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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Kaufvertrag über das Grundstück G 31, B, welches mit einem Einfamilienwohnhaus bebaut ist. Bei dem Haus handelt es sich um ein Fertighaus der Fa. P aus dem Jahr 1976. Der Kläger erwarb zusammen mit seiner Ehefrau, der Zeugin L, mit notariellem Kaufvertrag vom 04.02.2021 das streitgegenständliche Grundstück von der Beklagten und deren Ehemann. Der Kläger macht nun gewährleistungsrechtliche Ansprüche aus eigenem sowie aus abgetretenem Recht wegen einer behaupteten Mangelhaftigkeit des erworbenen Einfamilienhauses geltend. Die Zeugin L hat mit Erklärung vom 09.11.2022 die ihr zustehenden Ansprüche wegen einer etwaigen Mangelhaftigkeit des Wohnhauses an den Kläger abgetreten.
3Das streitgegenständliche Grundstück inklusive Wohnhaus war durch die Beklagte unter Einschaltung des Streithelfers der Beklagten, dem Zeugen Q, als Makler zum Kauf angeboten worden. Eine erste Besichtigung unter Beteiligung des Klägers, der Zeugin L und des Streithelfers der Beklagten erfolgte am 04.01.2021. Am 05.01.2021 bekundeten der Kläger und die Zeugin L ihr Kaufinteresse. Sie gaben ein Angebot über 252.000,00 € ab. Am 18.01.2021 erklärte der Makler für die Verkäuferseite das Einverständnis mit dem angebotenen Kaufpreis. Am 04.02.2021 schlossen die Parteien einen notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag ab.
4Im Kaufvertrag wurde in Ziff. 2.4 ff. ein Haftungsausschluss vereinbart. Demnach sind Ansprüche und Rechte der Kaufpartei wegen offener oder versteckter Sachmängel ausgeschlossen. Dieser Haftungsausschluss gilt nicht bei schuldhafter Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit und bei grobem Verschulden, Vorsatz oder Arglist der Verkäuferpartei, ihres Vertreters oder Erfüllungsgehilfen. Zudem wurde ausdrücklich auch die Haftung für Schadstoffe im und am Gebäude ausgeschlossen.
5Im Anschluss an den Termin beim Notar kam es zu einem etwa dreistündigen Treffen zwischen den Käufern und den Verkäufern im streitgegenständlichen Gebäude, um die Übergabe vorzubereiten. Das Haus wurde gemeinsam begangen und die Käufer erhielten Unterlagen zum Objekt und zum Inventar. Die Schlüsselübergabe erfolgte schließlich am 30.04.2021. Am 22.05.2021 zog die Familie des Klägers in das Haus ein. Wohnhaft war dort neben dem Kläger und der Zeugin L auch deren einjährige Tochter F.
6Mit Schreiben vom 08.09.2022 wandte sich der Kläger an die Beklagte. Das Haus sei mangelhaft, da es mit krebserregenden Substanzen belastet sei. Des Weiteren habe sich innerhalb der Wohnräume eine extreme Geruchsbelastung offenbart. Unter Fristsetzung zum 24.09.2022 forderte er die Beklagte zum Anerkenntnis eines Schadensersatzanspruchs wegen Mangelhaftigkeit des Hauses auf. Die Beklagte wies die Forderung des Klägers zurück.
