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Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1 tragen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 10.000,- EUR (19.955,83 DM).
G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft ... in Meerbusch. Die Beteiligte zu 3 verwaltet die Anlage.
4Die Außenwände der Anlage wurden in der Vergangenheit wiederholt saniert. Die übrige Fassade wurde vor etwa 15 Jahren neu verfugt und mit Silikon behandelt.
5Am 22. Mai 2000 fasste die Eigentümergemeinschaft u.a. folgende Beschlüsse:
6"6.3 Fassadenanstrich Treppenhauserker oder Sanierung
7Gesamtfassade wg. Rissen
89
6.3.1 Südgiebelfassade
10Durch einen Bauingenieur nach Wahl der Verwaltung oder in Form eines
11gerichtlichen Beweisverfahrens soll der Schadensumfang an den
12Südgiebelwänden der Wohnungen Haus 68 links und deren Ursache
13festgestellt, eine geeignete Instandsetzungsmaßnahme (unter
14Berücksichtigung der Optik auf Grund der erfolgten
15Nordgiebelverkleidung) empfohlen und die entstehenden Kosten
16ermittelt werden. Entsprechend dieser Empfehlung soll die Sanierung
17auf Grund eingeholter Angebote unter Hinzuziehung eines Bauingenieurs
18in Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat ohne weitere
19Eigentümerversammlung beauftragt werden. Entstehende Kosten sind aus
20der Instandhaltungsrücklage zu bezahlen.
216.3.2 Fassade Straßen-/Hauseingangsseite
22Wegen vorhandener Rissbildung im Putz und der notwendigen
23Überarbeitung der Treppenhauserker soll die Fassade
24Straßenseite mit einem Wärmedämmverbundsystem gemäß
25vorliegenden Angeboten instand gesetzt werden. Entstehende Kosten
26in Höhe von ca. 65.000,- DM sind aus der Instandhaltungsrücklage zu
27zahlen.
288. Soll die Wohnungseigentümergemeinschaft die Fensterinstandsetzung
29der Familie K... bezahlen?
30Soll die Familie K... die Kosten für den erfolgten Austausch der
31Dachflächenfenster selbst tragen?
32Abstimmungsergebnis: Ja-Stimmen: 1008, Nein-Stimmen: 6.451,
33Enthaltungen: 583 (abgelehnt)."
34Die Beteiligten zu 1 haben beantragt;
35die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 22. Mai 2000 zu den Tagesordnungspunkten 6.3.1, 6.3.2 und 8 für unwirksam zu erklären.
36Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens durch Beschluss vom 02. August 2001 das Gesuch der Beteiligten zu 1 abgelehnt, weil aus dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. S... sich ergebe, dass die Fassaden sanierungsbedürftig seien. Die Aufbringung eines Wärmedämmverbundsystems stelle eine bauliche Veränderung dar. Diese bedürfe vorliegend indes nicht der Zustimmung sämtlicher Eigentümer, weil in § 7 der Teilungserklärung die Vornahme baulicher Veränderungen von der Zustimmung des Verwalters abhängig gemacht worden sei. Diese liege hier vor. Im übrigen entsprächen die in Aussicht genommenen Sanierungsmaßnahmen auch ordnungsgemäßer Verwaltung. Gleiches gelte für die Beschlussfassung zu TOP 8, da die Fenster im Gemeinschaftseigentum stünden.
37Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Landgericht nach mündlicher Verhandlung am 06. Dezember 2001 - unter Zurückweisung deren weitergehender Beschwerde - den amtsgerichtlichen Beschluss vom 02. August 2001 teilweise geändert und den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 22. Mai 2000 zu TOP 6.3.1 für unwirksam erklärt.
38Gegen die Entscheidung der Kammer wenden sich die Beteiligten zu 1 mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde insoweit, als die Kammer die Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft zu TOP 6.3.2 durch Zurückweisung der sofortigen Beschwerde in diesem Punkt gebilligt hat. Die Beteiligten zu 2 treten dem entgegen.
39Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
40II.
41Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 FGG).
421.
43Das Landgericht hat zur Begründung u.a. ausgeführt, die Beschlussfassung zu TOP 6.3.2 sei nicht zu beanstanden. Bei der beschlossenen Sanierung durch Anbringung eines Wärmedämmverbundsystems handele es sich nicht um eine der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfende bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG, sondern um eine mit Mehrheit zu beschließende modernisierende Instandsetzung im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung. Der Gutachter habe festgestellt, dass Haarrisse bzw. Risse mit erheblichen Rissweiten vorhanden seien, durch die Feuchtigkeit bis in das Innere der Anlage dringen könne. Das Wärmedämmverbundsystem stelle als wirtschaftlich sinnvolle und technisch bessere Lösung gegenüber der bloßen Wiederherstellung des bisherigen Zustandes eine modernisierende Instandsetzung dar. Auch entspreche die Gemeinschaft damit den Anforderungen an § 8 WärmeschutzVO und stelle sich die Maßnahme auch deshalb als solche ordnungsgemäßer Verwaltung dar. Überdies habe der Sachverständige erläutert, dass ein Risse überbrückender Anstrich nicht wesentlich kostengünstiger als die Anbringung eines Wärmedämmverbundsystems sei. Schließlich seien mit dem Wärmeverbundsystem so weitreichende Vorteile verbunden, dass auch die damit einhergehende Verteuerung der Sanierung ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche.
442.
45Diese Erwägungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung in den wesentlichen Punkten stand.
