Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Der Angeklagte wird wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt.
Er trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich seiner notwendigen Auslagen, sowie die der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen.
Angewendete Vorschriften: §§ 177 Abs.1, Abs.5 Nr.1 u. Nr.2, Abs.6 Nr.1, 52 StGB
Gründe:
2I.
3Der zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung 26 Jahre alte Angeklagte wurde in ... in der autonomen Kurdenregion des Iraks geboren. Sein 1957 geborener Vater war zu diesem Zeitpunkt Angestellter der Wahlkommission. Dies stellte eine Tätigkeit im gehobenen Öffentlichen Dienst dar. Die 1963 geborene Mutter des Anklagten war Hausfrau. Der Angeklagte wurde als drittes von insgesamt vier Kindern geboren. Er hat jeweils eine jüngere und eine ältere Schwester sowie einen älteren Bruder. Seine beiden älteren Geschwister sind mittlerweile verheiratet und leben bei ihren jeweiligen Familien, die jüngere Schwester lebt noch bei den Eltern. Alle Geschwister des Angeklagten haben ihre Schulausbildung abgeschlossen.
4Der Angeklagte wurde im Alter von sechs Jahren eingeschult. Dies entspricht im Irak dem üblichen Einschulungsalter. Nachdem er sechs Jahre zur Grundschule ging, besuchte er als weiterführende Schule das Gymnasium. Hier machte er keinen Abschluss, sondern brach die Schule nach der zehnten Klasse ab, da er daran zweifelte, dass die Schulausbildung für ihn vorteilhaft sein würde und er lieber Geld verdienen wollte.
5Er begann eine Lehre als Automechaniker, brach die üblicherweise drei Jahre dauernde Lehre aber nach einem Jahr ab, da er für die Ausbildung in eine andere Stadt pendeln musste.
6Trotz der nicht abgeschlossenen Lehre machte der Angeklagte sich 2011 als Automechaniker selbstständig und arbeitete so für etwa drei Jahre. Nachdem ein Freund des Angeklagten durch eine verfeindete Gruppierung getötet wurde, hörte der Angeklagte – der Zeuge der Tat gewesen war - mit seiner beruflichen Tätigkeit auf.
7Er lebte noch etwa ein Jahr im Irak, wobei er in dieser Zeit viel mit dem Tod seines Freundes und dem deshalb laufenden Gerichtsverfahren befasst war, bevor er für sich entschloss, den Irak verlassen zu wollen. 2015 reiste er deshalb über die Türkei, Griechenland, Mazedonien und Serbien in die BRD ein. Die Reise bewältigte er zu Fuß und durch verschiedene Mitfahrgelegenheiten. Insgesamt benötigte er für die Reise eineinhalb Monate. 18 Tage davon verbrachte er in Istanbul.
8Nach seiner Einreise in Deutschland meldete sich der Angeklagte zunächst in Bayern bei den zuständigen Behörden, konnte jedoch nicht in Bayern bleiben, da kein Platz in einem Asylheim für ihn zur Verfügung stand. Einen Asylantrag stellte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
9Von Bayern reiste der Angeklagte aus eigenem Antrieb nach ... weiter, konnte auch dort nicht bleiben und wurde am 24.08.2015 über … nach … weitergeschickt. In der Folge kam der Angeklagte für zweieinhalb Monate in einer Asylunterkunft in … unter. Nunmehr stellte er auch einen Asylantrag. Im November 2015 wechselte der Angeklagte in eine andere Asylunterkunft in ....
10Dort konnte er längere Zeit wohnen und besuchte für ein Jahr einen deutschen Sprachkurs. In ... wollte er zudem eine Ausbildung zum Mechaniker beginnen. Eine entsprechende Erlaubnis wurde ihm aber durch das zuständige Ausländeramt verweigert.
112018 arbeitete der Angeklagte für zwei Monate bei der Zeitarbeitsfirma … in .... Diese Tätigkeit musste er abbrechen, da er unter Nierensteinen litt und operiert werden musste.
12Von Februar 2019 bis Oktober 2019 arbeitete der Angeklagte in einer Dämmstofffirma in ..., wo er als Packer zwischen 900 und 1000 € netto verdiente.
13Der Angeklagte ist ledig und hat keine Kinder. Seine Eltern und Geschwister leben weiterhin im Irak.
14Mittlerweile wurde der Angeklagte aus Deutschland ausgewiesen.
15In dieser Sache wurde der Angeklagte am 02.11.2019 vorläufig festgenommen. Mit Haftbefehl vom selben Tag wurde durch das Amtsgericht Paderborn die Untersuchungshaft des Angeklagten angeordnet. Die Untersuchungshaft wird seit dem 02.11.2019 durchgehend vollstreckt.
16Der Angeklagte ist strafrechtlich bisher einmal in Erscheinung getreten. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts Lippstadt (42 Cs -20 Js 753/18 - 55/19) vom 31.05.2019 – rechtskräftig seit dem 19.06.2019 – wurde der Angeklagte wegen sexueller Belästigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10,00 € verurteilt. Nach den damaligen Feststellungen griff der Angeklagte am 28.10.2018 der dortigen Geschädigten Lollies in der Bar P3 in Lippstadt sexuell motiviert unter den Rock und strich ihr durch den Intimbereich.
17Die Geldstrafe ist seit dem 11.09.2019 gezahlt.
18II.
19Im November 2019 wohnte der Angeklagte seit rund eineinhalb Monaten gemeinsam mit dem Zeugen ... in dessen Wohnung an der Anschrift ... in ..., nachdem der Zeuge zugestimmt hatte, den Angeklagte zeitweise bei sich wohnen zu lassen.
20Am 01.11.2019 ging der Angeklagte mit dem Zeugen ... und weiteren Freunden in der ...er Innenstadt feiern. Die Gruppe begann den Abend, indem sie bei dem Zeugen ...Bier und Whiskey trank. Später besuchten sie gegen 23 Uhr die Bar ..., wo der Angeklagte weiter Bier trank. Der Angeklagte und der Zeuge ...gingen zudem im Laufe des späteren Abends gemeinsam zu der Bar .... Im Zusammenhang mit dem Besuch der Bar ... wurde der Zeuge ... durch die Polizei wegen einer dortigen Schlägerei vernommen.
21Die am 19.02.1989 geborene Geschädigte ..., welche an der Anschrift ... in ... Sennelager wohnt, war an diesem Abend ebenfalls mit Freunden - unter anderem den Zeugen ... und ... - in der ...er Innenstadt unterwegs.
22Die Gruppe hatte sich zunächst von etwa 21 Uhr bis 00:15 Uhr bei dem Zeugen ... zum Vortrinken getroffen. Dabei hatte die Geschädigte fünf oder sechs schützenfestglasgroße Gläser Whiskey Cola getrunken. Dann begab sich die Geschädigte mit ihren Freunden in einem Großraumtaxi in die ...er Innenstadt, wo die Gruppe zunächst den ...„...“ aufsuchte. Dort blieb die Geschädigte für etwa 30 Minuten, ohne dort etwas zu trinken, und begab sich dann mit ihren Freunden in den Club „...“, wo sie etwa zwischen einer und zwei Stunden blieb. Die Geschädigte tanzte dort und trank währenddessen zwei Wasser und zwei bis drei große Gläser Whiskey Cola. Im Anschluss begab sich die Gruppe in die Bar ..., wo die Geschädigte ebenfalls tanzte und im Laufe ihres Aufenthalts dort weitere drei oder vier Gläser Whiskey Cola trank. Zusammen mit den Zeugen ... und ... begab sich die Geschädigte dann zu der Bar ..., in der sie eigentlich Hausverbot hatte. Die Geschädigte verlor vor der Bar die Zeugen ... und ... aus den Augen, traf aber auf zwei Afrikaner namens ... und ... mit denen sie sich in die Bar begab. ... gab ihr in der Bar ein weiteres großes Glas Whiskey Cola aus.
23Für die Geschädigte war es dabei nicht unüblich, derartig große Mengen alkoholischer Getränke im Laufe eines Abends zu konsumieren. Der Ablauf des Abends entsprach vielmehr dem üblichen Ablauf eines Party-Abends der Geschädigten, welche diese in regelmäßigen Abständen an den Wochenenden, wenn ihre drei Kinder bei den jeweiligen Vätern waren, mit ihren Freunden unternahm.
24Im Zusammenhang mit solchen Feiern in der ...er Innenstadt war es 2012 und 2016 dazu gekommen, dass die Geschädigte Anzeige wegen angeblicher Vergewaltigungen erstattet hatte. In beiden Fällen wurden die Verfahren jedoch durch die Staatsanwaltschaft Paderborn eingestellt, nachdem die Geschädigte schlussendlich keine belastbaren Angaben gemacht hatte. Das Verfahren von 2012 – 20 Js 353/12 – wurde geführt, da die Geschädigte im April 2012 nach einer Party-Nacht auf einer Herrentoilette im Bereich ... durch Passanten schreien gehört wurde. Die verständigte Polizei traf die Geschädigte sodann weinend mit heruntergezogener Hose auf dem Boden der Toilette sitzend zusammen mit dem in dem Verfahren von 2012 Beschuldigten an. Gegenüber der Polizei erklärte die Geschädigte zunächst, der damalige Beschuldigte habe sie in die Toilette gezerrt und gegen ihren Willen Geschlechtsverkehr mit ihr gehabt. Die Tat wurde durch den damaligen Beschuldigten bestritten. In der anschließenden polizeilichen Vernehmung erklärte die Geschädigte dann abweichend von ihren vorherigen Angaben, dass es zu keiner Vergewaltigung gekommen sei. Das Verfahren wurde daraufhin eingestellt.
25Das Verfahren von 2016 – 20 Js 98/16 – wurde geführt, nachdem die Geschädigte am 03.01.2016 weinend in derselben Toilettenanlage aufgefunden wurde und sodann gegenüber der verständigten Polizei angab, dass sie auf dem Rückweg von einer Diskothek die Toilette benutzt habe und der damalige Beschuldigte durch die unverschlossene Tür eingetreten sei, ihr die Hose heruntergezogen habe und mit seinem Penis gegen ihren Willen in ihre Scheide eingedrungen sei. Auch in diesem Fall stritt der damalige Beschuldigte die Vorwürfe ab. Da die Geschädigte im weiteren Verfahren keine konstanten Angaben machte und sonstige Beweismittel nicht zur Verfügung standen, wurde das Verfahren am 23.02.2016 durch die Staatsanwaltschaft Paderborn eingestellt.
26Nachdem der Angeklagte und die Geschädigte am 01.11.2019 jeweils die Nacht durch in der Innenstadt unterwegs gewesen waren und beide erheblich alkoholisiert waren, begaben sie sich in den Morgenstunden des 02.11.2019 gemeinsam mit dem Zeugen ...in einem Taxi zu dessen Wohnung. Wann genau der Angeklagte und die Geschädigte sich erstmals im Laufe des Abends begegnet waren, konnte nicht festgestellt werden. Beide verstanden sich während der Taxifahrt gut. Sie saßen sich gegenseitig im Arm haltend zusammen auf der Rückbank des Taxis und küssten sich auch. Der Zeuge ... saß unbeteiligt auf dem Beifahrersitz.
27...stieg der Angeklagte zusammen mit der Geschädigten ... und dem Zeugen ...in der Nähe der Volksbankfiliale und des Aldi Marktes aus dem Taxi aus.
28Der Zeuge ... zahlte das Taxi und gemeinsam begab man sich zur Wohnung des Zeugen. Der Zeuge ...ließ die beiden allein und machte sich zu Fuß zurück auf den Weg in die Stadt, da er den Eindruck hatte, dass beide allein sein wollten.
29Der Angeklagte schloss die Wohnungstür zur Wohnung des Zeugen, wobei er sie nicht verschloss, sondern nur ins Schloss fallen ließ. Die Geschädigte ... setzte sich auf das Sofa. Der Angeklagte erklärte ihr gegenüber auf Deutsch, dass er Spaß haben wolle, womit er meinte, dass er mit der Geschädigten ... Geschlechtsverkehr haben wollte.
30Die Geschädigte ... verstand, worauf der Angeklagte hinauswollte, wollte aber jedenfalls zu diesem Zeitpunkt keinen Geschlechtsverkehr mehr mit dem Angeklagten und erwiderte, dass man bestimmt nicht gemeinsam Spaß haben würde.
31Der Angeklagte verstand dies und wollte trotzdem Geschlechtsverkehr mit der Geschädigten ... ausüben. Er tat ihre Ablehnung mit den Worten: „Doch, doch“ ab.
32Die Geschädigte ..., welche sich bisher mit dem Angeklagten gut verstanden hatte, begann die Situation als bedrohlich zu empfinden. Mit ihrem Mobiltelefon schrieb sie über den Nachrichtendienst What’s App der Zeugin ... ... um 06:47 Uhr die Nachricht, „Hol noch ab“, womit sie meinte, dass die Zeugin sie abholen sollte. Zudem sandte die Geschädigte ... der Zeugin ... mit ihrem Mobiltelefon ihren Live-Standort über What’s App um 06:49 Uhr.
33Die Nachricht wurde von der Zeugin ... jedoch zunächst nicht bemerkt.
34Nachdem die Geschädigte die Nachricht geschrieben hatte, nahm der Angeklagte ihr das Mobiltelefon weg und warf es auf das neben dem Sofa stehende Bett.
35Als die Geschädigte ... versuchte aufzustehen und sich das Mobiltelefon zurückzuholen, stieß der Angeklagte sie zurück auf das Sofa.
36Der Angeklagte setzte sich neben die Geschädigte ... und begann ihre Beine zu streicheln und zu küssen.
37Das Geschehen verlagerte sich dann – ohne dass hier festgestellt werden konnte, auch welche Weise – auf das neben dem Sofa stehende Bett.
38Dort zog der Angeklagte der Geschädigten Schuhe, Hose und Slip und sodann ihre Oberbekleidung aus.
39Sich selbst zog er ebenfalls aus.
40Im Anschluss erzwang der Angeklagte auf dem Bett den vaginalen Geschlechtsverkehr mit der Geschädigten. Er drückte die Beine der Geschädigten auseinander und drang mit seinem erigierten Penis in die Scheide der rücklings auf dem Bett liegenden Geschädigten ein. Dabei wusste er, dass die Geschädigte keinen Geschlechtsverkehr mit ihm wollte, da sie dies zuvor ausdrücklich erklärt hatte. Zudem versuchte die Geschädigte den Angeklagten wegzudrücken, woran dieser ebenfalls erkannte, dass sie keinen Geschlechtsverkehr mit ihm wollte. Ein Kondom benutzte der Angeklagte nicht.
41Der Angeklagte fasste der Geschädigten ..., während er gegen ihren Willen mit ihr verkehrte, mit einer Hand um den Hals und begann sie mit dieser Hand zu würgen. Es ist nicht auszuschließen, dass der Angeklagte durch das Würgen sein sexuelles Vergnügen bei der Tat erhöhen wollte. Die Geschädigte verletzen wollte er hierdurch jedenfalls nicht.
42Ohne dass die zeitliche Reihenfolge zu dem erzwungenen Geschlechtsverkehr feststeht, konnte die Geschädigte, während sie auf dem Bett lag, mit ihrem Mobiltelefon zweimal den Notruf der Polizei ... erreichen.
43Der erste der beiden Notrufe wurde von der Notrufleitstelle der Polizei in ... um 06:55 Uhr entgegen genommen. Die Geschädigte ... traute sich aus Angst vor dem Angeklagten zunächst nicht, mit dem Polizeibeamten am anderen Ende der Leitung zu sprechen. Vielmehr ließ sie die Polizei nur mithören. Für den Polizeibeamten war zu hören, wie die Geschädigte gegenüber dem Angeklagten unter anderem mehrfach erklärte: „I don’t want this.“ Zudem sagte sie auch: „I want to go home.“ Der Polizeibeamte folgerte daher, dass am anderen Ende der Leitung eine Vergewaltigung stattfinden müsse. Er versuchte, den Namen der Geschädigten zu erfragen und auf wiederholte Nachfrage des Polizeibeamten nannte diese ihm mit weinerlicher Stimme ihren Namen. Der Anruf wurde im Anschluss unterbrochen. Um 07:06 Uhr rief die Geschädigte den Notruf ein zweites Mal an. Direkt mit den Polizeibeamten sprach sie während des zweiten Anrufes nicht, sondern ließ das Mobiltelefon erneut eine Zeit mitlaufen. Der Anruf wurde sodann wieder beendet.
44Aufgrund der Anrufe und des dadurch begründeten Verdachts einer laufenden Vergewaltigung entsandte die Polizei eine Streife zur Wohnanschrift der Geschädigten.
45Dort konnte durch eine Nachbarin der Ex-Mann der Geschädigten ermittelt werden, welcher wusste, dass die Geschädigte am 01.11.2019 unter anderem mit der Zeugin ... zum Feiern in der ...er Innenstadt unterwegs gewesen war. Die Zeugin ... suchte daraufhin die Zeugin ... auf und befragte diese nach dem Aufenthalt der Geschädigten. Die Zeugin ... kontrollierte ihr Mobiltelefon und bemerkte dabei nun den ihr um 06:47 Uhr gesendeten Livestandort mit der Adresse .... Die Polizei ... entsandte mehrere Streifenwagen an die Anschrift ....
46In der Wohnung beendete der Angeklagte – insoweit steht die zeitliche Reihenfolge nunmehr wieder fest – den vaginalen Verkehr mit der Geschädigten nach nicht feststehender Dauer, indem er seinen Penis aus ihrer Scheide zog.
47Die Geschädigte ... setzte sich auf dem Rand des Bettes auf und versuchte erneut, an ihr Mobiltelefon zu kommen. Gegenüber dem Angeklagten erklärte sie, eine Freundin anrufen zu wollen.
48Dies ließ der Angeklagte nicht zu und zog die Geschädigte an ihrem Arm nach hinten auf das Bett. Als sie wieder auf dem Bett lag, machte er eine Bewegung, mit welcher er ausdrücken wollte, dass sie seinen Penis in den Mund nehmen sollte. Er wollte von der Geschädigten oral befriedigt werden. Er drohte ihr auf Deutsch: „Penis Mund, sonst Schläge.“ Die Geschädigte öffnete unter dem Eindruck dieser Drohung ihren Mund und der Angeklagte drückte der Geschädigten ... seinen Penis zweimal in den Mund. Dann zog er ihn wieder heraus. Auch bei dem erzwungenen Oralverkehr war ihm bewusst, dass die Geschädigte diesen nicht wollte.
49Nach Ende des Oralverkehrs wollte die Geschädigte ... den Angeklagten von sich wegstoßen, dieser drückte sie aber weiter rücklings aufs Bett. Dann drang der Angeklagte erneut mit erigiertem Penis vaginal in die Geschädigte ... ein. Ein Kondom benutzte er erneut nicht. Ihm war weiter bewusst, dass die Geschädigte keinen Geschlechtsverkehr mit ihm wollte.
50Gegen 07:45 Uhr trafen die Streifenwagen der Polizei ... an der Anschrift ...ein. Da der Zeuge ...zuvor im Rahmen der Schlägerei vor der Bar ... aufgefallen war, ergab sich für die an dem Einsatz beteiligten Polizeibeamten der Verdacht, dass der Anruf aus seiner Wohnung gekommen sein könnte. Der Zeuge ... klingelte an der Wohnungstür der Wohnung des Zeugen ..., ohne dass geöffnet wurde. Nach dem ersten Klingeln konnte er jedoch vom Flur aus ein Wimmern aus der Wohnung hören. Er klopfte sodann an die Tür und gab sich als Polizeibeamter zu erkennen.
51Der Angeklagte ließ beim zweiten Klopfen des Zeugen ...von der Geschädigten ... ab, stand vom Bett auf und öffnete den Polizeibeamten unbekleidet mit noch erigiertem Penis die Tür.
52Der Zeuge ... begab sich an dem Angeklagten vorbei in die Wohnung und konnte nach einem Schritt im Wohnraum die Geschädigte ... auf dem Bett erkennen, welche dort noch unbekleidet auf dem Rücken lag, die Beine auf den Boden gestellt und leicht gespreizt. Der Zeuge ... verständigte die Zeugin ..., welche ebenfalls die Wohnung betrat und sich zu der Geschädigten ... begab. Die Geschädigte weinte unkontrolliert und reagierte auf eine Ansprache durch die Zeugin ... zunächst nicht. Währenddessen wurde der Angeklagte durch den Zeugen ...festgenommen.
53Die Geschädigte beruhigte sich soweit, dass die Zeugin ... mit ihr sprechen konnte. Die Geschädigte ... erklärte noch vor Ort, dass der Angeklagte mit ihr ohne ihr Einverständnis Geschlechtsverkehr gehabt hätte. Der Geschädigten ... wurde die Möglichkeit gegeben, ihre noch in der Wohnung befindliche Kleidung anzuziehen und zur Toilette zu gehen. Im Anschluss wurde die Geschädigte ins ... Krankenhaus gebracht, um dort gynäkologisch untersucht zu werden. Dort zeigte die Geschädigte zunächst kein Interesse mehr an einer ärztlichen Untersuchung und wollte nach Hause gehen, sie konnte jedoch durch die Zeugin ... und ihre zum Krankenhaus gekommene Freundin, die Zeugin ..., zum Bleiben und zur Vornahme der Untersuchungen überredet werden.
54Die Geschädigte wurde dann durch die Zeugin ... untersucht. Die Zeugin ... ließ sich den Sachverhalt im Rahmen ihrer Anamnese schildern. Dann führte sie eine körperliche Untersuchung der Geschädigten durch. Dabei stellte sie Hämatome am Hals und am rechten Arm der Geschädigten fest, welche sie durch Lichtbilder dokumentierte. Verletzungen im Genitalbereich stellte die Zeugin nicht fest. Weiter entnahm sie im Rahmen der Untersuchung Abstriche aus dem Genitalbereich der Geschädigten, konkret aus dem Bereich des Mons Pubis, des Introitus Vaginae, aus dem dorsalen Scheidengewölbe, dem Cervix sowie dem Rektum. Weiter nahm sie auch Abstriche aus Rachen und Nase. Zudem wurden der Geschädigten durch die Zeugin ... im Rahmen der Untersuchung um 10:00 Uhr zwei Blutproben abgenommen. Eine spätere Untersuchung der Blutproben ergab, dass die Geschädigte zum Zeitpunkt der Entnahme eine BAK von 1,19 Promille hatte.
55Im Anschluss wurde die Geschädigte in den Räumen der Polizei ... durch die Zeugin ... vernommen.
56Der Angeklagte wurde dem Polizeigewahrsam zugeführt. Dort wurde er durch einen Arzt untersucht. Unter anderem wurden ihm dabei um 10:05 Uhr zwei Blutproben abgenommen, deren spätere Untersuchung eine BAK von 1,28 Promille ergab. Zudem wurde dem Angeklagten ein Eichelkranzabstrich abgenommen.
57Am 05.11.2019 wurde die Geschädigte durch die Zeugin ... erneut polizeilich vernommen.
58Die Geschädigte, welche Mutter von drei Kindern im Alter von elf, sechs und zwei Jahren ist, betrieb keine Aufarbeitung der Tat, sondern versuchte die Tat zu verdrängen. Sie nahm jedoch Kontakt zur Familienhilfe auf und hat über diese nunmehr auch einen Termin bei einer Psychologin für Opfer sexueller Gewalt, diesen aber zum Zeitpunkt ihrer Vernehmung noch nicht wahrgenommen. Durch die Tat erlitt sie Hämatome im Halsbereich und am rechten Arm.
59Die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht seiner Tat einzusehen und entsprechend dieser Unrechtseinsicht zu handeln, war während der Tat nicht beschränkt.
60III.
611.
62Die getroffenen Feststellungen zum Lebenslauf des Angeklagten beruhen auf seinen ausführlichen und widerspruchsfreien Angaben hierzu in der Hauptverhandlung, an denen die Kammer keinen begründeten Anlass für Zweifel sah. Die Feststellungen zur Ausweisung des Angeklagten ergeben sich aus der Verlesung des Tenors der Ausweisungsverfügung vom 29.11.2019 (Bl. 272 d.A.).
63Die Feststellungen zu seinen strafrechtlichen Vorbelastungen beruhen auf dem verlesenen Bundeszentralregisterauszug und der Verlesung des Strafbefehls vom 31.05.2019.
642.
65a.
66Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung den Tatvorwurf pauschal bestritten und im Übrigen zu dem Tatvorwurf von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht.
67Er hat jedoch in mehreren Briefen an die Kammer zur Tat Stellung bezogen.
68In dem am 18.12.2019 durch den Angeklagten in der JVA zur Weiterleitung abgegebenen Brief (Bl. 233 d.A.) hat der Angeklagte abweichend von den getroffenen Feststellungen dahingehend ausgeführt, dass es mit der Geschädigten lediglich zu einvernehmlichem, gegenseitigen Oralverkehr gekommen sei.
69Im Detail schildert der Angeklagte den Tatabend dahingehend, dass er mit dem Zeugen ... in der gemeinsam bewohnten Wohnung des Zeugen ... Alkohol getrunken habe. Die beiden Männer hätten sich sodann auf den Weg in die Stadt begeben, wo sie zur Bar ... gegangen seien, welche der Angeklagte Kulturbar nennt. In der Bar habe er zum ersten Mal die Geschädigte ... gesehen, die dann rausgegangen sei. Dort in der Nähe habe er die Geschädigte ... später auch auf die Straße urinieren gesehen. Nachdem sie fertig gewesen sei, sei sie auf den Angeklagten zugekommen und habe diesen geküsst. Eine Freundin der Geschädigten sei dazwischen gegangen und habe den Angeklagten weggeschubst. Dabei habe sie erklärt, die Geschädigte sei betrunken und habe auch einen Freund. Auch der Freund der Geschädigten sei dazu gekommen und habe dem Angeklagten gesagt, dass die Frau seine Freundin sei. Der Angeklagte habe dies hingenommen und sei weggegangen. Später am Abend sei er mit dem Zeugen ...zur Bar ..., welche der Angeklagte „Diskothek vom Schwarzen“ nennt, gegangen.
