit dem unter der Überschrift "Legal Unbundling" zusammengefaßten "Auflagenpaket" und daher auch mit diesem Teil des Pakets, "sicherzustellen, dass als Gegengewicht zu den nachteiligen Wirkungen der Zusammenschlüsse E./R. der Durchleitungswettbewerb gefördert wird" (Ministererlaubnis I, Tz. 150; vgl. auch Ministererlaubnis II, Tz. 75). Der Anteil der Förderung, den die Auflage beim 4. Spiegelstrich bewirkt, besteht darin, daß die Transportkonditionen von vornherein in einer für Drittkunden günstigen und klaren Weise festgelegt werden, und vor allem darin, daß die Auflage bereits eine (bei Anrufung der Kartellbehörde) vollziehbare Regelung darstellt, die es entbehrlich machen wird, daß Dritte, die Erdgas durch das R.-Fernleitungsnetz durchleiten wollen, ihren gesetzlichen Anspruch (aus § 20 Abs. 1 oder Abs. 2 oder aus § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB) eventuell einklagen müssen. Dieser Effekt geht über eine bloße "Klarstellung" der Gesetzeslage hinaus. Im übrigen ist die von den Beteiligten aufgestellte These, diese Auflage habe bei der Abwägung des Beschwerdegegners (gemäß § 42 GWB) "keine besondere Bedeutung" gehabt, unstatthaft, weil die Abwägung allein dem Beschwerdegegner obliegt, der auch diese Auflage ohne irgendeine Abschichtung in die Abwägung einbezogen hat.
100bb) Unter Ziff. 1.1.3. des Verfügungstenors der Ministererlaubnis I (insoweit unverändert geblieben) wird der Beteiligten zu 1. in dem den "Gesamtwirtschaftlichen Vorteilen der Zusammenschlüsse" gewidmeten Auflagenabschnitt Ziff. 1.1. eine "Absicherung der Regelungen in Ziff. 1.1.1. ("Change of Control") und 1.1.2. (Einholung der Einwilligung des BMWi vor der Veräußerung einer Kapital- oder Stimmrechtsmehrheit an der R.)" folgenden Inhalts auferlegt:
101Zur Absicherung der beiden vorgenannten Verpflichtungen wird E. R. als importierendes Ferngasunternehmen mit Leitungsnetz und Bezugsverträgen innerhalb ihres Konzerns im wesentlichen erhalten. E. wird dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zu diesem Zweck jeweils zum 1. Juni eines Jahres einen Bericht über den Status der R. innerhalb des E.-Konzerns vorlegen. Die Erfüllung möglicher gesetzlicher Pflichten wie z.B. der eigentumsrechtlichen Trennung von Netz und Handel steht dieser Verpflichtung nicht entgegen.
102(1.) Diese Auflage ist schon nach ihrem Wortlaut eindeutig als eine Bestimmung zu qualifizieren, die die Beteiligte zu 1. - für einen Zeitraum von zehn Jahren und damit ausreichend lang für eine Anwendung der §§ 42 Abs. 2 Satz 2, 40 Abs. 3 Satz 2 GWB - einer laufenden Verhaltenskontrolle unterstellt. Für zehn Jahre werden die gesellschaftsrechtlichen Einflußmöglichkeiten der Beteiligten zu 1. auf die Beteiligte zu 4. sehr erheblich vorbestimmt und zugleich (auf eine "Erhaltung im wesentlichen") eingeengt. Nicht auszuschließen ist, daß mit der Auflage – je nach wirtschaftlicher Entwicklung im allgemeinen und derjenigen der R. im besonderen – auch eine potentielle Investitionspflicht der Beteiligten zu 1. verbunden ist. Daß dies dem Auflagentypus unterfällt, der auf eine laufende Kontrolle des Verhaltens des beteiligten Unternehmens gerichtet ist, ergibt sich aus der oben unter 3. b) (vor aa)) dargestellten Auslegung dieses Begriffs (im Ergebnis ebenso: Möschel, BB 2002, 2077, 2081).
