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Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 08.12.2016 (145 IN 518/12) in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 26.04.2017 abgeändert. Der Antrag der weiteren Beteiligten zu 1, dem Schuldner die beantragte Restschuldbefreiung zu versagen, wird zurückgewiesen.
Die durch den Versagungsantrag verursachten Kosten einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der weiteren Beteiligten zu 1 auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
2I.
3Über das Vermögen des Schuldners ist auf seinen Antrag, der mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung verbunden war, am 31.07.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zu 2 zum Insolvenzverwalter ernannt worden. Die weitere Beteiligte zu 1 hat eine Forderung angemeldet, die großenteils zur Tabelle festgestellt worden ist. Das Insolvenzverfahren dauert noch an.
4Mit Beschluss vom 03.05.2016 hat das Insolvenzgericht die Durchführung des Schlusstermins im schriftlichen Verfahren angeordnet und den Beteiligten Gelegenheit gegeben, bis zum 29.06.2016 zum Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung Stellung zu nehmen und, falls deren Versagung beantragt werde, innerhalb der Frist die Versagungsgründe glaubhaft zu machen.
5Die weitere Beteiligte zu 1 hat mit Schreiben vom 10.06.2016 (Bl. 267 GA) beantragt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen. Zur Begründung hat sie angeführt, der Insolvenzverwalter habe „den Schuldner um diverse Auskünfte u.a. auch hinsichtlich seines aktuellen Beschäftigungsverhältnisses gebeten. Gemäß dem vorliegenden Sachstandsbericht vom 20.03.2015 (habe) sich der Schuldner beim Insolvenzverwalter nicht (gemeldet). Im Sachstandsbericht vom 30.09.2015 (gebe) der Insolvenzverwalter die Kommunikation mit dem Schuldner als „äußerst dürftig“ an.“ Dem Schreiben war (nur) eine Kopie des Sachstandsberichts des Insolvenzverwalters vom 30.09.2015 beigefügt.
6Das Insolvenzgericht hat u.a. dem Schuldner mit Verfügung vom 07.07.2016 Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Antrag gegeben und dabei darauf hingewiesen, dass damit gerechnet werden müsse, dass das Gericht Tatsachen, die nicht ausreichend bestritten werden, als festgestellt behandele, wenn nicht die Unrichtigkeit offenkundig sei oder ernsthafter Anlass zu Zweifeln bestehe. Von der Gelegenheit zur Stellungnahme hat der Schuldner mit Anwaltsschriftsatz vom 02.08.2016, auf dessen Inhalt verwiesen wird, Gebrauch gemacht (Bl. 289 GA).
7Mit dem angefochtenen Beschluss vom 08.12.2016 (Bl. 311 GA), auf dessen Inhalt verwiesen wird, hat das Amtsgericht dem Schuldner die beantragte Restschuldbefreiung versagt.
8Gegen diese Entscheidung wendet sich der Schuldner mit seiner sofortigen Beschwerde vom 27.12.2016, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
9Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 26.04.2017 (Bl. 334 GA), auf den verwiesen wird, nicht abgeholfen und die Sache der Kammer als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
10II.
11Das Rechtsmittel des Schuldners ist als sofortige Beschwerde gemäß §§ 4, 290 Abs. 3 InsO, 567 ff. ZPO statthaft und auch sonst zulässig. Es hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Amtsgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts lagen und liegen die Voraussetzungen, unter denen dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen ist, nicht vor.
121.
13Auf das Verfahren sind die Vorschriften der Insolvenzordnung in der bis zum 30. Juni 2014 geltenden Fassung anzuwenden (Art. 103h EGInsO). Der Insolvenzantrag ist vor dem 1. Juli 2014, nämlich am 20. Juni 2012, beim Insolvenzgericht eingegangen.
142.
15Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Insolvenzgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Schuldner habe seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten im Insolvenzverfahren verletzt, denn er sei zumindest von Dezember 2014 bis März 2015 einer Beschäftigung nachgegangen, ohne dies dem Insolvenzverwalter anzuzeigen und ohne den pfändbaren Betrag seines Einkommens an den Insolvenzverwalter abzuführen, wodurch er der Insolvenzmasse monatlich 381,47 EUR vorenthalten und dem Verwalter auch nicht von sich aus, sondern erst nach mehrmaliger Aufforderung Auskunft gegeben habe. Auf die vom Schuldner ins Feld geführte ausstehende Genehmigung des Arbeitsvertrages durch die Kassenzahnärztliche Vereinigung komme es nicht an. Diese Pflichtverletzung sei auch zumindest grob fahrlässig, da der Schuldner sich darüber habe klar sein müssen, dass die Arbeitsaufnahme zu seinen wesentlichen Offenbarungspflichten gehört habe und er auch mehrfach angeschrieben und ermahnt worden sei. Auch auf eine Glaubhaftmachung der Pflichtverletzung durch die Versagungsantragstellerin komme es nicht an, weil die Nichtanzeige des Beschäftigungsverhältnisses unstreitig sei.
16Im Beschluss über die Nichtabhilfe vom 26.04.2017 hat das Amtsgericht ergänzt, die weitere Beteiligte zu 1 habe ihre Behauptung, der Schuldner habe Auskünfte hinsichtlich seiner aktuellen Beschäftigungsverhältnisse häufig erst verspätet erteilt mit der Folge, dass rückständige pfändbare Beträge nur verspätet und in Raten an die Insolvenzmasse abgeführt werden können, dadurch ausreichend glaubhaft gemacht, dass sie auf die Berichte des Insolvenzverwalters vom 06.03.2015 und 30.09.2015 verwiesen habe. Die Bezugnahme auf einen Verwalterbericht, aus dem sich konkrete Hinweise auf einen Versagungsgrund ergeben, reiche nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Glaubhaftmachung aus. Zulässigerweise sei auch der sonstige Akteninhalt in die Begründung einbezogen worden, denn die Amtsermittlungspflicht des Insolvenzgerichts setze ein, wenn – wie es hier zu bejahen sei – ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht ist. Nach diesem sonstigen Akteninhalt stehe fest, dass der Schuldner dem Insolvenzverwalter nicht unverzüglich mitgeteilt habe, wie es seine Verpflichtung gewesen wäre, dass er von Dezember 2014 bis März 2015 einer Beschäftigung in Form einer Ärztevertretung nachgegangen ist.
173.
18Die Versagung der Restschuldbefreiung erfolgte nicht auf einen zulässigen, von der weiteren Beteiligten zu 1 während des im schriftlichen Verfahren abgehaltenen Schlusstermins unter Glaubhaftmachung des Versagungsgrundes gestellten Antrag (§ 290 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 InsO). Zu Recht wendet der Schuldner ein, die Versagungsantragstellerin habe keine Tatsachen substantiiert und schlüssig vorgetragen und glaubhaft gemacht, die einen Versagungsgrund ergäben, weshalb der Versagungsantrag bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet sei. Die Bezugnahme auf die Sachstandsberichte des Insolvenzverwalters vom 20.03.2015 und 30.09.2015 war für die Darlegung eines Versagungsgrundes unzureichend, denn die beiden Sachstandsberichte enthielten im Wesentlichen lediglich pauschale Wertungen.
19a)
20Der Versagungsantrag ist auf § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO a.F. gestützt. Die Restschuldbefreiung ist hiernach durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat.
21b)
22Mit der Darlegung im Versagungsantrag, der Schuldner habe während des bisherigen Insolvenzverfahrens seine Obliegenheiten vorsätzlich verletzt und sei seinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nicht oder nur auf mehrfache Nachfragen des Insolvenzverwalters nachgekommen, sowie mit der weiteren Darlegung, der Insolvenzverwalter habe den Schuldner um „diverse Auskünfte u.a. auch hinsichtlich seines aktuellen Beschäftigungsverhältnisses gebeten“, der Schuldner habe sich beim Insolvenzverwalter nicht gemeldet und dieser gebe die Kommunikation mit dem Schuldner als „äußerst dürftig“ an, hat die weitere Beteiligte zu 1, die ihre Forderung als Insolvenzgläubigerin angemeldet hat, keine konkreten Tatsachen dargelegt, die eine Beurteilung zulassen würden, ob der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach der Insolvenzordnung vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. Aus diesem Vorbringen kann schon nicht entnommen werden, welche konkrete Auskunft der Insolvenzverwalter dem Schuldner „hinsichtlich seines aktuellen Beschäftigungsverhältnisses“ abverlangt hat. Auch dass der Schuldner sich beim Insolvenzverwalter nicht gemeldet habe und Letzterer die Kommunikation mit dem Schuldner als „äußerst dürftig“ bezeichnet habe, lässt nicht hinreichend erkennen, welche konkreten Auskünfte der Schuldner pflichtwidrig nicht erteilt haben soll und welche konkrete Mitwirkungshandlung unterblieben sein soll.
