Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Es steht der Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung auf den Strafausspruch nicht entgegen, wenn zuvor, jedoch nach dem amtsgerichtlichen Schuldspruch, das Verfahren gemäß § 154a StPO beschränkt worden ist.
Auf die Berufung des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Tecklenburg vom 06.10.2023 abgeändert und wie folgt neugefasst:
Der Angeklagte ist schuldig des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlichem Gebrauch eines Fahrzeugs ohne Versicherungsschutz und in Tateinheit mit Kennzeichenmissbrauch.
Er wird unter Einbeziehung der durch das Urteil des Landgerichts Münster vom 01.10.2024 (Aktenzeichen 21 KLs 2/23, Staatsanwaltschaft Münster 270 Js 1060/21) verhängten Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt.
Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
Die Straßenverkehrsbehörde wird angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von 6 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Angewendete Vorschriften: §§ 21 Abs. 1 Nr. 1, 22 Abs. 1 Nr. 1 StVG; § 6 Abs. 1 PflVG a.F.; §§ 52 Abs. 1; 55 Abs. 1; 56 Abs. 1; 69a StGB
Gründe
2(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
Am 04.05.2023 ist gegen den Angeklagten Anklage erhoben werden wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, vorsätzlichen Gebrauchens eines Fahrzeugs ohne Versicherungsschutz, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Urkundenfälschung, sämtlich begangen in Tateinheit. In der daraufhin nach Zulassung am 06.10.2023 durchgeführten erstinstanzlichen Hauptverhandlung hat das Amtsgericht den Angeklagten durch das angefochtene Urteil wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, mit vorsätzlichem Fahren ohne Versicherungsschutz und mit Kennzeichenmissbrauch zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt und eine (isolierte) Sperrfrist für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis von sechs Monaten festgesetzt. Hiergegen hat der Angeklagte form- und fristgerecht ein unbenanntes Rechtsmittel eingelegt, welches mangels Begründung als Berufung auszulegen war. In der Berufungshauptverhandlung hat das Gericht das Verfahren vor dem Hintergrund des zwischenzeitlichen in Kraft getretenen KCanG, soweit das Amtsgericht eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln angenommen hatte, gemäß § 154a StPO mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf die übrigen Teile der Tat beschränkt. Hiernach hat der Angeklagte seine Berufung auf den Strafausspruch beschränkt. Die Berufung war in vollem Umfang erfolgreich.
4Dem Urteil lag keine Verständigung zugrunde.
Durch die wirksame Beschränkung der Berufung auf den Strafausspruch ist der in dem amtsgerichtlichen Urteil enthaltene Schuldspruch – soweit keine Verfahrensbeschränkung erfolgt ist, d.h. mit Ausnahme des Schuldspruchs wegen „unerlaubten“ Besitzes von Betäubungsmitteln – in Rechtskraft erwachsen, so dass er wie auch die zugehörigen Feststellungen zur Tat der Überprüfung durch die Kammer entzogen waren.
6Grundsätzlich gebietet es die dem Rechtsmittelberechtigten in § 318 S. 1 StPO eingeräumte Verfügungsmacht über den Umfang der Anfechtung, den in den Rechtsmittelerklärungen zum Ausdruck kommenden Gestaltungswillen im Rahmen des rechtlich Möglichen zu respektieren. Bilden die tatrichterlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils eine (noch) hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung und ist dem Rechtsmittelgericht die Möglichkeit eröffnet, den angefochtenen Teil des Urteils losgelöst vom nicht angegriffenen Teil der Entscheidung nach dem inneren Zusammenhang rechtlich und tatsächlich zu beurteilen, ohne eine Prüfung des übrigen Urteilsinhaltes notwendig zu machen, ist die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam (Trennbarkeitsformel). Unwirksam ist eine Beschränkung nur, wenn eine Beurteilung der angegriffenen Punkte nicht möglich ist, ohne dass dadurch die nicht angefochtenen Teile beeinflusst werden, weil sonst widersprüchliche Entscheidungen getroffen werden könnten (vgl. BGH, Beschluss vom 21.10.1980 - 1 StR 262/80 - juris; OLG Hamm, Urt. v. 21.10.2014 - III-1 RVs 82/14 - juris m.w.N.; OLG Hamburg, Beschluss vom 15. 09.2004 - II-72/04 - juris m.w.N.).
7Nach diesem Maßstab bestehen keine Zweifel an der Wirksamkeit der Beschränkung. Der angefochtene Teil des Urteils, der Strafausspruch, kann hier losgelöst von dem nicht angegriffenen Teil der Entscheidung beurteilt werden, ohne eine Prüfung des übrigens Urteilsinhalts notwendig zu machen.
