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Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 27.01.2000 (Aktenzeichen 2 O 32/00) wird aufgehoben und der Ver-fügungsantrag abgewiesen.
Die Vollstreckung aus dieser einstweiligen Verfügung wird mit sofortiger Wirkung eingestellt.
Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfah-rens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
2Die Verfügungsbeklagte ist Alleinerbin des am 28.10.1962 verstorbenen L, der als Eigentümer des in Band 4, Blatt 108 im Grundbuch von G1 eingetragenen Grundbesitzes war; dazu zählte unter anderem das Flurstück X. Wegen unangemeldeten Verlassens der DDR wurde L entschädigungslos enteignet und am 08.11.1956 in Abt. I des Grundbuchs als Rechtsträger die "Regierung der Deutschen Demokratischen Republik - Ministerium des Inneren - Berlin" eingetragen. Am 29.11.1961 ging die Rechtsträgerschaft des Ministeriums des Inneren an die "Staatliche Flughafenverwaltung, Berlin, Zentralflughafen G1 (INTERFLUG)" über. In der Folgezeit wurde das Flurstück X durch Teilvermessungen vielfach geteilt, u.a. in das Teilstück 575/6, aus dem 1995 u.a. die vorliegend interessierenden Teilstücke 575/8 und 575/10 entstanden. Die Verfügungsbeklagte meldete im Jahre 1990 Ansprüche auf Rückübertragung des seinerzeit enteigneten Grundbesitzes an.
31.
4Im Oktober 1990 erklärte die Treuhandanstalt Berlin in einer Vorbemerkung zu einem Betriebspachtvertrag zwischen der "INTERFLUG Gesellschaft für internationalen Luftverkehr - später i.L. (INTERFLUG) - und der "Flughaften C GmbH (Flughafengesellschaft)":
5"Die Treuhandanstalt Berlin ist alleinige Gesellschafterin der INTERFLUG und der Flughafengesellschaft. Im Rahmen des von der Treuhandanstalt verabschiedeten Entflechtungskonzeptes für die INTERFLUG soll der von der INTERFLUG betriebene Flughafen C in die Flughafengesellschaft eingebracht werden. Bis die INTERFLUG rechtlich in der Lage ist, über ihren zum Flughaften C gehörenden Grundbesitz zu verfügen, wird der Flughafen C an die Flughafengesellschaft verpachtet. Gleichzeitig hat die INTERFLUG in einer gesonderten Urkunde gegenüber der Flughafengesellschaft ein Angebot auf Übertragung des Flughafengrundstücks C an die Flughafengesellschaft abgegeben.
6Der Flughafengesellschaft ist bekannt, dass INTERFLUG den aufgrund dieses Betriebspachtvertrages verpachteten Grundbesitz bisher nur genutzt hat. Die Parteien und die Treuhandanstalt gehen davon aus, dass INTERFLUG gemäß 11 Abs. 2 Treuhandgesetz (auch in Verbindung mit der 5. DVO) Eigentümerin des Grundbesitzes geworden ist."
7Vor diesem Hintergrund veräußerte die INTERFLUG mit notariellem Kaufvertrag vom 12.12.1991 Teilstücke des Flurstücks 575/6, darunter die späteren Flurstücke 575/8 und 575/10 an die Flughafengesellschaft. Mit notariellem Kaufvertrag vom 28.07.1993 veräußerte die Treuhand eine unbebaute Teilfläche des Flurstücks 575/6 zum Preise von 250,00 DM pro qm (= 683.750,00 DM) an einen Investor. Die Veräußerung erfolgte unter dem Vorbehalt, dass entweder die Antragsgegnerin des vorliegenden Verfahrens bzw. deren Rechtsnachfolger seine Zustimmung erkläre oder zugunsten des Investors ein Investitionsvorrangbescheid ergehe.
82.
9Am 31.10.1991 schloss die "Veräußerer" genannte Verfügungsbeklagte mit ihrem als "Erwerber" bezeichneten Sohn La vor dem Notar Dr. G2 in N folgenden Schenkungsvertrag:
10"I.
