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Tenor zum Beschluss v. 11.07.2002:
I.
Auf die Anträge der Antragstellerinnen zu 1. und 2. ergehen vorläufig bis zur endgültigen Entscheidung über die Anordnungsanträge - wegen der Dringlichkeit der Sache ohne vorherige Anhörung des Antragsgegners und der übrigen Verfahrensbeteiligten - folgende einstweilige Anordnungen:
1.
Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde, die die Antragstellerin zu 1. gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 5. Juli 2002 - Gesch.-Z.: I B 1 -220840/129 - (Erlaubnis zu den vom Bundeskartellamt mit Be-schlüssen vom 17. Januar 2002 [E./G.] und vom 26. Februar 2002 [E./B.] untersagten Zusammenschlußvorhaben unter Auflagen) eingelegt hat, so-wie der Beschwerde, die die Antragstellerin zu 2. gegen die vorbezeichnete Verfügung des Antragsgegners ebenfalls schon eingelegt hat oder noch einlegen wird, wird angeordnet.
2.
Die Anordnung zu 1. bedeutet zugleich, daß es den Beteiligten zu 1. bis 15. untersagt ist, die angemeldeten Zusammenschlüsse zu vollziehen oder am Vollzug dieser Zusammenschlüsse mitzuwirken. Ergänzend wird der Betei-ligten zu 1. ferner untersagt, Anteile an den Beteiligten zu 3., zu 4. und zu 14. zu erwerben, die - allein oder zusammen mit Anteilen, die der Beteilig-ten zu 1. im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB gehören - 25 vom Hundert oder mehr des Kapitals oder der Stimmrechte der Beteiligten zu 3., zu 4. o-der zu 14. erreichen oder die Beteiligte zu 1. in die Lage versetzen, unmit-telbar oder mittelbar einen wettbewerblich erheblichen Einfluß (im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB) auf die Beteiligte zu 3., zu 4. oder zu 14. aus-zuüben.
3.
Für den Fall, daß die Beteiligten zu 1. bis 14. schon mit der Vollziehung der angemeldeten Zusammenschlüsse begonnen oder diese (auch teilweise) schon vollzogen haben, wird
a)
der Beteiligten zu 1. untersagt, Stimmrechte aus Anteilen an den Beteiligten zu 3. und zu 14. und damit mittelbar an der Beteiligten zu 4. auszuüben o-der Einfluß auf die Geschäftsführung der Beteiligten zu 3., zu 14. und/oder zu 4. (einschließlich etwaiger Tochtergesellschaften) zu nehmen,
b)
der Beteiligten zu 1. untersagt, Aufsichtsrats-, Geschäftsführungs- und Vorstandsämter bei den Beteiligten zu 3., zu 14. und/oder zu 4. mit Organ-mitgliedern oder Mitarbeitern der Beteiligten zu 1. oder ihrer Konzerngesell-schaften zu besetzen,
c)
der Beteiligten zu 2. untersagt, sich einer Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten als Gesellschafter der Beteiligten zu 3. zu enthalten,
d)
den Beteiligten zu 5. bis 13. untersagt, sich einer Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten als Gesellschafter der Beteiligten zu 14. zu enthalten.
II.
Der Senat behält sich vor, die zunächst vorläufig getroffenen Anordnungen zu I. ganz oder teilweise zu ändern, sobald der Antragsgegner und die übri-gen Verfahrensbeteiligten - zumindest die Verfahrensbeteiligten zu 1. bis 15. - Gelegenheit gehabt haben werden, zu den Anordnungsanträgen vom 5. und 10. Juli 2002 Stellung zu nehmen (siehe nachfolgend III.).
III.
1.
Termin zur mündlichen Verhandlung über die Anordnungsanträge wird be-stimmt auf den
24. Juli 2002, 11.30 Uhr, Plenarsaal des Oberlandesgerichts.
2.
Alle Verfahrensbeteiligten werden gebeten, eventuell beabsichtigte schrift-sätzliche Stellungnahmen bis zum 22. Juli 2002 (Eingang auf der Ge-schäftsstelle des Kartellsenats) einzureichen.
3.
Die bisher nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen Verfahrensbeteilig-ten werden darauf hingewiesen, daß sie sich, falls sie sich aktiv am Verfah-ren vor dem Beschwerdegericht (Kartellsenat) beteiligen wollen, durch ei-nen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt als Bevoll-mächtigten vertreten lassen müssen (§ 68 Satz 1 GWB; dieser Hinweis gilt gemäß § 68 Satz 2 GWB nicht für den Antragsgegner).
4.
Vorsorglich werden die Ladungsfrist und die Einlassungsfrist auf zwei Tage abgekürzt.
IV.
Der Antragsgegner wird aufgefordert, die Verfahrensakten dem Senat un-verzüglich zu übersenden.
Tenor zum Beschluss vom 25.07.2002:
I.
Der auf die Anträge der Antragstellerinnen zu 1. und 2. erlassene Senats-beschluß vom 11. Juli 2002 wird zu Ziffer I. der Beschlußformel bis zur Be-schwerdeentscheidung aufrecht erhalten.
II.
Auf die Anträge der Antragstellerinnen zu 3. und 4. ergehen folgende einst-weilige Anordnungen:
1.
Die aufschiebende Wirkung der Beschwerden, die die Antragstellerinnen zu 3. und 4. gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 5. Juli 2002 - Gesch.-Z.: I B 1 -220840/129 - (Erlaubnis zu den vom Bundeskartellamt mit Beschlüssen vom 17. Januar 2002 [E./G.] und vom 26. Februar 2002 [E./B.] untersagten Zusammenschlußvorhaben unter Auflagen) eingelegt haben, wird angeordnet.
2.
Die Anordnung zu II. 1. bedeutet zugleich, daß es den Beteiligten zu 1. bis 15. untersagt ist, die angemeldeten Zusammenschlüsse zu vollziehen und einen schon begonnenen Vollzug fortzusetzen oder am Vollzug einschließ-lich der Fortsetzung eines schon begonnenen Vollzugs dieser Zusammen-schlüsse mitzuwirken. Ergänzend wird der Beteiligten zu 1. ferner unter-sagt, Anteile an den Beteiligten zu 3., zu 4. und zu 14. zu erwerben, die - allein oder zusammen mit Anteilen, die der Beteiligten zu 1. im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB gehören - 25 vom Hundert oder mehr des Kapitals o-der der Stimmrechte der Beteiligten zu 3., zu 4. oder zu 14. erreichen oder die Beteiligte zu 1. in die Lage versetzen, unmittelbar oder mittelbar einen wettbewerblich erheblichen Einfluß (im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB) auf die Beteiligte zu 3., zu 4. oder zu 14. auszuüben.
3.
Für den Fall, daß die Beteiligten zu 1. bis 14. schon mit der Vollziehung der angemeldeten Zusammenschlüsse begonnen oder diese (auch teilweise) schon vollzogen haben, wird
a)
der Beteiligten zu 1. untersagt, Stimmrechte aus Anteilen an den Beteiligten zu 3. und zu 14. und damit mittelbar an der Beteiligten zu 4. auszuüben o-der Einfluß auf die Geschäftsführung der Beteiligten zu 3., zu 14. und/oder zu 4. (einschließlich etwaiger Tochtergesellschaften) zu nehmen,
b)
der Beteiligten zu 1. untersagt, Aufsichtsrats-, Geschäftsführungs- und Vorstandsämter bei den Beteiligten zu 3., zu 14. und/oder zu 4. mit Organ-mitgliedern oder Mitarbeitern der Beteiligten zu 1. oder ihrer Konzerngesell-schaften zu besetzen,
c)
der Beteiligten zu 2. untersagt, sich einer Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten als Gesellschafter der Beteiligten zu 3. zu enthalten,
d)
den Beteiligten zu 5. bis 13. untersagt, sich einer Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten als Gesellschafter der Beteiligten zu 14. zu enthalten.
III.
Die in der mündlichen Verhandlung am 24. Juli 2002 gestellten Anträge des Antragsgegners und der Beteiligten zu 1. bis 4., die Anträge der Antrag-stellerinnen zu 1. bis 4. zurückzuweisen und die vom Senat am 11. Juli 2002 vorläufig erlassenen einstweiligen Anordnungen aufzuheben, werden zurückgewiesen.
Tenor zum Beschluss vom 16.12.2002:
I.
Zur Klarstellung wird festgestellt, daß der Senatsbeschluß vom 4. Septem-ber 2002 infolge der Zurücknahme der Beschwerde der Beschwerdeführe-rin zu 7. außer Kraft getreten ist, soweit der Senat die aufschiebende Wir-kung dieser Beschwerde angeordnet und ergänzende einstweilige Anord-nungen zugunsten der Beschwerdeführerin zu 7. erlassen hat.
II.
Die Anträge des Beschwerdegegners sowie der Beteiligten zu 1. bis 3. auf Aufhebung der mit den Senatsbeschlüssen vom 11. Juli, 25. Juli, 4. Sep-tember und 18. September 2002 erlassenen einstweiligen Anordnungen werden zurückgewiesen.
III.
Auf die Anträge der Beschwerdeführerinnen zu 8. und zu 11. ergehen fol-gende einstweilige Anordnungen:
1.
Die aufschiebende Wirkung der Beschwerden, die die Beschwerdeführerin-nen zu 8. und 11. gegen die Ministererlaubnis des Beschwerdegegners - Erlaubnisverfügung vom 5. Juli 2002 in der Fassung der Änderungsverfü-gung vom 18. September 2002 - [Gesch.-Z.: I B 1 -220840/129 (Erlaubnis zu den vom Bundeskartellamt mit Beschlüssen vom 17. Januar 2002 [E.../G...] und vom 26. Februar 2002 [E.../B...] untersagten Zusam-menschlußvorhaben unter Auflagen)] eingelegt haben, wird angeordnet.
2.
Die Anordnung zu III. 1. bedeutet zugleich, daß es den Beteiligten zu 1. bis 15. untersagt ist, die angemeldeten Zusammenschlüsse zu vollziehen und einen schon begonnenen Vollzug fortzusetzen oder am Vollzug einschließ-lich der Fortsetzung eines schon begonnenen Vollzugs dieser Zusammen-schlüsse mitzuwirken. Ergänzend wird der Beteiligten zu 1. ferner unter-sagt, Anteile an den Beteiligten zu 3., zu 4. und zu 14. zu erwerben, die - allein oder zusammen mit Anteilen, die der Beteiligten zu 1. im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB gehören - 25 vom Hundert oder mehr des Kapitals o-der der Stimmrechte der Beteiligten zu 3., zu 4. oder zu 14. erreichen oder die Beteiligte zu 1. in die Lage versetzen, unmittelbar oder mittelbar einen wettbewerblich erheblichen Einfluß (im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB) auf die Beteiligte zu 3., zu 4. oder zu 14. auszuüben.
3.
Für den Fall, daß die Beteiligten zu 1. bis 14. schon mit der Vollziehung der angemeldeten Zusammenschlüsse begonnen oder diese (auch teilweise) schon vollzogen haben, wird
a)
der Beteiligten zu 1. untersagt, Stimmrechte aus Anteilen an den Beteiligten zu 3. und zu 14. und damit mittelbar an der Beteiligten zu 4. auszuüben o-der Einfluß auf die Geschäftsführung der Beteiligten zu 3., zu 14. und/oder zu 4. (einschließlich etwaiger Tochtergesellschaften) zu nehmen,
b)
der Beteiligten zu 1. untersagt, Aufsichtsrats-, Geschäftsführungs- und Vorstandsämter bei den Beteiligten zu 3., zu 14. und/oder zu 4. mit Organ-mitgliedern oder Mitarbeitern der Beteiligten zu 1. oder ihrer Konzerngesell-schaften zu besetzen,
c)
der Beteiligten zu 2. untersagt, sich einer Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten als Gesellschafter der Beteiligten zu 3. zu enthalten,
d)
den Beteiligten zu 5. bis 13. untersagt, sich einer Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten als Gesellschafter der Beteiligten zu 14. zu enthalten.
IV.
Auf jeweiligen Antrag der Beschwerdeführerinnen zu 2. bis 4. werden die Senatsbeschlüsse vom 11. Juli und 25. Juli 2002 zur Klarstellung folgen-dermaßen ergänzt:
Die zugunsten der Beschwerdeführerinnen zu 2. bis 4. erlassenen einstwei-ligen Anordnungen gelten auch für die Änderungsverfügung des Beschwer-degegners vom 18. September 2002 (siehe oben III. 1.).
V.
Der Vorbehalt zu Ziffer 2. der Beschlußformel des Senatsbeschlusses vom 18. September 2002 entfällt.
VI.
Der Beschwerdeführerin zu 5. wird aufgegeben, unverzüglich - spätestens bis zum 6. Januar 2003 - zum Schriftsatz der Beteiligten zu 1. vom 26. No-vember 2002, soweit dieser Schriftsatz die Zulässigkeit der Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 5. betrifft, Stellung zu nehmen.
Gründe zum Beschluss vom 11.07.2002:
2Gegen die mit Schreiben vom 15. 2. und vom 4. 3. 2002 beantragte Erlaubnis, die der Antragsgegner mit Verfügung vom 5. 7. 2002 zu den zuvor vom Bundeskartellamt untersagten Zusammenschlußvorhaben E./G. und E./B. erteilt hat, hat die Antragstellerin zu 1. - laut ihren Angaben - am 8. 7. 2002 beim Antragsgegner Beschwerde eingelegt. Die Antragstellerin zu 2. hat mit Schriftsatz vom 10. 7. 2002 gegenüber dem Senat erklärt, sie werde unverzüglich Beschwerde gegen die vorgenannte Verfügung erheben. Beide Antragstellerinnen waren vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (fortan: BMWi) zum Verwaltungsverfahren beigeladen worden (Verfügung vom 12. 3. 2002). Der Senat erläßt auf die bei ihm unmittelbar gestellten Anträge dieser Beigeladenen hin im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes ohne Anhörung der übrigen Verfahrensbeteiligten gemäß den §§ 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3, 64 Abs. 3, 60 Nr. 3 GWB die aus der Beschlußformel ersichtlichen einstweiligen Anordnungen. Es ist auf Grund der Umstände des vorliegenden Falls - wie noch auszuführen sein wird - angemessen und den übrigen Verfahrensbeteiligten zumutbar, daß den Anordnungsanträgen vorläufig stattgegeben wird und die übrigen Verfahrensbeteiligten insoweit auf nachträgliches rechtliches Gehör verwiesen werden (sh. die Beschlußformel zu II. und III.). Der Senat hat bei dieser Entscheidung den Inhalt der von den Beteiligten zu 1., 2. und 3. eingereichten Schutzschriften berücksichtigt.
3I. Gemäß § 65 Abs. 4 Satz 1 GWB ist (auch) der Anordnungsantrag der Antragstellerin zu 2. zulässig, obwohl sie, als sie ihren Antrag beim Senat stellte, die von ihr beabsichtigte Beschwerde noch nicht eingereicht hatte. Die Beschwerdeberechtigung der Antragstellerinnen folgt aus den §§ 63 Abs. 2 (i. V. m. Abs. 1 und 4 sowie §§ 48 Abs. 1 und 42), 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB. Der Senat geht nach dem derzeit ihm bekannten Sachstand davon aus, daß die Beschwerden (die Beschwerde der Antragstellerin zu 2. für den Fall, daß sie form- und fristgerecht eingelegt werden wird) auch im übrigen statthaft und zulässig sind. Nach der Rechtsprechung des Kammergerichts (Beschluß vom 9. 5. 2001 - Kart 18/99 -, WuW/E DE-R 688, 689) und des Senats (Beschluß vom 19. 9. 2001 - Kart 22/01 (V) -, WuW/E DE-R 759 ff., 762 f.) ist für die Zulässigkeit einer Beschwerde, die ein Beigeladener gegen die vom Bundeskartellamt ausgesprochene Freigabe eines Zusammenschlusses erhebt, eine durch die Freigabe verursachte materielle Beschwer des Beigeladenen erforderlich. Mit Blick auf das Ziel der Fusionskontrolle, die Märkte möglichst offen zu halten und Verschlechterungen der Wettbewerbsbedingungen auf den Märkten infolge übermäßiger Unternehmenskonzentrationen vorzubeugen, ist die Zulässigkeit der Beschwerde des Beigeladenen davon abhängig, daß er als Träger eigener Interessen in seinem unternehmerischen und wettbewerblichen Betätigungsfeld und Gestaltungsspielraum auf dem relevanten Markt durch die negative Veränderung der Wettbewerbsbedingungen, die durch die Freigabe eines Zusammenschlusses droht, betroffen ist. Bei der Anfechtung einer Ministererlaubnis (§ 42 GWB) durch einen Beigeladenen kann für die Zulässigkeit seiner Beschwerde im Prinzip nichts anderes gelten, weil die Ministererlaubnis die - vom Bundeskartellamt versagte - Freigabe des Zusammenschlusses ersetzen soll. Im jetzigen Verfahrensstadium begnügt sich der Senat - vorbehaltlich einer Würdigung etwaiger gegenteiliger Stellungnahmen anderer Verfahrensbeteiligter - mit der vorläufigen Feststellung, daß die Antragstellerin zu 1. als "unabhängiger Energie-Broker" (S. 29 ihrer Antragsschrift) und die Antragstellerin zu 2. als Energiehändlerin (beide auch auf dem Gasmarkt tätig) glaubhaft dargetan haben, daß die Ministererlaubnis eine materielle Beschwer in dem vorgenannten Sinne für sie zur Folge hat. Zur Rechtfertigung dieser Feststellung kann auf die Ausführungen des BMWi in seiner Beiladungsverfügung vom 12. 3. 2002 (S. 6 und 8) sowie bezüglich der Antragstellerin zu 2. auf die eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers Goethe vom 9. 7. 2002 (Anlage Ast 6) Bezug genommen werden.
4II. Der Senat hat nach seinen derzeitigen Erkenntnismöglichkeiten ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Erlaubnis der (insbesondere) von der Beteiligten zu 1. betriebenen Zusammenschlußvorhaben. Um die jetzt getroffenen einstweiligen Anordnungen gemäß § 65 Abs. 3 Satz 3 und Satz 1 Nr. 2 GWB zu rechtfertigen, bedarf es im derzeitigen Verfahrensstadium keiner Stellungnahme des Senats zur materiellrechtlichen Seite der Erlaubnisentscheidung (Feststellung der gesamtwirtschaftlichen Vorteile des Zusammenschlusses, die die fusionsbedingten Wettbewerbsbeschränkungen aufwiegen, oder Rechtfertigung des Zusammenschlusses durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit). Die ernstlichen Zweifel des Senats an der Rechtmäßigkeit der Verfügung des Antragsgegners resultieren aus der vorläufigen Beurteilung, daß die Verfügung - wie derzeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit angenommen werden muß - unter gravierenden Verfahrensfehlern zustande gekommen ist (nachfolgend 1.), und ferner daraus, daß der Antragsgegner ausweislich der schriftlichen Begründung seiner Verfügung überhaupt nicht geprüft hat, ob er am 5. 7. 2002 gemäß § 35 Abs. 3 GWB in Verbindung mit den Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vom 21. 12. 1989 (fortan: FKVO) überhaupt (noch) für die Freigabe der angemeldeten Zusammenschlußvorhaben zuständig war (nachfolgend 2.).
51. Im jetzigen Verfahrensstadium problematisiert der Senat nicht, daß der gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 GWB zuständige Ressortminister Dr. M., der eine Selbstablehnungsanzeige erstattet hatte, durch den beamteten Staatssekretär seines Ministeriums, Dr. T., vertreten worden ist. Vielmehr geht der Senat im folgenden von der Hypothese aus, daß Staatssekretär Dr. T. der rechtmäßig berufene Vertreter des Ministers für die Erteilung der Erlaubnis war.
6a) Gemäß § 56 Abs. 3 Satz 3 GWB ist in den Fällen des § 42 im Verfahren vor "dem Bundesministerium für Wirtschaft" u. a. der Satz 1 entsprechend anzuwenden. Satz 1 lautet: "In den Fällen des § 19 entscheidet die Kartellbehörde auf Grund öffentlicher mündlicher Verhandlung; mit Einverständnis der Beteiligten kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden" (Hervorhebung durch Kursivdruck hinzugefügt). Die in Satz 3 des § 56 Abs. 3 GWB angeordnete entsprechende Anwendung des Satzes 1 bedeutet, daß über den Antrag auf Erteilung einer Ministererlaubnis gemäß § 42 GWB - wenn kein Einverständnis aller Verfahrensbeteiligten mit dem Verzicht auf eine mündliche Verhandlung eingeholt worden ist (und ein solches Einverständnis existiert hier ausweislich der angefochtenen Verfügung nicht) - nicht ohne öffentliche mündliche Verhandlung der zuständigen ("entscheidenden") kartellbehördlichen Instanz entschieden werden darf, und daß die Entscheidung selbst auf der Grundlage ("auf Grund") der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergehen muß. Die Norm bezweckt vor allem, daß eine intensive, dem Interesse sowohl der Kartellbehörde als auch der betroffenen Unternehmen an einer richtigen Entscheidung dienende Erörterung aller Sach- und Rechtsfragen stattfindet und der Anspruch aller Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör gewährleistet ist (so schon für die Fälle des Abs. 1 des § 56 GWB, in denen die mündliche Verhandlung nicht von Gesetzes wegen obligatorisch ist, sondern auf Antrag eines Beteiligten anzuberaumen ist: Schmidt in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 56 Rdnr. 14; Bracher im Frankfurter Kommentar [FK], § 56 GWB 1999, Rdnr. 1).
7Dieses Verfahren, das als zumindest ein Element der eigenen Meinungs- und Überzeugungsbildung nach dem Gesetz obligatorisch ist (falls kein einverständlicher Verzicht auf die mündliche Verhandlung besteht), hat Staatssekretär Dr. T. nicht beachtet. Vor allem hat er selbst nicht die Verpflichtung, in welcher Art und Weise er den Anspruch aller Verfahrensbeteiligten, zu denen auch die Beigeladenen gehören (§ 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB; vgl. auch Bracher a.a.O., Rdnr. 5), auf rechtliches Gehör zu gewährleisten hat, erfüllt. Er war in der einzigen öffentlichen mündlichen Verhandlung des vorliegenden Verfahrens am 29. 5. 2002 überhaupt nicht anwesend; laut Rdnr. 71 der angefochtenen Verfügung hat das BMWi unter Leitung des Ministerialdirektors Dr. S. die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Nach dem jetzigen Erkenntnisstand des Senats stellt dies einen erheblichen Verfahrensfehler (Verstoß gegen § 56 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 GWB) dar. Denn nach dem Wortlaut des § 56 Abs. 3 Satz 1 GWB, der nach Satz 3 entsprechend anzuwenden ist, und nach dem Normzweck ist die Verfahrenspflicht der mündlichen Verhandlung mit der Entscheidung verknüpft und damit personell an den Entscheider selbst gebunden. Einzig zuständiger Entscheider war aber (unter der vorangestellten Prämisse, oben II. 1.) Staatssekretär Dr. T. persönlich. Dieser Normauslegung wird man nach Ansicht des Senats nicht mit Erfolg entgegenhalten können, daß Satz 3 des § 56 Abs. 3 GWB in der Fassung der 6. GWB-Novelle vom "Verfahren vor dem Bundesministerium für Wirtschaft" und nicht vom "Verfahren vor dem Bundesminister für Wirtschaft" (wie noch in § 53 Abs. 3 Satz 3 GWB a. F.) spricht. Denn die Auswechslung des Wortes "Bundesminister" durch "Bundesministerium" hat sowohl in § 42 Abs. 3 als auch in § 56 Abs. 3 Satz 3 GWB nur den Grund einer redaktionellen Überarbeitung; eine materielle Rechtsänderung hat der Gesetzgeber hiermit nicht verbinden wollen (vgl. die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf der 6. GWB-Novelle, zitiert nach dem WuW-Sonderheft 1998, S. 106 [zu § 42 n.F.] und S. 110 [zu § 56 n.F.]). Maßgebend ist, daß die personenbezogene Formulierung ("der Bundesminster") in § 42 Abs. 1 Satz 1 GWB aufrecht erhalten worden ist; damit sollte nach wie vor die persönliche politische Verantwortung des Ministers für die (sog.) Ministererlaubnis unterstrichen werden (vgl. die Bundesregierung a.a.O., S. 106). Diese an die Person des Ministers (oder seines Vertreters) gebundene Entscheidung ist nach Satz 1 des § 56 Abs. 3 GWB, der unter Beachtung des § 42 Abs. 1 Satz 1 GWB "entsprechend" anzuwenden ist, untrennbar verbunden ("auf Grund") mit der Verfahrenspflicht der öffentlichen mündlichen Verhandlung.
8Ganz abgesehen davon, daß es nicht der Zweck des § 56 Abs. 3 Satz 3 GWB ist, § 42 Abs. 1 Satz 1 GWB einzuschränken, läßt sich die Wortwahl in § 56 Abs. 3 Satz 3 GWB durchaus sinnvoll erklären: "Kartellbehörde" (vgl. den Wortlaut in § 56 Abs. 3 Satz 1 GWB) in den Fällen des § 42 GWB ist nicht der Bundesminister für Wirtschaft persönlich, sondern das Bundesministerium für Wirtschaft (vgl. § 48 Abs. 1 GWB). Deshalb findet auch das gesamte Verfahren über den Erlaubnisantrag in einem alles umfassenden Sinne (vgl. auch § 42 Abs. 3 und § 59 Abs. 6 Satz 1 GWB) "vor dem Bundesministerium für Wirtschaft" statt, dem die Zuständigkeit im Sinne der sachlichen Zuständigkeitsabgrenzung zukommt. Innerhalb des BMWi hat der Gesetzgeber (§ 42 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 GWB) zwingend und insoweit absolut vorrangig eine spezielle funktionelle Zuständigkeit des Ministers für die Entscheidung über den Erlaubnisantrag normiert (so zutreffend das von der Beteiligten zu 1. eingereichte Gutachten von Bundesverfassungsrichter a.D. Prof. Dr. K. und Prof. Dr. P. vom 29. 6. 2002, S. 11 f.). Diese funktionelle Zuständigkeit des Ministers für die Entscheidung verknüpft § 56 Abs. 3 GWB wiederum mit der Verfahrenspflicht der mündlichen Verhandlung.
9Daß in allen vorangegangenen Ministererlaubnisverfahren der Bundesminister für Wirtschaft selbst laut Rdnr. 92 der angefochtenen Verfügung noch nie an einer mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, ist kein beachtliches Argument. Wenn die vom Senat hier vertretene Normauslegung richtig ist, war die bisherige Praxis der Bundesminister für Wirtschaft gesetzwidrig. Eine gesetzwidrige Praxis der Administrative kann aber nicht aus eigener Kraft eine Norm der ersten Staatsgewalt, der Legislative, außer Geltung setzen.
10b) Mindestens ebenso wichtig wie die Anwesenheit des Ministers (oder seines amtierenden Vertreters) in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist der Normbefehl des § 56 Abs. 3 GWB, daß die Entscheidung selbst nur "auf Grund" der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergehen darf. Mit dieser von der Norm bezweckten besonders wirksamen Gewährleistung rechtlichen Gehörs für alle Verfahrensbeteiligten ist das Gebot verbunden, daß der gesamte entscheidungserhebliche Sachverhalt einschließlich entscheidungsrelevanter Erklärungen von Beteiligten Gegenstand der mündlichen Verhandlung sein muß. Schon aus der allgemeinen Pflicht einer Behörde zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs folgt, daß sie ihrer Entscheidung nur diejenigen Tatsachen, bedeutsamen Erklärungen von Beteiligten und Beweisergebnisse zugrunde legen darf, zu denen sich alle Beteiligten äußern konnten (vgl. u. a. Senatsbeschluß vom 21. 12. 1976 - Kart 4/76 (V), WuW/E OLG 1820, 1821). Bei neuem Vorbringen oder Erklärungen von Beteiligten, das/die aus der Sicht der Kartellbehörde für die Entscheidung erheblich sein kann/können, müssen vor der Entscheidung die anderen Beteiligten noch einmal angehört werden. In den Verfahren mit obligatorischer mündlicher Verhandlung (wie hier) muß gegebenenfalls die mündliche Verhandlung wiedereröffnet werden (vgl. statt aller: Bracher a.a.O., Rdnr. 34 i.V.m. Rdnr. 5, 6, 8, 15, 20, m.w.Nachw.).
11Nach dem jetzigen Erkenntnisstand des Senats besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß entscheidungserhebliche Erklärungen der Beteiligten zu 1. erst nach der mündlichen Verhandlung vom 29. 5. 2002 abgegeben worden, also nicht Gegenstand dieser mündlichen Verhandlung gewesen sind, und eine zumindest überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, daß jedenfalls die beiden Antragstellerinnen zu den (nachfolgend behandelten) entscheidungserheblichen Erklärungen der Beteiligten zu 1. überhaupt nicht angehört worden sind. Wenn das zutreffen sollte (was im weiteren Gerichtsverfahren zu klären ist), wäre das ein gravierender Verfahrensfehler, der der angefochtenen Verfügung anhaftet.
12In der angefochtenen Verfügung (u. a. in Rdnr. 156) wird als ein entscheidungserheblicher "gesamtwirtschaftlicher Vorteil" (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 1 GWB) die Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Ruhrgas bezeichnet. In diesem Zusammenhang (vgl. Rdnr. 107 ff. der Verfügung) wird die Eignung der von der Beteiligten zu 1. angestrebten Zusammenschlüsse hervorgehoben, die begrenzten finanziellen Möglichkeiten der Ruhrgas entscheidend zu verbessern (Rdnr. 112). Allerdings - so heißt es in der Verfügung (Rdnr. 112) weiter - sei die Verfügbarkeit über finanzielle Mittel allein kein hinreichender Gesichtspunkt im Ministererlaubnisverfahren. Erforderlich sei auch die Bereitschaft, als strategischer Investor finanzielle Ressourcen in erheblichem Umfang zugunsten der Entwicklung des Beteiligungsunternehmens einzusetzen. Unmittelbar darauf schließt sich die Feststellung des Staatssekretärs Dr. T. in seiner Verfügung an: "Dies ist hier der Fall. E. hat eine entsprechende schriftliche Erklärung abgegeben, wonach sie bereit ist, mittelfristig finanzielle Mittel in Höhe von 6 bis 8 Mrd. Euro für die Entwicklung der R. aufzuwenden. Dies entspricht auch der objektiv erkennbaren Interessenlage: . . . .". In der angefochtenen Verfügung wird nicht dargelegt, wann die Beteiligte zu 1. die vorbezeichnete, vom Staatssekretär Dr. T. als entscheidungserheblich eingestufte schriftliche Erklärung abgegeben hat. Da in den Untersagungsbeschlüssen des Bundeskartellamts und in dem kurz vor der mündlichen Verhandlung vom 29. 5. 2002 erstatteten Gutachten der Monopolkommission von einer solchen Erklärung nicht die Rede ist, ist es in hohem Maße wahrscheinlich, daß die Erklärung entweder erst danach abgegeben oder der Kenntnisnahme der übrigen Beteiligten vorenthalten worden ist. Nach den Umständen des Falls, soweit sie jetzt schon für den Senat erfaßbar sind, ist es ferner zumindest überwiegend wahrscheinlich, daß der Vortrag der Antragstellerin zu 1. (S. 54 ihrer Antragsschrift vom 5. 7. 2002) zutrifft, daß ihr (und ihrem anwaltlichen Vertreter) die Erklärung auch später bis zum Erlaß der Verfügung nicht bekannt gegeben worden ist.
13Im Meinungsstreit der Befürworter und Gegner der Freigabe der Zusammenschlüsse bzw. der Ministererlaubnis waren und sind besonders wichtig die eventuell erforderlichen Auflagen. Innerhalb der gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 GWB unverzichtbaren "Abwägung zwischen Wettbewerbsbeschränkungen und Gemeinwohlgründen" (Verfügung Rdnr. 140 ff.) führt Staatssekretär Dr. T. aus, E. habe "die Auflagen" (womit nach dem Textzusammenhang nur die im Verfügungstenor an die Beteiligte zu 1. gerichteten Auflagen gemeint sein können) "angeboten", und diese Auflagen seien geeignet und erforderlich, das Gewicht der vom Bundeskartellamt festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen erheblich zu mindern und das Gewicht der Gemeinwohlvorteile der Fusion E./R. so weit zu erhöhen, daß die Wettbewerbsbeschränkungen von den Gemeinwohlvorteilen aufgewogen werden. Das bedeutet, daß nur allen Auflagen zusammen diese Eignung attestiert wird, und daß, wenn nur eine Auflage ausfiele, erst recht, wenn mehrere Auflagen ausfielen, die mit der Fusion verbundenen Gemeinwohlvorteile unzureichend wären, um die fusionsbedingten Wettbewerbsbeschränkungen in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung zu kompensieren. Wiederum ist es in hohem Maße wahrscheinlich, daß die Angebotserklärung der Beteiligten zu 1., die den Staatssekretär Dr. T. ausweislich Rdnr. 140 seiner Verfügung veranlaßt hat, die Erlaubnis zu erteilen und dabei die vom Angebot gedeckten Auflagen zu machen, bezüglich der Mehrheit der Angebotselemente
14(ausgenommen also die von der Beteiligten zu 1. schon in den Verfahren vor dem Bundeskartellamt angebotenen Auflagen wie bestimmte eingeschränkte Maßnahmen zur Förderung des Gas-Durchleitungswettbewerbs sowie die Veräußerung folgender E.-eigener Beteiligungen: 22 % an B., 12,95 % an G. und 5,26 % an V.; vgl. jeweils Rdnr. 7 der Beschlüsse des Bundeskartellamts vom 17. 1. und 26. 2. 2002)
15nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 29. 5. 2002 war und daher entweder erst später abgegeben worden oder der Kenntnisnahme der übrigen Beteiligten vorenthalten worden ist. Denn auch im Gutachten der Monopolkommission, in dem das Thema der Auflagen eingehend behandelt worden ist, ist keine Rede davon, daß die Beteiligte zu 1. über das dem Bundeskartellamt unterbreitete Angebot hinaus weitere Auflagen "angeboten" habe. Es ist ferner auch hier zumindest überwiegend wahrscheinlich, daß der Vortrag der Antragstellerin zu 1. (S. 54 ihrer Antragsschrift) und der Antragstellerin zu 2. (S. 69 f. ihrer Antragsschrift vom 10. 7. 2002) zutrifft, daß ihnen (und ihren anwaltlichen Vertretern) die Erklärung der Beteiligten zu 1. mit ihrer für den Staatssekretär Dr. T. bedeutsamen Erweiterung der angebotenen Auflagen nicht bekannt gegeben worden ist. Der Glaubhaftmachung des Vortrags der Antragstellerinnen dienen die von ihnen vorgelegten Presseartikel, wonach insbesondere zu dem Thema, E. müsse bei den Auflagen "nachlegen", für Mittwoch, den 3. 7. 2002, ein letztes (!) Treffen zwischen Staatssekretär Dr. T. (sowie seinen Beamten) und der E.-Spitze angesetzt worden sei ("Der Spiegel", Heft 27/2002, S. 94, 95; Anlage BF 28 der Antragstellerin zu 1.); laut einem Presseartikel in der Berliner Zeitung (BZ) vom 4. 7. 2002 hat am Vortag (Mittwoch, den 3. 7. 2002) in der Tat ein Gespräch des Staatssekretärs Dr. T. mit dem E.-Vorstandsvorsitzenden H. und dem "R.-Chef" B. stattgefunden (von der Antragstellerin zu 2. als Anlage AST 20 vorgelegt). Ein Dementi zu diesem Faktum ist dem Senat nicht bekannt geworden. Es wird im weiteren Verlauf des Anordnungs- und Beschwerdeverfahrens zu klären sein, ob die hier im Abschnitt II. 1. b) behandelten Erklärungen der Beteiligten zu 1. bei diesem Gespräch am 3. 7. 2002 oder bei einem etwaigen vorhergehenden Gespräch mit Staatssekretär Dr. T. oder Beamten des BMWi abgegeben worden sind. Daß gerade die unter Rdnr. 140 der angefochtenen Verfügung zitierte Angebotserklärung der Beteiligten zu 1. den übrigen Verfahrensbeteiligten hätte bekannt gegeben werden müssen, damit sie einschließlich der Antragstellerinnen Gelegenheit zur Stellungnahme erhielten, ob die jetzt erweitert in Betracht kommenden Auflagen zur Kompensierung der Wettbewerbsbeschränkungen geeignet seien (und dies sogar in Form einer öffentlichen mündlichen Verhandlung), versteht sich nach den vorstehenden Rechtsausführungen von selbst.
16c) Sollten im weiteren gerichtlichen Verfahren die unter II. 1. a) und b) behandelten Verfahrensfehler definitiv festgestellt werden, wofür derzeit im Sinne des § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB unter dem Aspekt ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung eine erhebliche Wahrscheinlichkeit besteht, so wäre die angefochtene Verfügung schon deshalb insgesamt (weil unteilbar) rechtswidrig. Es ist außerordentlich zweifelhaft, ob diese Verfahrensfehler im Beschwerdeverfahren noch geheilt werden können. Der Senat hat in seinem Beschluß vom 21. 12. 1976 (WuW/E OLG 1820, 1821) die Ansicht vertreten, eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch die Kartellbehörde könne im Rechtsmittelverfahren jedenfalls dann nicht geheilt werden, wenn es sich um eine Ermessensentscheidung handele und nicht der seltene Fall der sogenannten Ermessensschrumpfung gegeben sei, bei der lediglich eine Entscheidung rechtlich möglich sei (zustimmend: Bracher a.a.O., Rdnr. 22; Schmidt a.a.O., § 56 Rdnr. 10). Nun ist die Ministerentscheidung gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 GWB zwar keine Ermessensentscheidung. Dem Minister steht aber nach verbreiteter Auslegung des § 42 GWB ein weiter Beurteilungsspielraum hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Vorteile und des überragenden Interesses der Allgemeinheit zur Verfügung (vgl. Mestmäcker/Veelken in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 42 Rdnr. 41). Legt man dies zugrunde, könnte das Beschwerdegericht eine verfahrensfehlerhaft zustande gekommene Erlaubnisentscheidung des Ministers nicht - nach Gewährung nachträglichen rechtlichen Gehörs - durch eine eigene Entscheidung ersetzen, sondern müßte die Ministerentscheidung aufheben. Das beurteilt sich im übrigen nach § 46 VwVfG (das VwVfG ist subsidiär auf das Verfahren über einen Erlaubnisantrag gemäß § 42 GWB anwendbar): Nur dann, wenn offensichtlich ist, daß die Verletzung von Verfahrensvorschriften (hier vor allem die Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör) die Entscheidung in der Sache nicht beeinflußt hat, besteht kein Anspruch auf Aufhebung des Verwaltungsakts (also der Entscheidung). Das wird man bei Entscheidungen, für die das materielle Recht der Behörde Beurteilungsspielraum eröffnet (wie hier), in aller Regel nicht annehmen können (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 46, Rdnr. 32; ebenso für das Kartellrecht: Bracher, a.a.O., Rdnr. 22). So liegt aller Wahrscheinlichkeit der Fall auch hier. Eine gegenteilige Annahme liefe letztlich darauf hinaus, Staatssekretär Dr. T. zu unterstellen, daß er nach den vorstehend unter b) behandelten Erklärungen der Beteiligten zu 1. für Gegenvortrag und sachliche Argumente der übrigen Beteiligten, daß den Erklärungen, insbesondere den angebotenen Auflagen, auch in ihrer Gesamtheit die genügende Eignung fehle, die (auch unter Berücksichtigung der Norm des § 42 GWB) bestehenden kartellrechtlichen Bedenken gegen die Zusammenschlüsse auszuräumen, nicht mehr aufgeschlossen und für eine Berücksichtigung bei der Abwägung nicht mehr empfänglich gewesen wäre. Das kann nicht angenommen werden, und das wird sich Staatssekretär Dr. T. auch nicht nachsagen lassen. Demzufolge besteht aus derzeitiger Sicht und nach dem jetzigen Erkenntnisstand des Senats auch bei den gebotenen hohen Anforderungen an die Feststellung ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung eine für § 65 Abs. 3 Satz 3 und Satz 1 Nr. 2 GWB hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Aufhebung der Verfügung.