70Dort habe er erneut die Geschädigte ... getroffen, während er mit dem Zeugen ... an einer Spielmaschine gespielt habe. Die Geschädigte ... sei erneut zu ihm gekommen, woraufhin der Angeklagte gemeint habe: „Du hast einen Freund.“ Hierauf habe die Geschädigte ...: „Wat“ gesagt. Der Angeklagte habe dann mit den Spielautomaten weitergespielt. Im Anschluss habe der Angeklagte dann dem Zeugen ... gesagt, dass er gehen wolle und beide hätten die Bar ... verlassen. Der Angeklagte habe dann im Bereich des Westerntors gemeinsam mit dem Zeugen ... hinter einer Bäckerei gestanden und geraucht. Dort sei die Geschädigte ... zum dritten Mal auf ihn zugekommen und habe ihn ohne etwas zu sagen umarmt und geküsst. Der Angeklagte habe dann gesagt, dass er nach Hause fahre und habe die Geschädigte ... gefragt, ob diese mitkäme. Hierauf habe sie mit „Yes“ geantwortet.
71Man sei dann gemeinsam mit dem Zeugen ...im Taxi zur ... gefahren und dort an der Volksbank ausgestiegen. Der Zeuge ... habe Geld geholt und das Taxi bezahlt. Man sei dann über einen Weg zu der Wohnung des Zeugen ... gegangen, wobei der Angeklagte die Geschädigte ausdrücklich gefragt habe, ob sie Angst habe. Zudem habe er ihr angeboten, zurück nach Hause zu gehen. Die Geschädigte habe jedoch mit „No“ geantwortet.
72In der Wohnung des Zeugen ... habe dieser den Angeklagten und die Geschädigte allein gelassen und sei in die Stadt zurückgegangen. Dies habe der Zeuge ... gemacht, da er gesehen habe, dass die Geschädigte den Angeklagten gemocht habe.
73Nachdem der Zeuge ... gegangen sei, habe die Geschädigte ihn – den Angeklagten - am Bart gezogen und beide hätten sich geküsst. Danach habe er ihre Bluse ausgezogen und seine Hose. Die Geschädigte habe an seinem Penis gesaugt und er habe ihre Scheide geleckt. Die Geschädigte habe auch gedacht, dass der Zeuge ... noch dagewesen sei. Sie habe dann hinter seinem Rücken die Polizei angerufen. Sie habe das Mobiltelefon am Fenster abgelegt und auf Deutsch und auf Englisch gesprochen. Er habe hiervon nichts verstanden. Die Geschädigte habe sich dann zum Schlafen hingelegt und auch der Angeklagte habe sich dann zum Schlafen hingelegt, ohne dass es vorher zu Geschlechtsverkehr gekommen sei.
74Die Geschädigte sei dann einige Minuten bevor die Polizei gekommen sei aufgestanden und habe ihn geküsst. Sie haben dann auch gesagt: „Fuck me“. Dann sei die Polizei gekommen. Die Geschädigte habe ihn geweckt, da sie mit ihm hätte Geschlechtsverkehr haben wollen, um der Polizei dies zu zeigen. Die Geschädigte habe gewusst, dass die Polizei käme.
75Diese Ausführungen hat er in seinem Brief Bl. 312 d.A. dahingehend ergänzt, dass er gegenüber der Geschädigten auch nicht gewalttätig geworden sei. Insbesondere habe er sie nicht gewürgt. Die Male an ihrem Hals seien Knutschflecken. Die Verletzungen am Arm der Geschädigten würden ebenfalls nicht von ihm stammen, sondern seien durch die Zeugin ... in der Stadt verursacht worden, als diese den Angeklagten und die Geschädigte getrennt habe. Dabei habe die Zeugin ... den Angeklagten dreimal geschubst und die Geschädigte am Arm gezogen.
76Ergänzend wurde durch den Verteidiger des Angeklagten im Rahmen des Beweisantrages vom 29.07.2020 ein Auszug des Briefes Bl. 333-334 d. A. mit dem Inhalt verlesen, dass der Angeklagte während der Notrufe vor dem Bett gesessen und geraucht habe.
77Diese in seinen Briefen gemachten Ausführungen des Angeklagten sind bereits für sich betrachtet – soweit sie im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen steht – nicht glaubhaft. Die Schilderung weist logische Lücken auf und zeichnet kein nachvollziehbares Bild der Ereignisse des Tatabends. Zunächst ist nicht nachzuvollziehen, weshalb der Angeklagte die Geschädigte ... – obwohl er den ganzen Abend über ihr Verhalten abgewehrt haben will – gefragt habe will, ob diese zu ihm in die Wohnung mitfahren möchte. Nach der Darstellung des Angeklagten ist diesem gerade nicht daran gelegen gewesen, mit der Geschädigten ... näheren Kontakt zu haben und die Verständigung sei auch nur rudimentär gewesen.
78Ebenso wird aus der Schilderung nicht erkennbar, weshalb der Angeklagte, nachdem beide gemeinsamen Oralverkehr hatten, keinen weiteren Sexualkontakt mit ihr hätte haben wollen, dann aber, als die Geschädigte ihn unvermittelt geweckt habe, bereitwillig mit ihr Verkehr hätte haben wollen. Gründe für diese zwei plötzlichen Stimmungswechsel werden aus der Schilderung des Angeklagten nicht deutlich.
79Darüber hinaus erklärt die Schilderung des Angeklagten in seinen Briefen auch in keiner Weise, weshalb die Geschädigte ... eine Vergewaltigung durch ihn hätte inszenieren wollen. Eine Motivlage hierfür wird durch den Angeklagten nicht dargestellt, sondern lediglich pauschal dieser Vorwurf erhoben.
80Ferner kann er in seiner schriftlichen Schilderung auch nicht erklären, wie die Geschädigte ... die von ihm unterstellte Inszenierung rein praktisch vorgenommen haben soll. Der Angeklagte beschreibt zwar, dass die Geschädigte ... gegenüber der Polizei am Telefon Theater gespielt haben soll und ihn später geweckt und geküsst habe, nachdem er bereits geschlafen habe, um beim Eintreffen der Polizei den Eindruck einer Vergewaltigung zu erwecken. Wie sie gewusst haben soll, wann die Polizei eintreffen würde, legt der Angeklagte in seiner Schilderung jedoch nicht dar. Die Geschädigte hatte tatsächlich auch nach dem vom Angeklagten geschilderten Ablauf keine Möglichkeit zu wissen, wie lange es dauern würde, bis die Polizei sie finden würde.
81Die Ausführungen des Angeklagten in seinen Briefen ergeben daher insgesamt kein zusammenhängendes Bild eines nachvollziehbaren Ablaufes.
82b.
83Die Schilderung des Angeklagten ist zudem durch die weitere nach Maßgabe des Hauptverhandlungsprotokolls durchgeführte Beweisaufnahme widerlegt. Aufgrund der übrigen Beweisaufnahme steht vielmehr fest, dass der Angeklagte die Geschädigte ... wie festgestellt zweimal vaginal und einmal oral vergewaltigt hat.
84aa.
85(1).
86Die Geschädigte ... hat ausgesagt, dass sie am Abend vor der Tat zunächst mit ihren Freunden, den Zeugen ... und ..., sowie ihren weiteren Freunden ...und ..., in der Wohnung des Zeugen ... zum Vortrinken gewesen sei. Dabei habe sie fünf oder sechs schützenfestglasgroße Gläser Whiskey Cola getrunken. Dies sei in der Zeit von 09:00 Uhr bis etwa 00:15 Uhr gewesen. Danach sei man gemeinsam mit einem Großraumtaxi in die ...er Innenstadt gefahren und habe zunächst den ... aufgesucht. Dort sei die Gruppe etwa 30 Minuten geblieben, ohne dass die Geschädigte dabei etwas getrunken hätte. Dann sei man in einen Club mit Namen „...“ gegangen, wo sie etwa ein oder zwei Stunden geblieben seien. Die Geschädigte habe dort getanzt und zwei Wasser sowie zwei oder drei Whiskey Cola getrunken. Dann sei die Gruppe in die Bar ... gegangen. Dort habe die Geschädigte getanzt und weiteren Alkohol getrunken. Dies seien drei oder vier Gläser Whiskey Cola gewesen. Auf Vorhalt der Ausführungen des Angeklagten vom Ablauf des Abends könne sie insoweit auch sagen, dass es nicht zu dem vom Angeklagten beschriebenen Zusammentreffen, bei dem sie nach dem Urinieren auf den Angeklagten zugekommen sein soll und diesen geküsst habe, gekommen sei. Sie sei nicht feiern gewesen, um Männer zu küssen. Zudem habe sie entgegen der Darstellung des Angeklagten in seiner schriftlichen Darstellung zu dem Zeitpunkt auch keinen Freund gehabt.
87Sie sei dann weiter zur Bar ... gegangen, zu diesem Zeitpunkt hätten sich ... und ...von der Gruppe getrennt, die Zeugen ... und ... seien noch mitgekommen. Sie hätten sich dann aber vor dem Eingang der Bar aus den Augen verloren und sie sei mit zwei ihr bekannten Afrikanern namens ... und ... in die Bar gegangen. Eigentlich habe sie wegen eines Missverständnisses bei einem vorherigen Besuch dort Hausverbot gehabt. Sie sei aber ohne Schwierigkeiten in die Bar gelangt. Dort habe sie ein großes Glas Whiskey Cola getrunken, welches ... ihr ausgegeben habe. Wie lange sie dort gewesen sei, könne sie nicht mehr sagen. Als sie dann wieder aus der Bar gekommen sei, seien ihre Freunde nicht mehr da gewesen. Sie sei in Richtung Westerntor gegangen. Auf dem Weg habe sie dann den Angeklagten und dessen Freund getroffen. An den genauen Ablauf der Begegnung könne sie sich nicht mehr erinnern. Sie müsse aber wohl etwas in der Richtung gesagt haben, dass sie noch nicht nach Hause wolle. Man sei dann gemeinsam mit einem Taxi zur Wohnung des Freundes des Angeklagten gefahren. An die Fahrt im Taxi könne sie sich nicht mehr erinnern, sie wisse nur noch, dass sie hinten gesessen habe. Das Taxi habe sie dann in der Nähe des … im Bereich ... herausgelassen. Sie könne sich auch noch erinnern, dass sie sich dort nach dem Aussteigen hätte übergeben müssen. Sie seien dann zu Dritt einen Schotterweg entlang gegangen. Der Freund des Angeklagten sei irgendwann verschwunden, ihrer Erinnerung nach sei er nicht mehr dabei gewesen, als sie in die Wohnung gegangen seien.
88Der Angeklagte habe dann die Wohnungstür geschlossen, wobei sie nicht sicher sagen könne, ob er die Wohnungstür abgeschlossen habe. Es sei jedenfalls ein Klicken der Tür zu hören gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe die sie auf dem Sofa gesessen. Der Angeklagte habe zu ihr gesagt, dass er Spaß haben wolle. Sie habe daraufhin erklärt, dass man bestimmt nicht Spaß haben werde. Der Angeklagte habe erwidert: „Doch, doch.“ Die Geschädigte ... habe sich hierdurch bedroht gefühlt und ihren Live-Standort an die Zeugin ... geschickt. Ebenso habe sie der Zeugin ... eine Textnachricht geschrieben, dass diese sie abholen solle. Der Angeklagte habe ihr dann das Mobiltelefon weggenommen und auf das Bett neben dem Sofa geworfen. Als sie aufgestanden sei, um wieder an ihr Mobiltelefon zu kommen, habe der Angeklagte sie zurück auf das Sofa gedrückt. Er habe sich neben sie gesetzt und habe ihre Beine gestreichelt und sie geküsst.
89Dann sei sie auf das neben dem Sofa stehende Bett gelangt, wobei sie nicht mehr genau sagen könne, wie das abgelaufen sei. Sie sei zu diesem Zeitpunkt mit Schuhen, Hose, Unterwäsche, Bluse und einer Jacke bekleidet gewesen. Auf dem Bett habe der Angeklagte begonnen, ihr zunächst die Hose und Unterhose auszuziehen, wobei sie dies nicht gewollt habe und zum Angeklagten: „nein“ gesagt habe. Dann habe der Angeklagte ihr die Bluse und den BH ausgezogen. Wie genau der Angeklagte sich selbst auszog, könne sie nicht mehr erinnern. Er habe sich dann unbekleidet auf sie gelegt, wobei sie versucht habe, ihn wegzudrücken oder wegzuschieben. Der Angeklagte habe sie aber mit Gewalt runtergedrückt.
90Der Angeklagte habe dann mit seinen Händen und seinem Becken ihre Beine auseinander gedrückt und sei in sie eingedrungen.
91Als der Angeklagte bereits in sie eingedrungen gewesen sei, habe sie ihr Mobiltelefon auf dem Bett bemerkt und es sei ihr gelungen, damit den Notruf der Polizei zu wählen.
92Der Angeklagte habe sie zu diesem Zeitpunkt im Kopfbereich geküsst und sie habe mit der rechten Hand zu dem Mobiltelefon herübergegriffen und dann mit links den Notruf gewählt und das Telefon laufen gelassen.
93Nachdem sie gewählt habe, habe sie das Telefon nicht mehr in der Hand gehalten, sondern mit beiden Händen versucht, den Angeklagten wegzudrücken.
94Sie könne sich auch noch an den Anruf mit der Notrufzentrale erinnern. Eigentlich würde sie sich erinnern, mit dem Beamten am anderen Ende der Leitung nicht gesprochen zu haben, nachdem sie die Anrufe im Hauptverhandlungstermin aber habe hören können, müsse es wohl so wie auf der Aufnahme sein, dass sie der Notrufzentrale ihren Namen genannt habe. Darüber hinaus habe sie aber mit dem Polizisten am Telefon nicht gesprochen, da sie Angst gehabt habe, dass der Angeklagten dies mitbekomme. Dass er ihr gesagt habe: „Dann geh doch“, wie ebenfalls auf der Aufnahme des ersten Notrufs zu hören sei, könne sie nicht mehr erinnern. Hätte es aber eine Chance gegeben zu gehen, wäre sie auf jeden Fall gegangen.
95Warum der Notruf im Anschluss unterbrochen worden sei, könne sie nicht mehr sagen.
96Sie habe aber jedenfalls noch einen zweiten Anruf von ihrem Mobiltelefon aus getätigt. Nach ihrer Erinnerung wohl auch einen dritten vom Telefon des Angeklagten aus, welches ebenfalls auf dem Bett gelegen habe. Der Angeklagte sei währenddessen auch die gesamte Zeit in sie eingedrungen gewesen und habe seinen Penis rein und raus bewegt.
97Bei dem zweiten Anruf habe er auch bemerkt, dass sie ihr Mobiltelefon benutzt habe und habe dieses auf das Sofa neben dem Bett geworfen.
98Während er weiter in sie eingedrungen gewesen sei, habe der Angeklagte sie zudem mit einer Hand um den Hals gewürgt. Er habe dabei von oben mit der Hand – wobei sie nicht mehr sagen könne welche Hand – ihren Hals umfasst und gewürgt. Die Geschädigte habe versucht, mit ihrer Hand seinen Arm wegzudrücken. Aus ihrer Sicht habe das Würgen nicht dazu dienen sollen, sie zu verletzen, sondern habe dem Angeklagten sexuelles Vergnügen bereitet. Die Geschädigte habe aber dennoch Luftnot gehabt.
99An die genaue Dauer des Verkehrs konnte sich die Zeugin nicht mehr erinnern. Sie habe währenddessen vor allem Angst um ihre Kinder gehabt und den Überblick über die Zeit verloren. Es habe aber schon ein bisschen gedauert.
100Nachdem der Angeklagte aufgehört habe, habe sie sich auf dem Bett aufgesetzt und versucht ihr Mobiltelefon zu finden, wobei sie erklärt habe, eine Freundin anrufen zu wollen. Der Angeklagte habe dies aber nicht zugelassen, sondern habe sie am Arm gepackt und zurückgezogen und ihr gedeutet, dass sie seinen Penis in den Mund nehmen solle. Für den Fall, dass sie dies nicht täte, habe er ihr Schläge angedroht.
101Die Geschädigte ... habe dann den Penis des Angeklagten zweimal in den Mund genommen.
102Der Angeklagte habe dann seinen Penis wieder aus ihrem Mund genommen und sie habe versucht, den Angeklagten von sich wegzustoßen. Er habe sie aber auf das Bett gedrückt und sei erneut mit seinem Penis vaginal in sie eingedrungen, wobei er sich mit seinem Becken zwischen sie gedrängt und ihre Beine auseinander gedrückt habe. Erneut konnte die Zeugin nicht schildern, wie lange der Verkehr dauerte. Der Verkehr habe aber jedenfalls angedauert, bis sie das Klopfen der Polizei an der Tür hätte hören können.
103Während der Tat habe der Angeklagte kein Kondom benutzt.
104Nachdem die Polizei gekommen sei, habe sie zunächst geweint und der Polizei dann geschildert, was gerade passiert sei. Sie habe auch von der Polizei Kleidung bekommen. Es könne auch sein, dass sie damals zur Polizei gesagt habe, dass der Angeklagte ihr gesagt habe, sie sei nun in seinem Herrschaftsbereich. Dies habe er aber tatsächlich nicht gesagt. Sie sei damals nur wütend gewesen. Sie habe das gesagt, weil sie sauer gewesen sei, insbesondere auf Ausländer. Auf Ausländer sei sie sauer gewesen, wegen der Vorfälle aus den Ermittlungsverfahren von 2012 und 2016. Das habe sie aber auch bei der nächsten Vernehmung klargestellt, da sie dem Angeklagten nichts reindrücken wolle, was dieser nicht getan habe.
105An dem Morgen sei sie dann ins Krankenhaus gebracht worden. Dort sei sie untersucht worden und es seien Abstriche gemacht worden. Später sei sie dann bei der Polizei vernommen worden und habe dann nach Hause gekonnt.
106Sie habe die Tat bisher wenig aufgearbeitet. Wegen ihrer Kinder habe sie die Sache erstmal in eine Schublade geschoben. Nunmehr sei aber über die Familienhilfe ein Termin mit einer Psychologin für Sexualgewalt vereinbart worden. Sie sei auch nach der Tat nicht mehr feiern gegangen. Sie habe höchstens zu Hause mal etwas getrunken.
107Ein Alkoholproblem habe sie insgesamt nicht. Nach der Geburt ihres jüngsten Kindes im November 2017 sei sie erst ab November 2018 überhaupt wieder zum Feiern rausgegangen. Zwischen November 2018 und Februar 2019 sei sie dann häufiger weg gewesen, meistens an den Wochenenden, wenn die jeweiligen Väter sich um ihre Kinder gekümmert hätten. Das könne alle zwei Wochen oder einmal im Monat gewesen sein. Sie sei dann mit ihren Freundinnen unterwegs gewesen und habe auch durchaus länger bis so 3 Uhr gefeiert. Ab Februar 2019 sei sie dann nur noch wenig feiern gegangen, da sie dann in einer festen Beziehung gewesen sei. Zwischen September 2019 und Januar 2020 sei sie so vier oder fünfmal zum Feiern unterwegs gewesen und dies auch nicht so intensiv. Soweit insbesondere über Sylvester 2020 gesprochen würde, habe sie das zu Hause verbracht.
108(2).
109Die Aussage der Geschädigten ... ist glaubhaft.
110Hiervon konnte die Kammer sich im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller für und gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage sprechenden Aspekte überzeugen.
111(a).
112Die Aussage weist bereits für sich betrachtet im Rahmen einer merkmalsorientierten Inhaltsanalyse eine hohe Aussagequalität auf.
113Die Aussage der Geschädigten ist zunächst logisch konsistent und zeichnet einen nachvollziehbaren Ablauf des Abends. Auch unter Berücksichtigung, dass die Geschädigte Erinnerungslücken eingeräumt hat, sind keine logischen Brüche in den von ihr geschilderten Abläufen erkennbar, sondern es fehlen an den jeweiligen Stellen lediglich Details. Insgesamt zeichnet die Aussage der Geschädigten aber einen konsistenten Ablauf des Abends, in welchem diese zunächst mit ihren Freunden feiern ist und in diversen Bars trinkt und tanzt. Nachdem die Freunde dann im Laufe des Abends nach Hause gegangen sind oder man sich anderweitig getrennt hat, trifft die Geschädigte auf den Angeklagten und dessen Begleiter, will noch nicht nach Hause und versteht sich mit beiden gut genug, um mit dem Taxi in deren Wohnung zu fahren. Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten möchte die Geschädigte jedoch trotz der bisher einander zugeneigten Stimmung nicht haben und lehnt ab, was der Angeklagte nicht akzeptiert, so dass es trotz der Versuche der Geschädigten, über ihr Mobiltelefon Hilfe zu erlangen, zu dem erzwungenen Verkehr kommt. Dieser dauert in verschiedenen Form an, bis die Polizei eintrifft, welche durch die geschilderten Notrufe verständigt wurde. Auch wenn die Geschädigte nicht genau weiß, wie das Aufeinandertreffen mit dem Angeklagten und dessen Begleiter ablief, oder wie sie aufs Bett gelangt ist oder wie der Angeklagte sich ausgezogen hat, wird durch sie ein Ablauf frei von Brüchen geschildert. Dies auch insofern, dass sie zwar nicht mitbekommen hat, wie die Polizei genau ihren Aufenthalt herausgefunden hat, aber sowohl schildern konnte, dass sie die Standortnachricht an die Zeugin ... geschrieben hat. Auch diese Verknüpfung des von der Geschädigten geschilderten Ablauf mit dem durch die weiteren Zeugen erwiesenen Ablaufs spricht für die von der Geschädigten gemachte Aussage. Solche räumlich-situativen Verknüpfungen, die Verbindungen wie das Schreiben der Standortnachricht oder auch die Notrufe bei der Polizei und dass die Tat bis zum Klopfen der Polizei angedauert haben soll, werden durch die Kammer ebenfalls als Kriterium für die Glaubhaftigkeit der Aussage der Geschädigten gewertet, da solche Kontextmerkmalen im Rahmen einer bewusst falschen Aussage kaum in Einklang gebracht werden könnten und zudem für sich gesehen jeweils überprüfbar sind.
114Weiter zeichnet die Aussage sich durch vielfältige Details aus. Die Geschädigte konnte sich bei ihrer Aussage noch genau an bestimmte Sätze des Angeklagten erinnern und diese in wörtlicher Rede wiedergeben, wie etwa, dass dieser nach dem Schließen der Tür erklärte, er wolle Spaß haben oder dass er auf ihre Ablehnung mit: „doch, doch“ reagiert hat. Auch konnte die Geschädigte im späteren Verlauf genau beschreiben, in welcher Reihenfolge der Angeklagte sie entkleidet hat und wie sie im Zusammenhang mit dem Oralsex durch den Angeklagten bedroht wurde. Die Kammer verkennt insoweit nicht, dass der Detailierungsgrad der Aussage der Geschädigten nicht konstant ist. So konnte sie die oben genannten Details genau beschreiben, kann sich aber an Ereignisse kurz zuvor und danach kaum oder gar nicht erinnern. So konnte sie genau beschreiben, was der Angeklagte nach dem Schließen der Tür gesagt hat und wie sie die Standortnachricht und die Textnachricht an die Zeugin ... geschickt hat, wusste dann aber unmittelbar im Anschluss nicht mehr, wie sie auf das Bett gebracht wurde. Dann konnte sie sich wieder genau erinnern, wie sie ausgezogen wurde und hier auch die Reihenfolge schildern, konnte dann das Ausziehen des Angeklagten aber nicht mehr erinnern. Ebenso beschreibt die Geschädigte mit wörtlichen Zitaten, wie der Angeklagte ihr vor dem erzwungenen Oralverkehr gedroht hat, konnte dann aber die unmittelbar anschließende zweite vaginale Vergewaltigung nur dahingehend beschreiben, dass der Angeklagte sich zwischen ihr Becken gepresst habe und mit seinem Penis über eine unbestimmte Dauer in sie eingedrungen sei, bevor sie irgendwann das Klopfen gehört habe. Diese Unterschiede in der Detailierung führen für die Kammer aber nicht zu Zweifeln an der Aussagequalität der Geschädigten. Es ist nicht so, dass die Detailierungsunterschiede erkennbar zwischen fallneutralen und fallrelevanten Details schwanken würden, was auf eine nicht erlebnisbasierte Aussage deuten würde, sondern teilweise auch fallrelevante Dinge, wie etwa die zweite vaginale Vergewaltigung, verglichen mit anderen Details, deutlich ungenauer geschildert werden. Ein Muster zwischen detailgenauen und detailarmen Schilderungen wird gerade nicht erkennbar. Diese Zufälligkeit sieht die Kammer aber als Zeichen einer erlebnisbasierten Aussage.
115Weiter spricht für die Qualität der Aussage der Geschädigten, dass diese, auch wenn im Rahmen ihrer Vernehmung zwischen einzelnen Aspekten der Tat hin und her gesprungen wurde, diese jeweils geordnet darstellen konnte und hier keine Schwierigkeiten hatte, ungeordnet von einem Thema ins nächste zu springen.
116So konnte die Geschädigte auch auf außer der Reihe gestellte Fragen schnell und ohne sich zu verzetteln antworten. So wurde die Geschädigte etwa im Rahmen der Fragen der Verteidigung in direkter Folge nach ihrer Beziehung zu ihrem Ex-Freund, ob die Zeugin ... den Afrikaner ... kennt, das Würgen während der Tat, dem Ausziehen ihrer Kleidung und den Notrufen gefragt, ohne dass sie hierbei durcheinander gekommen wäre.
117In der Aussage der Geschädigten finden sich darüber hinaus an diversen Stellen Interaktionsschilderungen, welche ebenfalls für die Aussagequalität ihrer Aussage sprechen. Die Geschädigte konnte schildern, dass sie angefangen habe, sich bedroht zu fühlen, weil der Angeklagte auf die Ablehnung seines Vorschlags, miteinander Spaß zu haben, mit „doch, doch“ reagiert habe. Auch habe der Angeklagte ihr das Mobiltelefon weggenommen, weil sie die Nachricht an die Zeugin ... geschrieben habe. Auf dem Bett habe sie der Angeklagte runtergedrückt, sie habe deshalb versucht, ihn wegzudrücken. Nach der ersten Vergewaltigung habe sie sich aufgesetzt und nach ihrem Mobiltelefon gesucht, deshalb habe der Angeklagte sie wieder nach hinten gezogen. In der Aussage der Geschädigten finden sich also eine Reihe von Interaktionen, welche ebenfalls für die Aussagequalität der Aussage der Geschädigten sprechen, da sie in der Lage war, ein verflochtenes Geschehen darzustellen. Dies wird noch dadurch gestützt, dass die Geschädigte auch in der Lage gewesen ist, Gesprächssequenzen mit dem Angeklagten zu schildern, in denen ein Wechsel von Frage und Antwort deutlich wurde. Etwa konnte sie die erste Interaktion als der Angeklagte sagte, man solle jetzt miteinander Spaß haben, wörtlich wiedergeben und auch die Drohungen des Angeklagten vor dem erzwungenen Oralverkehr, als sie seinen Penis in den Mund nehmen sollte. Dies sind zwar nur einzelne Sequenzen und der Kammer ist auch bewusst, dass es Gesprächssequenzen gab, welche die Geschädigte nicht schildern konnte, wie etwa im Zusammenhang mit den Notrufen, wo sie nur auf Vorspielen der Notrufe überhaupt einräumte, dass sie wohl ihren Namen gegenüber dem Notrufbeamten genannt haben müsse. Insgesamt sprechen aber auch die wiedergegebenen Interaktionen für die Aussagequalität der Geschädigten.