103(2.) Die Beteiligte zu 1. tritt dem mit dem Argument entgegen, die "Change of Control"-Auflage sei – "lediglich negativ formuliert" - ebenso struktureller Natur wie eine Veräußerungsauflage und damit keine unzulässige Verhaltensauflage (Schriftsatz vom 21. 10. 2002, S. 74). Ähnlich argumentieren die Beteiligten zu 2. und 3.: Sinn und Zweck der Auflage sei nicht, die Zusammenschlußbeteiligten einer laufenden Verhaltenskontrolle zu unterwerfen, sondern eine Marktstruktur aufrecht zu erhalten (Schriftsatz vom 21. 10. 2002, S. 45). Indessen kommt es für die Anwendung des § 40 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 42 Abs. 2 Satz 2 GWB auf den Effekt an, daß die Beteiligte zu 1. (nicht zu dem Hauptzweck der Aufrechterhaltung einer Marktstruktur, sondern) zur "Absicherung der gesamtwirtschaftlichen Vorteile des Zusammenschlusses" (vgl. Ministererlaubnis II, Tz. 48) auf zehn Jahre zu einem diesem Zweck entsprechenden Verhalten verpflichtet wird, das sogar ausdrücklich einer fortlaufenden Kontrolle unterworfen wird.
104Der Beschwerdegegner vertritt ebenfalls die Ansicht, eine laufende Verhaltenskontrolle im Sinne des § 40 Abs. 3 Satz 2 GWB werde durch die Auflage Ziff. 1.1. (die an dieser Stelle im Schriftsatz vom 25. 10. 2002, S. 61, nur insgesamt, nicht aufgegliedert nach den einzelnen Bestandteilen behandelt wird) nicht ausgelöst, ohne diese Ansicht weiter zu begründen. Er stellt (a.a.O.) außerdem die These auf, die gesamte Auflage sei auch nicht für die Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis entscheidungserheblich, und begründet dies folgendermaßen: Die Auflage solle den der Erlaubnisverfügung zugrunde liegenden Gemeinwohlvorteil, der auch ohne die Erfüllung der Auflage gegeben sei, absichern und für einen bestimmten Zeitraum verhindern, daß dieser Vorteil durch mögliche Eigentümerwechsel in Frage gestellt werde. Aufgrund der Befristung (zehn Jahre) und wegen der faktisch nur sehr begrenzten Sanktionsmöglichkeiten führe diese Auflage jedoch nicht zur Erhöhung des Gewichts der Gemeinwohlvorteile im Rahmen der Abwägung. Er bezieht sich insoweit auf Tz. 67 der Ministererlaubnis II.
