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Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 11.12.2020 zu den Tagesordnungspunkten TOP 3 und TOP 5, 2. Beschluss werden für ungültig erklärt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
2Die Kläger und die Beklagte bilden die gerichtsbekannte X-Straße. Auf der Eigentümerversammlung vom 11.12.2020 fasste die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Beschlüsse zu TOP 3 (Verwalterbestellung) und TOP 5 (Erstattung der Kosten für die Fensteranlage in Höhe von 20.052,10 Euro der WE 31 / Herr U), welche die Kläger anfechten.
3Die Kläger und die Beklagte verbindet neben dem Wohneigentum eine längerfristige Historie gerichtlicher Auseinandersetzungen in der Vergangenheit. Die Kläger fechten regelmäßig Beschlüsse an, die in den Wohnungseigentümerversammlungen gefasst wurden. Zu nennen sind unter Anderem die Prozesse vor dem Amtsgericht Wuppertal mit den Aktenzeichen 95b C 138/16, 95b C 88/18, 95b C 78/19, 95b C 121/19 und 95b C 101/20 sowie das Berufungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf mit dem Aktenzeichen 25 S 23/19.
4Die Verwalterin der Beklagten in den Jahren 2013 bis 2020 war die Hausverwaltung P, die von G betrieben wird. Im Rahmen mehrerer gerichtlicher Prozesse wurden die von der Verwalterin erstellten und auf den Eigentümerversammlungen beschlossenen Jahresendabrechnungen der Jahre 2014 bis 2019 für unwirksam erklärt, da sie nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprachen.
5Aufgrund vorhandener mehrfacher Verwaltungsmängel in der Vergangenheit und des zerrütteten Vertrauensverhältnisses zwischen der Verwaltung und den Klägern wurde eine Fortsetzungsbestellung der Hausverwaltung P gerichtlich sowohl vor dem Amtsgericht Wuppertal als auch vor dem Landgericht Düsseldorf für unwirksam erklärt.
6Auf der Eigentümerversammlung vom 11.12.2020 fasste die Eigentümergemeinschaft den Beschluss Herrn G2 als neuen Verwalter zu bestellen.
7Herr G2 war in der Vergangenheit bereits für die Hausverwaltung P tätig gewesen, indem er im Namen der Hausverwaltung mehrere Eigentümerversammlungen leitete und als Ansprechpartner zur Verfügung stand. G2 benutzt die Büroräume der P, die Ordner der Hausverwaltung der P und hat die SEPA-Lastschriftvollmachten der P übernommen.
8Die Kläger machen geltend, dass die Verwalterbestellung von G2 in TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 11.12.2020 nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Sie sind der Ansicht, dass G2 in der Vergangenheit nicht nur die P vertreten habe, sondern auch alle Jahresabrechnungen erstellt habe, die mehrfach erfolgreich angegriffen worden seien. Es könne nicht angehen, dass die Entscheidungen des Amtsgerichtes Wuppertal und Landgerichtes Düsseldorf in der Weise umgangen werden, dass statt der P nun Herr G2 als Verwalter auftrete. Das Vertrauensverhältnis aufgrund der gravierenden Mängel in der Vergangenheit sei nach wie vor zerrüttet. Zudem sei der Verwalter G2 nicht neutral und nicht geeignet die Verwaltung zu übernehmen. Die zahlreichen Abrechnungsfehler in der Vergangenheit, die auf G2 zurückzuführen seien, würden belegen, dass es diesem an der erforderlichen Qualifikation mangele. Noch im Herbst habe er zusammen mit Frau G versucht eine Eigentümerversammlung im Online Verfahren durchzuführen, obwohl darüber vorher nie abgestimmt worden sei. Bis heute seien keine wirksamen Abrechnungen für die Jahre 2014 bis 2019 erstellt worden. Herr G2 fehle es neben einer gewerberechtlichen Erlaubnis nach § 34c GewO auch an einer Zertifizierung nach § 26a WEG, einer Berufshaftpflichtversicherung und einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung. Auf der Eigentümerversammlung vom 11.12.2020 seien keine Fragen zu den Kontaktdaten und der Verwaltungspraxis von G2 beantwortet worden. Zudem seien andere Kandidaten zur Verwalterbestellung ignoriert worden. In der Ladung zur Eigentümerversammlung wären zwar zwei andere Hausverwaltungen aufgeführt gewesen, jedoch sei nur für G2 ein Preis enthalten gewesen. Die anderen Hausverwaltungen wären zudem vorher nie kontaktiert worden, sodass die Wahl nur Herrn G2 habe treffen können. Dieser habe seinen Verwaltervertrag im Nachhinein geändert und seine monatliche Vergütung angehoben. Zudem habe der Beirat den Verwaltungsvertrag nicht vollständig unterschrieben. Die dritte Beirätin Frau L habe den Vertrag nicht unterschrieben, was später einfach ignoriert worden sei. Weiterhin seinen für den Verwaltervertrag einige Klauseln übernommen worden, die gerichtlich in den Verwalterverträgen der P für unwirksam erklärt worden seien.
