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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
2Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung und Buchhaltung im Rahmen eines Steuerberatermandats in Anspruch.
3Sie ist im Gastronomiegewerbe tätig und wurde seitens des zuständigen Finanzamts mit Schreiben vom 14.07.1995 darauf hingewiesen, dass Sonn-, Nacht- und Feiertagszuschläge nicht von dem an die Arbeitnehmer auszuzahlenden Lohn abgesetzt werden konnten, um sodann nur nach dem ermäßigten Betrag Lohnsteuer abzuführen und des Weiteren beabsichtigt war, die auf die einzelnen Kellner entfallenden Trinkgeldbeträge auf 3,5 % des von ihnen erzielten Umsatzes zu schätzen, da die der Klägerin von den Arbeitnehmern insoweit gemachten Angaben nicht glaubhaft
4erschienen. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung betreffend einen PrüfungsZeitraum vom 01.01.1995 bis zum 31.05.1998 vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Trinkgelder auf 2 % des auf den jeweiligen Kellner entfallenden Umsatzes zu schätzen waren. Ferner beanstandete es, dass die Zuschläge aus der Endvergütung herausgerechnet wurden und damit nicht steuerfrei bleiben durften. Schließlich wurden im Rahmen dieser Lohnsteueraußenprüfung und sich anschließenden Gesprächen Unregelmäßigkeiten bei der Gehaltsauszahlung an die Gesellschafter/Geschäftsführer der Klägerin festgestellt. Nachdem in der Folge eine tatsächliche Verständigung 2wischen der Klägerin und dem Finanzamt erzielt werden konnte, erging unter dem 20.07.2001 ein Haftungsbescheid über 61.457,00 DM sowie unter dem 11.09.2001 ein solcher über 27.500,00 DM gegen die Klägerin. Der erste Haftungsbescheid betraf die Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit der Arbeitnehmer der Klägerin, der zweite die Übernahme von Mehrsteuern für Trinkgeldzahlungen sowie solcher für Zuschläge betreffend die Gesellschafter der Klägerin. Die mit den Haftungsbescheiden eingeforderten Beträge wurden seitens der Klägerin beglichen; die eigentlichen Nachforderungen des Finanzamts vor der erzielten tatsächlichen Verständigung lagen um einiges über den tatsächlich nachentrichteten Steuern, Versuche der Klägerin, die erhobenen Lohnsteuernachforderungen des Finanzamts bei den Arbeitnehmern oder den Gesellschaftern zu regressieren, erfolgten nicht.
5Die Klägerin behauptet, die Beklagten seien umfassend mandatiert gewesen und hätten Einsicht in die gesamten Abrechnungsunterlagen einschließlich aller Arbeitsverträge gehabt. Ihre Tätigkeit habe sich auch auf die steuerrechtliche Gestaltung eines Arbeitsvertrags bei Einstellung eines neuen Mitarbeiters bezogen und sich nicht lediglich auf die steuerliche Abwicklung geschlossener Arbeitsverträge beschränkt. Die Lohnbuchhaltung diesbezüglich sei in den Jahren
61995 bis 1997 fehlerhaft durchgeführt worden. Sofern die Lohnbuchhaltung ordnungsgemäß erledigt und die Steuern nach den vereinbarten Bruttolöhnen berechnet sowie Zuschläge tatsächlich bezahlt worden wären, wären die Haftungsbescheide gegenüber der Klägerin nicht ergangen. Hinsichtlich der Bezüge der Gesellschafter, die der Höhe nach im fraglichen Zeitraum variiert hätten, sei alle drei Jahre eine Überprüfung erforderlich gewesen und jede Veränderung hätte per Beschluss erfolgen müssen, was nicht geschehen sei. Die Beklagten seien gerade mit Rücksicht auf die früheren Beanstandungen des Finanzamts mit der Lohnbuchhaltung beauftragt worden und das diesbezügliche Schreiben des Finanzamts vom 14.07.1995 sei ihnen bekannt gewesen, so dass sie dies zum Anlass hätten nehmen müssen, die zuvor von der Klägerin selbst praktizierte Abrechnung der Zuschläge entsprechend der Ansicht des Finanzamts zu ändern. Nachdem die Klägerin 1998 einen neuen Steuerberater mandatiert habe, sei es zu keinen weiteren Beanstandungen des Finanzamts mehr gekommen.