105Der Beschwerdegegner hat jedoch nicht die Dipositionsbefugnis, die der Sicherung der "Gesamtwirtschaftlichen Vorteile der Zusammenschlüsse" dienenden Auflagen (unter Ziff. 1.1.) der Rechtmäßigkeitsprüfung vorzuenthalten und für das Beschwerdeverfahren praktisch aus der Ministererlaubnis (I und II) zu entfernen. Diese Auflagen sind Bestandteil des Auflagenregimes. Auch bezogen auf sie heißt es in der Ministererlaubnis II (Tz. 66), die verfügten Auflagen seien "erforderlich". In anderem Zusammenhang (bei der Prüfung gemäß Art. 56 bis 60 EG) wird ausgeführt, diese Auflagen seien "durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt" (Ministererlaubnis II, Tz. 47). Das wird anschließend begründet: In Tz. 48 findet sich der Hinweis, die Auflagen dienten der Absicherung der gesamtwirtschaftlichen Vorteile des Zusammenschlusses, insbesondere der Sicherung eines hinreichenden Gasangebots in Deutschland zu angemessenen Preisen. Zum Schluß dieses Kapitels (Tz. 51) wird als Rechtfertigung angefügt, die Gewährleistung der Versorgungssicherheit hätte nicht durch andere Auflagen erreicht werden können. Alle diese Ausführungen in der Ministererlaubnis II beweisen, daß der Beschwerdegegner die hier in Rede stehende Auflage (sowohl das unter der Überschrift "1.1 Gesamtwirtschaftliche Vorteile der Zusammenschlüsse" zusammengefaßte Auflagenpaket als auch jede darin enthaltene Einzelauflage) bei Erlaß der Ministererlaubnis (I und II) als notwendig erachtet hat, und zwar auch bei dem in der Tz. 66 der Ministererlaubnis II enthaltenen Obersatz, daß die fusionsbedingten aktuellen Wettbewerbsbeschränkungen "nur unter Berücksichtigung der tenorierten Auflagen von den künftigen gesamtwirtschaftlichen Vorteilen aufgewogen werden". Dem steht auch nicht die Tz. 67 der Ministererlaubnis II entgegen. Dort wird der Sicherungszweck der hier in Rede stehenden Auflagen betont und der Standpunkt wiedergegeben, die Auflagen erhöhten nicht das Gewicht des Vorteils der Verbesserung der Versorgungssicherheit und beeinflußten insoweit nicht deren Ergebnis. Ob diese Erwägung stimmig ist, mag dahinstehen. Jedenfalls bedeutet sie nicht mehr, als daß in die "Waagschale" der Gemeinwohlvorteile im Sinne des § 42 Abs. 1 GWB noch mehr hineingelegt werden müsse, als wenn die Auflagen unter 1.1. mitgewogen worden wären. Damit wird diesen Auflagen aber nicht die notwendige Zugehörigkeit zum Auflagenregime streitig gemacht, und zwar als notwendiges Element der Absicherung der Verbesserung der Versorgungssicherheit, was zur Folge hat, daß sich die Auflagen einschließlich der hier entscheidungserheblichen Auflage 1.1.3. auch der Prüfung der Rechtmäßigkeit stellen müssen. Daß diese Prüfung zu dem Ergebnis führt, die Auflage verstoße gegen die §§ 42 Abs. 2 Satz 2, 40 Abs. 3 Satz 2 GWB, ist oben (1.) schon ausgeführt worden.
106c) Festzuhalten ist, daß wegen Verstoßes zweier Auflagen gegen das Verbot, die beteiligten Unternehmen (hier: die Beteiligten zu 1. und 4.) einer laufenden Verhaltenskontrolle zu unterstellen, auch ernstliche materiellrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis (I und II) begründet sind. Daß diese aus zwei Einzelverstößen resultierenden Zweifel die Ministererlaubnis in ihrer Gesamtheit erfassen, ergibt sich aus den Rechtsausführungen unter 3. a). Auch diese Zweifel reichen für sich allein schon dazu aus, die Zurückweisung der Aufhebungsanträge (abgesehen von dem Sonderfall der Beschwerdeführerin zu 7.) zu rechtfertigen.
107II. Außerkrafttreten der zugunsten der Beschwerdeführerin zu 7. erlassenen
108einstweiligen Anordnung
109Die Beschwerdeführerin zu 7. hat mit Schriftsatz ihrer jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vom 28. 11. 2002 erklärt, sie "ziehe sich aus dem Verfahren zurück". Damit hat sie, wie durch Auslegung klar erkennbar ist, nicht nur ihre ausdrücklich in Bezug genommenen Anträge vom 1. 10. 2002, sondern auch ihre vorherige Beschwerde vom 12. 8. 2002 zurückgenommen. Es versteht sich von selbst, daß dadurch der Senatsbeschluß vom 4. 9. 2002, soweit er die aufschiebende Wirkung der von der Beschwerdeführerin zu 7. eingelegten Beschwerde angeordnet und dazu noch ergänzende einstweilige Anordnungen erlassen hat, außer Kraft getreten ist. Diese Folge wird klarstellend im Tenor des vorliegenden Beschlusses festgehalten.
