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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei.
Kosten werden nicht erstattet.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
I.
2Die Gläubigerin erteilte, vertreten durch ihre Verfahrensbevollmächtigten, am 4. April 2024 einen Zwangsvollstreckungsauftrag, der u. a. die Abnahme der Vermögensauskunft umfasste. Der Vollstreckungsauftrag ging bei dem Beschwerdegegner am 10. April 2024 auf dem elektronischen Weg ein. Im Anschluss an das durchzuführende Pfändungsverfahren stellte der Gerichtsvollzieher die Zahlungsaufforderung zusammen mit der Terminsladung und einer Abschrift des Vollstreckungsauftrages nebst Forderungsaufstellung am 7. Mai 2024 persönlich durch Einlegung in den Briefkasten an den Schuldner zu.
3Die Kostenrechnung des Gerichtsvollziehers vom 6. Juni 2024 enthält u. a. eine Dokumentenpauschale gemäß Nr. 700 KV GvKostG in Höhe von 5,50 € für die Fertigung einer Abschrift des Vollstreckungsauftrages nebst Forderungsaufstellung.
4Gegen diese Kostenrechnung legte die Bezirksrevisorin am 11. November 2024 Erinnerung ein. Sie ist der Auffassung, dass die Dokumentenpauschale zu Unrecht in Ansatz gebracht worden sei. Es seien weder die Voraussetzungen der Nr. 700 Ziffer 1 a), noch der Nummer 700 Ziffer 1 b) KV GvKostG gegeben. Nach Nr. 700 Ziffer 1 a) KV GvKostG entstehe die Pauschale für die Fertigung einer Abschrift, die auf Antrag angefertigt wurde. Nr. 700 Ziffer 1 b) KV GvKostG finde dann Anwendung, wenn die Fertigung einer Abschrift erfolgt sei, weil der Auftraggeber es unterlassen habe, die erforderliche Anzahl von Mehrfertigungen beizufügen.
5Eine Fertigung einer Abschrift auf Antrag liege nicht vor, denn die Kopie des Vollstreckungsauftrages nebst Forderungsaufstellung sei der Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 136 Abs. 1 Satz 1 GvGA beizufügen. Die Fertigung dieser Kopien erfolge also unabhängig von einem Antrag des Gläubigers.
6Da die Gläubigerin den Auftrag elektronisch übermittelt habe und es der Beifügung von Mehrfertigungen gemäß § 133 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht bedurft habe, habe sie es auch nicht unterlassen, die erforderliche Anzahl von Mehrfertigungen beizufügen. Auch der Tatbestand der Nr. 700 Ziffer 1 b) KV GvKostG sei somit nicht erfüllt.
7So habe das OLG Hamm in seinem Beschluss vom 22. August 2023 (25 W 192/23) entschieden, dass grundsätzlich dann keine Dokumentenpauschale gemäß Nr. 700 Ziffer 1 b) KV GvKostG zu erheben sei, wenn der Gläubiger dem Gerichtsvollzieher das als Schriftstück zuzustellende Dokument gemäß § 193 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO als elektronisches Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg übermittelt habe. Diese Erwägungen seien auch im hiesigen Fall zu berücksichtigen.
8Der Gerichtsvollzieher hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Kopien des Vollstreckungsauftrages und der Forderungsaufstellung würden nicht von Amts wegen, sondern auf Antrag des jeweiligen Gläubigers angefertigt, wodurch das Entstehen der Dokumentenpauschale ausgelöst werde. Gemäß § 802 f Abs. 6 ZPO sei der Gerichtsvollzieher verpflichtet, Zahlungsaufforderungen, Ladungen, Bestimmungen (zu den erteilten Aufträgen, Zahlungsreihenfolge usw.) und Belehrungen nach den Absätzen 1 bis 3 an den Schuldner zuzustellen. § 136 Abs. 1 Satz 1 GvGA erläutere dabei, dass die Zustellung der vom Gläubiger gewünschten Bestimmungen durch Beifügung einer Abschrift des Vollstreckungsauftrages nebst Forderungsaufstellung erfolge. Wenn der Gläubiger die Abnahme der Vermögensauskunft gemäß § 802 f ZPO beantrage, so beantrage er damit auch die gesetzlich vorgeschriebenen Zustellungen gemäß § 802 f Abs. 6 ZPO. Für diese Zustellung sei logischerweise die Anfertigung der Abschriften des Vollstreckungsauftrages erforderlich, da dieser elektronisch übermittelt worden sei. Es sei anerkannt, dass die bei einer Ladung eines Schuldners zur Abgabe der Vermögensauskunft erforderlichen Zustellungen auf Betreiben der Partei erfolgten. Somit liege auch ein entsprechender Antrag des jeweiligen Gläubigers vor.