7Hinsichtlich der Nachversteuerung von Trinkgeldern habe der Fehler der Beklagten darin bestanden, die Klägerin nicht darauf hingewiesen zu haben, dass die den Abrechnungen der einzelnen Mitarbeiter zugrunde gelegten und aus Trinkgeldern resultierenden Einnahmen zu gering gewesen seien und der Üblichkeit nicht entsprochen hätten, so dass eine entsprechende Nachversteuerung zu erwarten gewesen sei. Sofern ein diesbezüglicher Hinweis erfolgt wäre, wären die entsprechenden Lohnsteuerzahlungen seitens der Klägerin im erforderlichen Umfang erfolgt und es so nicht zu dem Schaden in Höhe von 10,000,00 DM in Gestalt nachversteuerter Trinkgelder gekommen. Mit ihren Mitarbeitern habe die Klägerin - soweit diese in den Bescheiden des Finanzamts erfasst worden seien - Bruttolohnvereinbarungen getroffen.
8Auch bei den Arbeitsverträgen mit den Eheleuten T selbst habe es sich nicht um Nettolohnarbeitsverträge gehandelt.
9Rückgriffsansprüche gegenüber ihren Mitarbeitern seien rein theoretischer Natur und könnten aufgrund tarifvertraglicher Ausschlussfristen nicht mehr geltend gemacht werden. Hinsichtlich der Eheleute T hätten sich aufgrund der fehlerhaften Abrechnungsmethode der Beklagten erhebliche Lohnsteuernachzahlungen ergeben, worin ein Schaden der Klägerin zu sehen sei.
10Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,
11die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 29.885,38 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 13.12.2002 zu zahlen,
12die Beklagte zu 3) zu verurteilen, an die Klägerin
1315.597.61 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 13.12.2002 zu zahlen.
14Nachdem die Klägerin die Klage gegenüber dem Beklagten zu 2) (A ) zurückgenommen hat, beantragt sie nunmehr,
15den Beklagten zu 1} zu verurteilen, an die Klägerin 29.885,38 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 13.12.2002 zu zahlen,
16die Beklagte zu 3) zu verurteilen, an die Klägerin
1715.597.61 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 13.12.2002 zu zahlen.
18Die Beklagten beantragen,
19die Klage abzuweisen.
20Sie erheben zunächst die Einrede der Verjährung. Sie behaupten, es fehle an einem Schaden der Klägerin und die Lohnbuchhaltung
21sei nicht fehlerhaft geführt worden. So seien bereits alle Unterlagen dem nachmandatierten Steuerberater übergeben worden, so dass die Buchungen für die Beklagten nicht nachvollziehbar seien. Hinsichtlich der Trinkgeldernachversteuerung werde bereits nicht dargelegt, wie diese durch eine Pflichtverletzung der Beklagten entstanden sein sollten. Es sei nicht Aufgabe oder Pflicht der Beklagten gewesen, als Steuerberater die Angaben der Beschäftigten der Klägerin im Hinblick auf die Höhe der von ihnen vereinnahmten Trinkgelder zu überprüfen oder anzuzweifein, wobei auch die Klägerin als Arbeitgeberin eine solche Prüfungspflicht nicht treffe. Infolge dessen hafte auch der Arbeitgeber nicht für die Lohnsteuer, die er infolge unvollständiger oder unrichtiger Angaben des Arbeitnehmers zu wenig einbehalten habe. Selbst wenn die