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Auf die Berufung der Klägerin wird das am 30.09.2022 verkündete Urteil des Amtsgerichts Paderborn (Az.: 51 C 90/21) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, die feuchten Wände im Schlafzimmer
(Außenwand zur Terrasse hin) sowie im Flur (Außenwand des Flurs, links
von der Haustür zur Terrasse hin) und im Wohnzimmer (Außenwand im Bereich des Wohnungseingangs) der Erdgeschosswohnung „X
10, Q", deren Eingang in der Kurve zur Straße „I" liegt, in Stand zu setzen, so dass keine Feuchtigkeit mehr besteht.
Es wird festgestellt, dass die Warmmiete wegen der feuchten Wände im Schlafzimmer (Außenwand zur Terrasse hin) sowie im Flur (Außenwand des Flurs, links von der Haustür zur Terrasse hin) und im Wohnzimmer
(Außenwand im Bereich des Wohnungseingangs) der
Erdgeschosswohnung „X 10, Q“, deren Eingang in der Kurve zur Straße „I“ liegt, um 20 % gemindert ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden der Klägerin zu 58 % und dem Beklagten zu 42 % auferlegt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 48 % und dem Beklagten zu 52 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
2I.
3Von den gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu treffenden Feststellungen zur Tatsachengrundlage wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
4II.
5Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache teilweise Erfolg.
6Anders als das Amtsgericht mit am 30.09.2022 verkündeten Urteil ausgeführt hat, steht der Klägerin sowohl gem. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB ein Anspruch auf Beseitigung der von ihr geltend gemachten Feuchteerscheinungen in den betroffenen Wänden in Schlafzimmer, Flur und Wohnzimmer als auch gem. § 536 Abs. 1 BGB ein Feststellungsanspruch hinsichtlich eines auf die Feuchteerscheinungen in der Wohnung gestützten Minderungsrechts zu. Die vom Amtsgericht vorgenommene Beurteilung, die streitgegenständliche Wohnung sei trotz feuchter Wände mit zerbröselndem Putz und Salzausblühungen mangelfrei, da der bestimmungsgemäße Gebrauch der Wohnung hierdurch nicht beeinträchtigt sei, hält insofern rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht jedoch einen Anspruch auf Beseitigung der im von der Klägerin angemieteten Kellerraum bestehenden Feuchtigkeit in den Wänden verneint.
81.
9Soweit die Klägerin mit ihrer Klage einen Feststellungsantrag dahingehend gestellt hat, dass die Warmmiete wegen der von ihr geltend gemachten Mängel um 50 % gemindert sei, bestehen hinsichtlich der Zulässigkeit keine Bedenken. Insbesondere liegt das gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor. Dieses richtet sich darauf, dass zwischen den Parteien die Minderung der Miete rechtsverbindlich festgestellt wird, weil dies einerseits im Hinblick auf künftige Mietzahlungen und andererseits – auch soweit zurückliegende Mietzeiträume betroffen sind – als Vorfrage im Fall einer etwaigen Zahlungsverzugskündigung von Bedeutung ist. Diese rechtsverbindliche Feststellung kann durch eine Leistungsklage nicht erreicht werden, weil insoweit die Minderung der Miete nur eine nicht in Rechtskraft erwachsende Vorfrage darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2018 – VIII ZR 271/17 –, juris; BGH NJW-RR 2022, 381).
102.
11Die Klage ist – in Abweichung von den amtsgerichtlichen Ausführungen – auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
12a)
13Die Klägerin hat gegen den Beklagten gem. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB einen Anspruch auf Beseitigung der Feuchtigkeit, die sich in der streitgegenständlichen Mietwohnung im Schlafzimmer in der Außenwand zur Terrasse hin, im Flur in der Außenwand links von der Haustür zur Terrasse hin und im Wohnzimmer in der Außenwand im Bereich zum Wohnungseingang befindet.
14Denn die in den genannten Wänden bestehende Feuchtigkeit, die vorliegend u.a. zu sichtbaren Salzausblühungen und zerbröselndem Putz führte, stellt einen Mangel der Mietwohnung dar, der einen Beseitigungsanspruch der Klägerin zur Folge hat. Dies gilt entgegen der Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts sogar dann, wenn hierdurch der bestimmungsgemäße Gebrauch der Wohnung nicht erheblich beeinträchtigt wäre, wobei eine solche erhebliche Beeinträchtigung hier vorliegt. Die Erfüllung des Instandsetzungsanspruchs stellt sich schließlich auch nicht für den Beklagten als wirtschaftlich unzumutbar dar.
15aa)
16Gem. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Ihm obliegt insofern eine Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht in Bezug auf das Mietobjekt mit der Folge, dass dem Mieter bei Auftreten eines Mangels ein entsprechender Erfüllungsanspruch zusteht. Erweist sich hiernach die Mietsache als mangelhaft, muss der Vermieter tätig werden, selbst wenn der Mangel eine nur unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung nach sich zieht und kein Minderungsrecht des Mieters auslöst (vgl. BeckOK MietR/Specht, 35. Ed. 1.11.2023, BGB § 535 Rn. 4400 ff.).
17Ein Mangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert, ist eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich in erster Linie nach den Vereinbarungen der Mietvertragsparteien. Soweit Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der in § 535 Abs. 1 S. 2 BGB gesetzlich vorgesehene „zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand" durch den vereinbarten Nutzungszweck, hier die Nutzung als Wohnung, bestimmt. Der Mieter einer Wohnung kann nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Dabei sind insbesondere das Alter, die Ausstattung und die Art des Gebäudes, aber auch die Höhe der Miete und eine eventuelle Ortssitte zu berücksichtigen. Gibt es zu bestimmten Anforderungen technische Normen, ist jedenfalls deren Einhaltung geschuldet. Dabei ist nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2018 –
18VIII ZR 271/17 –, juris).