118Weiter spricht für die Qualität der Aussage der Geschädigten, dass diese auch eigene psychische Vorgänge schildern konnte. So hat sie angegeben, dass sie während der Vergewaltigung Angst um ihre Kinder hatte. Dies erfolgte zwar zunächst nur auf Nachfrage, wie sie die Tat erlebt habe, wurde dann aber später im Verlauf der Aussage durch die Geschädigte auch spontan angeführt, als sie berichtete, sie könne zur Dauer der Tat nichts sagen, sie habe nur die ganze Zeit Angst um ihre Kinder gehabt. Der Kammer ist auch bewusst, dass es sich bei dieser Angabe lediglich um eine einzelne Angabe gehandelt hat und andere Ausführungen der Geschädigten zu ihren psychischen Vorgängen recht knapp ausgefallen sind, wie etwa, als sie allgemein geschildert hat, dass sie die Situation als bedrohlich empfunden habe, als der Angeklagte die Tür schloss und sagte, man werde zusammen Spaß haben. Die Schilderung der bei der Geschädigten bestehenden Angst um ihre Kinder spricht aber dennoch für die Aussage der Geschädigten, da diese auf die Frage, wie sie die Tat erlebt habe, gerade nicht eine naheliegende Reaktion, welche bei einer nicht erlebnisbasierten Aussage zu erwarten gewesen wäre, wie etwa Angst um sich selbst oder eine Form von Abscheu gegenüber dem Angeklagten, geantwortet hat, sondern ungewöhnlicher Weise Angst um ihre Kinder beschrieben hat. Dies spricht gerade für eine erlebnisbasierte Aussage, dass hier auch ungewöhnliche Denkprozesse wiedergegeben werden konnten.
119Die Geschädigte hat zudem auch Erinnerungslücken eingeräumt, wie etwa hinsichtlich der Frage, wie der Angeklagte sich ausgezogen hat und wie sie aufs Bett gelangt ist. Ebenso, wie genau der Kontakt vor der Taxifahrt abgelaufen sei und wann der Zeuge ... genau gegangen sei. Die Kammer ist sich aber bewusst, dass es sich insoweit lediglich um ein weniger bedeutsames Kriterium bei der Bewertung einer Aussage handelt, auch eingeräumte Erinnerungslücken sprechen aber grundsätzlich im Rahmen einer Gesamtwürdigung für die Qualität einer Aussage.
120Erheblicher gewichtet die Kammer zudem, dass die Geschädigte im Rahmen ihrer Aussage auch Angaben gemacht hat, welche sie selbst in ein schlechteres Licht rücken bzw. zumindest eine eigene Ursächlichkeit einräumen. Insofern hat sie bereitwillig geschildert, erhebliche Mengen Alkohol getrunken zu haben und zudem keine Bedenken dabei gehabt zu haben, mit zwei ihr fremden Männern zu deren Wohnung zu fahren.
121Als dies spricht für die Qualität der Aussage der Geschädigten. Die Kammer hat in ihre Abwägung ferner mit einbezogen, dass die Aussage der Geschädigte neben den dargestellten Realkriterien auch bestimmte Realkriterien nicht enthalten hat. So hat die Geschädigte keine ausgefallenen oder nebensächlichen Einzelheiten geschildert, sondern war in ihrer Darstellung auffallend stringent. Die Geschädigte konnte zudem auch nur Komplikationen in den Handlungsverläufen schildern, die das Geschehen vor der eigentlichen Tat betroffen haben. In diesem Zusammenhang hat die Geschädigte geschildert, dass sie beim Besuch der Bar ... die Zeugen ... und ... nicht mehr finden konnte und sich nach dem Aussteigen aus dem Taxi übergeben musste. In der Schilderung des eigentlichen Sexualverkehrs wurden dann keine Komplikationen mehr dargestellt. Zudem wurden die Komplikationen nur pauschal benannt und nicht im Detail, etwa mit den daraus folgenden Gedankenschritten, geschildert.
122Ebenso wurden keine unverstandenen Handlungselemente geschildert oder indirekt handlungsbezogene Schilderungen gemacht.
123Auch hat sie keine Ausführungen zu psychischen Vorgängen des Angeklagten gemacht.
124Korrekturen ihrer Aussage hat die Geschädigte auch nur auf Nachfrage oder etwa nach Vorhalt der Tonaufnahmen der Notrufe gemacht, als sie sich etwa dahingehend korrigiert hat, dass sie wohl ihren Namen genannt haben müsste, nachdem sie zuvor angab, nicht mit der Notrufleitstelle gesprochen zu haben.
125Unter Berücksichtigung der durch die Geschädigten geschilderten Abläufe insbesondere, dass diese ab dem Moment, wo sie sich auf dem Bett befand, das Geschehen nicht mehr selbst kontrollieren konnte und dass die Geschädigte gleichzeitig über die notwendige Erfahrung verfügte, um die Situation in der sie sich befand, genau zu verstehen, so dass Kriterien wie Schilderungen von Komplikationen und nicht verstandener Handlungselemente ohnehin im Kerngeschehen der Tat mehr oder minder ausscheiden, ist die Kammer aufgrund der Vielzahl von erfüllten Realkennzeichen, welche die Kammer allesamt als im Rahmen der konkreten Aussage überzeugender gewichtet, als die fehlenden Kriterien, von der Aussagequalität der durch die Geschädigten gemachten Aussage überzeugt.
126Der Kammer ist sich dabei bewusst, dass eine inhaltsorientierte Analyse der Aussage anhand von sogenannten Realkriterien nicht schematisch für oder gegen die Qualität einer Aussage sprechen kann, insbesondere nicht eine bestimmte Zahl von Realkriterien absolut gesehen für eine wahre Aussage sprechen können. Dennoch konnte die Kammer sich, unter Berücksichtigung der in der Aussage zu findenden Realkriterien und der nicht zu findenden Realkriterien, sowie unter Berücksichtigung der in der Aussage geschilderten Situationen und Handlungsabläufen von der Qualität der Aussage der Geschädigten ... überzeugen.
127(b).
128Von der Glaubhaftigkeit der Aussage der Geschädigten ... konnte die Kammer sich darüber hinaus durch die weitere Beweisaufnahme überzeugen, welche die Aussage der Geschädigten ... in entscheidenden Punkten stützt und aus der sich zudem die Aussagetüchtigkeit der Geschädigten ... ergibt.
129(aa).
130Die Kammer hat die durch die Notrufleitstelle mitgeschnittenen Notrufe von 06:55 Uhr und 07:06 Uhr in Augenschein genommen und angehört.
131Der Notruf von 06:55 Uhr ist in einer Länge von 3:31 Minuten aufgenommen und auf der CD Bl. 96 d.A. gespeichert worden. In der Aufnahme sind nach 6 Sekunden zunächst unverständliche Worte der Geschädigten und des Angeklagten zu hören. Dann ist deutlich lauter die Stimme des Beamten der Notrufleitstelle zu hören, der sich mit: „Notruf Polizei ...“ meldet. Der Polizeibeamte ist während des Notrufs durchgehend gut zu verstehen.
132Es folgen erneut undeutliche nicht zu verstehende Sätze bzw. Worte des Angeklagten und der Geschädigten ab Minute 0:11. Bei 0:13 ist der Angeklagte sodann zu verstehen, der sagt: „Sagst du nicht, dass du betrunken bist.“ Dann ist deutlich zu hören, dass die Geschädigte bei 0:14 Minuten sagt „No, I dont want this.“ Ihre Stimme ist dabei leicht verwaschen, sie ist aber deutlich zu verstehen.
133Der Polizeibeamte sagt dann bei 0:16 Minuten: „Hallo, hier ist die Polizei“, während ein lautes Atmen am anderen Ende der Leitung zu hören ist. Die Geschädigte sagt dann bei 0:19 Minuten: „Ich will…don’t look at me…I don’t want this…okay“. Erneut ist die Geschädigte gut zu verstehen. Zwischendurch ist ein nicht genau zuzuordnendes Atmen zu hören. Der Angeklagte sagt bei 0:29 Minuten klar zu verstehen „No“, woraufhin die Geschädigte ebenfalls bei 0:29 erneut sagt: „I don’t want this.“ Auch dies ist deutlich zu verstehen.
134Der Polizeibeamte sagt sodann bei 0:34 Minuten: „Da sprechen zwei miteinander, aber nicht mit mir. Hallo! Hier ist die Polizei!“.
135Dann sind wieder einige Worte nicht zu verstehen, sodann sagt die Geschädigte bei 0:40 Minuten „Don’t, no, I don’t want this.“ Auch hier ist die Geschädigte klar betont und deutlich zu verstehen.
136Dann folgt eine Pause und die Geschädigte sagt bei 0:48: „Is it okay?“, worauf der Angeklagte bei 0:49 Minuten mit: „No“ antwortet. Die Geschädigte sagt daraufhin unmittelbar: „I want to go home“.
137Der Polizeibeamte sagt bei 0:51 Minuten erneut: „Hallo“
138Die Geschädigte sagt bei 0:54 Minuten: „No“, dann folgt deutliches Stöhnen der Geschädigten, dann: „Don’t touch me, no, go“. Auch dies ist klar zu verstehen.
139Der Polizeibeamte fragt bei 1:01 Minuten: „Hallo, wo sind sie?“
140Die Geschädigte sag bei 1:02 Minuten: „Go home, okay.“
141Der Polizeibeamte spricht sodann bei 1:03 Minuten zu einem seiner Kollegen: „Hier wird eine vergewaltigt, kannst du mit reingehen ma“, dann wieder an die Geschädigte gewandt: „Hallo?“
142Es folgt eine kurze Pause und die Geschädigte sagt bei 1:10: „ Is that okay“, wobei ihre Stimme leicht verwaschen ist.
143Der Polizeibeamte sagt bei 1:11 Minuten: „Hier ist die Polizei, wo sind sie?“
144Die Geschädigte sagt bei 1:14 nun wieder deutlicher zu verstehen: „Lässt du mich in Ruhe“.
145Der Polizeibeamte bei 1:15 Minuten: „Wo sind sie? Hallo?“
146Die Geschädigte bei 1:16 Minuten: „Lässt du mich bitte“
147Der Polizeibeamte bei 1:17 Minuten: „Hallo wo sind sie?“
148Die Geschädigte bei 1:18 Minuten: „Lässt du mich in Ruhe.“
149Der Polizeibeamte bei 1:19: „Wo sind sie?“ sodann folgt ein unverständliches Wort der Geschädigten und eine kurze Pause, bei 1:22 Minuten fragt der Beamte: „Hallo?“
150Es folgt ein Wimmern der Geschädigten bei 1:24 Minuten, dann sagt sie bei 1:27 Minuten, nunmehr wieder verwaschen, aber noch verständlich: „Lässt du mich in Ruhe“. Es folgt ein Stöhnen der Geschädigten, dann sagt der Polizeibeamte bei 1:31 Minuten: „Hallo hier ist die Polizei, geben sie mir einen Tipp wo sie sind.“ Es folgt erneutes Stöhnen der Geschädigten, dann sagt der Polizeibeamte bei 1:34 Minuten: „Wir hören sie, geben sie mir einen Tipp bitte.“
151Die Geschädigte sagt bei 1:38 Minuten: „Lässt du mich in Ruhe. Lässt du mich in Ruhe“. Darauf sagt der Angeklagte im Hintergrund bei 1:42 entweder „Ja“ oder „Klar“, woraufhin die Geschädigte fragt: „Wirklich? Darf ich nach Hause gehen?“ Es folgt eine kurze Pause, dann fragt sie bei 1:48 erneut: „Darf ich nach Hause gehen?“
152Der Polizeibeamte fragt bei 1:49: „Was ist das?“
153Die Geschädigte macht sodann weinende Laute.
154Der Polizeibeamte sagt bei 1:52: „Hallo, also wenn, wenn sie mich, wenn sie mich hören…“ wird dann aber von der Geschädigten unterbrochen: „Lass mich gehen bitte, ich möchte nach Hause gehen.“
155Der Polizeibeamte setzt erneut an: „Wenn sie mich, wenn sie mich jetzt, wenn sie mich…“, wird aber wieder von der Geschädigten unterbrochen „Ich möchte nach Hause gehen“.
156Der Polizeibeamte sagt: „Wenn sie mich hören, wir kriegen das mit, sind sie im ... 40, hallo?“
157Die Geschädigte sagt dann bei 2:07: „Darf ich nach Hause gehen, lass mich nach Hause gehen.“
158Der Angeklagte sagt darauf bei 2:13 etwas Unverständliches.
159Die Geschädigte fragt dann bei 2:18: „Wirklich?“
160Der Angeklagte sagt bei 2:19: „Ja, geh nach Haus.“ Es folgt eine Pause mit Geraschel, dann fragt der Polizeibeamte bei 2:25 Minuten: „Hallo?“
161Die Geschädigte stöhnt und wimmert und sagt dann bei 2:31: „Holt mich hier ab“.
162Der Polizeibeamte sagt bei 2:33 Minuten: „Hallo, wenn sie mich…, wenn sie mich hören, sind sie im ..., hallo?“
163Die Geschädigte wiederholt bei 2:37 erneut: „Holt mich hier ab“
164Der Polizeibeamte sagt dann bei 2:40 Minuten: „Ja, wir kommen, wir kommen zu ihnen, sagen sie mir ihren Namen“
165Die Geschädigte wimmert erneut, und sagt dann bei 2:44 Minuten „...“.
166Der Polizeibeamte sagt dann bei 2:46: „Frau ...? Frau ... wir kommen zu ihnen, die Polizei hört sie. Sind sie im ...…“ Währenddessen wimmert die Geschädigte im Hintergrund und unterbricht den Polizeibeamten dann bei 2:52: „Bitte, holt mich doch ab.“
167Der Polizeibeamte fragt bei 2:54 Minuten: „Sind sie im ... ?“
168Die Geschädigte wimmert im Hintergrund. Bei 2:57 Minuten fragt er weiter: „Frau ..., Frau ..., wo sind sie? Frau ..., wo sind sie?“
169Die Geschädigte antwortet nicht, sondern wimmert weiter im Hintergrund.
170Der Angeklagte sagt dann bei 3:08 Minuten etwas Unverständliches und: „Geh nach Hause, komm…unverständlich…nach Hause“, dann deutlicher zu hören: „Du hast von mir“ …unverständlich... „bekommen“ und bei 3:13 deutlich „Nicht nach Hause.“
171Der Polizeibeamte fragt bei 3:15 Minuten: „Frau ..., wo sind sie, in welcher…? Frau ..., wo, in welchem Haus sind sie? Frau ..., können sie versuchen die…können sie versuchen irgendwie das Zimmer zu verlassen?“ Währenddessen wimmert die Geschädigte im Hintergrund.
172Der Polizeibeamte fragt bei 3:28 Minuten erneut: „Frau ...?“
173Sodann ist das Freizeichen zu hören und der Polizeibeamte sagt: „Aufgelegt.“
174Damit endet die Aufnahme.
175Die Datei der Aufnahme des zweiten Anrufs ist 2:16 Minuten lang. Dort ist zu hören, dass sich nach etwa 6 Sekunden der Polizeibeamte meldet mit „Notruf Polizei, hallo Frau .... Wo sind sie? Frau ...?“ Es handelt sich um die Stimme desselben Polizeibeamten. Er ist weiter gut zu verstehen.
176Im Hintergrund ist ein Stöhnen der Geschädigten zu hören und undeutliche Laute.
177Bei 0:12 Minuten fragt er erneut: „Frau ...?...Frau ... können sie…“ der Polizeibeamte wird unterbrochen von etwas unverständlichem der Geschädigten, dann spricht wieder der Polizeibeamte: „Frau ..., können sie mich hören?
178Die Geschädigte sagt ein unverständliches Wort.
179Der Polizeibeamte fragt bei 0:21 Minuten erneut: „Frau ..., wo sind sie?“ Währenddessen ist die Geschädigte im Hintergrund zu hören, allerdings zu leise, um etwas zu verstehen. Der Polizeibeamte sagt weiter: „Hier ist die Polizei, wo sind sie Frau ...?...Wo…Wo sind sie Frau ...? Ich kann sie nicht, ich kann sie nicht verstehen…“ Auch währenddessen spricht die Geschädigte im Hintergrund, ohne verständlich zu sein.
180Dann sagt die Geschädigte bei 0:42 Minuten: „Ja geh…nimm deine Hände weg von mir…geh“.
181Bei 0:48 Minuten spricht wieder der Polizeibeamte: „Frau ..., sind sie zu Hause? Sagen sie einfach ja. Hier ist die Polizei.“
182Die Geschädigte sagt im Hintergrund: „Nein“
183Der Polizeibeamte fragt bei 0:55 Minuten weiter: „Wo sind sie? Sagen sie mir einen Namen oder eine Straße oder einen Ort.“
184Die Geschädigte sagt etwas Unverständliches.
185Bei 1:01 Minuten fragt der Polizeibeamte: „Wo sind sie?“ Es folgt eine längere Pause. Dann sagt der Beamte weiter bei 1:06 Minuten: „Frau ..., wir wollen ihnen helfen. Wir sind auf dem Weg zu ihnen, wir wissen aber nicht genau, wo sie sind. Sagen sie mir einmal bitte, wo sie sind, welche Straße, welches Haus oder welcher Name?“ Es folgt erneut eine Pause bis 1:20 Minuten, dann sagt der Polizeibeamte: „Frau .... Wir wollen ihnen helfen Frau ..., sagen sie mir, wo sie sind? In welcher Straße sind sie, Frau ...?“
186Es folgt Unverständliches der Geschädigten sowie Störgeräusche. Bei 1:45 Minuten sagt die Geschädigte deutlich: „No“.
187Der Polizeibeamte fragt daraufhin bei 1:46 Minuten: „Wo sind sie Frau ...?“
188Die Geschädigte sagt bei 1:48 Minuten: „I don’t want this“.
189Bei 1:52 Minuten fragt der Polizeibeamte: „Wo sind sie?“ Es folgt eine Pause bis 1:56 Minuten, dann fragt er weiter: „Frau ..., sind sie zu Hause?“ Erneut Pause bis 2:02 Minuten, dann fragt er erneut: „Frau ..., sind sie zu Hause?“ Es folgt ab Minute 2:06 lautes Geraschel und bei Minute 2:15 das Freizeichen. Die Aufnahme endet sodann bei Minute 2:16.
190Von dem Inhalt der Notrufe konnte sich die Kammer im Rahmen der Hauptverhandlung selbst überzeugen, nachdem die Notrufe von 06:55 Uhr und 07:06 Uhr durch die Notrufleitstelle der Polizei ... mitgeschnitten und auf einer CD zur Verfügung gestellt wurden. Die Zeugin ...hat insofern glaubhaft ausgesagt, dass ihr die Notrufe durch die Notrufleitstelle zur Verfügung gestellt wurden. Dass es sich bei den angehörten Notrufen um die durch die Geschädigte getätigten Notrufe handelt, ergibt sich zudem aus der Namensnennung der Geschädigten während des Notrufs von 06:55 Uhr. Auch die Stimme des Polizeibeamten ist zweifelsfrei zuzuordnen, nachdem dieser sich bereits als Polizei ... meldet. Die Kammer hat darüber hinaus keine Zweifel daran, dass die dritte zu hörende Stimme von dem Angeklagten stammt. Der Angeklagte und die Geschädigte haben übereinstimmend angegeben, dass außer ihnen zum Zeitpunkt der Telefonate niemand in der Wohnung gewesen sei. Dies wird auch durch die übrige Beweisaufnahme nicht in Zweifel gezogen. Insbesondere wurde vor Ort durch die eintreffenden Polizeibeamten niemand anders in der Wohnung gefunden.
191Während des Notrufs klingt die Geschädigte weinerlich und abwehrend. Sie spricht aber, bis auf die deutlich gemachten Ausnahmen, verständlich. Der Angeklagte spricht ruhig, ist aber schwerer zu verstehen.
192(bb).
193Die Zeugin ... hat ausgesagt, dass ihre Streife zu einem Einsatz wegen des Verdachts auf Vergewaltigung gerufen worden sei. Dabei sei zunächst unklar gewesen wo sich das Opfer – die Geschädigte ... – aufhalte, da diese nicht an ihrer Wohnanschrift gewesen sei. Über einen in dem Nachrichtenportal What’s App an die Zeugin ... geschickten Live-Standort habe sich jedoch die Adresse ... als möglicher Tatortort ergeben. Mehrere Streifenwagen seien dorthin gesandt worden. An dieser Anschrift habe sich der Verdacht ergeben, dass sich die Tat in der Wohnung des Zeugen ... ereignen könne. Insofern sei bekannt gewesen, dass der ... zuvor bei einer Schlägerei vor der Bar ... aufgefallen sei. Zudem habe eine an der Anschrift wohnende ältere Dame berichtet, sie habe Geräusche mehrerer Personen im Treppenhaus gehört. Unmittelbar vor der Wohnungstür zu der Wohnung des Zeugen ... sei dann nach zweimaligem Klingeln ein Wimmern zu hören gewesen, welches die Zeugin aufgrund der sich ihr sodann dargestellten Situation der Geschädigten zugeordnet habe. Ihr Kollege ...habe auf das Wimmern hin mehrfach an die Tür geklopft, woraufhin der Angeklagte nackt und mit erigiertem Penis die Tür geöffnet habe. Sodann seien ihre Kollegen ...und ... an dem Angeklagten vorbei in die Wohnung getreten und hätten die Zeugin nach einem kurzen Moment – welchen sie im Bereich von einer halben Minute schätze – in die Wohnung gerufen. In der Wohnung habe sie im Hauptraum die Geschädigte gesehen, die unbekleidet rücklings auf dem Bett neben dem Sofa gelegen habe. Die Arme der Geschädigten seien nach links und rechts auf dem Bett ausgebreitet gewesen, die Beine der Geschädigten seien leicht gespreizt gewesen. Die Geschädigte habe sofort begonnen, wie ein Schlosshund zu weinen und sei zunächst kaum ansprechbar gewesen. Nach dem Eindruck der Zeugin sei das Weinen dabei nicht gestellt gewesen, sondern echt.
194Nachdem die Geschädigte sich beruhigt habe, sei sie vor Ort grob zum Sachverhalt befragt worden.
195Die Geschädigte habe geschildert, dass sie den Angeklagten beim Feiern getroffen hätte. Er hätte sie überredet, in seiner Wohnung noch etwas zu trinken. In der Wohnung hätte er sich von einem netten Menschen zu einem bösen gewandelt. Er hätte gesagt, dass sie nun in seinem Herrschaftsbereich sei und sie aufgefordert sich auszuziehen.
196Der Angeklagte hätte sie dann gegen ihren Willen ausgezogen und vergewaltigt.
197Neben der vorläufigen Befragung habe die Geschädigte die Gelegenheit für einen Toilettengang erhalten. Im Anschluss sei die Geschädigte zur Untersuchung ins Krankenhaus gebracht worden.
198Ihr Eindruck vom Angeklagten vor Ort sei gewesen, dass dieser von den Beamten erschrocken worden sei und nicht mit ihnen gerechnet hätte. Der Angeklagte habe mehrfach gesagt, er wüsste nicht, was los sei.
199Die Aussage der Zeugin ... ist glaubhaft. Die Zeugin ist als Polizeibeamtin dem Sachverhalt gegenüber neutral eingestellt gewesen. Sie ist aufgrund ihrer beruflichen Ausbildung zudem besonders in der Wahrnehmung und Wiedergabe von Sachverhalten geschult. Im Rahmen der Hauptverhandlung konnte die Zeugin den Sachverhalt frei von Widersprüchen oder Unsicherheiten schildern. Sie konnte den Sachverhalt zudem gut erinnern und frei schildern. Hinweise, die Zweifel an der Aussage der Zeugin begründen könnten, haben sich nicht ergeben.
200Die Aussage der Zeugin ... wird zudem durch die Aussage des Zeugen ... gestützt.
201Der Zeuge ... hat ausgesagt, am Tattag ebenfalls bei dem Einsatz wegen einer möglichen Vergewaltigung an der Anschrift ... beteiligt gewesen zu sein. Sein Kollege ... habe ihm mitgeteilt, dass der Zeuge ...an dem Abend bereits wegen eines Vorfalls an der Bar ... polizeilich aufgefallen sei, weshalb sich der Verdacht auf die Wohnung des Zeugen ... gelenkt habe. Der Zeuge ... habe sich die Treppe hoch zur Wohnung des Zeugen ... begeben. Dort habe er vor der Tür zunächst gehorcht, jedoch nichts gehört. Daraufhin habe er geklingelt, woraufhin ein leises Wimmern zu hören gewesen sei. Er habe ein weiteres Mal geklingelt, woraufhin das Wimmern lauter geworden sei. Er habe dann geklopft und die Tür sei durch den unbekleideten Angeklagten mit erigiertem Penis geöffnet worden. Er sei dann an dem Angeklagten vorbei einen Schritt in die Wohnung eingetreten und habe dort im Hauptraum die Geschädigte auf dem Bett gesehen. Diese habe rücklings auf dem Bett gelegen mit dem Kopf Richtung Wand und die Füße auf den Boden gestellt. Der Zeuge ... habe unmittelbar nachdem er die Geschädigte erblickt habe seine Kollegin ... gerufen, damit diese sich um die Geschädigte kümmere und sich selbst um den Angeklagten gekümmert, dem er Handfesseln angelegt habe.
202Auch der Zeuge ... ist als Polizeibeamter dem Sachverhalt gegenüber neutral eingestellt. Er ist ebenfalls in der Wahrnehmung und Wiedergabe von Sachverhalten geschult. Auch seine Schilderung des von ihm erlebten Geschehens war widerspruchsfrei und überzeugend. Auch er konnte den Sachverhalt gut erinnern und frei widergeben. Hinweise auf eine nicht zutreffende Aussage haben sich auch bei ihm nicht ergeben.
203(cc).