11Der Veräußerer überträgt hiermit dem dies annehmenden Erwerber:
12Dem Erwerber ist bekannt, daß das Eigentum an den vorstehend zu a) übertragenen Parzellen Flur X, durch Bescheid des Landkreises L2 vom 17. Juli 1991 an den Veräußerer übertragen wurde. Im genannten Bescheid ist die sofortige Vollziehung angeordnet. Ein Grundbuchauszug, wonach Frau L als Eigentümerin der genannten Grundstücke im Grundbuch eingetragen ist, liegt nicht vor.
15Dem Erwerber ist weiterhin bekannt, daß hinsichtlich der vorstehend zu b) übertragenen Grundstücke Flur X, ein Bescheid, wonach das Eigentum an Frau L übertragen wird, noch nicht vorliegt. Ein entsprechender Antrag ist jedoch gestellt. Die von Frau L geltend gemachten Ansprüche werden nunmehr auch vom Erwerber bestätigt. Ein Grundbuchauszug liegt zur Zeit noch nicht vor.
16Frau L überträgt ihre sämtlichen Ansprüche hinsichtlich des vorstehend übertragenen Grundbesitzes an ihren Sohn, Herrn L3. Herr L3 tritt in bestehende Verpflichtungen ein ...".
17Den Verkehrswert des übertragenen Grundbesitzes gaben die Parteien zum Zwecke der Kostenberechnung mit 500.000,00 bis 550.000,00 DM an.
183.
19Zugleich als vollmachtloser Vertreter seiner Mutter handelnd kaufte L3 (im folgenden "Erschienener zu 1") mit Vertrag vom 30.11.1993 vor dem Notar Prof. Dr. O, von der Flughafen C GmbH zum Preise von 2.000.000,00 DM u.a. drei unvermessene Teilstücke des Flurstücks xx. Im Vertrag heißt es u.a.:
20"Vorbemerkung:
211.
22Im Grundbuch von G1, Blatt 166, ist im Bestandsverzeichnis zu lfd. Nr. 31 das in der G1, Flur X, belegene Flurstück X/6 mit einer Größe von 73.174 qm eingetragen. In Abt. I des Grundbuchs ist hinsichtlich dieses Grundstücks das "Eigentum des Volkes, Rechtsträger: Interflug Gesellschaft für Internationalen Flugverkehr mbH" (im folgenden auch kurz "Interflug" genannt) eingetragen.
23Die Präsidentin der Treuhandanstalt hat mit Bescheid vom 31.03.1993 das Eigentum an Teilflächen des Flurstücks 575/6 Interflug zugeordnet. In dem diesem Vertrag als Karten-Nr. 1 beigefügten Lageplan sind diese Teilflächen umrandet und punktiert, die innerhalb der äußeren Umrandung ausgesparte Fläche Nr. 3, die ihrerseits umrandet, aber nicht punktiert ist, gehört nicht dazu.
24Der Erschienene zu 2) erklärt hierzu, daß zwischenzeitlich die Flughafen C GmbH wiederum ein Trennstück dieses Grundstücks durch notariellen Kaufvertrag von Interflug erworben habe. Der Kaufvertrag ist noch nicht durchgeführt, weil zunächst die von der Präsidentin der Treuhandanstalt Dritten zugeordneten Teilflächen des Flurstücks xx ausgemessen werden müssen.
25Dieses letztere Trennstück wird nachstehend unter Ziffer I 17 des Kaufvertrages näher umschrieben.
26Die nach dem Ausscheiden von dem Trennstück gemäß Karten-Nr. 1 und dem zuletzt erwähnten, nachstehend unter Ziffer I 17 des Kaufvertrages näher umschriebenen Trennstücke verbleibende Teilfläche des mit Bescheid der Präsidentin der Treuhandanstalt vom 31.03.1993 der Interflug zugeordneten Grundbesitzes wird nachstehend in dieser Ziffer als Grundstück bezeichnet.