19In Bezug auf die streitgegenständliche Wohnung liegt eine solche für die Klägerin nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand und demnach ein Mangel vor.
20(1)
21Anders als die Klägerin meint, ergibt sich ein solcher Mangel aber nicht bereits aus einer Abweichung von einer zwischen den Parteien ausdrücklich geschlossenen Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich einer trockenen – für Rheumatiker geeigneten – Wohnung. Denn die Klägerin ist für eine derartige
22Beschaffenheitsvereinbarung beweisfällig geblieben. Sie hat zwar behauptet, dass sie den Beklagten bei der Besichtigung ausdrücklich gefragt habe, ob die Wohnung trocken sei, was der Beklagte bejaht habe. Eine solche Unterhaltung bzgl. der Trockenheit der Wohnung hat der Beklagte aber substantiiert bestritten. Er hat insofern im Rahmen seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung am 16.08.2023 nachvollziehbar dargelegt, dass es bei der Besichtigung beispielsweise um den Hund der Klägerin gegangen sei, aber nicht um etwaige Feuchtigkeit in der Wohnung selbst. Die Kammer vermag nach dem Ergebnis der persönlichen Anhörung der Parteien letztlich nicht zu beurteilen, inwieweit tatsächlich über eine Trockenheit der Wohnung gesprochen und ob diese vom Beklagten ausdrücklich zugesichert worden ist. Diese Unsicherheit wirkt sich zu Lasten der Klägerin aus. Gegen die von der Klägerin behauptete Beschaffenheitsvereinbarung kann aber angeführt werden, dass sich diese nicht im Ansatz aus dem Mietvertrag oder dem Übergabeprotokoll ergibt, sodass auch die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Urkunde gegen eine solche Absprache spricht. Soweit die
23Klägerin zudem vortragen lässt, dass der Beklagte aufgrund ihrer mitgeteilten Rheuma-Erkrankung habe wissen müssen, dass es ihr auf eine trockene Wohnung angekommen sei, geht diese Auffassung fehl, da nicht nachvollzogen werden kann, worauf sie diese Schlussfolgerung stützt.
24(2)
25Auf das Vorliegen der behaupteten ausdrücklichen Beschaffenheitsvereinbarung kommt es aber letztlich nicht an. Auch unabhängig von einer solchen ist die Kammer von der Mangelhaftigkeit der Wohnung überzeugt. Denn aus dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. C vom 24.02.2022 und seinen mündlichen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2022 ergibt sich, dass die streitgegenständlichen Wände in der Wohnung erheblich durchfeuchtet sind; hierin ist – entgegen den amtsgerichtlichen Ausführungen – ein Mangel zu sehen, der einen Beseitigungs- bzw.
26Instandsetzungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten gem. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB zur Folge hat.
27Der Sachverständige Dipl.-Ing. C hat im Rahmen seines Gutachtens hinsichtlich der Wohnung nachvollziehbar, detailreich und widerspruchsfrei ausgeführt, dass von ihm im Schlafzimmer im Wandsockelbereich hinter der Fußleiste ein äußerst hoher Feuchtewert von 186,1 Digits gemessen worden sei. Bei
28„normal" trockenen Wänden würden die Werte in etwa im Bereich um ca. 50 Digits liegen. Auch seien in diesem von ihm begutachteten Bereich erheblich sichtbare Feuchtespuren zum Vorschein getreten. Erst ab einer Höhe von ca. 30 cm bewegten sich die gemessenen Feuchtewerte der Innenwand ausweislich der Ausführungen
29des Sachverständigen in einem Niveau „normal" trockener Wände vergleichbarer Wohnungen. Auch im Sockelbereich Außenwand im Schlafzimmer seien ca. 10 cm über dem Boden durchgehend erheblich sehr hohe Feuchtewerte von 135,5 Digits gemessen worden. Am unteren Sockel der Außenwand sei außerdem die
30Putzoberfläche stellenweise bereits bei leichter Berührung zerbröselt, zudem seien Salzausblühungen erkennbar. Auch im Flur und im Wohnzimmer ließen sich an der Außenwand vergleichbare Feuchtewerte feststellen – oberhalb der Sockelleisten sehr hohe Werte, die im weiteren Verlauf nach oben abnehmen würden. Die Außenwände der Erdgeschosswohnung an der Ostseite des Gebäudes, die im erdberührten Sockelbereich sehr feucht seien, würden erst ab einer Höhe von ungefähr 1,00 m über dem Fußboden „normal" trockene Werte erreichen.
31Zum Grund der durchfeuchteten Wände hat der Sachverständige Folgendes ausgeführt:
32Die in der Wohnung im Erdgeschoss festgestellten hohen Feuchtewerte im
33Sockelbereich der Außenwände würden durch kapillaren Feuchtetransport im
34Mauerwerk verursacht. Aus dem Kellergeschoss dringe Feuchtigkeit in das EGMauerwerk ein, da diese Altbauten bauzeitbedingt keine Horizontalabdichtungen und in aller Regel keine ausreichende Vertikalabdichtung aufwiesen. Über den erdberührten Sockelbereich im Erdgeschoss dringe voraussichtlich ebenfalls Feuchtigkeit ein, da auch hier keine ausreichende Abdichtung vorhanden sei. Verstärkend komme hier hinzu, dass das Gelände ein Gefälle in Richtung des Gebäudes aufweise und auch der Grundwasserstand voraussichtlich relativ hoch sei. Das Pflaster der angrenzenden Terrasse habe zwar ein leichtes Gefälle im Anschlussbereich an das Gebäude, doch darunter befinde sich laut Aussage des Beklagten eine Betonbodenplatte, durch die das anfallende Niederschlagswasser nicht im Boden versickern könne. Unter Umständen würde über diese Platte Oberflächenwasser sogar direkt an die Gebäudeaußenwand geführt. Durch die bauzeitbedingt ungenügende Abdichtung ergebe sich so eine hohe Feuchtelast im erdberührten Bereich der Gebäudeostseite.