204Auch hat die Kammer den von der Geschädigten an die Zeugin ... geschickten Live-Standort mit der Aufforderung, sie abzuholen, in Augenschein genommen.
205Auf dem Lichtbild auf Bl. 119 d.A. ist ein Screenshot vom Mobiltelefon der Geschädigten ... zu sehen, welche dort den Chatverlauf mit der Zeugin ... aufgerufen hat. In dem Chatverlauf wird am 02. November 2019 zunächst die Textnachricht „Hol noch ab“ mit der Zeitkennung 06:47 Uhr dargestellt, welche grün unterlegt ist, wodurch symbolisiert wird, dass die Nachricht von dem Mobiltelefon stammt, auf welchem gerade der Chatverlauf aufgerufen ist; die Nachricht also vom Mobiltelefon der Geschädigten stammt. Sodann ist – ebenfalls grün als von der Geschädigten gesendet unterlegt – ein Ausschnitt einer Karte zu sehen, auch welchem über der Straße „...“ ein Bild der Geschädigten dargestellt ist. Zudem ist diese Nachricht mit der Unterschrift „Live-Standort beendet“ versehen, wodurch angezeigt wird, dass keine dauerhafte Übertragung des Standorts für längere Zeit stattgefunden hat, sondern dieser einmalig gesendet wurde. Weiter finden sich auf dem Screenshot unbeantwortete Sprachanrufe der Zeugin ... an die Geschädigte von 07:31 Uhr und 07:37 Uhr, sowie weiterer Chatverlauf. Hier schreibt weiß unterlegt die Zeugin ... um 07:49 Uhr: „Wo bist du maus“ und: „????“. Um 07:50 Uhr schreibt sie: „Komm mach hause bezahle taxi geht es dir gut“. Hierauf antwortet grün unterlegt die Geschädigte um 08:16 Uhr: „Nein“.
206Der entsprechende Chatverlauf ergibt sich zudem aus den ebenfalls in Augenschein genommenen Screenshots vom Mobiltelefon der Zeugin ... (Bl.157 d.A.), welche mit dem Screenshot vom Mobiltelefon der Geschädigten korrespondieren. Wobei die durch die Geschädigte geschriebenen Nachrichten hier weiß unterlegt sind und die Nachrichten vom Mobiltelefon der Zeugin ... grün, da insofern Sender und Empfänger getauscht sind.
207Einschränkungen bei der Bildqualität bestehen bei beiden Screenshots nicht, welche die Chatverläufe jeweils klar erkennbar wiedergeben.
208Auf die Abbildungen der Chatverläufe, einmal vom Mobiltelefon der Geschädigten ... auf Bl. 119 d.A. und vom Mobiltelefon der Zeugin ... Bl. 157 d.A. wird darüber hinaus jeweils gemäß § 267 Abs.1 S.3 StPO wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
209Sowohl die Geschädigte, als auch die Zeugin ... haben zudem jeweils glaubhaft ausgesagt, dass die Screenshots jeweils von ihren Mobiltelefonen stammen. Zweifel hieran bestehen für die Kammer keine.
210(dd).
211Die Zeugin ... hat ausgesagt, dass sie zur Zeit der Tat eine gute Freundin der Geschädigten gewesen sei. Inzwischen habe sich das Verhältnis verschlechtert. Am Abend vor der Tat habe sie sich mit der Geschädigten, dem Zeugen ... sowie zwei gemeinsamen Freunden (... und ...) in der Wohnung des Zeugen ... getroffen. Dort sei gemeinsam vorgetrunken worden und die Gruppe sei dann gemeinsam in die ...er Innenstadt gefahren. Dort sei man im ..., im ..., im ... gewesen. In der Nähe des ...s habe die Geschädigte zwischen den Treppen beim Aufgang zur Zentralstation der Busse uriniert. Dort sei auch eine Person dazu gekommen, welche nach Haaren und Bart wie der Angeklagte ausgesehen habe und die eine Militärjacke getragen habe. Konkret erkennen würde sie den Angeklagten aber nicht. Der Mann habe dann die Geschädigte, welche gerade ihre Hose habe hochziehen wollen, geküsst.
212Die Zeugin ... habe daraufhin ihre Jacke um die Geschädigte gelegt und dem Mann auf Deutsch und Englisch gesagt, dass er weggehen solle. Die Zeugin habe den Mann dabei auch weggeschubst. Die Geschädigte weggezogen habe sie nicht. Dass die Geschädigte einen Freund habe, habe sie zu dem Mann vermutlich nicht gesagt, insofern sei sie aber nicht ganz sicher, es könne auch sein, dass sie das gesagt habe, um ihn zu vertreiben.
213Im Anschluss sei sie mit der Geschädigten und dem Zeugen ... zur Bar ... gegangen. Dort seien sie und der Zeuge ... aber nicht hereingelassen worden und daher nach Hause gefahren.
214Sie habe auch den What’s App Standort der Geschädigten zusammen mit der Aufforderung „Hol mich ab“ erhalten, diesen aber erst angesehen, als sie durch die Polizei nach dem Aufenthaltsort der Geschädigten befragt worden sei.
215Insofern sei sie am Tattag durch die Polizei aufgesucht worden, welche nach der Geschädigten ... gesucht hätte, da diese den Notruf angerufen habe. Sie habe zuvor nicht bemerkt, dass die Geschädigte ... ihr eine Standortnachricht gesendet habe. Dies habe sie nun aber gesehen. Die Nachricht entspräche der auf Bl. 157 d. Akte dargestellten Standortnachricht.
216Später habe die Polizei sie dann angerufen und gebeten, der Geschädigten Kleidung zur Frauenklinik zu bringen. Sie habe sich dann mit dem Bruder der Geschädigten und der Zeugin ... auf den Weg zum Krankenhaus gemacht.
217Dort sei die Geschädigte aufgebracht gewesen und habe geschimpft. Sie habe auch gesagt, dass sie vergewaltigt worden sei. Darüber gesprochen habe man aber erst später in Ruhe zu Hause bei der Geschädigten. Dort habe die Geschädigte ihr erzählt, dass sie mit zwei Männern zu denen nach Hause gefahren sei. Einer der Männer sei dann weg gewesen und der andere habe die Tür abgeschlossen und gesagt, er wolle mit ihr Spaß haben. Er habe sie dann ausgezogen und mit ihr Spaß gehabt, obwohl sie das nicht gewollt habe. Währenddessen habe die Geschädigte versucht, mit ihrem Handy die Polizei zu rufen. Weitere Einzelheiten habe die Geschädigte aber nicht erzählt.
218An einen Streit mit der Geschädigten an dem Abend könne sie sich auch auf Vorhalt ihrer früheren Vernehmung – wo sie dies beschrieben hat - nicht mehr erinnern.
219Grundsätzlich sei sie zur damaligen Zeit recht eng mit der Geschädigten befreundet gewesen. Beide hätten im ... gewohnt und sich so kennen gelernt. Die Geschädigte hätte zu der Zeit drei Kinder und keine Arbeit gehabt. An den Wochenenden, wenn die Kinder der Geschädigten bei ihren jeweiligen Vätern gewesen seien, sei man gemeinsam feiern gegangen. Dies sei meistens so alle zwei Wochen gewesen. Die Geschädigte habe dann trinken und tanzen wollen. Üblicherweise habe man sich mit dem Zeugen ... getroffen und sei dann durch mehrere Lokale in der Stadt gezogen. Der Abend vor der Tat stelle insofern einen üblichen Ablauf dar. Die Geschädigte habe dabei auch durchaus versucht, Männer kennen zu lernen. Insbesondere wenn sie betrunken gewesen sei, sei sie offener gewesen. An dem Abend vor der Tat könne sie sich erinnern, in der Bar ... einigen Männern auf Deutsch und auf Englisch gesagt zu haben, dass diese die Geschädigte in Ruhe lassen sollten. Die Zeugin würde die Geschädigte insofern auf Partys oft vor Männern beschützen. Dass diese aber 2012 oder 2016 schon einmal vergewaltigt worden sein solle, wisse die Zeugin nicht. Sie habe auch nur mitbekommen, dass die Geschädigte bei dem gemeinsamen Feierngehen mit Männern geflirtet habe. Dass es zu mehr gekommen wäre, habe sie nicht mitbekommen. Es habe aber auch Vorfälle gegeben, wo die Geschädigte Streit angefangen und Männer provoziert habe. Regelmäßig feiern gegangen sei sie mit der Geschädigten zwischen August 2019 und dem Tattag. Zuvor sei der Kontakt für etwa ein Jahr zum Erliegen gekommen. Nach dem 02.11.2019 sei sie nicht mehr mit der Geschädigten feiern gegangen.
220Die Aussage der Zeugin ... ist glaubhaft. Die Zeugin konnte zusammenhängend und widerspruchsfrei aussagen. Logische Brüche haben sich in ihrer Aussage nicht ergeben. Sie gab zudem an, zum Zeitpunkt der Tat mit der Geschädigten befreundet gewesen zu sein, dies nun aber nicht mehr zu sein. Die Zeugin hat ihre persönlichen Verhältnisse zur Geschädigten also offen dargestellt, was ebenfalls für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage spricht. Begünstigungs- oder Belastungstendenzen hat sie in keine Richtung gezeigt. Die Aussage der Geschädigten wir zudem in Teilen durch die Zeugin ... bestätigt.
221(ee).
222Die ... hat ausgesagt, dass sie am Tattag durch die Notrufleitstelle wegen des Verdachts eines Sexualdelikts verständigt worden sei. Sie sei mit zwei Kollegen zur Adresse der Geschädigten ... gefahren, habe dort aber niemanden angetroffen. Die Streifenwagenbesatzung habe im Haus gefragt, ob jemand den Aufenthaltsort der Geschädigten ... kenne. Dadurch sei der Kontakt zum Ex-Mann der Geschädigten hergestellt worden, welcher gewusst habe, dass die Geschädigte mit der Zeugin ... unterwegs gewesen sei. Die Zeugin ... sei sodann aufgesucht worden und habe geschildert, dass sie mit der Geschädigten unterwegs gewesen sei, man sich dann aber gestritten und getrennt habe. Per What’s App Anruf sei die Geschädigte nicht zu erreichen gewesen, die Zeugin ... habe aber eine Standortnachricht der Geschädigten mit der Adresse ...122-124 auf ihrem Mobiltelefon gehabt. Diese Adresse sei an die weiteren Einsatzkräfte mitgeteilt worden.
223Die Zeugin ... ist als Polizeibeamtin dem Sachverhalt gegenüber neutral. Zudem ist sie in der Wahrnehmung und Wiedergabe von Sachverhalten besonders geschult. Zweifel an ihrer Aussage bestehen nicht. Die Zeugin konnte die Vorgänge zudem gut – wenn auch teilweise nur auf Vorhalt – erinnern. Ihre Aussage deckt sich zudem mit der Aussage der Zeugin ....
224(ff).
225Die Zeugin ... hat ausgesagt, als eine Freundin der Geschädigten am Tattag mit dem Bruder der Geschädigten und der Zeugin ... zum Krankenhaus gefahren zu sein. Sie seien dort vor der Geschädigten angekommen, welche mit einem Polizeiwagen gebracht worden sei und ihr direkt in die Arme gefallen sei und geweint habe. Die Geschädigte habe dann lange auf eine ärztliche Untersuchung warten müssen, zu diesem Zeitpunkt habe auch die Polizei mit ihr gewartet.
226Die Geschädigte sei dabei sehr aufgebracht gewesen und habe geweint und geflucht. Insbesondere habe sie auf Ausländer geschimpft und gemeint, dass sie die nicht abkönne.
227Die Geschädigte habe dann auch gehen wollen, da ihr auch beim letzten Mal nicht geglaubt worden sei, dass sie vergewaltigt wurde. Sie habe dann von ihr und der Polizei zum Bleiben überredet werden müssen.
228Die Zeugin ..., die Zeugin ... und der Bruder der Geschädigten seien dann nach Hause gefahren. Ob die Geschädigte danach zur Polizei gebracht worden sei, könne sie nicht sagen.
229Die Geschädigte habe ihr später auch von der Tat erzählt. Sie habe gesagt, dass sie zum Angeklagten nach Hause mitgekommen sei und dieser dort die Tür geschlossen habe und dann Sachen mit ihr gemacht habe, die sie nicht gewollt habe. Bei der Schilderung sei auch der Begriff Vergewaltigung gefallen. Die Geschädigte habe die Tat damals auch genauer beschrieben, eine genauere Beschreibung könne die Zeugin ... jetzt aber nicht mehr wiedergeben.
230Auch die Angaben der Zeugin ... sind glaubhaft. Die insgesamt eher zurückhaltende Zeugin hat ihre Wahrnehmungen ausführlich beschrieben und zudem auf Erinnerungslücken hingewiesen.
231Ihre Aussage wird darüber hinaus auch durch die Zeugin ... und die Zeugin ... gestützt.
232(gg).
233Die Zeugin ... hat ausgesagt, im Rahmen der Ermittlungen zum Tatort gerufen worden zu sein. Zu diesem Zeitpunkt sei der Angeklagte bereits nicht mehr am Tatort gewesen, die Geschädigte sei aber noch vor Ort gewesen. Mit der Geschädigten haben sie dort aber nicht gesprochen. Die Geschädigte sei angezogen gewesen und habe auf dem Bett gesessen. Sie habe geweint und wohl mit einer anderen Polizistin vor Ort gesprochen. Woher die Kleidung, die die Geschädigte an hatte, gestammt habe, könne sie nicht sagen. Sie habe den Tatort dokumentiert und die Lichtbilder vom Tatort gefertigt, sowie ein Mobiltelefon sichergestellt. Hätte da noch Kleidung der Geschädigten auf dem Boden gelegen, wäre das dokumentiert worden. Die Geschädigte habe sich dann auch nochmal umgezogen in die durch die Polizei gestellte Kleidung. Die Kleidung der Geschädigten sei sichergestellt worden. Sie wisse aber nicht, ob dies die gesamte Kleidung der Geschädigten gewesen sei. Genau habe sie das Umziehen nicht in Erinnerung und könne auch nicht sagen, ob die Geschädigte ihre komplette Kleidung angehabt habe. Es sei jedenfalls Kleidung der Geschädigten sichergestellt worden. Zudem seien auch das Bettlaken und die Decke sichergestellt worden. Dann sei sie zur Geschädigten ins Krankenhaus gefahren. Diese habe dort lange auf ihre Untersuchung warten müssen und habe schon wieder gehen wollen, so dass sie zum Bleiben habe überredet werden müssen. Hier hätten auch die Angehörigen der Geschädigten auf diese eingewirkt, mit denen habe die Zeugin ... aber nicht gesprochen. Die Geschädigte habe gemeint, dass alles zu lange dauern würde und ohnehin nichts bringen würde. Die Stimmung der Geschädigten im Krankenhaus sei insgesamt sehr schwankend gewesen, teilweise sehr betrübt, teilweise auch normal. Die Geschädigte habe sich auch im Krankenhaus nochmal umgezogen. Auf der Wache habe die Geschädigte sich dann zugänglicher gezeigt. Zudem seien die im Krankenhaus genommenen Blutproben und Abstriche bei der Polizei asserviert worden. Hinsichtlich der Bezeichnung der Proben müsse es dabei zu einem Tippfehler gekommen sein, da die Proben mit den Nummern 789 und 799 nummeriert worden seien, die Nummerierung aber eigentlich fortlaufend erfolge. Auf Vorhalt, dass laut Bl. 124 d.A. die dem Labor Krone gesandte Blutprobe die Nummer 798 getragen habe, müsste dies wohl die korrekte Nummerierung sein. Der Vorgang werde aber auch elektronisch nachgehalten und es werde ein Blutbuch geführt, so dass hier jedenfalls die korrekten Proben übersandt worden seien.
234Sie sei auch bei der Vernehmung der Geschädigten auf der Wache am 02.11.2019 dabei gewesen, habe diese aber nicht geführt und nicht näher zugehört.
235Die Aussage der Zeugin ... ist glaubhaft. Als neutrale, in der Wahrnehmung und Wiedergabe geschulte Polizeibeamtin konnte sie umfassende Angaben machen, an deren Qualität die Kammer keine Zweifel hegt. Die Zeugin konnte die Vorgänge zudem gut – wenn auch teilweise nur auf Vorhalt - erinnern. Zudem konnte sie die fehlerhafte Nummerierung der Blutproben auf entsprechenden Vorhalt aufklären.
236Die Aussage deckt sich zudem mit den Angaben der Zeugin ... und der Aussage der Zeugin ....
237(hh).
238Die ... hat ausgesagt, dass sie am Tattag zum Tatort gerufen worden sei. Als sie eingetroffen sei, sei der Angeklagte nicht mehr vor Ort gewesen. Die Geschädigte sei noch da gewesen. Sie habe auf die Zeugin ...einen sehr aufgelösten Eindruck gemacht und geweint, sei aber ansprechbar gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe auch eine Kollegin schon mit der Geschädigten gesprochen gehabt. Die Geschädigte sei auch bekleidet gewesen. Woher die Kleidung stamme, könne sie nicht genau sagen. Sie habe der Geschädigten dann gesagt, dass eine Untersuchung im Krankenhaus sinnvoll sei. Die Geschädigte habe zugestimmt und sei zum Krankenhaus gebracht worden, während sie vor Ort weitere Spuren dokumentiert habe. Das Bettlacken sei asserviert und der Sachbearbeitung übergeben worden, zudem sei ein Mobiltelefon auf dem Couchtisch gefunden worden. Diese habe sie dem Angeklagten zugeordnet, da die Geschädigte später im Krankenhaus ihr Mobiltelefon gehabt habe.
239Nach etwa einer Stunde sei sie zum Krankenhaus gefahren. Im Krankenhaus seien auch die Bekannten der Geschädigten gewesen und diese habe einen etwas besseren Eindruck gemacht. Ob die Geschädigte Beschimpfungen geäußert habe, könne sie nicht mehr erinnern. Die Geschädigte habe aber gehen wollen, da die Untersuchung so lange gedauert habe und habe zum Bleiben überredet werden müssen. Insgesamt habe es im Krankenhaus so zwei Stunden gedauert.
240In der Vernehmung am 02.11.2019 hat die Geschädigte nach den glaubhaften Angaben der Zeugin ..., nachdem sie aufgefordert worden sei, den Ablauf des Abends nunmehr ausführlich und chronologisch zu schildern, den Ablauf der Tat wie folgt geschildert:
241Die Geschädigte sei mit Freunden in der Stadt feiern gewesen. Den Angeklagten und einen Freund des Angeklagten habe sie am Westerntor getroffen. Sie habe den Angeklagten nett gefunden und sei mit ihm und seinem Freund in einem Taxi zum späteren Tatort gefahren. Vor der Wohnung habe sich der Freund des Angeklagten verabschiedet und die Geschädigte sei noch auf ein Getränk mit in die Wohnung gekommen. Der Angeklagte habe die Tür der Wohnung verschlossen und habe dann gesagt: „Lass uns Spaß haben“, woraufhin sie erklärt habe, dass sie nicht wolle. Dennoch habe der Angeklagte sie auf das neben dem Sofa stehende Bett geworfen und habe versucht, sie auszuziehen. Während der Angeklagte noch versucht habe, sie auszuziehen, habe sie ihrer Freundin ihren Live-Standort mit dem Handy geschickt. Dann habe ihr der Angeklagte ihr Handy weggenommen. Der Angeklagte habe ihr zunächst Hose und Unterhose ausgezogen, dann ihr Oberteil. Sie habe erneut gesagt, dass sie dies nicht wolle. Als sie auf dem Bett gelegen habe, sei es ihr gelungen, dass Handy des Angeklagten, welches auf dem Bett gelegen habe, zu greifen und damit den Notruf 110 anzurufen. Das Handy habe sie dann auf das Bett gelegt, in der Hoffnung, dass die Notrufstelle die Tat mitbekomme. Gleichzeitig habe sie gehofft, dass der Angeklagte das Telefon nicht bemerke. Auch habe sie erneut gesagt, dass sie nicht wolle.
242Weiter habe sie den Angeklagten auch in sich gespürt. Ob er gekommen sei, könne sie nicht sicher sagen, er habe aber: „Ja,ja, ich bin fertig“ gerufen. Während die Tat noch angedauert habe, habe es dann an der Tür geklopft. Beim zweiten Klopfen habe der Angeklagte aufgemacht und die Polizei habe vor der Tür gestanden.
243Der Eindruck der Zeugin ...während der Vernehmung der Geschädigten sei gewesen, dass diese frei hätte sprechen können und obwohl eine Alkoholisierung zu riechen gewesen sei, nicht den Eindruck gemacht habe, der Vernehmung nicht folgen zu können. Im Rahmen ihrer Schilderung der Tat sei die Geschädigte teilweise gesprungen, habe aber grundsätzlich detailreich und zusammenhängend erzählt.
244Die Aussage der Zeugin ...ist ebenfalls glaubhaft. Auch sie deckt sich mit den weiteren Angaben der Zeugen zum Ablauf der Ermittlungen nach der Tat. Die Zeugin ist zudem persönlich von den Geschehnissen nicht betroffen und konnte die Ereignisse darüber hinaus – wenn auch teilweise nur auf Vorhalt – gut erinnern. Die ihr gegenüber gemachten Angaben konnte sie größtenteils aus ihrer Erinnerung wiedergeben, darüber hinaus konnte sie auf Vorhalt bestätigten, dass die Geschädigte ihr gegenüber wie aufgenommen ausgesagt hat. Zweifel an der Aussage der Zeugin bestehen für die Kammer nicht.
245(ii).
246Die Zeugin ...hat ausgesagt, die zuständige Ermittlungsbeamtin gewesen zu sein. In dieser Funktion habe sie unter anderem die Zeugen ...und ... vernommen, sowie die Geschädigte am 05.11.2019.
247Gegenüber ihr habe die Geschädigte dabei folgende Angaben gemacht:
248Die Geschädigte sei im ... feiern gewesen und habe danach – ohne genau zu wissen wann – den Angeklagten getroffen. Mit diesem und einem weiteren Freund des Angeklagten sei sie zu der Anschrift ... gefahren. Der Begleiter des Angeklagten habe sich dann entfernt und sie sei allein mit dem Angeklagten in dessen Wohnung gegangen. Dort habe der Angeklagte die Tür geschlossen und gesagt, dass man jetzt Spaß haben wolle. Die Geschädigte habe dies abgelehnt. Auch habe die Geschädigte die Situation zu diesem Zeitpunkt als bedrohlich empfunden und ihrer Freundin – der Zeugin ... - ihren Standort über What’s App gesendet. Der Angeklagte habe dies bemerkt und habe der Geschädigten das Handy weggenommen und es weggeworfen. Wohin genau habe sie nicht sehen können, es müsse aber wohl auf das Sofa gewesen sein. Der Angeklagte habe sich zu ihr auf die Couch gesetzt und angefangen sie zu küssen. Sie habe versucht, ihn wegzuschubsen und gesagt, dass sie dies nicht wolle. Weiter könne sie aber nicht mehr genau sagen, wie sie vom Sofa auf das Bett gekommen sei. Auf dem Bett sei sie vom Angeklagten ausgezogen worden. Auch insofern sei ihre Erinnerung lückenhaft. Sie könne aber noch sagen, dass ihre Hose und Unterhose bereits ausgezogen gewesen seien, dann habe der Angeklagte ihren BH ausgezogen. Das Ausziehen des Angeklagten könne sie nicht mehr erinnern.
249Hinsichtlich der Notrufe habe die Geschädigte zwei Notrufe geschildert, sei aber nicht ganz sicher gewesen, von welchem Mobiltelefon. Sie habe aber eindeutig gesagt, dass ein Anruf auch vom Mobiltelefon des Angeklagten gemacht worden sei.
250Die Geschädigte habe weiter geschildert, dass sie dann den Angeklagten in sich gespürt habe und versucht habe, ihn wegzustoßen oder zu schubsen. Der Angeklagte habe die Beine der Geschädigten angewinkelt und sei mit seinem erigierten Penis in sie eingedrungen. Dabei habe der Angeklagte sie auch gewürgt, wobei sie nicht den Eindruck gehabt habe, dass er sie hätte verletzten wollen, sondern dass dies eher mit dem Verkehr zu tun gehabt habe.
251Nachdem der Angeklagte zunächst aufgehört habe, habe die Geschädigte sich auf dem Bett aufgesetzt, woraufhin der Angeklagte sie am Arm zurückgezogen und zum Oralverkehr gezwungen habe. Dabei habe er auf seinen Penis gedeutet und gesagt: „Nimm sonst Schläge“.
252Die Geschädigte habe daraufhin den Penis des Angeklagten in den Mund genommen. Im Anschluss habe er sie erneut aufs Bett gedrückt, wodurch sie Schmerzen am Brustkorb erlitten habe. Erneut habe die Geschädigte gesagt, dass der Angeklagte aufhören solle. Dieser sei jedoch erneut vaginal in sie eingedrungen. Dies habe gedauert, bis die Polizei an die Tür geklopft hätte.
253Zudem habe die Geschädigte ... in der Vernehmung auch klar gestellt, dass sie nicht sagen könne, ob der Angeklagte einen Samenerguss gehabt habe. Weiter habe sie auch zugegeben, dass der Angeklagte nicht gesagt habe, dass sie nun in seinem Herrschaftsbereich sei. Dies habe sie bei der vorherigen Befragung lediglich aus Wut hinzugefügt.
254Hiernach habe die Zeugin ..., der die vorherige Vernehmung bekannt gewesen sei, gezielt gefragt.
255Auch der Inhalt der Notrufe sei thematisiert worden. Die Geschädigte habe insofern geschildert, dass der Angeklagte durchgehend nicht mit aggressiver Stimme gesprochen habe, sondern wie auf den Anrufen ruhig geredet habe. Auch habe sie nach unverständlichen Textpassagen gefragt, die Geschädigte habe das aber nicht mehr erinnern können. Konkret nach der Erklärung des Angeklagten, die Geschädigte solle nach Hause gehen, habe sie – die Zeugin ...- nicht gefragt.
256Die Geschädigte habe auch von ihren Verletzungen berichtet, sie habe auf Hals und Arm gedeutet, selbst gesehen habe die Zeugin jedoch keine Verletzungen. Die Vernehmung sei aber auch erst zwei oder drei Tage nach der Tat erfolgt.
257Die Vernehmung sei mit einem Schreibprogramm gemacht worden, wörtlich habe die Zeugin ...nicht protokolliert.