9Außerdem machen die Kläger geltend, dass es nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche dem Eigentümer Herrn U, so wie in TOP 5, 2. Beschluss beschlossen, für den Austausch seiner Fensteranlage 20.052,10 EUR auszuzahlen. Die Rücklage reiche nicht, um eine entsprechende Zahlung vorzunehmen. Der Beschluss sei zudem gar nicht verkündet worden. Der Austausch des Fensters sei zudem gar nicht erforderlich gewesen, da die Fenster nicht undicht gewesen seien und die Alurahmen nicht verzogen gewesen seien. Auch der Betrag sei falsch berechnet, weil der Eigentümer Herr U nur 16.500,00 EUR verlange und auf den Rest verzichte, weil er eine Förderung durch die KfW bekommen habe. Letztlich sei der Beschluss auch nicht nachvollziehbar, weil der Austausch der Fensteranlage durch die WEG hätte beschlossen werden müssen. Zwar gebe es einen Beschluss der WEG aus dem Jahre 2006, dass Eigentümer eine Maßnahme vorfinanzieren können und ihr Geld später erstattet bekommen können, jedoch sei für die Rückzahlung ein Darlehensvertrag erforderlich, der so nie durch die WEG beschlossen worden sei. Auch der Beschluss zur Auszahlung in der Versammlung vom 11.12.2020 stellen keinen konkludenten Darlehensvertrag dar.
10Die Kläger beantragen,
111. die beiden Beschlüsse der WEG-Versammlung vom 11.12.2020 unter TOP 3 „Verwalterbestellung G2“ und „Die Bestellung des Verwalters Herrn G2 wird endgültig wirksam, wenn der Vertrag von den Beiräten geprüft und rechtsgültig unterschrieben wurde. Der Verwaltervertrag sollte den rechtlichen Bestimmungen und den erforderlichen Haftungsbedingungen entsprechen“ als ungültig aufzuheben, hilfsweise deren Nichtigkeit festzustellen;
122. festzustellen, dass in der Eigentümerversammlung vom 11.12.2020 unter TOP 5 2. Beschluss „Die Fensteranlage wird gemäß Tagesordnungspunkt 5 von der Gemeinschaft erstattet“ kein Beschluss gefasst worden ist;
133. hilfsweise den Beschluss der WEG-Versammlung vom 11.12.2020 unter TOP 5, 2. Beschluss „Die Fensteranlage wird gemäß Tagesordnungspunkt 5 von der Gemeinschaft erstattet“ als ungültig aufzuheben; äußerst hilfsweise dessen Nichtigkeit festzustellen.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Verwalterbestellung in TOP3 ordnungsgemäße Verwaltung darstellt und nicht zu beanstanden ist. Die Wohnungseigentümer hätten aus vier verschiedenen Angeboten für Verwalter wählen können und sich dann mit einer Mehrheit von 27 von 33 Stimmen für G2 als neuem Verwalter entschieden. Dabei seien alle Konditionen aus dem Verwaltervertrag ersichtlich gewesen, die auch später nicht geändert worden seien. Lediglich die Erhöhung der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung von 100.000€ auf 500.000€ stelle eine Veränderung dar, die aber eine Verbesserung für die Wohnungseigentümergemeinschaft darstelle. In der Eigentümerversammlung seien den Eigentümern auch die Konditionen der übrigen Verwalter genannt worden. Der Verwaltervertrag selbst habe nicht von allen drei Beiräten unterschrieben werden müssen, sondern nach neuem WEG-Recht nur von zwei Beiräten. Weitere Verwalterkandidaten seien von den Klägern nicht einmal 2 Tage vor der Versammlung vorgeschlagen worden, sodass keine Zeit geblieben sei, um die anderen Eigentümer noch zu informieren und sie zu berücksichtigen, zumal es ja bereits mehrere Angebote gegeben habe unter denen gewählt werden konnte. Alle Fragen zu G2 als Verwalter seien im Nachhinein beantwortet worden. Rechtlich müsse man zwischen der P Hausverwaltung und G2 unterscheiden. Als eigene Rechtspersönlichkeit habe nichts dagegen gesprochen G2 zu wählen. Mit der Wahl von G2 sei ein Neustart ausgerufen worden, um die Streitigkeiten der Vergangenheit hinter sich zu lassen. Die anderen Eigentümer hätten G2 daher explizit darum gebeten sich zur Wahl zu stellen um den querulantischen Klägern Einhalt zu gebieten. G2 sei zudem neutral und unparteilich. Eine Gewerbeerlaubnis nach § 34c GewO sei bereits beantragt worden. Eine Zertifizierung nach § 26a WEG sei noch nicht nötig. Der Verwalter G2 sei zudem sehr qualifiziert, kenne die Wohnungseigentümergemeinschaft schon gut und sei gut in der Lage die Gemeinschaft zu verwalten.