35Aufgrund der über die gesamte Höhe sichtbar feuchten Außenkellerwände sei erkennbar, dass von kapillar aufsteigender Feuchtigkeit, verbunden mit einem Transport von Salzen, bis in das Erdgeschoss auszugehen sei. Die Feuchtigkeit gelange im Erdgeschoss an die Wandoberfläche, wo sie verdunste. Dabei komme es zur Kristallisation der zuvor gelösten Salze. Die Laboranalysen zeigten dies deutlich, denn beide in der Wohnung entnommene Proben enthielten hauptsächlich („sehr viel") kristalline Partikel (hier: Salze).
36Die Ausführung des Wohnungseingangs trage nach den Darlegungen des Sachverständigen ebenfalls zur besonders hohen Feuchtebelastung dieses Sockelbereichs bei, da hier eine annähernd bodengleiche Schwelle ohne Gefälle erstellt worden sei, durch die dort anfallendes Niederschlagswasser nahezu ungehindert eindringen könne. Aus seiner Sicht sei insofern zweifelsfrei die Feuchtigkeit auf bauseitsbedingte Ursachen zurückzuführen.
37Diesen detailreichen und schlüssigen Erklärungen des Sachverständigen, die dieser mittels im Rahmen des durchgeführten Ortstermins gefertigten Lichtbilder ergänzte, schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung vollumfänglich an. Anhaltspunkte dafür, an der Sachkunde des Sachverständigen Dipl.-Ing. C zu zweifeln, bestehen nicht. Erhebliche Einwendungen gegen die sachverständigen Erläuterungen haben die Parteien im Übrigen nicht vorgebracht. Soweit der Beklagte bzgl. des schriftlichen Gutachtens bemängelt hat, dass lediglich Oberflächenmessungen und keine Bohrungen vorgenommen worden seien und insofern das Messergebnis von feuchten Tapeten oder feuchtem Putz beeinflusst worden sei, sodass hieraus kein zuverlässiger Schluss darauf gezogen werden könne, woher die Feuchtigkeit herrühre, geht dieser Einwand fehl. Der Sachverständige hat zwar zugegeben, dass seine Messmethode in der Tat nicht den Verlauf im gesamten Wandquerschnitt wiedergebe. Die Indizien, die für seine Feststellungen zur Feuchtigkeitsursache sprächen, seien aber so eindeutig, dass dies nicht erforderlich sei. Denn die von ihm aufgefundenen Salzausblühungen könnten nur entstehen, wenn die Feuchtigkeit aus dem Mauerwerk komme; durch externe Feuchtigkeit aus den Räumen sei dies nicht möglich. Die Salzausblühungen entstünden nämlich durch Salze aus den Baumaterialien, die dann durch Feuchtigkeit durch Diffusion und Kapillarwirkung an die trockene Seite getragen würden. Dort trockne die Feuchtigkeit ab und an der Oberfläche würden sich derartige Salzausblühungen bilden. Insofern hat der Sachverständige überzeugend begründet, warum seine gewählte Messmethode zur eindeutigen Beantwortung der Beweisfragen geeignet und ausreichend war.
38Dass die Klägerin durch ihr Wohnverhalten zur Feuchtigkeit in den Wänden der Wohnung beigetragen hat, vermochte die Kammer aufgrund der Erläuterungen des Sachverständigen nicht festzustellen. Vielmehr folgt aus diesen, dass die Klägerin durch ihr Lüftungsverhalten eine hohe Raumluftfeuchtigkeit und Schimmelbildung – die der Sachverständige trotz der von ihm ermittelten hohen Feuchtewerte zu seiner Überraschung nicht ausmachen konnte – vermieden hat. Er hat dabei ausgeschlossen, dass die Feuchtigkeit in den Wänden auf Feuchtigkeit in der Raumluft beruhe. Die niedrigen Feuchtigkeitswerte in der Raumluft seien nach Auffassung des Sachverständigen letztlich sogar nur so erklären, dass die Klägerin über die geöffnete Haustür lüfte. Daher geht auch der Einwand fehl, der Sachverständige habe bei der Ursachenermittlung das Lüftungsverhalten der Klägerin nicht ausreichend berücksichtigt.
39In der insofern vom Sachverständigen festgestellten bauseitsbedingten
40Durchfeuchtung der genannten Wohnungswände liegt trotz des Umstandes, dass die
41Abdichtung des Gebäudes gemäß den Darlegungen des Sachverständigen den üblichen Ausführungen zur Zeit der Gebäudeerstellung entspricht, ein Mangel. Dabei wird nicht verkannt, dass zur Beurteilung eines Mangels der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen ist. Ein anderer Maßstab bei der Beurteilung des Vorliegens eines möglichen Mangels des vermieteten Wohnraums würde dazu führen, auch für eine nicht sanierte oder nicht grundlegend modernisierte Altbauwohnung und unabhängig von entsprechenden konkreten Vereinbarungen der Mietvertragsparteien einen Neubaustandard zugrunde zu legen, was in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des BGH stehen würde (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2018 – VIII ZR 271/17 –, juris).