258Ihr Eindruck von der Geschädigten sei gewesen, dass diese schon einigen Mist in ihrem Leben erlebt habe. Sie habe auch ein wenig hilflos und in die Ecke gedrängt gewirkt. Bei ihrer Aussage seien ihr einige Gedächtnislücken aufgefallen, diese seien ihr aber – auch vor dem Hintergrund der Alkoholisierung der Geschädigten – nicht merkwürdig vorgekommen.
259Zudem habe die ... die Protokollierung der Notrufe durch die Notrufleitstelle eingesehen und die Daten den Anrufen zugeordnet. Zudem habe sie auch die Anrufe angehört. Ein Mitschnitt der Notrufe sei ihr sodann durch die Notrufleitstelle auf CD zur Verfügung gestellt worden.
260Die asservierten gynäkologischen Abstriche und das Vergleichsmaterial habe sie zur Begutachtung an das LKA versandt.
261Die Aussage der ... ist glaubhaft. Auch sie ist von dem Sachverhalt persönlich nicht betroffen und konnte ihre Angaben präzise und zuverlässig erstatten. Auch sie konnte sich gut an den Sachverhalt erinnern. Dies führte sie auf die Besonderheit der zuvor eingegangenen Notrufe zurück. Auf Vorhalte konnte sie die entsprechenden Punkte gut erinnern. Anlass zum Zweifel an der überzeugenden Aussage der Zeugin bestand keiner.
262(jj).
263Die Zeugin ... hat ausgesagt, als Assistenzärztin im ... Hospital zu arbeiten. In dieser Funktion habe sie die Geschädigte ... am 02.11.2019 gynäkologisch untersucht. Die Untersuchung sei so abgelaufen, dass sie sich zunächst das Geschehen durch die Geschädigte ... im Rahmen der Erhebung einer Anamnese habe schildern lassen.
264Die Geschädigte habe ihr gegenüber angegeben, dass sie einen Mann auf einer Party kennengelernt hätte und zu diesem nach Hause mitgekommen sei. Dort sei es zu ungewolltem Geschlechtsverkehr gekommen, wobei der Mann kein Kondom benutzt hätte. Zu einer Ejakulation des Mannes sei es nicht gekommen. Auch sei sie bei der Vergewaltigung gewürgt worden.
265Im Anschluss habe die Zeugin ... eine körperliche Untersuchung der Geschädigten ... durchgeführt. Dabei seien am Kopf der Geschädigten keine Verletzungen oder Anzeichen von Gewalteinwirkung feststellbar gewesen. Am Hals der Betroffenen hätten sich jedoch Verletzungsspuren gefunden, welche sie unter Berücksichtigung des ihr mitgeteilten Tatablaufs als Würgemale bezeichnen würde. Insbesondere hätten die Male nicht wie normale Hämatome ausgesehen, sondern wie Zeichnungen von Fingern gewirkt. Sie könne jedoch nicht sicher ausschließen, dass es sich hierbei auch um Knutschflecken gehandelt haben könne.
266Weiter habe sie ein Hämatom am rechten Arm der Geschädigten ... festgestellt. An den Genitalien der Geschädigten seien keine Verletzungen oder Rötungen feststellbar gewesen. Ebenso keine Anhaftungen von Sperma oder verklebten Haaren.
267Die sichtbaren Verletzungen habe sie jeweils durch Bildaufnahmen dokumentiert. Die von ihr gemachten Aufnahmen entsprächen den auf Bl. 206 d.A. dargestellten Lichtbildern. Ebenso habe sie den Arztbrief und die dazugehörige Checkliste auf Bl. 39 d.A. ausgefüllt. Dort habe sie die nun beschriebenen Verletzungen markiert.
268Die Zeugin ... hat ferner die durch sie vorgenommene Entnahme der Abstriche aus dem Genitalbereich der Geschädigten beschrieben. Sie hat hierzu ausgesagt, dass sie Abstriche aus dem Bereich des Mons Pubis und des Introitus Vaginae genommen habe. Dabei handle es sich jeweils um außerhalb der Scheide genommene Abstriche. Sie sei insofern von außen nach innen vorgegangen. Danach habe sie weitere Proben aus dem dorsalen Scheidengewölbe, der Cervix und dem Rektum genommen, sowie von Rachen und Nase. Die Abstriche habe sie gefertigt, indem sie ein Wattestäbchen jeweils kurz eingeführt und abgestrichen habe. Zur näheren Einordnung der Entnahmeorte konnte die Zeugin ... weiter ausführen, dass als Mons Pubis der Venushügel zu verstehen sei und der Abstrich daher außerhalb des Körpers der Geschädigten am Unterbauch über der Klitoris der Geschädigten genommen worden sei. Auch die Probe vom Introitus Vaginae sei am Scheideneingang, aber noch außerhalb des Körpers genommen worden. Das dorsale Scheidengewebe sei dagegen bereits im Körper, die Probe sei hier etwa 4 bis 5 cm tief im Körper der Geschädigten genommen worden. Der Cervix befände sich ca. 4 bis 5 cm tief am Ende der Scheide, so dass auch diese Probe im Körper der Geschädigten gewonnen worden sei. Der Abstrich des Rektums sei ca. eine Fingerspitze tief im Enddarm genommen worden.
269Ob sie die Proben an die Polizei gegeben habe, könne sie nicht mehr genau sagen. Es könne aber gut sein, dass diese wie von der Zeugin ... in ihrem Vermerk niedergelegt an die Polizei übergeben worden seien.
270Hinsichtlich der von ihr im Arztbrief Bl. 181 d.A. gemachten Feststellung, dass eine vaginale Missflora festzustellen gewesen sei, sei dies ein normaler Zustand und keine Infektion.
271Die Aussage der Zeugin ... ist glaubhaft und nachvollziehbar. Erinnerungslücken der Zeugin waren nicht feststellbar, diese konnte sich auch auf Nachfrage umfassend erinnern.
272Die Kammer hatte den Eindruck einer gewissenhaften Ärztin, die keine Begünstigungstendenzen in die eine oder andere Richtung gezeigt hat und vom Sachverhalt selbst persönlich nicht betroffen ist. Die Zeugin hat zudem auch offen eingeräumt, dass sie bisher keine umfassenden Erfahrungen mit Vergewaltigungsopfern gemacht habe, sondern dies lediglich das zweite Mal gewesen sei, dass sie ein potentielles Vergewaltigungsopfer untersucht habe. Ihre Einschätzung zu den Verletzungen sei daher nur ihr subjektiver Eindruck.
273(kk).
274Die Kammer hat auch die durch die Zeugin ... dokumentierten Verletzungen der Geschädigten auf den vier Lichtbildern auf Bl. 206 d.A. selbst in Augenschein genommen.
275Auf dem Lichtbild links oben auf Bl. 206 d.A. ist die rechte Halsseite der Geschädigten zu sehen. Dort verlaufen drei rötliche, längliche Streifen in vertikaler Richtung. Teilweise finden sich in den Streifen zudem rötliche Punkte. Auf dem Lichtbild links unten ist die linke Halsseite der Geschädigten zu sehen. Dort sind etwas auseinander liegende rötliche Flecken an der Halsseite zu sehen. Auf den Lichtbildern rechts oben und unten auf Bl. 206 d.A. ist zudem der Oberarm der Geschädigten zu sehen. Dort sind jeweils diffus verteilte blau/rötliche Flecken zu sehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die vier Lichtbilder auf Bl. 206 d.A. gemäß § § 267 Abs.1 S.3 StPO Bezug genommen.
276(ll).
277Die Sachverständige ... ist zu dem Ergebnis gekommen, dass keine der durch die Zeugin ... dokumentierten Verletzungen zwingend für ein Würgen der Geschädigten sprechen würden. Die Verletzung am Oberarm der Geschädigten sei eine Griffverletzung.
278Die Sachverständige hat zunächst ihre Methodik und ihr Vorgehen, sowie die Anknüpfungspunkte ihrer Gutachtenerstattung umfassend erläutert.
279Die Sachverständige hat insofern ausgeführt, dass sie zur Erstellung ihres Gutachtens den ärztlichen Befundbericht der Zeugin ... vom 02.11.2019 (Bl. 181 d.A.), die ebenfalls am 02.11.2019 gefertigten Lichtbilder der Male am Hals und am Arm der Geschädigten (Bl. 206 d.A.) sowie die Aussage der Geschädigten gegenüber der ... vom 05.11.2019 zur Verfügung gehabt hätte. Zudem habe sie die Geschädigte ... persönlich im Rahmen der Hauptverhandlung befragen können.
280Im Rahmen der Gutachtenerstattung sei es insbesondere darum gegangen, ob die Verletzungen am Hals der Geschädigten nicht zwingend durch ein Würgen der Geschädigten zu erklären seien, sondern auch Knutschflecke darstellen könnten. Zudem solle sie grundsätzlich zu Fragen der bei einem Würgen oder gewaltsamen Sexualverkehr zu erwartenden Verletzungen Stellung nehmen.
281Hinsichtlich einer Erklärung der Verletzungen durch Knutschflecke sei es aus der medizinischen Erfahrung zunächst so, dass allein durch Küssen keine Knutschflecke entstehen würden. Dies würde immer ein Saugen voraussetzen. Bei einem entsprechenden Saugen mit dem Mund seien aber grundsätzlich Spuren auf der Haut, welche dann allgemein Knutschflecke genannt würden, möglich. Diese seien auch von ihrer Art mit den Verletzungen bei etwaigen Würgehandlungen zu vergleichen, da sowohl durch das Quetschen im Zusammenhang mit einem Würgen, als auch durch den Unterdruck beim Saugen Einblutungen entstehen würden.
282Konkret auf die durch sie durchzuführende Begutachtung bezogen sei auf dem ersten ihr zur Verfügung stehenden Lichtbild die Halshaut der Geschädigten auf der linken Seite dargestellt. Auf dem Bild seien drei Hämatome mit kleinen punktförmigen Einblutungen zu erkennen, welche sich längs oval bis rundlich darstellen würden und eng gruppiert seien. Derartige Einblutungen könnten sowohl durch Würgen, als auch durch Saugen verursacht werden. Sollten die Hämatome durch Würgen verursacht sein, sei grundsätzlich eine Verursachung durch beide Hände möglich, so dass die Verletzungen nicht durch das Würgen mit einer bestimmten Hand entstanden sein müssten.
283Auf dem Lichtbild sei zudem der Oberkieferast der Geschädigten zu erkennen. Hierzu ins Verhältnis gesetzt befänden sich die Verletzungen eher im mittleren Drittel des Halses, was bei Würgeverletzungen bei Erwachsenen ungewöhnlich sei, da sich hier Verletzungen durch Würgen eher in Ohrhöhe finden lassen würden. Dies spräche aber nicht gegen das von der Geschädigten geschilderte Würgen, da die Spuren durch ein Verrutschen der Hand des Angeklagten oder durch einen Zangengriff beim Würgen erklärt werden könnten.
284Auf dem zweiten Lichtbild, welches die rechte Halsseite der Geschädigten darstelle, seien Hautrötungen mit Hinweisen auf schürfende Gewalt in Form von rötlich/braunen Stellen zu erkennen. Die Verletzung würde sich als drei Streifen darstellen, welche längsgestellt seien. Der tangentiale Verlauf der Verletzung spreche für eine schürfende Komponente. Diese Verletzungen seien eindeutig weder durch ein Würgen, noch durch ein Saugen erklärbar. Vielmehr würden sie auf ein Kratzen hindeuten. Auch ein Wegreißen der Hand würde – jedenfalls wenn die Geschädigten wie von ihr ausgesagt dabei an den Arm des Angeklagten gegriffen hätte – die Spuren nicht erklären, da dies eher zu Querstreifen führen würde. Die sichtbaren Längsstreifen könnten dagegen nur dann durch ein Wegreißen der Hand entstehen, wenn die Geschädigte dabei an der Hand des Angeklagten gezogen hätte und nicht am Arm.
285Die bräunlich-vertrockneten Punkte auf den Lichtbildern sprächen zudem für Oberhautverletzungen, welche ebenfalls für ein Kratzen sprechen würden und bei dem für Knutschflecken notwendigen Saugen nicht entstehen würden. Ebenso sei nach ihrer Einschätzung nicht davon auszugehen, dass die Verletzungen im Rahmen von Küssen durch die Zähne oder den Bart des Angeklagten hätten entstehen können. Bissverletzungen seien eher länglich und nicht derartig rundlich, wie die Verletzungen auf den Lichtbildern. Bei Verletzungen durch den Bart des Angeklagten seien Anritzungen zu erwarten.
286Es sei allerdings auch nicht so, dass durch das geschilderte Würgen zwingend Verletzungen am Hals der Geschädigten entstanden sein müssten. Grundsätzlich könnte es auch bei intensivem Würgen sein, dass hierbei keine sichtbaren Verletzungen in Form von Hämatomen entstünden. Zwar würden auch Verletzungen im tieferen Gewebe entstehen, diese wären aber von außen nicht wahrnehmbar. Ob Hämatome sichtbar würden, würde von dem beim Würgen ausgeübten Druck abhängen und nicht von der Dauer. Auf je mehr Fläche dieser Druck ausgeübt würde, desto unwahrscheinlicher würden Hämatome. Zudem würden viele Verletzungen beim Würgen auch durch Fingernägel entstehen, dies müsse aber auch nicht der Fall sein.
287Aus den Verletzungen am Hals der Geschädigten könne darüber hinaus auch nicht aufgrund von deren Größe auf eine Täterschaft des Angeklagten geschlossen werden. Da der Druck beim Würgen nicht immer gleich sei, könnte es zu unterschiedlich großen Hämatomen kommen. Ein Rückschluss auf die Handgröße sei dabei nicht möglich.
288Hinsichtlich der Lichtbilder 3 und 4 sei es so, dass darauf die Innen- und Außenseite des Oberarms der Geschädigten zu sehen seien. Die dort sichtbaren Hämatome seien rundlich bzw. längs oval. Unter Berücksichtigung ihrer Gruppierung sei bei den Hämatomen von einer Griffverletzung auszugehen, welche etwa mit dem von der Geschädigten geschilderten Zurückziehen am rechten Oberarm in Einklang zu bringen sei.
289Darüber hinaus gäbe es keine Verletzungsspuren, welche bei einer Vergewaltigung in der durch die Geschädigten geschilderten Weise zwingend zu erwarten seien. Grundsätzlich sei es so, dass das Entstehen von Verletzungen etwa im Bereich der Oberschenkel davon abhängen würde, wie dynamisch und intensiv die Abwehrbewegungen gewesen seien. Die Geschädigte habe nach ihrer Aussage aber gelegen und der Angeklagte habe ihre Beine auseinander gedrückt. Dabei müssten keine Verletzungen entstehen, da wenn die Beine der Geschädigte durch die Beine oder Handflächen des Angeklagten auseinander gedrückt worden seien, der Druck hier über eine große Fläche verteilt gewesen sei. Gleiches gelte für den Druck der entstanden wäre, wenn der Angeklagte auf der Geschädigte gelegen hätte. Ebenso müssten die geschilderten Abwehrbewegungen nicht zwingend zu Verletzungen führen.
290Genitalverletzungen seien bei Vergewaltigungen ebenfalls eher selten, da das weibliche Genital eine enorme Dehnungskapazität habe, was sich etwa bei Geburten zeige, und es daher wenn überhaupt nur zu kaum sichtbaren Schleimhautverletzungen kommen könnte. Abhängig vom Hormonstand könnte hier eine höhere Wahrscheinlichkeit entstehen, bei einer Frau im Alter der Geschädigten bestünde da aber keine Wahrscheinlichkeit für eine erhöhte Verletzungsanfälligkeit. Aus Genitalverletzungen könne jedenfalls nicht auf eine Einvernehmlichkeit des Geschlechtsverkehrs oder deren Fehlen geschlossen werden.
291Die Kammer schließt sich den Ausführungen der Sachverständigen nach eigener Prüfung vollumfänglich an. Die Sachverständige ... hat ihr Gutachten umfassend begründet und auf Nachfrage präzise zu erläutern gewusst. Die Sachverständige ist der Kammer darüber hinaus aus anderen Verfahren als zuverlässige und sachkundige Medizinerin bekannt.
292Die Sachverständige hat insbesondere erläutert, welche Verletzungen durch Finger beim Würgen mit der Hand üblicherweise entstehen müssen und von welchen Voraussetzungen diese abhängen. Sie hat dargestellt, dass entscheidende Komponente der ausgeübte Druck sei. Hierdurch würden etwaige Einblutungen entstehen. Vergleichbare Einblutungen könnten aber auch aufgrund des Unterdrucks beim Saugen entstehen. Anhand dieser Erklärungen der Sachverständigen war das von ihr gefundene Ergebnis für die Kammer auch aus eigener Anschauung vollständig nachzuvollziehen. Dies gerade auch insoweit, als die Sachverständige hinsichtlich der auf Lichtbild 2 dargestellten Halsverletzungen ausgeschlossen hat, dass diese durch Würgen oder Saugen entstanden sein könnten.
293Ebenso hat die Sachverständige verständlich dargestellt, weshalb die Verletzungen am Arm der Geschädigten auf ein Ziehen hindeuten würden.
294(kk).
295Die Sachverständige ... ist in ihrem Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, dass an der Kranzfurche des Geschädigten eine DNA-Hauptspur festzustellen ist, welche mit einer 30 Milliarden Mal größeren Wahrscheinlichkeit von der Geschädigten stammt, als von einer anderen, mit der Geschädigten nicht blutsverwandten Person.
296Die männliche DNA, welche sich in Abstrichen aus dem Bereich des Scheideneingangs (Introitus), des Mons Pubis und des Cervix habe feststellen lassen, stamme zudem mit einer 75.239.676 Mal größeren Wahrscheinlichkeit vom Angeklagten oder einer in väterlicher Linie mit ihm blutsverwandten Person, als von einer anderen Person.
297Zudem sei in den Spuren Vaginal dorsal, Introitus, Perianal, Cervix und Rektum, sowie im schwachen Maße in der Probe Mons Pubis das prostataspezifischen Hormon PSA feststellbar, welches in Ejakulat, Vorejakulat oder Urin zu finden sei.
298Die Sachverständige ... hat die von ihr angewandte Methode zur Ermittlung ihrer Ergebnisse umfassend und für die Kammer nachvollziehbar geschildert.
299Die Sachverständige ... hat ausgeführt, dass anhand der Speichel-Vergleichsproben zunächst die DNA- Identifizierungsmuster des Angeklagten und der Geschädigten bestimmt worden seien. Zudem sei der DYS-Haplotyp des Angeklagten bestimmt worden.
300Im Rahmen der Untersuchung der Kranzfurchenabstriche des Angeklagten seien dann die zwei vorliegenden Proben des Kranzfurchenabstriches des Angeklagten zur gemeinsamen DNA-Analyse in den 16 für die DNA-Analyse-Datei relevanten STR-Systemen eingesetzt worden. Autosomal sei dabei eine DNA-Hauptspur bestimmt worden, welche nur solche DNA-Merkmale aufgewiesen habe, wie sie die Geschädigte besäße. Eine Übereinstimmung sei dabei in allen 16 Systemen feststellbar gewesen. Als minimale Beimengung seien an den Proben zudem DNA-Merkmale des Angeklagten festgestellt worden.
301Ferner seien die Proben einer DYS-Haplotyp-Analyse unterzogen worden. Einer Methode, bei welcher speziell die DNA männlicher Spurenleger untersucht werden könne, da die Analyse speziell auf die Y-chromosomalen DNA-Merkmale gerichtet sei und daher keine Störung durch die weiblichen DNA-Merkmale erfolgen könne. Bei dieser Methode müsse aber beachtet werden, dass die DYS Merkmale sämtlicher in väterlicher Linie verwandter Männer übereinstimmend seien. Die durchgeführte Analyse der DYS Merkmale habe ergeben, dass nur solche Y-chromosonalen Merkmale feststellbar gewesen seien, wie sie auch der Angeklagte oder eine mit ihm in väterlicher Linie verwandte Person hat.
302Zu ihren aufgrund dieser Untersuchung gefundenen Ergebnissen hat die Sachverständige ... ausgeführt, dass bei den DNA-Merkmalen aus der Hauptspur des Kranzfurchenabstrichs des Angeklagten, welche ausschließlich die DNA-Merkmale der Geschädigten aufgewiesen hätten, über eine Bestimmung nach dem Likelihood-Quotienten die Wahrscheinlichkeit ermittelt worden sei, mit der die Spur von der Geschädigten stammt.
303Bei dieser Methode würden zwei Hypothesen aufgestellt, das Ergebnis gäbe dann an, unter Annahme welcher Hypothese die nachgewiesenen DNA Muster wahrscheinlicher aufträten.
304Die bei der Berechnung verwendeten Populationsdaten seien der Datenbank des BKA entnommen worden.
305Als Hypothesen sei davon ausgegangen worden, dass 1. die nachgewiesenen Merkmale von der Geschädigten stammten und 2. die nachgewiesenen Merkmale von einer unbekannten, mit der Geschädigten nicht blutsverwandten, Person stammten. Im Ergebnis sei es dabei 30 Milliarden mal wahrscheinlicher, dass die 1. Hypothese zuträfe, die Spur also von der Geschädigten stamme.
306Anhand der Ausführungen der Sachverständigen ... steht für die Kammer fest, dass die an der Kranzfurche des Angeklagten festgestellte DNA-Hauptspur mit einer 30 Milliarden Mal größeren Wahrscheinlichkeit von der Geschädigten stammt, als von einer anderen, mit der Geschädigten nicht blutsverwandten Person.
307Hinsichtlich der Untersuchung der Abstriche der Geschädigten hat die Sachverständige ausgeführt, dass sie das in den Abstrichen enthaltene Zellmaterial mittels eines immunologischen Tests auf das im Ejakulat enthaltene prostataspezifische Protein „PSA“ getestet habe. Die Proben Vaginal dorsal, Introitus, Perianal, Cervix und Rektum hätten dabei ein positives Ergebnis gebracht. Auch hätte sich in der Probe vom Mons Pubis ein schwach positives Resultat gezeigt. Die oralen und perioralen Abstriche hätten keine Spuren von PSA gezeigt.
308Von sämtlichen Proben sei die DNA isoliert und quantifiziert worden. Die im PSA-Test positiven Proben seien zur Anreicherung des Anteils männlicher DNA mittels einer differentiellen Lyse – eine Methode zur Trennung von DNA aus Spermien zur besseren Darstellung vor einem hohen Anteil weiblicher DNA– aufgearbeitet worden. Von den Proben Introitus, Mons Pubis, Cervix, Rektum und Oral sei der DYS-Haplotyp analysiert worden. Mit den Proben Introitus und Mons Pubis sei zudem eine autosomale DNA-Analyse in 16 Systemen durchgeführt worden.
309Weiter sei auch versucht worden, mittels Mikroskop einzelne Spermien festzustellen, dies sei aber nicht erfolgreich gewesen.
310Als Ergebnis der Quantifizierung habe sich feststellen lassen, dass in jeder der Proben ein männlicher DNA Anteil vorgelegen habe, dieser aber von einem sehr großen Anteil weiblicher DNA überlagert worden sei. Die Proben mit dem höchsten männlichen Spurenanteil – Introitus und Mons Pubis – seien der autosomalen DNA-Analyse in 16 STR-Systemen zugeführt worden. Bei den anderen Proben sei der männliche DNA Anteil zu klein gewesen, um eine autosomale DNA-Analyse durchzuführen.
311Das Analyseergebnis der autosomalen Analyse habe ergeben, dass sich in der Probe vom Introitus nur solche Merkmale hätten nachweisen lassen, die von der Geschädigten stammten. Die Probe vom Mons Pubis habe eine Mischung von DNA Merkmalen wie sie die Geschädigte ... und der Angeklagte besitzen aufgewiesen sowie Merkmale von einer dritten, unbekannten Person.
312Hieraus ergäbe sich, dass der Hauptanteil der Spuren in sämtlichen aus den Abstrichen der Geschädigten gewonnen Proben der Geschädigten selbst zuzuordnen sei. Hierfür sei die Untersuchung der Spur Introitus beispielhaft.
313Hinsichtlich des männlichen Anteils der Mischspur sei der Angeklagte als Spurenverursacher in Betracht zu ziehen, die Spurenmenge sei aber für eine statistische Würdigung zu klein. Soweit sie hier in ihrem vorab erstatteten schriftlichen Gutachten geschrieben habe, dass diese Spur vermutlich aus Ejakulat stamme, habe sie mangels Nachweis von Spermien keinen sicheren Schluss auf Ejakulat ziehen können und sich entsprechend zurückgehalten. Insofern sei es auch nicht so, dass der PSA-Nachweis zwingend auf Ejakulat schließen ließe. PSA-Spuren könnten auch aus Vorejakulat (Lusttropfen) – welches der Zusammensetzung nach Ejakulat entspräche – oder Urin stammen.
314Hinsichtlich der ebenfalls durchgeführten DYS-Haplotyp-Analyse seien bei den Spuren vom Introitus, dem Cervix und dem Rektum in 22 Merkmalsystemen ausschließlich solche DYS-Merkmale nachgewiesen worden, wie sie der Angeklagte auch aufweise. Bei einem Abgleich von 17 dieser Merkmalsysteme mit der YHRD-Datenbank – welche für die westeuropäische Vergleichsgruppe als Metapopulation 27.063 DYS-Haplotypen beinhalte - kämen diese 17 Merkmale dort nicht vor.
315Zur Schätzung der Wahrscheinlichkeit wäre diese sodann nach der Discrete Laplace Methode berechnet worden, wobei wieder zwei Hypothesen gebildet worden seien, 1., dass die DNA Merkmale vom Angeklagten oder einem mit ihm in väterlicher Linie verwandten anderen Mann stammten oder 2., dass die Merkmale von einer mit dem Angeklagten nicht verwandten männlichen Person stammen. Hinsichtlich der Merkmale aus den Abstrichen vom Introitus, Cervix und Rektum der Geschädigten ... sei es nach dieser Methode 75.239.676 Mal wahrscheinlicher, dass die Hypothse 1.) zutrifft.
316Daher spräche das erzielte Analyseergebnis, sofern keine mit dem Angeklagten verwandte männliche Person als Spurenleger in Frage käme, eher dafür, dass der Angeklagte der Spurenverursacher sei.
317Hinsichtlich der Vergleichsgruppe sei zusätzlich ein weltweiter Datensatz bestehend aus 246.841 Vergleichstypen abgeglichen worden. Auch dort hätte sich keine weitere Übereinstimmung gefunden. Die Vorgaben sähen aber vor, für Fälle in Deutschland die westeuropäische Meta-Population zum Vergleich heranzuziehen.