23Derartig konkrete Pflichtverletzungen des Schuldners ergeben sich auch nicht aus den in Bezug genommenen Sachstandsberichten des Insolvenzverwalters vom 20.03.2015 und 30.09.2015. Im Sachstandsbericht vom 20.03.2015 heißt es insoweit lediglich, der Schuldner melde sich trotz Mahnung überhaupt nicht mehr und lege demgemäß auch keine Einkommensnachweise vor. Nachdem der Insolvenzverwalter unter dem 11.08.2015 mitgeteilt hatte, dass der Schuldner zwischenzeitlich seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen sei, heißt es im Sachstandsbericht vom 30.09.2015 lediglich, die Kommunikation mit dem Schuldner sei – vorsichtig formuliert – äußerst dürftig. Zwar habe er, der Insolvenzverwalter, inzwischen die Lohnabrechnungen bis September 2015, es fehle ihm jedoch nach wie vor der Arbeitsvertrag. Außerdem seien bisher weder der Schuldner noch sein Arbeitgeber noch dessen Steuerberater in der Lage, die pfändbaren Anteile des Einkommens abzuführen. Er werde den Schuldner sehr eindringlich ein weiteres Mal schriftlich an seine Pflichten zur Zusammenarbeit erinnern. Im Schlussbericht des Insolvenzverwalters vom 26.04.2016 fehlt jeder Hinweis auf Pflichtverletzungen des Schuldners hinsichtlich seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflichten.
24Die Kammer vermag diesen weitgehend pauschalen und detailarmen Darstellungen nicht zu entnehmen, dass der Schuldner seinen Pflichten zur Auskunft und Mitwirkung nicht ausreichend gerecht geworden wäre. Es fehlen in dieser Darstellung insoweit schon die erforderlichen Anknüpfungstatsachen, die es z.B. hinsichtlich des Sachstandsberichtes vom 20.03.2015 erlauben würden, festzustellen, dass es Pflicht des Schuldners gewesen wäre, sich (unaufgefordert oder aufgefordert, wann?) beim Insolvenzverwalter zu melden und dort Einkommensnachweise vorzulegen.
25c)
26Auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, nach der sich der Antragsteller für den ihm obliegenden Sachvortrag zur Stützung seines Versagungsantrags auf einen Verwalterbericht beziehen kann, aus dem sich konkrete Hinweise auf einen Versagungsgrund ergeben (BGH, Beschluss vom 08.01.2009 – IX ZB 73/08, Rn. 6), kann sich die angefochtene Entscheidung nicht stützen. Aus dem Verwalterbericht ergeben sich im vorliegenden Fall keine konkreten Hinweise auf einen Versagungsgrund. In dem vom BGH a.a.O. entschiedenen Fall hatte der ab dem 1. April bis zum 17. Dezember 2003 abhängig beschäftigte Schuldner während des gesamten Jahres 2003 auf schriftliche Anfragen des Insolvenzverwalters zu seinen finanziellen Verhältnissen nicht reagiert. Er hatte weder die Beschäftigungsaufnahme noch den erzielten Verdienst mitgeteilt. Angaben zu seinen Bezügen im Jahre 2003 machte er erstmals am 18. Januar 2004 nach Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit zum Jahresbeginn 2004. Derart konkrete Tatsachen enthielten die Sachstandsberichte des Insolvenzverwalters im vorliegenden Fall nicht.
27d)
28Der Umstand, dass im weiteren Verfahrensgang letztlich unstreitig geworden ist, dass der Schuldner von Dezember 2014 bis März 2015 eine Vertretung übernommen hatte und diesen Umstand zunächst dem Insolvenzverwalter nicht angezeigt hatte, kann hier, nämlich bei der Prüfung der Schlüssigkeit des Versagungsantrages, keine Berücksichtigung finden. Die Gläubigerautonomie verbietet es, dass das Gericht seine Versagungsentscheidung von Amts wegen auf Umstände stützt, die der Gläubiger zur Begründung seines Versagungsantrags nicht geltend gemacht hat (BGH, Beschluss vom 25.10.2007 - IX ZB 187/03; Uhlenbruck/Sternal, InsO, 14. Aufl., § 290 Rn. 17).