7Der Kläger begehrt die Zahlung von Schadensersatz für die Sanierung sowie die Feststellung der Haftung dem Grunde nach wegen dem Haus anhaftender Mängel. Er behauptet hierzu, dass das Wohnhaus mit diversen Schadstoffen belastet sei. Dies habe eine Raumluftanalyse ergeben. In deren Rahmen sei Formaldehyd in einer Konzentration von 180 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft festgestellt worden. Formaldehyd könne zu Augenreizungen, Reizungen der Atemwege, Kopfschmerzen, Minderung der Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnisstörungen, Übelkeit, Erkältungen, Schlafstörungen, Allergien, Mattigkeitsgefühlen und Depressionen führen. Der zulässige Höchstwert für Luft in Innenräumen liege bei 60 Mikrogramm. Des Weiteren sei Lindan festgestellt worden. Dabei handele es sich um ein Holzschutzmittel, das mittlerweile verboten sei. Es wirke schädigend auf Nerven und Leber und verursache Missempfindungen an der Haut, Kopfschmerzen und Schwindel; zum Teil seien bei betroffenen Personen Änderungen von Blutbild und Leberfunktionsparametem sowie Hinweise auf veränderte Aktivitäten fremdstoffmetabolisierender Leberenzyme festgestellt worden. Es sei zudem krebserregend. Des Weiteren seien Chloranisole vorhanden. Dabei handele es sich um geruchsintensive Verbindungen. In Innenräumen würden diese Stoffe nicht direkt eingesetzt, könnten aber aus Verbindungen wie Phenolen, Chlorphenolen oder Chlorbenzolen in Verbindung mit mikrobieller Aktivität entstehen. Schimmelpilze der Gattung Penicillium und Trichoderma oder Bakterien seien daran oft maßgeblich beteiligt. Auch das Vorliegen weiterer Schadstoffe sei nicht auszuschließen.
8Die Schadstoffbelastung sei auf die konkrete Art und Weise des Aufbaus des Hauses und die bei der Herstellung der einzelnen Bauteile verwendeten Stoffe, insbesondere Holzschutzmittel, zurückzuführen. Fertighäuser wie das streitgegenständliche der Firma P aus den 1970er und 1980er Jahren seien üblicherweise mit diversen Schadstoffen belastet.
9Im November 2022 sei er mit seiner Familie aufgrund der Schadstoffbelastung schließlich aus dem Haus ausgezogen. Man wohne nun bei seinen Schwiegereltern. Zwei von ihm und seiner Frau konsultierte Kinderärzte hätten den sofortigen Auszug mit dem Kleinkind empfohlen. Sie suchten momentan nach einem Umweltmediziner, um F vorstellen zu lassen, da der Kinderarzt auch das empfohlen habe. Anlass seien ständige Erkältungssymptome, die nicht abklingen würden. Diese seien auf die Belastung des Hauses zurückzuführen.
10Einen Mangel stelle jedoch bereits die vorhandene extreme Geruchsbelastung dar, welche durchaus mit der Schadstoffbelastung in Zusammenhang stehen könne. Diese Geruchsbelastung sei ihm erst im Anschluss an den Abschluss des Kaufvertrages aufgefallen. Es handele sich um einen spezifischen Geruch, der sämtlichen Kleidungsstücken anhafte. Er habe diesen Geruch zunächst mit dem Alter des Hauses und des Inventars in Verbindung gebracht. Als mit einer grundlegenden Renovierung begonnen worden sei, sei ihm jedoch der wahre Umfang der Geruchsbelastung klar geworden. Selbst die während der Renovierungsarbeiten typischerweise entstehenden Gerüche (Tapetenkleister, Wanddispersion) hätten den spezifischen Hausgeruch nicht überdeckt. Mit zunehmender Wohndauer sei ihm und seiner Ehefrau das veränderte Raumklima und die im Nachgang intensivierte Geruchsbelastung aufgefallen. Beim Betreten des Hauses laufe man quasi gegen „eine Wand“ von schlechter und muffiger Luft. Dieser Geruch trete verstärkt im Eingangsbereich und den Schlafzimmern auf. Ein längerer Aufenthalt dort etwa über Nacht führe zu Kopfschmerzen. Vor allem bei feuchtem Wetter sei der Geruch besonders intensiv. Lüften führe nur zu kurzzeitiger Entlastung. Beim Verlassen des Hauses hafte der Geruch an Kleidung, Haut und Haar. Er selbst und auch seine Ehefrau müssten sich deswegen schämen und fühlten sich unwohl, etwa wenn sie auf Besuch bei Freunden seien. Seine Ehefrau habe während ihrer Schwangerschaft zwei Krankenhausaufenthalte gehabt. Der ihrer Tasche und der mitgenommenen Kleidung anhaftende Geruch habe bei ihr starken Stress verursacht und sei ihr sowohl vor dem Personal als auch der Bettnachbarin sehr peinlich gewesen. Er selbst sei von Beruf Fachlagerist. An seiner Arbeitsstelle gebe es einen gemeinsamen Umkleideraum. Dort falle der Geruch ebenfalls negativ auf, was ihn sehr belaste. Die Familie sei deshalb permanent am Wäsche waschen und am Lüften. Wäsche, die gewaschen wurde und im Keller bereits getrocknet war, müsse sofort weggeräumt werden. Sobald man die Wäsche kurz im OG zwischenlagere, nehme sie den Geruch des Hauses an und müsse neu gewaschen werden. Auch die zwischenzeitliche Verwendung eines Lüfters im Wohnbereich habe keine Abhilfe geschaffen.