318Den Ergebnissen der Sachverständigen schließt die Kammer sich aus eigener Überzeugung an. Die Sachverständige ... hat überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt, wie sie zu ihren Ergebnissen gelangt ist. Zweifel an den durch die als zuverlässig und gewissenhaft bekannte Behördengutachterin des LKA-NRW bestehen nicht. Durch ihre Tätigkeit beim Landeskriminalamt NRW verfügt sie zudem über ausreichend Erfahrung.
319Die von ihr verwendete Methode und die jeweiligen Anknüpfungstatsachen hat sie zudem umfassend im Rahmen der Gutachtenerstattung dargestellt.
320Ein Grund zum Zweifel an den durch die Sachverständige gefundenen Ergebnissen ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass diese - obwohl der Angeklagte dem ethnischen Typ nach aus dem mittleren Osten stammt – als Vergleichsgruppe im Rahmen der DYS-Analyse auf die mitteleuropäische Datenbank zurückgegriffen hat. Die Sachverständige ... hat hierzu nachvollziehbar ausgeführt, dass dies das standarisierte Vorgehen bei Taten in Deutschland sei und eine Einengung nur auf Iraker oder Personen des mittleren Ostens statistisch zweifelhaft sei. Dem schließt sich die Kammer an. Die Vergleichsgruppe dient zu einem Abgleich mit möglichen anderen Spurenverursachern. Da die Tat in Deutschland stattgefunden hat und kein spezieller Grund für die Annahme – dass wenn die Tat nicht vom Angeklagten ausgeführt worden wäre, diese von einem bestimmten anderen Ethnier hätte ausgeführt worden seien müssen – spricht, hat ein Abgleich mit der westeuropäischen Meta-Bevölkerung zu erfolgen. Sonst würde die Zahl der Vergleichspersonen unzulässiger Weise und zum Nachteil des Angeklagten auf eine bestimmte Bevölkerungsgruppe beschränkt.
321Zweifel an der ordnungsgemäßen Spurenentnahme – welche das Gutachten in Zweifel ziehen könnte - bestehen für die Kammer ebenfalls nicht.
322Der Kranzfurchenabstrich des Angeklagten wurde dabei – dies ergibt sich aus der glaubhaften Aussage des Zeugen ..., durch einen Arzt im Polizeigewahrsam in ... nach der vorläufigen Festnahme des Angeklagten am 02.11.2019 genommen. Die Abstriche aus dem Genitalbereich der Geschädigten wurden entsprechend der oben dargestellten Aussage der Zeugin ... durch diese am 02.11.2019 entnommen.
323Aus der Aussage der für die Spurenbehandlung zuständigen Zeugin ...ergibt sich, dass die Abstriche zusammen mit den Vergleichsproben an die Sachverständige ... versandt wurden. Entsprechendes hat die Zeugin ... in ihrer glaubhaften Aussage bekundet.
324(c).
325Die Gesamtwürdigung der aufgeführten Beweismittel bestätigt die Aussage der Geschädigten ... in den wesentlichen Punkten und überzeugt die Kammer insgesamt von der Glaubhaftigkeit der Aussage der Geschädigten ....
326Die Notrufe
327Die im Termin angehörten Notrufe bestätigen bereits für sich gesehen die Aussage der Geschädigten dahingehend, dass diese auch angegeben hat, mehrfach den Notruf der Polizei angerufen zu haben. Auch spricht für die Aussage der Geschädigten, dass überhaupt Notrufe getätigt wurden. Das zweimalige Anrufen der Notrufnummer zeigt, dass die Geschädigte sich am Tatmorgen aus ihrer Sicht in einer Notlage befunden hat.
328Die Kammer ist sich insofern zwar bewusst, dass es jährlich eine Vielzahl von Notrufen gibt, denen tatsächlich keine Notlage zugrunde liegt. Angesichts der mit der ungerechtfertigten Benutzung von Notrufen verbundenen Straferwartung sieht die Kammer aber trotz der bekannten Zahl missbräuchlicher Notrufe immer noch eine Hemmschwelle, welche durch die Geschädigte ... überschritten wurde, was dafür spricht, dass sie sich ihrem Empfinden nach in Not befunden haben muss.
329Dies wiederum spricht dagegen, dass die Geschädigte ... eventuell freiwillig mit dem Angeklagten verkehrt hat und dies später gereut hat. Vielmehr zeigen die Notrufe, dass die Geschädigte bereits während des eigentlichen Geschehens dies als Notlage empfunden hat.
330Darüber hinaus spricht auch der durch die Notrufzentrale mitgeschnittene Inhalt der Notrufe für die von der Geschädigten geschilderte Vergewaltigung.
331In den Anrufen ist mehrfach deutlich zu hören, wie die Geschädigte erklärt, die Handlungen des Angeklagten nicht zu wollen und nicht einverstanden zu sein. Die Anrufe geben ein Bild wieder, wie es nach der Aussage der Geschädigten ... zu erwarten gewesen wäre. Die mehrfachen flehenden Erklärungen nicht zu wollen und nach Hause zu wollen, sprechen dafür, dass die Geschädigte sich zum Zeitpunkt der Anrufe unmittelbar bevorstehenden sexuellen Handlungen ausgesetzt sah, mit denen sie nicht einverstanden war. Auch ist auf den Anrufen zu hören, dass der Angeklagte die entsprechende Erklärung der Geschädigten ... wahrgenommen hat, da auf den Anrufen zu hören ist, dass er mit ihr kommuniziert und sie verstehen kann. Aus den Notrufen ergibt sich also auch, dass der Angeklagte, wie von der Geschädigten ausgesagt, gewusst hat, dass diese keinen Geschlechtsverkehr mit ihm wollte.
332Auch spricht für die Glaubhaftigkeit der Aussage der Geschädigten ..., dass sich aus der Tonaufnahme eine Drucksituation ergibt, da die Geschädigte in der Aufnahme unzweifelhaft die Stimme des Notrufbeamten wahrgenommen hat, da sie zumindest durch ihre Namensnennung darauf reagiert hat. Gleichzeitig nennt sie aber keine weiteren Details, insbesondere nicht ihren Aufenthaltsort, wodurch deutlich wird, dass die Geschädigte in der Aufnahme – wie von ihr geschildert – nicht frei sprechen konnte. Die Geschädigte hat insofern auf Nachfrage, warum sie über die Nennung ihres Namens hinaus nicht mit dem Notrufbeamten gesprochen habe, ausgesagt, dass sie dies, aus Angst, der Angeklagte würde den Anruf bemerken, nicht getan habe.
333Zwar ist auf der Aufnahme auch zu hören, dass der Angeklagte gegen Ende etwas wie „ja dann geh doch“ sagt, dies führt aber nicht dazu, dass die von der Geschädigten geschilderte Drucksituation nicht bestanden hätte. Nach den vorherigen Äußerungen der Geschädigten welche auf der Tonaufnahme deutlich zu vernehmen sind, ist ihre Aussage hierzu, dass sie gegangen wäre, wenn sich hier tatsächlich die Möglichkeit gegeben hätte, nachzuvollziehen.
334Zwar hat die Geschädigte auch ausgesagt, jedenfalls einen Notruf vom Mobiltelefon des Angeklagten geführt zu haben und zudem auch nur nach Vorspielen der Tonaufnahme eingeräumt, dass sie gegenüber der Notrufzentrale jedenfalls ihren Namen angegeben hat. Diese objektiv falschen Angaben der Zeugin sind jedoch – insbesondere vor der hohen Alkoholisierung und der emotional belastenden Situation - erklärbar.
335Gründe an der weiteren Aussage der Geschädigten zu zweifeln, ergeben sich aus den widerlegten Punkten der Aussage der Geschädigten für die Kammer nicht.
336Die Auffindesituation
337Die durch die beiden Polizeibeamten geschilderte Auffindesituation spricht ebenfalls gegen einen einvernehmlichen Geschlechtsverkehr und stützt die Aussage der Geschädigten .... Das vor Öffnen der Tür durch die beiden Polizeibeamten vernommene Wimmern ist Anzeichen gegen einen einvernehmlichen Verkehr. Insofern teilt die Kammer auch die Wertung der Polizeibeamten, dass das Wimmern von keiner anderen Person als der Geschädigten gestammt haben kann. Weitere Personen befanden sich nicht in der Wohnung und die Polizeibeamten wären in der Lage gewesen, dass Wimmern eines Mannes von dem einer Frau zu unterscheiden. Entsprechend muss das vernommene Wimmern von der Geschädigten gestammt haben.
338Weiter spricht die Lage der Geschädigten auf dem Bett und dass beide Beteiligte vollständig entkleidet waren für den von der Geschädigten beschriebenen vaginalen Geschlechtsverkehr und gegen den vom Angeklagten in seinen Briefen an die Kammer behaupteten ausschließlichen oralen Verkehr.
339Hinzu kommt, dass auch die unmittelbare Reaktion der Geschädigten auf das Eintreffen der Polizeibeamten für die von ihr geschilderte Vergewaltigung spricht. Unmittelbar nachdem die Polizei in die Wohnung eingetreten ist, hat die Geschädigte nach der Aussage der Zeugin ... heftig zu weinen begonnen und sei zunächst kaum ansprechbar gewesen. Dieses heftige und bitterliche Weinen nach Eintreffen der Polizeibeamten ist eine verständliche Reaktion für den Fall, dass die Geschädigte gerade aus der für sie bedrückenden Situation einer Vergewaltigung erlöst wurde. Wäre die Geschädigte dagegen beim einvernehmlichen Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten durch die Polizei überrascht worden, wäre die zu erwartende Reaktion gewesen, dass die Geschädigte sich bedeckt hätte oder überrascht gewesen wäre, nicht hingegen, dass sie heftig zu weinen begonnen hätte.
340Die Zeugin ... hat auch geschildert, dass das Weinen auf sie echt gewirkt habe und insbesondere nicht den Eindruck gemacht hätte, gespielt gewesen zu sein. Auch wenn dies nur die subjektive Wertung der Zeugin ... wiedergibt, konnte diese der Kammer jedoch auch beschreiben, dass sie diesen Eindruck gehabt habe, da die Schminke der Geschädigten deutlich verlaufen gewesen sei und diese zunächst kaum ansprechbar gewesen sei. Mithin konnte die Zeugin ... auch konkrete Wahrnehmungen schildern, aufgrund derer ihre Einschätzung, dass die Geschädigte das Weinen nicht vorgetäuscht hat, für die Kammer überprüfbar wird.
341Die Standortnachricht
342Dass ihr Standort durch die Geschädigte an die Zeugin ... geschickt wurde, bestätigt den entsprechenden Teil der Aussage der Geschädigten und steht im Einklang mit ihrer Schilderung, dass die Geschädigte bereits unmittelbar nachdem der Angeklagte die Wohnungstür geschlossen hatte, bemerkt hat, dass sie sich in einer bedrohlichen Situation befand und versuchte, auf sich aufmerksam zu machen. Es spricht wiederrum dagegen, dass einvernehmliche sexuelle Handlungen stattgefunden haben. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Zeugin ... nach ihrer Aussage nicht dafür vorgesehen war, die Geschädigte an dem Abend nach Hause zu bringen. Dass die Geschädigte sich dennoch mit der deutlichen Bitte „Hol mich ab“ an die Zeugin ... gewandt hat, beweist, dass sich die Geschädigte in einer Ausnahmesituation befunden hat und sich deshalb an ihre Freundin gewandt hat, obwohl dies nicht dem geplanten Ablauf des Abends entsprach. Die Kammer ist dabei davon überzeugt, dass die Nachricht „Hol noch ab“ tatsächlich „Hol mich ab“ bedeuten sollte und es sich insoweit um einen Tippfehler handelt.
343Die DNA-Spuren
344Auch das Ergebnis der sachverständigen Feststellungen der Molekularbiologin ... stützt die Aussage der Geschädigten. Zwar hat die Feststellung, dass DNA-Material der Geschädigten an der Kranzfurche des Angeklagten gefunden wurde, keine Erheblichkeit, da dies auch mit der Schilderung des Angeklagten, dass es gegenseitigen Oralverkehr gegeben habe, in Einklang zu bringen ist. Die im Bereich des Introitus Vaginae, des Cervixs und des Rektums gefundenen DNA-Spuren, welche nach den Feststellungen der Sachverständigen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dem Angeklagten oder einen blutsverwandten Person aus der väterlichen Linie des Angeklagten zuzuordnen sind, sprechen jedoch, unter Betrachtung der weiteren Umstände, für den von der Geschädigten geschilderten vaginalen Verkehr und gegen die Darstellung des Angeklagten.
345Die gefundene Wahrscheinlichkeit von 75 Millionen zu 1 reicht der Kammer dabei aus, um die Kammer davon zu überzeugen, dass die Spuren zweifelsfrei vom Angeklagten stammen.
346Das DNA-Spuren des Angeklagten – gerade auch in Form der prostataspezifischen PSA-Spuren - insbesondere im Bereich des Cervix gefunden wurden, also tief im Körper der Geschädigten, überzeugt die Kammer davon, dass vaginaler Verkehr zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten stattgefunden hat.
347Die Kammer verkennt dabei nicht, dass Alternativursachen zwar grundsätzlich möglich sind, konkrete Hinweise auf eine andere Eintragung als den durch die Geschädigte geschilderten Geschlechtsverkehr konnten jedoch im konkreten Fall nicht festgestellt werden. Durch den vom Angeklagten geschilderten Oralverkehr in der Form, dass die Geschädigte zunächst an seinem Glied gesaugt habe und er sodann die Scheide der Geschädigten geleckt habe, ist nicht ohne weiteres erklärbar, wie überhaupt PSA-Spuren in den Geschlechtstrakt der Geschädigten hätten eingetragen werden können. Der Angeklagte hat nicht geschildert, bei dem zuvor durch die Geschädigte an ihm vorgenommenen Oralverkehr eine Ejakulation gehabt zu haben. Zwar könnten PSA Spuren auch aus Vorejakulat oder Urin des Angeklagten stammen, auch eine Eintragung auf diese Weise wäre aber nicht ohne weiteres durch vaginalen Verkehr mit der Geschädigten erklärbar, da der Angeklagte bei ausschließlich oralem Verkehr nach dem von ihm geschilderten Ablauf nicht Spuren seines eigenen Vorejakulats oder Urins im Mund oder an der Zunge gehabt hätte.
348Ebenso scheidet auch eine Eintragung im Rahmen des Toilettengangs der Geschädigten nach der Tat aus. Dies würde zunächst erfordern, dass überhaupt PSA-Spuren des Angeklagten im Vaginalbereich der Geschädigten gewesen wären, welche hierdurch weiter nach Innen getragen worden sein könnten. Wie diese Antragung erfolgt sein könnte, ist aber erneut nach der Darstellung des Angeklagten nicht nachzuvollziehen und auch sonst haben sich keine objektiven Anhaltspunkte gefunden, welche dies erklären könnten.
349Gleiches gilt durch eine etwaige Eintragung oder Tieferverschiebung von Spuren bei der ärztlichen Untersuchung durch die Zeugin ... nach der Tat. Die Zeugin ... hat geschildert, Proben zunächst im äußeren Genitalbereich genommen zu haben und dann nach weiter Innen fortgeschritten zu sein. Sie habe die Proben dabei jeweils mittels eines Wattestäbchens entnommen, welches sie an den jeweiligen Stellen kurz an der Haut der Geschädigten abgerieben habe.
350Wie aufgrund dieser Entnahme DNA-Spuren tiefer in die Geschädigte hineingelangt sein sollen, ist nicht ersichtlich.
351Dies würde erfordern, dass Anhaftungen im vorderen Genitalbereich beim Einführen des zur Entnahme vorgesehenen Wattestäbchens durch dieses weiter nach Innen gedrückt würden. Durch einen solchen Ablauf würde aber das jeweilige Wattestäbchen ohnehin kontaminiert und für eine anstehende Probenentnahme nicht mehr geeignet. Dass dies vorgekommen sei, wurde durch die Zeugin ... nicht geschildert.
352Zudem stellt sich auch hier wieder die Frage, wie überhaupt Vorejakulat oder Urin des Angeklagten durch den vom ihm geschilderten Ablauf des Oralverkehrs in den äußeren Scheidenbereich der Geschädigten gelangt sein soll.
353Dagegen lässt sich das Ergebnis des Sachverständigengutachtens ohne Schwierigkeiten mit der Darstellung der Geschädigten in Einklang bringen, welche zweimaligen vaginalen Verkehr beschreibt. Ein Widerspruch entsteht auch nicht dadurch, dass die auch gefundenen PSA-Spuren üblicherweise im Sperma vorkommen und die Geschädigte keine Ejakulation des Angeklagten erinnern konnte. Denn wie durch die Sachverständige ... ausgeführt, können die PSA-Spuren auch aus Vorejakulat stammen, welches seiner Zusammensetzung nach mit Ejakulat identisch sei. Dass Vorejakulat beim zweimalig vollzogenen vaginalen Verkehr ohne Kondom an die Stellen im Geschlechtstrakt der Angeklagten gelangt ist, an denen die Sachverständige ... PSA-Spuren nachweisen konnte, ist nachvollziehbar.
354Die Verletzungen am Arm der Geschädigten
355Auch die auf den Lichtbildern Bl. 206 d.A. dokumentierten Verletzungen in Form von Malen am rechten Arm der Geschädigten sprechen für die Glaubhaftigkeit der Aussage der Geschädigten.
356Hinsichtlich der Verletzung am Arm der Geschädigten hat die Sachverständige ... ausgeführt, dass diese einer Verletzung entsprächen, welche man bei einem Zurückziehen der Geschädigten durch den Angeklagten, wie von dieser vor dem Oralverkehr beschrieben, erwarten würde. Die rechtsmedizinischen Feststellungen zu den Verletzungen der Geschädigten haben ihre Angaben also insoweit bestätigt. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass ein Zurückziehen der Geschädigten am Arm grundsätzlich auch in anderem Zusammenhang vorgekommen sein kann, konkrete Hinweise auf einen solchen Vorfall finden sich aber nur in der Aussage der Geschädigten zum Tatgeschehen vor der oralen Vergewaltigung. Insbesondere hat hier auch die Zeugin ... glaubhaft ausgesagt, dass sie die Geschädigte nicht am Arm zurückgerissen habe.
357Die konstanten Angaben der Geschädigten
358Für die Aussage der Geschädigten spricht auch, dass diese durchgehend konstante Angaben gemacht hat.
359Bereits in der ersten groben Schilderung der Tat gegenüber der ... durch die Geschädigte sind die wesentlichen Aspekte des Ablaufs des Abends enthalten gewesen. Bereits hier hat die Geschädigte geschildert, dass sie den Angeklagten beim Feiern getroffen hätte und freiwillig mit ihm in seine Wohnung gekommen sei, in der Wohnung habe sie sich dann bedroht gefühlt und es sei zu ungewolltem Verkehr gekommen. Unter Berücksichtigung, dass diese Angaben nahezu unmittelbar nach dem Eintreffen der Polizei, also Minuten nach dem eigentlichen Vergewaltigungsgeschehen erfolgt sind, spricht dies für eine Erlebnisbasiertheit der Angaben. Soweit die Geschädigte damals auch ausgesagt hat, dass der Angeklagte von seinem Herrschaftsbereich gesprochen habe, hat die Geschädigte hier gegenüber der Kammer klargestellt, dass der Angeklagte dies nicht gesagt hat, sondern dass es sein könnte, dass sie dies vor Ort aus Wut über den Angeklagten gesagt habe. Eine entsprechende Klarstellung hat sie zudem auch schon im Rahmen der späteren polizeilichen Vernehmungen durch die ... gemacht. Insofern hat die Geschädigte also tatsächlich Teile ihrer Aussage später korrigiert, dies aber zugunsten des Angeklagten und ohne, dass sie befürchten musste, dass hier gegenteilige Feststellungen möglich gewesen wären.
360Auch dies spricht dafür, dass die Geschädigte erlebnisbasiert erzählt und gerade keine Falschangaben vorliegen, da sie sich sogar bemüht hat, Dinge, die sie tatsächlich nicht erinnern konnte, klarzustellen.
361Auch gegenüber der Zeugin ... hat die Geschädigte dann eine Vergewaltigung bei der es zu keiner Ejakulation des Angeklagten gekommen sei und auch das Würgen geschildert. Auch dies erfolgte nur kurze Zeit nach der Tat und ohne, dass die Geschädigte Gelegenheit gehabt hätte, sich zu sammeln oder sich in Ruhe Gedanken zu machen.
362Entsprechendes gilt hinsichtlich ihrer Angaben im Rahmen der Vernehmung durch die Zeugin ..., welche die Geschädigte ebenfalls noch im Tattag und nur wenige Stunden nach Ende der Tat befragt hat.
363Auch die durch die Zeugin ...wiedergegebene Aussage der Geschädigten gegenüber der Polizei vom Tattag beschreibt in den wesentlichen Punkten die auch gegenüber der Kammer durch die Geschädigte beschriebene Vergewaltigung. Zwar weicht die Darstellung auch in einigen Punkten ab, insbesondere wird das Vergewaltigungsgeschehen kürzer und wie auch während der vorherigen Befragungen der Geschädigten ohne den Oralverkehr geschildert, gleichzeitig finden sich jedoch mit späteren Aussagen übereinstimmende Aspekte in der Schilderung des Entkleidens, welches jeweils zuerst mit dem Entkleiden des Unterkörpers und dann des Oberkörpers beschrieben wird, sowie in der Darstellung, dass der Notruf gewählt worden sei. Im Zusammenhang mit den Notrufen schildert die Angeklagte gegenüber der ...zwar einen Notruf vom Mobiltelefon des Angeklagten, insofern ist die Aussage der Geschädigten aber gerade konstant, da sie auch bei ihrer Aussage in der mündlichen Verhandlung bis zum Zeitpunkt des Vorhaltes, dass kein Notruf von der Mobiltelefonnummer des Angeklagten in der Notrufleitstelle der Polizei eingegangen sei, weiter ausgesagt hat, dass sie den Notruf vom Mobiltelefon des Angeklagten gewählt hätte. Ungenauigkeiten lassen sich darüber hinaus mit der gegenüber den späteren Vernehmungen deutlich knapper gehaltenen ersten polizeilichen Vernehmung erklären.
364Die Geschädigte ... hat das Vergewaltigungsgeschehen zudem auch konstant zu ihren vorherigen Angaben gegenüber der Zeugin ...in der Vernehmung am 05.11.2019 geschildert. Auch in dieser Schilderung waren die zentralen Elemente des Kerngeschehens enthalten, wie dass sie Sorge bekommen hätte, nachdem der Angeklagte erklärt habe, Spaß haben zu wollen und sodann ihren Standort verschickt hätte. Weiter das Absetzen der Notrufe – wobei die Geschädigte auch hier weiter von einem Notruf vom Mobiltelefon des Angeklagten ausgeht - und die vaginale Vergewaltigung und das Würgen. Ferner schildert die Geschädigte konstant zu ihren Angaben gegenüber der Zeugin ..., dass sie nicht mitbekommen habe, dass der Angeklagte eine Ejakulation gehabt hätte. Zudem erzählt sie im Rahmen dieser Vernehmung nunmehr auch, dass es ebenfalls zu oralem Verkehr gekommen sei, was mit der Darstellung gegenüber der Kammer konstant ist.
365Damit hat sie insgesamt dreimal gegenüber der Polizei und einmal gegenüber der Zeugin ... konstante Angaben gemacht. Auffällige Widersprüche finden sich in den Schilderungen nicht. Zwar hat die Geschädigte gegenüber der Zeugin ... angegeben, dass der Angeklagte gesagt habe, dass sie nun in seinem Herrschaftsbereich wäre, dies hat die Geschädigte aber gegenüber der Zeugin ... als unwahr klargestellt und ausdrücklich eingeräumt, dass sie hier aus Verärgerung unmittelbar nach der Tat übertrieben habe. Ebenso hat sie bereits in der Vernehmung durch die Zeugin ... klargestellt, dass die nicht wisse, ob der Angeklagte einen Samenerguss gehabt habe und die entsprechende Angabe in der vorherigen polizeilichen Vernehmung ein Missverständnis bzw. eine Vermutung gewesen sei.
366Darüber hinaus schildert die Geschädigte das Kerngeschehen konstant gleichbleibend. Dies auch insoweit, als das die Geschädigte auch in der Hauptverhandlung noch angegeben hat, dass sie sich erinnere, einen Anruf vom Mobiltelefon des Angeklagten gemacht zu haben. Dies ist – wie aus den Notrufprotokollen deutlich wird – erwiesenermaßen falsch, trotzdem bleibt die Geschädigte hier konstant bei ihrer Aussage. Auch dies spricht dafür, dass die Geschädigte die Tat durchweg so geschildert hat, wie sie sich erinnern konnte und ihre Aussage nicht etwa nach Akteneinsicht der Nebenklägerin dem in der Akte Niedergelegten angepasst hat. Das der Oralverkehr erst im Rahmen der Vernehmung durch die ... Erwähnung findet, führt für die Kammer nicht dazu, dass die Konstanz der Aussage der Geschädigten insgesamt in Frage zu stellen wäre. Insoweit fällt auf, dass die Geschädigte durchweg zunächst jeweils versucht hat, die eigentlichen sexuellen Handlungen knapp darzustellen und hierzu erst auf genaue Nachfrage näher ausgeführt hat. Entsprechend ist erklärbar, dass die Geschädigte erst im Rahmen der genauen Befragung durch die ... die einzelnen Aspekte der Vergewaltigung genauer geschildert hat, da dies erst hier wirklich von ihr verlangt wurde.
367Objektiv nicht zutreffende Angaben
368Die Kammer verkennt in ihrer Gesamtabwägung nicht, dass es auch neben den durch die Geschädigte benannten Erinnerungslücken Einzelheiten ihrer Schilderung gegeben hat, welche aufgrund der weiteren Beweisaufnahme widerlegt sind. Auch dies hat die Kammer in ihre Abwägung mit einbezogen. Neben einzelnen Ungenauigkeiten und später durch die Geschädigte richtig gestellten Punkten haben sich in der Beweisaufnahme als erhebliche Abweichungen zwischen der Aussage der Geschädigten und dem objektiv feststellbaren Sachverhalt die folgenden Aspekte ergeben:
369Die Geschädigte hat ausgesagt, dass sie jedenfalls einen der Anrufe an die Notrufleitstelle der Polizei vom Mobiltelefon des Angeklagten aus getätigt habe, welches ebenfalls auf dem Bett gelegen habe. Dies lässt sich anhand der weiteren Beweisaufnahme jedoch nicht bestätigen.