17In Bezug auf TOP 5, 2. Beschluss ist die Beklagte der Ansicht, dass der Beschluss zur Auszahlung von 20.052,10 EUR für die Fensteranlage von Eigentümer U nachvollziehbar und im Kontext verständlich sei. Eine Verkündung habe stattgefunden. Der Austausch der Fenster sei erforderlich gewesen. Die Reparatur sei gemeinschaftliche Aufgabe gewesen, jedoch sei es seit dem Jahr 2006 Übung in der WEG, dass ein Eigentümer eine Maßnahme vorfinanzieren könne und sein Geld später erstattet bekäme, womit die Mehrheit der Eigentümer einverstanden gewesen seien. Vorliegend gebe es zwar keinen schriftlichen Darlehensvertrag, aus dem Beschluss der Versammlung gehe jedoch hervor wie hoch das Darlehen sei. Eine Schriftform sei für ein Darlehen nicht nötig. Die Rücklage sei zudem hoch genug. Von einer Förderung des Austausches der Fensteranlage durch die KfW sei nichts bekannt gewesen.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
20Die Klage ist zulässig und begründet.
21I.
22Die Beschlüsse unter TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 11.12.2020 sind unwirksam.
23Nach § 18 Abs. 2 WEG hat jeder Wohnungseigentümer einen individuellen Rechtsanspruch auf eine ordnungsgemäße Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Ein Wohnungseigentümer kann daher nach §§ 44 Abs.1 S.1 Alt.1 WEG Beschlüsse anfechten, die nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen oder nach § 23 Abs. 4 WEG nichtig sind.
24Unter Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung fallen alle Maßnahmen, die im Interesse aller Wohnungseigentümer auf die Erhaltung, Verbesserung oder dem der Zweckbestimmung des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden Gebrauch gerichtet sind (vgl. Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl. 2018, § 21 Rn. 27). Ordnungsgemäß ist, was vom Standpunkt eines vernünftigen und wirtschaftlich denkenden Menschen aus betrachtet dem geordneten Zusammenleben in der Gemeinschaft dient, den Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht und der Gemeinschaft nützt.
25Die unter TOP 3 gefassten Beschlüsse zur Verwalterbestellung von G2 entsprechen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Wie bereits vom Amtsgericht Wuppertal u.A. im Verfahren 95b C 78/19 und vom Landgericht Düsseldorf im Verfahren 25 S 23/19 entschieden wurde, entsprach die Fortsetzungsbestellung der Hausverwaltung P nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Gleiches muss vorliegend für die Bestellung des Hausverwalters G2 gelten, der aus Sicht des Gerichtes nicht nur eng mit der Hausverwalterung P zusammengearbeitet hat, sondern integraler Bestandteil der P ist. Dafür spricht neben den gleichen Geschäftsräumen, der Benutzung der gleichen SEPA-Lastschriftvollmachten, der gleichen Verwaltungsstruktur, dem Auftreten von G2 in früheren Eigentümerversammlungen für die P, dem gleichen Verwaltervertrag und der gleichen telefonischen Erreichbarkeit auch der Umstand, dass die Jahresabrechnungen der P der vergangenen Jahre, die Gegenstand mehrerer gerichtlicher Auseinandersetzungen waren, aus Sicht des Gerichtes von G2 verfasst worden sind. In Zusammenschau aller Punkte ist die Verwalterbestellung des Verwalters G2 daher so zu behandeln, wie eine Fortsetzungsbestellung der P, die gerichtlich für unwirksam erklärt wurde. Aufgrund des zerstörten Vertrauensverhältnisses mit den Klägern entspricht es nicht ordnungsgemäßer Verwaltung einen entsprechenden Verwaltervertrag abzuschließen und G2 als Verwalter zu bestellen. Vor diesem Hintergrund können die weiteren zahlreichen Einwendungen der Kläger gegen die Verwalterbestellung dahinstehen.
26II.
27Der Beschluss unter TOP 5, 2. Beschluss der Eigentümerversammlung vom 11.12.2020 ist ebenfalls unwirksam, weil er nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
28Gemäß § 20 Abs.1 WEG bedarf es für bauliche Veränderungen eines Beschlusses durch die Wohnungseigentümergemeinschaft. Dieser liegt nicht vor.
29Ein Eigentümer kann bei eigenmächtigen Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum zudem nicht im Nachhinein einen Erstattungsanspruch gegen die Gemeinschaft geltend machen (BGH, V ZR 254/17). Dies würde die Entscheidungskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft und die Rechte der Eigentümer auf Einwirkung, Information, Vorlage mehrerer Angebote etc. unzumutbar beschneiden.
30Ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft über ein Darlehen an den Eigentümer U liegt ebenfalls nicht vor und kann auch nicht in dem späteren Beschluss zur Auszahlung von 20.052,10 EUR gesehen werden. Selbst bei Annahme eines Darlehensvertrages würde jedoch der nicht verzichtbare Beschluss zur Durchführung der Instandsetzungsarbeiten fehlen, den es unbestritten nicht gibt. Dem Eigentümer U vor Ablauf der Verjährung trotzdem einen Betrag von 20.052,10 EUR auszuzahlen, entspricht nicht dem Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
31Ob der Beschluss ordnungsgemäß verkündet wurde oder nicht, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.
32III.
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
34Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
35Streitwert: 26.075,28 €
36Rechtsbehelfsbelehrung:
37Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
381. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
392. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
40Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
41Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber Landgericht Düsseldorf zu begründen.
42Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
43Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.