29e)
30Fehlen also im Versagungsantrag und in den dort in Bezug genommenen Sachstandsberichten des Verwalters hinreichende konkrete Tatsachen, die die Voraussetzungen eines Versagungsgrundes ausfüllen, kommt es auf die Frage einer ausreichenden Glaubhaftmachung dieser Tatsachen nicht mehr an. Insoweit ist lediglich anzumerken, dass eine Glaubhaftmachung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur dann entbehrlich ist, wenn die im Versagungsantrag und in den dort in Bezug genommenen Sachstandsberichten des Verwalters enthaltenen Tatsachendarstellungen vom Schuldner im Schlusstermin oder (im Falle des schriftlichen Verfahrens) in der ihm gesetzten Frist nicht bestritten worden sind (BGH, Beschluss vom 08.01.2009 – IX ZB 73/08, Rn. 6). Das kann aber nicht auf den hier anders gelagerten Fall übertragen werden. Das Insolvenzgericht hat das Verfahren im vorliegenden Fall anders gestaltet, indem es einerseits einen dem Schlusstermin gleichstehenden Termin, bis zu dem vorgetragen werden durfte, auf den 29.06.2016 bestimmt hat, andererseits u.a. dem Schuldner mit Verfügung vom 07.07.2016 Gelegenheit zur Stellungnahme zum Versagungsantrag mit einer Frist von 2 Wochen eingeräumt hat. Bis zu dem Zeitpunkt, der dem Schlusstermin gleichsteht, lag deshalb keine Erklärung des Schuldners zu den (ohnehin unzureichenden) Tatsachen vor, auf die der Versagungsantrag gestützt wurde. Er kannte den Versagungsantrag am 29.06.2016 nicht. Damit konnte aber in diesem entscheidenden Zeitpunkt der Inhalt des Versagungsantrags nicht unstreitig sein. Eine Glaubhaftmachung war deshalb nicht entbehrlich.
31Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach jüngster höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 8. März 2018 – IX ZB 12/16) das vom Insolvenzgericht gewählte Verfahren wohl nicht beanstandungsfrei ist. Denn hiernach ist ein einheitliches Ende der Frist zu setzen, innerhalb derer zur Frage der Restschuldbefreiung vorgetragen werden kann. Wird wie hier das schriftliche Verfahren angeordnet, muss deshalb – wie im Falle des § 128 Abs. 2 ZPO – ein dem Schlusstermin entsprechender, für alle Verfahrensbeteiligten einheitlicher Zeitpunkt bestimmt werden, bis zu dem Anträge gestellt und Stellungnahmen abgegeben werden können (a.a.O. Rn. 12). Dem hat das Insolvenzgericht zwar ursprünglich mit der Bestimmung des 29.06.2018 als Fristende für alle Beteiligten Rechnung getragen. Die Einräumung einer weiteren Frist zur Stellungnahme mit Verfügung vom 07.07.2018 ist damit aber nicht vereinbar.
32f)
33Fehlt es aber an einer schlüssigen Darlegung und Glaubhaftmachung eines Versagungsgrundes, setzt die Amtsermittlungspflicht des Insolvenzgerichts nicht ein (BGH, Beschluss vom 11.09.2003 – IX ZB 37/03), so dass sich eine Auswertung des sonstigen Akteninhalts auf weitere Tatsachen, die einen Versagungsgrund ergeben könnten, verbietet. Mithin konnte der Versagungsantrag keinen Erfolg haben.
344.
35Das Insolvenzgericht ist allerdings – ohne dass es für die Entscheidung noch darauf ankäme - zutreffend davon ausgegangen, dass der Schuldner verpflichtet gewesen ist, dem weiteren Beteiligten zu 2 die Aufnahme der Vertretungstätigkeit im Dezember 2014 unverzüglich anzuzeigen und den pfändbaren Teil seiner Bezüge für Dezember 2014 bis März 2015, die er trotz Pfändbarkeit vereinnahmt hatte, an den weiteren Beteiligten zu 2 abzuführen.