370Nach der glaubhaften Aussage der Polizeibeamtin ... ergeben sich anhand der von ihr eingesehenen Notrufprotokolle der Leitstelle der Polizei ... zwei Notrufe vom Mobiltelefon der Geschädigten um 06:55 Uhr und 07:06 Uhr. Weitere Anrufe sind nicht festgestellt worden. Da sich also nur zwei Anrufe vom Mobiltelefon der Geschädigten und kein Anruf vom Telefon des Angeklagten haben bestätigen lassen, zeigt sich hier eine falsche Erinnerung der Geschädigten, wobei diese auf Nachfrage zu dieser nicht den objektiven Beweismitteln entsprechenden Angabe auch ausgesagt hat, dass sie es für möglich halte, dass ein Anruf vom Telefon des Angeklagten nicht durchgegangen sei. Hierfür haben sich in der weiteren Beweisaufnahme jedoch keine Anhaltspunkte gefunden.
371Im Zusammenhang mit den Notrufen hat die Geschädigte ... zudem ausgesagt, dass sie selbst den Polizeibeamten in der Notrufleitzentrale der Polizei nicht gehört habe und auch nicht mit diesem gesprochen habe. Hier ergibt sich aus den im Termin angehörten Notrufen aber, dass die Geschädigte – auch wenn ansonsten keine direkte Kommunikation mit der Notrufleitstelle erfolgt - auf mehrfache Nachfrage des Beamten ihren Namen gegenüber der Notrufleitstelle nennt. Dies zeigt zur Überzeugung der Kammer, dass die Geschädigte jedenfalls teilweise mitbekommen hat, dass der Beamte der Notrufleitstelle versucht hat, mit ihr zu sprechen. Anders ist die Reaktion auf die wiederholte Frage nach dem Namen durch anschließende Nennung ihres Namens nicht zu erklären. Auch insofern hat die Aussage der Geschädigten nicht den tatsächlichen Geschehensablauf dargestellt. Nachdem ihr die entsprechende Stelle im Rahmen der Hauptverhandlung vorgespielt wurde, hat sie dies auch eingeräumt und zugegeben, dass sie dann wohl mit dem Polizeibeamten gesprochen haben muss. Dies erfolgte aber eben nicht aus der bloßen Erinnerung der Geschädigten heraus, sondern nur, nachdem sie die Tonaufnahme hören konnte.
372Diese Punkte gewichtet die Kammer jedoch insgesamt nicht in einer Weise, welche Zweifel an der Wahrnehmungs- und Erinnerungsfähigkeit der Angeklagten während der Tat begründen könnten, da die falschen Angaben der Geschädigten jeweils nur einzelne Aspekte, insbesondere im Zusammenhang mit den Notrufen betreffen, welche aufgrund des dynamischen Ablaufs der Tat falsch erinnert worden sein können, ohne das von der Geschädigten insgesamt wiedergegebene Geschehen vollständig in Zweifel zu ziehen. Die Kammer gewichtet die Punkte, die sich bestätigt haben in ihrer Summe als überzeugender für die Glaubhaftigkeit der Aussage der Geschädigten sprechend.
373(d).
374Gleichzeitig ergibt sich aus der Bestätigung der Angaben der Geschädigten durch die weitere Beweisaufnahme auch die Aussagetüchtigkeit der Geschädigten.
375Die Übereinstimmungen der Angaben der Geschädigten mit den weiteren Beweismitteln zeigen nämlich, dass die Geschädigte sich – abgesehen von den Punkten, in denen von ihrer Aussage abweichende Feststellungen getroffen wurden – zutreffend erinnert hat. Ihre Wahrnehmungs- und Erinnerungsfähigkeit – und damit ihre Aussagetüchtigkeit – stehen daher aufgrund der weiteren Beweisaufnahme trotz der bei der Geschädigten festgestellten BAK von 1,19 Promille fest.
376(aa).
377Die Geschädigte ... ist bereits nach ihrer Aussage zum Tatzeitpunkt erheblich alkoholisiert gewesen. Eine Rückrechnung der der Geschädigten am 02.11.2019 um 10:00 Uhr entnommenen Blutprobe bzw. der auf Grundlage dieser Blutprobe festgestellten BAK ergibt zur Tatzeit eine mögliche BAK von 1,99 Promille. Denn gemäß dem in der Hauptverhandlung verlesenen Gutachten zur Blutalkoholkonzentraion (BAK) des Dr. ... (Labor Krone) vom 04.11.2019 hat die Geschädigte am 02.11.2019 um 10:00 Uhr eine BAK von 1,19 Promille aufgewiesen. Der Entnahmezeitpunkt ergibt sich dabei aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen Entnahmeprotokoll, unterzeichnet durch ...(Bl. 126 d.A.), betreffend die Blutentnahme durch die Zeugin .... Ein zudem um 08:36 Uhr durchgeführter Atemalkoholtest ergab gemäß der auf Vorhalt getätigten glaubhaften Aussagen der ...einen Atemalkoholwert von 0,59 mg. Unter Zugrundelegung eines stündlichen Abbaus von 0,2 Promille sowie unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages von 0,2 Promille ergibt sich damit zum Tatzeitpunkt eine mögliche BAK von 1,99 Promille.
378Zweifel an diesem zurückgerechneten Blutalkoholwert bestehen nicht.
379Die der Geschädigten am 02.11.2019 im Krankenhaus entnommenen Blutproben wurden nach der glaubhaften Aussage der ...durch diese asserviert. Für eine Alkoholisierung in dem errechneten Umfang spricht zudem die von der Geschädigten geschilderte Trinkmenge von fünf oder sechs Schützenfestglas großen Gläser Whiskey Cola und weiteren drei bis vier großen Gläsern Whiskey Cola. Auch wenn die genaue Mischungsmenge hier nicht bekannt ist, erscheint hier die errechnete Blutalkoholkonzentration zweifelsfrei möglich. Dies gerade auch vor dem Hintergrund, dass die ... glaubhaft ausgesagt hat, dass auch unmittelbar nach dem Eintreffen der Polizei bei der Geschädigten ein deutlicher Alkoholgeruch wahrzunehmen gewesen sei.
380Die Rückrechnung ist darüber hinaus auf allgemein anerkannten Erfahrungswerten erfolgt.
381(bb).
382Der Kammer ist bewusst, dass eine erhebliche Alkoholisierung grundsätzlich geeignet sein kann, die Wahrnehmungsfähigkeit und oder die Fähigkeit, das Erlebte zutreffend zu erinnern, erheblich zu vermindern oder auszuschließen.
383Die erhebliche Alkoholisierung der Geschädigten hat auch konkret zu Erinnerungslücken bei ihr geführt. Die Geschädigte hat allein mit Bezug auf das Kerngeschehen eingeräumt, nicht mehr erinnern zu können, wie sie durch den Angeklagten aufs Bett gebracht wurde, wie der Angeklagte sich selbst ausgezogen hätte und wie lange die Vergewaltigung angedauert habe. Ebenso konnte sie Teile der Anrufe bei der Notrufzentrale nicht mehr erinnern.
384Zudem hat die Geschädigte – wie die weitere Beweisaufnahme ergeben hat – die Zahl der von ihr geführten Notrufe bzw. die Frage, ob sie einen Notruf vom Mobiltelefon des Angeklagten geführt hat, falsch erinnert und zumindest deutliche Unsicherheiten zu der Frage gezeigt, ob der Angeklagte während der Notrufe bereits in sie eingedrungen gewesen ist. Im Rahmen ihrer ersten Vernehmung vor der Kammer am 08.04.2020 hat sie dazu ausgesagt, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Anrufe zwischen ihren Beinen gekniet habe, aber noch nicht in sie eingedrungen gewesen sei. Erst nach Beendigung der Anrufe sei der Angeklagte vaginal in sie eingedrungen. Im Rahmen ihrer ergänzenden Vernehmung am 03.06.2020 gab die Geschädigte dann auf Nachfrage der Verteidigung aber an, dass der Angeklagte bereits in sie eingedrungen gewesen sei, als es ihr gelungen sei, das Mobiltelefon zu erreichen. Mithin zeigen sich auch hier deutliche Erinnerungslücken der Geschädigten, welche schlussendlich dazu geführt haben, dass der genaue Zeitpunkt des Eindringens nicht aufgeklärt werden konnte . Darüber hinaus finden sich auch umfangreiche Erinnerungslücken im Vortatgeschehen.
385Trotz dieser erheblichen Lücken in der Erinnerung der Geschädigten ist die Kammer aber davon überzeugt, dass die Geschädigte darüber hinaus das Geschehen auch im Zustand erheblicher Alkoholisierung richtig wahrnehmen und erinnern konnte.
386Diese Überzeugung gründet die Kammer darauf, dass von den dargestellten Lücken abgesehen die Aussage der Geschädigten durch die weiteren zur Verfügung stehenden Beweismittel zum Kerntatgeschehen entweder gestützt oder jedenfalls nicht widerlegt wird.
387Wäre die Geschädigte in ihrer Wahrnehmungs- oder Erinnerungsfähigkeit tatsächlich eingeschränkt gewesen, müssten sich hier Widersprüche zu den übrigen Beweismitteln ergeben, welche sich aber genau in den von der Geschädigten beschriebenen Ablauf der Vergewaltigung einfügen bzw. sich dieser durch keines der weiteren Beweismittel widerlegen lässt.
388Zur Feststellung der Wahrnehmungsfähigkeit und Aussagetüchtigkeit der Aussageperson ist es insofern ausreichend, wenn deren Angaben durch andere Beweismittel unterstützt werden (vgl. BGH, 3 StR 18/18; 3 StR 270/09; 2 StR 503/13).
389Für die Wahrnehmungs- und Erinnerungsfähigkeit der Geschädigten spricht zudem auch, dass die Geschädigte nach der Aussage der Zeugin ..., bei Eintreffen der Polizei unmittelbar nach Tatende, keine merkbaren Ausfallerscheinungen gezeigt hätte. Zwar sei die Geschädigte merklich unter dem Einfluss von Alkohol gewesen, nachdem diese sich beruhigt hatte, sei sie aber ansonsten ansprechbar und klar gewesen.
390Dies entspricht der Aussage der die Geschädigte ... am 02.11.2019 etwa drei Stunden nach der Tat im Anschluss an die Untersuchung im Krankenhaus auf der Polizeidienststelle vernehmende Zeugin .... Diese hat ausgesagt, dass die Geschädigte bei der Vernehmung in der Lage gewesen sei, den Sachverhalt zusammenhängend, detailreich und sprachlich flüssig zu schildern. Es sei zwar zu riechen gewesen, dass die Geschädigten ... Alkohol getrunken habe, diese habe aber nicht gelallt, sondern klar gesprochen.
391Dass die Geschädigte wenige Stunden nach der Tat noch unter dem Einfluss von Alkohol in der Lage war, den Sachverhalt verständlich und nachvollziehbar zu schildern, spricht ebenfalls dafür, dass die Geschädigte auch während der Tat in der Lage gewesen ist, den Sachverhalt ausreichend wahrzunehmen und zu erinnern.
392(cc).
393An der ebenfalls zur Aussagetüchtigkeit gehörenden Fähigkeit der Geschädigten, das Erlebte im Rahmen einer Befragungssituation zu reproduzieren, bestehen keine Zweifel. Die Geschädigte hat ihre Erlebnisse in zwei polizeilichen Vernehmungen durch die Beamtinnen ... und ...ausführlich geschildert, ohne dass hier nach den insoweit glaubhaften Aussagen der Polizeibeamtinnen Verständigungsprobleme aufgetreten wären. Ebenso konnte die Geschädigte die Tat im Rahmen der Hauptverhandlung ausführlich vor der Kammer schildern, ohne dass hier Auffälligkeiten hinsichtlich der Fähigkeit der Geschädigten, das Erinnerte zu reproduzieren, aufgetreten wären.
394Insgesamt ließ sich die Aussagetüchtigkeit der Geschädigten daher anhand der weiteren Beweisaufnahme bestätigen.
395Dies gilt gleichfalls bezüglich anderer Aspekte neben der konkreten Alkoholisierung, welche die Aussagetüchtigkeit der Geschädigten hätten beeinflussen können, wie etwa eine Alkoholabhängigkeit oder Traumata aufgrund vorheriger Vergewaltigungserlebnisse. Ob eine Alkoholabhängigkeit oder Traumata bestanden haben, steht dabei nicht fest.
396(e).
397Weiter steht auch die Aussagezuverlässigkeit der Geschädigten ... fest. Hinweise, dass das Zustandekommen der Aussage oder Teilen der Aussage auf bewusster Täuschung oder dem Vorliegen von Pseudoerinnerungen aufgrund von Auto- oder Fremdsuggestion oder durch Irrtum beruht, ließen sich nicht feststellen. Die Geschädigte hat ausgesagt, die Erlebnisse in der Folge ihrer Mutter, ihrem Bruder, der Zeugin ..., der Familienhilfe und der Nebenklagevertreterin geschildert zu haben. Zudem ergibt sich aus der Aussage der Zeugin ..., dass die Geschädigte mit ihr ebenfalls über die Geschehnisse gesprochen hat. Dass es dabei zu einer Beeinflussung der Aussage der Geschädigte gekommen ist, kann die Kammer aber ausschließen. Vielmehr lässt sich auch insoweit ein realer Erlebnisbezug durch die weitere Beweisaufnahme und die die Aussage der Geschädigten bestätigenden Beweismittel belegen.
398Ebenso finden sich in der Aussage der Geschädigten auch keine Anhaltspunkte für eine bewusste Inszenierung der Tat, wie sie der Angeklagte in seinen Briefen in den Raum gestellt hat.
399Der Angeklagte hat in seinen Briefen ausgeführt, dass die Geschädigte gegenüber der Polizei den Eindruck einer Vergewaltigung habe erwecken wollen, indem sie den Angeklagten kurz bevor die Polizei gekommen sei, geweckt habe, ihn geküsst habe und immer wieder „fuck me“ gesagt habe, um der Polizei so zu zeigen, dass es zum gemeinsamen Verkehr gekommen sei. Auch die Notrufe seien nur mit der Intention geführt worden, vorab Beweise gegen den Angeklagten zu sammeln.
400Anhaltspunkte für eine derartige Inszenierung finden sich weder in der Aussage der Geschädigten ..., noch in der weiteren Beweisaufnahme. Vielmehr hat die Beweisaufnahme ergeben, dass eine solche Inszenierung der Geschädigten zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen wäre.
401Die Geschädigte hat – wie sich aus der in Augenschein genommenen Ablichtung des Mobiltelefons der Zeugin ... ergibt - dieser um 06:47 Uhr ihren Livestandort geschickt. Gemäß der durch die Zeugin ... eingesehenen und von dieser wiedergegebenen Protokolle der Notrufe bei der Polizei ... hat die Geschädigte um 06:55 Uhr bzw. 07:06 Uhr den Notruf bei der Polizei angerufen.
402In den Notrufen – welche im Rahmen der Hauptverhandlung angehört wurden – hat die Geschädigte nur ihren Namen genannt, nicht jedoch ihren Aufenthaltsort. Die Geschädigte konnte also nicht wissen, ob oder in welcher Weise die Polizei nach ihr suchen würde. Insbesondere konnte sie nicht sicher sein, dass die Polizei Kontakt zu der Zeugin ... herstellen würde und auf diese Weise die korrekte Anschrift würde ermitteln können. Auch konnte die Geschädigte keinerlei Vorstellung davon haben, wie lange eine möglicherweise stattfindende Suche dauern würde. Es wäre ihr schon daher denklogisch nicht möglich gewesen, den sexuellen Kontakt kurz vor dem Eintreffen der Polizei wieder zu beginnen, da sie keinerlei Kenntnis davon haben konnte, ob oder mit welchem Erfolg nach ihr gesucht würde und wann die Beamten eintreffen würden.
403Eine Inszenierung der Tat durch die Geschädigte scheidet damit aus.
404(f).
405Die darüber hinaus durchgeführte Beweisaufnahme hat keine Zweifel an der Aussage der Geschädigten begründet.
406(aa).
407Der Zeuge ... hat ausgesagt, dass der Angeklagte bei ihm gewohnt habe. Am Tatabend habe man sich gemeinsam mit drei weiteren Freunden namens ..., ... und ... zunächst in der Wohnung getroffen und Whiskey und Bier getrunken. Man sei dann gemeinsam in eine Bar in der Innenstadt gegangen, wo man gemeinsam Whiskey, Bier und Schnaps getrunken habe und ca. eine bis zwei Stunden geblieben sei. Die genaue Trinkmenge des Angeklagten könne er jeweils nicht mehr erinnern. In der Bar habe der Zeuge ... auch bereits die Geschädigte bemerkt, die dort auch zum Feiern gewesen sei und mit diversen Leuten gesprochen habe. Der Zeuge ... habe dort auch gesehen, wie sich der Angeklagte und die Geschädigte ... unterhalten und gemeinsam Alkohol getrunken hätten. Worüber die beiden gesprochen hätten, habe er aber nicht mitbekommen.
408Er habe dann gemeinsam mit dem Angeklagten die Bar verlassen und sie seien durch die Innenstadt in die Bar ... gegangen. In der Bar ... habe er die Geschädigte ... erneut gesehen, habe aber nicht mitbekommen, ob diese mit dem Angeklagten gesprochen habe.
409Beim Verlassen der Bar ... sei man dann draußen wieder auf die Geschädigte getroffen, die dort Streit mit jemandem gehabt habe. Was genau gesprochen worden sei, könne der Zeuge ... nicht mehr angeben, die Geschädigte habe aber mit ihm und dem Angeklagten mitkommen wollen. Man sei daher gemeinsam in ein Taxi gestiegen und Richtung der Adresse der Wohnung des Zeugen ......gefahren. Während der Taxifahrt habe der Zeuge ... auf dem Beifahrersitz gesessen und der Angeklagte gemeinsam mit der Geschädigten ... auf der Rückbank. Beide hätten dabei die Arme in einander verschlungen gehabt und den Eindruck gemacht, dass sie in einander verliebt seien. Der Zeuge ...habe auch mitbekommen, dass sie sich geküsst hätten. Er habe das Taxi dann bezahlt und man sei gemeinsam ein kurzes Stück zu Fuß zu seiner Wohnung gegangen. Auch dabei hätten der Angeklagte und die Geschädigte einen verliebten Eindruck gemacht. Teilweise seien sie Hand in Hand gegangen, teilweise habe der Angeklagte seinen Arm um die Geschädigte gelegt. Auch hätten beide – wobei dies bei der Geschädigten auffälliger gewesen sei - wackelige Beine vom Alkohol gehabt, ein wirkliches Schwanken habe er aber bei beiden nicht gesehen. Die Geschädigte habe sich aber nicht übergeben.
410Der Zeuge ... hat weiter ausgesagt, dass er mit dem Angeklagten und der Geschädigten ... auch mit in die Wohnung gegangen sei. Dort habe er aber den Eindruck gehabt, dass die beiden allein sein wollten, da er davon ausging, dass beide gemeinschaftlichen Geschlechtsverkehr haben wollten. Deshalb habe er die Wohnung bereits nach ca. einer Minute wieder verlassen und sei zu Fuß in die Stadt zurückgegangen. Als er gegangen sei, hätten der Angeklagte und die Geschädigte ... noch im Wohnzimmer gestanden. Nachdem er wieder in die Stadt gegangen sei, sei er zum ... gegangen und dann in ein Cafe.
411Zeitlich konnte der Zeuge ... das Geschehen nicht genau einordnen, gab aber an, davon auszugehen, dass man so zwischen drei und vier Uhr an der Wohnung gewesen sei und er im Anschluss bis etwa sechs Uhr in der Stadt gewesen sei.
412Weiter hat der Zeuge ... auch ausgesagt, dass der Angeklagte seit ca. einem bis eineinhalb Monaten vor der Tat bei ihm gewohnt hat.
413Die Aussage des Zeugen ...ist für sich betrachtet glaubhaft. In wesentlichen Punkten deckt sie sich zudem mit der Aussage der Geschädigten .... Beide schildern die Taxifahrt vergleichbar und stimmen – auch wenn die Umstände wann genau der Zeuge ... gegangen ist voneinander abweichen – darin überein, dass dieser während des Kerngeschehens nicht mehr anwesend war.
414Soweit der Zeuge abweichend von der Geschädigten ausgesagt hat, dass diese und der Angeklagte bereits in einer Bar in der Innenstadt aufeinander getroffen wären und der Angeklagte und die Geschädigte zudem während der Taxifahrt deutlich inniger miteinander gewesen seien, als von der Geschädigten geschildert, welche sich hier nicht mehr erinnern konnte, führt dies nicht dazu, dass die Kammer an der Aussage der Geschädigten im Übrigen zweifelt.
415Der genaue Ablauf in der Innenstadt und ob es dort schon Treffen zwischen der Geschädigten und dem Angeklagten gab, konnte im Ergebnis nicht aufgeklärt werden. Die Geschädigte, der Zeuge ..., die Zeugin ... und auch der Angeklagte im Rahmen seiner schriftlichen Ausführungen schildern den Verlauf hier jeweils unterschiedlich, ohne dass die Kammer sich hier endgültig überzeugen konnte.
416Entsprechende Feststellungen sind aber zur Feststellung des Tatgeschehens und zur Bewertung der Aussage der Geschädigten auch nicht von Belang. Diese hat ausgesagt, sich mit dem Angeklagten zunächst gut verstanden zu haben und freiwillig zu dessen Wohnung mitgefahren zu sein. Ob es dabei zuvor zu Treffen in der Innenstadt gekommen ist, lässt die Aussage der Geschädigten – unabhängig davon, ob insoweit zutreffend oder nicht – in keinem anderen Licht erscheinen. Die Geschädigte hat während ihrer Aussage nicht versucht, zu relativieren, dass sie sich gut mit dem Angeklagten verstanden hat und freiwillig zu seiner Wohnung mitgekommen sei. Ob dies sich nunmehr konkret bereits bei Treffen im Laufe des Abends gezeigt oder etwa durch Küsse während der Taxifahrt gezeigt hat, kann dahinstehen. Dies nicht nur bezogen auf die zu treffenden Feststellungen, sondern auch im Rahmen der Bewertung der Glaubhaftigkeit der Aussage der Geschädigten. Die Kammer erkennt insoweit – auch wenn Teile des Vortatgeschehens von der Geschädigten nicht zutreffend wiedergegeben worden sein sollten – dadurch keine Umstände, die die Angaben zum Kerngeschehen oder die ihre Angaben im Kerngeschehen stützenden Beweismittel in Zweifel ziehen würden. Darüber hinaus war auch zu bedenken, dass die Aussage des Zeugen ... auch nicht mit der Schilderung des Angeklagten übereinstimmt, welcher im Gegensatz zu dem Zeugen ... kein längeres Gespräch in einer Bar mit der Geschädigten schildert und zudem angibt, dass die Geschädigte nach dem Urinieren auf ihn zugekommen sei. Die Aussage des Zeugen ... ist also auch nicht geeignet, die Schilderung des Angeklagten zu stärken. Hinsichtlich seiner zeitlichen Einschätzung zum Ablauf des Tatabends weicht der Zeuge ebenfalls von der Aussage der Geschädigten ab, angesichts der feststehenden Daten der Notrufe und der Erklärung des Zeugen, sich hier auch nicht ganz sicher zu sein, geht die Kammer davon aus, dass der Zeuge den zeitlichen Ablauf nicht genau erinnern konnte. Seine Aussage widerlegt insofern jedenfalls nicht die Angaben der Geschädigten.
417Soweit der Zeuge ... darüber hinaus angegeben hat, er könne sich nicht vorstellen, dass der Angeklagte die Geschädigte vergewaltigt hat, handelt es sich lediglich um die subjektive Einschätzung des Zeugen, für die er keine erlebnisbasierte Grundlage darlegen konnte.
418(bb).
419Der Zeuge ... hat ausgesagt, dass er mit der Geschädigten, der Zeugin ... sowie zwei weiteren Personen feiern gewesen sei. Die Gruppe habe zunächst bei ihm vorgetrunken, dann sei man mit dem Großraumtaxi zum ...gefahren. Von dort sei man weiter zu den Bars ... und .... Was die Geschädigte genau getrunken habe, könne er nicht mehr sagen. Es sei aber üblich, dass die Damen aus der Runde Sekt oder Whiskey Cola trinken würden. Im ... habe er sich mit ... unterhalten, die Frauen seien tanzen gewesen. Den Angeklagten würde er nicht kennen und habe ihn auch nicht bewusst gesehen. Nach dem ... seien ... und ...gegangen, er sei noch weiter mit zum .... Dort habe er so gegen drei oder vier Uhr nach Hause gewollt und habe mit der Zeugin ... ein Taxi genommen. Dies könne auch gegen 5:30 Uhr gewesen sein, genau wisse er die Zeit nicht. Er sei aber kurz im ... gewesen. Dass die Geschädigte und der Angeklagte sich getroffen hätten, als die Geschädigte uriniert habe, habe er nicht mitbekommen.
420Auch nach der Tat sei man noch gemeinsam feiern gewesen. Dies sei jedenfalls noch ein- oder zweimal der Fall gewesen. Er könne sich erinnern, dass man Sylvester gefeiert habe und zudem nochmal im Januar. Verändert habe die Geschädigte dabei nicht gewirkt. Über die Tat habe man nicht gesprochen. Er habe von der Zeugin ... erfahren, dass es an dem Abend einen Polizeieinsatz gegeben habe und er habe auch mit der Geschädigten gesprochen. Dabei sei der Begriff Vergewaltigung gefallen, er habe dann aber nicht weiter nachgefragt, da er das Gefühl gehabt habe, dass das Thema der Geschädigten unangenehm gewesen sei.
421Auch die Aussage des Zeugen ... ist glaubhaft. Der Zeuge hat seine Wahrnehmungen lebensnah und umfassend geschildert. Zudem deckt sich seine Aussage bis auf Details mit den Aussagen der anderen Zeugen zum Ablauf des Abends.