172. Der Senat hat nach seinen derzeitigen Erkenntnismöglichkeiten noch in einem weiteren, vom vorstehenden Kapitel II. 1. unabhängigen Punkt erhebliche Bedenken (im Sinne des § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB) gegenüber der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung.
18Gemäß § 35 Abs. 3 GWB finden die Vorschriften des GWB einschließlich der Befugnis des Bundesministers für Wirtschaft, einen vom Bundeskartellamt untersagten Zusammenschluß gemäß § 42 GWB zu erlauben, keine Anwendung, soweit die EU-Kommission gemäß der EWG-Fusionskontrollverordnung vom 21. 12. 1989 (fortan: FKVO) ausschließlich zuständig ist. Gemäß Art. 1 und Art. 21 Abs. 1 sowie Abs. 2 Unterabsatz 1 FKVO ist die EU-Kommission ausschließlich für die Kontrolle aller Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung zuständig; insoweit dürfen die Mitgliedstaaten ihr innerstaatliches Wettbewerbsrecht [also auch § 42 GWB] nicht auf Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung anwenden. Das Bundeskartellamt hatte seine Zuständigkeit und die Anwendbarkeit des GWB - trotz der "Größe" der vorliegenden Zusammenschlüsse - ausschließlich damit begründet, daß alle beteiligten Unternehmen jeweils mehr als zwei Drittel ihres gemeinschaftsweiten Umsatzes in einem Mitgliedstaat (Deutschland) erzielen (vgl. Art. 1 Abs. 2 - letzter Halbsatz - FKVO). Im übrigen waren nach den Feststellungen des Bundeskartellamts über die Höhe der Umsätze jedenfalls der Beteiligten zu 1. und 4. alle Voraussetzungen für die gemeinschaftsweite Bedeutung im Sinne der FKVO erfüllt.
19Die Antragstellerin zu 1. macht geltend, daß die Beteiligte zu 1. schon im Jahre 2001 - bei einer Berechnung der Umsätze nach den Vorschriften der EU-Kommission - in Deutschland nur einen Anteil von 65,4 % des europaweiten und damit vermutlich auch des gemeinschaftsweiten Umsatzes (jedenfalls weniger als 66,6 %) erreicht habe, so daß die Voraussetzungen des Art. 1 FKVO schon damals erfüllt gewesen seien (dieser Punkt ist für den Senat völlig offen und muß eventuell der Klärung im Beschwerdeverfahren vorbehalten bleiben). Vor allem aber macht die Antragstellerin zu 1. geltend, in den für das Kartellverwaltungsverfahren aufgestellten Umsatzzahlen der Beteiligten zu 1. für 2001 seien die Umsätze mehrerer Tochtergesellschaften, insbesondere der V. Oel AG, enthalten gewesen, die inzwischen veräußert worden seien (V. Oel AG zum 1. 2. 2002; zwei Gesellschaften, nämlich M. und K. &Co. KG, sogar schon im Jahre 2001), so daß sich schon deshalb der Anteil des Inlandsumsatzes gegenüber dem übrigen gemeinschaftsweiten Umsatz vermindere. Eine weitere in die gleiche Richtung verlaufende Anteilsumschichtung sei sodann durch den am 1. 7. 2002 vollendeten Erwerb der britischen P. plc verursacht worden. Nach den der Antragstellerin zu 1. derzeit nur beschränkt möglichen eigenen Berechnung liege jetzt der Anteil des Inlandsumsatzes vom gemeinschaftsweiten Umsatz des Konzerns der Beteiligten zu 1. zwischen 49,4 und 60,1 %, jedenfalls deutlich unter 66,6 %. Die Antragstellerin zu 1. hat ihre Darlegungen zwecks Glaubhaftmachung durch Geschäftsberichte und Pressemitteilungen unterlegt.
20Soweit es dem Senat bekannt ist, hat die Beteiligte zu 1. ihre in diesem Verfahren verfolgten Zusammenschlußvorhaben nicht (auch) nach der FKVO bei der EU-Kommission angemeldet. Wenn man zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung (5. 7. 2002), zu dem die rechtliche Befugnis zur Erteilung der Erlaubnis für den Bundesminister für Wirtschaft (oder seinen Vertreter) noch bestanden haben muß (vgl. Schmidt a.a.O., § 71 GWB, Rdnr. 8 bei Fußn. 34, m.w.Nachw.), eine Prüfung der Zuständigkeit der EU-Kommission (nur) nach dem Text der FKVO und der erläuternden Bekanntmachung der EU-Kommission über die Berechnung des Umsatzes im Sinne der FKVO (ABl. 1994 C 385/21) vornehmen würde, müßte man - unter Zugrundelegung der in der Größenordnung plausiblen Anteilsberechnung der Antragstellerin zu 1. - zu einer spätestens seit dem 1. 7. 2002 bestehenden ausschließlichen Zuständigkeit der EU-Kommission und einer dementsprechenden Anmeldepflicht der an den Zusammenschlußvorhaben Beteiligten (allen voran der Beteiligten zu 1.) gelangen. Die Relevanz der nach dem Jahresende 2001 oder nach förmlicher Erstellung des Jahresabschlusses 2001 durchgeführten (und vor einer [bisher nach Kenntnis des Senats noch gar nicht vorgenommenen] Anmeldung bei der EU-Kommission schon vollendeten) Veräußerungen und Erwerbe von Tochterunternehmen für die Umsatzberechung und damit für die Anwendbarkeit der FKVO nach EG-rechtlicher Anwendungspraxis ergibt sich aus Rdnr. 27 der vorgenannten Bekanntmachung (vgl. auch Immenga/Mestmäcker, EG Wettbewerbsrecht Band I, Art. 5 FKVO, Rdnr. 5, m.w.Nachw.). Wenn man aufgrund der vorstehenden Erwägungen davon ausgeht (was selbstverständlich der weiteren Überprüfung bedarf), daß spätestens seit dem 1. 7. 2002 eine - ausschließliche - Zuständigkeit der EU-Kommission für die Kontrolle der hier zu beurteilenden Zusammenschlußvorhaben entstanden ist, hatte Staatssekretär Dr. T. am 5. 7. 2002 keine Rechtsmacht mehr, die Zusammenschlüsse kartellrechtlich gemäß § 42 GWB zu erlauben (Art. 21 Abs. 2 FKVO und § 35 Abs. 3 GWB). Die weitere Rechtsfolge bestünde darin, daß seit dem 5. 7. 2002 durchgeführte Rechtsgeschäfte der Beteiligten zu 1. bis 14. zum Vollzug der dem Schein nach erlaubten Zusammenschlüsse gemäß Art. 7 Abs. 1 und Abs. 5 FKVO unwirksam wären. Das alles müßte der Senat als Beschwerdegericht beachten.
21Gegenüber dahin zielenden Erwägungen hat die Beteiligte zu 1. mit Schriftsatz vom 11. 7. 2002 unter Vorlage eines Presseberichts aus "vwd Europa" vom 5. 7. 2002 eingewandt, die EG-Kommission bestätige dort, daß sie nach EG-Kartellrecht keinen Grund für ein Tätigwerden sehe. In dem Presseartikel wird ein Sprecher von EU-Wettbewerbskommissar M. zitiert, der mit Blick auf die Übernahme von P. plc durch die Beteiligte zu 1. erklärt habe, dadurch habe sich die Konzernstruktur nach der Anmeldung verändert, wodurch sich aber rückwirkend nicht die Zuständigkeit ändere; das zur Intervention bei der EU-Kommission entschlossene Unternehmen [es ist die Beteiligte zu 25. des vorliegenden Verfahrens] irre sich, wenn es annehme, daß die EU-Kommission den Fall untersuchen werde.
22Der Senat kann diese Zeitungsnotiz nicht als eine verbindliche Klärung der Rechtslage nach der FKVO ansehen. Mit Blick auf den Vorrang des EG-Rechts vor nationalem Recht und auf die Vorschriften der FKVO (insbesondere die §§ 4 Abs. 1, 6 Abs. 1, 21, 22) sowie die Erwägungsgründe des Rats der EG zur FKVO (insbesondere Nr. 7, 10, 13, 14, 16, 17, 26, 27, 29) hält es der Senat bei seinen jetzigen Erkenntnismöglichkeiten für sehr zweifelhaft, ob eine Anmeldung eines Zusammenschlußvorhabens bei einer nationalen Kartellbehörde die EU-Kommission hindert, einen Zusammenschluß, der durch Konzernumstrukturierungen zwischen der nationalen Anmeldung und Freigabe eine erhebliche gemeinschaftsweite Bedeutung erlangt, kontrollieren zu dürfen. Wenn das wirklich zutreffen sollte (was eventuell mit Hilfe europarechtlicher Instanzen, z. B. durch eine Vorlage zum EuGH gemäß Art. 234 EG, geklärt werden müßte, sofern es für die Beschwerdeentscheidung erheblich ist), wäre immer noch zu klären, auf welche nationale Anmeldung es im vorliegenden Fall ankommt: auf diejenige beim Bundeskartellamt, obwohl das dort betriebene Verfahren durch nicht angefochtene Untersagung des Zusammenschlusses beendet worden ist, oder auf die Anmeldung beim BMWi (15. 2. 2002), die nach den Darlegungen der Antragstellerin der Veräußerung der umsatzstarken V. Oel AG durch die Beteiligte zu 1. zeitlich nachfolgte. Wenn es auf die letztgenannte Anmeldung ankommt, weil sie ein weitgehend eigenständiges Fusionskontrollverfahren in Gang gesetzt hat, müßten die Umsatzberechnungen im Sinne des Art. 1 FKVO auf jeden Fall neu vorgenommen werden (vgl. § 35 Abs. 3 GWB). Dazu enthält die angefochtene Verfügung nichts, was die Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit jedenfalls verstärkt.
233. Mit Blick auf die die erlassenen Anordnungen bereits tragenden Ausführungen unter II. 1. und 2. braucht der Senat im jetzigen Verfahrensstadium auf die weiteren Rügen der Antragstellerinnen gegen die angefochtene Verfügung nicht Stellung zu nehmen.
24III. Die unter II. dargestellten ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Erlaubnis der von der Beteiligten zu 1. angestrebten Zusammenschlüsse rechtfertigen nach dem jetzigen Erkenntnisstand des Senats, die aufschiebende Wirkung der Beschwerden der Antragstellerinnen anzuordnen. Da die der Fusionskontrolle (wie hier) unterliegenden Zusammenschlußvorhaben allenfalls dann wirksam vollzogen werden können, wenn sie vom Antragsgegner - wirksam (vgl. auch oben II. 2.) - erlaubt worden sind, bedeutet die Anordnung des Senats, daß das Vollzugsverbot gemäß § 41 Abs. 1 GWB einstweilen fortdauert (vgl. I. Nr. 2 Satz 1 der Beschlußformel). Die ergänzende Anordnung in I. Nr. 2 Satz 2 der Beschlußformel dient der Unterstützung der Durchsetzung des Vollzugsverbots. Sofern die Beteiligten zu 1. bis 14. mit der Vollziehung der angemeldeten Zusammenschlüsse schon begonnen haben (was nach Pressemitteilungen, z. B. der FAZ vom 10. 7. 2002, der Fall zu sein scheint), bezwecken die weiteren Anordnungen in I. Nr. 3 der Beschlußformel gemäß den §§ 64 Abs. 3, 60 Nr. 3 GWB, den derzeit bestehenden Zustand aufrecht zu erhalten, insbesondere damit die Möglichkeit einer etwaigen Entflechtung nicht tatsächlich weiter erschwert wird.
25Da infolge der Erlaubnisentscheidung des Antragsgegners jederzeit mit dem (weiteren) Vollzug der Zusammenschlüsse zu rechnen ist (vgl. auch die vorgenannte Pressemitteilung), ist der [mit Blick auf den Umfang der Sache nicht früher möglich gewesene] Erlaß der vom Senat getroffenen einstweiligen Anordnungen - im Interesse eines möglichst effektiven Rechtsschutzes - außerordentlich dringlich. Unter diesen Umständen ist es angemessen und den anderen Verfahrensbeteiligten einschließlich des Antragsgegners zumutbar, daß sie erst nachträglich rechtliches Gehör erhalten, zumal da der Senat die erlassenen Anordnungen ganz oder teilweise aufheben oder ändern kann (und wird), sofern sie sich später als nicht gerechtfertigt herausstellen. Der Senat ist nach wie vor der Ansicht (vgl. schon den Senatsbeschluß vom 11. 4. 2001 - Kart 22/01 (V), WuW/E DE-R 665 ff.), daß bei den (vom Senat gestellten) hohen Anforderungen an die Feststellung "ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit" einer angefochtenen kartellbehördlichen Verfügung (§ 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB) es im wohlverstandenen Interesse auch der Zusammenschlußbeteiligten liegt, den (weiteren) Vollzug eines beabsichtigten Zusammenschlusses aufgrund einer erteilten Ministererlaubnis, deren Aufhebung nun einmal infolge der Beschwerde(n) ernstlich in Betracht kommt, einstweilen noch zu unterlassen, um die erheblichen Schwierigkeiten einer Entflechtung zu vermeiden.
26Gründe zum Beschluss vom 25.07.2002:
27Gegen die mit Schreiben vom 15. 2. und vom 4. 3. 2002 beantragte Erlaubnis, die der Antragsgegner mit Verfügung vom 5. 7. 2002 zu den zuvor vom Bundeskartellamt untersagten Zusammenschlußvorhaben E./G. und E./B. erteilt hat, haben die Antragstellerinnen zu 1. bis 4. jeweils Beschwerde eingelegt. Die Antragstellerinnen waren vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (fortan: BMWi) zum Verwaltungsverfahren beigeladen worden (Verfügungen vom 12. 3. und 2. 5. 2002). Der Senat hat auf die bei ihm unmittelbar gestellten Anträge der Antragstellerinnen zu 1. und 2. vom 5. 7. und 10. 7. 2002 durch Beschluß vom 11. 7. 2002 - im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes ohne Anhörung der übrigen Verfahrensbeteiligten - gemäß den §§ 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3, 64 Abs. 3, 60 Nr. 3 GWB die aufschiebende Wirkung der Beschwerden dieser beiden Antragstellerinnen angeordnet und ergänzende einstweilige Anordnungen erlassen, deren Inhalt den aus der vorstehenden Beschlußformel unter II. 2. und 3. ersichtlichen Anordnungen entspricht. Mit Schriftsätzen vom 12. 7. und 16. 7. 2002 haben auch die Antragstellerinnen zu 3. und 4. einstweilige Anordnungen - mit dem gleichen Ziel wie die Antragstellerinnen zu 1. und 2. - beantragt.
28Über die vorgenannten Anträge der vier Antragstellerinnen ist am 24. 7. 2002 vor dem Senat mündlich verhandelt worden. Der Antragsgegner und die Beteiligten zu 1. bis 4. haben jeweils die Zurückweisung der Anträge und die Aufhebung der einstweiligen Anordnungen des Senats vom 11. 7. 2002 beantragt. Die übrigen Beteiligten haben keine Anträge gestellt.
29Die Anträge der vier Antragstellerinnen haben Erfolg. Die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerden gegen die vom Staatssekretär Dr. T. erlassene und unterzeichnete Erlaubnisverfügung vom 5. 7. 2002 (fortan auch als "Ministererlaubnis vom 5. 7. 2002" bezeichnet) ist anzuordnen. Daher bestätigt der Senat seine am 11. 7. 2002 zugunsten der Antragstellerinnen zu 1. und 2. beschlossenen vorläufigen Anordnungen und erläßt inhaltlich gleiche einstweilige Anordnungen zugunsten der Antragstellerinnen zu 3. und 4.
30I. Beschwerdeberechtigung
31Bedenken gegen die Beschwerdeberechtigung der Antragstellerinnen, die aus den §§ 63 Abs. 2 (i. V. m. Abs. 1 und 4 sowie §§ 48 Abs. 1 und 42), 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB folgt, sind in der mündlichen Verhandlung nicht hervorgetreten. Der Senat hat in seinem Beschluß vom 11. 7. 2002 darauf hingewiesen, daß nach der Rechtsprechung des Kammergerichts (Beschluß vom 9. 5. 2001 - Kart 18/99 -, WuW/E DE-R 688, 689) und des Senats (Beschluß vom 19. 9. 2001 - Kart 22/01 (V) -, WuW/E DE-R 759 ff., 762 f.) für die Zulässigkeit einer Beschwerde, die ein Beigeladener gegen die vom Bundeskartellamt ausgesprochene Freigabe eines Zusammenschlusses erhebt, eine durch die Freigabe verursachte materielle Beschwer des Beigeladenen erforderlich ist. Die Anforderungen an die Feststellung einer solchen materiellen Beschwer müssen vom Zweck der Fusionskontrolle her bestimmt werden. Mit Blick auf das Ziel der Fusionskontrolle, die Märkte möglichst offen zu halten und Verschlechterungen der Wettbewerbsbedingungen auf den Märkten infolge übermäßiger Unternehmenskonzentrationen vorzubeugen, ist die Zulässigkeit der Beschwerde des Beigeladenen davon abhängig, daß er als Träger eigener Interessen in seinem unternehmerischen und wettbewerblichen Betätigungsfeld und Gestaltungsspielraum auf dem relevanten Markt durch die negative Veränderung der Wettbewerbsbedingungen, die durch die Freigabe eines Zusammenschlusses droht, betroffen ist. Der Senat hat im Beschluß vom 11. 7. 2002 ferner seine Ansicht zum Ausdruck gebracht, daß bei der Anfechtung einer Ministererlaubnis (§ 42 GWB) durch einen Beigeladenen für die Zulässigkeit seiner Beschwerde im Prinzip nichts anderes gelten kann, weil die Ministererlaubnis die - vom Bundeskartellamt versagte - Freigabe des Zusammenschlusses ersetzen soll. Dagegen sind in der mündlichen Verhandlung am 24. 7. 2002 Einwände von Substanz nicht vorgebracht worden. Im Gegenteil: Der Antragsgegner hat ausdrücklich erklärt, die durch seine Erlaubnisverfügung vom 5. 7. 2002 verursachte materielle Beschwer der Antragstellerinnen werde nicht in Frage gestellt. Damit hat der Antragsgegner in dem Zusammenhang, in dem er dies erklärt hat ("zwar materielle Beschwer, aber kein Obsiegen der Antragstellerinnen in der Interessenabwägung mit Blick auf die einstweilige Anordnung"), zugleich zu erkennen gegeben, daß er die Zulässigkeit der Beschwerden insgesamt nicht in Zweifel zieht. Daher kann der Senat hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerden der Antragstellerinnen zu 1. und 2. einschließlich ihrer materiellen Beschwer auf die vorläufigen Feststellungen im Senatsbeschluß vom 11. 7. 2002 Bezug nehmen. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerden der Antragstellerinnen zu 3. und 4. einschließlich ihrer materiellen Beschwer genügt im jetzigen Verfahrensstadium der Hinweis auf die Begründung, mit der das BMWi in seiner Verfügung vom 2. 5. 2002 die Beiladung dieser beiden Antragstellerinnen gerechtfertigt hat: Diese seien durch das Zusammenschlußvorhaben in ihren wirtschaftlichen Interessen als Wettbewerber der Beteiligten zu 1. und 4. (E. AG und R. AG) oder ihrer Konzern- und Beteiligungsunternehmen erheblich berührt und der geplante Zusammenschluß könnte ihre Verhaltensspielräume beim Absatz von Gas einschränken. Daß diese Befürchtungen nicht nur theoretischer Natur sind, sondern Realitätsbezug haben, hat die Antragstellerin zu 4. in ihrer Antragsschrift vom 16. 7. 2002 (S. 13 - 15) dargelegt (unbestritten). Die Antragstellerin zu 3. hat in ihrer Antragsschrift vom 12. 7. 2002 (S. 12, 13) die ihr konkret drohende Verschlechterung der Marktchancen im Wettbewerb auf der Gasbeschaffungsseite dargelegt (unbestritten). Demzufolge ist nicht ersichtlich, daß Zweifel an der Zulässigkeit der vier Beschwerden berechtigt sein könnten.
32II. Grundsätzliche Bedenken gegen den Erlaß einstweiliger Anordnungen
33Der Antragsgegner macht grundsätzliche Bedenken dagegen geltend, daß vor der Beschwerdeentscheidung überhaupt die aufschiebende Wirkung der Beschwerden von Beigeladenen gegen die Erlaubnisverfügung vom 5. 7. 2002 - nebst ergänzenden einstweiligen Anordnungen - durch das Beschwerdegericht hergestellt wird, mit dem Ergebnis, daß auf Antrag von Wettbewerbern den Zusammenschlußbeteiligten verboten wird, den Zusammenschluß zu vollziehen, obwohl dieser von ihm (dem Antragsgegner) erlaubt worden ist:
341. Wenn die einstweiligen Anordnungen aufrecht erhalten würden, könne das dazu führen, daß (schon aus zeitlichen Gründen) das gesamte Zusammenschlußvorhaben scheitere. Damit werde den Wettbewerbern eine Position zugestanden, die ihnen nach dem Rechtsschutzsystem des GWB und ihrer verfahrensmäßigen Stellung nicht zukomme. Die Antragstellerinnen seien zum Verfahren vom BMWi nach § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB beigeladen worden, weil ihre Interessen, nicht etwa ihre Rechte, durch die Entscheidung als erheblich berührt angesehen worden seien. Das Gesetz habe die Beteiligung von Wettbewerbern am Verfahren (hier: über den Antrag auf Erteilung der Ministererlaubnis) und ihre Beschwerdebefugnis bewußt nicht von der Verletzung subjektiver Rechte abhängig gemacht, sondern eine [erhebliche] Interessenberührung (für die Beiladung) oder Interessenbeeinträchtigung (für die materielle Beschwer) ausreichen lassen. Das unterscheide das Beschwerdeverfahren des GWB grundsätzlich vom Klageverfahren nach der VwGO, in dem die Anfechtung einer Verfügung nach § 42 Abs. 2 VwGO nicht nur die Interessenbeeinträchtigung, sondern die Verletzung subjektiver Rechte des Klägers voraussetze; dementsprechend könne ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung beim Verwaltungsgericht regelmäßig nur Erfolg haben, wenn der Antragsteller eine Verletzung subjektiver Rechte darlegen könne. Im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes in mehrpoligen Rechtsverhältnissen sei anerkannt, daß nicht allein darauf abgestellt werden könne, wie derjenige, der eine Belastung abwehren möchte, im Verhältnis zur öffentlichen Gewalt ausreichenden (effektiven) Rechtsschutz erhalte. Vielmehr gehe es um die Ausbalancierung widerstreitender Grundrechtspositionen, die in ein angemessenes Verhältnis zueinander zu bringen seien. Diese Überlegungen müßten erst recht im Fall der Beschwerde eines Dritten gegen eine Ministererlaubnis gelten: Beim Empfänger der Erlaubnis sei eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition betroffen (Art. 12 und 14 GG); dies sei bei dem Dritten, der keinen (verfassungsrechtlichen) Schutz vor einer Verschlechterung seiner Wettbewerbssituation genieße, nicht der Fall. In einem Verfahren, das entweder durch eine Freigabeentscheidung des Bundeskartellamts oder durch eine Ministererlaubnis abgeschlossen werde, gebe es keinen Anlaß, dem lediglich seine eigenen Interessen verfolgenden Beschwerdeführer [Beigeladenen] eine so starke Position einzuräumen, daß er durch Anträge auf einstweilige Maßnahmen der Entscheidung der Behörde vorläufig, materiell aber möglicherweise endgültig, die Wirkung nehmen könne. Das gelte umso mehr, als die Erlaubnisentscheidung bei den unmittelbar betroffenen Unternehmen Rechtspositionen verwirkliche und damit der Aufschub der Erlaubnisentscheidung in Rechte dieser Unternehmen eingreife. In diesem Zusammenhang werde auch geltend gemacht, daß die gegen die Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis vom 5. 7. 2002 vorgebrachten Gründe keinesfalls so schwer wögen, daß die einstweiligen Anordnungen des Senats vom 11. 7. 2002 auch über die mündliche Verhandlung hinaus aufrecht erhalten bleiben könnten. Selbst wenn für den Senat weiterhin "Zweifel" an der Rechtmäßigkeit der Verfügung bestehen sollten, könnten diese nicht als "ernstlich" bewertet werden.
35Die Beteiligte zu 1. hat sich in der mündlichen Verhandlung den vorstehenden grundsätzlichen Bedenken des Antragsgegners angeschlossen. In Zweifelsfällen dürfe die aufschiebende Wirkung von Beschwerden gegen eine Ministererlaubnis nicht angeordnet werden.
362. Den grundsätzlichen Bedenken kann nicht beigepflichtet werden. Sie beruhen auf einer Verkennung der Rechtslage und sind auch in sich unschlüssig.
37a) Vorab sei darauf hingewiesen, daß es durchaus fragwürdig erscheint, die etwaige Rechtsposition der Zusammenschlußbeteiligten (insbesondere der Beteiligten zu 1.), in die im vorliegenden Verfahren über die Beschwerden gegen die Ministererlaubnis vom 5. 7. 2002 durch einstweilige Anordnungen eingegriffen wird, als eine sogar "grundrechtlich geschützte" zu qualifizieren. Als Vorgabe für das vorliegende Verfahren ist festzuhalten, daß die von den Zusammenschlußbeteiligten beabsichtigten Zusammenschlüsse nach den Entscheidungen des Bundeskartellsamts marktbeherrschende Stellungen verstärken und daher den Untersagungstatbestand des § 36 Abs. 1 GWB erfüllen, mit der Rechtsfolge, daß die Zusammenschlußbeteiligten gemäß den §§ 35 bis 41 GWB gerade kein Recht auf Freigabe ihres Vorhabens und auf Vollziehung der geplanten Zusammenschlüsse haben. An diese Feststellungen des Bundeskartellamts ist der Antragsgegner im Verfahren gemäß § 42 GWB gebunden (das ist jedenfalls dann, wenn die Feststellungen des Bundeskartellamts - wie hier [s. Rdnr. 83, 94 der angefochtenen Verfügung] - nicht "offensichtlich unplausibel, spekulativ oder widersprüchlich" sind, ganz herrschende Meinung, vgl. Mestmäcker/Veelken in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 42, Rdnr. 21 und 29 m.w.Nachw.; Ruppelt in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 9. Aufl., § 42 GWB, Rdnr. 2 m.w.Nachw.). Die §§ 35 bis 41 GWB sind zweifellos regelnde, Schranken bildende Gesetze im Sinne der Art. 12 Abs. 1 Satz 2 und 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Bis zu diesem Punkt der Überlegungen kann also im vorliegenden Verfahren von einer "grundrechtlich geschützten" Rechtsposition der Zusammenschlußbeteiligten keine Rede sein. Die Schranke des § 36 Abs. 1 GWB, deren Existenz und Berechtigung das Bundeskartellamt verbindlich (für das vorliegende Verfahren) festgestellt hat, kann nur durch Gemeinwohlvorteile im Sinne des § 42 Abs. 1 GWB, die der Antragsgegner als Folgen der beabsichtigten Zusammenschlüsse erkennen und (mit einer nachvollziehbaren Prognoseentscheidung) feststellen muß, überwunden werden. Auf diesen durch eine politische Instanz (vgl. Ruppelt a.a.O., Rdnr. 1; Mestmäcker/Veelken a.a.O., Rdnr. 27) zu erkennenden und festzustellenden Gemeinwohlvorteilen beruht die Ministererlaubnis (vgl. auch Bechtold, GWB, 2. Aufl., § 42, Rdnr. 2). Man wird schwerlich sagen können, daß diese Gemeinwohlvorteile etwas mit dem (gar grundrechtlichen) Schutz der Rechtsposition der Zusammenschlußbeteiligten zu tun haben. Vielmehr sind die Interessen der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen im Zusammenhang mit den gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zusammenschlusses nur erheblich, wenn und soweit sie mit dem öffentlichen Interesse an der ausnahmsweisen Zulassung von Marktbeherrschung durch Zusammenschluß übereinstimmen (Mestmäcker/Veelken a.a.O., Rdnr. 26). Mit den vorstehenden Erwägungen soll nicht in Zweifel gezogen werden, daß die am Zusammenschlußvorhaben beteiligten Unternehmen - nach allgemeiner Rechtsansicht (vgl. Bechtold a.a.O., Rdnr. 5; Mestmäcker/Veelken a.a.O., Rdnr. 41; Ruppelt a.a.O., Rdnr. 1) - bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 42 GWB einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Ministererlaubnis haben. Das rechtfertigt es aber noch nicht, diesem Rechtsanspruch, dessen Grundlage wesentlich in Gemeinwohlvorteilen und öffentlichen Interessen zu sehen ist, die überhöhende Qualifizierung eines grundrechtlichen Schutzes der Zusammenschlußbeteiligten beizumessen. Daß ein Rechtsanspruch gemäß § 42 GWB anerkannt wird, bedeutet für sich nur, daß die Ministererlaubnis kein Akt politischen Ermessens, sondern - bei einem weiten Beurteilungsspielraum in der Feststellung der Gemeinwohlvorteile - ein rechtlich gebundener Verwaltungsakt ist (vgl. Mestmäcker/Veelken a.a.O., Rdnr. 41).
38Ebenso fragwürdig an der Argumentation des Antragsgegners (und der Beteiligten zu 1.), mit der der absolute Vorrang der etwaigen Rechtsposition der Zusammenschlußbeteiligten gegenüber der Position der (beschwerdeberechtigten) Beigeladenen für das Verfahrensstadium bis zur Beschwerdeentscheidung gerechtfertigt werden soll, ist es, daß die schutzwürdigen Interessen dieser beigeladenen Unternehmen (im Vergleich mit den Zusammenschlußbeteiligten) herabqualifiziert werden [vgl. insb. S. 5 und 7 des Schriftsatzes des Antragsgegners vom 22. 7. 2002: es gehe "nur um Interessen" der Beschwerdeführer, die "keinen (verfassungsrechtlichen) Schutz vor einer Verschlechterung ihrer Wettbewerbssituation genießen"]. Es kann (zumindest nach dem jetzigen Sach- und Streitstand) nicht in Zweifel gezogen werden und ist vom Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich anerkannt worden, daß die wettbewerblichen und unternehmerischen Interessen der Antragstellerinnen durch die Ministererlaubnis vom 5. 7. 2002 in kartellrechtsspezifischer Weise beeinträchtigt werden. Weshalb nun diese Beeinträchtigung keine Bedeutung für das durch Art. 14 GG (ebenso wie bei den Zusammenschlußbeteiligten prinzipiell) geschützte Recht an ihrem Unternehmen und für die durch Art. 12 GG (ebenso wie bei den Zusammenschlußbeteiligten prinzipiell) geschützte Freiheit ihrer unternehmerischen Betätigung haben soll, begründet der Antragsgegner nicht näher. Die Erteilung der Ministererlaubnis gemäß § 42 GWB, die die zum Schutze des Wettbewerbs nach der grundsätzlichen gesetzgeberischen Wertung in § 36 Abs. 1 GWB errichtete Sperre überwindet, ist ganz wesentlich ein Akt politisch, zumeist wirtschaftspolitisch planender und lenkender Staatstätigkeit (vgl. auch Ruppelt a.a.O., Rdnr. 1; Mestmäcker/Veelken a.a.O., Rdnr. 27 m.w.Nachw.). Wie insbesondere Grimm (NVwZ 1985, 865, 867) treffend herausgearbeitet hat, wird die planende und lenkende Staatstätigkeit in ihrer Bedeutung für die durch das Grundgesetz prinzipiell geschützten individuellen Freiheiten oft unterschätzt, weil Planungs- und Lenkungsakte selten in subjektive Rechtspositionen eingreifen. Indessen - so fährt Grimm (a.a.O.) fort - stecken sie den Möglichkeitsrahmen ab, in dem individuelle Freiheit sich überhaupt entfalten kann, und wirken dadurch weit nachhaltiger als die meisten punktuellen Eingriffe. Diese Erwägung läßt sich ohne weiteres auf die Art und Qualität der durch die Ministererlaubnis vom 5. 7. 2002 verursachten Beeinträchtigung der Antragstellerinnen übertragen, weil die Ministererlaubnis geeignet ist, die wettbewerblichen und unternehmerischen Möglichkeiten der Antragstellerinnen erheblich in negativer Weise zu beeinflussen. Läßt sich ein Eingriff des staatlichen Planungs- und Lenkungsakts in subjektive Rechtspositionen (im engeren Sinne) nicht feststellen und läßt sich überdies das Gefahrenpotential solcher Staatsakte (für die individuelle Freiheit davon Betroffener) durch Ergebnisnormierung und -kontrolle nicht mehr hinreichend begrenzen, dann muß - so die sich anschließende überzeugende Mahnung von Grimm (a.a.O.) - der Grundrechtsschutz bei der Ergebnisherstellung ansetzen: Grundrechte als Verfahrensgarantien seien die Antwort auf die Freiheitsrelevanz des Verfahrens selbst (Grimm a.a.O., m.w.Nachw.). Das bedeutet für das vorliegende Verfahren, daß der vom Antragsgegner eingeforderte Nachrang der (Verfahrens-) Positionen der Antragstellerinnen hinter den Rechtspositionen der Zusammenschlußbeteiligten nicht besteht (jedenfalls aber so fragwürdig ist, daß von einer überzeugenden Darlegung des Antragsgegners nicht die Rede sein kann).
39b) Selbst wenn man aber das vom Antragsgegner formulierte Gegensatzpaar - hier: grundrechtlich geschütztes Recht der Zusammenschlußbeteiligten auf Durchführung des beabsichtigten Zusammenschlusses nach Erteilung der Ministererlaubnis gemäß § 42 GWB, dort: bei Beeinträchtigungen in Betracht kommender einfachgesetzlicher Schutz der unternehmerischen Interessen (unterhalb der Schwelle subjektiver Rechte i.e.S.) der Wettbewerber - der weiteren Beurteilung zugrunde legt, führt dies nach der Gesetzeslage nicht zu dem Ergebnis, daß der Erlaß einstweiliger Anordnungen auf Antrag eines (beschwerdebefugten) Beigeladenen gegen eine Ministererlaubnis von Rechts wegen ausgeschlossen ist.
40aa) "Grundrechtlich geschützt" kann allenfalls das Recht der Zusammenschlußbeteiligten auf den Zusammenschluß im Falle der Erfüllung aller Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 GWB sein. Die gesamte Argumentation des Antragsgegners (und der Beteiligten zu 1.) leidet darunter und büßt dadurch jede Überzeugungskraft ein, daß sie wie selbstverständlich davon ausgeht, daß der Beteiligten zu 1. und den übrigen Zusammenschlußbeteiligten das Recht auf den bzw. die beiden beabsichtigten Zusammenschlüsse materiellrechtlich gemäß § 42 Abs. 1 GWB wirklich zusteht (vgl. z. B. den letzten Satz auf S. 3 des Schriftsatzes des Antragsgegners vom 22.7.2002:
41"Das gilt um so mehr, als die Entscheidung [Anm.: damit ist gemeint eine Freigabeentscheidung des Bundeskartellamts oder eine Ministererlaubnis] bei den unmittelbar betroffenen Unternehmen Rechtspositionen verwirklicht, und damit der Aufschub der Entscheidung in Rechte dieser Unternehmen eingreift." [Unterstreichungen im Original]).
42Das steht aber gerade - mit Blick auf die gravierenden Verfahrensfehler, unter denen die angefochtene Erlaubnisverfügung zustande gekommen ist (vgl. nachfolgend III.) - nicht fest. Demzufolge ist es derzeit völlig offen und ungeklärt, ob die von den Antragstellerinnen beantragten einstweiligen Anordnungen - materiellrechtlich betrachtet - in wirkliche Rechtspositionen oder nur in Scheinpositionen der Zusammenschlußbeteiligten eingreifen.
43bb) Hinzu kommt folgendes: Der Antragsgegner (und ebenfalls die ihm ausdrücklich zustimmende Beteiligte zu 1.) bezweifelt nicht, daß die Antragstellerinnen kraft ihrer vom Gesetz eingeräumten Beschwerdebefugnis - wenn auch ohne Verletzung eigener subjektiver Rechte, sondern nur auf Grund der fusionsbedingten Beeinträchtigung ihrer wettbewerblichen und unternehmerischen Interessen - die Ministererlaubnis vom 5. 7. 2002 zu Fall bringen können, sofern diese auf Grund von Fehlern, deren Nachprüfung das Gesetz dem Gericht ermöglicht, nicht aufrecht erhalten werden kann. Hierzu meint der Antragsgegner (in der mündlichen Verhandlung), daß dann, wenn die Antragstellerinnen mit ihren Beschwerden obsiegen sollten und seine Erlaubnis endgültig aufgehoben werden sollte, der schon vollzogene Zusammenschluß entflochten werden müsse; folglich brauche man sich bei dem von ihm für richtig gehaltenen völligen Ausschluß des Rechtsbehelfs der einstweiligen Anordnung "keine Sorgen" wegen der Konsequenzen zu machen.
44Diese Argumentation greift zu kurz und kann nicht richtig sein. Wenn die Ministererlaubnis als rechtswidrig (endgültig) aufgehoben wird, so steht [abgesehen von dem eher seltenen, hier nicht in Rede stehenden Ausnahmefall, daß sich zwischen Erteilung und Aufhebung der Ministererlaubnis der Sachverhalt und/oder die Prognosemöglichkeiten geändert haben] zugleich fest, daß die Ministererlaubnis von vornherein rechtswidrig war. Dann aber fehlt es materiellrechtlich an jeder Rechtfertigung und erst recht an der "Verwirklichung" einer "grundrechtlich geschützten" Rechtsposition der Zusammenschlußbeteiligten, wenn sie auf Grund der rechtswidrigen Ministererlaubnis den Zusammenschluß zunächst vollzogen und damit auch die Ursache für die - die Beschwerdebefugnis auslösenden - Beeinträchtigungen der wettbewerblichen und unternehmerischen Interessen von Wettbewerbern gesetzt haben. Aus welchem triftigen materiellrechtlichen Grund die Wettbewerber gleichwohl solche Beeinträchtigungen bis zur Beschwerdeentscheidung sollen hinnehmen müssen, falls man den verfahrensrechtlichen Rechtsbehelf der einstweiligen Anordnung - wie der Antragsgegner fordert - ausschließt, hat der Antragsgegner nicht dargelegt und ist auch nicht erkennbar. Mit irgendwelchen subjektiven Rechten der Zusammenschlußbeteiligten, die sich nach (endgültiger) Aufhebung der Ministererlaubnis als nicht existent erweisen, läßt es sich jedenfalls nicht rechtfertigen. Die vorstehenden Erwägungen führen zu der Erkenntnis, daß es in sich widersprüchlich und sachlich nicht begründbar wäre, den in ihren unternehmerischen Interessen durch den Zusammenschluß beeinträchtigten Beigeladenen die prozessualen Möglichkeiten, die das Gesetz ihnen im Beschwerde-Hauptverfahren eröffnet, im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes völlig vorzuenthalten. Vielmehr kann es nur darum gehen, die prozessualen Voraussetzungen für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sachgerecht zu bestimmen.
45cc) Diese Aufgabe hat der Gesetzgeber in § 65 Abs. 3 GWB gelöst. Für die hier zu treffende Entscheidung kann sich der Senat damit begnügen, sich mit Satz 1 Nr. 2 (i.V.m. Satz 3) des § 65 Abs. 3 GWB zu befassen. § 65 GWB enthält keine auf die Ministererlaubnis (oder auf Freigabeverfügungen des Bundeskartellamts, § 40 Abs. 2 Satz 1 GWB) bezogene Ausnahmevorschrift, also keine Vorschrift des Inhalts, daß Abs. 3 oder speziell Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 (i.V.m. Satz 3) des § 65 GWB auf die Ministererlaubnis nicht anwendbar sei. Das hat auch seinen guten Grund, wie aus dem vorstehenden Absatz unter bb) hervorgeht. Das Vorbringen des Antragsgegners (S. 5 seines Schriftsatzes vom 22. 7. 2002), der Gesetzgeber habe sich bei der Einführung der fusionskontrollrechtlichen Freigabeverfügung (§ 40 Abs. 2 GWB in der Fassung der 6. GWB-Novelle) von der Vorstellung leiten lassen, daß "die Beschwerde Dritter . . . . . jedenfalls keine aufschiebende Wirkung (habe)", ist eine unverbindliche Spekulation, die jedes Anhalts im Gesetz selbst (und sogar in den Materialien) entbehrt. Selbst wenn der historische Gesetzgeber (der 6. GWB-Novelle) keinerlei Vorstellungen über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden Dritter gehegt haben sollte, ist für die Auslegung des § 65 Abs. 3 GWB allein maßgeblich, daß es keine Norm gibt, die die Ministererlaubnis (sowie Freigabeverfügungen des Bundeskartellamts) aus dem Anwendungsbereich herausnimmt, und daß die Anwendung des § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 (und - hier nicht weiter behandelt - Nr. 3) i.V.m. Satz 3 GWB auf die Ministererlaubnis (sowie Freigabeverfügungen des Bundeskartellamts) sinnvoll und zweckentsprechend ist.