27Dieses zuletzt genannte Grundstück ist bebaut mit einem elfgeschossigen gewerblich genutzten Wohnheim mit weiteren vier elfgeschossigen Wohnhäusern , einer Kaufhalle, die zur Zeit ungenutzt ist, zur Zeit gewerblich vermieteten Baracken, Garagenanlagen sowie einem dreigeschossigen Bürohaus das zur Zeit an die M AG vermietet ist ...".
28" ...
29Die von dem Erschienenen zu 1) Vertretene hat Ansprüche nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen hinsichtlich der Flurstücke xx, ... sowie wegen weiterer Grundstücke beim Amt zur Regelung offener Vermögensfragen in L2 geltend gemacht ...".
30" ...
31Die von dem Erschienenen zu 1) Vertretene, Frau L, hat mit Schenkungsvertrag vom 31.10.1991 (UR-Nr. #####/####des Notars Dr. G2, N) ihre Ansprüche auf Rückübertragung u.a. der Flurstücke xx an den Erschienenen zu 1) abgetreten. Die Parteien verzichten auf Verlesung und Beischluß des Schenkungsvertrages.
32Mit Rücksicht darauf, daß aus heutiger Sicht die Wirksamkeit der Abtretung vom 31.10.1991 nicht zweifelsfrei feststeht, genehmigt der Erschienene zu 1) vorsorglich im eigenen Namen alle Erklärungen und Verfügungen, die er im folgenden für Frau L abgibt und vornimmt.
33Dies vorausgeschickt, erklären die Erschienenen folgenden
34K A U F V E R T R A G
35schließen zu wollen:
36I.
37Die Flughafen C GmbH (nachstehend auch "der Verkäufer" genannt) verkauft an die von dem Erschienenen zu 1) vertretene Frau L (nachstehend auch "der Käufer" genannt) die in der Vorbemerkung zu Ziff. 2 und 4 genannten Flurstücke ... sowie ferner die in der Karten-Nr. 2 umrandeten und punktierten mit A, B und C gekennzeichneten Trennstücke des Flurstücks 575/6 mit einer angenommenen Gesamtgröße von ca. 23.400 qm (nachstehend auch kurz "Grundbesitz" genannt) an die von dem Erschienenen zu 1) Vertretene (nachstehend auch "der Käufer" genannt). Die einzelnen Teilflächen des Flurstücks xx sollen nach den Annahmen der Vertragsteile folgende Größe aufweisen:
38A: 800 qm; B: 3.700 qm; C: 18.900 qm ...".
39Unter Punkt 17 des Kaufvertrages ist vereinbart,
40"Der Käufer bevollmächtigt den Verkäufer unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, beim zuständigen Amt zur Regelung offener Vermögensfragen den vom Käufer gestellten Antrag auf gegenständliche Rückgabe des in der Karten Nr. 9 durch Umrandung und Punktierung gekennzeichneten Grundbesitzes (wiederum ohne das darin gelegene mit Nr. 3 bezeichnete umrandete, aber nicht punktierte Trennstück) sowie des Flurstücks xx dahin umzustellen, daß auf eine solche gegenständliche Rückgabe verzichtet und anstatt dessen Entschädigung in Geld beantragt wird (gemäß § 8 VermG)...".
41Mit notarieller Urkunde des Notars Prof. Dr. O vom 08.12.1993 genehmigte die Verfügungsbeklagte alle in der Urkunde vom 30.11.1993 abgegebenen Erklärungen ihres Sohnes und wies die in der Urkunde genannten Bevollmächtigten an, "die Auflassung von mir in Ziffer I der Urkunde erworbenen Flur- und Trennstücke zu gegebener Zeit nicht an mich, sondern an meinen Sohn La als Alleineigentümer zu erklären und die Eintragung auf ihn als Alleineigentümer zu bewilligen und zu beantragen". Sie wiederholte diese Erklärung vor dem Notar B am 08.12.1997.
42Im Jahre 1995 erhielten, wie erwähnt, die am 30.11.1993 veräußerten drei unvermessenen Teilstücke die Bezeichnungen "Flurstück X/8, x und xxx".