422Der Zeuge ... beschreibt in Übereinstimmung mit der Geschädigten, dass man am Abend vor der Tat gemeinsam in der ...er Innenstadt feiern gewesen sei. Danach habe man sich getrennt. Infolgedessen kann der Zeuge ... auch keine relevanten Angaben zur eigentlichen Tat machen, so dass seine Aussage insofern unergiebig ist. Soweit er zudem ausgesagt hat, mit der Geschädigten auch nach der Tat noch gemeinsam feiern gewesen zu sein, obwohl die Geschädigte angab, nun nicht mehr feiern zu gehen, stellt dies die Aussage der Geschädigten zur eigentlichen Tat nicht in Frage. Die Geschädigte hat insbesondere nie ausgesagt, durch die Tat traumatisiert worden zu sein, sondern gab an, dass ganze in eine Schublade gesteckt zu haben. Auch wenn die Geschädigte ausgesagt hat, nicht mehr feiern gewesen zu sein, führen die von dem Zeugen ... geschilderten zwei Abende unter Berücksichtigung, dass die Geschädigte die Tat auch nach ihrer Aussage in eine Schublade gesteckt hat, nicht dazu, dass die Kammer Bedenken an der Aussage der Geschädigten im Übrigen hat. Zumal sie selbst durchaus zugibt, auch noch gefeiert zu haben, so dass allein zeitliche Verwechslungen denkbar sind.
423(cc).
424Auch die Ausführungen der rechtsmedizinischen Sachverständige ... zu den Verletzungen der Geschädigten sind nicht geeignet, Zweifel an der Aussage der Geschädigten zu begründen. Neben den oben erwähnten Feststellungen zu den Verletzungen am Arm der Geschädigten, welche deren Aussage bestätigten, hat die Sachverständige auch ausgeführt, dass die am Hals der Geschädigten festgestellten Verletzungen entweder auf ein Würgen, oder auf Knutschflecke zurückgehen könnten, teilweise auch durch beides nicht zu begründen seien.
425Die bei der Geschädigten durch die Zeugin ... dokumentierten Verletzungen bestätigen damit zwar nicht die Aussage der Geschädigten, widerlegen diese aber auch nicht. Die bei der Geschädigten festgestellten Verletzungen sind daher nicht geeignet, den Nachweis zu führen, dass die Aussage der Geschädigten nicht zutreffend gewesen ist. Dies gilt auch, soweit die Verletzungen auf Bild 2 der Lichtbilder auf Bl. 206 d.A. weder durch Würgen, noch durch Saugen, sondern eher durch ein Kratzen zu erklären sind. Die Geschädigte hat zwar kein Kratzen im Rahmen der Tat geschildert, dies erscheint aber nach dem insgesamt geschilderten Ablauf auch nicht ausgeschlossen, so dass die Aussage der Geschädigten durch die Feststellung von einer durch Kratzen verursachten Verletzung auch nicht widerlegt ist.
426Ebenso wird die Aussage der Geschädigten nicht dadurch widerlegt, dass keine weiteren Verletzungen – auch nicht im Bereich der Oberschenkel oder des Genitalbereiches – gefunden wurden.
427Die Sachverständige ... hat hierzu überzeugend ausgeführt, dass bei den von der Geschädigten geschilderten Abläufen nicht zwingend Verletzung zu erwarten gewesen wären. Dies sei vielmehr von Druck und Auflagefläche abhängig und es müsse nicht zu weiteren Verletzungen gekommen sein.
428(dd).
429Zweifel an der Aussage der Geschädigten ergeben sich auch nicht deshalb, da diese bereits in zwei Ermittlungsverfahren den Vorwurf einer Vergewaltigung erhoben hat und die Verfahren jeweils eingestellt wurden.
430Die Geschädigte gab insoweit sogar an, dass dies drei Verfahren gewesen wären, da es auch ein vor den englischen Streitkräften geführtes Verfahren gegeben hätte, welches sich jedoch nicht feststellen ließ.
431Im Zusammenhang mit den vorherigen Verfahren steht aber bereits nicht fest, ob es zu den gegenständlichen Vergewaltigungstaten gekommen ist.
432Nach dem in der Hauptverhandlung verlesenen Einstellungsvermerk des Oberstaatsanwaltes ... vom 23.02.2016 zu dem Verfahren 20 Js 98/16 wurde durch die Geschädigte ... im Verfahren 20 Js 98/16 am 03.01.2016 Strafanzeige betreffend eines sexuellen Übergriffs auf der Toilettenanlage der Herrentoilette an der Ecke ...erstattet. Der Übergriff solle sich dabei so zugetragen haben, dass die Geschädigte mit dem damaligen Beschuldigten auf dem Rückweg von einer Diskothek gewesen sei und die Toilette habe benutzen wollen. Als sie fertig gewesen sei, sei der damalige Beschuldigte zur unverschlossenen Tür der Toilette hereingetreten und habe der Geschädigten die Hose herunter gezogen und sei mit seinem Penis in ihre Scheide eingedrungen. Als die Geschädigte geschrien habe, habe er ihr mit der Hand den Mund zugehalten.
433Der damalige Beschuldigte habe den Übergriff in Abrede gestellt. Die hierdurch entstandene Aussage-gegen-Aussage Situation habe sich laut dem Oberstaatsanwalt ... nicht aufklären lassen, da neutrale Zeugen oder andere Beweismittel nicht zur Verfügung gestanden hätten und die Geschädigte in ihren beiden Vernehmungen am 03.01.2016 und 04.01.2016 im Kerngeschehen keine konstanten Angaben gemacht habe. So habe sie am 03.01.2016 geschildert, dass sie noch ihr Geschäft verrichtet habe, als der damalige Beschuldigte in die Kabine gekommen sei. In der Vernehmung am 04.01.2016 habe sie dagegen angegeben, ihr Geschäft bereits verrichtet und schon gespült zu haben. Auch habe die Geschädigte am 03.01.2016 ausgesagt, dass der damalige Beschuldigte mit seinem Penis in sie eingedrungen sei, während sie am 04.01.2016 angegeben habe, dass ihm dies wenn überhaupt nur ganz wenig gelungen sei, da sie sich zu sehr hin und her bewegt habe. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Parallelen zu dem Verfahren 20 Js 353/12. Auch in diesem Verfahren von 2012 habe die Geschädigte – wie sich ebenfalls aus dem Vermerk des Oberstaatsanwalts ... vom 23.02.2016 ergibt – angegeben, auf derselben Herrentoilette sexuell genötigt worden zu sein. Insofern habe sie damals angegeben, dass der damalige Beschuldigte sie in das Toilettenhäuschen gezerrt habe und dort gegen ihren Willen Geschlechtsverkehr mit ihr vollzogen habe. Auch diese Tat sei durch den damaligen Beschuldigten in Abrede gestellt worden und habe schlussendlich nicht aufgeklärt werden können, da die Geschädigte selbst in ihrer anschließenden Vernehmung bei der Polizei angegeben habe, dass es zu keiner Vergewaltigung gekommen sei.
434Beide Verfahren wurden – wie sich aus dem Vermerk des Oberstaatsanwalts ... ergibt - schlussendlich eingestellt, ohne dass festgestellt werden konnte, ob die Geschädigte ... damals vergewaltigt wurde, oder ob die Vorwürfe zu Unrecht erhoben wurden.
435Ob die Vorwürfe damals zutreffender Weise erhoben wurden oder nicht, ist für die Bewertung der Glaubhaftigkeit der Zeugin in diesem Verfahren kein relevanter Faktor.
436Ein grundsätzlicher Leumund ist bei der Bewertung der Aussage eines Zeugen kein relevanter Faktor (vgl. BGH 1 StR 231/08; BGH NJW 2005, 1519). Selbst wenn die Geschädigte ... in diesen Verfahren zu Unrecht Vorwürfe erhoben hätte – was nicht feststeht – wäre dies nicht geeignet, ihre Aussage generell in Zweifel zu ziehen, wenn diese – wie dargestellt – ansonsten im konkreten Fall glaubhaft ist.
437Sofern grundsätzlich unterstellt würde, das vorherige Vergewaltigungserfahrungen als Störfaktoren gesehen werden können, welche bei einer entsprechenden Erfahrung zu Verzerreffekten hinsichtlich der Glaubhaftigkeit einer Aussage führen könnten, ist auch dies hier konkret nicht feststellbar. Wie ausgeführt finden sich ausreichend objektive Beweise, welche ausschließen, dass die Aussage der Geschädigten – eventuell für diese unbewusst – zum Nachteil des Angeklagten beeinflusst wurde.
438Diese Überlegung gilt entsprechend, wenn unterstellt würde, dass die Vorwürfe in den vergangenen Verfahren zu Unrecht erhoben wurden. Auch dann finden sich hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Vergewaltigungsgeschehens ausreichend verifizierbare Beweise, die die Glaubhaftigkeit im konkreten Verfahren belegen, so dass es auf eventuell zu Unrecht erhobene vorherige Vorwürfe nicht ankommt.
439(g).
440Abschließend spricht für die glaubhafte und in keinem Punkt widerlegbare Aussage der Geschädigten, dass diese durchweg keinerlei Belastungstendenzen gegenüber dem Angeklagten gezeigt hat. Abgesehen von der Erklärung über die Äußerung zum Herrschaftsbereich, welche von der Geschädigten aber umgehend klargestellt wurde.
441Die Geschädigte musste bereits dazu überredet werden, überhaupt an der ärztlichen Untersuchung durch die Zeugin ... teilzunehmen. Die Geschädigte wollte, wäre sie nicht durch ihre Freunde und die Polizei zu der Untersuchung überredet worden, dass Krankenhaus verlassen, ohne sich untersuchen zu lassen. Ihr war dabei auch bewusst, dass dies die Beweissituation verschlechtern würde, da die Zeugin ... ihr zuvor noch in der Wohnung des Angeklagten mitgeteilt hatte, dass eine solche Untersuchung notwendig sei.
442Schon dies spricht dagegen, dass es der Geschädigten auf eine besondere Belastung des Angeklagten angekommen wäre.
443Auch im Rahmen ihrer Aussage vor der Kammer ist – auch unter Berücksichtigung der Stellung der Geschädigten als Nebenklägerin – zu keinem Zeitpunkt erkennbar geworden, dass der Geschädigten daran gelegen gewesen wäre, die Erfahrung als besonders schlimm zu beschreiben oder den Angeklagten gezielt in ein negatives Licht zu rücken. Vielmehr hat sie das Erlebte aus ihrer Sicht und ohne Übertreibungen geschildert.
444Zudem hat die Geschädigte auch – wie bereits im Rahmen der Konstanzanalyse dargestellt – während des Verfahrens auch im Zusammenhang mit der angeblichen Aussage des Angeklagten, dass sie nun in seinem Herrschaftsbereich sei und bezüglich der Frage, ob der Angeklagte eine Ejakulation gehabt habe, ihre vorherige Aussage richtig gestellt und hierdurch darauf hingewirkt, dass der Angeklagte insofern nicht zu Unrecht belastet wurde.
445bb.
446Nach einer integrativen Gesamtbewertung aller Kriterien und Anhaltspunkte steht für die Kammer die Glaubhaftigkeit der Aussage der Geschädigten ... fest.
447Der von der Geschädigten dargestellte Sachverhalt lässt sich anhand der weiteren Beweisaufnahme bestätigen. Beweismittel, welche diesen widerlegen würden, haben sich nicht gefunden. Soweit die Aussage der Geschädigten Erinnerungslücken oder falsche Erinnerungen beinhaltet, lässt sich der Rest der Aussage aber anhand der weiteren Beweise verifizieren. Die Aussage ist darüber hinaus detailreich, logisch konsistent und im Rahmen des Verfahrens jeweils konstant geschildert worden. Die Geschädigte war dabei sogar bemüht, zunächst angeführte Details, an welche sie sich nach ausreichender Reflektion nicht mehr erinnern konnte, zugunsten des Angeklagten zu berichtigen.
448In diesem Zusammenhang lässt sich in dem gesamten Verfahren feststellen, dass die Geschädigte keinerlei Belastungstendenzen gegenüber dem Angeklagten gezeigt hat.
449Insgesamt ergibt sich die Richtigkeit der zum Kerngeschehen getroffenen Feststellungen – sofern nicht die oben ausgeführten abweichenden Feststellungen getroffen wurden - aus der glaubhaften Aussage der Geschädigten ....
450Zudem ergibt sich der festgestellte Sachverhalt auch unabhängig von den Angaben der Geschädigten aus der oben dargestellten weiteren Beweisaufnahme. Diese begründet zudem die Feststellungen zu den Aspekten, in denen sich die Aussage der Geschädigten nicht bestätigt hat.
4513.
452Die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten war während der Tat weder aufgehoben noch eingeschränkt. Auch seine Einsichtsfähigkeit war nicht aufgehoben.
453Grundsätzlich ist sich die Kammer bewusst, dass der Angeklagten während der Tat in erheblichem Maße alkoholisiert gewesen ist. Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen ..., liegen die Voraussetzungen einer eingeschränkten oder aufgehobenen Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB dennoch nicht vor.
454a.
455Die Alkoholisierung des Angeklagten ergibt sich zunächst aus dem schriftlichen Gutachten des Dr. ... und einer hierauf basierenden Hochrechnung der Kammer.
456Gemäß dem in der Hauptverhandlung verlesenen Gutachten zur Blutalkoholkonzentraion (BAK) des Sachverständigen Dr. ... (Labor Krone) vom 04.11.2019 hat der Angeklagte am 02.11.2019 um 10:05 Uhr eine BAK von 1,28 Promille aufgewiesen. Der Entnahmezeitpunkt ergibt sich dabei aus dem Entnahmeprotokoll vom 02.11.2019, unterschrieben durch PHK Nutt. Unter Zugrundelegung eines stündlichen Abbaus von 0,2 Promille sowie unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages von 0,2 Promille ergibt sich damit zum Tatzeitpunkt eine BAK von 2,08 Promille.
457Zweifel an diesem zurückgerechneten Blutalkoholwert bestehen nicht. ...hat insofern glaubhaft die Entnahme und Asservierung der Blutprobe geschildert.
458Der Angeklagte hat in seinen Briefen – soweit diese verlesen wurden - zudem angegeben, am Abend zuvor Alkohol getrunken zu haben. Auch wenn der Angeklagte keine genaue Trinkmenge genannt hat, steht die zurückgerechnete Alkoholisierung zu diesen Angaben nicht im Widerspruch.
459Daneben war eine Drogenintoxikation des Angeklagten zur Tatzeit nicht feststellbar. Aus dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Dr. Agius (Labor Krone) – welches in der Hauptverhandlung verlesen wurde – ergibt sich, dass in der dem Angeklagten um 10:05 Uhr entnommenen Blutprobe keine Betäubungsmittel nachzuweisen waren.
460Der Entnahmezeitpunkt ergibt sich auch insoweit aus dem Entnahmeprotokoll vom 02.11.2019, unterschrieben von PHK Nutt.
461Unter Berücksichtigung der üblichen Abbauzeiten von Betäubungsmitteln im Blut kann aus der Blutprobe gefolgert werden, dass zum Tatzeitpunkt keine Intoxikation des Angeklagten bestanden hat.
462b.
463Eine Einschränkung der Schuldfähigkeit oder deren Ausschluss war trotz der hohen Alkoholisierung nach den Ausführungen des Sachverständigen ... aber nicht festzustellen.
464Der Sachverständige ... hat ausgeführt, dass ihm der Angeklagte nicht zu einer Exploration zur Verfügung gestanden habe. Er habe ihm lediglich im Zuge der Einlassung des Angeklagten zur Person in der Hauptverhandlung einige Nachfragen stellen können, welche sich auf eine mögliche Traumatisierung in Folge des Todes seines Freundes im Irak bezogen hätten. Eine weitergehende Befragung, insbesondere zur Tat, sei ihm nicht möglich gewesen. Der Sachverständige ... habe aber der weiteren Beweisaufnahme beigewohnt und sehe damit genügend Anknüpfungspunkte zur Erstattung seines Gutachtens.
465Hinsichtlich der Frage, ob es beim Angeklagten Eingangsmerkmale des § 20 StGB oder § 21 StGB gäbe, hat der Sachverständige ... sodann ausgeführt, dass es keine Hinweise auf überdauernde Störungen beim Angeklagten gäbe. Hierfür würde es an Anknüpfungstatsachen fehlen. Ebenfalls ergäben sich keine Hinweise auf einen Betäubungsmittelkonsum des Angeklagten, da die Untersuchung der Blutprobe des Angeklagten keine Hinweise hierauf ergeben habe. In Betracht käme bei der Tat lediglich eine Einschränkung oder ein Ausschluss der Schuldfähigkeit des Angeklagten in Folge seines Alkoholkonsums und einer dadurch bedingten vorübergehende krankhafte seelische Störung. Voraussetzung für eine durch Alkohol bedingte vorübergehende krankhafte seelische Störung seien aber unabhängig vom festgestellten Alkoholspiegel psychopathologische Auffälligkeiten, die eindeutig dem Alkoholrausch zugeordnet werden könnten.
466Dies könnten etwa Störungen der Bewegungsabläufe sein (Motorisches Achsensyndrom) oder leichte Reizbarkeit (affektives Achsensyndrom) oder Personen- oder Situationsverkennung (hirnorganisches Achsensyndrom). All diese Merkmale seien aber im Fall des Angeklagten nicht ausreichend beschrieben. Vielmehr sei dieser unmittelbar nach der Tat durch die anwesenden Polizeibeamten ansprechbar gewesen, ohne dass solche Auffälligkeiten bemerkbar geworden seien. Damit sei eine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit auszuschließen. Auch eine Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten sei im Ergebnis nicht feststellbar. Diese sei zwar auch möglich, wenn sich keine Hinweise auf ein Achsensyndrom finden ließen. Voraussetzung sei aber insoweit, dass sich eine Veränderung der Persönlichkeit des Angeklagten oder seines Verhaltens durch den Alkohol manifestiert hätte. Der Alkohol müsste also wesentlich für die Tat gewesen sein. Auch dies sei hier jedoch nicht festzustellen gewesen. Vielmehr spräche gegen eine Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit, dass der Angeklagte unmittelbar vor der Tat im Taxi normal mit der Geschädigten kommuniziert habe und auch nach der Tat mit der Polizei kommunizieren gekonnte habe. Auch ergäben sich aus der Tatbeschreibung keine Hinweise hierauf.
467Auch die festgestellte BAK sei insoweit nicht entscheidend, da es hier eine hohe individuelle Streubreite der Verträglichkeit von Alkohol gäbe. Diese könnte lediglich als ein Indikator wirken. Aufgrund der fehlenden sonstigen Auffälligkeiten sei jedoch keine Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit festzustellen.
468Die Kammer schließt sich den Feststellungen des Sachverständigen ... in vollem Umfang aus eigener Überzeugung an. Der der Kammer aus einer Vielzahl von Verfahren als fachkundig und gewissenhaft bekannte Sachverständige hat nachvollziehbar und unter Darstellung der relevanten Anknüpfungstatsachen in Form der Feststellbarkeit von Achsensyndromen oder Persönlichkeits- oder Verhaltensänderungen dargelegt, weshalb im Falle des Angeklagten trotz des hohen BAK-Wertes nicht davon auszugehen ist, dass die Eingangskriterien des § 20 StGB oder § 21 StGB vorliegen. Einwände wurden auch nicht erhoben.
469IV.
470Nach dem festgestellten Sachverhalt hat sich der Angeklagte der Vergewaltigung nach § 177 Abs.1, Abs. 5 Nr. 1 u. Nr.2, Abs. 6 S. 2 Nr. 1 StGB schuldig gemacht.
471Der Angeklagte hat nach den getroffenen Feststellungen den Grundtatbestand des § 177 Abs. 1 StGB verwirklicht, da er gegen den Willen der Geschädigten ... zweimal vaginal und einmal oral mit dieser Geschlechtsverkehr hatte und deren gegenstehenden Willen auch erkannt hatte.
472Desweiteren hat der Angeklagte nach dem festgestellten Sachverhalt auch den Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB (Anwendung von Gewalt) erfüllt.
473Für eine Gewaltanwendung genügen alle eine gewisse – nicht notwendig erhebliche – körperliche Kraftentfaltung darstellenden Handlungen, die von der Person, gegen die sie gerichtet sind, als ein nicht nur seelischer, sondern auch körperlicher Zwang empfunden werden (vgl. BGH NStZ-RR 2006, 269). Der Angeklagte hat im Falle beider vaginaler Vergewaltigungshandlungen die Beine der Geschädigten auseinandergedrückt und auf diese Weise Gewalt angewandt. Hinsichtlich des oralen Verkehrs hat der Angeklagte der Geschädigten zudem mit einem empfindlichen Übel im Sinne des § 177 Abs.2 Nr.5 StGB gedroht, da er ihr für den Fall einer Weigerung Schläge angekündigt hat.
474Die Tat stellt sich nach ihrem Gesamtbild als eine tateinheitlich begangene Tat dar, da die sexuellen Handlungen hier aufgrund eines Tatentschlusses begangen wurden und ohne feststellbare Zäsur als ein fortlaufender Akt abgelaufen sind.
475Der Angeklagte ist für seine Tat auch – wie dargelegt – in vollem Umfang verantwortlich, weil sich in der Hauptverhandlung keine Hinweise auf eine verminderte Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB oder eine Schuldunfähigkeit im Sinne des § 20 StGB ergeben haben.
476Da er – wie sogleich unter V. ausgeführt wird – das Regelbeispiel für das Vorliegen eines besonders schweren Falles des § 177 Abs. 6 S. 2 Nr. 1 StGB n.F. verwirklicht hat, war er wegen Vergewaltigung zu verurteilen.
477V.
478Bei der Strafzumessung hat die Kammer den Strafrahmen des § 177 Abs. 6 S. 1 StGB – der eine Freiheitsstrafe von nicht unter zwei Jahren vorsieht - zugrundegelegt, weil der Angeklagte das Regelbeispiel des S. 2 Nr. 1 für die Annahme eines besonders schweren Falles erfüllt hat, indem er mit der Geschädigten zweimal den Beischlaf in Form des Vaginalverkehrs und den Oralverkehr vollzogen hat, wobei er im Rahmen des Vaginalverkehrs mit seinem Glied in die Scheide der Geschädigten eingedrungen ist und diese im Rahmen des Oralverkehrs sein Glied in den Mund nehmen musste. Auch bei einem Eindringen des männlichen Glieds in den Mund des Opfers ist nach der Rechtsprechung die insoweit für das Regelbeispiel erforderliche besondere Erniedrigung stets anzunehmen (BGH NJW 2000, 672; NStZ-RR 2009, 238).
479Die durch die Verwirklichung des Regelbeispiels eingetretene Indizwirkung für das Vorliegen eines besonders schweren Falles ist nicht entfallen.
480Zwar hat der Angeklagte – wie die Kammer zu seinen Gunsten annimmt - aus einem spontanen Tatentschluss heraus gehandelt und dies auch erst, als sich seine Hoffnungen auf einvernehmlichen Geschlechtsverkehr mit der Geschädigten, die mit Rücksicht auf das Vorverhalten der Geschädigten nachvollziehbar erscheinen, nicht erfüllt hatten. Zudem bewegte sich die von ihm angewendete Gewalt lediglich im unteren Bereich des zur Verwirklichung des Qualifikationstatbestands erforderlichen Maßes und die Geschädigte wurde dadurch auch körperlich nur leicht verletzt. Ebenso hat die Geschädigte die Tat gut verarbeitet und nach eigenen Angaben in eine Schublade gesteckt, so dass von keiner erheblichen Belastung der Geschädigten nach der Tat auszugehen ist. Dies auch vor dem Hintergrund, dass nicht festgestellt werden konnte, dass der Angeklagte eine Ejakulation hatte, mithin die Gefahr einer ungewollten Schwangerschaft und der damit verbundenen emotionalen Belastung für die Geschädigte also nicht bestand.
481Weiterhin war zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass bei ihm aufgrund des über Stunden andauernden Alkoholgenusses eine Enthemmung eingetreten war, wenn auch weder eine Verminderung der Einsichts- noch der Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB vorlag. Die Kammer verkennt ferner nicht, dass der Angeklagte als Erstverbüßer zudem besonders haftempfindlich ist. In diesem Zusammenhang waren auch die Auswirkungen der erlittenen Untersuchungshaft zu bedenken. Zwar stellt Untersuchungshaft als solche keinen strafmildernden Gesichtspunkt dar, die Auswirkungen der vollzogenen Haft auf den nicht hafterfahrenen Angeklagten waren aber dennoch in die Abwägung mit einzubeziehen.
482Zu seinen Lasten fällt dagegen ins Gewicht, dass er das Regelbeispiel des § 177 Abs. 6 S. 2 Nr. 1 StGB n.F. tateinheitlich gleich mehrfach verwirklicht hat, indem er mit der Geschädigten einmal den Oralverkehr und zweimal den Vaginalverkehr durchgeführt hat und dabei jeweils in sie eingedrungen ist. Auch hat der Angeklagte bei der Tat die erhebliche Alkoholisierung und damit verminderte Abwehrfähigkeit der Geschädigten ausgenutzt. Der Angeklagte ist zudem auch bereits wegen einer sexuelle motivierten Tat – wenn auch nicht von vergleichbarem Gewicht – vorbestraft. Daher konnte von der Feststellung eines besonders schweren Falls angesichts der gesetzlichen Regelwirkung nicht abgesehen werden.
483Ein minder schwerer Fall konnte nicht angenommen werden.
484Zwar ist die Annahme eines minder schweren Falles im Sinne des § 177 Abs. 9 StGB n.F. auch bei der Verwirklichung eines Regelbeispiels des Abs. 6 nicht völlig ausgeschlossen, aber doch auf seltene Ausnahmefälle beschränkt (BGH NStZ-RR 2009, 238; 2011, 142). Es muss sich indes insoweit um einen Fall handeln, der bei einer Gesamtwürdigung von Tat und Täter auch mit dem durchschnittlichen Erscheinungsbild und Unwertgehalt eines sexuellen Übergriffs bzw. einer Nötigung im Sinne der Abs. 1 und 2 nicht mehr vergleichbar ist. Diese Voraussetzungen sind nach den getroffenen Feststellungen und den obigen Ausführungen ersichtlich nicht erfüllt, so dass ein minder schwerer Fall nicht in Betracht kommt.
485Innerhalb des Strafrahmens des § 177 Abs. 6 S. 1 StGB n.F. hat die Kammer bei der konkreten Strafzumessung sämtliche Strafzumessungsgesichtspunkte nach Maßgabe des § 46 StGB abermals berücksichtigt und gegen den Angeklagten unter Würdigung seiner Persönlichkeit, von der sie in der Hauptverhandlung einen hinreichenden Eindruck hat gewinnen können, auf eine Freiheitsstrafe von
4864 Jahren
487erkannt. Diese entspricht dem Schuld- und Unrechtsgehalt der inkriminierten Tat und erscheint erforderlich, aber auch ausreichend, um ihm das Unrecht seines Tuns nachhaltig zu verdeutlichen, ihn eindringlich zu warnen und von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten.
488VI.
489Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO. Die Entscheidung über die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin auf § 472 Abs. 1 S.1 StPO.
490... ...