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I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 856,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.08.2012 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 104,50 € sowie Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.08.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt zu 58 % die Klägerin und zu 42 % die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig abwenden, soweit nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann ebenfalls die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten um Schadensersatz aus einem Verkehrsunfallgeschehen am 05.07 2012 in .
3Die 100 %ige Haftung der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig.
4Die Klägerin beauftragte zur Feststellung des Schadens am klägerischen Fahrzeug den Sachverständigen Ing.. Dieser ermittelte laut seines Gutachtens vom 18.07.2013 einen Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges in Höhe von 2.000,00 € und einen Restwert in Höhe von 400,00 €. Die Erstattung seines Gutachtens stellte er der Klägerin mit 431,00 € in Rechnung. Die Beklagte verlangte unter dem 13.08.2012 eine Nachbesichtigung des Fahrzeugs. Dies wurde von der Klägerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 20.08.2012 abgelehnt und um Begründung des Nachbesichtigungsersuchens gebeten.
5Daraufhin antwortete die Beklagte unter dem 29.08.2013, dass erhebliche Zweifel an dem gefertigten Gutachten hinsichtlich des Wiederbeschaffungswertes bestünden und dass eine Regulierung ohne Nachbesichtigung nicht erfolgen werde.
6Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 13.08., 20.08. sowie 29.08.2012 (Bl. 38 – 40 d. A.) verwiesen.
7Die Klägerin trägt vor, dass sich der Wiederbeschaffungswert auf den vom Sachverständigen Ing. ermittelten Betrag in Höhe von 2.000,00 € belaufe.
8Sie ist der Auffassung, dass der Beklagten kein Zurückbehaltungsrecht zum Ausgleich des entstandenen Schadens zustehe, da ein Anspruch auf Nachbesichtigung nicht bestünde.
9Sie beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.056,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.08.2012 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.08.2012 zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie trägt vor, dass der Wiederbeschaffungswert nicht 2.000,00 € sondern lediglich 800,00 € betrage. Daneben ist sie der Auffassung, dass sie ein Zurückbehaltungsrecht besitze, da ihrem verlangten und berechtigten Nachbesichtigungsrecht von Klägerseite nicht nachgekommen worden sei.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteienvorbringens wird auf wechselseitige Schriftsätze der Parteien verwiesen.
15Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird das schriftliche Gutachten (Bl. 94 ff. d. A.) verwiesen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
17Die Klage ist teilweise begründet.
18Die Klägerin besitzt gegen die Beklagte lediglich einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 856,00 € gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG i.V. m. § 249 BGB, 1 PflVersG, 115 VVG.
19Die Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers ist zwischen den Parteien unstreitig.
20Ein über den Betrag in Höhe von 856,00 € hinaus gehenden Schadensersatzanspruch steht der Klägerin gegen die Beklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts nicht zu.
21Denn die Beklagte hat nachgewiesen, dass der Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeugs tatsächlich lediglich bei 800,00 € liegt. Das Gericht stützt sich insoweit auf das schlüssige und widerspruchsfreie Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. . Dieser erklärt in seinem Gutachten nachvollziehbar, dass es sich bei dem klägerischen PKW Renault Clio um ein bereits 15 Jahre altes Fahrzeug handele und die Bewertungslisten lediglich 12 Jahre zurückreichten. Aus diesem Grund müsse so der Sachverständige ein Grundwert des Fahrzeugs durch Extrapolation ermittelt werden. Dazu seien die in der Schwackeliste aufgeführten Verkaufswerte aus dem Jahren 2001 bis 2009 zu untersuchen und zu extrapolieren, wobei sich ein Grundwert des klägerischen Fahrzeugs zum Bewertungszeitpunkt von rund 1.000,00 € ergeben habe. Werterhöhende Reparaturen hätten nicht festgestellt werden können, so dass unter Berücksichtigung der Minderlaufleistung, eines durchschnittlichen Erhaltungszustandes sowie eines Abzugs für die bereits im September 2012 fällige Hauptuntersuchung und den nichtbehobenen Altschaden am Frontstoßfänger ein Wiederbeschaffungswert in Höhe von 800,00 € nicht untersetzt sei. Das anderslautende Ergebnis des Sachverständigen erklärt der gerichtlich beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. ebenfalls nachvollziehbar damit, dass dieser sich bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes auf die Angebote bei Internetanbietern wie bspw. „mobile.de“ oder „autoscout24“ verlassen habe, wobei sich dort jedoch nicht tatsächliche Werte des Fahrzeuges finden ließen, sondern sich lediglich die Preisvorstellungen der jeweiligen Verkäufer wiederspiegeln würden.
22Diese Angaben des Sachverständigen sind für das Gericht überzeugend. Es kommt auf den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs an und nicht auf Preisvorstellungen von Verkäufern vergleichbarer Fahrzeuge im Internet. Die Wertermittlung anhand der Schwackelisten durch den Sachverständigen unter Abzug des Altschadens sowie der fälligen Hauptuntersuchung sind ebenso nachvollziehbar.
23Hiernach hat die Beklagte mithin nachgewiesen das lediglich ein Wiederbeschaffungswert in Höhe von 800,00 € anzusetzen ist. Dieser abzüglich des nicht angegriffenen Restwertes in Höhe von 400,00 € ergibt einen zu ersetzenden Schaden am Fahrzeug in Höhe von 400,00 € sowie einen Schaden in Form der Kosten des Sachverständigengutachtens in Höhe von 431,00 € zzgl. der geltend gemachten Kostenpauschale in Höhe von 25,00 €, so dass sich ein zu ersetzender Schaden in Höhe von 856,00 € errechnet.
24Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten liegt nach Auffassung des Gerichts nicht vor.
25Denn dem KfZ-Haftpflichtversicherer steht regelmäßig kein Anspruch auf Nachbesichtigung des unfallgeschädigten Fahrzeugs zu. Denn es gilt der Grundsatz, dass der Geschädigte seinen Schaden allein auf der Grundlage des von ihm eingeholten Gutachtens abrechnen darf, sofern dieses Gutachten nicht derart gravierende Mängel aufweist, dass dessen Mangelhaftigkeit auch für ihn ohne weiteres erkennbar ist.
26Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn z. B. ein Verdacht auf betrügerische Geltendmachung von Unfallschäden oder Verschweigen von Vorschäden vorliegt.
27Vorliegend gibt es weder Anhaltspunkte für eine Unredlichkeit der Klägerin noch ist das Gutachten des Sachverständigen erkennbar falsch oder mangelhaft. Die bloße Angabe der Beklagten, dass Zweifel an der Höhe des Wiederbeschaffungswertes bestehen, genügt jedenfalls nicht um ein Nachbesichtigungsrecht mit der Folge einer zulässigen gänzlichen Zahlungsverweigerung zu begründen. Nach den Ausführungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen Dipl. Ing. war der Grundwert des Fahrzeuges aufgrund fehlender Bewertungslisten anhand von Extrapolation zu ermitteln und Sondereigenschaften des Fahrzeuges wie Laufleistung, Vorschäden etc. mit zu berücksichtigen. Hieraus ergibt sich ein offensichtlicher Mangel des Privatgutachtens nicht, zumal Internetangebote, wie sie vom Sachverständigen Ing. angeführt werden, in Höhe des von ihm ermittelten Wiederbeschaffungswertes vorlagen.
28Die Entscheidung zu den außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten beruht auf §§ 286, 280 BGB und errechnet sich anhand eines Streitwertes von 865,00 €. Die Zinsentscheidung beruht auf den §§ 286, 288 BGB.
29Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.