110III. Neue Anträge der Beschwerdeführerinnen zu 5., 8., 9. und 11.
111auf Erlaß einstweiliger Anordnungen
112Die vorgenannten Beschwerdeführerinnen, die bis zum Erlaß der Ministererlaubnis II keinen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde gestellt hatten, haben dies im Oktober 2002 nachgeholt.
1131.) Antrag der Beschwerdeführerin zu 5. (C. P.)
114Bezüglich der Beschwerdeführerin zu 5. macht die Beteiligte zu 1. mit eingehendem Vortrag (Schriftsätze vom 21. 10. 2002, S. 14 f., und vom 26. 11. 2002, S. 11 ff.) geltend, die Beschwerde sei mangels materieller Beschwer unzulässig. Zum Vortrag des letzten Schriftsatzes vom 26. 11. 2002 hat die Beschwerdeführerin noch nicht Stellung genommen. Es wird ihr empfohlen, eine substantiierte Stellungnahme unverzüglich – spätestens bis zum 6. Januar 2003 – einzureichen. Bis dahin hält der Senat den Antrag nicht für entscheidungsreif.
1152.) Antrag der Beschwerdeführerin zu 8. (G.)
116a) Bezüglich der Beschwerdeführerin zu 8. rügt die Beteiligte zu 1., deren am 12. 8. 2002 gegen die Ministererlaubnis I eingelegte Beschwerde sei unzulässig, weil sie der notwendigen Beschwerdebegründung (§ 66 Abs. 3 und 4 GWB) ermangele. Mit der in der Beschwerdeschrift enthaltenen bloßen Bezugnahme auf die Schriftsätze anderer Beteiligter im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz habe die Beschwerdeführerin zu 8. ihrer Begründungspflicht nicht genügt; mangels eigener Beschwerdebegründung habe sie jedenfalls keine materielle Beschwer geltend gemacht.
117Der Senat neigt dazu, der Rüge der Beteiligten zu 1. zumindest wegen des zuletzt wiedergegebenen Gesichtspunkts zu folgen. In den von anderen Beteiligten eingereichten Schriftsätzen, auf die die Beschwerdeschrift vom 12. 8. 2002 Bezug nimmt, findet sich naturgemäß nichts über die individuelle materielle Beschwer der Beschwerdeführerin zu 8. Eine solche muß aber bei einer Drittbeschwerde im Fusionskontrollverfahren nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. die im vorliegenden Verfahren erlassenen Beschlüsse vom 11., 25. 7. und 4. 9. 2002, m.w.N.) dargelegt werden; die bloße Beiladung im vorausgegangenen Kartellverwaltungsverfahren reicht nicht aus (Senatsbeschluß vom 19. 9. 2001 – Kart 22/01 (V) – WuW/E DE-R 759, 762 f., "NetCologne"). Der Senat erläßt daher keine einstweilige Anordnung auf Grund der Beschwerde vom 12. 8. 2002.