11Die geruchliche Situation habe bereits vor dem Kauf des Hauses vorgelegen und sei der Beklagten bekannt gewesen. Auch habe der Streitverkündete die Situation verschwiegen. Er, der Kläger, habe im Rahmen der Besichtigung ausdrücklich nach Feuchtigkeitsschäden gefragt. Der Streitverkündete habe daraufhin erklärt, dass mit dem Haus alles in Ordnung sei und es nichts zu beanstanden gebe. Dabei sei die Problematik der Schadstoffbelastung bei derartigen Häusern unter Maklern allgemein bekannt.
12Die Kosten für die Beseitigung der Geruchs- und Schadstoffbelastung beliefen sich auf mindestens 83.082,00 €. Die Fa. P habe die Kosten auf 71.132,00 € beziffert. Die Kosten für die Instandhaltung von Immobilien seien jedoch um 16,8 % gestiegen, sodass sich eine Gesamtsumme von 83.082,00 € ergebe. Für die Raumluftuntersuchung seien 219,70 € angefallen, für bisher vorgenommenen nutzlose Renovierungsarbeiten 1.561,45 €.
13Der Kläger ist der Ansicht, dass sich die Beklagte auf den vereinbarten Haftungsausschluss nicht berufen könne, da ihr Arglist vorzuwerfen sei. Auch habe der Streitverkündete arglistig gehandelt. Er habe entweder die Schadstoffbelastung gekannt oder zumindest eine Angabe ins Blaue hinein abgegeben. Über § 278 BGB sei dieses Verhalten der Beklagten zurechenbar. Auch ein Interesse an der Feststellung der Haftung dem Grunde nach sei gegeben, da sich weitere Schäden z.B. durch auswärtige Unterbringung während der Sanierung, ergeben könnten. Auch sei ggf. an einen Schmerzensgeldanspruch zu denken.
14Der Kläger beantragt,
15die Beklagte zu verurteilen, an ihn
161. 83.082,00 €,
172. Laborkosten in Höhe von 219,70 €,
183. Renovierungskosten in Höhe von 1.561,45 € sowie
194. vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 5.002,76 €
20jeweils nebst 5 % Zins p. a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und
215. festzustellen, dass die Beklagte ihm sämtlichen künftig entstehenden materiellen und immateriellen Schaden aus dem am 04.02.2021 notariell beurkundeten Verkauf des Grundstücks G 31, B, zu zahlen hat, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder einen Dritten übergegangen ist.
22Die Beklagte und deren Streithelfer beantragen,
23die Klage abzuweisen.