42Die fehlende Abdichtung an sich stellt dabei aber auch nicht die eigentliche negative Abweichung der Soll- von der Ist-Beschaffenheit dar. Diese Abweichung besteht vielmehr in der durch mehrere Ursachen (fehlende Abdichtung, bodengleiche Schwelle ohne Gefälle etc.) entstandene Feuchtigkeit in den von der Klägerin genannten Wohnungswänden. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass eine Bauteildurchfeuchtung als Sachmangel anzusehen ist (vgl. BGH, a.a.O.). Diese Ansicht hat ebenfalls der Sachverständige Dipl.-Ing. C in seinem Gutachten vertreten und hierzu ausgeführt, dass Wände mit derart hohen Feuchtewerten wie von ihm gemessen, die innenseitig Salzausblühungen aufweisen und bei denen der Mieter die Feuchtigkeit durch sein Verhalten kaum bzw. nur unwesentlich reduzieren könne, im Mietwohnungsbereich nicht hinnehmbar seien. Dass bei Altbauwohnungen im Wohnraumbereich derart feuchte Wände dem bei Errichtung des Gebäudes geltenden Standard entsprechen, ergibt sich auch nicht aus seinen Darlegungen. Im Gegenteil hat dieser ausgeführt (s.o.), dass sich beispielsweise im Schlafzimmer erst in einer Höhe von ca. 30 cm die Feuchtewerte der Innenwand in einem Niveau „normal" trockener Wände vergleichbarer Wohnungen bewegten. Die angemieteten Räume weisen nach den Ausführungen des Sachverständigen, denen sich die Kammer anschließt, insofern keinen Wohnstandard auf, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist, sodass hierin ein Mangel zu sehen ist.
43Durch die Durchfeuchtung der Wände ist ferner die Tauglichkeit der Mietsache gemindert. Dies ist schon deshalb der Fall, weil sich nach den nachvollziehbaren Erläuterungen des Sachverständigen durch die nassen Wände der Putz in der Wohnung zersetze und teilweise schon bei leichter Berührung im Sockelbereich zerbrösele. Dies passiere, so der Sachverständige, wenn Salze kristallisieren, weil sich deren Volumen dann vergrößere. Auch die sichtbaren Feuchtigkeitsflecken sowie die ebenfalls erkennbaren Salzausblühungen stellen jedenfalls merkliche optische Beeinträchtigungen dar, die vom Mieter nicht hinzunehmen sind. Darauf, ob es sich hierbei um erhebliche Beeinträchtigungen handelt, was seitens der Kammer bejaht wird, kommt es im Rahmen des § 535 Abs. 1 S. 2 BGB im Übrigen nicht an, sodass schon aus diesem Grund den Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts nicht zu folgen ist.
44Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Wohnungseigentumsrecht
45(vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2018 – V ZR 203/17 –, juris) haben zudem massive Durchfeuchtungen von Innen- und Außenwänden von zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf Wohnkomfort, Gesundheit und
46– wie bereits ausgeführt – den optischen Eindruck. Massive Durchfeuchtungen der Innen- und Außenwände – wie sie hier vorliegen – müssten deshalb weder in Wohnungs- noch in Teileigentumseinheiten hingenommen werden, und zwar auch dann nicht, wenn gesundheitsschädlicher Schimmel (noch) nicht aufgetreten ist (vgl. BGH, a.a.O.). Diese Ansicht teilt die Kammer in Bezug auf Mietwohnungen vollumfänglich (so z.B. auch LG Kiel, Urteil vom 23-10-1985 - 1 S 8/85); sie entspricht zudem der Einschätzung des Sachverständigen Dipl.-Ing. C, der dargelegt hat, dass aus fachlicher Sicht zum bestimmungsgemäßen Gebrauch einer Wohnung trockene Wände erforderlich seien.
47Trotz des Umstandes, dass im Schlafzimmer auch an einer Innenwand am Sockel hohe Feuchtewerte feststellbar waren, hat die Klägerin aber lediglich einen Beseitigungsanspruch im Hinblick auf die von ihr genannte Außenwand. Die Kammer war insofern an den ausdrücklichen Wortlaut des klägerischen Antrags gebunden (vgl. § 308 Abs. 1 ZPO).
48Soweit die Klägerin ferner bzgl. der Beseitigung der Feuchtigkeit im Wohnzimmer keine Angaben zur betroffenen Wand gemacht hat, war ihr Antrag dahingehend auszulegen, dass die Außenwand im Bereich zum Wohnungseingang gemeint war, da der Sachverständige in dieser erhöhte Feuchtewerte festgestellt hat.
49bb)
50Der Zustand der Wohnung mit durchfeuchteten Wänden ist auch nicht deshalb vertragsgemäß, weil die Klägerin ihn in Kenntnis des Mangels bei Vertragsabschluss akzeptiert hätte. Ein solches Einverständnis ist vorliegend nicht erkennbar. Der Beklagte hat selbst vorgetragen, von feuchten Wänden in der Wohnung bei
51Vertragsschluss nichts gewusst zu haben. Die Wohnung war außerdem zum
52Zeitpunkt des Einzugs der Klägerin frisch renoviert. Woher die Klägerin aber sichere Kenntnis hinsichtlich in die Wohnungswände aufsteigender Feuchtigkeit hätte haben sollen und dass sie diese auch noch als vertragsgemäß akzeptiert hat, ist nicht ersichtlich. Der Klägerin kann auch nicht vorgeworfen werden, dass sie aus einem feuchten Keller nicht auch auf feuchte Wohnungswände geschlossen hat.
53cc)
54Der Beklagte kann sich schließlich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass eine grundsätzlich bestehende Instandsetzungspflicht aufgrund der damit verbundenen Kosten für ihn wirtschaftlich unzumutbar sei. Eine solche wirtschaftliche Unzumutbarkeit hat der Beklagte bereits nicht schlüssig dargelegt.