46In der Kollisionslage zwischen den Interessen der Zusammenschlußbeteiligten, von einer zwar erlassenen, aber noch nicht bestandskräftigen Ministererlaubnis baldmöglichst Gebrauch zu machen, und den Interessen der durch einen Vollzug des Zusammenschlusses wettbewerblich und unternehmerisch beeinträchtigten Beigeladenen daran, daß der Vollzug möglichst weit aufgeschoben werde, hat sich der Gesetzgeber für folgende Lösung entschieden: Er hat in § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 (i.V.m. Satz 3) GWB als Grundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Beschwerdeverfahren - anders als in der Normsituation des § 65 Abs. 1 GWB (vgl. dazu Bechtold a.a.O., § 65 Rdnr. 2; Schmidt in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 65 Rdnr. 7) - nicht eine Abwägung der widerstreitenden Interessen, sondern eine schon jetzt vorzunehmende eingeschränkte Rechtsprüfung, nämlich das "Bestehen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung" normiert. Wenn die Rechtsprüfung zu diesem Ergebnis der ernstlichen Zweifel führt, hat das Beschwerdegericht trotz des Wortes "kann" kein Ermessen und auch nicht die Möglichkeit, mit einer Abwägung der Interessen der Beteiligten die aus den ernstlichen Zweifeln resultierende Folge abzuwenden, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde anzuordnen, sondern muß auf Antrag eine solche einstweilige Anordnung erlassen (vgl. Bechtold a.a.O., § 65 Rdnr. 5; Schmidt a.a.O., Rdnr. 11). Das Wort "kann" in § 65 Abs. 3 Satz 1 GWB normiert nur die Kompetenz des Beschwerdegerichts, gibt ihm (nach der Feststellung "ernstlicher Zweifel") aber keinen Ermessens- oder Abwägungsspielraum. Da an die Feststellung "ernstlicher Zweifel" hohe Anforderungen zu stellen sind (vgl. Bechtold a.a.O., § 65 Rdnr. 3, m.w.Nachw.), werden durch diese gesetzgeberische Lösung, die vor dem einstweiligen Rechtsschutz eine hohe Hürde errichtet, für den Fall der Drittbeschwerde gegen eine Ministererlaubnis (oder eine Freigabeverfügung des Bundeskartellamts) tendenziell die Interessen der Zusammenschlußbeteiligten privilegiert. Bei diesem relativen Vorrang der Interessen der Zusammenschlußbeteiligten muß es dann aber auch sein Bewenden haben. Wenn das Beschwerdegericht zu dem Ergebnis gelangt, daß ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis bestehen, ist daher die aufschiebende Wirkung der Beschwerde auf Antrag (auch eines "nur" in seinen unternehmerischen Interessen beeinträchtigten, beschwerdebefugten Beigeladenen) anzuordnen.
47Das müßte sogar dann gelten, wenn die konkrete Gefahr bestünde, daß das Zusammenschlußvorhaben nach Erlaß der einstweiligen Anordnung aus zeitlichen Gründen scheitern kann. Daß ein Zusammenschlußvorhaben im konkreten Einzelfall nur in einem engen zeitlichen Rahmen realisiert werden kann, gehört zu den unternehmerischen Risiken der Zusammenschlußbeteiligten und fällt nicht in den Verantwortungsbereich der beschwerdebefugten Beigeladenen, denen daher auch nicht zugemutet werden kann, in einem solchen Fall die Durchsetzung oder Ausnutzung der Freigabeverfügung trotz ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit weiter hinzunehmen. Im übrigen sei für den vorliegenden Fall zu der Warnung des Antragsgegners, die Aufrechterhaltung der einstweiligen Anordnungen könne schon aus zeitlichen Gründen zum Scheitern des gesamten Zusammenschlußvorhabens führen, folgendes bemerkt (auch wenn es nicht entscheidungserheblich ist): Nachdem die Beteiligte zu 1. den (mittelbaren) Erwerb der Mehrheit an den Aktien der Beteiligten zu 4. (R. AG) von langer Hand vorbereitet hat
48(der erste Vertrag mit R. über den Erwerb von B.-Geschäftsanteilen datiert schon vom 13. 6. 2000; der grundlegende Vertrag mit der B. p.l.c., der Muttergesellschaft der Beteiligten zu 2., über den Erwerb der G. AG stammt vom 15. 7.2001),
49ist es nicht glaubhaft und auch nicht durch irgendwelche konkreten Fakten plausibel gemacht worden, daß die Beteiligte zu 1. nunmehr nur noch einen "kurzen Atem" für die Realisierung der Zusammenschlußvorhaben habe. Aus der Sicht des Senats steht auch nicht zu erwarten, daß die Durchführung des Beschwerde-Hauptverfahrens bis zur Beschwerdeentscheidung (mit der auch nach Ansicht des Antragsgegners - prozeßrechtlich betrachtet - ein Außerkraftsetzen der Ministererlaubnis zulässig wäre) ungebührlich lange Zeit in Anspruch nehmen wird. Es wird jedenfalls nicht am Senat liegen, wenn die mündliche Verhandlung im Hauptverfahren nicht schon vor dem Jahresende 2002 stattfinden sollte.
50Auf Grund der im Vorstehenden dargestellten eigenständigen Regelung des einstweiligen Rechtsschutzes im GWB (insbesondere § 65 Abs. 3) bedarf es keiner Analogien zu den Vorschriften der VwGO über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch die Verwaltungsgerichte und auch keiner "Erst-Recht-Überlegungen", die auf diesen VwGO-Vorschriften und der verwaltungsgerichtlichen Praxis aufbauen.
51dd) Der Antragsgegner hat (auf S. 7 seines Schriftsatzes vom 22. 7. 2002) die Beschlußschelte vorgetragen, der Senat habe mit seiner im Beschluß vom 11. 7. 2002 vertretenen Meinung, es liege auch im wohlverstandenen Interesse der Zusammenschlußbeteiligten, den Vollzug des Zusammenschlusses einstweilen zu unterlassen, und mit seinem dementsprechenden "Abwägungsergebnis" die "gesetzliche Regel auf den Kopf gestellt". Zu dieser Schelte ist anläßlich der vorliegenden Entscheidung nur so viel zu bemerken: Der zitierte Satz auf Seite 22 des Senatsbeschlusses vom 11. 7. 2002 steht in dem Abschnitt, in dem der Senat den Erlaß der vorläufigen Anordnungen ohne vorherige Gewährung rechtlichen Gehörs rechtfertigt und seine Ansicht begründet, es sei wegen der Dringlichkeit der Anordnungen "angemessen und den anderen Verfahrensbeteiligten . . . zumutbar, daß sie erst nachträglich rechtliches Gehör erhalten". Nur für diese einen kurzen Zeitraum bis zur Gewährung rechtlichen Gehörs überbrückende Zumutbarkeitserwägung hat der Senat unterstützend das "wohlverstandene Interesse" der Zusammenschlußbeteiligten (selbstverständlich nach objektiver Betrachtungsweise) bemüht. Die Funktion dieser Erwägung ist nunmehr nach der Gewährung rechtlichen Gehörs erledigt. Die Aufrechterhaltung der einstweiligen Anordnungen vom 11. 7. 2002 sowie der Erlaß einstweiliger Anordnungen aufgrund der Anträge der Antragstellerinnen zu 3. und 4. setzt jetzt nur noch - von dem hier nicht behandelten Fall des § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB abgesehen - ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis vom 5. 7. 2002 voraus (§ 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 3 GWB).
52ee) In dem I. Kapitel seines Schriftsatzes vom 22. 7. 2002, in dem der Antragsgegner grundsätzliche Bedenken gegen die Zulässigkeit einstweiliger Anordnungen im vorliegenden Verfahren erhebt, macht er (auf S. 6) "in diesem Zusammenhang auch geltend", die "Zweifel" an der Rechtmäßigkeit seiner Erlaubnisverfügung, wenn sie denn für das Gericht weiterhin bestehen sollten, könnten nicht als "ernstlich" bewertet werden. Damit verläßt der Antragsgegner der Sache nach den Bereich der grundsätzlichen Bedenken. Denn gemäß § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB (vorbehaltlich des hier nicht behandelten Falls der Nr. 3) versteht es sich von selbst, daß Zweifel an der Rechtmäßigkeit der kartellbehördlichen Verfügung, die das Beschwerdegericht selbst nicht als "ernstlich" qualifiziert, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde nicht rechtfertigen.
533. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, daß die grundsätzlichen Bedenken des Antragsgegners (und ihm zustimmend: der Beteiligten zu1.) gegen die Zulässigkeit der von den Antragstellerinnen beantragten einstweiligen Anordnungen unberechtigt sind.
54III. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis vom 5.7.2002
55Die ernstlichen Zweifel des Senats an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Erlaubnis der (insbesondere) von der Beteiligten zu 1. betriebenen Zusammenschlußvorhaben sind zum Aspekt der Verfahrensfehler nach der Gewährung rechtlichen Gehörs und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. 7. 2002 nicht zerstreut, sondern eher noch verstärkt worden.
56Um den jetzt erlassenen Beschluß mit den einstweiligen Anordnungen gemäß § 65 Abs. 3 Satz 3 und Satz 1 Nr. 2 GWB zu rechtfertigen, bedarf es im derzeitigen Verfahrensstadium nach wie vor keiner Stellungnahme des Senats zur materiellrechtlichen Seite der Erlaubnisentscheidung (Feststellung der gesamtwirtschaftlichen Vorteile des Zusammenschlusses, die die fusionsbedingten Wettbewerbsbeschränkungen aufwiegen, oder Rechtfertigung des Zusammenschlusses durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit). Die ernstlichen Zweifel des Senats an der Rechtmäßigkeit der Verfügung des Antragsgegners resultieren aus der Beurteilung, daß die Verfügung - wie derzeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden muß - unter gravierenden Verfahrensfehlern zustande gekommen ist (nachfolgend 1.). Die Zweifel, ob der Antragsgegner am 5. 7. 2002 gemäß § 35 Abs. 3 GWB in Verbindung mit den Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vom 21. 12. 1989 (fortan: FKVO) überhaupt (noch) für die Freigabe der angemeldeten Zusammenschlußvorhaben zuständig war, bleiben offen. Diese Zweifel sind jedoch nicht (mehr) Grundlage dieses Beschlusses, also der Aufrechterhaltung der am 11. 7. 2002 getroffenen Anordnungen und des Neuerlasses der einstweiligen Anordnungen auf Grund der Anträge der Antragstellerinnen zu 3. und 4. (nachfolgend 2.).
571. Verfahrensfehler
58Auch im jetzigen Verfahrensstadium problematisiert der Senat nicht, daß der gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 GWB zuständige Ressortminister Dr. M., der eine Selbstablehnungsanzeige erstattet hatte, durch den beamteten Staatssekretär seines Ministeriums, Dr. T., vertreten worden ist. Vielmehr geht der Senat im folgenden nach wie vor von der Hypothese aus, daß Staatssekretär Dr. T. der rechtmäßig berufene Vertreter des Ministers für die Erteilung der Erlaubnis war.
59a) Der Senat hat in seinem Beschluß vom 11. 7. 2002 einen erheblichen Verfahrensfehler der Ministererlaubnis vom 5. 7. 2002 darin gesehen, daß Staatssekretär Dr. T. in der einzigen öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. 5. 2002 überhaupt nicht anwesend war, diese Verhandlung vielmehr durch Beamte des BMWi unter Leitung des Ministerialdirektors Dr. S. hat durchführen lassen (Verstoß gegen § 56 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 GWB). Überzeugende Gegenargumente gegen diese Beurteilung sind in den Schriftsätzen des Antragsgegners und der Beteiligten zu 1. bis 3. (die übrigen Beteiligten haben keine Schriftsätze zur Sache eingereicht) sowie in der mündlichen Verhandlung nicht hervorgetreten.
60Gemäß § 56 Abs. 3 Satz 3 GWB ist in den Fällen des § 42 im Verfahren vor "dem Bundesministerium für Wirtschaft" u. a. der Satz 1 entsprechend anzuwenden. Satz 1 lautet: "In den Fällen des § 19 entscheidet die Kartellbehörde auf Grund öffentlicher mündlicher Verhandlung; mit Einverständnis der Beteiligten kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden" (Hervorhebung durch Kursivdruck hinzugefügt). Die in Satz 3 des § 56 Abs. 3 GWB angeordnete entsprechende Anwendung des Satzes 1 bedeutet, daß über den Antrag auf Erteilung einer Ministererlaubnis gemäß § 42 GWB - vorbehaltlich eines (hier nicht eingeholten) Einverständnisses aller Verfahrensbeteiligten mit dem Verzicht auf eine mündliche Verhandlung - nicht ohne öffentliche mündliche Verhandlung der zuständigen ("entscheidenden") kartellbehördlichen Instanz entschieden werden darf, und daß die Entscheidung selbst auf der Grundlage ("auf Grund") der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergehen muß. Die Norm bezweckt vor allem, daß eine intensive, dem Interesse sowohl der Kartellbehörde als auch der betroffenen Unternehmen an einer richtigen Entscheidung dienende Erörterung aller Sach- und Rechtsfragen stattfindet und der Anspruch aller Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör gewährleistet ist (so schon für die Fälle des Abs. 1 des § 56 GWB, in denen die mündliche Verhandlung nicht von Gesetzes wegen obligatorisch ist, sondern auf Antrag eines Beteiligten anzuberaumen ist: Schmidt in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 56 Rdnr. 14; Bracher im Frankfurter Kommentar [FK], § 56 GWB 1999, Rdnr. 1; Schultz in Langen/Bunte, a.a.O., § 56 GWB Rdnr. 11 und - speziell zu Abs. 3 - Rdnr. 15).
61In der Tatsache, daß Staatssekretär Dr. T. das vorstehend dargestellte Verfahren, das als zumindest ein Element der eigenen Meinungs- und Überzeugungsbildung nach dem Gesetz obligatorisch ist (falls kein einverständlicher Verzicht auf die mündliche Verhandlung besteht), nicht beachtet und selbst nicht die in § 56 Abs. 3 Satz 1 und 3 GWB normierte Verpflichtung, in welcher Art und Weise er den Anspruch aller Verfahrensbeteiligten einschließlich der Beigeladenen (§ 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB; vgl. auch Bracher a.a.O., Rdnr. 5) auf rechtliches Gehör gewährleisten muß, erfüllt hat, hat der Senat eine Gesetzesverletzung gesehen.
62aa) Zum Zweck der mündlichen Verhandlung gemäß § 56 Abs. 3 GWB, der für die Beurteilung der Abwesenheit des Staatssekretärs Dr. T. bedeutsam ist, stimmt der Antragsgegner (Schriftsatz vom 22. 7. 2002, S. 10) dem Senat in der vorstehend dargestellten Auslegung ausdrücklich zu. Die Beteiligte zu 1. ist der Auslegung jedenfalls in der mündlichen Verhandlung nicht mehr entgegengetreten ("doppelter Sinn der mündlichen Verhandlung: Anhörung und Öffentlichkeitsherstellung"). Im vorbereitenden Schriftsatz vom 22. 7. 2002 (S. 9) hatte die Beteiligte zu 1. allerdings noch argumentiert, gegenüber dem Ziel der Herstellung von Öffentlichkeit und Trans-parenz sei es nicht Sinn und Zweck der mündlichen Anhörung - oder jedenfalls nicht in erster Linie -, den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren. Die Beteiligten zu 2. und 3. meinen, aus der Entstehungsgeschichte des § 56 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 GWB ergebe sich, daß diese mündliche Verhandlung nicht dem Zweck diene, den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren (Schriftsatz vom 19. 7. 2002, S. 11; auf S. 12 dahin abgeschwächt, die Gewährung rechtlichen Gehörs sei nicht die vom Gesetzgeber intendierte Hauptfunktion).
63Diesen Gegenstimmen, die die Bedeutung der mündlichen Verhandlung gemäß § 56 Abs. 3 GWB für die Gewährung rechtlichen Gehörs sowie auch für die Verbesserung der Erkenntnismöglichkeiten des in der Sache entscheidenden Ministers (oder seines Stellvertreters) bagatellisieren, kann nicht beigepflichtet werden. Der Senat verkennt nicht, daß die mündliche Verhandlung gemäß § 56 Abs. 3 GWB mehrere Funktionen haben soll. Indem der Gesetzgeber die Öffentlichkeit der Verhandlung vorgeschrieben hat, strebt er wegen der allgemeinen, gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der jeweiligen Angelegenheit ersichtlich eine Publizitätsfunktion und eine Unterrichtung der Öffentlichkeit an (vgl. Schultz a.a.O., § 56 GWB, Rdnr. 15; Bracher a.a.O., § 56, Rdnr. 3, 30; Schmidt a.a.O., § 56, Rdnr. 17). Das kann aber nicht bedeuten, daß diese öffentliche mündliche Verhandlung für die Beteiligten einschließlich der Beigeladenen und auch für die sachentscheidende kartellbehördliche Instanz nicht dieselbe Funktion haben soll, die die auf Antrag anzuberaumende mündliche Verhandlung in den anderen Kartellverwaltungsverfahren (§ 56 Abs. 1 GWB) zweifellos hat: die "intensive Aussprache und besonders umfassende Gewährung rechtlichen Gehörs" (Schmidt a.a.O., Rdnr. 14). Den Beteiligten zu 2. und 3. kann zu folgenden Ausführungen nur zugestimmt werden: Das Kernelement der mündlichen Verhandlung sei die intensive Aussprache. Die Beteiligten erhielten Gelegenheit, nicht nur ihren eigenen Standpunkt zu vertreten, sondern auch auf den Vortrag anderer zu reagieren. Dieses Wechselspiel sei gegenüber Gesprächen mit nur einem Beteiligten ein zusätzliches Erkenntniselement der Kartellbehörde (Schriftsatz vom 19. 7. 2002, S. 12; Hervorhebung durch Kursivdruck hinzugefügt). In diesem Wechselspiel liegt zugleich (zumindest teilweise) die Gelegenheit zum rechtlichen Gehör. Der Senat vermag keinen vernünftigen Grund zu erkennen, weshalb die intensive Aussprache, die damit verbundenen zusätzlichen Erkenntnismöglichkeiten des sachentscheidenden Ministers (oder seines Stellvertreters) und die umfassende Gewährung rechtlichen Gehörs nicht ebenfalls zu den Hauptfunktionen der obligatorischen öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 56 Abs. 3 GWB gehören sollen. Genau diese aus dem "Wechselspiel" intensiver Aussprache resultierenden zusätzlichen Erkenntnismöglichkeiten hat sich Staatssekretär Dr. T. entgehen lassen, indem er der mündlichen Verhandlung fern geblieben ist, anstatt sie selbst durch Fragen und andere, Kritik, Zustimmung und/oder Ergänzung herausfordernde Beiträge maßgeblich mitzugestalten.
64bb) Gegen die Ansicht des Senats, daß die Verfahrenspflicht der mündlichen Verhandlung den Staatssekretär Dr. T. (als Stellvertreter des Ministers) personell selbst traf, haben der Antragsgegner und die Beteiligte zu 1. u.a. vorgebracht: Der Ministererlaubnis gehe typischerweise eine äußerst umfangreiche Entscheidungsvorbereitung voran. In einem schriftlichen Verfahren gäben die unterschiedlichen Beteiligten ihre Stellungnahmen und die Monopolkommission ihr Gutachten ab. Die Durchführung eines derart aufwendigen und komplexen Verwaltungsverfahrens könne sinnvollerweise nicht dem Minister (oder Staatssekretär) persönlich aufgebürdet werden, sondern nur der Behörde, dem BMWi. Dieses müsse dem Minister (oder Staatssekretär) bei der Vorbereitung der Entscheidung zuarbeiten. Im Anwendungsbereich des § 67 VwVfG sei nach herrschender Meinung anerkannt, daß eine Behörde nicht verpflichtet sei, ihre Entscheidung ausschließlich auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung zu stützen. Auch im Ministererlaubnisverfahren wäre es praktisch unmöglich, eine außerordentlich komplexe wirtschaftspolitische Entscheidung - wie hier - ausschließlich auf das zu stützen, was in der mündlichen Verhandlung tatsächlich erörtert oder vorgetragen worden sei. Es wäre schlicht unmöglich, die Forderung zu erfüllen, alle Stellungnahmen, Gutachten usw., die im Erlaubnisverfahren zu den Akten gelangt seien, müßten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen oder erörtert werden. Die Wahrung der Belange der Beteiligten, nämlich ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu allen Aspekten der Entscheidung zu geben, rechtfertige es nicht, das Gebot aufzustellen, alle entscheidungserheblichen Umstände müßten tatsächlich in der mündlichen Verhandlung erörtert werden.
65Dies alles ist weder falsch noch erheblich. Keinesfalls kann daraus die Schlußfolgerung gezogen werden, in Anbetracht der "eingeschränkten Funktion" der mündlichen Verhandlung werde deutlich, daß die Anwesenheit des entscheidenden Ministers oder seines Stellvertreters in der mündlichen Verhandlung nicht gefordert werden könne (so aber der Antragsgegner, S. 12 seines Schriftsatzes vom 22. 7. 2002). Mit einer solchen Schlußfolgerung verkennt man einen der Hauptzwecke der mündlichen Verhandlung (s. vorstehend aa): intensive Aussprache mit gleichzeitiger Gelegenheit zu umfassendem rechtlichen Gehör) und außerdem die Bedeutung der vom alleinverantwortlichen Entscheider ausgehenden individuellen Art der Gestaltung der Aussprache (mit Fragen, Hinweisen usw.) für die Sachverhaltsermittlung oder zumindest für die Sachverhaltswürdigung.
66cc) Der Antragsgegner meint (im Schriftsatz vom 22. 7. 2002, S. 9 f., und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat), allein deshalb, weil der Gesetzgeber die Durchführung des Verwaltungsverfahrens zum Erlaß einer Ministererlaubnis dem BMWi (nicht dem Minister persönlich) zugewiesen habe, was aus den divergierenden Zuständigkeitsregelungen in § 42 Abs. 1 Satz 1 GWB einerseits und § 56 Abs. 3 Satz 3 GWB hervorgehe, und weil die mündliche Verhandlung ein Bestandteil des Verfahrens, nicht aber der Entscheidung selbst sei, sei die persönliche Anwesenheit des Staatssekretärs Dr. T. in der mündlichen Verhandlung am 29. 5. 2002 nicht notwendig gewesen. Diese Argumentation ist deshalb nicht stichhaltig, weil sie außer Acht läßt, daß der Gesetzgeber auch bei einer grundsätzlichen Trennung der Zuständigkeiten für das Verfahren (BMWi) und für die abschließende Entscheidung (Minister) durch eine Sondervorschrift einen besonders wichtigen Teil des Verfahrens der Zuständigkeit des Ministers überantworten kann. Das ist hier - wie nachfolgend (dd) nochmals ausgeführt wird - für die obligatorische öffentliche mündliche Verhandlung geschehen. Dafür lassen sich gute Gründe anführen (s. vorstehend unter aa) sowie unter bb) im 2. Absatz). Hervorgehoben sei in diesem Zusammenhang noch, daß in den Erläuterungen zum Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), dessen Vorschriften zur Ausfüllung von Lücken des im GWB geregelten Kartellverwaltungsverfahrensrechts herangezogen werden, die mündliche Verhandlung als das "Kernstück" des förmlichen Verwaltungsverfahrens angesehen wird (Knack/Busch, VwVfG, 6. Aufl., § 67, Rdnr. 2.1; Obermayer/Seegmüller, VwVfG, 3. Aufl., § 67, Rdnr. 3 u. 74). Auch für die Vorschriften des GWB, die Besonderheiten des Ministererlaubnisverfahrens regeln, wird man sagen können, daß § 56 Abs. 3 GWB die öffentliche mündliche Verhandlung als ein zentrales Element aus dem Verfahren im übrigen heraushebt. Wenn der Gesetzgeber dieses zentrale Element eines Verfahrens von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung oder hohem Interesse der Allgemeinheit in die persönliche, politisch-parlamentarisch zu verantwortende Zuständigkeit des Ministers selbst gibt, kann man dies mit Blick auf § 42 Abs. 1 Satz 1 GWB ohne weiteres als sachgerecht und konsequent bezeichnen.
67dd) Da die Sinnhaftigkeit der gesetzlichen Regel, daß die Verfahrenspflicht der mündlichen Verhandlung den Minister (oder den Stellvertreter des an der Entscheidung verhinderten Ministers) selbst trifft, nach den vorstehenden Erwägungen schlechterdings nicht bezweifelt werden kann, stellt sich nunmehr die entscheidende Frage, ob dem GWB entnommen werden kann, daß der Gesetzgeber diese Regel wirklich aufgestellt hat. Der Senat hat dies im Beschluß vom 11. 7. 2002 auf Grund des § 56 Abs. 3 Satz 1 und 3 i.V.m. § 42 Abs. 1 Satz 1 GWB bejaht. Der Antragsgegner und die Beteiligten zu 1. bis 3. vertreten die gegenteilige Ansicht, die sie auf den Wortlaut des § 56 Abs. 3 Satz 3 GWB
68("In den Fällen des § 42 sind im Verfahren vor dem Bundesministerium für Wirtschaft die Sätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden." [Hervorhebung durch Kursivdruck hinzugefügt])
69stützen. Dem Senat war diese Argumentationsweise bei seinem Beschluß vom 11. 7. 2002 bekannt. Er hält sie auch nach erneuter Überprüfung für eine unzutreffende Auslegung des § 56 Abs. 3 GWB.
70Dem Antragsgegner und den Beteiligten zu 1. bis 3. wäre ihre jetzige Argumentationsweise verschlossen, wenn § 56 Abs. 3 Satz 3 GWB noch exakt denselben Wortlaut hätte wie vor der 6. GWB-Novelle. In der funktionell entsprechenden Vorgängervorschrift des § 53 Abs. 3 Satz 3 GWB a. F. hieß es noch "Verfahren vor dem Bundesminister für Wirtschaft". Die Auswechslung des Wortes "Bundesminister" durch "Bundesministerium" hat sowohl in § 42 Abs. 3 als auch in § 56 Abs. 3 Satz 3 GWB n. F. nur den Grund einer redaktionellen Überarbeitung; eine materielle Rechtsänderung hat der Gesetzgeber - wie auch der Antragsgegner (Schriftsatz vom 22. 7. 2002, S. 14) und die Beteiligte zu 1. (Schriftsatz vom 22. 7. 2002, S. 11; weniger deutlich die Beteiligten zu 2. und 3. im Schriftsatz vom 19. 7. 2002, S. 10) ausdrücklich einräumen - hiermit nicht verbinden wollen (vgl. die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf der 6. GWB-Novelle, zitiert nach dem WuW-Sonderheft 1998, S. 106 [zu § 42 n.F.] und S. 110 [zu § 56 n.F.]). Wenn man nun, wie der Antragsgegner und die Beteiligten zu 1. bis 3., § 56 Abs. 3 Satz 3 GWB n. F. dahin deutet, daß die obligatorische öffentliche mündliche Verhandlung vom BMWi ohne notwendige Anwesenheit des Ministers selbst durchzuführen ist, redet man der Sache nach dann doch einer Rechtsänderung das Wort. Der Antragsgegner und die Beteiligten zu 1. bis 3. versuchen diese "Klippe" in der Auslegung dadurch zu überwinden, daß sie argumentieren, die in den §§ 42 Abs. 1 Satz 1, 56 Abs. 3 Satz 3 GWB vorgesehene Aufgabenverteilung zwischen dem Minister und dem Ministerium bezwecke offenbar eine Anpassung an die seit langem bestehende Rechtspraxis (Schriftsatz der Beteiligten zu 1. vom 22. 7. 2002, S. 12 [Hervorhebung durch Kursivdruck hinzugefügt]; ebenso die Beteiligten zu 2. und 3., Schriftsatz vom 19. 7. 2002, S. 10; im Ergebnis ebenso der Antragsgegner, Schriftsatz vom 22. 7. 2002, S. 14). Die Schwäche dieser Gedankenführung besteht darin, daß eine Anpassung (!) des Gesetzes an eine bisher vom Gesetz abweichende Verwaltungspraxis etwas anderes als eine bloße redaktionelle Überarbeitung und eben doch eine Rechtsänderung ist, und ferner, daß sich der angebliche Anpassungszweck mit keiner Silbe aus den Gesetzesmaterialien, insbesondere dem Regierungsentwurf zur 6. GWB-Novelle ergibt. Daher kann man einen solchen auf eine Rechtsänderung abzielenden Zweck des bezüglich eines Worts umformulierten § 56 Abs. 3 Satz 3 GWB dem Gesetzgeber (der auch im Kartellrecht nicht nur aus dem BMWi besteht) nicht unterstellen. Die Auslegungsbemühungen des Antragsgegners und der Beteiligten zu 1. bis 3. sind daher als ungeeignet abzulehnen.
71Im vorliegenden Zusammenhang hält der Senat nach wie vor seine Ansicht für richtig, daß es rechtlich kein beachtliches Argument ist, daß in allen vorangegangenen Ministererlaubnisverfahren der Bundesminister für Wirtschaft selbst (laut Rdnr. 92 der angefochtenen Verfügung) noch nie an einer mündlichen Verhandlung teilgenommen hat. Nach der vom Senat vertretenen Normauslegung (des § 53 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 GWB a.F. vor Inkrafttreten der 6. GWB-Novelle) war die bisherige Praxis der Bundesminister für Wirtschaft gesetzwidrig. Eine gesetzwidrige Praxis der Administrative kann aber nicht aus eigener Kraft eine Norm der ersten Staatsgewalt, der Legislative, außer Geltung setzen. Das gilt selbst dann, wenn die gesetzwidrige Praxis auf einer irrtümlichen Gesetzesauslegung beruht haben sollte (was dem Senat jedoch nicht bekannt ist). Verwaltungspraxis reicht für sich allein zur Schaffung von (eine Gesetzesvorschrift verdrängendem) Gewohnheitsrecht nicht aus. Eine dem Gesetz widersprechende, aus irriger Auslegung resultierende Praxis kann sich allenfalls dann in Gewohnheitsrecht verwandeln, wenn es sich um eine lang dauernde tatsächliche Übung handelt und die Überzeugung aller Beteiligten - im Falle einer Verwaltungspraxis: die Überzeugung nicht nur der Behörde, sondern auch der betroffenen Bürger und/oder Unternehmen - hinzukommt, durch die Einhaltung der geübten Praxis werde bestehendes Recht befolgt (vgl. auch BGH NJW 1962, 2054, 2055 re. Sp.). Diese Voraussetzungen sind hier weder vorgetragen noch ersichtlich.
72Der Senat meint, daß allein seine Normauslegung, wonach die Verfahrenspflicht der mündlichen Verhandlung im Ministererlaubnisverfahren den Minister (oder den Stellvertreter des an der Entscheidung verhinderten Ministers) selbst trifft, sich in einem geschlossenen Gesamtkonzept und bruchlos mit dem Wortlaut der drei heranzuziehenden Vorschriften (Satz 1 und Satz 3 des § 56 Abs. 3 sowie § 42 Abs. 1 Satz 1 GWB) vereinbaren läßt. Hierzu sollen die wesentlichen Erwägungen aus dem Senatsbeschluß vom 11. 7. 2002 nochmals im Zusammenhang dargestellt werden:
73Nach dem Wortlaut des § 56 Abs. 3 Satz 1 GWB (". . . entscheidet die Kartellbehörde auf Grund öffentlicher mündlicher Verhandlung; . . .") ist die Verfahrenspflicht der mündlichen Verhandlung mit der Entscheidung verknüpft und damit personell an den Entscheider selbst gebunden. Dieser könnte nicht "auf Grund mündlicher Verhandlung" entscheiden, wenn er nicht selbst mündlich mit verhandelt hätte. Ein Entscheider, der der mündlichen Verhandlung fern bleibt, entscheidet "auf Grund" der Aktenlage und der mündlichen oder schriftlichen Berichte über eine von anderen Personen gestaltete mündliche Verhandlung, aber nicht "auf Grund mündlicher Verhandlung". Daß die sprachliche Formulierung für die dem Entscheider selbst obliegende Verfahrenspflicht der mündlichen Verhandlung anders gefaßt ist als diejenigen Bestimmungen der Prozeßordnungen (§§ 309 ZPO, 112 VwGO, 226 StPO), die vorschreiben, daß die das Urteil fällenden Richter auch an der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung teilgenommen haben müssen, hat keine Bedeutung, weil § 56 Abs. 3 Satz 1 GWB das gleiche Normergebnis (hinsichtlich der Personenidentität) sprachlich klar zum Ausdruck bringt. Das zeigt im übrigen in der VwGO auch die Bestimmung des § 101 Abs. 1, die - die Pflicht zur mündlichen Verhandlung normierend, sonst auf der gleichen Linie liegend wie § 112 VwGO - folgenden dem § 56 Abs. 3 Satz 1 GWB entsprechenden Wortlaut hat:
74"Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung."
75Der oben (im 1. Absatz dieses Abschnitts dd)) schon wiedergegebene Wortlaut des § 56 Abs. 3 Satz 3 GWB steht dem Auslegungsergebnis, daß auch im Ministererlaubnisverfahren der Entscheider selbst die Verfahrenspflicht der mündlichen Verhandlung hat, nicht entgegen. Die Vorschrift ordnet die "entsprechende" Anwendung des Satzes 1 des § 56 Abs. 3 GWB an. Zwar ist gemäß § 48 Abs. 1 GWB das BMWi selbst "Kartellbehörde" (vgl. den Wortlaut des § 56 Abs. 3 Satz 1 GWB). Da aber in § 56 Abs. 3 Satz 1 GWB die Verfahrenspflicht der mündlichen Verhandlung mit der Entscheidung verknüpft wird, muß bei der entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift, die in Satz 3 angeordnet wird, § 42 Abs. 1 Satz 1 GWB beachtet werden. Damit ist die an die Person des Ministers (oder seines Vertreters) gebundene Entscheidung untrennbar verbunden ("auf Grund") mit der Verfahrenspflicht der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Auch die Wortwahl in § 56 Abs. 3 Satz 3 GWB ("Bundesministerium für Wirtschaft") läßt sich durchaus sinnvoll erklären: "Kartellbehörde" in den Fällen des § 42 GWB (vgl. den Wortlaut in § 56 Abs. 3 Satz 1 GWB, auf den Satz 3 verweist) ist nicht der Bundesminister für Wirtschaft persönlich, sondern das Bundesministerium für Wirtschaft (vgl. § 48 Abs. 1 GWB). In einem alles umfassenden Sinne (vgl. auch § 42 Abs. 3 und § 59 Abs. 6 Satz 1 GWB) findet das gesamte Verfahren über den Erlaubnisantrag "vor dem Bundesministerium für Wirtschaft" statt, dem die Zuständigkeit im Sinne der sachlichen Zuständigkeitsabgrenzung zukommt. Innerhalb der Kartellbehörde "BMWi" hat der Gesetzgeber (§ 42 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 GWB) zwingend und insoweit absolut vorrangig eine spezielle funktionelle Zuständigkeit des Ministers für die Entscheidung über den Erlaubnisantrag normiert (vgl. das Gutachten von Kirchhof/Puhl vom 29. 6. 2002, S. 11 f.). Diese funktionelle Zuständigkeit des Ministers (oder seines Vertreters) für die Entscheidung verknüpft § 56 Abs. 3 Satz 1 und 3 GWB untrennbar mit der Verfahrenspflicht der mündlichen Verhandlung.
76ee) Als weiteres Zwischenergebnis ist festzuhalten: Indem Staatssekretär Dr. T. der mündlichen Verhandlung vom 29. 5. 2002 fern geblieben ist und damit seine ihm als verantwortlichem Entscheider selbst obliegende Verfahrenspflicht der mündlichen Verhandlung (jedenfalls objektiv) verletzt hat, ist die Erlaubnisentscheidung vom 5. 7. 2002 unter einem erheblichen Verfahrensfehler zustande gekommen.
77b) Auf Grund des Studiums der Verwaltungsakten des BMWi und der mündlichen Verhandlung vom 24. 7. 2002 - unter Berücksichtigung der Schriftsätze der Beteiligten - steht für den Senat inzwischen fest (was am 11. 7. 2002 nur überwiegend wahrscheinlich war), daß Staatssekretär Dr. T. bei der Erlaubnisentscheidung vom 5. 7. 2002 ein weiterer gravierender Verfahrensfehler unterlaufen ist, weil er (jedenfalls) die vier Antragstellerinnen zu (nachfolgend behandelten) entscheidungserheblichen Erklärungen der Beteiligten zu 1. kein rechtliches Gehör gewährt hat. Mindestens ebenso wichtig wie die Anwesenheit des Ministers (oder seines amtierenden Vertreters) in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist der Normbefehl des § 56 Abs. 3 GWB, daß die Entscheidung selbst nur "auf Grund" der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergehen darf. Mit dieser von der Norm bezweckten besonders wirksamen Gewährleistung rechtlichen Gehörs für alle Verfahrensbeteiligten (vgl. Schmidt in Immenga/Mestmäcker a.a.O., § 56, Rdnr. 14) ist das Gebot verbunden, daß der gesamte den Beteiligten nicht ohnehin bekannte entscheidungserhebliche Sachverhalt einschließlich entscheidungsrelevanter Erklärungen, die von einem (oder einigen) Beteiligten gegenüber dem Minister (oder seinem amtierenden Vertreter) oder seiner Behörde abgegeben worden, anderen Verfahrensbeteiligten aber unbekannt sind, Gegenstand der mündlichen Verhandlung sein muß. Schon aus der allgemeinen Pflicht einer Behörde zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs (vgl. auch § 56 Abs. 1 GWB) folgt, daß sie ihrer Entscheidung nur diejenigen Tatsachen, bedeutsamen Erklärungen von Beteiligten und Beweisergebnisse zugrunde legen darf, zu denen sich alle Beteiligten äußern konnten (vgl. u. a. Senatsbeschluß vom 21. 12. 1976 - Kart 4/76 (V), WuW/E OLG 1820, 1821). Bei neuem Vorbringen oder Erklärungen von Beteiligten, das/die aus der Sicht der Kartellbehörde für die Entscheidung erheblich sein kann/können, müssen vor der Entscheidung die anderen Beteiligten noch einmal angehört werden (vgl. Schultz in Langen/Bunte a.a.O., § 56 GWB, Rdnr. 1; Schmidt a.a.O., Rdnr. 1, 4). In den Verfahren mit obligatorischer mündlicher Verhandlung (wie hier) muß außerdem gegebenenfalls die mündliche Verhandlung wiedereröffnet werden (vgl. Bracher a.a.O., Rdnr. 34 i.V.m. Rdnr. 5, 6, 8, 15, 20, m.w.Nachw.).
78Es handelt sich um folgende entscheidungserhebliche Erklärungen der Beteiligten zu 1., die sie erst nach der mündlichen Verhandlung vom 29. 5. 2002 abgegeben hat, die also nicht Gegenstand dieser mündlichen Verhandlung gewesen sind, die (jedenfalls) den vier Antragstellerinnen vor Erlaß der Ministererlaubnis vom 5. 7. 2002 auch nicht bekannt gegeben worden sind, zu denen sie also bis zum 5. 7. 2002 auch nicht haben Stellung nehmen können:
79aa) Am 3. 7. 2002 hat die Beteiligte zu 1. folgendes (vom Vorstandsvorsitzenden H. und einem weiteren Vorstandsmitglied unterzeichnetes) Schreiben an den Staatssekretär Dr. T. gerichtet (es ist in der mündlichen Verhandlung am 24. 7. 2002 von der Beteiligten zu 1. verlesen worden und stellt auch deshalb kein Geschäftsgeheimnis dar):
80"Sehr geehrter Herr Dr. T.,
81unter Bezugnahme auf die mit Ihnen geführten Gespräche über das Ministererlaubnisverfahren E./R. bestätigen wir hiermit, dass die E. AG im Falle einer Erteilung der Erlaubnis beabsichtigt, der R. AG mittelfristig einen Betrag von 6 bis 8 Mrd. Euro für gaswirtschaftliche Investitionen zur Verfügung zu stellen, die Wirtschaftlichkeit der Vorhaben vorausgesetzt.