24Sie behaupten, dass zu keinem Zeitpunkt eine Geruchs- oder eine Schadstoffbelastung gegeben gewesen sei. Das Haus sei mangelfrei. Die Raumluftanalyse sei unbrauchbar, da der Kläger die getestete Probe selbst entnommen habe. Die Probenentnahme sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Eine etwaige Schadstoffbelastung habe sich anderweitig nie gezeigt, das Haus sei problemlos bewohnbar. Die im vom Kläger vorgelegten Angebot enthaltenen Renovierungsmaßnahmen seien weder erforderlich noch fachgerecht kalkuliert.
25Der Streithelfer habe zudem im Rahmen der Besichtigung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um ein P-Haus handele. Er habe zudem darauf hingewiesen, dass es schadstoffbelastete Objekte dieser Firma gab oder gibt. Er habe erklärt, dass die Fa. P Anfang der 1970er Jahre in die Kritik geraten sei, weil schadstoffbelastete Objekte aufgefallen seien. Die Fa. P habe daraufhin die Bauweise geändert. Es sei vermehrt darauf geachtet worden, dass keine Schadstoffe aus den verwendeten Bauprodukten austreten. Das Kaufobjekt im vorliegenden Fall sei in den späteren 1970er Jahren erbaut worden, sodass davon ausgegangen werde, dass alles in Ordnung sei. Gleichwohl werde man im notariellen Vertrag eine Passage aufnehmen, wonach die Haftung der Verkäufer für Schadstoffe aus Bauprodukten ausgeschlossen sei.
26Sie sind der Ansicht, dass der vereinbarte Gewährleistungsausschluss greife und einer Haftung für etwaige Mängel entgegenstehe.
27Die Kammer hat die Parteien persönlich angehört und Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeuginnen L, N und X sowie der Zeugen Q und N. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung und Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23.08.2023 Bezug genommen.
28Die Klage ist der Beklagten am 07.12.2022 zugestellt worden.
29Entscheidungsgründe:
30Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger steht weder ein Schadensersatzanspruch noch ein Anspruch auf Feststellung der Haftung dem Grunde nach gegen die Beklagte zu.
31I.
32Ein Schadensersatzanspruch auf Ersatz der Sanierungskosten sowie der angefallenen Laborkosten folgt insbesondere nicht aus kaufrechtlicher Gewährleistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 S. 1 BGB.
33Ein Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3, 281 Abs. 1 S. 1 BGB setzt das Vorliegen eines Mangels im Zeitpunkt des Gefahrübergangs voraus. Gem. § 446 S. 1 BGB geht die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zukünftigen Verschlechterung der Sache mit der Übergabe auf den Käufer über. Diese ist unstreitig am 30.04.2021 erfolgt. Gem. § 434 BGB a.F., welcher auf den Sachverhalt aus dem Jahr 2021 gem. Art. 229 § 58 EGBGB anwendbar ist, ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Zu der Beschaffenheit gehören auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, oder seines Gehilfen erwarten kann, es sei denn, dass der Verkäufer die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen musste, dass sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war oder dass sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.
34Eine besondere Vereinbarung über die Beschaffenheit des streitgegenständlichen Wohnhauses haben die Parteien nicht geschlossen. Auch wurde im Rahmen des notariellen Kaufvertrages nicht explizit eine besondere Verwendbarkeit für einen bestimmten Zweck vereinbart. In Betracht kommt jedoch eine Abweichung von der üblichen und erwartbaren Beschaffenheit.
35Der Kläger behauptet hierzu zunächst, dass das Wohnhaus extreme Gerüche emittiere, die an der Kleidung und den Haaren der Personen hafteten, die sich für eine gewisse Zeit in den Wohnräumen aufhalten. Auch bei einem im Jahr 1976 erbauten Fertighaus ist es nicht üblich und nicht zu erwarten, dass eine derartige Geruchsbelastung gegeben ist. Die Beklagte bestreitet jedoch das Vorliegen einer solchen Belastung.