118b) Nun hat die Beschwerdeführerin zu 8. mit Schriftsatz vom 15. 10. 2002 rechtzeitig Beschwerde gegen die Ministererlaubnis II eingelegt und diese Beschwerde auch rechtzeitig mit Schriftsatz vom 14. 11. 2002 begründet. In ihrer Beschwerdeerwiderung vom 26. 11. 2002 (siehe S. 2) hat die Beteiligte zu 1. die Zulässigkeit dieser zweiten Beschwerde nicht ausdrücklich in Zweifel gezogen. Aus ihrer Beschwerdeerwiderung gegen die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 11. (eine Beschwerde, die hauptsächlich nur gegen die Ministererlaubnis II eingelegt worden ist) ergibt sich aber wohl, daß die Beteiligte zu 1. mit den gleichen Argumenten auch die zweite Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 8. für unzulässig hält: Gegen die Ministererlaubnis II könne (isoliert) keine statthafte Beschwerde eingelegt werden. Andernfalls würde der betreffende Beschwerdeführer dadurch begünstigt werden, daß im Gegensatz zu ihm andere am Verfahren beteiligte Unternehmen gegen die Ministererlaubnis I Beschwerde eingelegt und eine Entscheidung des Senats erwirkt haben, die der Beschwerdegegner zum Anlaß genommen habe, die vom Senat gerügten Verfahrensmängel in einem Nachverfahren gemäß § 45 Abs. 2 VwVfG zu heilen. Jedenfalls sei eine solche Beschwerde mangels Beschwer als unzulässig zurückzuweisen. Der Beschwerdegegner habe mit der Ministererlaubnis II lediglich die Auflagen gegenüber der Ministererlaubnis I verschärft. Die Auflagen führten nicht zu einer – die materielle Beschwer auslösenden – Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen auf dem relevanten Markt, sondern zu einer im Verhältnis zur Ministererlaubnis I weiteren Verbesserung; der Beschwerdeführer sei durch die verschärften Auflagen begünstigt und gerade nicht benachteiligt worden, habe also keine materielle Beschwer durch die Ministererlaubnis II erlitten (Schriftsatz vom 29. 11. 2002, S. 2 und 5).
119Dieser Ansicht vermag der Senat nicht zu folgen. Die Änderungsverfügung (Ministererlaubnis II), mit der der Beschwerdegegner das auf § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG gestützte Nachverfahren abgeschlossen hat, ist ihrerseits ein Verwaltungsakt (vgl. Brischke, DVBl 2002, 429, 432, m.w.N.), der wie jeder belastende Verwaltungsakt der Anfechtung unterliegt. Konsequent hat daher der Beschwerdegegner die Ministererlaubnis II auch mit einer allgemein formulierten Rechtsmittelbelehrung versehen. Die Ministererlaubnis II ist für die Beschwerdeführer (deren individuelle materielle Beschwer vorausgesetzt) deshalb belastend, weil der Beschwerdegegner von den verschiedenen verfahrensrechtlich denkbaren Möglichkeiten, die ihm nach der von ihm für anwendbar gehaltenen Vorschrift des § 45 VwVfG zu Gebote standen, sich nicht für die den Beschwerdeführern wirklich günstige Möglichkeit der Aufhebung der Ministererlaubnis I, sondern für deren Aufrechterhaltung unter teilweise verschärften Auflagen entschieden hat. In der Aufrechterhaltung der Ministererlaubnis liegt die (erneute) Belastung und Beschwer (sofern diese auch eine individuelle Betroffenheit darstellt) für die Beschwerdeführer. Daß sich die schon gegen die Ministererlaubnis I zulässig eingelegten Beschwerden nach der Ansicht des Beschwerdegegners (Schriftsätze vom 8. 10., 25. 10. [S. 11 f.] und 28. 11. 2002 [S. 2]), der der Senat beipflichtet, auch auf die Ministererlaubnis II – auf Grund der ihr vom Beschwerdegegner beigegebenen Funktion – erstrecken (vgl. auch BVerwGE 61, 307, 309), hindert nicht, eine erstmals gegen die (immer noch – erneuernd - belastende) Ministererlaubnis II eingelegte Beschwerde für statthaft zu halten. Daß andere Unternehmen mit ihren Beschwerden gegen die Ministererlaubnis I die Vorarbeit dafür geleistet haben, daß es überhaupt zu einer Änderungsverfügung und damit zu einer neuen "Chance" fristgerechter Anfechtung gekommen ist, ist verfahrensrechtlich kein taugliches Gegenargument. Der Senat hält daher die zweite Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 8. für statthaft.