82Mit freundlichen Grüßen
83E. AG"
84Staatssekretär Dr. T. hat die Entscheidungsrelevanz dieses Schreibens in folgendem Zusammenhang gesehen: In der angefochtenen Verfügung (u. a. in Rdnr. 156) wird als ein entscheidungserheblicher "gesamtwirtschaftlicher Vorteil" (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 1 GWB) die Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der R. bezeichnet. In diesem Zusammenhang (vgl. Rdnr. 107 ff. der Verfügung) wird die Eignung der von der Beteiligten zu 1. angestrebten Zusammenschlüsse hervorgehoben, die begrenzten finanziellen Möglichkeiten der Ruhrgas entscheidend zu verbessern. Der eigene Finanzierungsspielraum von R. (beschränkte Eigenfinanzierungsmöglichkeiten und Kreditrahmen) sei vor dem Hintergrund konkret anstehender bzw. möglicher Investitionsprojekte, die im Interesse der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und der Energieversorgungssicherheit gesamtwirtschaftlich vorteilhaft seien, nicht ausreichend (Rdnr. 112). Allerdings - so heißt es in der Verfügung (Rdnr. 112) weiter - sei die Verfügbarkeit über finanzielle Mittel allein kein hinreichender Gesichtspunkt im Ministererlaubnisverfahren. Erforderlich sei auch die Bereitschaft, als strategischer Investor finanzielle Ressourcen in erheblichem Umfang zugunsten der Entwicklung des Beteiligungsunternehmens einzusetzen. Unmittelbar darauf schließt sich die Feststellung des Staatssekretärs Dr. T. in seiner Verfügung an: "Dies ist hier der Fall. E. hat eine entsprechende schriftliche Erklärung abgegeben, wonach sie bereit ist, mittelfristig finanzielle Mittel in Höhe von 6 bis 8 Mrd. Euro für die Entwicklung der R. aufzuwenden. Dies entspricht auch der objektiv erkennbaren Interessenlage: . . . .".
85In Anbetracht der Bedeutung, die Staatssekretär Dr. T. der schriftlichen Erklärung der Beteiligten zu 1. für die Erteilung der Ministererlaubnis selbst beigemessen hat, hätte er sie (ganz abgesehen von dem Aspekt der obligatorischen mündlichen Verhandlung) vor seiner Entscheidung allen anderen Verfahrensbeteiligten einschließlich der vier Antragstellerinnen bekannt geben und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme einräumen müssen. Daß er dies unterlassen hat, stellt eine Verletzung des Gebots zur Gewährung rechtlichen Gehörs dar.
86Der Antragsgegner und die Beteiligten zu 1. bis 3. versuchen diesen Vorwurf mit dem Vortrag abzuwehren, die Bereitschaft der Beteiligten zu 1., der R. AG finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, stelle keine neue Tatsache dar, die erst nach der mündlichen Verhandlung entstanden wäre. Schon im Antrag vom 15. 2. 2002 auf Erteilung der Ministererlaubnis seien Aussagen der Beteiligten zu 1. zu ihrer Investitionsbereitschaft betreffend R. AG enthalten. In der mündlichen Verhandlung vom 29. 5. 2002 habe der Vorstandsvorsitzende H. namens der Beteiligten zu 1. ein Statement zur finanziellen Investitionsbereitschaft abgegeben.
87Indessen waren die sogenannten Aussagen der Beteiligten zu 1. in ihrer Antragsschrift vom 15. 2. 2002 - und zwar auch die Schriftsatzstellen, auf die sich die Beteiligten zu 1. bis 3. in ihren jetzigen Schriftsätzen vom 19. und 22. 7. 2002 berufen - dem Staatssekretär Dr. T. ersichtlich viel zu unbestimmt, um daraus eine klare und faßbare Investitionsbereitschaft zur Steigerung (gerade) der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der R. AG abzuleiten und festzustellen. Die von der Beteiligten zu 1. auf S. 19 ihres Schriftsatzes vom 22. 7. 2002 selbst zitierte Passage aus ihrer Antragsschrift beginnt mit den Worten:
88"E. verfügt . . . über die Finanzkraft, gemeinsam mit R. einen starken Akteur im internationalen Gasmarkt zu schaffen . . ." (Kursivdruck hinzugefügt)
89Hierzu heißt es in der angefochtenen Verfügung (zutreffend), die Verfügbarkeit über finanzielle Mittel allein sei kein hinreichender Gesichtspunkt im Ministererlaubnisverfahren (Rdnr. 112). Der sich anschließende Satz, den die Beteiligte zu 1. immerhin selbst als Beleg für ihre frühzeitige Aussage über ihre Investitionsbereitschaft zitiert hat
90"Deshalb setzt die E.-Strategie im Rahmen der Fokussierung auf das Energiegeschäft neben Strom einen gleichstarken Schwerpunkt im Gas und will auf dieser Grundlage die Weiterentwicklung der R. mit höchster Priorität verfolgen."
91ist derart vage und unbestimmt (z.B.: was heißt konkret "Weiterentwicklung"?), daß sich Staatssekretär Dr. T. außerstande gesehen haben wird, darauf verläßliche Prognosen zur absehbaren Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der R. AG auf Grund des Zusammenschlusses aufzubauen. Die weiteren von den Beteiligten zitierten Schriftsatzstellen aus der Antragsschrift vom 15. 2. 2002 sind von vergleichbarer Qualität. Das Statement des Vorstandsvorsitzenden H. vom 29. 5. 2002 brachte keine weitere Konkretisierung. Es fängt an mit dem Zitat von Stichworten wie "Verbesserung der Versorgungssicherheit" und "Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der R. im Ausland", wobei ergänzend auf die Verfahrensakten Bezug genommen wird, und hört in dem Absatz, den der Antragsgegner jetzt (S. 17 des Schriftsatzes vom 22. 7. 2002) anscheinend für den aussagekräftigsten hält, auf mit den beiden Sätzen:
92"R. hat überzeugend dargelegt, dass sie nicht über ausreichende Finanzmittel verfügt, um im notwendigen Ausmaß in den Upstreambereich zu investieren. Wir können R. derartige Investitionen ermöglichen." (Kursivdruck hinzugefügt)
93Auch mit diesem Satz, dem eine klare Aussage, daß die Beteiligte zu 1. der R. AG auch tatsächlich derartige Investitionen ermöglichen wird (wann? wie hoch? wofür annähernd genau?), nicht zu entnehmen ist, hat sie nur ihre eigene Verfügbarkeit über finanzielle Mittel propagiert, was für die Zwecke des Ministererlaubnisverfahrens nicht ausreicht. Vor allem fällt auf, daß niemals vor dem Schreiben vom 3. 7. 2002 - soweit ersichtlich - Beträge zur Konkretisierung ihrer Investitionsbereitschaft genannt worden sind. Warum nicht schon die Betragsangabe von 6 bis 8 Mrd. Euro ausreicht, um die Erklärung vom 3. 7. 2002 als neue Tatsache im Sinne des Gebots zur Gewährung rechtlichen Gehörs anzusehen, begründen der Antragsgegner und die Beteiligten zu 1. bis 3. nicht.
94Die Beteiligten zu 2. und 3. versuchen die Relevanz der Erklärung vom 3. 7. 2002 mit dem Hinweis zu negieren, daß es in der angefochtenen Verfügung im Anschluß an die Erwähnung dieser Erklärung heißt, die beabsichtigten Investitionen entsprächen auch der "objektiv erkennbaren Interessenlage", was dann noch mit einigen weiteren Sätzen näher ausgeführt wird. Daraus kann jedoch entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2. und 3. nicht geschlossen werden, daß sich die Erlaubnisentscheidung - in dem hier relevanten Entscheidungsteil - nicht auf diese Erklärung stütze. Dagegen spricht schon, daß sich Staatssekretär Dr. T. diese "Bestätigung" von der Beteiligten zu 1. eigens hat geben lassen und in seiner Verfügung besonders herausgestellt hat. Ferner trifft es selbstverständlich nicht zu, daß gerade der in Aussicht gestellte Investitionsbetrag von 6 bis 8 Mrd. Euro der "objektiv erkennbaren (!)" Interessenlage entspricht. Schließlich gilt es, die Funktion der Ausführungen über die "objektiv erkennbare Interessenlage" im Kontext der angefochtenen Verfügung zu erkennen: Damit soll ersichtlich die Schwäche dieser Erklärung für den Zweck, einen benötigten Beitrag zur Rechtfertigung der Erlaubnisentscheidung zu leisten, argumentativ kompensiert werden. Denn das Investitionsversprechen ist nicht einklagbar, ist auch nicht zum Gegenstand einer Auflage gemacht worden (wahrscheinlich wegen der §§ 42 Abs. 2 Satz 2, 40 Abs. 3 Satz 2 GWB) und ist auch nicht mit irgendwelchen Sicherheitsleistungen verfestigt worden.
95Aufgrund aller vorstehenden Erwägungen verbleibt der Senat bei seiner Ansicht, daß Staatssekretär Dr. T. den anderen Verfahrensbeteiligten zu dieser für ihn entscheidungserheblichen Erklärung der Beteiligten zu 1. vom 3. 7. 2002 rechtliches Gehör hätte gewähren müssen.
96bb) Im Ergebnis gilt das Gleiche für das abschließend zwischen dem Antragsgegner und der Beteiligten zu 1. ausgehandelte Auflagenpapier (vom 3. 7. 2002), das die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. dem Antragsgegner am 4. 7. 2002 per E-Mail übersandt haben (Bl. 8567 - 8575 der Verwaltungsakten).
97Zwischen der mündlichen Verhandlung vom 29. 5. 2002 und dem Erlaß der Ministererlaubnis vom 5. 7. 2002 haben - wie der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat - drei Gespräche zwischen Staatssekretär Dr. T. (nebst Beamten des BMWi) und dem Vorstandsvorsitzenden der Beteiligten zu 1., H., (nebst weiteren Mitarbeitern) stattgefunden, und zwar am 17. 6., 21. 6. und 3. 7. 2002. Nur über das erste Gespräch existiert in den Verwaltungsakten ein Protokoll (Bl. 8170 - 8174). Staatssekretär Dr. T. leitete dieses Gespräch mit einer skeptischen Bemerkung zu der Frage ein, ob die für eine Ministererlaubnis notwendigen Gemeinwohlgründe bisher hinreichend plausibel gemacht worden seien. Darüber wurde anschließend ohne festes Ergebnis diskutiert. Sodann heißt es im Protokoll: "Unter Offenlassung dieser Frage wurden hypothetisch verschiedene Möglichkeiten für Auflagen diskutiert." Aus dieser Diskussion sind im Protokoll unter den Überschriften "Durchleitungsregime" und "Strukturelle Auflagen" sogleich "Angebot(e) E./R." festgehalten worden, zur letztgenannten Überschrift jedoch nur zur Veräußerung von V.-Anteilen (einschließlich der der R. AG gehörenden V.-Anteile, deren ganze oder teilweise Veräußerung nunmehr denkbar sei). Zum Diskussionsthema der Veräußerung vertikaler Beteiligungen wurde protokolliert, Veräußerungen in diesem Bereich würden im Grundsatz aus der Sicht der Unternehmen die Logik des Konzeptes sprengen; mit der Abgabe der T. (die anscheinend zur Sprache kam) wäre E. überfordert. E. bot sodann ein "Bauernopfer" an (E.-Anteil). Zu weiteren hypothetischen Auflagen (U., G. R.) gab es zurückhaltende ("erst machbar, wenn E. 100 % der R.-Anteile habe") bis ablehnende Stellungnahmen. Staatssekretär Dr. T. hat in diesem Gespräch vom 17. 6. 2002 - laut Vortrag des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung vom 24. 7. 2002 - darauf hingewiesen, es komme nur eine Ministererlaubnis mit Auflagen in Frage. Weitere Details zu den Auflagen seien - so der Antragsgegner - zwischen dem BMWi und der Beteiligten zu 1. "auf allen Ebenen verhandelt worden". Das hat die Beteiligte zu 1. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt: Es habe Gespräche über die Auflagen mit mehreren Fassungen des Auflagenpapiers gegeben, bis dann am 3. 7. 2002 der letzte Text der Auflagen fertiggestellt worden sei, der in die Entscheidung vom 5. 7. 2002 eingeflossen sei (Anm.: tatsächlich ist der Verfügungstenor von Ziffer 1.1 bis 1.2.4.4 mit dem letzten Auflagenpapier vom 3. 7. 2002 wortidentisch).
98Dieses letzte, von Staatssekretär Dr. T. ersichtlich als genügend erachtete Auflagen-"Angebot" (so ausdrücklich Rdnr. 140 der angefochtenen Verfügung) oder ausgehandelte Auflagenpapier hätte er als entscheidungserhebliche Erklärung der Beteiligten zu 1. den anderen Verfahrensbeteiligten unbedingt vor seiner eigenen Entscheidung bekannt geben und ihnen dazu rechtliches Gehör gewähren müssen. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
99Im Meinungsstreit der Befürworter und Gegner der Freigabe der Zusammenschlüsse bzw. der Ministererlaubnis waren und sind besonders wichtig die eventuell erforderlichen Auflagen. Innerhalb der gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 GWB unverzichtbaren "Abwägung zwischen Wettbewerbsbeschränkungen und Gemeinwohlgründen" (Verfügung Rdnr. 140 ff.) führt Staatssekretär Dr. T. aus, die von E. angebotenen Auflagen seien geeignet und erforderlich, das Gewicht der vom Bundeskartellamt festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen erheblich zu mindern und das Gewicht der Gemeinwohlvorteile der Fusion E./R. so weit zu erhöhen, daß die Wettbewerbsbeschränkungen von den Gemeinwohlvorteilen aufgewogen werden. Das bedeutet, daß nur allen Auflagen zusammen diese Eignung attestiert wird, und daß, wenn nur eine Auflage ausfiele, erst recht, wenn mehrere Auflagen ausfielen, die mit der Fusion verbundenen Gemeinwohlvorteile unzureichend wären, um die fusionsbedingten Wettbewerbsbeschränkungen in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung zu kompensieren. Die Angebotserklärung der Beteiligten zu 1. oder - mit anderen Worten - das ausgehandelte Auflagenpapier vom 3. 7. 2002 hat Staatssekretär Dr. T. ausweislich Rdnr. 140 seiner Verfügung veranlaßt, die Erlaubnis zu erteilen und dabei die vom "Angebot" gedeckten Auflagen zu machen. Bezüglich der Mehrheit der Angebotselemente
100(ausgenommen also die von der Beteiligten zu 1. schon in den Verfahren vor dem Bundeskartellamt angebotenen Auflagen wie bestimmte eingeschränkte Maßnahmen zur Förderung des Gas-Durchleitungswettbewerbs sowie die Veräußerung folgender E.-eigener Beteiligungen: 22 % an B., 12,95 % an G. und 5,26 % an V.; vgl. jeweils Rdnr. 7 der Beschlüsse des Bundeskartellamts vom 17. 1. und 26. 2. 2002)
101steht nach dem Inhalt der Verwaltungsakten und nach den Äußerungen der Beteiligten fest, daß sie - als konkrete Angebots- oder Einverständniserklärung der Beteiligten zu 1. und in dieser Zusammensetzung - nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 29. 5. 2002 war und auch der Kenntnisnahme der übrigen Beteiligten (jedenfalls der vier Antragstellerinnen) vorenthalten worden ist. Daß gerade diese unter Rdnr. 140 der angefochtenen Verfügung zitierte Erklärung der Beteiligten zu 1. den übrigen Verfahrensbeteiligten hätte bekannt gegeben werden müssen, damit sie einschließlich der Antragstellerinnen Gelegenheit zur Stellungnahme erhielten, ob die jetzt erweitert in Betracht kommenden Auflagen zur Kompensierung der Wettbewerbsbeschränkungen geeignet seien (und dies im Grunde sogar in Form einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, worauf es aber für die Feststellung des Verstoßes gegen die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs nicht mehr entscheidend ankommt), versteht sich nach den vorstehenden Rechtsausführungen (insbesondere unter III. 1. b)) eigentlich von selbst.
102Der Antragsgegner und die Beteiligten zu 1. bis 3. versuchen auch hier, den Vorwurf der Verletzung rechtlichen Gehörs (durch den Antragsgegner) abzuwehren: Der Umstand, daß die Beteiligte zu 1. noch nach der mündlichen Verhandlung Auflagen "angeboten" habe, sei nicht erheblich. Staatssekretär Dr. T. hätte - unabhängig vom Angebot der Beteiligten zu 1. - die Auflagen erlassen können bzw. - im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - der Erlaubnis hinzufügen müssen, wenn er nach Prüfung des Antrags zu der Einschätzung gelangt wäre, unter Hinzufügung der Auflagen seien die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis erfüllt. Die Kartellbehörde müsse von sich aus prüfen, ob die Genehmigung des Zusammenschlusses unter Auflagen erteilt werden könne. Da dem "Angebot" der Beteiligten zu 1., Auflagen zu akzeptieren, also keine maßgebliche Bedeutung zukomme und die Frage der Erlaubnis unter Auflagen generell Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sei, könne nicht der Vorwurf erhoben werden, die Entscheidung sei auf Aspekte gestützt worden (Genehmigung unter Auflagen), die nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen seien. Im übrigen sei zur Konkretisierung des rechtlichen Gehörs gemäß § 56 Abs. 1 GWB die Vorschrift des § 28 Abs. 1 VwVfG heranzuziehen; danach sei einem Beteiligten nur dann Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, wenn in seine Rechte eingegriffen werde, also nicht zu Auflagen, die allein die Zusammenschlußbeteiligten belasteten.
103Dem kann nicht beigepflichtet werden. Es kann im jetzigen Verfahrensstadium auf sich beruhen, ob § 28 VwVfG im Kartellverwaltungsverfahrensrecht subsidiär gilt oder durch § 56 Abs. 1 GWB verdrängt wird. Denn es kommt für die Frage der Gewährung rechtlichen Gehörs nicht auf die isolierte(n) Auflage(n), sondern auf den gesamten Verwaltungsakt an, also auf die Ministererlaubnis unter Auflagen, die die geschützten Interessen der Beigeladenen umso stärker beeinträchtigen, je weniger geeignet die Auflagen sind, die mit dem Zusammenschluß verbundenen Wettbewerbsbeschränkungen abzumildern und/oder das Gewicht der Gemeinwohlvorteile zu erhöhen. Folglich haben die Beigeladenen, hier: die Antragstellerinnen, ein elementares, unter dem Aspekt des rechtlichen Gehörs geschütztes Interesse daran, vor Erlaß des für sie belastenden Gesamtverwaltungsakts (Erlaubnis unter Auflagen) zu den mit den Zusammenschlußbeteiligten ausgehandelten Auflagen Stellung zu nehmen. Daß dem Auflagen-"Angebot" der Beteiligten zu 1. keine rechtliche ("maßgebliche") Bedeutung zukomme, geht an der Realität vorbei. Vorab ist darauf hinzuweisen, daß in einem gewichtigen Erläuterungswerk die Ansicht vertreten wird, die Zusammenschlußbeteiligten hätten gerade keinen Rechtsanspruch darauf, daß die Kartellbehörde (Bundeskartellamt oder Bundesminister für Wirtschaft) den Zusammenschluß, für den eine Freigabe beantragt worden sei, durch Bedingungen oder Auflagen erlaubnisfähig mache. Die Kartellbehörde könne insoweit Anregungen geben, sei hierzu aber nicht verpflichtet. Vielmehr sei es Sache der Zusammenschlußbeteiligten, auf der Grundlage der von der Kartellbehörde zu konkretisierenden Einwände ihrerseits Vorschläge zur Beseitigung der wettbewerblich bedenklichen Wirkungen des Zusammenschlusses zu unterbreiten (Mestmäcker/Veelken, a.a.O., § 40, Rdnr. 47, und § 42, Rdnr. 43; str.). Selbst wenn man dieser Ansicht nicht folgt und die Kartellbehörde mehr in der Pflicht sieht, an einer Freigabelösung unter Auflagen (mit) zu arbeiten, kann für den Regelfall und konkret für den vorliegenden Fall nicht bezweifelt werden, daß ohne eine Abstimmung mit dem (Haupt-) Zusammenschlußbeteiligten nicht auszukommen ist. Es geht darum, auszuloten, bis zu welcher "Schmerzgrenze" das Unternehmen bereit ist, eine Auflagenlösung mitzutragen, ferner welches von mehreren Auflagenmodellen (Auflagenzusammensetzungen) durchführbar ist oder überhaupt akzeptiert wird (so auch der Antragsgegner, S. 19 seines Schriftsatzes vom 22. 7. 2002), und - vor allem - Ideen des Unternehmens selbst über mögliche Auflagenlösungen aufzugreifen und deren Realisierung mit ihm zu erarbeiten. Demzufolge kann die rechtliche und tatsächliche Bedeutung der letztendlich eine Auflagenlösung anbietenden oder akzeptierenden Erklärung des Zusammenschlußbeteiligten für die in Aussicht genommene Freigabe oder Erlaubnis des Zusammenschlusses - auch und gerade wegen der Variationsvielfalt der in Betracht kommenden Auflagenlösungen (wie der vorliegende Fall instruktiv zeigt) - ernstlich nicht in Zweifel gezogen werden. Dann aber müssen die anderen Verfahrensbeteiligten, deren wettbewerbliche und unternehmerische Interessen durch die Erlaubnis trotz der Auflagen beeinträchtigt werden (wie hier die Antragstellerinnen), zu der konkreten Erklärung des Zusammenschlußbeteiligten (hier: der Beteiligten zu 1.), die die Freigabe/Erlaubnis für die Kartellbehörde (Minister) nach ihrer (seiner) bisherigen Einschätzung erstmals ermöglicht, rechtliches Gehör erhalten. Für die Regeln über die Gewährung rechtlichen Gehörs ist eine solche konkrete Erklärung des Zusammenschlußbeteiligten eine neue Tatsache.
104cc) Als weiteres Zwischenergebnis ist festzuhalten, daß Staatssekretär Dr. T., indem er es unterlassen hat, den anderen Verfahrensbeteiligten, jedenfalls den vier Antragstellerinnen rechtliches Gehör zu den beiden entscheidungserheblichen (vorstehend unter aa) und bb) behandelten) Erklärungen der Beteiligten zu 1. vom 3. 7. 2002 zu gewähren, beim Erlaß der Ministererlaubnis vom 5. 7. 2002 einen gravierenden Verfahrensfehler begangen hat.
105c) Die Rechtsfolge der unter III. 1. a) und b) behandelten Verfahrensfehler besteht darin, daß die angefochtene Verfügung schon deshalb - wegen jedes einzelnen Verfahrensfehlers - insgesamt (weil unteilbar) rechtswidrig ist (vgl. Bracher a.a.O., Rdnr. 21; Schmidt a.a.O., § 56, Rdnr. 9; Schultz a.a.O., § 56 GWB, Rdnr. 8). Die Erlaubnisverfügung unterliegt (mit hoher Wahrscheinlichkeit) der Aufhebung gemäß § 71 Abs. 2 GWB (vgl. Schmidt a.a.O., § 56, Rdnr. 9), es sei denn, daß als offensichtlich festgestellt werden kann, daß keiner der Verfahrensfehler die Erlaubnisentscheidung in der Sache beeinflußt hat (§ 46 VwVfG). Das hält der Senat für sehr unwahrscheinlich. Dem Minister steht nach verbreiteter Auslegung des § 42 GWB ein weiter Beurteilungsspielraum hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Vorteile und des überragenden Interesses der Allgemeinheit zur Verfügung (vgl. Mestmäcker/Veelken in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 42 Rdnr. 41). Bei Entscheidungen, für die das materielle Recht der Behörde Beurteilungsspielraum eröffnet (wie hier), wird man in aller Regel nicht annehmen können, es sei offensichtlich, daß Verfahrensfehler, hier vor allem die Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör, die Entscheidung in der Sache nicht beeinflußt haben (allg. Ansicht, vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 46, Rdnr. 32; Knack/Klappstein, VwVfG, 6. Aufl., § 46, Rdnr. 5.1 u. 5.2; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG 6. Aufl., § 46, Rdnr. 84, 90 a; ebenso für das Kartellrecht: Bracher, a.a.O., Rdnr. 22). An die Feststellung der Offensichtlichkeit werden hohe Anforderungen gestellt (vgl. Sachs a.a.O., Rdnr. 84 - 86, 89, 90; Obermayer/Schäfer, VwVfG, 3. Aufl., § 46, Rdnr. 30 - 32, mit Beweislast der Behörde, Rdnr. 33 u. 36; Knack/Klappstein, a.a.O., Rdnr. 5.3). Nachträgliche Bekundungen der Behörde (etwa im Prozeß), daß ihre Entscheidung durch diejenigen Stellungnahmen, die vor der Entscheidung verfahrensfehlerhaft nicht eingeholt worden seien, unter keinen Umständen beeinflußt worden wäre, haben keine ausschlaggebende Bedeutung (vgl. BVwerGE 86, 244, 252 f.; Sachs a.a.O., § 46 Rdnr. 87).
106Nach diesen Grundsätzen ist es denkbar unwahrscheinlich, daß dem Antragsgegner der Beweis gelingen wird, es sei offensichtlich, daß keiner der vorstehend behandelten Verfahrensfehler die Sachentscheidung vom 5. 7. 2002 beeinflußt habe. Das gilt auch für das Fernbleiben des Staatssekretärs Dr. T. in der mündlichen Verhandlung vom 29. 5. 2002, nicht zuletzt wegen der verpaßten eigenen individuellen Erkenntnismöglichkeiten, deren Ausmaß von seiner persönlichen Mitwirkung und Gestaltung des Verhandlungstermins mitentscheidend abhing. Das gilt erst recht für die Verletzung des rechtlichen Gehörs zu den beiden entscheidungsrelevanten Erklärungen der Beteiligten zu 1. vom 3. 7. 2002. Hierzu ist der Einwand des Antragsgegners (und der Beteiligten zu 1. bis 3.) verfehlt, von der Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs durch die Antragstellerinnen wäre kein für die Sachentscheidung erwägenswerter, geeigneter Beitrag zu erwarten gewesen, weil die Antragstellerinnen zuvor grundsätzlich bestritten hätten, daß die Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Erlaß der Erlaubnis durch Auflagen hergestellt werden könnten. Der Antragsgegner verkennt, daß sich die Stellungnahmen der Antragstellerinnen auf das "Auflagenpapier" und die konkrete Eignung der angebotenen Auflagen für die mit ihnen erstrebten (Teil-)Ziele konzentrieren konnten und auch die "Investitionserklärung", die in ihrer Unbestimmtheit und dem Fehlen ihrer Durchsetzbarkeit Probleme aufwerfen dürfte, isoliert kritisch würdigen konnten. Daß sich Staatssekretär Dr. T. gegenüber solcher sachlichen Kritik völlig unbeeindruckt gezeigt und verhalten hätte, wird man in der hypothetischen Rekonstruktion des Verfahrens kaum, jedenfalls kaum "offensichtlich" annehmen können.
107Demzufolge muß der Senat bei seiner Ansicht verbleiben, daß aus derzeitiger Sicht und nach dem jetzigen Erkenntnisstand auch bei den gebotenen hohen Anforderungen an die Feststellung ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung eine für § 65 Abs. 3 Satz 3 und Satz 1 Nr. 2 GWB hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit für die Aufhebung der Verfügung vom 5. 7. 2002 besteht.
1082. Entscheidungszuständigkeit des Bundesministers für Wirtschaft
109Der Senat hatte nach seinen Erkenntnismöglichkeiten im Zeitpunkt des Beschlusses vom 11. 7. 2002 noch in einem weiteren Punkt erhebliche Bedenken (im Sinne des § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB) gegenüber der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung. Da der Antragsgegner ausweislich der schriftlichen Begründung seiner Verfügung überhaupt nicht geprüft hatte, ob er am 5. 7. 2002 gemäß § 35 Abs. 3 GWB in Verbindung mit den Vorschriften der (EWG-) FKVO, insbesondere Art. 1 und Art. 21 Abs. 1 sowie Abs. 2 Unterabsatz 1 FKVO, überhaupt (noch) für die Freigabe der angemeldeten Zusammenschlußvorhaben zuständig war (eine solche Prüfung findet sich im übrigen auch nicht in seinen Verwaltungsakten), und da ferner in den dem Senat zur vorläufigen Prüfung zur Verfügung stehenden Schriftstücken (insbesondere der angefochtenen Verfügung und den beiden Untersagungsbeschlüssen des Bundeskartellamts) immerfort nur von "beabsichtigten" Anteilserwerben und Zusammenschluß-"vorhaben" der Beteiligten zu 1. die Rede war, irgendwelche Vertragdaten aber nicht genannt waren, hatte der Senat ernstliche Zweifel, ob nicht doch - von der Antragstellerin zu 1. vorgetragene und glaubhaft gemachte - Konzernumstrukturierungen im Konzern der Beteiligten zu 1. die Zuständigkeit der nationalen Kartellbehörden in Frage stellten. Die Zweifel sind zwar noch nicht völlig behoben, so daß ihnen voraussichtlich (mit Blick auf die Amtsermittlungsmaxime) im Beschwerde-Hauptverfahren nachgegangen werden muß. Im Hinblick auf die von der Beteiligten zu 1. vorgelegten beiden eidesstattlichen Versicherungen des Herrn Dr. B. H. vom 22. 7. 2002 und des Herrn U. H. vom 22. 7. 2002 (deren näheren Inhalt hier darzustellen kein Anlaß besteht) sind jedoch die Zweifel des Senats an der Entscheidungszuständigkeit des Bundesministers für Wirtschaft (oder seines amtierenden Stellvertreters) zum Zeitpunkt des 5. 7. 2002 auf einen Grad unterhalb der Schwelle "ernstlicher Zweifel" im Sinne des § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB gesunken. Es wird ausdrücklich betont, daß der vorliegende Beschluß und die darin aufrecht erhaltenen und erlassenen einstweiligen Anordnungen nicht (mehr) auf diesen Zweifeln beruhen.
1103. Mit Blick auf die die aufrecht erhaltenen und jetzt erst erlassenen Anordnungen bereits tragenden Ausführungen unter III. 1. braucht der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium auf die weiteren Rügen der Antragstellerinnen gegen die angefochtene Verfügung nicht Stellung zu nehmen.
111IV.
112Der erste Absatz des Kapitels III. des Senatsbeschlusses vom 11. 7. 2002 sei hier mit Blick auf die jetzt neu erlassenen einstweiligen Anordnungen zugunsten der Antragstellerinnen zu 3. und 4. der Vollständigkeit halber nochmals wiedergegeben:
113Die unter III. 1. dargestellten ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Erlaubnis der von der Beteiligten zu 1. angestrebten Zusammenschlüsse rechtfertigen nach dem jetzigen Erkenntnisstand des Senats, die aufschiebende Wirkung der Beschwerden der Antragstellerinnen anzuordnen. Da die der Fusionskontrolle (wie hier) unterliegenden Zusammenschlußvorhaben allenfalls dann wirksam vollzogen werden können, wenn sie vom Antragsgegner - wirksam - erlaubt worden sind, bedeutet die Anordnung des Senats, daß das Vollzugsverbot gemäß § 41 Abs. 1 GWB einstweilen fortdauert (vgl. II. Nr. 2 Satz 1 der Beschlußformel). Die ergänzende Anordnung in II. Nr. 2 Satz 2 der Beschlußformel dient der Unterstützung der Durchsetzung des Vollzugsverbots. Sofern die Beteiligten zu 1. bis 14. mit der Vollziehung der angemeldeten Zusammenschlüsse schon begonnen haben (was nach den Erklärungen der Beteiligten zu 1. bis 3. der Fall ist), bezwecken die weiteren Anordnungen in II. Nr. 3 der Beschlußformel gemäß den §§ 64 Abs. 3, 60 Nr. 3 GWB, den derzeit bestehenden Zustand aufrecht zu erhalten, insbesondere damit die Möglichkeit einer etwaigen Entflechtung nicht tatsächlich weiter erschwert wird.
114Gründe zum Beschluss vom 16.12.2002:
115I. Antrag auf Aufhebung der bisher erlassenen einstweiligen Anordnungen
1161. Die Beteiligte zu 1. hat mit Schreiben vom 15. 2. und vom 4. 3. 2002 beim Beschwerdegegner die Erlaubnis zu den Zusammenschlußvorhaben E.../G... und E.../B... beantragt, nachdem das Bundeskartellamt diese Zusammenschlüsse untersagt hatte. Mit Verfügung vom 5. 7. 2002 hat der Beschwerdegegner die beantragte Erlaubnis erteilt (fortan: Ministererlaubnis I; veröffentlicht in WuW/E DE-V 573 ff.). Gegen diese Verfügung haben zunächst die Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 8., die zuvor vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (fortan: BMWi) zum Verwaltungsverfahren beigeladen worden waren, jeweils Beschwerde eingelegt. Auf die Anträge der Beschwerdeführerinnen zu 1. bis 4., 6. und 7. hat der Senat durch Beschlüsse vom 11. 7., 25. 7. und 4. 9. 2002 gemäß den §§ 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3, 64 Abs. 3, 60 Nr. 3 GWB die aufschiebende Wirkung der Beschwerden dieser sechs Beschwerdeführerinnen angeordnet und ergänzende einstweilige Anordnungen erlassen. Wegen des genauen Inhalts der einstweiligen Anordnungen und ihrer Begründungen wird auf die vorgenannten drei Senatsbeschlüsse Bezug genommen (vgl. auch die Veröffentlichung des Beschlusses vom 11. 7. 2002 in WuW/E DE-R 885 ff. und die Veröffentlichung des Beschlusses vom 25. 7. 2002 in WuW/E DE-R 926 ff.). Auf Antrag der Beschwerdeführerin zu 6. hat der Senat mit Beschluß vom 18. 9. 2002 die zu ihren Gunsten (mit Beschluß vom 4. 9. 2002) erlassenen einstweiligen Anordnungen dahin ergänzt, daß diese auch für die weiteren bis zur Beschwerdeentscheidung ergehenden Verfügungen des Beschwerdegegners gelten, die die angemeldeten Zusammenschlüsse "E.../G..." und "E.../B..." gemäß § 42 GWB - gegebenenfalls auch unter Auflagen und/oder Bedingungen - erlauben. Auf die Begründung des Beschlusses vom 18. 9. 2002 (veröffentlicht in WuW/E DE-R 943 ff.) wird Bezug genommen.
117Der Senat hatte den Erlaß der vorgenannten einstweiligen Anordnungen mit ernstlichen Zweifeln (im Sinne des § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 GWB) an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis I begründet. Die ernstlichen Zweifel resultierten aus der Beurteilung, daß die Verfügung unter gravierenden Verfahrensfehlern (Abwesenheit des den Bundesminister für Wirtschaft vertretenden Staatssekretärs Dr. T... in der einzigen öffentlichen mündlichen Verhandlung [Verstoß gegen § 56 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 GWB] sowie Unterlassung der Gewährung rechtlichen Gehörs zu einigen entscheidungserheblichen Erklärungen der Beteiligten zu 1. [Verstoß gegen § 56 Abs. 1 und 3 GWB]) zustande gekommen sei. Daraufhin hat das BMWi mit Schreiben vom 15. 8. 2002 die Verfahrensbeteiligten zu einer "erneuten öffentlichen mündlichen Verhandlung" am 5. 9. 2002 eingeladen, mit der Erklärung, es beabsichtige, "unter Wahrung seiner Rechtsauffassung im Anschluß an die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. 7. 2002 eine erneute öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 56 Abs. 3 GWB im Ministererlaubnisverfahren E.../R... durchzuführen, um den Bedenken des Gerichts Rechnung zu tragen und eine Heilung der festgestellten Verfahrensfehler nach § 45 Abs. 2 VwVfG vorzunehmen". Die öffentliche mündliche Verhandlung ist am 5. 9. 2002 unter Leitung von Staatssekretär Dr. T... durchgeführt worden.
118Mit Verfügung vom 18. 9. 2002 hat der Beschwerdegegner die Ministererlaubnis I hinsichtlich der Auflagen teilweise geändert (Ordnungsziffern 1. bis 1.6. des Verfügungstenors). Ziffer 2. des Verfügungstenors lautet sodann: "Im übrigen wird die Erlaubnisverfügung [Anm.: die Ministererlaubnis I ] aufrecht erhalten." Zur Begründung der "formellen Rechtmäßigkeit" (Überschrift vor der Tz. 52) hat der Beschwerdegegner in der Verfügung vom 18. 9. 2002 (fortan: Ministererlaubnis II; veröffentlicht in WuW/E DE-V 643 ff.) ausgeführt: Die angefochtene Ministererlaubnis I sei nunmehr durch den zuständigen Amtsträger grundsätzlich in ihrem Bestand bestätigt und hinsichtlich einzelner Auflagen abgeändert worden, um - unter Aufrechterhaltung des Rechtsstandpunktes des BMWi - eine Heilung der vom Gericht beanstandeten Verfahrensfehler der Ministererlaubnis I zu bewirken. Das Verfahren entspreche den im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), insbesondere in § 45 Abs. 2 VwVfG vorgesehenen Vorschriften für ein Nachverfahren zur Heilung von Verfahrens- oder Formfehlern. Die vom Senat gerügten Fehler im Verwaltungsverfahren, das zur Ministererlaubnis I geführt habe, seien nach der Durchführung einer erneuten öffentlichen mündlichen Verhandlung unter Leitung von Staatssekretär Dr. T..., der nochmaligen Abwägung der Vorteile und Nachteile des Zusammenschlußvorhabens und der Einräumung rechtlichen Gehörs zum Auflagenregime geheilt.
119Mit Schriftsatz vom 20. 9. 2002 stellt der Beschwerdegegner nunmehr gemäß § 65 Abs. 5 Satz 1 GWB den Antrag, die Beschlüsse des Senats vom 11. und 25. 7. sowie vom 4. und 18. 9. 2002 aufzuheben, und ferner, die Anträge der Beschwerdeführerinnen auf Erlaß einstweiliger Anordnungen zurückzuweisen. Der Aufhebungsantrag sei wegen veränderter Umstände begründet, weil die vom Senat an der Ministererlaubnis I beanstandeten Verfahrensfehler inzwischen geheilt worden seien und daher "ernstliche Zweifel" an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis I, modifiziert durch die Ministererlaubnis II, jedenfalls jetzt nicht mehr gegeben seien. Da die verfahrensrechtlichen Vorschriften des GWB - auch zur Frage der Heilung von Verfahrensfehlern - lückenhaft seien, könne ergänzend auf die Regelungen des allgemeinen Verwaltungsrechts zurückgegriffen werden, die im VwVfG kodifiziert seien. Im kartellrechtlichen Schrifttum bestehe Einigkeit, daß § 45 VwVfG auch im Kartellverwaltungsverfahren anwendbar sei; überwiegend werde im Schrifttum außerdem die Meinung vertreten, daß die Heilung von Verfahrensfehlern (gemäß § 45 VwVfG) auch noch im Beschwerdeverfahren möglich sei, weil Abs. 2 des § 45 VwVfG in direkter Anwendung seit der im Jahre 1996 in Kraft getretenen Änderung der Vorschrift die Nachholung der in Abs. 1 genannten Handlungen auch noch nach Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage gestatte. Dies alles gelte auch für die im Ministererlaubnisverfahren obligatorische mündliche Verhandlung. Zwar werde der Verfahrensfehler einer unterlassenen oder unrichtig durchgeführten mündlichen Verhandlung in § 45 Abs. 1 VwVfG nicht (ausdrücklich) erwähnt. Es sei jedoch eine analoge Anwendung des § 45 Abs. 1 VwVfG möglich, wenn es sich um die Verletzung von Verfahrensregeln handele, die - wie hier das Gebot der mündlichen Verhandlung - grundsätzlich dem gleichen Zweck (hier: der Gewährung effektiven rechtlichen Gehörs) dienten, wie die in § 45 Abs. 1 VwVfG genannten Verfahrensvorschriften (hier: die erforderliche Anhörung eines Beteiligten gemäß Nr. 3 des § 45 Abs. 1 VwVfG). Die in einem Teil des Schrifttums gegen die Gesetzesänderung (§ 45 Abs. 2 VwVfG) geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken seien unberechtigt. Den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG und auf die verfahrensrechtliche Schutzdimension der Grundrechte werde dadurch Genüge getan, daß dem Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt werde, seine Beteiligungsrechte nachzuholen. In verfassungsrechtlicher Hinsicht sei also nur zu fordern, daß diese Nachholung in einer Art und Weise geschehen müsse, die dem Sinn und Zweck der verfahrensrechtlichen Rechtsposition entspreche. Dies bedeute: Die Nachholung der in Rede stehenden fehlerhaften Verfahrenshandlung müsse in einer Weise erfolgen, die die Betroffenen letztlich so stelle, als wäre der entsprechende Verfahrensfehler nicht erfolgt. Vor allem bedeute dies, daß die Nachholung der Verfahrenshandlung "ergebnisoffen" erfolgen müsse; die (zuvor) getroffene Entscheidung müsse gerade in Bezug auf die Nachholung der Verfahrenshandlung zur Disposition gestellt werden. Diese Anforderungen seien im vorliegenden Fall durch das Heilungsverfahren und die Ministererlaubnis II erfüllt worden. Die "Ergebnisoffenheit" der nochmaligen mündlichen Verhandlung werde (auch) durch den Inhalt der Ministererlaubnis II belegt, mit der insbesondere das Auflagenregime einer weitreichenden Modifikation unterzogen worden sei.
