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1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
3. Das Urteil ist (wegen der Kosten) vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Räumung und Herausgabe der Wohnung in der M-Straße, 1.OG, Mitte, in I2.
3Unter dem 01.03.2021 unterzeichneten die auf Seite 1 des Dokuments als „B und C2 G als Vermieter“ und als „K S (L3) als Mieter“ Bezeichneten ein mit „Mietvertrag“ überschriebenes Dokument. In diesem wurde unter „§ 1 Mieträume/Vertragszweck“ festgehalten, dass die „Wohnung zur Nutzung durch folgende Personen“ vermietet würde und sodann B2 benannt. Die monatlich zu zahlende „Gesamtmiete“ für die in §1 des Vertrages mit „ca. 50 m²“ angegebene Wohnung wurde auf 310,- EUR festgesetzt. Es wurde unter § 1 Ziff. 2 weiter vereinbart: „Die Mieträume dürfen von dem Mieter nur zu Wohnzwecken genutzt werden.“ Unter § 2 des Vertrages wurde vereinbart: „Die Kündigung ist für Mieter und Vermieter jedoch erstmals zum 01.01.2024 zulässig.“ Unter „§ 9 Untervermietung“ wurde vereinbart, dass „Untervermietung oder sonstige Gebrauchsüberlassung der Mieträume oder Teilen davon an Dritte […] erlaubt [sind].“
4Wegen der weiteren Einzelheiten und des genauen Wortlauts der Vereinbarungen wird Bezug genommen auf Anlage K1 zur Klageschrift vom XX.XX.XXXX (Bl. 6 ff. der Gerichtsakte).
5Mit auf den XX.XX.XXXX datiertem Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, den Mietvertrag anzufechten und diesen „vorsorglich fristlos, hilfsweise fristgemäß“ zu kündigen und forderte die Beklagte zur unverzüglichen Räumung und Herausgabe, spätestens bis zum 30.09.2023 auf. Wegen des exakten Wortlauts des Schreibens wird Bezug genommen auf Anlage K2 zur Klageschrift vom XX.XX.XXXX.
6Der Kläger behauptet, die Wohnung habe nicht 35 bzw. 50 m², sondern 55,06 m², für die sich die ortsübliche Miete auf 649,38 EUR belaufe.
7Der Kläger ist der Ansicht, er sei als Zwangsverwalter berechtigt, die Ansprüche geltend zu machen. Er ist der Ansicht, dass es sich bei dem streitbefangenen Mietverhältnis um einen gewerblichen Mietvertrag handele. Dieser enthalte in § 9 eine „absolut ungewöhnliche“ Vereinbarung. Der Mietvertrag sei durch die erklärte Kündigung fristlos, hilfsweise fristgemäß beendet worden und überdies wegen Verstoßes gegen §§ 134,138 BGB nichtig. Der Mietvertrag sei abgeschlossen worden, um potentielle Gläubiger zu benachteiligen.
8Der Kläger beantragt,
9die Beklagte zu verurteilen, das von ihr innegehaltene Objekt in der M-Straße, E, dort das Objekt im 1. Obergeschoss Mitte, bestehend aus 2 Zimmern, 1 Küche, 1 Bad mit WC, 1 Flur, 1 Eingangsbereich, Balkon, Stellplatz XX sowie 1 Keller XX zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte ist der Ansicht, aus der Klage ergebe sich bereits nicht die Aktivlegitimation des Klägers. Überdies sei das Mietverhältnis als Wohnraummietvertrag zu werten. Die Vereinbarung in § 9 des Mietvertrages zur Untervermietung entspreche der gesetzlichen Regelung des § 540 BGB. Die erklärte Kündigung sei unwirksam, da ein berechtigtes Interesse im Sinne der gesetzlichen Vorschriften nicht dargetan sei. Ebenso seien die Gründe für eine Nichtigkeit im Sinne der §§ 134, 138 BGB nicht dargetan.
13Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen, zur Gerichtsakte gelangten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom XX.XX.XXXX (Bl. 83 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe
15Die zulässige Klage ist unbegründet.
16I.
17Das Amtsgericht Velbert ist sachlich und örtlich zuständig.