36Nach § 97 InsO ist der Schuldner verpflichtet, seine aktuellen Einkünfte dem Insolvenzverwalter unverzüglich mitzuteilen. Ein Zuwiderhandeln hiergegen kann den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO begründen (BGH, Beschluss vom 31.07.2013 - IX ZB 37/12 m.w.N.). Wäre der Schuldner dieser Verpflichtung ordnungsgemäß nachgekommen, hätte der Verwalter, wovon das Insolvenzgericht stillschweigend mit Recht ausgegangen ist, auch für die rechtzeitige Abführung des hier in Rede stehenden Betrages gegenüber dem Arbeitgeber des Schuldners Sorge tragen können.
37Der angeführte Betrag aus dem Arbeitseinkommen des Schuldners gehörte, weil pfändbar, zur Masse (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2007 - IX ZB 99/05, WM 2008, 256 Rn. 7). Der Schuldner hat seinen Neuerwerb, soweit er pfändbar ist, an den Insolvenzverwalter abzuführen (vgl. Pape/Uhländer, InsO, § 287 Rn. 22). Auch dieser Verpflichtung ist der Schuldner nicht nachgekommen. Hierbei handelt es sich um eine Mitwirkungsverpflichtung im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO (AG Bonn, ZInsO 2006, 49; FK-InsO/Ahrens, aaO Rn. 59). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass die Verletzung einer Abführungspflicht des Schuldners im Insolvenzverfahren eine Mitwirkungsverletzung nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO begründen kann (BGH a.a.O.)
385.
39Die Mitwirkungspflichtverletzung des Schuldners muss nicht zu einer konkreten Gläubi-gerbeeinträchtigung geführt haben. Nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung genügt, dass die Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach ihrer Art geeignet ist, die Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu gefährden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 2009 - IX ZB 73/08, WM 2009, 515 Rn. 10; vom 16. Dezember 2010 - IX ZB 63/09, WM 2011, 176 Rn. 5; vom 19. Mai 2011 - IX ZB 142/11, ZInsO 2011, 1223 Rn. 7). Bei auf die Masse bezogenen Abführungspflichten, wie sie hier in Rede stehen, ist dies offensichtlich.
406.
41Schließlich wäre für den Fall, dass entgegen der vorstehenden Ausführungen von einem zulässigen Versagungsantrag auszugehen und mithin von einem zu bejahenden Versagungsgrund auszugehen wäre, zu beachten, dass der verfassungsrechtlich gebotene Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 8. Januar 2009, aaO Rn. 21; vom 2. Juli 2009 - IX ZB 63/08, ZVI 2009, 510 Rn. 15) gerade im vorliegenden Fall besonderer Beachtung bedarf. Wo die Wesentlichkeitsgrenze verläuft, ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig (BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2004 - IX ZB 132/04, NZI 2005, 233, 234; vom 7. Oktober 2010 - IX ZA 29/10, ZVI 2011, 105 Rn. 7). Es kann nur anhand des Gesamtbildes, das sich aus dem Verhalten des jeweiligen Schuldners ergibt, beurteilt werden, ob er trotz Vorliegens eines der von § 290 Abs. 1 InsO erfassten Verstöße noch als redlich angesehen werden kann (BGH, vom 7. Oktober 2010, aaO). Eine solche Gesamtbetrachtung hat das Insolvenzgericht nicht angestellt, was allerdings nach der Rechtsauffassung des Insolvenzgerichts geboten gewesen wäre. In einer solchen Gesamtbetrachtung wäre es zu Lasten des Schuldners insbesondere zu berücksichtigen, wenn er, was allerdings weiterer Feststellungen bedurft hätte, (mehrfachen) Aufforderungen des Insolvenzverwalters, eine Arbeitsaufnahme unverzüglich anzuzeigen und die zu Unrecht vereinnahmten Beträge abzuführen, nicht nachgekommen wäre. Dagegen wäre zugunsten des Schuldners insbesondere zu berücksichtigen, dass er offenbar seit zumindest September 2015 seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten beanstandungsfrei erfüllt und sich nach Kräften um die nachträgliche Abführung der zu Unrecht vereinnahmten Beträge bemüht und hierbei auch schon offenbar nennenswerte Fortschritte erzielt hat.
42III.
43Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 4 InsO, 91, 97 ZPO.
44Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, denn Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stehen nicht zur Entscheidung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, § 574 ZPO.