46a)
47Ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer war ausreichend. Denn die beschlossene Maßnahme dient der ordnungsgemäßen Instandsetzung des Eigentums. Die Frage, ob eine Maßnahme noch als - modernisierende - Instandsetzung oder Instandhaltung zu bewerten ist oder diese bereits eine darüber hinausgehende bauliche Veränderung oder Aufwendung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG darstellt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien zu beurteilen. Dabei ist allgemein anerkannt, dass der Begriff der Instandhaltung bzw. Instandsetzung nicht bloß auf die Erneuerung bzw. das Auswechseln bereits vorhandener Bauteile oder Einrichtungen beschränkt ist, sondern bei der Ersatzbeschaffung die technische Weiterentwicklung und den verbesserten Standard unter Berücksichtigung einer vernünftigen Kosten-Nutzen-Analyse umfasst. Auch eine über die bloße Reproduktion des bisherigen Zustands hinausgehende bauliche Veränderung, die eine technisch bessere und wirtschaftlich sinnvollere Lösung zur Behebung eines Mangels darstellt, ist eine ordnungsgemäße Instandsetzung (vgl. Senat, OLGR 2000, 442; OLGR 2000, 82; OLG Köln ZMR 1998, 49; KG WuM 1996, 300; WE 1994, 335, 336; BayObLG NZM 1998, 338; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 21 Rz. 134).
48b)
49Durch den angefochtenen Beschluss haben sich die Wohnungseigentümer mehrheitlich dafür entschieden, die Fassade an der Straßen-/Hauseingangsseite wegen vorhandener Rissbildung im Putz und der notwendigen Überarbeitung der Treppenhauserker mit einem Wärme-Verbundsystem zu versehen. Die Fassade der Hauseingangs- und Straßenseite ist nach den Ausführungen des Sachverständigen S... instandsetzungsbedürftig. Der dort vorhandene Anstrich sei nach übereinstimmender Darstellung etwa 10 Jahre alt; es seien Haarrisse oder auch Risse mit erheblichen Rissweiten vorhanden. Die beschlossene Maßnahme ist nach Meinung des Sachverständigen sowie unstreitig zur Behebung der vorhandenen Feuchtigkeitsmängel geeignet.
50Die beschlossene Instandsetzungsmaßnahme ist aber nicht nur zur Behebung der Feuchtigkeitsmängel geeignet, sondern stellt sich - weil sie gleichzeitig für eine Wärmedämmung sorgt - als technisch bessere und wirtschaftlich sinnvollere Lösung im Vergleich zu einer bloßen Ausbesserung der Fassade ohne wärmeisolierende Wirkung dar.
51Kommen daneben weitere gleichermaßen Erfolg versprechende Sanierungsmaßnahmen in Betracht, so steht der Eigentümergemeinschaft ein Ermessensspielraum bei der Auswahl zu. Wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat, sind vertretbare Mehrheitsentscheidungen in diesem Rahmen grundsätzlich hinzunehmen (vgl. Senat WE 1991, 252; Beschluss v. 26.4.1999 - 3 Wx 32/99). Die Wohnungseigentümer können sich für das ihnen am meisten zusagende Angebot entscheiden, sofern dieses nicht nach Preis und Qualität der Ausführung negativ aus dem Rahmen fällt. Die vorliegend zur Wahl stehenden Sanierungsmaßnahmen weisen beträchtliche Unterschiede auf. Als alternative Maßnahme ist eine Behandlung der Fassadenoberfläche mit Silikon in Erwägung gezogen worden. Diese ist nach den Ausführungen des Sachverständigen schon nicht möglich, weil es an einem intakten Mörteluntergrund fehlt und sich die Maßnahme im übrigen nach statistischen Erfahrungswerten nur in 70 -80 % der Fälle als wirksam erweist. Ob ein Risse überbrückender Anstrich sich - wie der Sachverständige meint - bereits deshalb verbietet, weil er den Anforderungen der WärmeschutzVO nicht genüge, mag offen bleiben, jedenfalls ist er im Verhältnis zu einem Wärmedämmverbundsystem nicht als gleichwertig anzusehen, weil er nicht zu einer Verbesserung der Wärmedämmung führt. Ein Neuverputz nebst Aufbringung einer Vorsatzschale aus Sparverblendern führt zwar ebenfalls zu einer Verbesserung der Wärmedämmung. Eine solche Sanierungsmaßnahme stellt sich indes im Allgemeinen als besonders aufwendige Lösung dar. Dafür, dass die Verklinkerung vorliegend, wie die Beschwerdeführer nunmehr geltend machen, wesentlich preiswerter als die vom Sachverständigen vorgeschlagene Lösung ist, spricht nichts. Insbesondere weist der Gutachter selbst darauf hin, dass es sich bei seinen Kostenangaben um Schätzungen handelt. Zudem differieren diese - je nach Ausführung - um 40 % (80.000,- DM mit Schieferverkleidung, 48.000,- DM ohne Schiefer). Auch ist zu bedenken, dass sich durch eine Klinkerverblendung des derzeit verputzten Fassadenteils das Gemeinschaftseigentum auch optisch signifikant verändern würde. Wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft sich unter diesen Umständen für das Wärmedämmverbundsystem als -modernisierende - Instandsetzungsmaßnahme entscheidet, widerspricht dieser Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
52Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 Satz 1 und 2 WEG. Eine Erstattungsanordnung in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten ist nicht veranlasst.