8Der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung steht auch nicht der Umstand entgegen, dass das Verfahren zuvor, aber nach dem amtsgerichtlichen Schuldspruch, gemäß § 154a StPO beschränkt worden war. Zwar ist allgemein anerkannt, dass bei einer Tat, die mit einer anderen in Tateinheit steht, die Beschränkung der Berufung auf einen oder mehrere rechtliche Gesichtspunkte unzulässig ist, weil die Schuldfrage in einem solchen Fall nur einheitlich beurteilt werden kann (OLG Hamm Beschl. v. 12.11.2007 – 2 Ss 360/07, BeckRS 2008, 3529, beck-online). Eine Beschränkung der Berufung auf einen oder mehrere rechtliche Gesichtspunkte innerhalb tateinheitlicher Taten ist hier jedoch nicht erfolgt. Ebenso wenig ist hier nach Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen und damit nach Rechtskraft des amtsgerichtlichen Schuldspruchs eine Verfahrensbeschränkung nach § 154a StPO erfolgt. Auch ein solches Vorgehen begegnet rechtlichen Bedenken, da es dann zu einem Eingriff in den bindend gewordenen Teil der Entscheidung käme (vgl. OLG Köln Beschl. v. 27.12.2005 – 83 Ss 72/05, BeckRS 2006, 868, beck-online). Unproblematisch ist es demgegenüber, wenn – wie hier – zunächst eine Verfahrensbeschränkung gemäß § 154a StPO erfolgt und sodann die Berufung auf das Strafmaß beschränkt wird. In einem solchen Fall ist die Verurteilung des ausgeschiedenen Verfahrensteils ohne sachliche Prüfung zu beseitigen und das Berufungsgericht ist nicht genötigt, sich mit dem übrigen Teil des Schuldspruchs zu befassen (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Urteil vom 4. Dezember 1968 – RReg 1a St 305/68 –, juris).
9Die Kammer hat den (verbleibenden) Schuldspruch unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Erfordernisse des § 260 Abs. 4 S. 1 und S. 2 StPO angepasst (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 2024 – 4 StR 115/24 –, Rn. 15, juris zu § 6 PflVG).
Der Angeklagte wuchs bei seinen Eltern auf. Er hat vier (jüngere) Geschwister. Nach der Grundschule besuchte er die Realschule. Hier erwarb er einen Realschulabschluss. Im Anschluss begann er eine Ausbildung zum Automobilkaufmann, die er im dritten Lehrjahr abbrach. Er arbeitete dann kurz in einer Leiharbeitsfirma, bevor er 2018 eine Ausbildung zum Metallbauer begann. Im Zusammenhang mit dem Verlust seiner Fahrerlaubnis brach er diese Ausbildung 2019 ab und arbeitet seitdem als ungelernter Arbeiter. In seinem derzeitigen Unternehmen ist er seit etwa zwei Jahren tätig und dort mit Arbeiten an und der Erstellung von Wintergärten, Markisen und Haustüren befasst. Um genügend Zeit für andere Aktivitäten (wie Angeln) zu haben, arbeitet er in Teilzeit, und zwar monatlich 90 Stunden, und erzielt hiermit ein Einkommen von 1.300 EUR. Da er noch bei seinen Eltern wohnt, muss er keine Miete zahlen, sondern unterstützt den Familienhaushalt lediglich von Zeit zu Zeit durch Einkäufe. Er hat Schulden in Höhe von ca. 10.000 EUR, resultierend etwa aus noch abzuleistenden Geldstrafen und Handyverträgen. Diesbezüglich hat er bereits Kontakt mit der Schuldnerberatungsstelle aufgenommen. Der Angeklagte ist ledig und hat keine Kinder. Alkohol konsumiert er selten, Cannabis allerdings regelmäßig, hiervon ca. 2 Gramm pro Woche. Die in früheren Jahren konsumierten Mengen war deutlich höher, so dass es hier mittlerweile zu einer Reduzierung des Cannabiskonsums gekommen ist.
11Der Angeklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
12Am 09.05.2018 ahndete das Amtsgericht BV. einen vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr durch Herbeiführung eines Unglücksfalls mit einer richterlichen Weisung und einer Geldauflage und setzte eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis von drei Monaten fest.
13Am 17.06.2020 verurteilte das Amtsgericht G. den Angeklagten wegen Betrugs zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20 EUR und ordnete die Einziehung von Taterträgen an.
14Am 31.12.2020 verurteilte das Amtsgericht G. den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 30 EUR.