36Die Darlegungs- und Beweislast bezüglich dieser streitigen Tatsache trifft den Kläger. Grundsätzlich gilt die Vermutung der Vertragsmäßigkeit der Sache für den Fall, dass sie mit der vom Verkäufer gegebenen Beschreibung übereinstimmt. Deshalb trägt der Käufer, der sich auf die Mangelhaftigkeit beruft, ab Annahme als Erfüllung die Darlegungs- und Beweislast für die einen Mangel begründenden Tatsachen. Ebenso trägt der Käufer die Beweislast dafür, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war (Hk-BGB/Saenger, 9. A. 2017, § 434 Rn. 24).
37Diesen Beweis vermochte der Kläger nicht zu führen. Die Kammer ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zu der Überzeugung gelangt, dass die vom Kläger behauptete extreme Geruchsbelastung im Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war. So hat allein die Zeugin L das Vorliegen eines stechenden und muffigen Geruchs bestätigt. Wenn man das Haus betrete, laufe man wie vor eine Geruchswand. Dieser Geruch sei ihr bei der Besichtigung jedoch noch nicht aufgefallen. Nach dem Übergabetermin habe sie jedoch in ihrer Kleidung und ihren Haaren einen sonderbaren Geruch festgestellt. Auch nach vorgenommenen Renovierungsarbeiten sei dieser Geruch nicht verschwunden. Die übrigen Zeugen vermochten das Vorliegen eines solchen Geruchs jedoch nicht zu bestätigen. So hat der Zeuge Q ausgesagt, dass er bereits vor den Besichtigungsterminen zweimal bei den Verkäufern vor Ort gewesen sei. Ein besonderer Geruch sei ihm dabei nicht aufgefallen. Auch der Zeuge und die Zeugin N beide Stiefkinder der Beklagten, haben den vom Kläger behaupteten Geruch nicht bestätigen können. Beide haben sich vor dem Verkauf an den Kläger und die Zeugin L regelmäßig auch längere Zeit in dem streitgegenständlichen Wohnhaus aufgehalten und ausgesagt, dass sie zu keinem Zeitpunkt einen derartigen Geruch festgestellt hätten. Die Zeugin N hat darüber hinaus ausgesagt, dass sie nach dem Auszug der Beklagten noch einige Möbelstücke mitgenommen habe. Darunter sei unter anderem eine Schlafcouch gewesen. Irgendwelche besonderen Gerüche gäben diese jedoch nicht ab. Zuletzt hat auch die Zeugin X als Nachbarin keinen Geruch vor der Übergabe an den Kläger und die Zeugin L feststellen können. So hat sie ausgesagt, dass sie vor dem Auszug der Eheleute N im Haus gewesen sei. Besondere Gerüche habe sie jedoch nicht festgestellt. Bei anderen Nachbarn mit vergleichbaren Häusern sei ihr dagegen schon ein anderer bzw. sonderbarer Geruch aufgefallen. Bei den Eheleuten N sei das nicht der Fall gewesen. Nach dem Einzug des Klägers und der Zeugin L habe sie lediglich vor der Tür des Hauses einmal einen Geruch wahrgenommen. Im Haus selbst sei sie danach jedoch nicht mehr gewesen.
38Im Ergebnis haben die Zeugen im Rahmen ihrer Vernehmungen Gegenteiliges ausgesagt. Allein die Zeugin L hat den Vortrag des Klägers von einer starken Geruchsbelastung bestätigt. Die übrigen Zeugen haben diese Aussage für den relevanten Zeitpunkt der Übergabe nicht stützen können. Die Aussagen dieser Zeugen sind jedoch nicht weniger glaubhaft, als die Aussage der Zeugin L. Die Aussagen erscheinen ebenso nachvollziehbar und weisen keine besondere Belastungs- oder Entlastungstendenz auf. Insbesondere die Aussage der Zeugin X, die mit den Parteien weder verwandt noch verschwägert ist und damit nicht in das Lager einer Partei einzuordnen ist, konnte die Geruchsbelastung über einen längeren Zeitraum und im Vergleich mit anderen ähnlichen Gebäuden in der Nachbarschaft einordnen.