9Zudem habe ein Gläubiger im Wege der Parteizustellung nach §§ 192, 193 Abs. 1 ZPO die hierfür erforderlichen Abschriften mit Antragstellung beizufügen. Wenn die Beauftragung elektronisch erfolge, so könne der Gerichtsvollzieher die erforderlichen Abschriften nach § 193 Abs. 1 S. 2 ZPO selbst herstellen. Somit liege bei elektronischer Auftragseinreichung ein Unterlassen im Sinne der Nr. 700 Ziffer 1 b) KV GvKostG vor, weil es an einer Kopie bzw. eines Ausdrucks des Vollstreckungsauftrages nebst Forderungsaufstellung fehle. Dass hier kein schuldhaftes Unterlassen vorliege, mache keinen Unterschied. Entscheidend sei, dass die Ladung nebst Vollstreckungsauftrag in Papierform an den Schuldner zuzustellen sei und insoweit eine Abschrift des Vollstreckungsauftrages erforderlich gewesen sei.
10Der Ansatz der Dokumentenpauschale sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil Antragstellende nach § 133 Abs. 1 Satz 2 ZPO bei elektronischer Einreichung des Antrages nicht zur Beifügung der für die Zustellung erforderlichen Mehrfertigungen verpflichtet seien. Diese Vorschrift gelte nicht unmittelbar, weil § 753 Abs. 4 ZPO nur auf § 130 a ZPO, nicht jedoch auf § 133 ZPO verweise. Eine planwidrige Regelungslücke liege nicht vor.
11Eine unverhältnismäßige Belastung des Gläubigers durch Auferlegung der Dokumentenpauschale sei nicht ersichtlich, weil es sich bei diesen Kosten um einen geringfügigen Betrag handele.
12Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht die Erinnerung zurückgewiesen.
13Hiergegen hat die Bezirksrevisorin unter dem 9. Januar 2025 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sie auf ihr bisheriges Vorbringen verwiesen.
14Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 9. Januar 2025 nicht abgeholfen und sie nebst Sachakten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
15II.
16Die Beschwerde ist gemäß § 5 Abs. 2 GvKostG in Verbindung mit § 66 Abs. 2 S. 2 GKG zulässig, weil das Amtsgericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat.
17Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet, denn der Gerichtsvollzieher hat die streitgegenständliche Dokumentenpauschale zu Recht angesetzt.
18Nach Nr. 700 Ziffer 1 a) KV GvKostG ist der Gerichtsvollzieher berechtigt für Kopien, die auf Antrag gefertigt oder per Telefax übermittelt werden, die angegebene Pauschale zu berechnen. Gleiches gilt gemäß Nr. 700 Ziffer 1 b) KV GvKostG für Kopien, die angefertigt werden, weil der Auftraggeber es unterlassen hat, die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen beizufügen.
19Beide Tatbestandsalternativen sind nach Auffassung der Kammer erfüllt.
201.Nach Auffassung der Kammer hat der Gerichtsvollzieher die hier streitgegenständlichen Kopien des Vollstreckungsauftrages und der Forderungsaufstellung auf Antrag der Gläubigerin gefertigt.
21gemäß § 802 f Abs. 6 Satz 1 ZPO sind dem Schuldner Zahlungsaufforderungen, Ladungen, Bestimmungen und Belehrungen nach den Absätzen 1 bis 5 der Vorschrift zuzustellen. Bei dieser Zustellung handelt es sich um eine Zustellung im Parteibetrieb und nicht um eine Zustellung von Amts wegen (vgl. nur BGH, Beschluss vom 30. November 2017, I ZB 5/17 Rdnr. 6; OLG Celle, Beschluss vom 17. November 2023, 2 W 141/23; OLG Stuttgart, Beschluss vom 23. Februar 2015, 8 W 78/15 = NJW 2015, 2513).
22Somit erfolgt auch die Anfertigung von Kopien, die für die Zustellung notwendig sind, auf Antrag des Gläubigers, der den jeweiligen Gerichtsvollzieher mit der Abnahme der Vermögensauskunft beauftragt hat. Der Antrag auf Zustellung und Anfertigung der Kopien muss insoweit nicht ausdrücklich gestellt werden, ist aber eindeutig mit dem geäußerten Begehren zur Abnahme der Vermögensauskunft verbunden, denn dieser Auftrag kann nur durchgeführt werden, wenn die oben genannten Zustellungen erfolgen. Ohne die Fertigung der hier streitgegenständlichen Kopien wäre die Zustellung der genannten Dokumente bei Personen, bei denen eine elektronische Zustellung ausscheidet, nicht möglich. Somit ist der Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft dahin auszulegen, dass er auch die Zustellung des Vollstreckungsauftrages und der Forderungsaufstellung sowie die Anfertigung der Kopien bzw. Ausdrucke dieser Dokumente umfasst.