55(1)
56Zwar endet in der Tat die sich aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB ergebene Verpflichtung des Vermieters zur Beseitigung eines Mangels dort, wo der dazu erforderliche Aufwand die „Opfergrenze” überschreitet. Nach der Rechtsprechung des BGH und der wohl überwiegenden Ansicht in der Literatur folgt dies aus § 275 Abs. 2 S. 1 BGB. Wann die Zumutbarkeitsgrenze für den Vermieter überschritten ist, muss von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen, des Vertragszwecks und der Gebote von Treu und Glauben wertend ermittelt werden, wobei die Beurteilung dem Tatrichter obliegt. Doch darf kein krasses Missverhältnis entstehen zwischen dem Reparaturaufwand einer- und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietobjekts und den aus ihm zu ziehenden Einnahmen andererseits. Bei der Interessenabwägung kann auch miteinzustellen sein, auf welcher Ursache der Mangel beruht und ob der Vermieter den Mangel zu vertreten hat (BGH, Hinweisbeschl. v. 22.1.2014 – VIII ZR 135/13; BGH, Urteil vom 21.4. 2010 - VIII ZR 131/09; BGH, Urteil vom 20.7.2005 - VIII ZR 342/03; Blank/Börstinghaus/Siegmund/Siegmund, 7. Aufl. 2023, BGB § 535 Rn. 328-330).
57Bei der Bewertung aber grundsätzlich auszuklammern ist die mangelnde Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes. Ein Wegfall der Wiederherstellungspflicht kommt zudem selbst dann nicht zwingend in Betracht, wenn aufgrund der Reparaturkosten eine angemessene Verzinsung des im Grundstück steckenden Eigenkapitals nicht mehr gesichert ist. Ein Überschreiten der „Opfergrenze“ ist aufgrund der gesetzlichen Risikoverteilung insgesamt auf enge Ausnahmen beschränkt (vgl. Hirsch, ZMR 2007,
5881 ff.).
59Für die Beurteilung der Frage, wann ein Instandsetzungsaufwand jenseits aller Abwägungskriterien aus finanziellen Gründen unzumutbar ist, gibt es insofern keine feste Obergrenze. Insbesondere lässt sich eine Überschreitung der „Opfergrenze” nicht aus einer bloßen Gegenüberstellung zwischen Sanierungskosten und Verkehrswert herleiten. Es besteht jedoch ein Zusammenhang zwischen der Frage, wie sich etwa die Sanierungskosten und der Verkehrswert „rechnerisch” zueinander verhalten, und der Frage, ob dem Vermieter die Beseitigung des Mangels unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen und Würdigung der Gesamtumstände zugemutet werden kann. Je ungünstiger sich das Verhältnis zwischen Sanierungskosten und Verkehrswert darstellt, desto gewichtiger müssen die entgegenstehenden Umstände sein, die es dem Vermieter trotz bestehendem Missverhältnis zwischen Sanierungskosten und Verkehrswert verwehren sollen, sich auf den Einwand der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit (§ 275 Abs. 2 BGB) zu berufen (vgl. BGH, Urteil vom 21.4. 2010 - VIII ZR 131/09). Eine Überschreitung der Opfergrenze liegt jedenfalls nahe, wenn die Reparaturkosten den Zeitwert des Mietobjekts erheblich übersteigen (vgl. OLG Karlsruhe Urt. v. 30.12.1994 – 19 U 113/94, BeckRS 1995, 1841).
60Als weiterer Orientierungspunkt für die Beurteilung der Zumutbarkeit wird in der Rechtsprechung der Gesichtspunkt herangezogen, ob die aufzuwendenden finanziellen Mittel innerhalb eines Zeitraums von ca. zehn Jahren durch eine erzielbare Rendite aus dem Mietobjekt ausgeglichen werden können, wobei sich auch hier eine schematische Anwendung verbietet, sondern vielmehr die Aspekte des einzelnen Mietvertrages ebenfalls mit zu berücksichtigen sind (vgl. hierzu Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 6. September 2000 – 4 U
6115/00 –, juris).
62(2)
63Dass vorliegend die Zumutbarkeitsgrenze für den Beklagten überschritten ist, hat dieser aber schon nicht substantiiert dargelegt. Dies wirkt sich zu seinen Lasten aus. Denn als derjenige, der sich auf die Leistungsbefreiung nach § 275 Abs. 2 S. 1 BGB beruft und hieraus eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet, trägt er die Darlegungs- und Beweislast für das Überschreiten der Opfergrenze, der er jedoch nicht nachgekommen ist (vgl. hierzu BeckOK BGB/Lorenz, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 275 Rn. 74). Das gilt selbst dann, wenn seine Angaben zur voraussichtlichen Höhe der Sanierungskosten zutreffen sollten.
64Im Einzelnen:
65Der Beklagte hat zwar auf den am 11.10.2023 verkündeten Hinweisbeschluss der Kammer seinen ursprünglichen Vortrag, dass zur Beseitigung der Feuchtigkeit erhebliche Kosten und wohl auch ein Teilabriss des Gebäudes erforderlich seien durch die Vorlage einer Kostenschätzung des Gutachters Dipl.-Ing. N vom 21.11.2023 sowie durch schriftsätzliche Erläuterungen vom 27.11.2023 und 28.12.2023 näher präzisiert. Die Kammer vermag aber selbst bei Wahrunterstellung der vorgelegten Kostenschätzung zur Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden eine von ihm behauptete wirtschaftliche Unzumutbarkeit i.S.d. Überschreitens der
66„Opfergrenze“ im Hinblick auf den Mängelbeseitigungsaufwand nicht festzustellen. Vor diesem Hintergrund bedurfte es auch nicht der Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens zu den vorgetragenen Sanierungskosten.