39Letztlich ist die Tatsache des Vorliegens einer Geruchsbelastung mit Blick auf die unterschiedlichen Zeugenaussagen unerweislich geblieben. Dies geht zulasten des beweisbelasteten Klägers.
40Der Kläger behauptet des Weiteren, dass das streitgegenständliche Wohnhaus mit diversen Schadstoffen belastet sei. Ob eine solche Belastung gegeben ist und die Belastung mit Schadstoffen, die auch nach Vortrag des Klägers bei vergleichbaren Häusern üblich und der Bauweise immanent ist, überhaupt einen Sachmangel in Form des Abweichens von der üblichen und zu erwartenden Beschaffenheit darstellt, kann jedoch mit Blick auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss dahinstehen. Entgegen der Ansicht des Klägers ist es der Beklagten nicht verwehrt, sich auf diesen zu berufen.
41Gem. § 444 BGB ist es den Parteien grundsätzlich möglich, eine Vereinbarung zu schließen, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden. Eine solche Vereinbarung haben die Parteien in Ziff. 2.4 ff. des notariellen Kaufvertrags abgeschlossen. Gem. Ziff. 2.5 Abs. 1 S. 1 des Vertrages werden alle Ansprüche und Rechte der Kaufpartei wegen offener oder versteckter Sachmängel ausgeschlossen. Gem. Ziff. 2.5 Abs. 2 des Vertrages sind hiervon ausdrücklich auch etwaige Schadstoffe in und am Gebäude erfasst. Gem. § 444 BGB, Ziff. 2.5 Abs. 1 S. 2 des Vertrages kann sich der Verkäufer nur dann nicht auf den Ausschluss berufen bzw. greift der Ausschluss dann nicht ein, wenn der Verkäuferpartei oder ihren Vertretern oder Erfüllungsgehilfen grobes Verschulden, Vorsatz oder Arglist vorzuwerfen ist, der der Verkäuferseite bekannte Mangel also insbesondere arglistig Verschwiegen worden ist.
42Arglistiges Verschweigen eines Mangels liegt vor, wenn der Verkäufer einen Mangel, den er kennt oder zumindest für möglich hält, trotz Offenbarungspflicht verschweigt und dabei billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Kenntnis den Vertrag nicht oder jedenfalls nicht mit dem vereinbarten Inhalt abgeschlossen hätte (Pammler in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 444 BGB (Stand: 01.02.2023), Rn. 27). Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst dabei nicht nur ein von betrügerischer Absicht getragenes Verhalten des Veräußerers, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens“ und „Inkaufnehmens“ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (Pammler in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 444 BGB (Stand: 01.02.2023), Rn. 30). Bezugspunkt der Arglist in § 444 BGB ist stets ein konkreter Mangel. Arglist liegt deshalb nur vor, wenn der Verkäufer diesen konkreten Mangel kennt oder zumindest im Sinne eines bedingten Vorsatzes für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Das Gesetz spricht mit den Worten „den Mangel“ jeden einzelnen Mangel an, auf den sich der Käufer beruft (Pammler in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 444 BGB (Stand: 01.02.2023), Rn. 33).