23Diese Kopien werden nach Auffassung der Kammer durch den Gerichtsvollzieher daher nicht von Amts wegen angefertigt (anders aber OLG Hamm, Beschluss vom 23. August 2023, 25 W 192/23). Diese Kopien werden nämlich, wie oben ausgeführt, letztlich auf Antrag des Gläubigers angefertigt, der die Abnahme der Vermögensauskunft begehrt und die hierfür erforderlichen Zustellungen bewirkt wissen will (vgl. zum Ganzen auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2024, 10 W 100/23). Es mag zwar sein, dass sich der jeweilige Gläubiger der Erstattungspflicht für die Anfertigungen der Kopien nicht entziehen kann, weil er nach § 753 Abs. 5 in Verbindung mit 130 d ZPO zur elektronischen Einreichung des Vollstreckungsauftrages verpflichtet ist. Das kann jedoch nicht dazu führen, dass die Anfertigung der Kopien durch den Gerichtsvollzieher als Anfertigung von Amts wegen anzusehen ist (so aber wohl LG Krefeld, Beschluss vom 19. Juni 2024, 7 T 70/24).
242.
25Die Kopien wurden hier auch angefertigt, weil der Gläubiger es unterlassen hat, die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen beizufügen. Wenn ein Vollstreckungsauftrag mit Antrag zur Abnahme der Vermögensauskunft elektronisch eingereicht wird, so sind, wie oben ausgeführt, die an den Schuldner zuzustellenden Schriftstücke in Papierform erforderlich, weil eine Zustellung auf anderem Weg nicht möglich ist. Somit fehlten in diesem Sinne die erforderlichen Abschriften. Dabei bezieht sich der Begriff der Erforderlichkeit darauf, ob diese zum Zwecke der ordnungsgemäßen Zustellung benötigt werden und nicht darauf, ob der Gläubiger eine Einreichungspflicht verletzt hat oder nicht.
26Der Ansatz der Dokumentenpauschale ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil nach § 133 Abs. 1 Satz 2 ZPO Antragstellende bei elektronischer Einreichung des Antrages nicht zur Beifügung der für die Zustellung erforderlichen Mehrfertigung verpflichtet sind. § 133 ZPO gilt nicht unmittelbar, weil § 753 Abs. 4 ZPO nur auf § 130 a ZPO, nicht jedoch auf § 133 ZPO verweist.
27Eine analoge Anwendung des § 133 ZPO kommt nicht in Betracht, weil eine planwidrige Regelungslücke nicht ersichtlich ist. Der Gesetzgeber hat nämlich zum Ausdruck gebracht, dass im allgemeinen Zivilprozess bei elektronisch eingereichten Schriftstücken der Auslagentatbestand der Nr. 9000 KV GKG nicht erfüllt sein soll. Somit ist aber davon auszugehen, dass er bewusst keine entsprechende Regelung für die bei Gerichtsvollziehern anfallenden Dokumentenpauschalen getroffen hat. Es ist auch kein zwingender Grund dafür ersichtlich, dass es in dieser Hinsicht einen Gleichlauf zwischen dem elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten einerseits und den Gerichtsvollziehern andererseits geben müsste (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, a. a. O.).
28Die Kammer schließt auf diesen willen des Gesetzgebers auch deshalb, weil der beabsichtigte Absatz 5 der Nr. 700 KV GvKostG „eine Dokumentenpauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten zum Zweck der Zustellung wird nicht erhoben, wenn das zuzustellende Dokument dem Gerichtsvollzieher als elektronisches Dokument übermittelt wurde.“ letztlich nicht eingefügt worden ist bzw. nicht eingefügt werden soll.
29Die Kammer hält das gefundene Ergebnis auch für sachgerecht, da andernfalls erhebliche Kosten auf die jeweiligen Gerichtsvollzieher zukämen, während diese Kosten für die jeweiligen Gläubiger einen verhältnismäßig geringen Aufwand darstellen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Kosten für durch Gerichte gefertigte Kopien, letztlich von der öffentlichen Hand getragen werden, während der jeweilige Gerichtsvollzieher sie aus seinem Privatvermögen tragen müsste, da er sein Büro auf eigene Kosten unterhält. Der Gerichtsvollzieher darf insofern nicht anders behandelt werden, als ein Rechtsanwalt, welchem Kosten für die gefertigten Kopien vergütet werden können.
30Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
31III.
32Die Kostenentscheidung folgt aus § 5 Abs. 2 GvKostG in Verbindung mit § 66 Abs. 8 GKG.
33Die weitere Beschwerde war gemäß § 5 Abs. 2 GvKostG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 GKG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen.
34Rechtsbehelfsbelehrung:
35Gegen diesen Beschluss findet die weitere Beschwerde statt. Zuständiges Beschwerdegericht ist das Oberlandesgericht Hamm, Heßlerstraße 53, 59065 Hamm. Die weitere Beschwerde ist an keine Frist gebunden. Die weitere Beschwerde ist schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Landgericht Münster einzulegen. Die weitere Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.
36Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.