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Die Befriedungsgebühr nach 4141 RVG-VV steht dem Verteidiger nicht zu, wenn bei einer unterbrochenen Hauptverhandlung vor dem Fortsetzungstermin die Staatsanwaltschaft die Berufung zurücknimmt.
Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.
Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
2I.
3Durch Urteil des Amtsgerichts Siegen vom 11.12.2018 wurde der Angeklagte P wegen Beihilfe zum Diebstahl mit Körperverletzung kostenpflichtig zu einer Geldstrafe i.H.v. 120 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt.
4Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein und beantragte am 08.04.2019, den Angeklagten zu einer angemessenen Freiheitsstrafe ohne Strafaussetzung zur Bewährung zu verurteilen.
5Mit Verfügung vom XXXXX wurde Termin zur Verhandlung vor der Berufungskammer auf den XXXXX bestimmt. Geladen wurden drei Zeugen. Die Hauptverhandlung am XXXXX dauerte von 9:06 bis 11:45 Uhr. Die Verhandlung wurde unterbrochen, da der geladene Zeuge I2 nicht erschienen war. Fortsetzungstermin wurde bestimmt auf Mittwoch, den XXXXX. Am XXXXX nahm die Staatsanwaltschaft die Berufung zurück. Der Angeklagte stimmte der Berufungsrücknahme zu. Der Fortsetzungstermin wurde aufgehoben. Das Urteil des Amtsgerichts Siegen vom XXXXX erwuchs in Rechtskraft.
6Mit Schriftsatz vom XXXXX beantragte Rechtsanwalt U die ihm zustehenden Gebühren und Auslagen mit einem Betrag von insgesamt 1.052,49 € für die Berufungsinstanz festzusetzen. Der Antrag enthielt unter anderem die Gebühr nach 4141 RVG-VV i.H.v. 256 € nebst hierauf entfallende Mehrwertsteuer. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgericht Siegen vom XXXXX setzte das Amtsgericht 747,86 € fest. Die Befriedigungsgebühr nach Ziffer 4141 RVG-VV wurde nicht zugesprochen. Diese Gebühr entstehe nur, wenn durch die anwaltliche Mitwirkung die Hauptverhandlung entbehrlich werde. Da die Hauptverhandlung vor der Berufungskammer nur unterbrochen gewesen sei und in diesen Fällen der Grundsatz der Einheit der Hauptverhandlung gelte, sei wegen der am 13.08.2019 durchgeführten Hauptverhandlung eine Hauptverhandlung nicht entbehrlich gewesen.
7Die dagegen eingelegte Erinnerung hat die Rechtspflegerin nicht abgeholfen. Das Amtsgericht Siegen hat die Erinnerung durch Beschluss vom XXXXX als unbegründet zurückgewiesen und zur Begründung auf den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss und die Nichtabhilfeentscheidung der Rechtspflegerin Bezug genommen.
8Mit Schriftsatz vom XXXXX und ausführlicher Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, wurde Beschwerde gegen den Beschluss vom XXXXX eingelegt.
9Die Bezirksrevisorin hat der Festsetzung der Befriedigungsgebühr widersprochen.
10II.
11Über die gemäß §§ 56 Abs. 2 Hs. 2, 33 Abs. 3 RVG statthafte und zulässige Beschwerde war gemäß §§ 56 Abs. 2 RVG i. V. m. § 33 Abs. 8 S. 1 RVG als Einzelrichter zu entscheiden. Da die Sache weder besondere Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, bestand kein Anlass, das Beschwerdeverfahren an die Kammer zu übertragen.
12Die Beschwerde ist unbegründet.
13Neben den bereits festgesetzten Gebühren und Auslagen steht dem Beschwerdeführer die weitere Gebühr nach Z. 414 RVG-VV nicht zu.
14Die Bezirksrevisorin hat dazu wie folgt Stellung genommen:
15"Nach der Entscheidung des BGH vom 14.04.2011(IX ZR 153/10 - Rn. 14, juris) ist für die Entstehung der Gebühr Nr. 4141 VV RVG zu unterscheiden, ob eine Aussetzung oder Unterbrechung der Hauptverhandlung vorliegt.
16Die Gebühr Nr. 4141 VV RVG kann demnach auch noch entstehen, wenn bereits eine Hauptverhandlung stattgefunden hat.
17Dies setzt aber voraus, dass ein vorheriger Hauptverhandlungstermin ausgesetzt wurde und der neue Hauptverhandlungstermin z.B. aufgrund Einstellung, Berufungsrücknahme entbehrlich wird. Es ist somit auf den nächsten Hauptverhandlungstermin abzustellen (vergleiche auch OLG Hamm, Beschluss vom 10.12.2017 - 2 (s) Sbd IX - 155/07-, Rn. 8, juris; OLG Bamberg, Beschluss vom 16.01.2007-1 WF 856/06-, RN. 14, juris).
18Vorliegend wurde die Hauptverhandlung jedoch unterbrochen und zugleich ein neuer Hauptverhandlungstermin bestimmt (Bl. 409 R d. A.)."
19Dieser Rechtsauffassung ist zuzustimmen und wird beigetreten.
20Soweit der Beschwerdeführer darauf hinweist, dass auch ein zweiter oder dritter Hauptverhandlungstermin zur Gebühr Nr. 4141 VV RVG führen kann, ist dem beizupflichten. Auch wenn der Beschwerdeführer das anders sehen mag, ist aber auch allgemein anerkannt, dass dies nur für den Fall gilt, dass die Hauptverhandlung ausgesetzt war (vgl. dazu auch Burhoff in: Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl. 2017, Nr. 4141 VV, Rn. 66).
21Die umfangreiche Argumentation des Beschwerdeführers verkennt dabei auch den in Rechtsprechung und Literatur anerkannten und bereits benannten Grundsatz der Einheitlichkeit der Hauptverhandlung, der dem Sinn und Zweck der sogenannten Befriedigungsgebühr nicht widerspricht. Honoriert werden soll mit dieser Gebühr, wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, dass die Hauptverhandlung nicht vorbereitet werden muss. Vorbereitet war die Hauptverhandlung bereits, auch soweit es den Zeugen I3 betraf.
22Für den von dem Beschwerdeführer angesprochenen Fall, dass erst zu Beginn des zweiten Hauptverhandlungstermins der Berufungsrücknahme zugestimmt worden wäre, wäre dies mit nur unwesentlich mehr Arbeit für das Gericht verbunden gewesen. Auch dies spricht also nach Sinn und Zweck der Regelung nicht für die Gewährung einer Befriedigungsgebühr.
23III.
24Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG.
25IV.
26Ein Fall der weiteren Beschwerde liegt nicht vor. Das Recht wurde richtig angewendet (§ 33 Abs. 6 RVG). Diesem Fall steht zwar eine abweichende Rechtsauffassung des Beschwerdeführers, aber keine abweichende Rechtsprechung gegenüber.
27XXXXX