43Grundsätzlich muss der Verkäufer alle Fragen des Käufers betreffend die Kaufsache richtig und vollständig beantworten. Auch bei Vertragsverhandlungen, in denen die Beteiligten entgegengesetzte Interessen verfolgen, besteht für jeden Vertragspartner die Pflicht, die andere Vertragspartei über solche Umstände aufzuklären, die den von ihr verfolgten Vertragszweck vereiteln können und für ihren Entschluss zum Vertragsschluss von wesentlicher Bedeutung sind, wenn sie eine solche Unterrichtung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Vertragsanschauung redlicherweise erwarten durfte. Dies ist indes nur bei Umständen gegeben, die die andere Vertragspartei nicht kennt und auch nicht kennen kann, oder bei solchen, die sie nicht durchschaut (Pammler in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 433 BGB (Stand: 01.02.2023), Rn. 109). Gibt es sichtbare Anhaltspunkte, die auf einen möglichen Mangel hindeuten, jedoch keinen tragfähigen Rückschluss auf Art und Umfang des Mangels erlauben, hat der Verkäufer gemäß seinem Kenntnisstand aufzuklären und darf sein etwaiges konkretes Wissen nicht zurückhalten (Pammler in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 444 BGB (Stand: 01.02.2023), Rn. 47).
44Eine allgemeine Aufklärungspflicht des Verkäufers darüber hinaus besteht hingegen nicht, weil es grundsätzlich die Sache einer jeden Partei ist, die eigenen Interessen wahrzunehmen (Pammler in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 444 BGB (Stand: 01.02.2023), Rn. 45).
45Gemessen an diesen Maßstäben konnte ein arglistiges Verschweigen eines Mangels durch die Beklagte auch im Rahmen der Beweisaufnahme nicht zur erforderlichen Überzeugung des Gerichts festgestellt werden. Im Rahmen des § 444 BGB trägt der Verkäufer die Beweislast dafür, dass ein Haftungsausschluss oder eine Haftungsbeschränkung vereinbart wurde. Der Käufer muss jedoch beweisen, dass der Verkäufer arglistig gehandelt hat und sich daher nicht auf die Vereinbarung berufen kann (BeckOK BGB/Faust, 65. Ed. 1.2.2023, BGB § 444 Rn. 24).
46Diesen Beweis vermochte der Kläger nicht zur Überzeugung der Kammer zu führen. So ist weder ein arglistiges Verschweigen auf Seiten der Beklagten, noch auf Seiten des Streithelfers der Beklagten festzustellen. Die Beweisaufnahme hat keine Hinweise darauf ergeben, dass die Beklagtenseite Angaben ins Blaue hinein getätigt oder erhebliche Umstände bewusst verschwiegen hat. So hat die Beklagte im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung ausgesagt, dass sie zusammen mit ihrem Mann 43 Jahre in dem Haus gewohnt habe. Dabei hätten sie weder eine Geruchsbelastung noch eine Schadstoffbelastung wahrgenommen. Auch bei den im Laufe der Jahre vorgenommenen gelegentlichen Reparatur- und Erneuerungsarbeiten seien sie nie von Handwerkern auf die Möglichkeit der Schadstoffbelastung oder auf besondere Gerüche hingewiesen worden. Soweit in der Baubeschreibung die Verwendung von Asbest angegeben sei, habe sie davon keine Kenntnis gehabt. Sie selbst habe auch mit dem Kläger und der Zeugin L keine Gespräche über eine Schadstoffbelastung oder Ähnliches geführt. Die Gespräche habe im Wesentlichen ihr Mann zusammen mit ihrem Makler, dem Streithelfer und Zeugen Q, geführt.
47Dies hat der Streithelfer der Beklagten im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt. Die wesentlichen Informationen über das Objekt habe er vom Ehemann der Beklagten erhalten. Dieser habe ihn darüber informiert, dass es sich um ein Haus der Fa. P handele, die Anfang der 1970er Jahre wegen der Verwendung von Schadstoffen in der Kritik gestanden habe. Die Fa. P habe jedoch auf die Kritik reagiert und nachfolgend schadstoffärmere Gebäude hergestellt. Bei dem konkreten streitgegenständlichen Haus habe es sich nach Aussage des Ehemanns der Beklagten um ein solches schadstoffärmeres gehandelt. Diese Information habe er im Rahmen der Besichtigung auch an den Kläger weitergegeben. Dies sei auch vor dem Hintergrund geschehen, dass ihm selbst die allgemeine Thematik der Verwendung von Holzschutzmitteln in früheren Jahren bekannt gewesen sei. Konkrete Schadstoffwerte seien zwischen ihm und dem Ehemann der Beklagten jedoch nicht besprochen worden. Er habe auch explizit darauf hingewiesen, dass man das Haus auch sanieren könne und die Kosten hierzu bereits im Wertgutachten eingepreist seien. Wegen der nicht auszuschließenden Möglichkeit etwaiger Belastungen habe er auch explizit den Gewährleistungsausschluss bezüglich der Schadstoffe in den notariellen Vertrag aufnehmen lassen. Er habe zudem ausdrücklich auf die bestehende Asbestbelastung im Außenbereich hingewiesen.