120Die Beteiligten zu 1. bis 3. unterstützen den Beschwerdegegner mit rechtlichen Argumentationen (auf die nachfolgend noch näher eingegangen werden wird) und schließen sich dem Aufhebungsantrag ausdrücklich an.
121Dagegen sind die Beschwerdeführerinnen, die die Zurückweisung des Aufhebungsantrags beantragen, der Ansicht, daß die allgemeine Vorschrift des § 56 Abs. 1 GWB für den Bereich der Fusionskontrolle materiell-rechtlich einer Heilung von Anhörfehlern über § 45 VwVfG entgegenstehe; das gelte erst recht im Falle eines Verstoßes gegen die strengere Vorschrift des § 56 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 GWB - nach deren Sinn und Zweck - im Verfahren nach § 42 GWB. Denn wenn "auf Grund" mündlicher Verhandlung zu entscheiden sei, müsse die mündliche Verhandlung nicht nur aus reinen Ordnungsgründen zeitlich vor der Entscheidung liegen, sondern dann bezwecke die Vorschrift gerade den Schutz derjenigen, die sich gegen die Freigabe des Zusammenschlusses im Wege der Ministererlaubnis wenden. Im Falle der Nachholung der mündlichen Verhandlung schließe deshalb § 56 Abs. 3 GWB eine Beibehaltung einer zuvor bereits getroffenen Entscheidung aus. Überdies machen einige Beschwerdeführerinnen (zu 1. und zu 6.) geltend, der Beschwerdegegner habe im Heilungsverfahren erneut ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem er in der Ministererlaubnis II (Tz. 77 und 78) auf Erklärungen der Beteiligten zu 1. sowie der Beteiligten zu 18. und zu 30., die nach dem 9. 9. 2002 eingegangen seien und den Abänderungsbescheid (= Ministererlaubnis II) beeinflußt hätten, Bezug genommen habe, ohne zuvor diese Schriftsätze den anderen Verfahrensbeteiligten zugänglich gemacht zu haben, damit diese hierzu vor dem Erlaß des Änderungsbescheids hätten Stellung nehmen können. Dies alles gelte auch für die - aus den Verwaltungsverfahrensakten hervorgehenden - "Geheimgespräche", die der Beschwerdegegner mit den Beteiligten zu 1. und 4. am 13. 9. 2002 geführt habe. Man werde nach Lage der Dinge nicht ernsthaft annehmen können, daß die Inhalte dieses Gesprächs nicht entscheidungserheblich gewesen seien. Damit habe der Beschwerdegegner im Heilungsverfahren genau diejenigen Fehler erneut begangen, die der Senat in Bezug auf das Aushandeln des Auflagenpapiers vom 3. 7. 2002 vor der Ministererlaubnis I festgestellt gehabt habe. Diese Verletzungen rechtlichen Gehörs zwischen der mündlichen Verhandlung (vom 5. 9. 2002) und dem Erlaß der Ministererlaubnis II begründeten erneut ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis II, die es schon für sich allein rechtfertigten, den Aufhebungsantrag zurückzuweisen.
1222. Gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG ist eine Verletzung der (eine notwendige Anhörung vorschreibenden) Verfahrensvorschrift, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 VwVfG nichtig macht, "unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird", wobei diese Nachholung gemäß § 45 Abs. 2 VwVfG noch bis zum Abschluß eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (in den Tatsacheninstanzen) möglich ist. Die Rechtsfolge einer gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 (eventuell i.V.m. Abs. 2) VwVfG vorgenommenen Heilung des Verfahrensfehlers eines - zuvor durch Bekanntgabe bereits wirksam gewordenen (vgl. Klappstein in: Knack, VwVfG, 6. Aufl., § 45, Rdnr. 3.3.1) - Verwaltungsakts besteht in folgendem: Der Verfahrensfehler, der (vorbehaltlich der §§ 46, 47 VwVfG) zunächst zur Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsakts geführt hatte, wird durch die Nachholung der erforderlichen (zuvor versäumten oder fehlerhaft durchgeführten) Verfahrenshandlung (hier: "Anhörung") behoben. Das bedeutet, daß der zunächst rechtswidrige Verwaltungsakt rechtmäßig wird und der vorherige Verfahrensfehler in einem Rechtsbehelfsverfahren vor Gericht nicht mehr (mit Erfolg) geltend gemacht werden kann; vielmehr ist der Verwaltungsakt in der Fassung, die er zum Abschluß des die erforderliche Verfahrenshandlung nachholenden Heilungsverfahrens durch einen etwaigen Änderungsbescheid erhält, im Rechtsbehelfsverfahren so zu behandeln, als sei er ohne den vorherigen und jetzt geheilten Fehler erlassen worden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 45, Rdnr. 12, 39, 40, 41, 42; Klappstein, a.a.O., Rdnr. 2.5; Schäfer in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 45, Rdnr. 3, 76; Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 45, Rdnr. 18; Sodan, DVBl 1999, 729, 732; Brischke DVBl 2002, 429, 432, m.w.N.; auf die umstrittene Frage, ob die Heilung auf den Zeitpunkt des Erlasses des zunächst rechtswidrigen Verwaltungsakts zurückwirkt oder nur mit ["ex nunc"-]Wirkung für die Zukunft eintritt - vgl. hierzu Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rdnr. 14; Klappstein, a.a.O., Rdnr. 2.5; Schäfer, a.a.O., Rdnr. 76; Sachs, a.a.O., Rdnr. 18; jeweils m.w.N. - , kommt es im vorliegenden Fall nicht an). § 45 VwVfG regelt allerdings nur die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen und Folgen der Nachholung von Verfahrenshandlungen, nicht aber, jedenfalls nicht abschließend die auch auf Grund der Regeln des jeweiligen Sachbereichs zu beurteilende Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Behörde in dem konkret zu überprüfenden Verwaltungsverfahren zur Nachholung von Verfahrenshandlungen befugt und fähig ist (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 3: eine materiellrechtliche Frage).
123Die der Ministererlaubnis I anhaftenden Verfahrensfehler (siehe oben) sind nur dann durch das am 15. 8. 2002 vom Beschwerdegegner eingeleitete und durch die Ministererlaubnis II abgeschlossene Nachverfahren behoben worden, wenn dem Beschwerdegegner die Heilungsmöglichkeit gemäß § 45 VwVfG für seine Ministererlaubnis I überhaupt zu Gebote stand (Anwendbarkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 VwVfG auf den vorliegenden Fall; siehe nachfolgend a)), und wenn - außerdem - die nachgeholte Anhörung (hier als Oberbegriff für die nachgeholte mündliche Verhandlung und die nachgeholte Gewährung rechtlichen Gehörs für alle Verfahrensbeteiligten) ordnungsgemäß und dem Gesetz entsprechend durchgeführt worden ist (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 26; Schäfer, a.a.O., § 45, Rdnr. 75; siehe nachfolgend b)). An beidem fehlt es. Demzufolge sind die Verfahrensfehler der Ministererlaubnis I nicht rechtswirksam geheilt worden, die Ministererlaubnis I ist vielmehr auch in der geänderten Fassung der Ministererlaubnis II infolge der ursprünglichen Verfahrensfehler, aber auch infolge der erneuten Verfahrensfehler (b)) rechtswidrig geblieben (vgl. Sachs, a.a.O., Rdnr. 23). Damit muß dem Aufhebungsantrag der Erfolg versagt werden (mit Ausnahme der zugunsten der Beschwerdeführerin zu 7. erlassenen einstweiligen Anordnung, die infolge der Beschwerderücknahme außer Kraft getreten ist).
124a) § 45 VwVfG ist ein gesetzlich vorgesehener Anwendungsfall des Grundsatzes der Verfahrensökonomie (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 1; Schäfer, a.a.O., § 45, Rdnr. 3; Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 9). Im Interesse der Verfahrensökonomie sollen Verfahrensfehler und Formmängel freilich nur geheilt werden können, soweit dies mit den Erfordernissen eines wirksamen Rechtsschutzes für die Betroffenen in der Sache vereinbar erscheint (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 1, m.w.N. aus den Gesetzgebungsmaterialien). Es ist daher im Grundsatz anerkannt, daß eine Heilung in solchen Fällen ausgeschlossen ist, in denen die nachzuholende Verfahrenshandlung ihre rechtsstaatlich gebotene Funktion nicht mehr erfüllen könnte und insofern eine "heilungsoffene" Entscheidungssituation nicht mehr gegeben ist (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 6 unter Hinweis auf BVerwGE 66, 291 und OVG Münster NJW 1982, 1663; Klappstein, a.a.O., § 45, Rdnr. 2.3; vgl. auch Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 75; Sodan, DVBl 1999, 729, 737). Eine Heilung des Verfahrensfehlers durch Nachholung der erforderlichen Verfahrenshandlung kann nicht eintreten, wenn die Funktion der Verfahrenshandlung für den Entscheidungsprozeß der Behörde nicht mehr uneingeschränkt erreicht werden kann (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 26). So hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, daß die unterbliebene Anhörung des Personalrats vor einer fristlosen Entlassung eines Beamten auf Probe nicht im Widerspruchsverfahren nachgeholt werden kann, und hat dieses Ergebnis aus dem von ihm aufgestellten allgemeinen Rechtssatz abgeleitet, eine Heilung des Verfahrensfehlers einer unterbliebenen Mitwirkung (Anhörung) - bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens [nur dieser Endzeitpunkt war nach der damaligen Gesetzesfassung des § 45 Abs. 2 VwVfG bedeutsam] - komme jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die Mitwirkung (Anhörung) den besonderen Sinn und Zweck, der ihr nach der jeweiligen spezialgesetzlichen Regelung
125[Hervorhebungen durch Kursivdruck hinzugefügt]
126beigegeben sei, nur dadurch erfüllen könne, daß sie vorher
127[Hervorhebung durch Kursivdruck auch im Original]
128erfolge (BVerwGE 66, 291, 295; ebenso: OVG Münster NJW 1982, 1663; zustimmend: Klappstein, a.a.O., § 45, Rdnr. 2.1; im Ergebnis ebenso: Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 73; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 26 a.E.; Sodan, DVBl 1999, 729, 737). Das trifft auch auf die hier zu beurteilende Ministererlaubnis (§ 42 GWB) zu.
129aa) Die durch die Ministererlaubnis I verletzte Vorschrift des § 56 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 GWB bedeutet, daß über den Antrag auf Erteilung einer Ministererlaubnis gemäß § 42 GWB (vorbehaltlich eines allseits erklärten Verzichts auf eine mündliche Verhandlung) nicht ohne öffentliche mündliche Verhandlung der zuständigen ("entscheidenden") kartellbehördlichen Instanz entschieden werden darf, und daß die Entscheidung des Bundeswirtschaftsministers oder seines zuständigen Vertreters selbst auf der Grundlage ("auf Grund") dieser - damit notwendigerweise vorher durchzuführenden - mündlichen Verhandlung ergehen muß. Die Norm bezweckt vor allem, daß eine intensive, dem Interesse sowohl der Kartellbehörde als auch der betroffenen Unternehmen an einer richtigen Entscheidung dienende Erörterung aller Sach- und Rechtsfragen stattfindet und der Anspruch aller Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör gewährleistet ist (vgl. die Senatsbeschlüsse vom 11. und 25. 7. 2002, WuW/E DE-R 885, 887 f. und 926, 933, m.w.N.).
130Über das Fernbleiben des verantwortlichen Entscheiders (des zuständigen Vertreters des Bundeswirtschaftsministers) in der mündlichen Verhandlung vom 29. 5. 2002 hinaus ist dem Beschwerdegegner bei der Ministererlaubnis I ein weiterer gravierender Verfahrensfehler dadurch unterlaufen, daß er zu entscheidungserheblichen Erklärungen der Beteiligten zu 1. den übrigen Verfahrensbeteiligten, darunter den Beschwerdeführerinnnen, kein rechtliches Gehör gewährt und damit gegen § 56 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 GWB verstoßen hat. Diese - durch die Ministererlaubnis I verletzten - Vorschriften bedeuten, daß der Bundeswirtschaftsminister seiner Erlaubnisentscheidung nur diejenigen Tatsachen und Erklärungen von Beteiligten (sowie Beweisergebnisse) zugrunde legen darf, zu denen sich alle Beteiligten äußern konnten. Bei neuem Vorbringen oder Erklärungen von Beteiligten, die aus der Sicht des Bundeswirtschaftsministers für die Entscheidung erheblich sein können, müssen vor der Erlaubnisentscheidung die anderen Beteiligten noch einmal angehört werden (vgl. die Senatsbeschlüsse vom 11. und 25. 7. 2002, WuW/E DE-R 885, 889 f. und 926, 936 ff.).
131(1.) Gerade weil einerseits dem Bundeswirtschaftsminister nach verbreiteter Auslegung des § 42 GWB ein weiter Beurteilungsspielraum hinsichtlich der "gesamtwirtschaftlichen Vorteile" und des "überragenden Interesses der Allgemeinheit" zur Verfügung steht (vgl. Mestmäcker/Veelken in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 42, Rdnr. 41) und andererseits die Ministererlaubnis geeignet ist, die wettbewerblichen und unternehmerischen Möglichkeiten der Beschwerdeführerinnen (soweit diese durch die Ministererlaubnis I materiell beschwert sind) erheblich in negativer Weise zu beeinflussen, gewinnt umso mehr die vorherige Gewährung rechtlichen Gehörs an nicht zu überschätzender Bedeutung. Durch sie werden die durch den beabsichtigten Zusammenschluß in ihren wettbewerblichen und unternehmerischen Interessen betroffenen Beigeladenen in die Lage versetzt, die Entscheidungsfindung des Bundeswirtschaftsministers in legitimer Weise zum Schutze ihrer Interessen zu beeinflussen, jedenfalls ihren Standpunkt geltend zu machen und zu einer sachgerechten, alle relevanten Aspekte wohl abwägenden Entscheidung über den Erlaubnisantrag beizutragen. Da sich das Gefahrenpotential (wirtschafts-)politisch planender und lenkender Staatsakte, zu denen auch die Ministererlaubnis gemäß § 42 GWB gehört, durch Ergebnisnormierung und durch Ergebniskontrolle seitens der Gerichte nicht vollständig und genau begrenzen läßt, muß der legitime Interessenschutz der Beigeladenen vorher - bei der Ergebnisherstellung - in Gestalt von Verfahrensgarantien, insbesondere der Gewährung rechtlichen Gehörs, ansetzen (vgl. Senatsbeschluß vom 25. 7. 2002, WuW/E DE-R 926, 928 f. unter Hinweis auf Grimm, NVwZ 1985, 865, 867; vgl. ferner BVerwGE 70, 143, 148 f.: Bei auf Beurteilungsermächtigungen beruhenden Entscheidungen komme es darauf an, daß sich die Entscheidungsfindung unbeeinflußt von Fehlern vollziehe; die "Fehlerfreiheit der Entscheidungsfindung soll die Fehlerfreiheit des Entscheidungsergebnisses gewährleisten").
132Schon die vorstehenden Erwägungen sprechen dafür, daß bei dem hier zu beurteilenden besonderen Verwaltungsaktstyp, der Ministererlaubnisentscheidung gemäß § 42 GWB, nur das vor der (ersten) Entscheidung gewährte rechtliche Gehör für die Verfahrensbeteiligten, (hier) insbesondere für die Beigeladenen, seine Funktion für die Entscheidungsfindung mit Blick auf den weiten Beurteilungsspielraum des Bundeswirtschaftsministers hinsichtlich der Gemeinwohlvorteile uneingeschränkt erreichen kann.
133(2.) Sicher führen aber folgende noch hinzukommende Erwägungen zu dem Ergebnis, daß Ministererlaubnisentscheidungen, die wegen Verletzung des Gebots rechtlichen Gehörs gegenüber Beigeladenen rechtswidrig sind, nicht durch Nachholung der Gewährung rechtlichen Gehörs - sei es in oder sei es außerhalb der mündlichen Verhandlung (§ 56 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Satz 3 sowie Abs. 1 GWB) - gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 GWB geheilt werden können, weil eine solche Nachholung Sinn und Zweck des gemäß § 56 Abs. 1 und 3 GWB vor der Erlaubnisentscheidung zu gewährenden rechtlichen Gehörs nicht mehr zureichend erfüllen kann:
134Bis zur Bekanntgabe der Erlaubnisentscheidung gilt für die den angemeldeten Zusammenschluß betreibenden Unternehmen das gesetzliche Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 Satz 1 und 2 GWB. Durch das Vollzugsverbot sind diejenigen Unternehmen, die durch die wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen einer freigegebenen Fusion in ihren eigenen wettbewerblichen und unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeiten betroffen werden, zunächst hinreichend geschützt. Dieser Schutz entfällt sofort mit der Bekanntgabe einer Ministererlaubnis (sofern diese - wie hier - nicht gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 GWB mit einer aufschiebenden Bedingung verbunden worden ist). Ohne daß die Zusammenschlußbeteiligten noch die Bestandskraft der Ministererlaubnis abwarten müssen, können sie unmittelbar nach deren Bekanntgabe den freigegebenen Zusammenschluß vollziehen. So ist es im vorliegenden Fall hinsichtlich eines erheblichen Teils des in seiner Gesamtheit zu betrachtenden Zusammenschlußvorhabens der Beteiligten zu 1. auch geschehen: Nachdem die Ministererlaubnis I am 5. 7. 2002 bekanntgegeben worden war, ist der angemeldete Zusammenschluß "E.../G..." noch am selben Tage vollzogen worden; laut dem Vortrag der Beteiligten zu 2. und 3. (Schriftsatz vom 23. 7. 2002, S. 25, sowie in der mündlichen Verhandlung am 24. 7. 2002), der als unstreitig gelten kann, hat die Beteiligte zu 2. (D... B... AG) ihre sämtlichen Aktien (100 %) an der Beteiligten zu 3. (G... AG) noch am 5. 7. 2002 auf die Beteiligte zu 1. (E... AG) übertragen. Bereits dieser Zusammenschluß - ohne den weiteren Teil des Gesamtvorhabens (Zusammenschluß "E.../B...") - ist für die Struktur und die Wettbewerbsbedingungen auf den betroffenen Märkten so bedenklich, daß er nach der im vorliegenden Ministererlaubnisverfahren verbindlichen wettbewerblichen Beurteilung des Bundeskartellamts die gesetzlichen Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllt: Der Zusammenschluß läßt sowohl die Verstärkung marktbeherrschender Stellungen (der R... AG auf der Ferngasstufe und von bestimmten E...-Gasversorgungs-Konzern- und Beteiligungsunternehmen bei der Belieferung von Gasgroßkunden und lokalen Gasweiterverteilern) beim Absatz von Gas als auch die Verstärkung marktbeherrschender Stellungen (der Beteiligten zu 1. zusammen mit R... P... AG auf bestimmten bundesweiten Märkten) beim Absatz von Strom erwarten (vgl. den Beschluß des BKartA vom 17. 1. 2002 betr. die Untersagung des Zusammenschlusses "E.../G...", Az. B 8 - 109/01, Tz. 17 ff., veröffentlicht in WuW/E DE-V 511, 513 ff.).
135Diesen aus der verfahrensfehlerhaften Ministererlaubnis I resultierenden Zusammenschluß vom 5. 7. 2002 nebst seinen vom Bundeskartellamt (jedenfalls dem Grunde nach) verbindlich prognostizierten wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen konnte der Beschwerdegegner selbst in einem gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 (und Abs. 2) VwVfG betriebenen Nachverfahren nicht ungeschehen und auch nicht - schon gar nicht sofort - rückgängig machen, selbst wenn er nach erstmals selbst durchgeführter mündlicher Verhandlung und vollständiger Gewährung rechtlichen Gehörs bei der anschließenden "ergebnisoffenen" Prüfung und Abwägung aller entscheidungsrelevanten Tatsachen und Aspekte zu dem Ergebnis gekommen wäre, daß die Fusionserlaubnis zu versagen sei. Denn eine solche Versagung in Verbindung mit einer Aufhebung der Ministererlaubnis I am Schluß des Nachverfahrens hätte das Vollzugsverbot nur für die Zukunft, aber nicht rückwirkend zum 5. 7. 2002 wieder in Kraft gesetzt. Der am 5. 7. 2002 vollzogene Zusammenschluß "E.../G..." wäre also nicht rückwirkend von der Rechtsfolge der Unwirksamkeit gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 GWB erfaßt worden, sondern auf jeden Fall (zunächst) wirksam geblieben. Eine zum Abschluß des Nachverfahrens erlassene Verfügung, mit der der Beschwerdegegner seine Ministererlaubnis I aufgehoben und den Erlaubnisantrag (d. h. formal: die beiden, zum gemeinsamen Verfahren verbundenen Erlaubnisanträge) zurückgewiesen hätte, hätte nur die Grundlage für eine in einem neuen Verfahren zu verfolgende Entflechtung des schon vollzogenen Zusammenschlusses "E.../G..." gemäß § 41 Abs. 3 GWB geschaffen. Für eine solche Wiederauflösung des schon vollzogenen Zusammenschlusses ist der Beschwerdegegner nicht einmal zuständig, vielmehr allein das Bundeskartellamt, wie sich aus § 41 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 GWB (die Vorschriften decken nach ihrem Wortlaut auch die vorliegende Fallkonstellation ab) sowie aus der Tatsache ergibt, daß das GWB in keiner Vorschrift, auch nicht in § 42 GWB dem Beschwerdegegner eine Kompetenz für Maßnahmen zur Auflösung eines (letztlich) untersagten Zusammenschlusses zuweist (vgl. auch die Darstellung von Mestmäcker/Veelken, a.a.O., § 41, Rdnr. 51, wonach sogar im Fusionsfall "T.../H... Hi´...", in dem der Bundeswirtschaftsminister der T... AG nur die Übernahme einer Beteiligung von 45 % an der H... H... GmbH mit der Auflage erlaubte, die schon erworbene Beteiligung von 100 % auf die erlaubte Beteiligung von 45 % durch Veräußerung in einer Frist von fünf bis acht Jahren zurückzuführen [WuW/E BWM 159], das spätere Entflechtungsverfahren hinsichtlich des nicht erlaubten Beteiligungsumfangs von 55 % vom Bundeskartellamt betrieben wurde).
136Die vorstehend aufgeführten Konsequenzen, die sich aus der unter Verfahrensfehlern zustande gekommenen Ministererlaubnis I ergaben, zeigen, daß weder nach den zu § 45 VwVfG entwickelten Auslegungsgrundsätzen [siehe nachfolgend (2.1)] noch nach Sinn und Zweck der Vorschriften des § 56 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Satz 1 GWB, die vor allem die Erfüllung des Anspruchs aller Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör vor Erlaß der Erlaubnisentscheidung - sogar in intensiver Form (vgl. § 56 Abs. 3 GWB) - gewährleisten sollen (Senatsbeschluß vom 25. 7. 2002, WuW/E DE-R 926, 933) [siehe nachfolgend (2.2)], eine Heilung dieser Verfahrensrechtsverletzung durch Nachholung der Gewährung rechtlichen Gehörs und der mündlichen Verhandlung mit Teilnahme des Entscheiders (des Staatssekretärs Dr. T...) in Betracht kommt:
137(2.1) Zu den dem § 45 VwVfG eigenen Anwendungsvoraussetzungen (siehe oben a), vor aa) ) gehört es, daß die Behörde auf Grund der nachgeholten Verfahrenshandlung (hier: der Anhörung im umfassenden Sinne) in eine neue, ergebnisoffene Prüfung und Entscheidungsfindung eintritt und rechtlich auch noch eintreten kann, ihr also noch alle diejenigen Entscheidungsmöglichkeiten offen stehen, die sie bei ihrer vorherigen - unter Verfahrensfehlern getroffenen - Entscheidung hatte, einschließlich der völligen ersatzlosen Aufhebung dieser verfahrensfehlerhaften Entscheidung (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 6, 26; Klappstein, a.a.O., § 45, Rdnr. 2.3; Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 73, 75). Diese Voraussetzung ist nicht (mehr) erfüllt, wenn der durch den verfahrensfehlerhaften Verwaltungsakt Begünstigte von den dadurch eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht hat (hier: durch den Vollzug des Zusammenschlusses) und diese Folgen - wie im vorliegenden Fall der Ministererlaubnis - durch die bloße Abänderung oder Aufhebung des ursprünglichen Verwaltungsakts am Ende eines "Heilungs"-verfahrens nicht rückgängig gemacht werden, es hierzu vielmehr eines weiteren Verfahrens (mit durchaus nicht sicherem Verfahrensausgang) bedarf. Dieser Argumentation kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß der Beschwerdegegner am Ende des Nachverfahrens immerhin die Aufhebung der Ministererlaubnis I und die Zurückweisung des Erlaubnisantrags hätte aussprechen, damit die Grundlage für eine Wiederauflösung des vollzogenen Zusammenschlusses (vgl. § 41 Abs. 3 GWB) hätte schaffen können und das Nachverfahren insofern doch als ein "ergebnisoffenes" Heilungsverfahren angesehen werden müsse. Denn im direkten Vergleich sind eine schon mit der ersten Verfügung ausgesprochene Zurückweisung des Erlaubnisantrags und eine nach einer verfahrensfehlerhaft verfügten Freigabe erst mit der zweiten Verfügung ausgesprochene Ablehnung der Erlaubnis zumindest dann einander nicht gleichwertig, wenn die Zusammenschlußbeteiligten von der zunächst gewährten Freigabe durch den Vollzug des Zusammenschlusses Gebrauch gemacht haben. Von der zu fordernden Gleichwertigkeit der möglichen Entscheidungsergebnisse in der jeweiligen Entscheidungssituation - zum einen in der Lage bei Erlaß des verfahrensfehlerhaften Verwaltungsakts, zum anderen in der Lage nach der Nachholung der erforderlichen "Anhörung" (im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG) - können aber für die Anwendung des § 45 VwVfG keine Abstriche gemacht werden (vgl. auch Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 75).
138(2.2) Die Anwendbarkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG ist aber bei einer Verletzung des Rechts der Beigeladenen auf rechtliches Gehör im Ministererlaubnisverfahren - sei es auf Grund des Unterlassens einer dem § 56 Abs. 3 GWB entsprechenden mündlichen Verhandlung, sei es außerhalb der mündlichen Verhandlung - auch deshalb ausgeschlossen, weil die Gewährung rechtlichen Gehörs den Sinn und Zweck, den sie nach den Vorschriften über die Zusammenschlußkontrolle und über die Teilnahme Dritter am Verfahren hat, im wesentlichen nur dann erfüllen kann, wenn sie vor der (ersten) Erlaubnisentscheidung stattfindet (wie das Bundesverwaltungsgericht - bei ganz anderem Ausgangssachverhalt - auch zu Sinn und Zweck der dort notwendigen vorherigen Anhörung entschieden hat, BVerwGE 66, 291, 295). Die zum Ministererlaubnisverfahren beigeladenen Unternehmen erfüllen aus der Sicht des BMWi, das zuvor den Zusammenschlußbeteiligten rechtliches Gehör zum Beiladungsantrag gewährt und sich dann erst seine Meinung gebildet hat, die in § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB normierte Voraussetzung, daß ihre Interessen durch die Entscheidung über den Erlaubnisantrag "erheblich berührt" werden. Für das Merkmal der "erheblichen Interessenberührung" kommt es darauf an, ob sich ein in Betracht kommendes Ergebnis des kartellbehördlichen Verfahrens - in der Fusionskontrolle vor allem eine Freigabe mit oder ohne Auflagen/Bedingungen - auf die wirtschaftliche Lage des beizuladenden Unternehmens spürbar auswirkt; dabei kommt es auf solche wirtschaftliche Interessen des Unternehmens an, die mit der Freiheit des Wettbewerbs oder der Wettbewerbsstruktur im relevanten Markt zusammenhängen (vgl. Senatsbeschluß vom 5. 7. 2000, Kart 1/00 (V), WuW/E DE-R 523, 525, 527, m.w.N.). Der Zweck der Beiladung besteht vor allem darin, es den beizuladenden Unternehmen durch die Einräumung der vollen Rechte eines Verfahrensbeteiligten zu ermöglichen, ihre durch ein in Betracht kommendes Verfahrensergebnis "erheblich berührten" Interessen zu wahren (vgl. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 54, Rdnr. 35). Im Fusionskontrollverfahren haben die beigeladenen Unternehmen daher die verfahrensrechtlich abgesicherte Möglichkeit, die zuständige Kartellbehörde durch Sachvortrag und Argumentationen hinsichtlich der zu treffenden Fusionskontrollentscheidung dahin zu beeinflussen, daß eine durch übermäßige Unternehmenskonzentration drohende Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen vermieden wird.
139Bedarf es zur Wahrnehmung dieser Verfahrensrechte der Gewährung rechtlichen Gehörs zu (insbesondere) entscheidungserheblichen Tatsachen und Erklärungen der Zusammenschlußbeteiligten, kann nach Sinn und Funktion der Beteiligtenrechte der Beigeladenen eine zweckentsprechende Gewährung des rechtlichen Gehörs nur vor der Freigabe- oder Erlaubnisentscheidung geleistet werden. Das hängt mit der schon erwähnten Besonderheit des Fusionskontrollverfahrens zusammen, daß der angemeldete Zusammenschluß sofort nach der Freigabeentscheidung (mit Ausnahme des Falls einer mit der Freigabe verbundenen aufschiebenden Bedingung) vollzogen werden kann, die Beigeladenen also zunächst einmal den Schutz des Vollzugsverbots (§ 41 Abs. 1 Satz 1 und 2 GWB) verlieren.
140Wollte man dennoch die Ansicht vertreten, daß Sinn und Zweck des den Beigeladenen zu gewährenden rechtlichen Gehörs auch noch nach einer (ersten) Freigabeentscheidung erfüllt werden können, würde man damit in einen Wertungswiderspruch zu einer der wichtigsten Neuerungen der 6. GWB-Novelle zur Zusammenschlußkontrolle geraten, nämlich zur Einführung der generellen präventiven Fusionskontrolle. Sie bezweckt nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf der 6. GWB-Novelle, zitiert nach dem WuW-Sonderheft 1998, S. 80), die immer wieder aufgetretenen Schwierigkeiten in der bisherigen Praxis der Entflechtung bereits vollzogener, anschließend jedoch untersagter Zusammenschlüsse zu vermeiden. Die pflichtgemäß anzumeldenden Zusammenschlüsse dürfen - das ist das Ziel der präventiven Fusionskontrolle - erst vollzogen werden, wenn ihre wettbewerbliche Unbedenklichkeit festgestellt ist (BReg, a.a.O.). Auf die kartellbehördliche Prüfung und Entscheidungsfindung, ob ein angemeldeter Zusammenschluß wettbewerblich unbedenklich ist oder aber die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllt bzw. die Ausnahmevoraussetzungen für eine Ministererlaubnis gemäß § 42 GWB nicht erfüllt, sollen aber gerade auch die - hiervon in ihren Interessen erheblich berührten - Beigeladenen durch Ausübung ihrer Verfahrensrechte Einfluß nehmen dürfen, was wiederum die Gewährung rechtlichen Gehörs zu entscheidungserheblichen Tatsachen und Erklärungen anderer Verfahrensbeteiligter notwendig voraussetzt. Ist erst einmal der Zusammenschluß - nach einer Versagung rechtlichen Gehörs zu Lasten von Beigeladenen und möglicherweise im ursächlichen Zusammenhang damit stehend - freigegeben, so führt der sofort erlaubte Vollzug zunächst zu denjenigen wettbewerbsbeschränkenden Unternehmens- und Marktstrukturen, die eine von vornherein ausgesprochene (und - wie unterstellt werden mag - von den Beigeladenen nach Gewährung rechtlichen Gehörs zutreffend unterstützte) Untersagung bzw. Ablehnung der Ministererlaubnis vermieden hätte. In einem solchen Fall werden die beigeladenen Unternehmen nicht nur zu Unrecht für einen längeren Zeitraum den wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen des an sich abzulehnenden Zusammenschlusses ausgesetzt. Erschwerend kommt hinzu, daß die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf Wettbewerber, Kunden und Lieferanten im Falle nachträglicher Untersagung und verfügter Entflechtung oft gar nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. Mestmäcker/Veelken, a.a.O., § 39, Rdnr. 1, und § 41, Rdnr. 50, wo berichtet wird, daß während der bisherigen Geltungszeit der GWB-Fusionskontrolle kein streitig geführtes Auflösungsverfahren tatsächlich zur Auflösung des schon vollzogenen Zusammenschlusses geführt hat). Die Ziele der präventiven Fusionskontrolle, die die vorstehend beschriebenen Folgen einer zunächst vollzogenen und danach erst untersagten Fusion von vornherein vermeiden soll, werden nur durch das Vollzugsverbot (§ 41 Abs. 1 Satz 1 und 2 GWB) gesichert (vgl. Mestmäcker/Veelken, a.a.O., § 41, Rdnr. 2).
141Dies alles bedeutet, daß die Nachholung der erforderlichen Gewährung rechtlichen Gehörs nach der (ersten) Freigabeentscheidung nebst Wegfall des Vollzugsverbots in keiner Weise der vorherigen Gewährung rechtlichen Gehörs gleichwertig ist. Vielmehr läßt sich mit Fug und Recht sagen, daß das den Beigeladenen zur Wahrung ihrer Verfahrensrechte in der Fusionskontrolle zu gewährende rechtliche Gehör zu relevanten Tatsachen und Erklärungen anderer Verfahrensbeteiligter nur dann seinen besonderen Sinn und Zweck erfüllen kann, wenn es vor der (ersten) Erlaubnisentscheidung stattfindet. Daraus folgt dann aber, daß bei einer Verletzung dieses Anspruchs auf vorheriges rechtliches Gehör eine Heilung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG durch Nachholung des rechtlichen Gehörs nach der (ersten) Erlaubnisentscheidung nicht in Betracht kommt (vgl. BVerwGE 66, 291, 295).
142bb) Die gegen dieses Ergebnis vom Beschwerdegegner und von den Beteiligten zu 1. bis 3. vorgebrachten Einwände sind nicht stichhaltig. Das soll, soweit diese Einwände der Sache nach nicht schon durch die vorstehenden Ausführungen unter aa) (insbesondere zur Frage des Zwecks der verletzten Verfahrensvorschriften im vorliegenden konkreten Verwaltungsverfahren und der weiteren Frage, ob dieser Zweck durch eine Nachholung der erforderlichen Verfahrenshandlungen noch erfüllt werden kann) erfaßt sind, im folgenden behandelt werden.
143(1.) Der Beschwerdegegner argumentiert (im Zusammenhang mit den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an das Heilungsverfahren), der verfahrensrechtlichen Schutzdimension der Grundrechte werde dadurch genügt, daß dem Betroffenen (d. h. dem Beigeladenen) die Möglichkeit eingeräumt werde, seine Beteiligungsrechte nachzuholen. Dabei müsse die Nachholung der in Rede stehenden fehlerhaften Verfahrenshandlung in einer Weise erfolgen, die die Betroffenen letztlich so stelle, als wäre der entsprechende Verfahrensfehler nicht erfolgt (Schriftsatz vom 20. 9. 2002, S. 21 f.). Entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners erfüllt das von ihm nach der Ministererlaubnis I beschrittene Heilungsverfahren diese Anforderungen gerade nicht. Hierbei darf als Basis der Beurteilung nicht die reale Entwicklung zugrunde gelegt werden, daß nämlich der Beschwerdegegner im Ergebnis bei der Freigabe der Fusion unter Auflagen geblieben ist. Vielmehr mußte der Beschwerdegegner die Nachholung der Verfahrenshandlung(en) - wie er selbst richtig sieht (a.a.O.) - "ergebnisoffen" vornehmen, d. h. er mußte auch offen für das Ergebnis sein, die Erlaubnis ganz abzulehnen. Daß die Beigeladenen für diesen Fall durch die Nachholung der in Rede stehenden Verfahrenshandlungen nicht so gut gestellt waren, als wären die Verfahrensfehler nicht begangen worden, ist mit Blick auf den Wegfall des Vollzugsverbots infolge der Ministererlaubnis I oben (2. a) aa) insbesondere in den Abschnitten (2.) bis (2.2) ) schon dargestellt worden. Darauf wird Bezug genommen.
144Auf S. 38 seines Schriftsatzes vom 25. 10. 2002 versucht der Beschwerdegegner unter der Überschrift "Ergebnisoffenheit der öffentlichen mündlichen Verhandlung" (ergänze: vom 5. 9. 2002) die Anwendung des § 45 VwVfG damit zu begründen, die erneute öffentliche mündliche Verhandlung habe dem Sinn der verletzten Verfahrensvorschriften in besonderer Weise entsprochen. Sie habe unter Leitung und in Anwesenheit von Staatssekretär Dr. T... stattgefunden und habe der unvoreingenommenen, ergebnisoffenen Überprüfung des gesamten Sachverhalts, der zum Erlaß der Erlaubnisverfügung geführt habe, gedient. Die Verhandlung habe sich daher auf alle rechtlichen und tatsächlichen Aspekte erstreckt, die für oder gegen die Ministererlaubnis und die Ausgestaltung der mit ihr verbundenen Auflagen sprächen. Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdegegner indessen nicht den entscheidenden Nachteil der Nachholung der erforderlichen Verfahrenshandlung (rechtliches Gehör) auszuräumen, der darin besteht, daß die Beigeladenen den Schutz des Vollzugsverbots infolge der unter Verletzung rechtlichen Gehörs zustande gekommenen Ministererlaubnis I verloren haben [daß der Senat teilweise diesen Schutz durch seine einstweiligen Anordnungen vom 11. und 25. 7. 2002 wiederhergestellt hat, ist für die vorliegende rechtliche Prüfung irrelevant, zumal der Beschwerdegegner gerade die Aufhebung dieser einstweiligen Anordnungen beantragt] und diesen Schutz durch die Nachholung der Verfahrenshandlung selbst auch nicht wiedererlangt haben (siehe oben 2. a) aa) insbesondere (2.2) ). Demzufolge hat der Beschwerdegegner auch mit diesem Vorbringen das Ergebnis des Senats, daß die Nachholung der Gewährung rechtlichen Gehörs dessen besonderen Sinn und Zweck für die Beigeladenen im Ministererlaubnisverfahren nicht mehr erfüllen kann (siehe oben 2. a) aa) (2.) ), so daß die Nachholung keine Heilung der vorherigen Verfahrensfehler bewirkt, nicht entkräftet.