67Der Beklagte hat unter Bezugnahme auf die von ihm beauftragte Kostenschätzung des Dipl.-Ing. N vom 21.11.2023 ausführen lassen, dass sich die Sanierungsaufwendungen zur Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden am Objekt X 10 in Q auf ca. 133.000,00 Euro brutto beliefen. Angesichts der jährlichen Mieteinnahmen für die von der Klägerin angemietete Wohnung in Höhe von knapp 6.000,00 Euro sei deshalb die Sanierung der Wohnung für ihn wirtschaftlich unzumutbar. Aus der Gegenüberstellung der Kostenschätzung von 133.000,00 Euro und der Mieteinnahmen für die gegenständliche Wohnung von knapp 6.000,00 Euro (konkret: 5.976,00 Euro ohne Nebenkostenvorauszahlungen) kann ein solcher Rückschluss aber nicht gezogen werden. Denn die vorgelegte Kostenschätzung enthält nicht nur Maßnahmen und Kosten, die die Wohnung der Klägerin betreffen. In der vom Beklagten vorgelegten Kostenschätzung wird vielmehr zu Beginn des Gutachtens ausgeführt, dass es aus sachverständiger Sicht zwingend notwendig sei, dass wenn schon im Keller außen und innen sowie in den Erdgeschossräumen eine Sanierung durchgeführt werden müsse, dies im ganzen
68Gebäude zu tun sei. Aus den sodann aufgeführten, für erforderlich erachteten Leistungen ergibt sich, dass der Gutachter auch Arbeiten und Kosten aufgeführt hat, die nicht nur den Keller und die streitgegenständliche Wohnung der Klägerin betreffen, sondern mindestens auch solche, die sich auf die weitere im Erdgeschoss befindliche Mietwohnung beziehen (vgl. S. 2 „Wohnungen“, S. 6, S. 16 ff. der Kostenschätzung).
69Soweit der Beklagte zudem dargelegt hat, dass die jährliche Mieteinnahme für den Altbau, in welchem sich die Mietwohnung der Klägerin befindet und welcher als separates Objekt mit einer Wohnfläche von 473 m² zu betrachten sei, nach Abzug der laufenden Erhaltungsaufwendungen ca. 20.000,00 Euro betrage, so ergibt sich auch hieraus keine Überschreitung der Opfergrenze. Denn bei einem jährlichen Ertragswert von 20.000,00 Euro können die für die Beseitigung der im Altbau bestehenden Feuchtigkeitsmängel aufzuwendenden finanziellen Mittel bereits innerhalb eines Zeitraums von weniger als 7 Jahren durch die erzielbare Rendite aus dem Objekt wieder ausgeglichen werden, sodass der o.g. Orientierungspunkt für die Beurteilung der Grenze der Zumutbarkeit von 10 Jahren gerade nicht überschritten ist.
70Auch aus dem Verhältnis der vorgetragenen Sanierungskosten und dem Verkehrswert des Objekts lässt sich vorliegend ein Überschreiten der Opfergrenze nicht festzustellen. Denn der Beklagte hat trotz des am 11.10.2023 verkündeten Hinweises der Kammer, in welchem die Abwägungskriterien für die Beurteilung einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit aufgezeigt worden sind (vgl. S. 4 des Kammerbeschlusses, 1. Abschnitt) keine konkreten Angaben zum Verkehrswert des Mietobjekts gemacht. Der diesbezügliche Vortrag des Beklagten erschöpft sich lediglich darin, generell anzugeben, dass sich der Verkehrswert eines Mietobjekts an der jährlichen Kaltmiete und der Bereitschaft, welchen Vervielfältigungsfaktor der Käufermarkt bereit sei zu zahlen, bemesse. Zu berücksichtigen sei weiter, dass
71Altbauten mit Gas- oder Ölheizung wegen neuer GEG-Vorgaben aktuell erheblich an Wert verlieren würden und die aufwendige Sanierung der Mietwohnung der Klägerin wegen einer begrenzen Steigerungsbandbreite der Miete von nur 0,50 Euro / m² zu keiner wesentlichen Wertsteigerung führe. Welchen konkreten Wert er aber dem gegenständlichen Objekt zuschreibt, hat er nicht angeführt. Der Kammer erschließt sich ein solcher Wert auch nicht aus den dargestellten, allgemein gehaltenen Angaben des Beklagten, sodass ein etwaiges Missverhältnis zwischen Instandsetzungskosten und Zeitwert des Mietobjekts – welches der Beklagte schon so nicht behauptet hat – für die Kammer nicht ersichtlich ist.
72Soweit der Beklagte zudem bzgl. der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der Sanierung darauf hinweist, dass mit einer weiteren Verschärfung der gesetzlichen Vorgaben für ältere Bestandsimmobilien zu rechnen sei und insofern ein Abriss des Hauses nicht auszuschließen sei, handelt es sich dabei lediglich um Behauptungen ins Blaue hinein, die im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung mangels Konkretisierung nicht miteinzustellen waren. Gleiches gilt für den Vortrag des Beklagten, dass er hinsichtlich der Sanierungskosten ein Darlehen aufzunehmen hätte und die Mieteinnahmen aus dem Objekt für seine Familie den wesentlichen Teil seines
73Lebensunterhaltes darstellten. Unabhängig von der Frage, ob derartige persönliche
74Umstände überhaupt im Rahmen der Abwägung berücksichtigungsfähig sind, hat der Beklagte weder dargelegt, in welchem Rahmen eine Kreditfinanzierung erforderlich wäre noch wie groß der Anteil der Mieteinnahmen an seinen Gesamteinnahmen zur Bestreitung des Lebensunterhalts tatsächlich ist. Aus der Beschreibung, dass die Mieteinnahmen den „wesentlichen Teil“ des Lebensunterhalts ausmachten, vermag die Kammer ohne Bezifferung keine Erkenntnisse zu ziehen, die für eine Unzumutbarkeit für den Beklagten sprächen. Im Übrigen ist – wie oben ausgeführt – die mangelnde Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes bei der Interessenabwägung grundsätzlich auszuklammern. Hinzu kommt, dass der Beklagte selbst noch mit Schriftsatz vom 23.08.2023 ausführte, zum damaligen Zeitpunkt Vermieter von insgesamt 32 Wohnungen zu sein, sodass an seinem Vortrag zum Lebensunterhalt in Bezug auf das streitgegenständliche Mietobjekt doch erhebliche Zweifel bestehen.