18Insoweit kann dahinstehen, ob das streitbefangene Mietverhältnis als Wohnraummietvertrag oder als gewerblicher Mietvertrag zu werten ist. Denn bei einer Einordnung als Wohnraummietvertrag wäre die Zuständigkeit des Amtsgerichts Velbert über §§ 23 Nr. 2a, 71 Abs. 1 GVG gegeben, denn die streitbefangene Wohnung liegt in Heiligenhaus und damit im Bezirk des Amtsgerichts Velbert. Bei einer Einordnung als gewerblichem Mietvertrag wäre die Zuständigkeit des Amtsgerichts Velbert nach §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG gegeben. Denn der Streitwert für Räumungsklagen bestimmt sich nach dem Betrag der jeweiligen Jahresmiete (Herget in: Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 3 Rn. 16.117; Heinrich in: Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl. 2023 Rn. 31a). Dies sind im vorliegenden Fall 3.720,00 EUR (12 x 310,00 EUR), womit der Streitwert für die landgerichtliche Zuständigkeit nicht erreicht ist.
19II.
20Ein Anspruch auf die begehrte Räumung und Herausgabe ergibt sich aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt.
211.
22Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 546 Abs. 1 BGB.
23a.
24Das zugrundeliegende Mietverhältnis ist nicht durch die Kündigungserklärung des Klägers beendet worden.
25aa.
26Das Mietverhältnis ist nicht durch eine außerordentliche Kündigung beendet worden.
27Eine solche setzt nach § 543 Abs. 1 S. 2 BGB einen wichtigen Grund voraus. Ein solcher liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu seiner sonstigen Beendigung unzumutbar ist.
28Derartige Tatsachen hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger (Wiederhold in: BeckOK-BGB, § 543, Rn. 94) nicht substantiiert dargetan.
29Soweit der Kläger vorgetragen hat, die Fortsetzung des Mietverhältnisses sei unter Verweis auf eine potentielle Gläubigergefährdung unzumutbar, genügt dieser pauschale Vortrag einer abstrakten Gefahr nicht zur Annahme eines wichtigen Grundes. Denn im Rahmen der Vertragsfreiheit steht es den Mietparteien in den gesetzlichen Grenzen wie beispielsweise des § 138 Abs. 2 BGB grundsätzlich frei, einen Mietzins, der unterhalb der ortsüblichen Miete liegt, zu vereinbaren. Inwieweit eine Benachteiligung potentieller Gläubiger aus der Vereinbarung eines Mietzinses von 310,- EUR folgen soll, ist nicht näher vorgetragen worden.
30bb.
31Das Mietverhältnis ist nicht durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung wirksam beendet worden.
32(1)
33Insoweit kommt es auf eine Entscheidung, ob der Mietvertrag als Wohnraummietvertrag –mit der Folge, dass ein berechtigtes Interesse i. S. d. § 573 Abs. 1 S. 1 BGB darzutun gewesen wäre– oder als gewerblicher Mietvertrag –der nach § 578 Abs. 2 BGB unter weniger engen Voraussetzungen hätte beendet werden können– ebenfalls nicht an.
34Denn bereits nach dem eigenen Vortrag des Klägers in der Klageschrift vom XX.XX.XXXX haben die Parteien des Mietvertrages die ordentliche Kündigung für den Zeitraum vor dem 01.01.2024 ausgeschlossen.
35Nach § 2 Ziffer 1 des am 01.03.2021 unterzeichneten Mietvertrags ist die Kündigung für Mieter und Vermieter erstmals zum 01.01.2024 zulässig gewesen. Die Kündigung erfolgte aber zu spätestens dem 30.09.2023.
36Der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts für bestimmte Zeit ist, sofern das außerordentliche Kündigungsrecht nicht berührt ist, auch zulässig (Wiederhold in: BeckOK-BGB, § 542, Rn. 41; Rolfs in: Staudinger, BGB, § 542, Rn. 54 f.).
37(2)
38Für eine Umdeutung der Kündigungserklärung, dahingehend, dass diese erst mit Ablauf der Kündigungsausschlussfrist, d.h. mit Ablauf des 01.01.2024, erfolgen soll, fehlt es an substantiiertem Vortrag des Klägers.