145(2.1) Die Beteiligte zu 1. stützt sich für ihre Ansicht, daß § 45 VwVfG auch im Ministererlaubnisverfahren anwendbar sei und im vorliegenden Fall die geeignete Rechtsgrundlage für eine gelungene Heilung der der Ministererlaubnis I anhaftenden Verfahrensfehler sei, vornehmlich auf § 1 Abs. 1 VwVfG: Nach dieser Norm seien die Vorschriften des VwVfG, darunter des § 45, für die Verwaltungstätigkeit aller Bundesbehörden - auch des Beschwerdegegners - maßgeblich, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthielten. Damit sei gesetzlich eine allgemeine Ergänzungsfunktion des VwVfG angeordnet; deswegen sei grundsätzlich von dessen umfassender Anwendbarkeit auszugehen. Es handele sich mit Blick auf das Kartellrecht nicht um eine "analoge" Heranziehung des VwVfG; vielmehr gelte das VwVfG zwar subsidiär, aber [dann] unmittelbar. Es bedürfe deshalb jeweils der gesonderten Begründung, warum einzelne seiner Bestimmungen unanwendbar sein sollten - nicht umgekehrt. Im Einzelfall bleibe zu prüfen, ob ein Spezialgesetz eine Materie bewußt anders regele als das VwVfG, was regelmäßig - mit Blick auf den klaren Wortlaut des § 1 Abs. 1 VwVfG - nur dann der Fall sei, wenn es sich um eine ausdrückliche Spezialvorschrift handele. Das bloße Schweigen des Spezialrechts reiche für einen Ausschluß der ergänzenden Anwendung des VwVfG nicht aus, es sei denn, daß sich dies aus Sinn und Zweck des Spezialrechts unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessenlage eindeutig ergebe. Dabei könnten eine das VwVfG ausschließende Wirkung nur solche Spezialvorschriften haben, die ihrerseits die Folgen abschließend regeln. Einen Grundsatz der stillschweigenden Verdrängung des VwVfG aus der "Natur der Sache" gebe es nicht. Da das GWB keine Regelungen enthalte, die sich mit der Frage der Heilung von Verfahrensfehlern im Kartellverwaltungsverfahren ausdrücklich befaßten und abschließend eine andere Rechtsfolge normierten, sei § 45 VwVfG grundsätzlich und auch auf die im vorliegenden Fall gerügten Verfahrensfehler anwendbar (Schriftsatz vom 28. 10. 2002, S. 5 f., 14 ff.).
146Dieser von § 1 Abs. 1 VwVfG ausgehenden Argumentationskette kann nicht beigepflichtet werden. Sie berücksichtigt nicht, daß § 45 VwVfG selbst immanente Anwendungsschranken enthält (siehe oben 2. a) [vor aa)] und sodann aa) (2.) ), die hier zum Ausschluß einer Heilungswirkung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG führen. Im übrigen unterbewertet die Beteiligte zu 1. zu sehr die im "soweit"-Satz des § 1 Abs. 1 VwVfG normierte Regelung der nur subsidiären Geltung des VwVfG. Gemäß dieser Regelung ist den gesetzlichen Spezialmaterien des Verwaltungsrechts und damit auch dem Kartellverwaltungsverfahrensrecht ausdrücklich ein Anwendungsvorrang zuerkannt worden, wodurch die Anwendbarkeit (nicht des gesamten VwVfG schlechthin, wohl aber) jeweils einzelner Vorschriften des VwVfG eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen wird. Die Vorschriften des VwVfG sind in ihrer Ergänzungsfunktion nur vorrangig gegenüber Gewohnheitsrecht und ungeschriebenen allgemeinen Rechtsgrundsätzen (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 1, Rdnr. 3, 33; Bonk/Schmitz in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 1, Rdnr. 188). Es ist gerade nicht erforderlich, daß die gesetzliche Spezialmaterie eine den Anwendungsvorrang zur Geltung bringende inhaltsgleiche oder entgegengesetzte Regelung ausdrücklich trifft; vielmehr genügt es, daß der Spezialregelung durch Auslegung nach ihrem Sinn und Zweck zu entnehmen ist, daß sie eine abschließende Problemlösung darstellt (vgl. BVerwG NVwZ 1987, 488; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 1, Rdnr. 35; Bonk/Schmitz, a.a.O., § 1, Rdnr. 208 u. 209).
147Da es entscheidend auf Sinn und Regelungszweck der Spezialmaterie ankommt, ob sie nämlich die Anwendbarkeit der im Einzelfall zu prüfenden VwVfG-Vorschrift (hier: § 45 Abs. 1 Nr. 3) einschränkt oder ausschließt, ist es in Anbetracht der Subsidiarität des VwVfG und des prinzipiellen Anwendungsvorrangs der Spezialmaterie weder hilfreich noch sachgerecht, eine Art Auslegungsregel aufzustellen, es bleibe "im Zweifel" bei der Anwendbarkeit des VwVfG (so aber Bonk/ Schmitz, a.a.O., § 1, Rdnr. 208). Ebenso wenig paßt es zum subsidiären Charakter des VwVfG, es nur "ausnahmsweise" als gerechtfertigt zu bezeichnen, daß die ergänzende Anwendung einer bestimmten VwVfG-Vorschrift bei Fehlen einer ausdrücklich gegenteiligen Spezialregelung abgelehnt wird (so aber Bonk/Schmitz, a.a.O.; das von ihnen hinzugefügte sehr einschränkende Wort "ausnahmsweise" fehlt gerade in der dort von ihnen zitierten Entscheidung BVerwG NVwZ 1987, 488). Die richtige Fragestellung ist vielmehr die, ob der durch Auslegung zu ermittelnde Sinn und Zweck der gesetzlichen Sondermaterie eine Ergänzung durch die im Einzelfall zu prüfende VwVfG-Vorschrift erlaubt (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 1, Rdnr. 34, die sich hierfür der Sache nach zu Recht auf BVerwG NVwZ 1987, 488 berufen; so letztlich im Ergebnis auch Bonk/Schmitz, a.a.O., § 1, Rdnr. 187, 209). Daß aber Sinn und Zweck der präventiven Fusionskontrolle, des Vollzugsverbots gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 und 2 GWB sowie der Einräumung von Verfahrensrechten zugunsten der gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB Beigeladenen im Ministererlaubnisverfahren der Heilung von Erlaubnisentscheidungen gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG entgegenstehen, die unter Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs (in den beiden Formen des Abs. 1 und des Abs. 3 des § 56 GWB) zustande gekommen sind, ist oben (2. a) aa), insb. (2.) ) schon ausführlich dargestellt worden. Darauf wird Bezug genommen. Dem läßt sich auch nicht entgegenhalten, daß das GWB für diesen Fall keine abschließende Problemlösung bereit halte, mithin die Folgen nicht abschließend regele (vgl. auch zu diesem Aspekt BVerwG NVwZ 1987, 488). Wenn das GWB für den hier zu beurteilenden Fall des Ministererlaubnisverfahrens überhaupt keine Heilung eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG vorsieht, bedeutet das nicht, daß die Folgenregelung des GWB nicht abschließend sei: Der an einem nicht heilbaren Verfahrensfehler leidende Kartellverwaltungsakt ist rechtswidrig (vgl. Bracher in: Frankfurter Kommentar, § 56 GWB, Rdnr. 21; Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 56, Rdnr. 9) und muß auf Anfechtungsbeschwerde hin aufgehoben werden (§ 71 Abs. 2 Satz 1 GWB).
148(2.2) Die Beteiligte zu 1. wendet sich sodann dagegen, den vom Bundesverwaltungsgericht in BVerwGE 66, 291, 295 angewendeten Rechtssatz der Beurteilung des vorliegenden Falls zugrunde zu legen (wie es der Senat für richtig hält; siehe oben 2. a) [vor aa)] und anschließend aa) (2.2) ). Der vom Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf drei Kommentare des VwVfG formulierte Rechtssatz, der hier nochmals wiedergegeben werden soll, lautet wörtlich:
149"Eine Heilung des Verfahrensfehlers einer unterbliebenen Mitwirkung (Anhörung) bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens [Anm.: diese Zeitgrenze, auf die es für die damalige Falllösung nicht ankam, entsprach der früheren Fassung des § 45 Abs. 2 VwVfG] kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die Mitwirkung (Anhörung) den besonderen Sinn und Zweck, der ihr nach der jeweiligen spezialgesetzlichen . . . Regelung beigegeben ist, nur dadurch erfüllen kann, daß sie vorher erfolgt."
150Die Beteiligte zu 1. meint, diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei hier nicht einschlägig: Es sei in dem zitierten Urteil um die Konstellation der fristlosen Entlassung eines Beamten auf Probe und das Unterlassen der gesetzlich vorgeschriebenen Anhörung des Personalrats vor dieser Entlassung gegangen. Eine Heilbarkeit der unterbliebenen Anhörung habe das Bundesverwaltungsgericht unter Hinweis auf die für fristlose Entlassungen vorgesehene gesetzliche Sonderregelung abgelehnt. So bilde die Anhörung des Personalrats vor einer fristlosen Entlassung - einem gezielten und schwerwiegenden Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Individualrechtsposition des Beamten - ein Mindestmaß an Entlassungsschutz. Diese spezifischen Schutzzwecke paßten indes auf die vorliegende Konstellation zu den §§ 42, 56 Abs. 1 und 3 GWB nicht (Schriftsatz vom 28. 10. 2002, S. 10 f.). Die Argumentation der Beteiligten zu 1. ist deshalb nicht stichhaltig, weil aus dem Urteil BVerwGE 66, 291, 295 nicht ein spezieller Rechtssatz aus dem Beamtenrecht oder dem Personalvertretungsrecht analog auf das Kartellverwaltungsverfahrensrecht übertragen werden soll, sondern ein allgemeiner Rechtssatz zur Auslegung des § 45 Abs. 1 VwVfG bei der Frage der Anwendbarkeit eben dieser Norm im Rahmen eines bestimmten Kartellverwaltungsverfahrens herangezogen werden soll. Da es hier wie dort um die Auslegung des § 45 Abs. 1 VwVfG geht (ging), ist die Entscheidung BVerwGE 66, 291, 295 selbstverständlich zu beachten. Ebenso versteht es sich von selbst, daß die weitere Anwendung des oben zitierten Rechtssatzes im vorliegenden Fall eines Ministererlaubnisverfahrens losgelöst vom Urteil BVerwGE 66, 291, also ohne Anlehnung an die dortige Bestimmung von Sinn und Zweck der vorherigen Anhörung gerade des Personalrats im Entlassungsverfahren beurteilt werden muß (wie es oben unter 2. a) aa) (2.2) auch geschehen ist). In diesem Prüfungsstadium kommen vielmehr die spezifischen Schutzzwecke der für die Falllösung relevanten GWB-Normen (§§ 42, 56 Abs. 1 und 3, 54 Abs. 2 Nr. 3, 41 Abs. 1 Satz 1 und 2) voll zur Geltung.
151Die Beteiligte zu 1. macht ferner geltend, die vorstehend zitierte Argumentation des Bundesverwaltungsgerichts werde vom Bundesgerichtshof abgelehnt. Hierfür bezieht sie sich (nur) auf ein Urteil des Dienstgerichts des Bundes (BGH) vom 22. 9. 1998 - Az.: RiZ (R) 1/98 - und zwar auf den dortigen "Ls. Nr. 2" (Schriftsatz vom 28. 10. 2002, S. 10 u. 11 unten). Der Einwand der Beteiligten zu 1. ist unverständlich und unzutreffend. Das vorgenannte Urteil des BGH scheint nicht veröffentlicht zu sein (die Beteiligte zu 1. zitiert keine Fundstelle und der Senat hat auch keine Veröffentlichung entdeckt). Laut dem Ausdruck des Urteils aus der Dokumentation "Juris" hatte der BGH die Entlassung einer Richterin auf Probe zu überprüfen und zu beurteilen. Der von der Beteiligten zu 1. offenbar in Bezug genommene 2. Orientierungssatz des Juris-Ausdrucks lautet:
152"Die unterlassene Anhörung zu einer Stellungnahme des Vorsitzenden einer Kammer, der der Richter zeitweilig angehörte, hindert nicht die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung, wenn dieser Verfahrensfehler durch eine nachträgliche Anhörung im Widerspruchsverfahren gemäß VwVfG § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 geheilt worden ist."
153Das Unterlassen der Anhörung betraf in dem BGH-Fall die Richterin selbst, nicht etwa den (dem Personalrat im BVerwG-Fall funktionell vergleichbaren) Präsidialrat, dessen Stellungnahme vor der Entlassungsverfügung eingeholt worden war. Zu der Tatsache, daß in der Entlassungsverfügung die Stellungnahme eines Kammervorsitzenden verwertet worden ist, zu der die Richterin auf Probe vorher nicht angehört worden war, führt der BGH aus: Ein etwaiger Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift des § 28 Abs. 1 VwVfG über die Anhörung wäre jedenfalls durch die im Widerspruchsverfahren nachgeholte Anhörung der Richterin gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG geheilt. Daß die Entlassungsentscheidung unter Ausschöpfung eines Beurteilungsspielraums getroffen worden sei, stelle die Möglichkeit einer Heilung durch nachträgliche Anhörung nicht in Frage. Denn Ausgangsbehörde und Widerspruchsbehörde seien hier identisch. Daher sei die Gefahr einer Benachteiligung der Richterin auf Probe durch die erst im Widerspruchsverfahren erfolgte Anhörung nicht zu besorgen. Mit der hier in Rede stehenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt sich der BGH nicht auseinander. Weder das Urteil BVerwGE 66, 291 noch der oben aus diesem Urteil wörtlich entnommene allgemeine Rechtssatz werden vom BGH überhaupt nur zitiert. Aus der Urteilsbegründung des BGH ergibt sich, daß er angenommen hat, mit der Nachholung der Anhörung werde deren Schutzzweck für die Richterin durchaus noch erreicht. Es trifft daher nicht zu, daß sich der BGH von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts distanzieren und den oben herausgestellten allgemeinen Rechtssatz zu § 45 Abs. 1 VwVfG ablehnen will. Es gibt somit keinen Grund, der es verbietet, den oben wörtlich zitierten allgemeinen Rechtssatz aus BVerwGE 66, 291, 295 weiter anzuwenden; hinsichtlich des Ergebnisses wird auf den obigen Abschnitt 2. a) aa) (2.2) Bezug genommen.
154(2.3) Die Beteiligte zu 1. meint außerdem, auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und den aus BVerwGE 66, 291, 295 zitierten allgemeinen Rechtssatz zu § 45 VwVfG komme es gar nicht an. Es gehe im vorliegenden Fall verfahrensgegenständlich nicht mehr um die alte Ministererlaubnis I, sondern um die geänderte Fassung der Ministererlaubnis II, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit der Ministererlaubnis I zu einer rechtlichen Einheit verschmolzen sei; der ursprüngliche Verwaltungsakt bestehe nur noch in der durch die Änderung bewirkten Gestalt als geänderter Verwaltungsakt fort. Vor Erlaß der geänderten Ministererlaubnis sei jedoch am 5. 9. 2002 eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden. Es gehe im vorliegenden Verfahren deshalb nicht mehr um eine schlichte Nachholung für eine bereits erlassene Verfügung, sondern um die notwendige Anhörung vor einer Entscheidung der Behörde. Es stehe deshalb gar keine nachträgliche, sondern eine wortlautgemäß vorangehende Anhörung bezogen auf die Ministererlaubnis II in Rede (Schriftsatz vom 28. 10. 2002, S. 12).
155Diese Argumentation verhilft der Beteiligten zu 1. nicht zum Erfolg, weil sie einen Fehler enthält: Sie will die Streitfrage, ob eine Nachholung der Gewährung rechtlichen Gehörs (in den beiden Formen des Abs. 1 und des Abs. 3 des § 56 GWB) gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG im vorliegenden Fall rechtlich zulässig ist und zur Heilung der der Ministererlaubnis I anhaftenden Verfahrensfehler führt, auf sich beruhen lassen, mit folgendem Gedankengang: Maßgeblich sei nur noch, daß der Beschwerdegegner die Nachholung der mündlichen Verhandlung und der Anhörung vorgenommen und sodann eine Änderungsverfügung erlassen habe, sich also nicht mit einer bloßen Bestätigung der ursprünglichen Ministererlaubnis vom 5. 7. 2002 begnügt habe. Die Anhörung, die bezogen auf die Ministererlaubnis I eine Nachholung sei, sei bezogen auf die allein noch maßgebliche Ministererlaubnis II eine unproblematische vorangehende Anhörung. Die Argumentation der Beteiligten zu 1. entnimmt damit der Dogmatik des § 45 VwVfG nur noch die Rechtsfolge im Falle einer Änderungsverfügung, nämlich den Gedanken der "Verschmelzung" von Ausgangs- und Änderungsverfügung zu einer rechtlichen Einheit, ohne es dann noch für notwendig zu befinden, auch die normativen Voraussetzungen des § 45 VwVfG und damit die Voraussetzungen für die Zulässigkeit dieser besonderen Art von Änderungsverfügung prüfen und feststellen zu müssen. Es bedarf keiner vertieften Diskussion dazu, daß eine solche selektive Heranziehung von Elementen einer Norm (hier: des § 45 VwVfG) nicht rechtens ist. Da sich der Beschwerdegegner erklärtermaßen des (sogenannten) Heilungsverfahrens gemäß § 45 VwVfG bedient hat, um den vom Senat im Beschluß vom 25. 7. 2002 festgestellten Verfahrensfehlern abzuhelfen, muß er sich bezüglich des beschrittenen Nachverfahrens und der dies abschließenden Änderungsverfügung auch am Maßstab des § 45 VwVfG messen lassen. Wird ein Verfahrensfehler durch das von der Behörde auf § 45 VwVfG gestützte "Heilungsverfahren" nicht geheilt - etwa deshalb, weil § 45 VwVfG auf den Verfahrensfehler in dem konkreten Verwaltungsverfahren (wie hier) gar nicht anwendbar ist - , so bleibt der ursprüngliche, verfahrensfehlerhafte Verwaltungsakt rechtswidrig (vgl. Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 23). Diese Rechtswidrigkeit ergreift notwendigerweise auch eine (wie hier) auf § 45 VwVfG gestützte Änderungsverfügung, der mangels Anwendbarkeit des § 45 VwVfG die Zulässigkeitsvoraussetzung fehlt.
156(2.4) Die Beteiligte zu 1. meint schließlich, daß die von ihr als grundlegend erachtete Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. 10. 1983 (veröffentlicht in NVwZ 1984, 578 f.) für ihre Rechtsposition streite (Schriftsatz vom 26. 11. 2002, S. 7). Das trifft im Ergebnis nicht zu, weil die Entscheidung die im vorliegenden Fall ausschlaggebende Schranke, an der die Anwendbarkeit des § 45 VwVfG scheitert, gar nicht behandelt. Die sicher nicht zu verkennende Bedeutung des Urteils BVerwG NVwZ 1984, 578 f. beschränkt sich darauf, daß es die analoge Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG auf eine im Rahmen eines förmlichen Verwaltungsverfahrens versäumte mündliche Verhandlung im Sinne des § 67 Abs. 1 VwVfG zuläßt, deren Nachholung es sogar nicht nur der Erstbehörde, sondern auch der Widerspruchsbehörde gestattet. In jenem konkreten Verwaltungsverfahren (Prüfung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit zur Ausübung u.a. der gewerblichen Zimmervermietung nach § 35 GewO) bestand ersichtlich kein Anlaß, daran zu zweifeln, daß die im Widerspruchsverfahren nachgeholte mündliche Verhandlung den mit ihr verbundenen gesetzlichen Regelungszweck noch erfüllen könne, und sich deshalb mit dem in BVerwGE 66, 291, 295 angewendeten allgemeinen Rechtssatz (siehe oben 2. a) aa) (2.2) und bb) (2.2) ) auseinanderzusetzen. Ohne von dem Urteil BVerwG NVwZ 1984, 578 f. abzuweichen, ist es also ohne weiteres und widerspruchsfrei möglich, die analoge Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG auf die gemäß § 67 Abs. 1 VwVfG durchzuführende mündliche Verhandlung im allgemeinen zu bejahen und dennoch die Anwendbarkeit des § 45 VwVfG im Ministererlaubnisverfahren hinsichtlich der Verfahrensverstöße gegen § 56 Abs. 1 und 3 GWB aus den vorstehend (a.a.O.) ausgeführten Gründen im besonderen zu verneinen.
157(3.) Die Beteiligten zu 2. und 3. führen für die Anwendbarkeit des § 45 VwVfG den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ins Feld. Sie argumentieren: Zwar werde durch die Zulassung der nachträglichen Anhörung (gemäß § 45 VwVfG) die Verfahrensstellung der Beigeladenen verschlechtert, jedoch in einer für sie nicht weiter erheblichen Weise. Bei unterstellter Relevanz ihrer Ausführungen wären bei rechtzeitiger Anhörung die Auflagen schon in der Ministererlaubnis I strikter ausgefallen; jetzt führe die nachträgliche Anhörung in Verbindung mit der Änderungsverfügung zu den strengeren Auflagen. Diese Verzögerung belaste die Beigeladenen nicht. Dagegen verbessere die Möglichkeit der nachträglichen Anhörung der Beigeladenen die Verfahrensstellung der Zusammenschlußbeteiligten, indem sie - wenn auch mit stärker belastenden Auflagen - eine nicht mehr durch Verfahrensfehler belastete Freigabe ihres Zusammenschlusses erhielten. Ohne die Heilungsmöglichkeit gäbe es allenfalls die Möglichkeit einer völligen Neudurchführung des Ministererlaubnisverfahrens, die mit Rechtsunsicherheit verbunden sei und - unabhängig davon - zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung sowie zu einem mit sehr viel Aufwand verbundenen Verfahren führe. Bei einer so komplizierten Interessenlage dürfe nicht einseitig auf die Interessen der Beigeladenen abgestellt werden. Die Interessen der Zusammenschlußbeteiligten seien mindestens gleichwertig (wenn nicht sogar ganz überwiegend) in die Beurteilung mit einzubeziehen. Die Verfahrensstellung der Zusammenschlußbeteiligten werde durch den Ausschluß einer Heilung der Nichtgewährung rechtlichen Gehörs in weit schwerwiegenderem Maße beeinträchtigt als diejenige der Beigeladenen durch die Möglichkeit der nachträglichen Heilung. Vor diesem Hintergrund erscheine es völlig unverhältnismäßig, die Zusammenschlußbeteiligten nur wegen eines Verfahrensfehlers, für den sie selbst nicht verantwortlich seien, auf die Möglichkeit eines neuen Ministererlaubnisverfahrens zu verweisen (Schriftsatz vom 11. 10. 2002, S. 9 f.).
158Mit dieser Argumentation läßt sich die Anwendbarkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG nicht begründen. Nach zutreffender, höchstrichterlich abgesicherter Auslegung des § 45 VwVfG (vgl. BVerwGE 66, 291, 295 m.w.N. sowie die vorstehenden Ausführungen, insbesondere unter 2. a) vor aa) und aa) (2.2) ) ist die Nachholung versäumter, zwingend gebotener Verfahrenshandlungen der Behörde - ganz unabhängig von der zeitlichen Begrenzung gemäß § 45 Abs. 2 VwVfG - nicht schrankenlos gestattet. Wenn nun im konkreten Verwaltungsverfahren (hier: im Ministererlaubnisverfahren gemäß § 42 GWB) nach Sinn und Zweck der Normen, die bei Verstößen gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs für Beigeladene zu beachten sind (insbesondere §§ 56 Abs. 1 und 3, 54 Abs. 2 Nr. 3, 41 Abs. 1 Satz 1 und 2 GWB), Schranken gegenüber der Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG bestehen, müssen diese auch strikt beachtet werden, zumal da die wünschenswerte klare Trennung zwischen Verwaltungsverfahren und Gerichtsverfahren und die klare Abgrenzung der zwischen Verwaltung und Gericht zu verteilenden Aufgaben durch die im Jahre 1996 erfolgte Änderung des § 45 Abs. 2 VwVfG, durch die die zeitliche Begrenzung der Heilungsmöglichkeit bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens aufgehoben wurde, ohnehin schon erheblich beeinträchtigt worden ist (zur rechtspolitischen Kritik an § 45 Abs. 2 VwVfG vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 5; Schäfer, a.a.O., § 45, Rdnr. 61, 63. 66; Klappstein, a.a.O., § 45, Rdnr. 4 und 4.2; Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 113 ff.; Berkemann, DVBl 1998, 446, 447 f.). Die der Anwendbarkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG entgegenstehenden Hindernisse, die durch die Auslegung nach Sinn und Zweck der zu beachtenden Normen (siehe oben) erkannt worden sind, gestatten es nicht, das Ergebnis durch eine - im übrigen konturenlose - Abwägung der Interessen verschiedener Gruppen von Verfahrensbeteiligten (Zusammenschlußbeteiligte und Beigeladene) wiederum abzuändern. Für eine solche Interessenabwägung findet sich in § 45 VwVfG keine Grundlage. Im übrigen sei unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Senats in seinem Beschluß vom 25. 7. 2002 (unter II. 2. der Beschlußgründe) angemerkt, daß die Beteiligten zu 2. und 3. das Gewicht der Rechtsposition der Beigeladenen wohl als zu gering erachten.
159cc) Demzufolge muß es bei dem Ergebnis verbleiben, daß die vom Senat an der Ministererlaubnis I beanstandeten Verfahrensfehler durch das vom Beschwerdegegner ab 15. 8. 2002 unternommene, auf § 45 VwVfG gestützte Nachverfahren einschließlich der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 mangels Anwendbarkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG nicht geheilt worden sind (im Ergebnis ebenso: Möschel, BB 2002, 2077, 2078; a.A. allerdings Bunte, BB 2002, 2393, 2396 f., dessen Gegenargumente im vorstehenden Text der Sache nach schon behandelt worden sind). Daher ist die Ministererlaubnis - sowohl bei isolierter Betrachtung die Ministererlaubnis I als auch bei einer Einheitsbetrachtung die Ministererlaubnis I in der teilweise geänderten Fassung der Ministererlaubnis II - nach wie vor allein schon wegen der nicht geheilten Verfahrensfehler rechtswidrig (vgl. Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 23). Insoweit teilt die Ministererlaubnis II wegen ihrer Funktion, den Abschluß eines "Heilungsverfahrens" zu bilden, dem es aber an der Zulässigkeitsvoraussetzung und damit an der gesetzlichen Grundlage fehlt (vgl. auch oben 2. a) bb) (2.3) ), das rechtliche Schicksal der Ministererlaubnis I. Die vorstehend dargestellten Gründe reichen für sich allein aus, um die Zurückweisung der Anträge auf Aufhebung der bisher erlassenen einstweiligen Anordnungen (abgesehen von dem Sonderfall der Beschwerdeführerin zu 7.) zu rechtfertigen.
160Gegenüber der zu erwartenden Kritik, der Senat habe einem "nur" formellen Rechtsverständnis den Vorzug vor den vitalen materiellen Interessen der Zusammenschlußbeteiligten gegeben, sei vorsorglich noch auf folgendes hingewiesen: Abgesehen davon, daß der Senat - im übrigen auch der Beschwerdegegner - hinsichtlich der (bei zutreffender Auslegung) beschränkten Anwendbarkeit des § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG an das Gesetz gebunden ist (Art. 20 Abs. 3 GG), haben die hier entscheidungserheblichen Anwendungsschranken auch ihren guten Sinn: An der gesetzlichen Regelung wird hinsichtlich des Zusammenwirkens von Abs. 1 mit Abs. 2 des § 45 VwVfG allgemein kritisiert, daß die Behörden ihre verfahrensrechtlichen Verpflichtungen auf Grund der zeitlichen Erweiterung der Heilungsmöglichkeiten mangels sachlicher Sanktion de facto - nicht aus (nicht zu unterstellender) prinzipieller Rechtsuntreue, aber angesichts politischer Handlungszwänge und praktischer Schwierigkeiten - zunächst weitgehend risikolos vernachlässigen könnten (Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 114 m.w.N.; Schäfer, a.a.O., § 45, Rdnr. 63; Sodan, DVBl 1999, 729, 737). Hinzu komme - so wird weiter kritisiert - die Gefahr, daß die Behörde nach Prozeßbeginn ihre ein Heilungsverfahren abschließende Entscheidung nicht mehr unbefangen und ohne Rücksicht auf prozeßtaktische Überlegungen sowie auf die Autorität der Verwaltung, die im Gerichtsprozeß in gewissem Sinn auf dem Spiel stehe, treffe; zumindest stelle die im Gesetz gebilligte Zulassung einer erst während des Prozesses nachgeholten Anhörung eine außerordentliche Herausforderung an die Fähigkeiten der Behörde zur Distanzierung von ihrer schon einmal getroffenen Entscheidung dar (Sachs, a.a.O., § 45, Rdnr. 73; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 34; Schäfer, a.a.O., § 45, Rdnr. 61, 63; Berkemann, DVBl 1998, 446, 448; Sodan, DVBl 1999, 729, 738). Diese nicht unrealistischen Gefahren kommen erst gar nicht auf in solchen Verwaltungsverfahren (wie hier im Ministererlaubnisverfahren), in denen jedenfalls § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG bei einem Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs überhaupt nicht anwendbar ist. Wichtiger noch: Daß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG nicht anwendbar ist, müßte dazu führen, daß die Behörde (hier: der Bundeswirtschaftsminister) schon vor der (ersten) Erlaubnisentscheidung mit größtmöglicher Umsicht und Sorgfalt verfährt, damit eine Verletzung des Rechts auch nur eines Beteiligten auf rechtliches Gehör nicht vorkommt. Diese präventive Wirkung des Ausschlusses einer Heilung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG kommt den Zwecken der präventiven Fusionskontrolle (siehe oben 2. a) aa) (2.2) ) und des sie sichernden Vollzugsverbots (§ 41 Abs. 1 Satz 1 und 2 GWB) sehr zustatten.
161b) Selbst wenn man der vom Senat im vorstehenden Kapitel unter a) vertretenen Ansicht nicht folgen und § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG im Ministererlaubnisverfahren bei unterlassener Gewährung rechtlichen Gehörs und verfahrensfehlerhafter Durchführung der gebotenen mündlichen Verhandlung für anwendbar halten sollte, ist eine Heilung der Ministererlaubnis durch das Heilungsverfahren des Beschwerdegegners nicht eingetreten. Denn der Beschwerdegegner hat in der Zeit zwischen dem 5. 9. 2002 (mündliche Verhandlung) und dem Erlaß der Ministererlaubnis II erneut das Verfahrensgrundrecht der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör verletzt, wie die Beschwerdeführerinnen zu 1. und 6. zu Recht geltend machen.
162aa) Zum Sachverhalt ist folgendes festzuhalten:
163Nach der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 teilte das BMWi allen Verfahrensbeteiligten mit Schreiben vom 9. 9. 2002 unter der Überschrift: "Rechtliches Gehör zu beabsichtigten Änderungen der Verfügung vom 5. Juli 2002" folgendes mit: "Staatssekretär Dr. T... beabsichtigt, die Verfügung vom 5. Juli 2002 wie folgt zu ändern: . . . . .". Es folgten sodann unter den Ordnungsziffern 1.1 bis 1.6 einzelne (beabsichtigte) Änderungen der im Tenor der Ministererlaubnis I aufgeführten Auflagen.
164Bei den "Veräußerungsauflagen" (Ziff. 1.2.1. des Tenors) sollte der Abschnitt "1.2.1.2. Vertikale Beteiligungen" mit Änderungen neu gefaßt werden. Zusätzlich zu den der Beteiligten zu 1. bisher schon auferlegten Verkäufen (Beteiligungen an E... AG, G... AG, s... AG und B... GmbH) sollte auch die Beteiligte zu 4. ihre unmittelbar oder mittelbar gehaltenen Beteiligungen an der s... AG und der B... GmbH verkaufen. Neu aufgenommen wurde unter Ziff. 1.2.1.2. Buchstabe d) die Auflage folgenden Sonderkündigungsrechts:
165"E.... wird auferlegt, den . . . (vor-)genannten Unternehmen ein vertragliches Sonderkündigungsrecht für mit diesen bestehende Energiebezugsverträge für die Dauer von sechs Monaten nach der vollständigen Veräußerung der jeweiligen Anteile einzuräumen. Ferner wird E... auferlegt, dafür zu sorgen, dass R... entsprechende Sonderkündigungsrechte einräumt."
166(Die unter Ziff. 1.2.1.2. auferlegten Veräußerungen selbst mußten gemäß Ziff. 1.2.1.3. des Verfügungstenors binnen sechs Monaten nach Vollzug der Zusammenschlüsse vorgenommen werden; auf begründeten Antrag der Beteiligten zu 1. hin war eine Verlängerung der Frist auf zwölf Monate zugesagt worden.)
167Bei der Ausgestaltung des Gas Release-Programms (Ziff. 1.2.3. des Tenors) sollte mit einer Änderung der Ziff. 1.2.3.1. die gesamte Verkaufsmenge von 75 auf 200 Mrd. kWh erhöht werden. Dabei sollte die Auktion in vier Teilschritten im Abstand von jeweils 12 Monaten erfolgen, wobei die jeweils angebotenen Tranchen eine Laufzeit von je drei Jahren haben sollten. Während es in der Ministererlaubnis I hieß, der monatliche Mindestpreis im Rahmen der Auktion sei der durchschnittliche Grenzübergangspreis für Erdgas in die Bundesrepublik Deutschland gemäß Veröffentlichung des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle [im folgenden: BAFA] (zuzüglich Steuern) für den jeweiligen Liefermonat, kündigte das BMWi im Schreiben vom 9. 9. 2002 an, dieser Mindestpreis solle nur noch 85 % des genannten Grenzübergangspreises betragen.
168Zu den Änderungsankündigungen nahmen mehrere Beteiligte kritisch bis ablehnend Stellung. Zu erwähnen sind folgende Stellungnahmen:
169Mit Schriftsatz vom 11. 9. 2002 erklärte die Beteiligte zu 1., sie sei irritiert darüber, daß der Beschwerdegegner, anstatt die Auflagen zumindest zu reduzieren, sie jetzt sogar erheblich zu verschärfen beabsichtige und damit die Umsetzung des Zusammenschlusses gefährde. Die beabsichtigten neuen Auflagen seien in der jetzigen Fassung nicht vertretbar. Die Erhöhung der Gas Release-Menge in dem beabsichtigten Umfang und die Einführung des Sonderkündigungsrechts könne, wie die Beteiligte zu 1. ausdrücklich betont hat, "von E.../R..." nicht akzeptiert werden. Die Sonderkündigungsrechte würden im Gasgeschäft bei B... und s... mit zusammen rund 75 Mrd. kWh/a sehr erhebliche Mengen betreffen. Es bestehe das Risiko, daß R... auf Grund der neuen Auflage alle Mengen dieser beiden Großkunden verliere, z. B. an große ausländische Anbieter wie GdF und ENI, die über entsprechende freie Gasmengen verfügten. Dies hätte wiederum zur Folge, daß R... bei ihren Importverträgen in den Minimum Pay-Bereich gedrückt würde, also für Erdgasmengen zahlen müsse, die sie nicht abnehmen könne. Dies wäre eine schwerwiegende wirtschaftliche Schwächung, die sich mit den angestrebten Gemeinwohlvorteilen des Zusammenschlusses nicht in Einklang bringen lasse. Der jetzt geplante Umfang des Gas Release-Programms sei rechtlich nicht mehr vertretbar und daher nicht akzeptabel, wie anhand der Größenordnungen der beiden anderen bisher in der EG durchgeführten Gas Release-Programme (in England und in Spanien) deutlich erkennbar sei. Akzeptabel wäre für E.../R... allenfalls eine Ausweitung des Programms um ein Jahr und 25 Mrd. kWh auf insgesamt 100 Mrd. kWh. Der vorgesehene Mindestpreis von rund 85 % sei deutlich zu niedrig. Er werde E.../R... möglicherweise dazu zwingen, den Preis für die fraglichen Mengen zugunsten ihrer Wettbewerber zu subventionieren. In den letzten Jahren habe der Preis für die base load-Importe der R... aus Norwegen und Rußland nicht mehr als 3 % unter dem durchschnittlichen Grenzübergangspreis, teils sogar darüber gelegen. Deshalb wäre maximal ein Abschlag von 3 % auf den durchschnittlichen Grenzübergangspreis als Mindestpreis gerechtfertigt (Bl. 10188 ff. der Akten des BMWi).
170Die Beteiligte zu 30. (W... GmbH) nahm mit Schreiben vom 11. 9. 2002 vor allem zum Gas Release-Programm kritisch Stellung: Die Etablierung dieses Programms stelle einen nicht akzeptablen Eingriff in die Geschäftsgrundlagen ihrer Langfristverträge - und wohl auch in Langfristverträge anderer Importeure - dar. Schon aus diesem Grunde sei eine solche Auflage ihrer Struktur nach abzulehnen. Die Festlegung auf einen monatlichen Mindestpreis von 85 % des durchschnittlichen Grenzübergangspreises sei sehr problematisch. Sollte das BMWi erwarten, daß die Gasmengen tatsächlich auf einen Preis unterhalb der 100 %-Marke gesteigert werden könnten, dürfte dies in aller Regel einen wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Preisvorteil für den jeweiligen Ersteigerer darstellen. Damit käme die Auflage einer staatlich verordneten Subventionierung durch R. zu Gunsten eines einzelnen Wettbewerbers und zu Lasten aller übrigen Wettbewerber gleich. Dies widerspreche dem Wettbewerbsgedanken. Daher werde dringend angeregt, den Mindestpreis auf 100 % des durchschnittlichen Grenzübergangspreises festzulegen (Bl. 10203 ff. der Akten des BMWi).
171Auch die Beteiligte zu 18. (Z...) äußerte sich - mit Schreiben vom 11. 9. 2002 - zum Gas Release-Programm: Die vorgesehenen Änderungen wirkten dem Ziel der Versorgungssicherheit entgegen und stellten einen wesentlichen Markteingriff dar, der nicht ohne Konsequenzen für die Teilnehmer, insbesondere die Produzenten, sei und daher zurückgewiesen werde. Die erhöhte Verkaufsmenge mit den vier Teilabschnitten entspreche auf Jahresbasis 5 % des gesamten deutschen Erdgasaufkommens. Daraus und aus der Festsetzung des monatlichen Mindestpreises von 85 % des durchschnittlichen Grenzübergangspreises ergäben sich ernste Konsequenzen für das Marktgeschehen aus der spezifischen Sicht eines Produzenten, insbesondere für die Preise, für die take-or-pay-Regelung und für den Fortbestand der Praxis langfristiger Lieferverträge als Grundlage der Finanzierung von Investitionsprojekten in Milliardenhöhe. Mit dem Umfang des "Release" von ca. 5 % des deutschen Erdgasverbrauchs über einen Zeitraum von vier Jahren werde es zwangsweise Druck auf die Märkte geben. Durch die Reduzierung des Mindestpreises für die Auktion auf 85 % des Grenzpreises, d.h. des Preises, den ihre Muttergesellschaft O... G... an der Grenze erziele, werde es Druck seitens der bisherigen Abnehmer der O... G... geben, ihnen aus Wettbewerbsgründen ebenfalls günstigere Preise einzuräumen. Über einen Zeitraum von vier Jahren könne dies zu massiven Verwerfungen auf dem Markt führen. Auf Grund des komplizierten vertraglichen Verhältnisses der Abnehmer zur O... G... werde ein Großteil des wirtschaftlichen Risikos auf Umwegen u.a. auf die O... G... verlagert, was wiederum zur Folge habe, daß die Finanzierung der bestehenden und notwendigen Investitionsprojekte in der Zukunft und damit die Versorgungssicherheit beeinträchtigt würden (Bl. 10210 ff. der Akten des BMWi).
172Der Beschwerdegegner hat die vorstehend referierten Stellungnahmen jedenfalls den Beschwerdeführern und wohl auch den übrigen Verfahrensbeteiligten vor Erlaß der Ministererlaubnis II nicht mitgeteilt. - In den Akten des BMWi (Bl. 10719) findet sich folgendes Schreiben der Abteilung III B des BMWi vom 17. 9. 2002 an die (federführende) Abteilung I B 1 des BMWi:
173"Betreff: Auflagen E... / R...
174III B zeichnet mit, soweit Einbindung erfolgt war (z. B. keine Beteiligung an Gespräch mit E... und R... am 13. 9.)."
175Es ist unstreitig, daß in jenen Tagen (am 13. 9. 2002 laut dem vorstehenden Schreiben und laut Schriftsatz der Beteiligten zu 1. vom 6. 11. 2002, S. 7; am 11. 9. 2002 laut Schriftsatz des Beschwerdegegners vom 12./25. 11. 2002, S. 10) ein Gespräch zwischen Vertretern der Beteiligten zu 1. und 4. und Beamten des BMWi (laut den vorgenannten Schriftsätzen: ohne Staatssekretär Dr. T...) stattgefunden hat. Der Inhalt des Gesprächs steht nicht fest. Es gibt keinen Aktenvermerk hierüber in den Akten des BMWi.