75Schließlich verfängt auch der Einwand des Beklagten, dass der Klägerin kein weiterer Nutzen durch die Sanierung zukomme – außer einer Beseitigung der geringen äußeren Erscheinungen der aus dem Keller aufsteigenden Feuchtigkeit – nicht. Wie oben bereits dargestellt entsprechen durchfeuchtete Wände, die nur durch ein entsprechendes Lüftungs- und Heizverhalten des Mieters nicht zu einer erhöhten Raumfeuchte und Schimmelbildung führen, gerade nicht dem vertragsgemäßen Zustand einer Wohnung. Sie beeinträchtigen insbesondere den Wohnkomfort und das Wohnklima. Durch die Sanierung würde dieser Umstand vollumfänglich beseitigt.
76Hierdurch würde ebenfalls das Entstehen weiterer Salzausblühungen verhindert und erreicht, dass der durchnässte Putz nicht bei bloßer Berührung fortwährend zerbröselt.
77Das Überschreiten der Opfergrenze vermag die Kammer dementsprechend aufgrund des Vortrags des Beklagten insgesamt nicht festzustellen.
78b)
79Neben dem aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB folgenden Instandsetzungsanspruch steht der Klägerin ebenfalls ein Anspruch auf Feststellung einer Mietminderung i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB wegen der dargestellten Mängel, namentlich der durchfeuchteten Wände und den damit einhergehenden Erscheinungen des zerbröselnden Putzes, der Salzausblühungen und der sichtbaren Feuchteflecken, welche die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch erheblich beeinträchtigen, zu. Dass die Klägerin wörtlich mit ihrem Feststellungsantrag lediglich eine Minderung wegen der feuchten Wände beantragte, hindert die Kammer nicht daran, die zuletzt genannten Erscheinungen ebenfalls im Rahmen der Minderung zu berücksichtigen. Denn diese sind unmittelbare Folge der von der Klägerin gerügten feuchten Wände.
80Das Feststellungsbegehren der Klägerin ist dabei dahingehend auszulegen, dass dieses auf Feststellung der Mietminderung ab Rechtshängigkeit des entsprechenden Klageantrages bis zur Beseitigung der Mängel gerichtet ist. Denn einen anderweitigen – früheren – Zeitpunkt hat die Klägerin mit ihrem Klagebegehren gerade nicht vorgebracht.
81Vorliegend wurde die Feststellungsklage mit Schriftsatz vom 06.04.2022, eingegangen bei Gericht am selben Tag, erhoben. Da der Beklagtenvertreter auf diese mit Schriftsatz vom 14.04.2022 erwiderte, ist von einer Zustellung der Feststellungsklage spätestens an diesem Tag auszugehen.
82Die Feststellung eines Minderungsrechts ab dem 15.04.2022 steht der Klägerin auch zu. Der Sachverständige hat insofern nachvollziehbar ausgeführt, dass die Wände bereits seit mehreren Jahren durchfeuchtetet sein müssten. Es sei ausgeschlossen, dass dieses Problem erst seit dem Jahre 2019 – dem Einzug der Klägerin in die streitgegenständliche Mietwohnung – bestünde. Dem Beklagten war auch bereits im November 2019 die Feuchtigkeitsproblematik gemeldet worden; das Ausmaß war ihm zudem spätestens ab Erhalt des Sachverständigengutachtens am 03.03.2022 bekannt. Die Klägerin hat außerdem dem Beklagten im Jahr 2020 über den
83Mieterbund mitteilen lassen, dass ihre Mietzahlung wegen der
84Feuchteerscheinungen lediglich unter Vorbehalt erbracht werde.
85Die Kammer erachtet eine Minderungsquote von 20 % – und nicht wie von der Klägerin begehrt von 50 % – für angemessen.
86Die Minderungsquote richtet sich nach dem Ausmaß der durch die Feuchtigkeit bedingten Beeinträchtigung des Mietgebrauchs. Haben sich infolge der Feuchtigkeit etwa Schimmelpilze gebildet, so ist dies bei der Höhe der Minderung zugunsten des Mieters zu berücksichtigen (vgl. Blank/Börstinghaus/Siegmund/Siegmund, 7. Aufl. 2023, BGB § 536 Rn. 14-133).
87Vorliegend ist bei der Minderungsquote in Ansatz zu bringen, dass insgesamt drei Räume der streitgegenständlichen Wohnung und damit fast jeder Raum von einer durchfeuchteten Wand betroffen ist. Zur Feuchtigkeit in den Wänden, welche die Wohnqualität der Klägerin beeinträchtigt, kommen ferner die sichtbaren Nachteile wie der Putzschaden und die Salzausblühungen hinzu. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen sowie der Tatsache, dass sich aber noch kein Schimmel gebildet hat und die Raumluftfeuchte nicht zu hoch ist, war eine Minderungsquote von 20 % auszusprechen (vgl. hierzu etwa AG Osnabrück WuM 2014, 137; LG Kiel, Urteil vom 23-10-1985 - 1 S 8/85; AG Brühl, 9. Januar 1981, 2 C 632/79; OLG Naumburg, Urteil vom 31.05.2000 - 6 U 97/99; AG Hamburg-Altona, Urteil vom
8812.12.2002 - 317 C 363/02).
89Da sich nach einhelliger Rechtsprechung die Minderung, soweit sie gerechtfertigt ist, auf die Gesamtmiete einschließlich aller Nebenkosten bezieht (vgl. BGH, Urt. v. 13. 4. 2011 – VIII ZR 223/10), war wie beantragt auszusprechen, dass die Warmmiete gemindert ist.