15Am 01.10.2024 verurteilte das Landgericht Münster. (21 KLs 2/23; 270 Js 1060/21) den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Cannabis zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, deren Vollstreckung für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Tat war am 21.09.2021 begangen worden. Das Urteil ist seit dem 09.10.2024 rechtskräftig. In dem Urteil wurden zur Tat folgende Feststellungen getroffen:
16„Der Zeuge und gesondert verfolgte B. hatte zu früheren Zeitpunkten zu mehreren Gelegenheiten vom Angeklagten M. U. jeweils wenige Gramm Marihuana erworben. Zu den verabredeten Treffen war M. U. stets alleine erschienen. Am 20.09.2021 schrieb der Zeuge B. den Angeklagten M. U. über die Kommunikationsplattform Instagram an, ob der Angeklagte ihm 50 g Marihuana verkaufe. Beide traten über Instagram in Kaufverhandlungen ein und einigten sich schließlich auf eine Menge von 100 g Marihuana zu 700 Euro. Da M. U. diese Menge nicht vorrätig hatte, fragte er seinen Bruder, den Angeklagten Q., ob dieser aus dessen Vorrat die fehlende Menge beisteuern könne. Q., der seinerseits erkannte, dass er auf diese Weise daran mitwirkte, das von ihm vorrätig gehaltene Marihuana und das seines Bruders in den Verkehr einzubringen und auch erkannte, dass die Gesamtmenge des zu veräußernden Cannabis eine Menge von THC von 7,5 g überschreitet, erklärte sich dazu bereit und beide wogen gemeinsam 100 g Marihuanablüten ab, die sie anschließend in einen durchsichtigen Plastikbeutel verbrachten. Es konnte nicht festgestellt werden, wer zu der Gesamtmenge wieviel Marihuana beitrug. Die abgewogene Menge hatte einen Wirkstoffgehalt an THC von mindestens 14g. Beiden Angeklagten erschien an dem mit dem Zeugen B. verabredeten Geschäft bemerkenswert, dass der Zeuge B. diesmal eine erheblich größere Menge Marihuana vom Angeklagten M. U. kaufen wollte als bei seinen Anfragen zuvor, und die Angeklagten zogen auch in Zweifel, ob der Zeuge B. über die nötigen Barmittel zum Erwerb der Marihuanablüten verfügte, da Q. von einem seiner Kontakte erfahren hatte, dass der Zeuge B. seinerseits mehrere 100 Euro Schulden haben sollte. Der Angeklagte M. U. entschloss sich daraufhin, die Übergabe der Betäubungsmittel nicht alleine vorzunehmen, sondern sich insoweit von seinem Bruder SI. begleiten zu lassen. Er fragte seinen Bruder SI., ob dieser ihn am 21.09.2021 gegen Abend zur Übergabe des Marihuanas begleiten wolle, was dieser bejahte. Für den gleichen Abend hatten sich beide mit der gemeinsam Freundin, der gesondert Verfolgten L. P. verabredet, um miteinander Zeit zu verbringen und um unter anderen auch gemeinsam einen Joint zu rauchen. Am Nachmittag rauchten SI. und M. U. bereits jeweils einen Joint, fühlten sich dadurch aber in keiner Weise beeinträchtigt und waren es auch nicht. Am 21.09.2021 gegen Abend, aber jedenfalls deutlich vor 20 Uhr, gingen beide in Begleitung der L. P. zum Pkw des Angeklagten Q., einem alten Opel Corsa mit vier Türen, den dieser in der Nähe der Wohnanschrift der beiden Angeklagten abgestellt hatte und stiegen in dieses Fahrzeug ein. Das Fahrzeug war nicht zum Straßenverkehr zugelassen, wurde aber von den Angeklagten regelmäßig zu Fahrten, auch zu Angelausflügen, verwendet. Im Kofferraum des Fahrzeugs befanden sich mehrere entstempelte Kennzeichenpaare, die der Angeklagte Q. von durch ihn angekauften Fahrzeugen zurückbehalten hatte. Diese brachte der Angeklagte Q. am Opel Corsa an, wenn er diesen im Straßenverkehr bewegte oder bewegen ließ. M. U. nahm am 21.09.2021 auf dem Fahrersitz Platz, Q. auf dem Beifahrersitz und die gesondert verfolgte L. P. auf dem rückwärtigen Platz hinter dem Fahrer. Der Plastikbeutel mit dem Marihuana wurde im Handschuhfach des Corsas abgelegt. Als Treffpunkt für die Übergabe der Marihuanablüten an den Zeugen B. war die Hauptschule in G. vorgesehen.