39Grundsätzlich kann eine Umdeutung einer ordentlichen Kündigung mit unrichtiger Frist in eine Kündigung zum zulässigen Termin möglich sein, wenn erstere nicht fristgemäß erfolgt (Lützenkirchen/Selk in: Erman, BGB, § 54,2 Rn. 23; Rolfs in: Staudinger, BGB, § 542 Rn. 76). Dann, wenn es nur um eine verhältnismäßig geringfügige Verschiebung des Endzeitpunktes geht und auch sonst keine ins Gewicht fallenden Anhaltspunkte vorhanden sind, die auf eine abweichende Willensrichtung hinweisen, entspricht es dem erkennbaren hypothetischen Willen des ordentlich Kündigenden, die Kündigung hilfsweise zum nächstzulässigen Zeitpunkt wirksam werden zu lassen (OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.01.1990, Az.: 5 U 61/89 juris, Rn. 6; Lützenkirchen/Selk in: Erman, BGB, 17. Aufl. 2023, § 542 Rn. 23). Zu einer solchen Umdeutung hat der Kläger allerdings nicht substantiiert vorgetragen und ist auch der Zeitpunkt zwischen erklärter Kündigung spätestens zum 30.09.2023 und zulässigem Zeitpunkt einer Kündigung zum Februar 2024 nicht mehr gering in dem vorgenannten Sinne.
40b.
41Das zugrundeliegende Mietverhältnis ist auch nicht nach § 134 BGB bzw. § 138 BGB nichtig.
42aa.
43Es ist nicht ersichtlich, gegen welches gesetzliche Verbot, § 134 BGB, der am 01.03.2021 unterzeichnete Mietvertrag verstoßen soll.
44Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass in § 9 vereinbart worden ist, dass die Untervermietung zulässig sei und dies „absolut ungewöhnlich“ sei, resultiert hieraus noch kein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot. Vielmehr ist dies als Konkretisierung der von § 540 BGB ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit der Untervermietung zu sehen.
45Weiterer Vortrag gegen welches gesetzliche Verbot verstoßen worden sein soll und warum dies zur Nichtigkeit des Vertragsverhältnisses geführt haben soll, ist durch den insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger (Armbrüster in: MüKo-BGB, 9. Aufl. 2021, § 134 Rn. 197) nicht erfolgt.
46bb.
47Auch ist nicht ersichtlich, inwieweit der zugrundeliegende Vertrag wegen Verstoßes gegen § 138 BGB nichtig sein sollte.
48Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass ein Verstoß gegen § 138 BGB vorläge, was das Gericht als Vortrag zu einem Verstoß gegen § 138 Abs. 2 BGB verstanden hat, war dem nicht zu folgen. Denn es mangelt nach dem Vortrag des Klägers an einem entsprechenden Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. Die vom Kläger geltend gemachte Abweichung genügt nicht. Bei einer vom Kläger vorgetragenen gewerblichen Raummiete bedarf es einer Überschreitung der Marktmiete um 100% (Armbrüster in: MüKo-BGB, 9. Aufl. 2021, § 138 Rn. 271; Wendtland in: BeckOK-BGB, Stand: 01.11.2023, § 138 Rn. 47). Überdies ist auch, worauf das Gericht hingewiesen hat, kein Vortrag dazu erfolgt, woraus sich das subjektive Element des Wuchertatbestandes, also die Ausbeutung einer Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche liegen soll.
492.
50Ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe ergibt sich auch nicht aus § 985 BGB. Denn nach dem Vorstehenden ist eine Vindikationslage nicht gegeben. Insbesondere ist der Mietvertrag nicht wegen der erklärten Anfechtung von Anfang an nichtig, § 142 Abs. 1 BGB. Denn insoweit ist nicht ersichtlich, worin ein Anfechtungsgrund bestehen soll.
513.
52Der Kläger kann auch nicht aus bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten die Räumung und Herausgabe der streitbefangenen Wohnung verlangen. Denn nach dem Vorstehen besteht mit dem unter dem 01.03.2021 unterzeichneten Mietvertrag ein Rechtsgrund im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB.
534.
54Aufgrund des Vorstehenden kam es auf die beantragte Beiziehung der Akte des Amtsgerichts Velbert zum Az. 014 L 003/22, § 273 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO, und dann folgende Inaugenscheinnahme der Bestallungsurkunde des Klägers zum Nachweis der Aktivlegitimation nicht an. Denn die Klage ist bereits aus den vorgenannten Gesichtspunkten unbegründet.
55II.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO
57III.
58Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
59Der Streitwert wird festgesetzt auf 3.720,00 EUR.