176Unter der Überschrift: "Erneutes rechtliches Gehör zu beabsichtigten Änderungen der Verfügung vom 5. Juli 2002" teilte das BMWi allen Verfahrensbeteiligten mit Schreiben vom 16. 9. 2002 mit: "Nach Auswertung der Stellungnahmen, die uns zu den am 9. September 2002 mitgeteilten beabsichtigten Änderungen der Auflagen erreicht haben, beabsichtigt Staatssekretär Dr. T... nunmehr folgende Änderung der Verfügung vom 5. Juli 2002" (Unterstreichungen hinzugefügt). Gegenüber den am 9. 9. 2002 mitgeteilten beabsichtigten Änderungen wurden jetzt vor allem folgende Abänderungen angekündigt:
177Im Abschnitt Ziff. 1.2.1.2. (Veräußerungsauflagen vertikaler Beteiligungen) wurde der Absatz d) [Sonderkündigungsrechte] ab dem Satz 2 folgendermaßen neu gefaßt:
178"Ferner wird E... auferlegt, dafür zu sorgen, dass R... den . . . genannten Unternehmen Sonderkündigungsrechte für die bestehenden Energiebezugsverträge mit folgender Maßgabe einräumt: Zum 1. Juli 2004 können mit einer Frist von drei Monaten 33,3 % der vertraglich vereinbarten Gesamtmenge gleichmäßig für alle Teilmengen und Preisklassen gekündigt werden. In den beiden folgenden Jahren können jeweils erneut 33,3 % in gleicher Weise gekündigt werden."
179Diejenigen Unternehmen, denen nach der vorstehenden Auflage Sonderkündigungsrechte eingeräumt werden sollen, sollen andererseits gemäß Ziff. 1.2.3.2., letzter Satz, von der in Ziff. 1.2.3.2. vorgesehenen Anpassungsregelung ausgenommen werden, die folgenden Inhalt hat: Ruhrgas muß es denjenigen Gasversorgungsunternehmen, die mehr als 50 % ihres Gesamtbedarfs von R... beziehen, sechs Monate nach Vollzug der Zusammenschlüsse, frühestens zum 1. 10. 2003 durch eine Vertragsanpassung ermöglichen, die mit R... vereinbarte Liefermenge auf jeweils 80 % der jährlich für die Restlaufzeit des Vertrages kontrahierten Menge zu reduzieren.
180Bei der Ausgestaltung des Gas Release-Programms blieb die gesamte Verkaufsmenge von 200 Mrd. kWh zwar unverändert. Die Auktion sollte jedoch in sechs (statt in vier) Teilschritten im Abstand von jeweils 12 Monaten erfolgen, wobei jeweils Tranchen mit einer Laufzeit von drei Jahren und einer jeweiligen Gesamtmenge von 33,33 Mrd. kWh in H-Gas-Qualität, unterteilt in Jahresmengen von 11,11 kWh/a angeboten werden sollten. Der monatliche Mindestpreis im Rahmen der Auktion sollte auf 95 % (statt 85 %) des durchschnittlichen Grenzübergangspreises festgesetzt werden.
181Die Stellungnahmen, auf deren "Auswertung" die angekündigten Abänderungen beruhten, waren dem Schreiben vom 16. 9. 2002 nicht beigefügt. Den Verfahrensbeteiligten wurde in dem Schreiben für eine Stellungnahme eine Frist von wenig mehr als 24 Stunden bis zum 17. 9. 2002, 18 Uhr, gesetzt. Die angekündigten Abänderungen der Auflagen sind sodann unverändert in die Ministererlaubnis II übernommen worden.
182bb) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners und der Beteiligten zu 1. stellt es einen nicht vernachlässigbaren Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 56 Abs. 1 GWB) dar, daß der Beschwerdegegner die vorstehend unter b) aa) wiedergegebenen Schreiben und Erklärungen den anderen Verfahrensbeteiligten, darunter den Beschwerdeführerinnen, nicht vor Erlaß der Ministererlaubnis II mit (ausreichender) Gelegenheit zur Stellungnahme zugänglich gemacht hat.
183(1.) Das Vorbringen des Beschwerdegegners im Schriftsatz vom 25. 10. 2002 (S. 44), nachgereichte Schreiben nach der mündlichen Verhandlung seien nicht Grundlage seiner Änderungsverfügung gewesen (sondern nur die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002), wird durch die Schreiben des BMWi vom 9. und 16. 9. 2002 und durch die Ministererlaubnis II selbst widerlegt. Welche Änderungen am Auflagenregime der Beschwerdegegner selbst auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 für erforderlich hielt, um eine Ausgewogenheit zwischen den aus der Fusion E..../R... resultierenden Wettbewerbsbeschränkungen einerseits und den von ihm prognostizierten künftigen gesamtwirtschaftlichen Vorteilen andererseits herzustellen, hat er im Schreiben vom 9. 9. 2002 an die Verfahrensbeteiligten dargelegt. Es spricht alles dafür (und ist nach Ansicht des Senats unwiderlegbar), daß das Auflagenregime gemäß den Ankündigungen im Schreiben vom 9. 9. 2002 geändert worden wäre, wenn keine Stellungnahmen eingegangen wären. Ausdrücklich heißt es denn auch im Schreiben des BMWi vom 16. 9. 2002, "nach Auswertung der Stellungnahmen" beabsichtige Staatssekretär Dr. T... "nunmehr" die nachfolgend angekündigte Änderung der Ministererlaubnis I. Deutlicher kann man nicht ausdrücken, daß zumindest einige Stellungnahmen den Entscheidungswillen des Staatssekretärs Dr. T... und den Inhalt der kurz bevorstehenden Entscheidung beeinflußt haben. Dabei stehen die oben b) aa) aufgeführten Schreiben und Erklärungen im Vordergrund. Auf sie wird in der Ministererlaubnis II (Tz. 77: S. 45, 1. Abs.) ausdrücklich Bezug genommen. Es heißt dort:
184"Weiterhin war zu berücksichtigen, dass im Rahmen des rechtlichen Gehörs mit W... und Z... zwei Wettbewerber der R... dezidiert gegen die Gas-Release-Auflage in der mit Schreiben des BMWi vom 9. September 2002 mitgeteilten Ausgestaltung (Umfang und Mindestpreis) Stellung genommen haben. . . . Da nach Auffassung des BMWi diesen [von W... und Z... als gefährdet geltend gemachten] langfristigen Importverträgen auch in einem liberalisierten Gasmarkt eine herausragende Rolle für die Versorgungssicherheit zukommen wird (vgl. Tz. 119 der Ministererlaubnis I ), wurde dem Petitum der Beigeladenen, das sich insoweit mit dem der Antragsteller deckte, durch eine Streckung des Programms von vier auf sechs Auktionen Rechnung getragen." (Unterstreichungen hinzugefügt)
185Damit hat der Beschwerdegegner die Gas-Release-Auflage dem Umfang nach zwar nicht den Vorstellungen der Beteiligten zu 1., 18. und 30. angepaßt, sie aber doch hinsichtlich der jeweiligen Jahresmengen (bei einer zeitlichen Streckung des Programms) nicht unerheblich abgemildert, was innerhalb der ersten vier Jahre des Programms zu einer Abschwächung des mit dem Gas Release bezweckten Effekts, der Erhöhung der Liquidität am deutschen Gasmarkt und der Stimulierung des Wettbewerbs, führen wird. Festzuhalten bleibt, daß die Erklärungen und Schreiben der Beteiligten zu 1. (im zitierten Abschnitt der Tz. 77 als "Antragsteller" bezeichnet) sowie der Beteiligten zu 18. und 30. in diesem Punkt die Ministererlaubnis II unmittelbar beeinflußt haben; ihre Erklärungen und Schreiben waren somit entscheidungserheblich. Das gilt im übrigen auch bezüglich des für die Auktionen festgelegten Mindestpreises. Unter der Tz. 78 (S. 46) heißt es in der Ministererlaubnis II zu der Bemessung des Abschlags von nur noch 5 % auf den vom BAFA ermittelten durchschnittlichen Grenzübergangswert:
186"Der in der Mitteilung vom 9. September 2002 vorgestellte Abschlag von 15 % erscheint aufgrund der Reaktionen von Marktteilnehmern und nach einer genaueren Analyse der Daten des BAFA als zu hoch."
187Mit Blick auf den oben b) aa) wiedergegebenen Inhalt der Schreiben der Beteiligten zu 1., 18. und 30. läßt sich nicht bezweifeln, daß diese Schreiben zu den vorstehend in Bezug genommenen "Reaktionen von Marktteilnehmern" gehören. Damit haben die Schreiben die Entscheidung des Beschwerdegegners unmittelbar (mit-)beein-flußt, wobei er sich der Erklärung der Beteiligten zu 1., sie halte maximal einen Abschlag von 3 % auf den durchschnittlichen Grenzübergangspreis für gerechtfertigt, sehr angenähert hat.
188Obwohl bei der Ausgestaltung des Sonderkündigungsrechts zugunsten der von den vertikalen Veräußerungsauflagen betroffenen Unternehmen (Ziff. 1.2.1.2. Buchst. d) des Verfügungstenors) in der Begründung der Ministererlaubnis II nicht ausdrücklich auf bestimmte Äußerungen von Verfahrensbeteiligten, insbesondere der Beteiligten zu 1., Bezug genommen worden ist, kann ernstlich nicht bezweifelt werden, daß auch hier das Vorbringen (jedenfalls) der Beteiligten zu 1., und zwar zumindest ihr Schriftsatz vom 11. 9. 2002 (siehe oben 2. b) aa) ), die Entscheidung des Beschwerdegegners vom 18. 9. 2002 (mit-)beeinflußt hat. Das ergibt sich aus folgendem:
189Die Veräußerungsauflagen, an die die Sonderkündigungsrechte anknüpfen, dienen der Relativierung der mit der Fusion E..../R... verbundenen Wettbewerbsbeschränkungen auf der Ferngasstufe sowie auf den regionalen Märkten für die Belieferung von lokalen Gasweiterverteilern und von endverbrauchenden Gasgroßkunden (vgl. Ministererlaubnis II, Tz. 68). Mit der Einführung von Sonderkündigungsrechten für die von den Beteiligten zu 1. und 4. zu entflechtenden Unternehmen bezweckt der Beschwerdegegner, die wettbewerblichen Wirkungen der Veräußerungsauflagen zu verstärken (vgl. Ministererlaubnis II, Tz. 68 u. 71). Der strategische Erwerber der Beteiligungen [Anm.: damit zugleich ein künftiger Wettbewerber der Beteiligten zu 1. und 4.] erhalte dadurch - wie der Beschwerdegegner argumentiert - zusätzliche Verhaltensspielräume, die er wettbewerblich nutzen könne, um neue Bezugsmöglichkeiten zu erschließen. Diese wettbewerblichen Verhaltensspielräume des (potentiellen) Wettbewerbers werden nun aber während der Anfangs- und Anschubphase nicht unerheblich beschnitten: In Bezug auf die Gasbezugsverträge seien die Sonderkündigungsrechte - auch im Hinblick auf die kumulierte Wirkung der (nur andere Unternehmen begünstigenden) Sonderkündigungsrechte nach der Auflage 1.2.3.2. - zeitlich gestaffelt worden. Denn R... sei ihrerseits an langfristige Importverträge mit Take-or-pay-Klauseln gebunden, deren Erfüllbarkeit im Interesse der deutschen Versorgungssicherheit aus Sicht des BMWi nicht gefährdet werden solle. Durch die zeitliche Staffelung bleibe das Risiko von Absatzverlusten insoweit beherrschbar (Ministererlaubnis II, Tz. 71).
190Mit dieser Begründung werden genau die Argumente der Beteiligten zu 1. aus ihrem Schriftsatz vom 11. 9. 2002 aufgegriffen und für eine Abschwächung des an sich angestrebten Effekts der Verstärkung der wettbewerblichen Wirkungen der auferlegten Veräußerungen verwandt. Die Beteiligte zu 1. hatte gerade auch den Kumulierungseffekt der beiden (unterschiedlich ausgestalteten und jeweils verschiedene Gruppen von Unternehmen betreffenden) Sonderkündigungsrechte gemäß Ziff. 1.2.1.2. Buchst. d) und gemäß Ziff. 1.2.3.2. des angekündigten neuen Verfügungstenors gerügt (S. 6 ihres Schriftsatzes vom 11. 9. 2002). Vor allem hatte sie - isoliert - das Sonderkündigungsrecht für vertikal zu entflechtende Unternehmen gemäß der am 9. 9. 2002 angekündigten neuen Auflage in Ziff. 1.2.1.2. Buchst. d) des Tenors beanstandet: Dieses Sonderkündigungsrecht betreffe sehr erhebliche Mengen des Gasabsatzes der R... (zusammen rund 75 Mrd. kWh/a). Es bestehe durchaus das Risiko, daß R... auf Grund der neuen Auflage diese gesamte Absatzmenge - insbesondere an große ausländische Anbieter - verliere. Das werde zur Folge haben, daß R... bei ihren [wie schon an anderer Stelle dargestellt und als bekannt vorausgesetzt: langfristigen] Importverträgen in den Minimum Pay-Bereich gerate, also für mehr Erdgasmengen zahlen müsse, als sie noch abnehmen könne, was auf eine schwerwiegende wirtschaftliche Schwächung hinauslaufe. Zur Erläuterung dieser Beanstandung hatte die Beteiligte zu 1. noch Zahlenmaterial vorgetragen: zum relevanten Absatz der R... AG in Deutschland, zum derzeitigen Ausmaß ihres Minimum Pay-Bereichs und zu ihrer dementsprechenden Flexibilität (S. 3 f. ihres Schriftsatzes vom 11. 9. 2002). Dieser Beanstandung und dem damit verbundenen Begehren der Beteiligten zu 1., das Sonderkündigungsrecht nicht aufzuerlegen (ausgedrückt durch die Worte, es werde nicht akzeptiert), hat der Beschwerdegegner durch die Abmilderung der Auflage der Ziff. 1.2.1.2. Buchst. d) teilweise Rechnung tragen wollen, wie die Begründung der Ministererlaubnis II in Tz. 71 unmißverständlich zeigt, und hat ihr im Effekt durch ein zeitliches Hinausschieben des Beginns der ersten Kündigungsmöglichkeit (zum 1. 7. 2004) und zugleich durch eine zeitliche Streckung (Staffelung) der Kündigungsmöglichkeiten auch tatsächlich teilweise Rechnung getragen. Dabei ist in zeitlicher Hinsicht ergänzend noch darauf hinzuweisen, daß der erstmögliche Kündigungstermin zeitlich deutlich versetzt ist zum auferlegten Beginn des Gas Release-Programms (die Lieferungen aus der ersten auktionierten Tranche sollen vorher, am 1. 10. 2003, beginnen). Die vorstehenden Ausführungen zeigen, daß auch zur Regelung des Sonderkündigungsrechts (Auflage Ziff. 1.2.1.2. Buchst. d)) kein vernünftiger Zweifel daran bestehen kann, daß das nachträgliche Vorbringen der Beteiligten zu 1. die Entscheidung des Beschwerdegegners in der Ministererlaubnis II unmittelbar (mit-)beeinflußt hat.
191(2.) Aus der vorstehend (unter (1.)) dargestellten Relevanz der Schreiben und Erklärungen der Beteiligten zu 1., 18. und 30. (alle) vom 11. 9. 2002 für die Entscheidung des Beschwerdegegners ergibt sich dann aber weiter, daß der Beschwerdegegner den übrigen Verfahrensbeteiligten, darunter den Beschwerdeführerinnen, zuvor zum Inhalt jener Schreiben und Erklärungen rechtliches Gehör hätte gewähren müssen. Denn die Kartellbehörde darf ihrer Entscheidung gemäß § 56 Abs. 1 GWB nur diejenigen Tatsachen und bedeutsamen Erklärungen von Beteiligten zugrunde legen, zu denen sich alle Beteiligten äußern konnten. Auch nach durchgeführter mündlicher Verhandlung müssen bei neuem Vorbringen von Beteiligten, das aus der Sicht der Kartellbehörde für ihre Entscheidung erheblich sein kann, hierzu die anderen Beteiligten vor der Entscheidung noch einmal angehört werden (vgl. Bracher in: Frankfurter Kommentar, § 56 GWB, Rdnr. 1, 5, 6, 8, 15, 20, 34 [wonach sogar die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 56 Abs. 3 GWB geboten sein kann, erst recht dann aber schlechthin rechtliches Gehör gewährt werden muß]; Schultz in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 9. Aufl., § 56 GWB, Rdnr. 1; Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 56, Rdnr. 1, 4; Werner in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, § 53, Rdnr. 69; vgl. auch KG WuW/E OLG 2140 f. - "Einbauküchen"; Senat, WuW/E OLG 1820, 1821).
192Der Beschwerdegegner meint demgegenüber, er habe durch die den Verfahrensbeteiligten mit seinen Schreiben vom 9. und 16. 9. 2002 gegebene Möglichkeit, zu den beabsichtigten Änderungen Stellung zu nehmen, die Anforderungen, die an die Gewährung rechtlichen Gehörs zu stellen seien, erfüllt (Schriftsatz vom 12./25. 11. 2002, S. 8; im Ergebnis ebenso die Beteiligte zu 1., Schriftsätze vom 28. 10. 2002, S. 33, und vom 6. 11. 2002, S. 6, sowie die Beteiligten zu 2. und 3., Schriftsatz vom 28. 10. 2002, S. 18 f.). Das ist deshalb unzutreffend, weil der Beschwerdegegner in seinem Schreiben vom 16. 9. 2002 nur das von ihm selbst gewonnene Ergebnis seiner Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt hat, nicht aber diese Stellungnahmen einschließlich des in ihnen enthaltenen Sachvortrags selbst, die/den die anderen Verfahrensbeteiligten aber kennen müssen, um überprüfen zu können, ob das Auswertungsergebnis auf sachlich zutreffenden und vollständigen tatsächlichen Grundlagen beruht, ob das Ergebnis selbst richtig ist oder ob Anlaß zu Gegenvortrag besteht. Selbst wenn man der Ansicht sein sollte, daß die Kartellbehörde nicht unbedingt den vollen Wortlaut eingereichter Schriftsätze den anderen Beteiligten bekannt geben muß und, "wenn sie nur . . . die Ergebnisse im Verfahren erläutert, keinen Einblick in sämtliche Stellungnahmen und sämtliche Daten gewähren muß, die sie von anderen Marktbeteiligten eingeholt hat" (Schmidt, a.a.O., § 56, Rdnr. 5; mit Recht zweifelnd: Werner, a.a.O., § 53, Rdnr. 69), so darf eine "Zusammenfassung des Streitstoffs" jedoch nicht "auf Kosten der Genauigkeit und des sachlichen Informationsbedürfnisses der Verfahrensbeteiligten gehen" (Schmidt, a.a.O.). Auch dieser großzügigen Anschauung davon, wie rechtsstaatlichen Anforderungen (vgl. Schmidt, a.a.O., Rdnr. 1) entsprechend die Gewährung rechtlichen Gehörs praktiziert werden muß, genügt das Verhalten des Beschwerdegegners nach dem 9. 9. 2002 einschließlich seines Schreibens vom 16. 9. 2002 nicht. Denn in diesem Schreiben wird weder etwas erläutert noch auch nur andeutungsweise eine Zusammenfassung des Inhalts der eingegangenen Stellungnahmen einschließlich weiteren Sachvortrags von Beteiligten gegeben. Zur Rechtfertigung dessen macht der Beschwerdegegner geltend, die Stellungnahmen der Beteiligten zu 18. und 30. (ZGG und Wingas) hätten keine entscheidungserheblichen neuen Tatsachen, bedeutsamen Erklärungen oder Beweisergebnisse enthalten (ebenso die Beteiligte zu 1., a.a.O.). Das Gegenteil ergibt sich aus der Darstellung oben 2. b) aa) und bb) (1.), auf das - um Wiederholungen zu vermeiden - Bezug genommen wird. Der jetzt vertretene Standpunkt des Beschwerdegegners, die Stellungnahmen von Z... und W... (vom 11. 9. 2002) hätten keinen entscheidungserheblichen neuen Sachvortrag und keine bedeutsamen Erklärungen enthalten, steht in einem unheilbaren Widerspruch zum Inhalt der Ministererlaubnis II, wonach "dem Petitum d(ies)er Beigeladenen, das sich insoweit mit dem der Antragsteller [mithin insbesondere der Beteiligten zu 1.] deckte, . . . [durch eine Streckung des Gas Release-Programms] Rechnung getragen" wurde.
193Der Beschwerdegegner will das Unterlassen der Gewährung rechtlichen Gehörs anscheinend auch damit rechtfertigen, die durch sein Schreiben vom 9. 9. 2002 eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme habe auch die Funktion der bei vielen Wettbewerbsbehörden (u.a. der EU-Kommission) üblichen "Markttests" haben und ein Bild darüber ergeben sollen, welche Wirkung die Wettbewerber der Auflage (insbesondere betreffend den Mindestpreis bei den Gasauktionen) beimäßen (Schriftsatz vom 12./25. 11. 2002, S. 7). Dieser Rechtfertigungsversuch ist aus mehreren Gründen ungeeignet: Zum einen ging der Zweck eines Markttests aus dem Schreiben vom 9. 9. 2002 nicht hervor, das vielmehr als Zweck ausdrücklich nur "rechtliches Gehör zu beabsichtigten Änderungen der Verfügung vom 5. Juli 2002" nannte. Der Beschwerdegegner behauptet auch nicht, daß er in den angeblichen Markttest weitere nicht zu den Verfahrensbeteiligten zählende Wettbewerber der R... AG einbezogen habe. Zum anderen ist die Ansicht des Beschwerdegegners abzulehnen, daß die den Markttest bildenden Stellungnahmen den Verfahrensbeteiligten nicht gemäß § 56 Abs. 1 GWB zugänglich gemacht werden müssen (zumindest in Form einer an Genauigkeit nichts zu wünschen übrig lassenden Zusammenfassung der Markttest-Stellungnahmen, vgl. Schmidt, a.a.O., Rdnr. 5; vgl. im übrigen KG WuW/E 2140, wonach die Kartellbehörde den Beteiligten zwecks Gewährung rechtlichen Gehörs Zugang zu den Verfahrensunterlagen gewähren muß), und daß Markttests noch nach der obligatorischen mündlichen Verhandlung, "auf Grund" deren die Kartellbehörde (hier der Beschwerdegegner) zu entscheiden hat (§ 56 Abs. 3 GWB), durchgeführt werden dürfen.
194Aus dem eigenen Vortrag des Beschwerdegegners in seinem Schriftsatz vom 12./25. 11. 2002 ergibt sich der Sache nach sogar ganz deutlich, daß neues Vorbringen von Beteiligten nach dem 9. 9. 2002 ihn zu einer anderen Entscheidungsfindung in einem wichtigen Punkt geführt hat: Auf Grund der in der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 geäußerten Kritik am Auflagenregime habe er sich insbesondere zum Gas Release-Programm zu einer Änderung entschlossen, nämlich E... in größerem Umfang zu verpflichten, über R... kontrahierte Mengen mit einem Auktionsverfahren am Markt anzubieten. Besonders schwierig sei die Festlegung des Mindestpreises für die Auktionen gewesen. Der Preis habe möglichst niedrig sein sollen, damit vom Gas Release-Programm Impulse für den Wettbewerb ausgingen. Er habe aber auch keine Gefährdung des Systems der langfristigen Lieferverträge mit sich bringen und nicht unter den Gestehungskosten der R... liegen sollen. Der durchschnittliche Grenzübergangspreis des BAFA, auf den in der Ministererlaubnis I abgestellt worden sei, liege oberhalb der Gestehungskosten der Ruhrgas, ohne daß für die Differenz eine feste Größenordnung habe ermittelt werden können (das wird auf S. 6 des Schriftsatzes vom 12./25. 11. 2002 näher ausgeführt). Der nach der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 zunächst vorgesehene Mindestpreis von 85 % des durchschnittlichen Grenzübergangspreises des BAFA habe mit dem geschätzten Abschlag von 15 % dem Umstand Rechnung tragen sollen, daß in den Durchschnittspreis auch die höheren Grenzübergangspreise für strukturierte Lieferungen einflössen. Die Schätzung habe darauf beruht, daß verläßliche Zahlen nicht verfügbar gewesen seien. Jedenfalls sei der Abschlag nach der Einschätzung des BMWi großzügig bemessen gewesen. Aus den verschiedenen Stellungnahmen habe sich insbesondere zur Frage des Mindestpreises kein klares Votum ergeben. E..., ähnlich auch Z.. sowie W..., habe den Mindestpreis für "deutlich zu niedrig" erklärt. Die Beigeladene T... und in gleicher Weise auch andere Beigeladene hätten sich dahin geäußert, mangels genauer Daten zur "Beschaffungsstruktur" der R... keine Bewertung der Preisformel abgeben zu können. Der "Markttest" habe daher zu dem Ergebnis geführt, daß es eine optimale Preisformel, die allen berechtigten Interessen der beteiligten Unternehmen und der übrigen Marktteilnehmer Rechnung tragen würde, nicht würde geben können. Das BMWi habe daraufhin unter dem Eindruck der Stellungnahmen und unter Abwägung aller Umstände eine neue Formel entwickelt, die eine Anpassungsklausel enthalte und nicht mehr ausschließlich auf den veröffentlichten BAFA-Grenzübergangspreis abstelle (Schriftsatz vom 12./25. 11. 2002, S. 6 f., Hervorhebungen durch Kursivdruck hinzugefügt). Deutlicher als durch diesen schriftsätzlichen Vortrag kann man es kaum darstellen, daß Stellungnahmen von Beteiligten wesentlich mitursächlich dafür waren, daß eine Schätzung eines als angemessen erachteten Auktions-Mindestpreises, die auf Grund der bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 gewonnenen Erkenntnisse vorgenommen worden war (85 % des jeweils vom BAFA veröffentlichten durchschnittlichen Grenzübergangspreises), in eine erheblich höhere Festlegung auf (grundsätzlich) 95 % des "BAFA-Grenzübergangspreises" (mit der Möglichkeit einer Anpassungskorrektur auf ebenfalls 95 % eines anderen Referenzbetrags des durchschnittlichen Grenzübergangspreises) umgewandelt worden ist (siehe auch oben 2. b) bb) (1.) ). Dann aber mußte der Beschwerdegegner den Verfahrensbeteiligten, darunter den Beschwerdeführerinnen, zu den Stellungnahmen, die für die Anhebung des für die Erreichung des Zwecks der Gas Release-Auflage besonders wichtigen Auktions-Mindestpreises mitursächlich waren, rechtliches Gehör gewähren.
195Bei diesem Befund ist auch das abschließende Argument, das der Beschwerdegegner gegen die auf Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützte Rüge vorbringt, nicht stichhaltig. Er meint, (insbesondere) die Beschwerdeführerin zu 6. überdehne die Anforderungen an das rechtliche Gehör und die öffentliche mündliche Verhandlung so sehr, daß es die Verfahrensbeteiligten in der Hand hätten, das Verfahren ad infinitum zu verlängern. Wenn nicht nur bedeutsame Erklärungen, sondern jede Meinungsäußerung allen anderen Verfahrensbeteiligten erneut mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übersandt werden müßte, könnte das Verfahren nie abgeschlossen werden (Schriftsatz vom 12./25. 11. 2002, S. 11). Damit trifft der Beschwerdegegner indessen nicht den Kern des Problems dieses Falls: Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, war es durchaus neuer Sachvortrag von (zumindest) drei Verfahrensbeteiligten (zu 1., zu 18. und zu 30.), der die Entscheidung - die Ministererlaubnis II - unmittelbar (mit-)beeinflußt hat. Wenn der Beschwerdegegner nach der mündlichen Verhandlung weitere Stellungnahmen (wie hier mit Schreiben vom 9. 9. 2002) erbittet, damit neuen Sachvortrag ermöglicht und diesen bei der Entscheidungsfindung - wie hier - verwertet (hier sogar ergebnisrelevant berücksichtigt), so muß er zuvor den anderen Verfahrensbeteiligten auch rechtliches Gehör gewähren. Die Gefahr, daß sich das Verfahren infolge der Gewährung rechtlichen Gehörs endlos verlängern wird, kann der Beschwerdegegner durch sachgerechte Verfahrensführung, u.a. durch optimale Vorbereitung der mündlichen Verhandlung, vermeiden.
196cc) Die Rechtsfolge des vorstehend dargestellten Verstoßes (jedenfalls) gegen § 56 Abs. 1 GWB besteht darin, daß allein deshalb schon die Änderungsverfügung (Ministererlaubnis II) rechtswidrig ist (vgl. KG WuW/E OLG 2140, 2141 - "Einbauküchen"; Senat, WuW/E OLG 1820, 1821; Bracher, a.a.O., § 56 GWB, Rdnr. 21; Schultz, a.a.O., § 56 GWB, Rdnr. 8; Schmidt, a.a.O., § 56, Rdnr. 9; Werner, a.a.O., § 53, Rdnr. 71), unabhängig davon, daß die Änderungsverfügung auch deshalb rechtswidrig ist, weil es ihr an der (notwendigen) Zulässigkeitsvoraussetzung gemäß § 45 VwVfG fehlt (vgl. oben 2. a) cc), 1. Abs.). Die Rechtswidrigkeit auf Grund des Verstoßes gegen § 56 Abs. 1 GWB erfaßt - wie vorsorglich hervorgehoben sei - auch die gesamte Änderungsverfügung. Für die Annahme einer bloßen Teilrechtswidrigkeit (nämlich nur derjenigen Auflagen, deren Ausgestaltung durch den Verfahrensfehler unmittelbar betroffen ist) gibt es keine Rechtsgrundlage; sie verbietet sich auch deshalb, weil die betreffenden Auflagen (Gas Release, Sonderkündigungsrechte) wesentliche, nicht abtrennbare Bestandteile des Auflagenregimes sind, das wiederum zu den notwendigen Grundlagen der Erteilung der Ministererlaubnis überhaupt gehört.
197Als weitere Rechtsfolge dessen, daß die Änderungsverfügung bereits bei isolierter Beurteilung wegen Verstoßes gegen des Gebot rechtlichen Gehörs rechtswidrig ist, ist (nochmals) festzuhalten, daß allein deshalb eine Heilung der Ministererlaubnis I gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 VwVfG nicht eingetreten ist (selbst wenn diese Vorschriften im Ministererlaubnisverfahren anwendbar wären). Denn eine Heilung des einer Erstverfügung anhaftenden Verstoßes gegen die Verpflichtung der Behörde zur Anhörung (im weiteren Sinne, hier im Sinne der Abs. 1 und 3 des § 56 GWB) setzt voraus, daß die Anhörung formell ordnungsgemäß, also ihrerseits verfahrensfehlerfrei nachgeholt wird (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 45, Rdnr. 26; Obermayer/Schäfer, a.a.O., § 45, Rdnr. 37 u. 38; Knack/Klappstein, a.a.O., § 45, Rdnr. 3.3.1), was hier bezogen auf das vom Beschwerdegegner unternommene, als Einheit bis hin zur Änderungsverfügung anzusehende Heilungsverfahren - wie ausgeführt worden ist - nicht der Fall ist. Aus diesem Grunde bedarf es hinsichtlich der Änderungsverfügung keiner weiteren Prüfung gemäß § 46 VwVfG. Denn auch dann, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 46 VwVfG - isoliert betrachtet - erfüllt sind, ist damit im Anwendungsbereich des § 46 VwVfG nur der Anspruch auf Aufhebung des fehlerhaften Verwaltungsakts ausgeschlossen; die durch den Verfahrensrechtsverstoß verursachte Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts bleibt hiervon unberührt (Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 46, Rdnr. 41; Knack/Klappstein, a.a.O., § 46, Rdnr. 6, m.w.N.). Demzufolge fehlt der (wegen Verfahrensfehlers rechtswidrigen) Änderungsverfügung auf jeden Fall die Eignung, die Verfahrensfehler der Ministererlaubnis I heilen zu können. Im übrigen hat der Senat - auch im Hinblick auf den Vortrag der Beschwerdeführerinnen zu 1. (Schriftsatz vom 1. 10. 2002, S. 58 u. 59) und zu 6. (Schriftsatz vom 10. 10. 2002, S. 42 - 44) dazu, welchen Gegenvortrag sie bei Gewährung rechtlichen Gehörs den oben behandelten Schreiben der Beteiligten zu 1., 18. und 30. (alle) vom 11. 9. 2002 entgegengesetzt hätten - keinen Zweifel daran, daß die strengen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 46 VwVfG (vgl. Senatsbeschluß vom 25. 7. 2002 in dieser Sache, auf dessen Ausführungen im Abschnitt III. 1. c) der Gründe [WuW/E DE-R 926, 941] Bezug genommen wird) hier nicht erfüllt sind. Zu diesem Punkt sind weitere Ausführungen im vorliegenden Beschluß nicht veranlaßt, weil sich kein Beteiligter mit substantiiertem Vortrag zur Ministererlaubnis II auf § 46 VwVfG beruft.
198dd) In Anbetracht dieser Rechtslage zur Ministererlaubnis II kommt es auf die Rüge der Beschwerdeführerin zu 6., der Beschwerdegegner habe nach der mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 durch Geheimgespräche mit den Beteiligten zu 1. und 4. die Vorschrift des § 56 Abs. 3 GWB mißachtet (Schriftsatz vom 25. 10. 2002, S. 10 - 12), in dem Sinne nicht mehr entscheidend an, daß es notwendig ist aufzuklären, was genau bei dem Gespräch (das unstreitig - entweder am 11. 9. oder am 13. 9. 2002 - stattgefunden hat) verhandelt, erörtert und/oder (insbesondere von den Beteiligten zu 1. und 4.) erklärt worden ist. Da aber die Rüge erhoben worden ist und sich der Beschwerdegegner sowie die Beteiligte zu 1. dagegen verteidigen, erscheint es notwendig, folgendes festzuhalten:
199Der Beschwerdegegner hat durch sein Verhalten zumindest den bösen Schein einer inkorrekten Verfahrensdurchführung gesetzt und dadurch die (im Rechtssinne [§ 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 3 GWB]) erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Heilungsverfahrens eher noch verstärkt. Dabei ist es unerheblich, daß Staatssekretär Dr. T... selbst an dem Gespräch vom 11./13. 9. 2002 nicht teilgenommen hat; denn der Beschwerdegegner muß sich das Verhalten seiner Beamten, die das Gespräch geführt haben, zurechnen lassen, zumal da in anderem Zusammenhang (z.B. in Bezug auf die erste mündliche Verhandlung vom 29. 5. 2002) immer wieder betont worden ist, daß Staatssekretär Dr. T... von den Beamten des BMWi fortlaufend über alle Verfahrensangelegenheiten informiert werde. Das Rechtfertigungsargument des Beschwerdegegners, das BMWi habe sich dem Wunsch von E..., ihre schriftliche Stellungnahme vom 11. 9. 2002 mündlich erläutern zu dürfen, nicht verschließen können, weil E... durch die Neuformulierung der Auflagen in erster Linie betroffen gewesen sei (Schriftsatz vom 12./25. 11. 2002), ist bei objektiver Betrachtungsweise unverständlich. Die schriftliche Stellungnahme der Beteiligten zu 1. vom 11. 9. 2002 war in Anbetracht des hohen Sachverstands der Beteiligten zu 1. und ihres Verfahrensbevollmächtigten einerseits und der Beamten des Beschwerdegegners andererseits in jeder Hinsicht klar abgefaßt; einer "Erläuterung" im eigentlichen Sinne bedurfte sie nicht. Gemäß § 56 Abs. 1 GWB besteht für die Beteiligten, auch für die Hauptbeteiligten eines Zusammenschlußvorhabens, kein Anspruch auf mündliche Erörterung ihrer Argumentation (vgl. Werner, a.a.O., § 53, Rdnr. 70), schon gar nicht nach der Durchführung der mündlichen Verhandlung (§ 56 Abs. 3 GWB), zumal dann, wenn sich die Beteiligten hinsichtlich etwaiger noch offener Punkte schriftlich äußern und damit verständlich machen können (ob die Kartellbehörde danach die mündliche Verhandlung wiedereröffnen muß, ist dann eine andere Frage). Es entzieht sich der Kenntnis des Senats, ob die Beteiligten zu 1. und 4. beabsichtigten, bei dem Gespräch am 11./13. 9. 2002 ihren Sachvortrag des Schriftsatzes vom 11. 9. 2002 zu ergänzen oder mit sonstigen Erklärungen (z.B. mit Kompromißvorschlägen zur Ausgestaltung der Auflagen, ähnlich dem Verfahren vor der Ministererlaubnis I) auf die bevorstehende Änderungsverfügung Einfluß zu nehmen, und ob sie eine solche Absicht in die Tat umgesetzt haben. Zumindest in diese Richtung weist der (pauschal resümierende) Vortrag der Beteiligten zu 1., bei dem Gespräch am 13. 9. 2002 sei es den Beteiligten [zu 1. und 4.] darum gegangen, dem BMWi ihre "Haltung" zu dem Auflagenkonzept vom 9. 9. 2002 "im Anschluß an ihre schriftliche Stellungnahme" mündlich zu erläutern; es habe sich schlicht um die Gewährung rechtlichen Gehörs durch das BMWi gehandelt (Schriftsatz vom 6. 11. 2002, S. 7). Da der Beschwerdegegner der Beteiligten zu 1. durch die Entgegennahme und Kenntnisnahme vom Schriftsatz vom 11. 9. 2002 schon rechtliches Gehör gewährte, spricht der soeben zitierte Vortrag der Beteiligten zu 1. dafür, daß sich beim Gespräch am 11./13. 9. 2002 mehr als die bloße Darlegung des schriftsätzlich schon Fixierten ereignet hat. Daß die Vertreter von E... und R... bei dem mündlichen Gespräch, für das sie eigens nach Berlin zum BMWi gereist sind, nur "den Inhalt der schriftlichen Stellungnahme [vom 11. 9. 2002] nochmals mündlich vorgetragen haben" (so der Beschwerdegegner im Schriftsatz vom 12./25. 11. 2002, S. 10), wofür nicht die geringste Notwendigkeit bestand, erscheint dem Außenstehenden zumindest nicht plausibel. Die anderweitigen Mutmaßungen der Beschwerdeführerin zu 6. (Schriftsatz vom 25. 10. 2002, S. 11, letzter Abs.) sind ihr jedenfalls nicht zu verdenken. Den Vorwurf, zumindest einen bösen Schein dafür gesetzt zu haben, daß er nach der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 5. 9. 2002 noch seine Entscheidung beeinflussende Sonderverhandlungen mit zwei Beteiligten geführt habe, obwohl er seine Entscheidung gemäß § 56 Abs. 3 GWB nur "auf Grund" der öffentlichen mündlichen Verhandlung treffen durfte, muß sich der Beschwerdegegner zumindest deshalb machen lassen, weil er schon die Minimalvoraussetzung für ein solches Sondergespräch mit zwei der zahlreichen Beteiligten nicht erfüllt hat, nämlich einen den wesentlichen Inhalt dokumentierenden Aktenvermerk hierüber anzufertigen (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 28, Rdnr. 41, m.w.N.), diesen zur Verfahrensakte zu nehmen und in Abschrift den anderen Verfahrensbeteiligten zu übermitteln, es sei denn, daß dessen Inhalt für die Entscheidung ohne Belang gewesen wäre.
200ee) Festzuhalten bleibt, daß die Änderungsverfügung (Ministererlaubnis II) auch isoliert beurteilt auf Grund erneuter Verletzung des Verfahrensgrundrechts der Beschwerdeführerinnen auf rechtliches Gehör aus den vorstehend unter b) aa) bis cc) dargestellten Gründen rechtswidrig ist. Das reicht - ebenfalls - für sich allein schon aus, um die Zurückweisung der Anträge auf Aufhebung der bisher erlassenen einstweiligen Anordnungen (abgesehen von dem Sonderfall der Beschwerdeführerin zu 7.) zu rechtfertigen.