48Die Aussage des Streithelfers der Beklagten ist auch diesbezüglich glaubhaft. Sie ist insbesondere in sich logisch und nachvollziehbar. Er konnte die Ereignisse in den Gesamtzusammenhang einordnen und sich insbesondere auch an in der Sache weniger wesentliche Einzelheiten erinnern.
49Der Beklagten ist auch keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn einfachste und ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das unbeachtet bleibt, was unter den gegebenen Umständen schlechterdings jedem hätte einleuchten müssen. Hier muss dem Handelnden auch in subjektiver Hinsicht ein schwerer Vorwurf zu machen sein (NK-BGB/Barbara Dauner-Lieb, 4. Aufl. 2021, BGB § 276 Rn. 12). Die Beklagte traf keine besondere Pflicht, sich weiter über eine etwaige Schadstoffbelastung zu informieren oder Schadstofftests zur Aufklärung vornehmen zu lassen. Es lagen keine objektiven Hinweise vor, die auf eine besondere Belastung hinweisen könnten. Insbesondere ist nicht erwiesen, dass die vom Kläger geltend gemachte starke Geruchsbelastung, die auf eine Belastung mit Schadstoffen hinweisen könnte, vor der Übergabe bereits vorhanden war. Auch aus der Baubeschreibung lassen sich Hinweise auf die vom Kläger behauptete Belastung nicht entnehmen. Soweit dort Asbestzement als Material aufgeführt ist, handelt es sich um die Verkleidung der Außen-, nicht der Innenwände. Auch lässt sich aus der Verwendung von Asbest nicht zwingend auf die Verwendung weiterer Schadstoffe schließen.
50Auch dem Streithelfer der Beklagten ist kein dahingehender Vorwurf zu machen. Er war insbesondere nicht dazu verpflichtet, gesonderte Schadstoffgutachten oder Ähnliches einzuholen. Als Hilfsperson der Verkäufer durfte er sich darauf verlassen, dass er die wesentlichen Informationen durch diese mitgeteilt bekommen hat. Diese Informationen hat er nach der Überzeugung der Kammer auch umfassend an den Kläger weitergegeben.
51II.
52Aufgrund des Durchgreifens des Haftungsausschlusses hat der Kläger auch keinen Anspruch den Ersatz der mit dem Klageantrag zu 3. geltend gemachten Renovierungskosten gem. §§ 437 Nr. 3, 284 BGB.
53III.
54Wegen des nicht bestehenden Anspruchs in der Hauptsache hat der Kläger auch weder einen Anspruch auf Ersatz der ihm vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten, noch auf Verzinsung ab Rechtshängigkeit, noch auf die Feststellung der Haftung dem Grunde nach.
55IV.
56Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1 S. 1, 101 Abs. 1 Hs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S. 2, 1 ZPO.
57V.
58Der Streitwert wird auf 89.863,15 € festgesetzt, wovon 5.000,00 € auf den Feststellungsantrag zu 5. entfallen.
59Rechtsbehelfsbelehrung:
60Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
611. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
622. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
63Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Hamm, Heßlerstr. 53, 59065 Hamm, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
64Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Hamm zu begründen.
65Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Hamm durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
66Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
67Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
68Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
69Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.