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Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Rechtsmittels.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen "fahrlässigen Verstoßes gegen die Genehmigungspflicht", gemeint ist wegen fahrlässiger ungenehmigter Beschäftigung eines ausländischen Arbeitsnehmers" gemäß §§ 284 Abs. 1 Satz 1, 404 Abs. 2 Nr. 2 SGB III zu einer Geldbuße von 1.500,-- EUR verurteilt. Hiergegen richtetet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er im wesentlichen das Vorliegen des Verfahrenshindernisses des Strafklageverbrauchs geltend macht und im übrigen generell die Verletzung materiellen Rechts rügt.
2Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Beschwerderechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 349 Abs. 2 und 3 StPO). Insbesondere greift die Beanstandung der Beschwerde, das Amtsgericht habe ein Verfahrenshindernis nicht beachtet, nicht durch.
3I.
4Dieser Rüge, der der Senat von Amts wegen nachzugehen hat, liegt folgende Verfahrenskonstellation zu Grunde:
5Bei einer Kontrolle des Imbissbetriebes des Betroffenen am 26. Januar 2001 wurde von einem Mitarbeiter des Ordnungsamtes der Stadt W festgestellt, dass die minderjährige S... B..., die jugoslawischer Staatsangehörige ist und im ausländerrechtlichen Status der Duldung in der Bundesrepublik Deutschland lebt, ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis für den Betroffenen arbeitete. Nachdem der Vorgang an das Arbeitsamt Krefeld abgegeben worden war, hörte diese als zuständige Verwaltungsbehörde den Betroffenen mit Schreiben vom 07. Februar 2001 zu dem Vorwurf der ungenehmigten Beschäftigung eines ausländischen Arbeitnehmers in der Zeit vom 01. Oktober 2000 bis zum 26. Januar 2001 an. Unter dem 15. Februar 2001 erließ die Stadt W gegen den Betroffenen einen Bußgeldbescheid über 300,-- EUR wegen eines Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit aufgrund des Vorwurfs, der Betroffene habe die B... seit dem 01. Oktober 2000 bis zum 26. Januar 2001 beschäftigt, obwohl er (spätestens seit dem Dezember 2000) gewusst habe, dass jene während dieser Zeit Sozialhilfe von der Stadt Krefeld erhalte. Nachdem der Verteidiger des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid vom 15. Februar 2001 Einspruch eingelegt und diesen begründet hatte, stellte die Stadt W das bei ihr anhängige Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 47 OWiG am 26. Juli 2001 ein, worüber sowohl der Verteidiger des Betroffenen als auch das Arbeitsamt Z mit Schreiben vom selben Datum informiert wurden. Das Arbeitsamt Z hat mit Bescheid vom 26. August 2001 gegen den Betroffenen wegen ungenehmigter Beschäftigung der B... während des genannten Zeitraumes ein Bußgeld von 9.000,-- EUR festgesetzt.
6II.
7Weder erweist sich das angefochtene Urteil unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeit des Bußgeldbescheides vom 26. August 2001 als rechtsfehlerhaft, noch folgt aus dem dargestellten Ablauf des bzw. der Verwaltungsverfahren ein Verfahrenshindernis, das zur Einstellung des Verfahrens zwingt.
81. Für die Verfolgung des Lebenssachverhaltes Beschäftigung der minderjährigen B... als Ordnungswidrigkeit waren zunächst sowohl die Stadt W gemäß § 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit als auch das Arbeitsamt Z gemäß § 405 Abs. 1 SGB III sachlich zuständig. Da mehrere Bußgeldvorschriften durch eine Tat verletzt und für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit (fachlich) verschiedene Verwaltungsbehörden zuständig sind, lag ursprünglich ein Fall mehrfacher sachlicher Zuständigkeit im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG vor (vgl. Göhler, OWiG, 12. Aufl. 1998, Rz. 13 zu § 36).
9Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 OWiG wird von ursprünglich mehreren (sachlich oder örtlich) zuständigen Verwaltungsbehörden die Behörde vorrangig zuständig, die den Betroffenen wegen der Tat zuerst vernommen hat, ihn durch die Polizei zuerst hat vernehmen lassen oder der die Akten von der Polizei nach der Vernehmung des Betroffenen zuerst übersandt worden sind. Ob auf der Grundlage dieser Vorschrift die Stadt W die vorrangig zuständige Verwaltungsbehörde dadurch geworden ist, dass sie den Betroffenen mündlich oder schriftlich vor der mit Anhörungsschreiben vom 07. Februar 2001 erfolgten Anhörung durch das Arbeitsamt Z angehört hat, kann dem Akteninhalt nicht entnommen werden, ist indes im Ergebnis nicht entscheidungserheblich.