17Bei der Hauptschule in G. handelt es sich um einen größeren Gebäudekomplex, an dessen Stirnseite zur Straße D.-straße sich eine Haltebucht nebst Bushaltestelle befindet. An der Bushaltestelle befindet sich, von der Fahrbahn durch den Gehsteig getrennt, ein überdachtes und nach drei Seiten umschlossenes größeres Wartehäuschen. Links neben dem Gebäude der Hauptschule befindet sich eine abschüssige Zufahrt mit Parkplätzen, an die sich in der Folge ein überdachter und verwinkelter Bereich anschließt, in dem sich Sitzbänke und auch Tischtennisplatten befinden. Das Gebäude der Hauptschule lässt sich dann weiter im Uhrzeigersinn zu Fuß umrunden bis man auf der gegenüber liegenden Seite auf den Lehrerparkplatz gelangt, der sich auf der anderen Gebäudeseite in dem von der Straße aus gesehen hinteren Bereich des Gebäudekomplexes der Hauptschule erstreckt und seinerseits über eine eigene, parallel zum Gebäudekomplex geführte Zufahrt mit der Straße D.-straße verbunden ist.
18M. U. fuhr zwischen 19 und 20 Uhr das Fahrzeug in Richtung der Hauptschule, wobei nicht festgestellt werden konnte, ob L. P. zu diesem Zeitpunkt über das Vorhaben, sogleich ein Betäubungsmittelgeschäft abzuwickeln, informiert war. Im Fahrzeug befand sich in der Mittelkonsole zwischen Fahrer- und Beifahrersitz, offen ausliegend ein rot-schwarzes Klappmesser mit einer Klingenlänge von 8,5 bis 9 cm, einseitig geschliffen, welches nach Lösen eines Hebels bei entsprechender Geschicklichkeit unter Verwendung einer Hand, unschwer aber unter Verwendung von zwei Händen aufgeklappt werden konnte und welches im Eigentum des Q. stand. Er verwendete dieses Messer regelmäßig, wenn er seinem Hobby zu angeln nachging, und dieses Messer war Bestandteil seiner Angelausrüstung. Beide Angeklagten waren Tage zuvor gemeinsam angeln gewesen. Beim Angeln trug der Angeklagte Q. das vorbeschriebene Messer üblicherweise an seinem Hosengürtel. Er hatte es nach Beendigung des letzten Angelausflugs, wie auch der Angeklagte M. U. wusste, in dem Opel Corsa in der Mittelkonsole abgelegt. Zunächst hielt M. U. das Fahrzeug noch auf einem in der Nähe der Hauptschule belegenen Parkplatz an. Spätestens hier entfernte einer aus der Gruppe der Insassen die am Opel Corsa angebrachten entstempelten Kennzeichen. M. U. kommunizierte zudem dort mit dem Zeugen B.. Dieser schlug vor, sich an der Hauptschule in der Nähe der Tischtennisplatte zu treffen.
19B., der selbst über keinerlei Bargeldbestände verfügte, hatte von Anfang an vor, das bestellte Marihuana an sich zu bringen, ohne es zu bezahlen, zog insoweit auch eine körperliche Auseinandersetzung in Betracht und hatte in diesen Plan auch die gesondert Verfolgten I. und W. eingeweiht, die ihn bei diesem Vorhaben unterstützen sollten. Wer dabei welche Rolle übernehmen sollte, ließ sich nicht feststellen. B. schlug dem M. U. als Übergabeort für das Marihuana den Bereich der Tischtennisplatten an der Hauptschule vor. Er versprach sich davon, die örtlichen Gegebenheiten dort – neben der baulichen Verwinkelung gab es dort einige Büsche, hinter denen sich eine Person verbergen konnte – wegen deren Unübersichtlichkeit für seinen Plan, das Marihuana unbezahlt an sich zu bringen, nutzen zu können. Die Angeklagten U. hatten bei dem beabsichtigten Geschäft angesichts der von B. angefragten Menge und der vernommenen Gerüchte über dessen Schulden weiterhin noch ein komisches Gefühl und wollten sich deshalb nicht an den ihnen zumindest grob bekannten Örtlichkeiten bei den Tischtennisplatten der Hauptschule treffen. M. U. lehnte daher den Vorschlag des B. ab, sich dort zu treffen, führte den Opel Corsa vielmehr zur Stirnseite der Hauptschule an der Adresse D.-straße, hielt in der dortigen Haltebucht der Bushaltestelle und forderte B. über sein Smartphone auf, zur Bushaltestelle der Hauptschule zu kommen. B., der in Begleitung des Nebenklägers, des Zeugen I. sowie der Zeugen K. und V. vom örtlichen Supermarkt „O.