120c) Abgesehen von den vorstehend abgehandelten Fragen hat keiner der anderen Verfahrensbeteiligten Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 8., insbesondere gegen ihre materielle Beschwer im Sinne einer individuellen Betroffenheit durch die Ministererlaubnis, geltend gemacht. Solche sind auch nicht ersichtlich, nachdem die Beschwerdeführerin zu 8. in der Beschwerdebegründung vom 14. 11. 2002 (S. 2 nebst Anlage) zu ihrer materiellen Beschwer vorgetragen hat. Daher kann sich der Senat beim jetzigen Verfahrensstand hinsichtlich der materiellen Beschwer mit dem Hinweis auf die Begründung begnügen, mit der das BMWi in seiner Verfügung vom 2. 5. 2002 die Beiladung der Beschwerdeführerin zu 8. gerechtfertigt hat: Sie sei – wie die Beschwerdeführerinnen zu 3. und 4. – durch das Zusammenschlußvorhaben in ihren wirtschaftlichen Interessen als Wettbewerber der Beteiligten zu 1. und 4. oder ihrer Konzern- und Beteiligungsunternehmen erheblich berührt und der geplante Zusammenschluß könnte ihre Verhaltensspielräume beim Absatz von Gas einschränken. Die Beschwerdeführerin zu 8. befindet sich daher in einer entsprechenden Wettbewerbs- und Marktsituation wie die Beschwerdeführerinnen zu 3. und 4., deren materielle Beschwer der Senat im Beschluß vom 25. 7. 2002 (unter I., S. 10) schon bejaht hat.
121d) Die Beteiligten zu 2. und 3. wenden gegen den Antrag der Beschwerdeführerin zu 8. auf Erlaß einstweiliger Anordnungen ein, dieser Antrag vom 14. 10. 2002 sei mangels Eilbedürftigkeit unzulässig, nachdem schon am 12. 8. 2002 Beschwerde eingelegt worden sei; der große Zeitabstand zeige, daß die Anordnung der aufschiebenden Wirkung für die Beschwerdeführerin zu 8. keine besondere Dringlichkeit habe (Schriftsatz II. vom 28. 10. 2002, S. 4). Der Senat kann offen lassen, ob diese Erwägung im Ansatz überhaupt schlüssig ist. Der Einwand der Beteiligten zu 2. und 3. bezieht sich jedenfalls nur auf die schon am 12. 8. 2002 eingelegte Beschwerde, nicht auf die zweite Beschwerde vom 15. 10. 2002. Bezogen auf diese Beschwerde kann an der Eilbedürftigkeit des Antrags vom 14. 10. 2002 jedenfalls nicht gezweifelt werden.
122e) Der Antrag der Beschwerdeführerin zu 8. auf Erlaß einstweiliger Anordnungen ist auch sachlich gerechtfertigt. Insoweit nimmt der Senat auf seinen Beschluß vom 25. 7. 2002 [Kart 25/02 (V), Abschnitte II. bis IV., WuW/E DE-R 926 ff.] sowie auf den Abschnitt I. des vorliegenden Beschlusses Bezug.
1233.) Antrag der Beschwerdeführerin zu 9. (a.)
124Diesen Antrag hält der Senat derzeit noch nicht für entscheidungsreif, weil die Beteiligte zu 1. gegen die vom BMWi ausgesprochene Beiladung der (späteren) Beschwerdeführerin zu 9. Beschwerde eingelegt hat, über die der Senat wegen des Verfahrensablaufs noch nicht hat entscheiden können.
1254.) Antrag der Beschwerdeführerin zu 11. (F...)