Lohnbuchhaltung seitens der Beklagten fehlerhaft erledigt worden wäre, liege ein Schaden der Klägerin nicht vor, da die nacherhobenen Steuern ohnehin zu zahlen gewesen seien. Da die Klägerin überwiegend Nettolohnvereinbarungen mit ihren Angestellten getroffen habe, sei sie allein Haftende gewesen. Soweit in geringem Umfang Bruttolohnvereinbarungen bestanden hätten, seien Schuldner der Einkommenssteuer zwar die Angestellten, dort habe die Klägerin jedoch zu wenig einbehaltene Lohnsteuer regressieren können, was insbesondere für die Gehälter der Gesellschafter/Geschäftsführer der Klägerin gelte. Die Beklagten vertreten schließlich die Ansicht, die Berechnung der Klageforderung hinsichtlich der einzelnen streitbefangenen Jahre sei willkürlich.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands, insbesondere hinsichtlich der Schadensberechnung der Klägerin, wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
25Zwar wären etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin nicht nach § 68 StberG verjährt, da der Bundesgerichtshof seine gefestigte Rechtsprechung zum Verjährungsbeginn nach Außenprüfung aufgegeben hat und nunmehr darauf abzustellen ist, wann der belastende Steuerbescheid zugegangen ist. Die Haftungsbescheide datieren vom 20.07.2001 (Bl. 27 und 3 0 d. GA) sowie vom 11.09.2001 (Bl. 32 d. GA}, so dass die erhobene Verjährungseinrede nicht verfängt.
26Nach § 38 Abs. 2 S. 1 EStG ist der Arbeitnehmer Schuldner der Lohnsteuer, wobei der Arbeitgeber nach Abs. 3 die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten hat und nach Abs. 1 S. 2 der Lohnsteuer auch der im Rahmen des Dienstverhältnisses üblicherweise von einem Dritten für eine Arbeitsleistung gezahlte Arbeitslohn der Lohnsteuer unterliegt. Danach erfüllen freiwillig gegebene Trinkgelder den Lohnbegriff und unterliegen dem Lohnsteuerabzug, wenn der Arbeitgeber in ihre Verteilung einbezogen ist. Sofern der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer über die Trinkgelder in Kenntnis gesetzt wurde, muss er die Lohnsteuer einbehalten und haftet insoweit. Da den Arbeitnehmer die Lohnsteuerlast trifft - Ausnahme: Nettolohnvereinbarung steht dem Arbeitgeber, wenn er als Haftender in Anspruch genommen worden ist, ein Rückgriffsanspruch gegen den Arbeitnehmer zu, wobei der Arbeitnehmer keine Einwendungen gegen den Regress des Arbeitgebers geltend machen, sondern seine Rechte gegenüber dem Finanzamt geltend machen muss und diese Ansprüche des Arbeitgebers von tariflichen Ausschlussfristen erfasst werden können (Schmidt-Dreseck, EStG, § 42 d Rdnr. 64).
27Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin unabhängig von der Verjährung und auch der Frage einer Pflichtverletzung der Beklagten einen ihr entstandenen Schaden in geltend gemachter Höhe, welcher allein von den Beklagten zu vertreten wäre, weder hinsichtlich der Trinkgeldnachversteuerung noch in Bezug auf die Zuschläge für Sonntags-, Nacht- und Feiertagsarbeit betreffend ihre Mitarbeiter oder ihre Gesellschafter selbst schlüssig dargetan.