90Das Minderungsrecht der Klägerin ist auch nicht gem. § 536b BGB ausgeschlossen. Soweit der Beklagte vorträgt, dass die Feuchtigkeit im Keller erkennbar gewesen sei, betrifft diese Behauptung lediglich den Kellerraum. Im Hinblick auf die feuchten Wände in der Wohnung hat der Beklagte selbst solche Erscheinungen bestritten und sodann – nach Gutachtenerstattung des Sachverständigen Dipl.-Ing. C – dargelegt, dass er hiervon keine Kenntnis gehabt habe. Insofern kann erst Recht bei der Klägerin keine Kenntnis angenommen werden.
91Da ein der Klägerin vorzuwerfendes Lüftungs- und Heizverhalten, welches die Feuchtigkeit in der Wand negativ beeinflusst hat, ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. C (s.o.) nicht festgestellt werden konnte, scheidet ein Recht zur Minderung auch aus diesem Grund nicht aus.
923.
93Der Klägerin steht jedoch – wie das Amtsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung dargelegt hat – kein Anspruch auf Beseitigung der in den Kellerwänden des gegenständlichen Mietobjekts bestehenden Feuchtigkeit zu.
94Denn im Hinblick auf den von der Klägerin mitgemieteten Kellerraum (Kellerraum 2A) liegt hierin kein Mangel, der einen Anspruch gem. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB begründet.
95Zwar hat der Sachverständige Dipl.-Ing. C im Rahmen seines schriftlichen Gutachtens vom 24.02.2022 dargestellt, dass bei der Durchführung von Feuchtemessungen mit einem Kugelkopfmessgerät sowohl sich innerhalb des
96Kellerraums 2A als auch auf der Wandrückseite im unteren Wandbereich sehr hohe Feuchtewerte gezeigt hätten und erst ab einer Höhe von ca. 1,50 m durchschnittlich trockene Werte bestanden hätten. An der Außenwand im Kellergeschoss habe er beispielsweise einen Feuchtewert von 200 Digits gemessen, was einem Feuchtewert von 100 % entspreche. Auch seien an der Putzoberfläche bereits Salzausblühungen erkennbar gewesen. Bei den ermittelten Werten handele es sich nach den Darstellungen des Sachverständigen aber um bauzeit- und bauarttypische Werte, die nicht verwunderten, da die Bodenplatten aus dieser Zeit häufig aus Ziegel oder Magerbeton erstellt worden und daher nicht wasserdicht seien, z.T. sogar eine kapillare Saugfähigkeit hätten. Ebenso sei davon auszugehen, dass weder bei den Außen- noch bei den Innenwänden eine Horizontalsperre gegen aufsteigende
97Feuchtigkeit eingebaut worden sei, da diese erst ab ca. 1930 ausgeführt worden sei. Zum Errichtungszeitpunkt des Gebäudes hätten auch keine verbindlichen Abdichtungsvorschriften vorgelegen. Da insofern bis in die 1960er Jahre keine hochwertigen und dauerhaften Abdichtungssysteme zur Verfügung gestanden hätten, würden die Außenwände dieser Altbaukeller sehr häufig hohe Feuchtewerte aufweisen. Kellerräume seien früher auch lediglich zum Lagern von z.B. Lebensmitteln und Kohle und keinesfalls zur Aufbewahrung feuchteempfindlicher Gegenstände vorgesehen gewesen. Da eine solche Lagerung im vorliegenden Keller möglich sei – die im Keller abgestellten Gegenstände hätten mit Ausnahme der auf der Bodenplatte abgestellten Kartons keine Feuchtigkeitsschäden aufgewiesen – liege aus Sicht des Sachverständigen auch keine Tauglichkeitsminderung vor. Diesen durchweg überzeugenden Erläuterungen folgt die Kammer. Denn ein Mieter einer Altbauwohnung kann nicht ohne weiteres erwarten, dass der zur Wohnung gehörende Keller trocken und auch zur Lagerung feuchtigkeitsempfindlicher Gegenstände geeignet ist (vgl. LG Osnabrück Urt. v. 11.4.2001 – 6 S 1247/00, BeckRS 2010, 10164). Kellerfeuchte im Altbau stellt gerade keinen Mangel dar, wenn sich der Keller in einem Zustand befindet, der – wie hier – zur Zeit der Errichtung des Gebäudes typisch ist (vgl. LG Dresden, Urt. v. 17.6.2014 – 4 S 4/14).
98Im Übrigen hat der Beklagte unstreitig bei Besichtigung der Wohnung inkl. des Kellers mitgeteilt, dass der Keller feucht sei und darauf hingewiesen, dass dort keine feuchteempfindlichen Gegenstände gelagert werden könnten. Ein solcher Hinweis ergibt sich auch aus dem Übergabeprotokoll. Da dieses ferner die Unterschrift der Klägerin ausweist, liegt hierin bereits eine Parteivereinbarung hinsichtlich der im Protokoll genannten Eigenschaft des Kellers, die einen dahingehenden Mangel bereits deshalb ausschließt.
99Ein Beseitigungsanspruch in Bezug auf die feuchten Kellerwände folgt schließlich nicht daraus, dass der Sachverständige im Rahmen seiner erstinstanzlichen Gutachtenerstattung dargelegt hat, dass die Feuchtigkeit aus dem Kellergeschoss in das EG-Mauerwerk eindringe. Denn wie der Vermieter letztlich seiner Mängelbeseitigungspflicht in Bezug auf die Feuchtigkeit in den Wänden der
100Wohnung sach- und fachgerecht nachkommt, ist ihm überlassen (vgl. Hirsch, ZMR 2007, 81 ff.).
1014.
102Über den ursprünglich ebenfalls mit der Berufung angegriffenen Zahlungsanspruch des Beklagten in Höhe von 177,04 Euro, welchen dieser im Rahmen der Widerklage geltend gemacht hat, war in der Sache nicht mehr zu entscheiden, da die Widerklage diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung am 16.08.2023 durch den Beklagten zurückgenommen worden ist.
103III.
104Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
105Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
106I H C