43Dem Ergebnis der Vermessung stimmten die Vertragsparteien vom 30.11.1993 am 6. Mai 1996 durch notarielle Erklärung der gemäß IX. des Vertrages bevollmächtigten Notariatsangestellten zu und bewilligten und beantragten die Eigentumsumschreibung auf den Käufer. In gleicher Weise bewilligten und beantragten sie vor dem Notar B als amtlich bestelltem Verwahrer des früheren Notars Prof. Dr. O am 9. Oktober 1997 die Eintragung nicht der Verfügungsbeklagte, sondern die ihres Sohnes La .
444.
45Die unter 1. geschilderte Teilveräußerung der INTERFLUG an die Flughafengesellschaft genehmigten die ("Antragsteller" genannten) Verfügungsbeklagte und ihr Sohn in einer Zustimmungsvereinbarung mit der Treuhandanstalt am 20. Mai 1994. In § 3 heißt es:
46"Erlösauskehr ...
47(1)
48Aufgrund der zuvor erklärten Zustimmung des Antragstellers zur Veräußerung des restitutionsbehafteten Vermögenswertes hat dieser gemäß § 6 Abs. 6 S. 4 und 5 VermG Anspruch auf Auskehr des von der THA bei dem Verkauf des Grundstücks erzielten Erlöses. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der im Kaufvertrag mit dem Investor vereinbarte Kaufpreis von (250,00 DM/verkauften m²) ca. 683.750,00 DM dem Verkehrswert des Grundbesitzes entspricht ...".
49Nach der Besitzübergabe der am 30.11.1993 erworbenen Flächen trat der Sohn der Verfügungsbeklagten im eigenen Namen in bestehende Mietverträge ein und verpachtete einen Teil. Das Flurstück X/21 (s.o. 3. am Ende) und das ihm mit Vertrag vom 31.10.1991 geschenkte Flurstück X/1 verkaufte er an die B AG, dem die Verfügungsbeklagte mit der unter 3. bereits erwähnten notariellen Urkunde vom 08.12.1997 dergestalt zustimmte, dass sie bezüglich des Flurstücks 576/1 einen von der Flughafen C GmbH ihr abgetretenen und eingetragenen Auflassungsanspruch an ihren dies annehmenden Sohn abtrat.
50L3 verstarb am 04.12.1998 und wurde zu je ½ von der Verfügungsklägerin und der am 28. Juni 1982 geborenen C beerbt. In der Folgezeit überwarfen sich die Parteien.
51Die Verfügungsbeklagte wurde im Grundbuch am 03.01.00 als Eigentümerin der Flurstücke x und xx eingetragen. Am 29.02.00 ließ die Verfügungsklägerin das Eigentum an diesen Flurstücken auf sich und ihrer Tochter C umschreiben.
52Auf Antrag der Verfügungsklägerin hat die Kammer gemäß §§ 935, 936, 921 Abs. 1 ZPO mit Beschluss vom 27. Januar 2000 der Verfügungsbeklagten untersagt, auf den Flurstücken 575/8 und 575/10 Abrissmaßnahmen oder sonstige Veränderungen vorzunehmen oder als Vermieterin der Flächen aufzutreten und Mietzahlungen einzufordern. Zur Sicherung des Anspruchs der Erben auf Auflassung der genannten Flurstücke hat die Kammer die Eintragung einer Auflassungsvormerkung angeordnet.
53Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Verfügungsbeklagten.