2013. Unabhängig von den vorstehend unter 2. (sowie im Senatsbeschluß vom 25. 7. 2002) behandelten verfahrensrechtlichen Gründen, die gegen die Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis (I und II) sprechen, hat der Senat auch aus materiellrechtlichen Gründen ernstliche Zweifel (im Sinne des § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 3 GWB) an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis. Daher könnte, selbst wenn die verfahrensrechtlichen Einwände durch das vom Beschwerdegegner unternommene Heilungsverfahren ausgeräumt worden wären, den Aufhebungsanträgen nicht stattgegeben werden. Denn die Prüfung und Beurteilung der Aufhebungsanträge ist nicht auf diejenigen Verfahrensfehler beschränkt, die der Senat in seinen bisherigen Beschlüssen ausdrücklich beanstandet und als Grund für den Erlaß der einstweiligen Anordnungen bezeichnet hat. Vielmehr dürfte den Aufhebungsanträgen nur dann stattgegeben werden, wenn aus dem sehr komplexen Streitstoff keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis (I und II) mehr resultierten. Das ist indessen nicht der Fall. In materiellrechtlicher Hinsicht hat der Senat ebenfalls ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis, und zwar zumindest wegen erheblicher Bedenken (im Sinne des § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 3 GWB) an der Rechtmäßigkeit zweier Auflagen, weil diese gegen die §§ 42 Abs. 2 Satz 2, 40 Abs. 3 Satz 2 GWB verstoßen.
202a) Nach der Begründung der Entscheidung und der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Abwägung des Beschwerdegegners kann die Ministererlaubnis zur Fusion E.../R... gemäß § 42 GWB nur dann erteilt werden, wenn den aus der Fusion resultierenden Wettbewerbsbeschränkungen alle tenorierten Auflagen entgegengesetzt werden, weil die Wettbewerbsbeschränkungen von den künftigen gesamtwirtschaftlichen Vorteilen der Fusion nur mit Hilfe der zusätzlichen Wirkungen der tenorierten Auflagen aufgewogen werden (vgl. Ministererlaubnis II, die im folgenden wegen ihrer Funktion, die Ministererlaubnis I teilweise zu ersetzen und zu ergänzen, vorzugsweise zitiert wird, Tz. 66 und schon Tz. 42). Ausdrücklich heißt es in der Begründung, "die verfügten Auflagen" (also alle verfügten Auflagen) seien zu diesem Zweck erforderlich (Ministererlaubnis II, Tz. 66 letzter Abs.).
203Es versteht sich von selbst, daß eine Auflage einer staatlichen Behörde wie der des Beschwerdegegners, also die gegenüber einem Unternehmen verfügte Auferlegung einer Verpflichtung, für sich betrachtet rechtmäßig sein muß. Sie darf nicht gegen zwingende Rechtsvorschriften verstoßen. Ferner läßt es sich nicht bezweifeln und entspricht auch dem rechtlichen Standpunkt des Beschwerdegegners, daß die erforderlichen Auflagen nur dann die ansonsten zu versagende Erlaubnis eines Zusammenschlusses rechtfertigen können, wenn sie nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich geeignet sind, zur Ausgewogenheit von Wettbewerbsbeschränkungen und künftigen gesamtwirtschaftlichen Vorteilen der Fusion beizutragen (vgl. zur entsprechenden Rechtslage gemäß den §§ 36 Abs. 1, 40 Abs. 3 GWB: Ruppelt in Langen/Bunte, a.a.O., § 40 GWB, Rdnr. 28). Mit anderen Worten: Eine Erlaubnis mit Auflagen ist nur zulässig, wenn dadurch die nach § 42 GWB gebotene Ausgewogenheit wirksam erreicht werden kann (vgl. Ruppelt, a.a.O., zur entsprechenden Rechtslage nach den §§ 36 Abs. 1, 40 Abs. 3 GWB). Dieses Ergebnis wird verfehlt, wenn auch nur eine von mehreren in einem Auflagenregime vom Bundeswirtschaftsminister für erforderlich gehaltenen Auflagen wegen Rechtsverstoßes rechtswidrig ist und dies im Rahmen einer gegen die Erlaubnis eingelegten Beschwerde festgestellt wird, so daß ihre rechtliche Wirksamkeit entfällt.
204So liegt der Fall hier. Zumindest beziehen sich darauf ernstliche Zweifel des Senats im Sinne des § 65 Abs. 3 GWB. Nach dem jetzigen Erkenntnisstand verstoßen die nachfolgend unter b) behandelten Auflagen - wie mehrere Beschwerdeführerinnen zu Recht geltend machen - gegen die zwingende Vorschrift des § 40 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 42 Abs. 2 Satz 2 GWB.
205b) Nach den vorgenannten Vorschriften dürfen sich mit einer Fusionserlaubnis verbundene Auflagen "nicht darauf richten, die beteiligten Unternehmen einer laufenden Verhaltenskontrolle zu unterstellen". Diesem Verbot liegt im Bereich der dem Bundeskartellamt übertragenen Zusammenschlußkontrolle die Erwägung zugrunde, daß die Auflagenkompetenz gemäß § 40 Abs. 3 GWB in einer Beziehung zu den materiellen Kriterien der Untersagungskompetenz gemäß § 36 Abs. 1 GWB stehen muß und diese materiellen Kriterien (Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung, etwaige Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen) auf Merkmale der Marktstruktur bezogen sind (vgl. Mestmäcker/Veelken in: Immenga/ Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 40, Rdnr. 48; vgl. auch Ruppelt, a.a.O., § 48, Rdnr. 28 a.E.). Es wird daher die Ansicht vertreten, es kämen als Auflagen nur strukturelle Maßnahmen in Frage (Ruppelt, a.a.O., § 40, Rdnr. 29). Einig ist man sich im Schrifttum, daß jedenfalls in erster Linie auf die Marktstruktur gerichtete Auflagen wie die Veräußerung von Beteiligungen, Unternehmensteilen oder Vermögensteilen (an unverbundene Dritte), ferner die Veränderung der Organisation oder der Willensbildung der beteiligten Unternehmen in Betracht kommen (Ruppelt, a.a.O., § 40, Rdnr. 29; Emmerich, Kartellrecht, 9. Aufl., § 28, 5. a) bb); Richter in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, § 21, Rdnr. 96). Dagegen ist es kein erlaubter Zweck der Ausübung der Auflagenkompetenz, bei einer Freigabe unter Auflagen die durch eine entstehende oder sich verstärkende marktbeherrschende Stellung verursachte Gefährdung der wirtschaftlichen Interessen anderer Marktbeteiligter durch Verhaltenspflichten der Zusammenschlußbeteiligten auszuschließen oder herabzumindern und auf diese Weise eine zusätzliche Grundlage für die Kontrolle des Mißbrauchs marktbeherrschender Unternehmen zu schaffen (Mestmäcker/Veelken, a.a.O., § 40, Rdnr. 48). Daher führen auferlegte Maßnahmen, die auf die Beseitigung von Marktzutrittsschranken gerichtet sind, ferner Vertriebsregelungen, die anderen Unternehmen den Zugang zu Bezugs- oder Absatzmärkten eröffnen oder gar die Freiheit der Auswahl von Abnehmern oder Lieferanten beschneiden, regelmäßig zu einer laufenden Verhaltenskontrolle durch die Kartellbehörde (vgl. Ruppelt, a.a.O., § 40, Rdnr. 29; Richter, a.a.O., § 21, Rdnr. 96 i.V.m. Rdnr. 59; Mestmäcker/ Veelken, a.a.O., § 40, Rdnr. 62, sowie - speziell zur Ministererlaubnis - § 42, Rdnr. 47: Auflage der Aufrechterhaltung bisheriger Lieferverpflichtungen bedeutet laufende Verhaltenskontrolle). Auch Auflagen, bestimmte gesellschaftsrechtlich zulässige Einflußmöglichkeiten nicht wahrzunehmen, laufen auf eine unzulässige Verhaltenskontrolle hinaus (Richter, a.a.O., § 21, Rdnr. 96 i.V.m. Rdnr. 59; vgl. auch Ruppelt, a.a.O., § 40, Rdnr. 29). Gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 GWB gelten die vorstehenden Auslegungskriterien für Auflagen, die mit einer Ministererlaubnis verbunden werden, entsprechend. Im Schrifttum wird hierzu betont, § 42 Abs. 2 Satz 2 GWB solle vermeiden, daß die (vom Bundeswirtschaftsminister im Rahmen des § 42 GWB ausgeübte) Fusionskontrolle in eine industriepolitische Sektorensteuerung umschlage und den Wettbewerb durch Verpflichtungen zu unternehmerischem Wohlverhalten verdränge. Unzulässig und ungeeignet seien auch Organisationsauflagen sowie Investitionskontrollen über die am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen (Mestmäcker/Veelken, a.a.O., § 42, Rdnr. 46, 47).
206Gemäß diesen Auslegungskriterien zu den §§ 42 Abs. 2 Satz 2, 40 Abs. 3 Satz 2 GWB führen folgende Auflagen dazu, die Beteiligte zu 1. und die Beteiligte zu 4. (diese nur zu den unter aa) behandelten Auflagen) einer laufenden Verhaltenskontrolle zu unterstellen:
207aa) Mit der Ministererlaubnis I unter Ziff. 1.2.2. des Verfügungstenors (insoweit abgesehen von der Zeitbestimmung unverändert geblieben) wird der Beteiligten zu 1. auferlegt, "dafür zu sorgen, dass Ruhrgas drei Monate nach Bestandskraft dieser Verfügung, nicht jedoch vor dem 1. Januar 2004 ein Legal Unbundling nach Maßgabe folgender Bestimmungen durchführt: Das Geschäft des Erdgastransports über das R...-Fernleitungsnetz wird in eine zu diesem Zweck gegründete, rechtlich selbständige Transportgesellschaft ausgegliedert." Die weiteren hier relevanten (unter dem 3. und 4. Spiegelstrich angefügten) "Bestimmungen" lauten:
208(1.) Nicht nur die Auflage beim 4. Spiegelstrich (diskriminierungsfreier Erdgas-transport), sondern auch die davorstehende Auflage ist auf Dauer angelegt, sonst wäre sie nichts wert und schon deshalb für den bestimmungsgemäßen Zweck (siehe oben 3. a) ) ungeeignet. Besonders der 1. Satz der Auflage beim 3. Spiegelstrich bedeutet, daß sich die Beteiligte zu 4. in ihren unternehmerischen Aktivitäten als Netzeigentümerin ständig mit der gesellschaftsrechtlich (aber nicht eigentumsrechtlich) selbständigen Transportgesellschaft arrangieren muß, ferner deren "wirksame Einflußmöglichkeiten" (bezüglich Betrieb, Wartung und Unterhaltung des Netzes), über deren Ausmaß und Intensität in Anbetracht der Unbestimmtheit des Begriffs durchaus Meinungsverschiedenheiten und Streit entstehen können, permanent respektieren, wahren und sich vor allem über die dem Sinn der Auflage entsprechende Realisierung mit der Transportgesellschaft verständigen muß. Soweit die Transportgesellschaft gemäß Satz 2 der Auflage beim 3. Spiegelstrich die alleinige Entscheidungsbefugnis haben soll, muß sich die Beteiligte zu 4. als Inhaberin der Gesellschaftsanteile der auszugliedernden Transportgesellschaft ständig ihrer gesellschaftsrechtlich an sich gegebenen Einflußmöglichkeiten enthalten. Da dies alles zwecks Sicherung der Erfüllung der Auflage von der Kartellbehörde (Bundeswirtschaftsministerium) unter Kontrolle gehalten werden muß, werden die Beteiligten zu 1. (die ihrerseits für die Erfüllung der Auflage permanent "sorgen" muß) und zu 4. damit einer laufenden Verhaltenskontrolle unterstellt werden (ebenso: Möschel, BB 2002, 2077, 2081). Im Ergebnis gilt das Gleiche für die Auflage beim 4. Spiegelstrich, mit der zusätzlich zu erfüllenden Verpflichtung, daß die Beteiligte zu 4. und mittelbar auch die Beteiligte zu 1. die Transportgesellschaft ständig zu überwachen haben, daß diese den Erdgastransport für Dritte diskriminierungsfrei und auch im übrigen auflagengemäß durchführt (ebenso: Möschel, a.a.O.).
210(2.) Die Beteiligten zu 1. bis 3. meinen, die Auflage beim 3. Spiegelstrich stelle keine unzulässige laufende Verhaltenskontrolle dar. Die Auflage sei deshalb keine "Einmischung in typische Managementarbeit" (Ausdruck von Möschel, a.a.O.), weil eine solche Einmischung nach der Ausgliederung bzw. der Errichtung der Transportgesellschaft (im Einklang mit den Vorgaben der Auflage) nicht erforderlich sei (Schriftsatz der Beteiligten zu 1. vom 21. 10. 2002, S. 84). Ähnlich argumentieren die Beteiligten zu 2. und 3.: Diese Auflage schreibe eine einmal vorzunehmende rechtliche Trennung vor. Sobald diese Trennung vorgenommen worden sei, habe der Beschwerdegegner kein Recht mehr, irgendein Verhalten der Zusammenschlußbeteiligten zu kontrollieren (Schriftsatz vom 21. 10. 2002, S. 49). Daß die Beteiligten zu 1. bis 3. mit diesen Argumenten auch nicht annähernd die Verpflichtungen erfaßt haben, die die Auflage für die Beteiligten zu 1. und 4. auf Dauer mit sich bringt, ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen unter (1.), bei denen es der Senat bewenden lassen kann.
211Auch zur Auflage beim 4. Spiegelstrich meinen die Beteiligten zu 2. und 3., es handele sich nicht um eine unzulässige Verhaltensauflage; vielmehr lasse sie sich insofern als eine strukturelle Auflage einstufen, als sie eine in dieser Form noch nicht erfolgte Öffnung des Netzes der Beteiligten zu 4. bewirke, was die Marktstruktur verändere (Schriftsatz vom 21. 10. 2002, S. 49). Diese Sicht ist unzutreffend; denn die Öffnung des R...-Netzes wird nicht durch strukturelle Maßnahmen (z. B. Veräußerung) erreicht, sondern durch die Auferlegung einer immer wieder aufs Neue zu erfüllenden Verhaltenspflicht (". . . hat . . . diskriminierungsfrei zu transportieren usw.").
212Im übrigen versuchen die Beteiligten zu 2. und 3. (a.a.O.), die Bedeutung der Auflage beim 4. Spiegelstrich zu bagatellisieren: Auf sie könne es im Ergebnis nicht ankommen; denn sie gehe nicht wesentlich über geltendes Recht (§ 19 GWB) hinaus und könne deshalb in der Abwägung keine besondere Bedeutung gehabt haben. Die Auflage sei daher nur als Klarstellung des geltenden Rechts zu verstehen (ebenso die Beteiligte zu 1., Schriftsätze vom 21. 10. 2002, S. 85, und vom 26. 11. 2002, S. 19). Damit werden die Beteiligten zu 1. bis 3. der Bedeutung der Auflage nicht gerecht. Der Beschwerdegegner bezweckt mit dem unter der Überschrift "Legal Unbundling" zusammengefaßten "Auflagenpaket" und daher auch mit diesem Teil des Pakets, "sicherzustellen, dass als Gegengewicht zu den nachteiligen Wirkungen der Zusammenschlüsse E.../R... der Durchleitungswettbewerb gefördert wird" (Ministererlaubnis I, Tz. 150; vgl. auch Ministererlaubnis II, Tz. 75). Der Anteil der Förderung, den die Auflage beim 4. Spiegelstrich bewirkt, besteht darin, daß die Transportkonditionen von vornherein in einer für Drittkunden günstigen und klaren Weise festgelegt werden, und vor allem darin, daß die Auflage bereits eine (bei Anrufung der Kartellbehörde) vollziehbare Regelung darstellt, die es entbehrlich machen wird, daß Dritte, die Erdgas durch das Ruhrgas-Fernleitungsnetz durchleiten wollen, ihren gesetzlichen Anspruch (aus § 20 Abs. 1 oder Abs. 2 oder aus § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB) eventuell einklagen müssen. Dieser Effekt geht über eine bloße "Klarstellung" der Gesetzeslage hinaus. Im übrigen ist die von den Beteiligten aufgestellte These, diese Auflage habe bei der Abwägung des Beschwerdegegners (gemäß § 42 GWB) "keine besondere Bedeutung" gehabt, unstatthaft, weil die Abwägung allein dem Beschwerdegegner obliegt, der auch diese Auflage ohne irgendeine Abschichtung in die Abwägung einbezogen hat.
213bb) Unter Ziff. 1.1.3. des Verfügungstenors der Ministererlaubnis I (insoweit unverändert geblieben) wird der Beteiligten zu 1. in dem den "Gesamtwirtschaftlichen Vorteilen der Zusammenschlüsse" gewidmeten Auflagenabschnitt Ziff. 1.1. eine "Absicherung der Regelungen in Ziff. 1.1.1. ("Change of Control") und 1.1.2. (Einholung der Einwilligung des BMWi vor der Veräußerung einer Kapital- oder Stimmrechtsmehrheit an der R...)" folgenden Inhalts auferlegt:
214Zur Absicherung der beiden vorgenannten Verpflichtungen wird E... R... als importierendes Ferngasunternehmen mit Leitungsnetz und Bezugsverträgen innerhalb ihres Konzerns im wesentlichen erhalten. E... wird dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zu diesem Zweck jeweils zum 1. Juni eines Jahres einen Bericht über den Status der R... innerhalb des E...-Konzerns vorlegen. Die Erfüllung möglicher gesetzlicher Pflichten wie z.B. der eigentumsrechtlichen Trennung von Netz und Handel steht dieser Verpflichtung nicht entgegen.
215(1.) Diese Auflage ist schon nach ihrem Wortlaut eindeutig als eine Bestimmung zu qualifizieren, die die Beteiligte zu 1. - für einen Zeitraum von zehn Jahren und damit ausreichend lang für eine Anwendung der §§ 42 Abs. 2 Satz 2, 40 Abs. 3 Satz 2 GWB - einer laufenden Verhaltenskontrolle unterstellt. Für zehn Jahre werden die gesellschaftsrechtlichen Einflußmöglichkeiten der Beteiligten zu 1. auf die Beteiligte zu 4. sehr erheblich vorbestimmt und zugleich (auf eine "Erhaltung im wesentlichen") eingeengt. Nicht auszuschließen ist, daß mit der Auflage - je nach wirtschaftlicher Entwicklung im allgemeinen und derjenigen der Ruhrgas im besonderen - auch eine potentielle Investitionspflicht der Beteiligten zu 1. verbunden ist. Daß dies dem Auflagentypus unterfällt, der auf eine laufende Kontrolle des Verhaltens des beteiligten Unternehmens gerichtet ist, ergibt sich aus der oben unter 3. b) (vor aa)) dargestellten Auslegung dieses Begriffs (im Ergebnis ebenso: Möschel, BB 2002, 2077, 2081).
216(2.) Die Beteiligte zu 1. tritt dem mit dem Argument entgegen, die "Change of Control"-Auflage sei - "lediglich negativ formuliert" - ebenso struktureller Natur wie eine Veräußerungsauflage und damit keine unzulässige Verhaltensauflage (Schriftsatz vom 21. 10. 2002, S. 74). Ähnlich argumentieren die Beteiligten zu 2. und 3.: Sinn und Zweck der Auflage sei nicht, die Zusammenschlußbeteiligten einer laufenden Verhaltenskontrolle zu unterwerfen, sondern eine Marktstruktur aufrecht zu erhalten (Schriftsatz vom 21. 10. 2002, S. 45). Indessen kommt es für die Anwendung des § 40 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 42 Abs. 2 Satz 2 GWB auf den Effekt an, daß die Beteiligte zu 1. (nicht zu dem Hauptzweck der Aufrechterhaltung einer Marktstruktur, sondern) zur "Absicherung der gesamtwirtschaftlichen Vorteile des Zusammenschlusses" (vgl. Ministererlaubnis II, Tz. 48) auf zehn Jahre zu einem diesem Zweck entsprechenden Verhalten verpflichtet wird, das sogar ausdrücklich einer fortlaufenden Kontrolle unterworfen wird.
217Der Beschwerdegegner vertritt ebenfalls die Ansicht, eine laufende Verhaltenskontrolle im Sinne des § 40 Abs. 3 Satz 2 GWB werde durch die Auflage Ziff. 1.1. (die an dieser Stelle im Schriftsatz vom 25. 10. 2002, S. 61, nur insgesamt, nicht aufgegliedert nach den einzelnen Bestandteilen behandelt wird) nicht ausgelöst, ohne diese Ansicht weiter zu begründen. Er stellt (a.a.O.) außerdem die These auf, die gesamte Auflage sei auch nicht für die Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis entscheidungserheblich, und begründet dies folgendermaßen: Die Auflage solle den der Erlaubnisverfügung zugrunde liegenden Gemeinwohlvorteil, der auch ohne die Erfüllung der Auflage gegeben sei, absichern und für einen bestimmten Zeitraum verhindern, daß dieser Vorteil durch mögliche Eigentümerwechsel in Frage gestellt werde. Aufgrund der Befristung (zehn Jahre) und wegen der faktisch nur sehr begrenzten Sanktionsmöglichkeiten führe diese Auflage jedoch nicht zur Erhöhung des Gewichts der Gemeinwohlvorteile im Rahmen der Abwägung. Er bezieht sich insoweit auf Tz. 67 der Ministererlaubnis II.
218Der Beschwerdegegner hat jedoch nicht die Dipositionsbefugnis, die der Sicherung der "Gesamtwirtschaftlichen Vorteile der Zusammenschlüsse" dienenden Auflagen (unter Ziff. 1.1.) der Rechtmäßigkeitsprüfung vorzuenthalten und für das Beschwerdeverfahren praktisch aus der Ministererlaubnis (I und II) zu entfernen. Diese Auflagen sind Bestandteil des Auflagenregimes. Auch bezogen auf sie heißt es in der Ministererlaubnis II (Tz. 66), die verfügten Auflagen seien "erforderlich". In anderem Zusammenhang (bei der Prüfung gemäß Art. 56 bis 60 EG) wird ausgeführt, diese Auflagen seien "durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt" (Ministererlaubnis II, Tz. 47). Das wird anschließend begründet: In Tz. 48 findet sich der Hinweis, die Auflagen dienten der Absicherung der gesamtwirtschaftlichen Vorteile des Zusammenschlusses, insbesondere der Sicherung eines hinreichenden Gasangebots in Deutschland zu angemessenen Preisen. Zum Schluß dieses Kapitels (Tz. 51) wird als Rechtfertigung angefügt, die Gewährleistung der Versorgungssicherheit hätte nicht durch andere Auflagen erreicht werden können. Alle diese Ausführungen in der Ministererlaubnis II beweisen, daß der Beschwerdegegner die hier in Rede stehende Auflage (sowohl das unter der Überschrift "1.1 Gesamtwirtschaftliche Vorteile der Zusammenschlüsse" zusammengefaßte Auflagenpaket als auch jede darin enthaltene Einzelauflage) bei Erlaß der Ministererlaubnis (I und II) als notwendig erachtet hat, und zwar auch bei dem in der Tz. 66 der Ministererlaubnis II enthaltenen Obersatz, daß die fusionsbedingten aktuellen Wettbewerbsbeschränkungen "nur unter Berücksichtigung der tenorierten Auflagen von den künftigen gesamtwirtschaftlichen Vorteilen aufgewogen werden". Dem steht auch nicht die Tz. 67 der Ministererlaubnis II entgegen. Dort wird der Sicherungszweck der hier in Rede stehenden Auflagen betont und der Standpunkt wiedergegeben, die Auflagen erhöhten nicht das Gewicht des Vorteils der Verbesserung der Versorgungssicherheit und beeinflußten insoweit nicht deren Ergebnis. Ob diese Erwägung stimmig ist, mag dahinstehen. Jedenfalls bedeutet sie nicht mehr, als daß in die "Waagschale" der Gemeinwohlvorteile im Sinne des § 42 Abs. 1 GWB noch mehr hineingelegt werden müsse, als wenn die Auflagen unter 1.1. mitgewogen worden wären. Damit wird diesen Auflagen aber nicht die notwendige Zugehörigkeit zum Auflagenregime streitig gemacht, und zwar als notwendiges Element der Absicherung der Verbesserung der Versorgungssicherheit, was zur Folge hat, daß sich die Auflagen einschließlich der hier entscheidungserheblichen Auflage 1.1.3. auch der Prüfung der Rechtmäßigkeit stellen müssen. Daß diese Prüfung zu dem Ergebnis führt, die Auflage verstoße gegen die §§ 42 Abs. 2 Satz 2, 40 Abs. 3 Satz 2 GWB, ist oben (1.) schon ausgeführt worden.
219c) Festzuhalten ist, daß wegen Verstoßes zweier Auflagen gegen das Verbot, die beteiligten Unternehmen (hier: die Beteiligten zu 1. und 4.) einer laufenden Verhaltenskontrolle zu unterstellen, auch ernstliche materiellrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ministererlaubnis (I und II) begründet sind. Daß diese aus zwei Einzelverstößen resultierenden Zweifel die Ministererlaubnis in ihrer Gesamtheit erfassen, ergibt sich aus den Rechtsausführungen unter 3. a). Auch diese Zweifel reichen für sich allein schon dazu aus, die Zurückweisung der Aufhebungsanträge (abgesehen von dem Sonderfall der Beschwerdeführerin zu 7.) zu rechtfertigen.
220II. Außerkrafttreten der zugunsten der Beschwerdeführerin zu 7. erlassenen einstweiligen Anordnung
221Die Beschwerdeführerin zu 7. hat mit Schriftsatz ihrer jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vom 28. 11. 2002 erklärt, sie "ziehe sich aus dem Verfahren zurück". Damit hat sie, wie durch Auslegung klar erkennbar ist, nicht nur ihre ausdrücklich in Bezug genommenen Anträge vom 1. 10. 2002, sondern auch ihre vorherige Beschwerde vom 12. 8. 2002 zurückgenommen. Es versteht sich von selbst, daß dadurch der Senatsbeschluß vom 4. 9. 2002, soweit er die aufschiebende Wirkung der von der Beschwerdeführerin zu 7. eingelegten Beschwerde angeordnet und dazu noch ergänzende einstweilige Anordnungen erlassen hat, außer Kraft getreten ist. Diese Folge wird klarstellend im Tenor des vorliegenden Beschlusses festgehalten.
222III. Neue Anträge der Beschwerdeführerinnen zu 5., 8., 9. und 11. auf Erlaß einstweiliger Anordnungen
223Die vorgenannten Beschwerdeführerinnen, die bis zum Erlaß der Ministererlaubnis II keinen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde gestellt hatten, haben dies im Oktober 2002 nachgeholt.
2241.) Antrag der Beschwerdeführerin zu 5. (C... P...)
225Bezüglich der Beschwerdeführerin zu 5. macht die Beteiligte zu 1. mit eingehendem Vortrag (Schriftsätze vom 21. 10. 2002, S. 14 f., und vom 26. 11. 2002, S. 11 ff.) geltend, die Beschwerde sei mangels materieller Beschwer unzulässig. Zum Vortrag des letzten Schriftsatzes vom 26. 11. 2002 hat die Beschwerdeführerin noch nicht Stellung genommen. Es wird ihr empfohlen, eine substantiierte Stellungnahme unverzüglich - spätestens bis zum 6. Januar 2003 - einzureichen. Bis dahin hält der Senat den Antrag nicht für entscheidungsreif.
2262.) Antrag der Beschwerdeführerin zu 8. (G...)
227a) Bezüglich der Beschwerdeführerin zu 8. rügt die Beteiligte zu 1., deren am 12. 8. 2002 gegen die Ministererlaubnis I eingelegte Beschwerde sei unzulässig, weil sie der notwendigen Beschwerdebegründung (§ 66 Abs. 3 und 4 GWB) ermangele. Mit der in der Beschwerdeschrift enthaltenen bloßen Bezugnahme auf die Schriftsätze anderer Beteiligter im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz habe die Beschwerdeführerin zu 8. ihrer Begründungspflicht nicht genügt; mangels eigener Beschwerdebegründung habe sie jedenfalls keine materielle Beschwer geltend gemacht.
228Der Senat neigt dazu, der Rüge der Beteiligten zu 1. zumindest wegen des zuletzt wiedergegebenen Gesichtspunkts zu folgen. In den von anderen Beteiligten eingereichten Schriftsätzen, auf die die Beschwerdeschrift vom 12. 8. 2002 Bezug nimmt, findet sich naturgemäß nichts über die individuelle materielle Beschwer der Beschwerdeführerin zu 8. Eine solche muß aber bei einer Drittbeschwerde im Fusionskontrollverfahren nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. die im vorliegenden Verfahren erlassenen Beschlüsse vom 11., 25. 7. und 4. 9. 2002, m.w.N.) dargelegt werden; die bloße Beiladung im vorausgegangenen Kartellverwaltungsverfahren reicht nicht aus (Senatsbeschluß vom 19. 9. 2001 - Kart 22/01 (V) - WuW/E DE-R 759, 762 f., "NetCologne"). Der Senat erläßt daher keine einstweilige Anordnung auf Grund der Beschwerde vom 12. 8. 2002.
229b) Nun hat die Beschwerdeführerin zu 8. mit Schriftsatz vom 15. 10. 2002 rechtzeitig Beschwerde gegen die Ministererlaubnis II eingelegt und diese Beschwerde auch rechtzeitig mit Schriftsatz vom 14. 11. 2002 begründet. In ihrer Beschwerdeerwiderung vom 26. 11. 2002 (siehe S. 2) hat die Beteiligte zu 1. die Zulässigkeit dieser zweiten Beschwerde nicht ausdrücklich in Zweifel gezogen. Aus ihrer Beschwerdeerwiderung gegen die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 11. (eine Beschwerde, die hauptsächlich nur gegen die Ministererlaubnis II eingelegt worden ist) ergibt sich aber wohl, daß die Beteiligte zu 1. mit den gleichen Argumenten auch die zweite Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 8. für unzulässig hält: Gegen die Ministererlaubnis II könne (isoliert) keine statthafte Beschwerde eingelegt werden. Andernfalls würde der betreffende Beschwerdeführer dadurch begünstigt werden, daß im Gegensatz zu ihm andere am Verfahren beteiligte Unternehmen gegen die Ministererlaubnis I Beschwerde eingelegt und eine Entscheidung des Senats erwirkt haben, die der Beschwerdegegner zum Anlaß genommen habe, die vom Senat gerügten Verfahrensmängel in einem Nachverfahren gemäß § 45 Abs. 2 VwVfG zu heilen. Jedenfalls sei eine solche Beschwerde mangels Beschwer als unzulässig zurückzuweisen. Der Beschwerdegegner habe mit der Ministererlaubnis II lediglich die Auflagen gegenüber der Ministererlaubnis I verschärft. Die Auflagen führten nicht zu einer - die materielle Beschwer auslösenden - Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen auf dem relevanten Markt, sondern zu einer im Verhältnis zur Ministererlaubnis I weiteren Verbesserung; der Beschwerdeführer sei durch die verschärften Auflagen begünstigt und gerade nicht benachteiligt worden, habe also keine materielle Beschwer durch die Ministererlaubnis II erlitten (Schriftsatz vom 29. 11. 2002, S. 2 und 5).
230Dieser Ansicht vermag der Senat nicht zu folgen. Die Änderungsverfügung (Ministererlaubnis II), mit der der Beschwerdegegner das auf § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG gestützte Nachverfahren abgeschlossen hat, ist ihrerseits ein Verwaltungsakt (vgl. Brischke, DVBl 2002, 429, 432, m.w.N.), der wie jeder belastende Verwaltungsakt der Anfechtung unterliegt. Konsequent hat daher der Beschwerdegegner die Ministererlaubnis II auch mit einer allgemein formulierten Rechtsmittelbelehrung versehen. Die Ministererlaubnis II ist für die Beschwerdeführer (deren individuelle materielle Beschwer vorausgesetzt) deshalb belastend, weil der Beschwerdegegner von den verschiedenen verfahrensrechtlich denkbaren Möglichkeiten, die ihm nach der von ihm für anwendbar gehaltenen Vorschrift des § 45 VwVfG zu Gebote standen, sich nicht für die den Beschwerdeführern wirklich günstige Möglichkeit der Aufhebung der Ministererlaubnis I, sondern für deren Aufrechterhaltung unter teilweise verschärften Auflagen entschieden hat. In der Aufrechterhaltung der Ministererlaubnis liegt die (erneute) Belastung und Beschwer (sofern diese auch eine individuelle Betroffenheit darstellt) für die Beschwerdeführer. Daß sich die schon gegen die Ministererlaubnis I zulässig eingelegten Beschwerden nach der Ansicht des Beschwerdegegners (Schriftsätze vom 8. 10., 25. 10. [S. 11 f.] und 28. 11. 2002 [S. 2]), der der Senat beipflichtet, auch auf die Ministererlaubnis II - auf Grund der ihr vom Beschwerdegegner beigegebenen Funktion - erstrecken (vgl. auch BVerwGE 61, 307, 309), hindert nicht, eine erstmals gegen die (immer noch - erneuernd - belastende) Ministererlaubnis II eingelegte Beschwerde für statthaft zu halten. Daß andere Unternehmen mit ihren Beschwerden gegen die Ministererlaubnis I die Vorarbeit dafür geleistet haben, daß es überhaupt zu einer Änderungsverfügung und damit zu einer neuen "Chance" fristgerechter Anfechtung gekommen ist, ist verfahrensrechtlich kein taugliches Gegenargument. Der Senat hält daher die zweite Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 8. für statthaft.
231c) Abgesehen von den vorstehend abgehandelten Fragen hat keiner der anderen Verfahrensbeteiligten Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 8., insbesondere gegen ihre materielle Beschwer im Sinne einer individuellen Betroffenheit durch die Ministererlaubnis, geltend gemacht. Solche sind auch nicht ersichtlich, nachdem die Beschwerdeführerin zu 8. in der Beschwerdebegründung vom 14. 11. 2002 (S. 2 nebst Anlage) zu ihrer materiellen Beschwer vorgetragen hat. Daher kann sich der Senat beim jetzigen Verfahrensstand hinsichtlich der materiellen Beschwer mit dem Hinweis auf die Begründung begnügen, mit der das BMWi in seiner Verfügung vom 2. 5. 2002 die Beiladung der Beschwerdeführerin zu 8. gerechtfertigt hat: Sie sei - wie die Beschwerdeführerinnen zu 3. und 4. - durch das Zusammenschlußvorhaben in ihren wirtschaftlichen Interessen als Wettbewerber der Beteiligten zu 1. und 4. oder ihrer Konzern- und Beteiligungsunternehmen erheblich berührt und der geplante Zusammenschluß könnte ihre Verhaltensspielräume beim Absatz von Gas einschränken. Die Beschwerdeführerin zu 8. befindet sich daher in einer entsprechenden Wettbewerbs- und Marktsituation wie die Beschwerdeführerinnen zu 3. und 4., deren materielle Beschwer der Senat im Beschluß vom 25. 7. 2002 (unter I., S. 10) schon bejaht hat.
232d) Die Beteiligten zu 2. und 3. wenden gegen den Antrag der Beschwerdeführerin zu 8. auf Erlaß einstweiliger Anordnungen ein, dieser Antrag vom 14. 10. 2002 sei mangels Eilbedürftigkeit unzulässig, nachdem schon am 12. 8. 2002 Beschwerde eingelegt worden sei; der große Zeitabstand zeige, daß die Anordnung der aufschiebenden Wirkung für die Beschwerdeführerin zu 8. keine besondere Dringlichkeit habe (Schriftsatz II. vom 28. 10. 2002, S. 4). Der Senat kann offen lassen, ob diese Erwägung im Ansatz überhaupt schlüssig ist. Der Einwand der Beteiligten zu 2. und 3. bezieht sich jedenfalls nur auf die schon am 12. 8. 2002 eingelegte Beschwerde, nicht auf die zweite Beschwerde vom 15. 10. 2002. Bezogen auf diese Beschwerde kann an der Eilbedürftigkeit des Antrags vom 14. 10. 2002 jedenfalls nicht gezweifelt werden.
233e) Der Antrag der Beschwerdeführerin zu 8. auf Erlaß einstweiliger Anordnungen ist auch sachlich gerechtfertigt. Insoweit nimmt der Senat auf seinen Beschluß vom 25. 7. 2002 [Kart 25/02 (V), Abschnitte II. bis IV., WuW/E DE-R 926 ff.] sowie auf den Abschnitt I. des vorliegenden Beschlusses Bezug.
2343.) Antrag der Beschwerdeführerin zu 9. (a...)
235Diesen Antrag hält der Senat derzeit noch nicht für entscheidungsreif, weil die Beteiligte zu 1. gegen die vom BMWi ausgesprochene Beiladung der (späteren) Beschwerdeführerin zu 9. Beschwerde eingelegt hat, über die der Senat wegen des Verfahrensablaufs noch nicht hat entscheiden können.
2364.) Antrag der Beschwerdeführerin zu 11. (F... O... and Gas O...)
237a) Die Beschwerdeführerin zu 11. hat seinerzeit keine Beschwerde gegen die Ministererlaubnis I, sondern mit Schriftsatz vom 17. 10. 2002 hauptsächlich gegen die Ministererlaubnis II, "hilfsweise" zugleich gegen die Ministererlaubnis I Beschwerde eingelegt. Gegen die Zulässigkeit dieser Beschwerde hat nur die Beteiligte zu 1. Einwände erhoben, die oben unter III. 2. b) schon wiedergegeben und als nicht berechtigt abgelehnt worden sind. Die Gründe hierfür gelten selbstverständlich auch für die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 11.
238Zweifel an der materiellen Beschwer der Beschwerdeführerin zu 11. (im Sinne einer individuellen Betroffenheit der Beschwerdeführerin zu 11., vgl. die oben unter III. 2. a) zitierte Rechtsprechung des Senats) sind nicht geltend gemacht worden und sind beim jetzigen Verfahrensstand auch nicht ersichtlich. Über die vom BMWi in der Beiladungsverfügung vom 12. 3. 2002 dargelegte erhebliche Berührung der Interessen der Beschwerdeführerin zu 11. hinaus hat sie in ihrer Antragsschrift vom 17. 10. 2002 dargelegt und durch eidesstattliche Versicherung ihres Legal Counsel Huopalainen (vom 18. 10. 2002) glaubhaft gemacht, daß sie teils unmittelbare, teils (insbesondere auf dem deutschen Markt) potentielle Wettbewerberin vor allem der Beteiligten zu 4., aber auch der Beteiligten zu 1. nebst einigen ihrer Tochtergesellschaften ist, und daß sich ihre Wettbewerbssituation bei ihrem bevorstehenden Eintritt in den deutschen Markt zur Belieferung von Weiterverteilern und Endkunden mit Erdgas infolge des Zusammenschlusses E.../R... erheblich belastet, vor allem ihre wettbewerbliche Entwicklung stark eingeschränkt werden würde.
239b) Zur sachlichen Rechtfertigung des Antrags der Beschwerdeführerin zu 11. gilt das oben unter III. 2. e) Gesagte.
240IV. Anträge auf Ergänzung der bisher erlassenen einstweiligen Anordnungen
2411.) Auf Antrag der Beschwerdeführerin zu 6. vom 18. 9. 2002 hat der Senat bereits mit Beschluß vom 18. 9. 2002 die zugunsten dieser Beschwerdeführerin am 4. 9. 2002 erlassenen einstweiligen Anordnungen - klarstellend - dahin ergänzt, daß die Anordnungen auch für die weiteren bis zur Beschwerdeentscheidung ergehenden Verfügungen des Beschwerdegegners gelten, die die von der Beteiligten zu 1. angemeldeten Zusammenschlüsse gemäß § 42 GWB - gegebenenfalls auch unter Auflagen und/oder Bedingungen - erlauben. Mit Schriftsatz vom 10. 10. 2002 beantragt die Beschwerdeführerin zu 6., ausdrücklich "lediglich zum Zwecke der Klarstellung", eine umfangreiche Neufassung des Senatsbeschlusses vom 18. 9. 2002 (i.V.m. dem vorherigen Beschluß vom 4. 9. 2002). Auch im Hinblick auf das prozessuale Verhältnis der Ministererlaubnisse I und II zueinander, das der Beschwerdegegner und der Senat für das vorliegende Beschwerdeverfahren übereinstimmend beurteilen (vgl. oben III. 2. b) ), sieht der Senat keinen Bedarf für die beantragte (weitere) Klarstellung. Der Vorbehalt in Ziff. 2 der Beschlußformel des Senatsbeschlusses vom 18. 9. 2002 kann allerdings entfallen.
2422.) Die Beschwerdeführer zu 2. bis 4. haben am 19. 9. und 10. 10. 2002 dem vorstehend erwähnten Antrag der Beschwerdeführerin vom 18. 9. 2002 entsprechende Anträge gestellt. Diesen gibt der Senat zur Klarstellung aus den im Senatsbeschluß vom 18. 9. 2002 dargestellten Gründen, auf die Bezug genommen wird, statt.