28Zu der Trinkgeldnachversteuerung vertritt die Klägerin die Ansicht, der Fehler der Beklagten habe darin bestanden, nicht darauf hinzuweisen, dass die den Abrechnungen der einzelnen Mitarbeiter zugrunde gelegten und aus Trinkgeldern herrührenden Einnahmen zu gering gewesen seien und nicht der Üblichkeit entsprochen hätten, so dass eine entsprechende Nachversteuerung habe erwartet werden müssen. Wäre ein diesbezüglicher Hinweis seitens der Beklagten erfolgt, so wären die entsprechenden Lohnsteuerzahlungen seitens der Klägerin in dem erforderlichen Umfang erfolgt und es nicht zu dem Schaden in Höhe einer Nachzahlung von 10.000,00 DM für Trinkgelder gekommen. Eine diesbezügliche Überprüfungspflicht seitens der Beklagten hinsichtlich der unstreitig seitens der Mitarbeiter der Klägerin gemachten Angaben zu den von ihnen vereinnahmten Trinkgeldern unterstellt, hätte es der Klägerin oblegen, die diesbezügliche Lohnsteuer einzubehalten und die entsprechenden Forderungen wären ebenso entstanden, wie sie jetzt von Seiten des Finanzamts - lediglich später und im Wege des Haftungsbescheids - geltend gemacht und erhoben wurden. Ein etwaiger Schaden der Klägerin liegt daher entgegen ihrem Vortrag nicht in der diesbezüglichen Nachzahlung in Höhe von 10.000,00 DM.
29Sofern die Klägerin im Weiteren darauf abhebt, es seien sowohl mit ihren Mitarbeitern als auch mit ihren Gesellschaftern/Geschäftsführern Bruttolohnvereinbarungen getroffen worden, so dass die Lohnsteuer eigentlich seitens des Arbeitnehmers zu entrichten gewesen sei und hinsichtlich ihrer Gesellschafter zusätzliche Lohnsteuern zu leisten gewesen seien, geht auch dies fehl.
30Wie bereits dargestellt, trifft - den streitigen Klägervortrag zu ausschließlichen Bruttolohnvereinbarungen als richtig unterstellt - die Lohnsteuerlast den Arbeitnehmer, gegenüber welchem dem Arbeitgeber ein Rückgriffsanspruch zusteht, wenn er als Haftender in Anspruch genommen worden ist. Wenngleich dieser Rückgriffsanspruch durch tarifvertragliche Ausschlussfristen hinsichtlich der Mitarbeiter der Klägerin beschränkt wird, hat sie einen Schaden nicht schlüssig dargetan, da sie unstreitig nicht versuchte, die ihr zustehenden Regressansprüche bei den betroffenen Mitarbeitern auch nur anzumelden, geschweige denn durchzusetzen. Ihr weiteres Vorbringen in diesem Zusammenhang, es sei natürlich völlig unsicher, ob die Inanspruchnahme eines Arbeitnehmers mit Aussicht auf Erfolg vorgenommen werden könne und die Führung entsprechender Prozesse sei von vornherein unwirtschaftlich und kostenintensiv, ist demgegenüber unerheblich, da - wie bereits dargetan - sie nicht einmal an die entsprechenden Mitarbeiter herangetreten ist.
31Nichts anderes gilt hinsichtlich der Eheleute T als Gesellschafter der Klägerin selbst. Auch insoweit den klägerischen Vortrag zum Abschluss von Bruttolohnarbeitsverträgen als richtig unterstellt, hat die Klägerin einen Schaden nicht schlüssig dargelegt. Die hier nacherhobene Lohnsteuer wäre auch im Fall - streitiger - von Anfang an richtiger Sachbehandlung seitens der Beklagten angefallen. Dazu, dass auch insoweit eine Regressforderung uneinbringlich wäre bzw. zumindest geltend gemacht wurde, fehlt es an jeglichem Vortrag.
32Die Klage unterlag daher nach Teilrücknahme gegenüber dem Beklagten zu 2) insgesamt der Abweisung.
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
34Soweit die Klägerin die Klage gegenüber dem Beklagten zu 2) mit Schriftsatz vom 03.02.2003 zurückgenommen hat, sind ihr die diesbezüglichen Kosten mit Beschluss vom 05.02.2003 auferlegt worden.
35Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
36Der Vortrag im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 28.02.2003 rechtfertigt nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
37Hinsichtlich der Fälligkeit von Erstattungsforderungen im Zusammenhang mit tarifvertraglichen Ausschlussklauseln stellt auch die Klägerin auf den Zeitpunkt der Zustellung der Haftungsbescheide ab.
38Streitwert: 45.482,99 €