54Die Verfügungsklägerin macht geltend, die Verfügungsbeklagte schulde ihr und ihrer minderjährigen Tochter C aufgrund des Schenkungsvertrages vom 31.10.1991 die Verschaffung des Eigentums an den Flurstücken x und xx. In Vollzug des Schenkungsvertrages seien Besitz, Nutzungen und Lasten dieser Flurstücke ihrem verstorbenen Ehemann und Vater überlassen worden. Der die Flurstücke betreffende Kaufvertrag vom 30.11.1993 habe an der Eigentumsverschaffungspflicht der Verfügungsbeklagten nichts geändert; dieser Kaufvertrag stehe in untrennbarem Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 31.10.1991, wie sich aus dem Vertragstext ergebe. Der aufgrund des Kaufvertrages nach Angaben der Verfügungsbeklagten gezahlte - nicht dem Verkehrswert entsprechend, sondern im Hinblick auf "die vom Käufer geltend gemachten vermögensrechtlichen Ansprüche" auf 2.000.000,00 DM festgesetzte - Kaufpreis sei als zusätzliches Geschenk der Mutter an den verstorbenen Sohn zu sehen. Dieser Betrag sei freiwillig zusätzlich aufgewendet worden, "um den Schenkungsgegenstand zu beschaffen". Die Verfügungsbeklagte sei aus der Vereinbarung vom 31.10.1991 verpflichtet gewesen, die Restitution der verschenkten Flurstücke an ihren Sohn zu ermöglichen und nicht dadurch zu vereiteln, dass sie ihm die sonst zu restituierenden Flurstücke im Rahmen eines Kaufvertrages gleichsam "vor der Nase" wegschnappe.
55Die Verfügungsklägerin beantragt,
56Die Verfügungsbeklagte beantragt:
58Sie macht geltend, mit Vertrag vom 31.10.1991 habe sie unter anderem das (Ausgangs-) Grundstück xx nicht verschenken können, da es sich noch im "Volkseigentum" befunden habe. Der Schenkungsvertrag sei wegen deutlich zu niedriger Verkehrswertangabe nichtig - jedenfalls aber, soweit noch nicht ausgeführt, wirkungslos.
62Im übrigen sei von ihr am 31.10.1991 lediglich der nach § 3 Abs. 1 S. 1 VermG gestellte Rückübertragungsanspruch abgetreten worden. Auch aus der notariellen Urkunde vom 08.12.1993, die Auflassung der am 30.11.1993 erworbenen Flächen solle "zu gegebener Zeit" an den verstorbenen Sohn erfolgen, lasse sich keine konkrete Gläubigerstellung des Sohnes und damit der Antragstellerin ableiten. Diese sei neben ihrer Tochter anspruchsberechtigt lediglich hinsichtlich der Auskehr des oben unter 4. erwähnten Verkaufserlöses.
63Mit ihrem verstorbenen Sohn habe sie sich 1993 ungeachtet der angemeldeten Rückübertragungsansprüche zum Kauf entschlossen, um zu vermeiden, dass bis zur abschließenden Entscheidung des Vermögensamtes bzw. dem Abschluss eines Verwaltungsrechtsstreits das gesamte Flurstück x im Verfügungsbereich der INTERFLUG/FBS verblieben wäre mit der Folge, jährlicher Einkommensverluste in Höhe von 400.000,00 DM.
64Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 18.02.2000 verwiesen. Den darin skizzierten Weg einer gütlichen Einigung hat die Kammer im Hinblick auf das beiderseitige Prozessrisiko und zur Vermeidung eines langen, kostenaufwendigen Rechtsstreits angeraten.
65E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
66Die einstweilige Verfügung der Kammer war aufzuheben; die Verfügungsbeklagte ist nicht verpflichtet, den Rechtsnachfolgerinnen ihres am 04.12.1998 verstorbenen Sohnes das Eigentum an den Flurstücken x und xx zu verschaffen.