10Die Vorrangszuständigkeit der Stadt W gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 OWiG aufgrund vorangehender Anhörung des Betroffenen unterstellt würde nicht die Wirksamkeit des Bußgeldbescheides des Arbeitsamtes Z vom 26. August 2001 in Frage stellen, insbesondere nicht zu dessen Nichtigkeit führen. Stellt die nach § 39 Abs. 1 Satz 1 OWiG vorrangig zuständige Verwaltungsbehörde das Verfahren ein, so bleiben zwar im Grundsatz die übrigen, ursprünglich ebenfalls zuständigen Behörden von der Verfolgung der Tat ausgeschlossen; nur die vorzugsweise zuständige Verwaltungsbehörde ist demnach befugt, das Verfahren wiederaufzunehmen, also einen Bußgeldbescheid zu erlassen (vgl. Göhler, a.a.O., Rz. 18 zu § 39; Rebmann/S/Herrmann, OWiG, Stand 1999, Rz . 27 zu § 39; KKOWiG-Lampe, 2. Aufl. 2000, Rz. 31 zu § 39; HK-Lemke, OWiG, 1999, Rz. 19. zu § 39; Berz, Sperrwirkung von Einstellungen nach dem OWiG, Juristische Analysen 1971, 285, 307). Hat gleichwohl nach Einstellung durch die vorrangig zuständige Verwaltungsbehörde eine andere ursprünglich zuständige Behörde einen Bußgeldbescheid erlassen, so fehlte ihr hierfür die sachliche Zuständigkeit, was im Regelfall jedoch nicht die zur Unwirksamkeit des Bescheides führt (vgl. Göhler, a.a.O.; Rebmann/S/Herrmann, a.a.O; KKOWiG-Lampe, a.a.O.; HK-Lemke, a.a.O.). Nur bei evidentem Verstoß gegen die gesetzlichen Kompetenzregelungen, die sich für den Betroffenen als staatlichen Willkürakt darstellen, kann Nichtigkeit angenommen werden (vgl. KKOWiG-Lampe, a.a.O., Rz. 31 zu § 39, Rz 32 ff zu § 36; Rebmann/S/Herrmann, a.a.O., Rz. 27 zu § 39, Rz. 16f zu § 36).
11Nach den dargestellten Grundsätzen wäre - die Vorrangszuständigkeit der Stadt W gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 OWiG angenommen - nach der Einstellung des Verfahrens durch diese Behörde das Arbeitsamt Z zwar nicht für den Erlass des Bußgeldbescheides sachlich zuständig gewesen. Ein willkürliches Handeln mit der Folge der Nichtigkeit des Bußgeldbescheides liegt jedoch nicht vor, zumal durch eine Vereinbarung der beteiligten Verwaltungsbehörden gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1 OWiG dem Arbeitsamt Z die sachlich Zuständigkeit hätte übertragen werden können.
122. Dem Erlass des Bußgeldbescheides durch das Arbeitsamt Z stand auch nicht die Einstellung des Verfahrens durch die Stadt W unter dem Gesichtspunkt der Bindungswirkung entgegen.
13In der Literatur wird eine Bindung der Verwaltungsbehörde an die Einstellung des Verfahrens nach § 47 OWiG bejaht, wenn diese nach Zustellung eines zuvor erlassenen Bußgeldbescheides und wirksamen Einspruch erfolgt ist, und zwar in dem Umfang, in dem ein gerichtlicher Einstellungsbeschluss Bindungswirkung entfaltet (vgl. Göhler, a.a.O., Rz. 30 zu § 47; KKOWiG-Bohnert, a.a.O., Rz. 30 zu § 47; Rebmann/S/Herrmann; a.a.O., Rz. 30 zu § 47; zweifelnd BayObLG, NZV 1999, 393f = NStZ-RR 1999, 308f = VRS 97 (1999), 174f = VersR 2000, 1164f). Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob dieser Auffassung zu folgen ist. Auch wenn man der Verwaltungsbehörde in einer derartigen Fallkonstellation die Befugnis zur Wiederaufnahme des Verfahrens nur unter eng umgrenzten Voraussetzungen - insbesondere bei Vorliegen neuer Tatsachen und Beweismittel im Sinne von § 211 StPO - zuspricht, war hier das Arbeitsamt Z nicht an die Einstellung durch die Stadt W gebunden. Unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensgrundsatzes (vgl. hierzu KKOWiG- Bohnert, a.a.O.) kann die Bindungswirkung einer Einstellung nach § 47 OWiG die Verwaltungsbehörde allenfalls in ihrer Befugnis beschränken, das Verfahren wiederaufzunehmen. Führen jedoch - wie hier - mehrere Verwaltungsbehörden wegen desselben Lebenssachverhaltes im Hinblick auf unterschiedliche durch dieselbe Tat begangene Ordnungswidrigkeiten Ermittlungen durch und hat der Betroffene aufgrund der erfolgten Anhörungen Kenntnis von beiden parallel laufenden Verfahren, kann der Betroffene bei Einstellung des Verfahrens durch eine der Verwaltungsbehörden nicht darauf vertrauen, dass von der Einstellung auch die von der anderen Verwaltungsbehörde verfolgte Zuwiderhandlung umfasst sein soll. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn - für den Betroffenen erkennbar - die einstellende Verwaltungsbehörde das Verfahren nachträglich auch auf den Ordnungswidrigkeitenvorwurf erstreckt hatte, auf den sich das Verfahren der anderen Verwaltungsbehörde bezog. Vorliegend sind keine Umstände ersichtlich, die ein Vertrauen des Betroffenen gerechtfertigt hätten, dass die Einstellung des Verfahrens durch die Stadt W auch den durch das Arbeitsamt Z erhobenen Vorwurf der ungenehmigten Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer einbeziehen sollte.
14III.
15Die aufgrund der Rüge der Verletzung materiellen Rechts durchgeführte Überprüfung des T- und Rechtsfolgenausspruchs des angefochtenen Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben.
16IV,
17Die Kostenentscheidung folgt aus der Anwendung der §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).