126a) Die Beschwerdeführerin zu 11. hat seinerzeit keine Beschwerde gegen die Ministererlaubnis I, sondern mit Schriftsatz vom 17. 10. 2002 hauptsächlich gegen die Ministererlaubnis II, "hilfsweise" zugleich gegen die Ministererlaubnis I Beschwerde eingelegt. Gegen die Zulässigkeit dieser Beschwerde hat nur die Beteiligte zu 1. Einwände erhoben, die oben unter III. 2. b) schon wiedergegeben und als nicht berechtigt abgelehnt worden sind. Die Gründe hierfür gelten selbstverständlich auch für die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 11.
127Zweifel an der materiellen Beschwer der Beschwerdeführerin zu 11. (im Sinne einer individuellen Betroffenheit der Beschwerdeführerin zu 11., vgl. die oben unter III. 2. a) zitierte Rechtsprechung des Senats) sind nicht geltend gemacht worden und sind beim jetzigen Verfahrensstand auch nicht ersichtlich. Über die vom BMWi in der Beiladungsverfügung vom 12. 3. 2002 dargelegte erhebliche Berührung der Interessen der Beschwerdeführerin zu 11. hinaus hat sie in ihrer Antragsschrift vom 17. 10. 2002 dargelegt und durch eidesstattliche Versicherung ihres Legal Counsel H (vom 18. 10. 2002) glaubhaft gemacht, daß sie teils unmittelbare, teils (insbesondere auf dem deutschen Markt) potentielle Wettbewerberin vor allem der Beteiligten zu 4., aber auch der Beteiligten zu 1. nebst einigen ihrer Tochtergesellschaften ist, und daß sich ihre Wettbewerbssituation bei ihrem bevorstehenden Eintritt in den deutschen Markt zur Belieferung von Weiterverteilern und Endkunden mit Erdgas infolge des Zusammenschlusses E./R. erheblich belastet, vor allem ihre wettbewerbliche Entwicklung stark eingeschränkt werden würde.
128b) Zur sachlichen Rechtfertigung des Antrags der Beschwerdeführerin zu 11. gilt das oben unter III. 2. e) Gesagte.
129IV. Anträge auf Ergänzung der bisher erlassenen einstweiligen Anordnungen
1301.) Auf Antrag der Beschwerdeführerin zu 6. vom 18. 9. 2002 hat der Senat bereits mit Beschluß vom 18. 9. 2002 die zugunsten dieser Beschwerdeführerin am 4. 9. 2002 erlassenen einstweiligen Anordnungen – klarstellend – dahin ergänzt, daß die Anordnungen auch für die weiteren bis zur Beschwerdeentscheidung ergehenden Verfügungen des Beschwerdegegners gelten, die die von der Beteiligten zu 1. angemeldeten Zusammenschlüsse gemäß § 42 GWB – gegebenenfalls auch unter Auflagen und/oder Bedingungen – erlauben. Mit Schriftsatz vom 10. 10. 2002 beantragt die Beschwerdeführerin zu 6., ausdrücklich "lediglich zum Zwecke der Klarstellung", eine umfangreiche Neufassung des Senatsbeschlusses vom 18. 9. 2002 (i.V.m. dem vorherigen Beschluß vom 4. 9. 2002). Auch im Hinblick auf das prozessuale Verhältnis der Ministererlaubnisse I und II zueinander, das der Beschwerdegegner und der Senat für das vorliegende Beschwerdeverfahren übereinstimmend beurteilen (vgl. oben III. 2. b) ), sieht der Senat keinen Bedarf für die beantragte (weitere) Klarstellung. Der Vorbehalt in Ziff. 2 der Beschlußformel des Senatsbeschlusses vom 18. 9. 2002 kann allerdings entfallen.
1312.) Die Beschwerdeführer zu 2. bis 4. haben am 19. 9. und 10. 10. 2002 dem vorstehend erwähnten Antrag der Beschwerdeführerin vom 18. 9. 2002 entsprechende Anträge gestellt. Diesen gibt der Senat zur Klarstellung aus den im Senatsbeschluß vom 18. 9. 2002 dargestellten Gründen, auf die Bezug genommen wird, statt.