67Der Erwerb des Eigentums der Verfügungsbeklagten unter anderem an diesen Flurstücken beruht nicht auf einer Rechtsposition, deren sich die Verfügungsbeklagte durch die Schenkungsvereinbarung vom 31.10.1991 entäußert hatte, sondern auf dem - im Einvernehmen mit und von ihrem als ihr Vertreter handelnden Sohn geschlossenen - Kaufvertrag vom 30.11.1993, den sie rechtswirksam genehmigt hat. Mit dem Schenkungsvertrag sind nur die Restitutionsansprüche übertragen worden, das heißt, der verstorbene Sohn hatte einen Anspruch auf Eigentumserwerb, wenn die verfügungsbeklagte im Wege der Restituion Eigentümerin geworden wäre. Tatsächlich sind aber die Restitutionsansprüche in der Folgezeit modifiziert worden in einen Rückübertragungsanspruch bezüglich des Erlöses, also in einen reinen Zahlungsanspruch. Der Eigentumserwerb der Verfügungsbeklagten beruhte auf einem davon rechtlich unabhängigen neuen Rechtsgeschäft, dem Kaufvertrag vom 30.11.1993. Diese neuen Positionen wurden von dem zeitlich früher abgeschlossenen Schenkungsvertrag nicht erfasst. Insbesondere kann der Schenkungsvertrag nicht dahin ausgelegt werden, dass die Verfügungsbeklagte in jedem Falle zur Eigentumsübertragung an ihren Sohn verpflichtet war, sie also dann, wenn sich die Restituionsansprüche als unbegründet erwiesen hätten, verpflichtet gewesen wäre, die Grundstücke zu jedem Preis, den die Veräußerer verlangt hätten, zu erwerben. Hinsichtlich der käuflich erworbenen Grundstücke hat sie in der Folgezeit lediglich Absichten bekundet, diese ihrem verstorbenen Sohn schenkweise zu übertragen, dies aber - offenbar wiederum im Einvernehmen mit ihren verstorbenen Sohn - nicht in der nach § 518 Abs. 1 BGB erforderlichen Form getan. Das ist mangels Heilung des Formmangels gemäß § 518 Abs. 2 BGB entscheidend, ohne dass es darauf ankäme, ob die Verfügungsbeklagte und ihr verstorbener Sohn die Möglichkeit seines Vorversterbens schlicht nicht bedachten oder ob L3 für diesen Fall seiner Mutter eine vom Schenkungsvertrage unbeeinflusste Verfügungsmöglichkeit belassen wollte. Jeder Argumentation, die Verfügungsbeklagte und der Verstorbene hätten die Verträge als zusammenhängende Einheit gesehen und sämtliche Vertragsziele bis zum Tode des Sohnes auch erreichen wollen, ist mit dem Todesfall der Boden entzogen - die Verfügungsbeklagte ist rechtlich nicht verpflichtet, das, was sie ihrem Sohn zuwenden wollte, auch dessen Erbinnen zu verschaffen. Mehr als die - rechtlich ungesicherte - Erwartung, die besagten Flurstücke zu Eigentum zu erhalten, hat der verstorbene Ehemann der Verfügungsklägerin nicht hinterlassen. Deshalb war die Anweisung der Verfügungsbeklagten, die Flurstücke an ihren Sohn aufzulassen, lediglich der Beginn eines dinglichen Schenkungsvorganges, zu dessen vollständiger Durchführung sie aber rechtlich nicht verpflichtet war. Die diesbezüglichen Erklärungen sind auch nicht als neues - erstmaliges - Verpflichtungsgeschäft auszulegen.
68Auch aus der Überlassung der Besitz- und Nutzungsrechte bezüglich der gekauften Grundstücke an den Verstorbenen kann die Verfügungsklägerin nach dessen Tod keine weitergehenden Rechte herleiten. Die Rechtsordnung kennt ein Auseinanderfallen von Eigentums- und unentgeltlichen Besitzrechten nur in begrenzten Ausnahmefällen. Ob die erfolgte Überlassung als Leihe im Sinne von § 598 BGB oder als der Einräumung eines Nießbrauchs im Sinne von § 1030 BGB ähnliche Rechtsstellung anzusehen ist, kann dahinstehen: Der Tod von L3 führte sowohl nach § 605 Nr. 3 BGB wie nach § 1061 BGB zum Rückfall aller Rechte an die Verfügungsbeklagte.
69Die Aufhebung des Beschlusses vom 27.01.2000 macht dessen weitere Vollstreckung gegenstandslos, was antragsgemäß zur Verdeutlichung ausgesprochen werden kann.
70Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 6 ZPO.
71Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
72Streitwert: 1.000.000,00 DM.