“ zu Fuß zur Hauptschule gelaufen war, wartete mit seinen Begleitern im Bereich der Tischtennisplatten, als die Angeklagten mit dem Fahrzeug an der Hauptschule eintrafen. B. und der Nebenkläger begaben sich daraufhin zur Bushaltestelle, der Zeuge I. folgte ihnen mit etwas Abstand. B. führte dabei eine Gehhilfe mit. B. näherte sich dem in der Haltebucht parkenden Fahrzeug der Angeklagten und stieg hinten rechts in das Fahrzeug ein, während der Nebenkläger zwischen dem Fahrzeug und dem Wartehäuschen der Bushaltestelle auf dem Bürgersteig stehen blieb. Wo sich der Zeuge I. zu diesem Zeitpunkt befand, und ob er für die Angeklagten erkennbar war, konnte nicht festgestellt werden. Der Angeklagte Q., der weiter auf dem Beifahrersitz saß, entnahm den Plastikbeutel mit den auf 100g abgewogenen Marihuanablüten dem Handschuhfach des Corsas und reichte ihn dem Zeugen B.. B. leuchtete in den Beutel hinein und prüfte die Ware. Während er dies tat, kurbelte er das Fahrzeugfenster zur Bushaltestelle herunter und warf dann mit einer schnellen Bewegung den Beutel mit dem Marihuana dem wartenden Nebenkläger zu, um dann anschließend selbst zügig aus dem Opel Corsa auszusteigen. Die übrigen Fahrzeuginsassen waren hiervon überrascht. Die beiden Angeklagten rechneten aber immer noch damit, die vereinbarte Bezahlung von B. oder seinen Begleitern zu erhalten. Sie stiegen ihrerseits beide aus dem Fahrzeug aus. Der Angeklagte M. U. nahm dabei angesichts des für ihn unerwarteten Verlaufs das vorbeschriebene, offen ausliegende Messer des Angeklagten Q. aus der Mittelkonsole an sich, wohl wissend dass dieses Messer nach dem Aufklappen durch seine stehende, wenigstens 8,5 cm lange Klinge geeignet war, Personen erheblich zu verletzen und einkalkulierend, dass er dieses Messer sogleich als Drohmittel oder auch unter einer Verwendung als Stichwaffe einsetzen könnte, um letztlich die Bezahlung des vereinbarten Kaufpreises für die Marihuanablüten in Höhe von 700 Euro zu erreichen. Es konnte nicht festgestellt werden, ob der Angeklagte Q. zu diesem Zeitpunkt bemerkte, dass der Angeklagte M. U. das Messer ergriff und mit aus dem Fahrzeug nahm. Draußen vor dem Fahrzeug auf dem Gehsteig vor dem Wartehäuschen der Bushaltestelle forderte M. U. B. und den Nebenkläger auf, den vereinbarten Kaufpreis für das Marihuana, was sich zu diesem Zeitpunkt weiter in den Händen des Nebenklägers befand, zu entrichten. Das Messer hielt er dabei noch verborgen. Der Nebenkläger, der eine Bauchtasche mit sich führte, begann sich an dieser zu schaffen zu machen, weshalb die beiden Angeklagten davon ausgingen, der Nebenkläger würde aus dieser das Geld hervorholen und ihnen übergeben. B. nutzte den Moment, in dem beide Angeklagten weiter auf die Bezahlung der Marihuanablüten warteten, und versetzte dem davon überraschten Angeklagten Q. einen massiven Faustschlag ins Gesicht, wodurch dieser ins Taumeln geriet und benommen zu Boden ging. Sogleich begann B. mit der mitgeführten Gehilfe, auf den am Boden liegenden Q., der aber nicht bewusstlos war, einzuschlagen. Zeitgleich kam es zwischen den Nebenkläger und dem Angeklagten M. U. zu einer Schlägerei, wobei nicht festgestellt werden konnte, wer von beiden den ersten Schlag führte oder von wem die erste Handlung ausging. Auch der Zeuge I. war spätestens jetzt zu dem Geschehen an der Bushaltestelle hinzugeeilt und beteiligte sich an wechselseitigen Schlägen, ohne das festgestellt werden konnte, in welcher Art und gegen wen er Schläge führte oder auch einsteckte. Auch L. P. verließ das Fahrzeug, im dem sie sich weiter bis zum Beginn der Schlägerei befunden hatte, und versuchte einem der gesondert Verfolgten den Beutel mit dem Marihuana zu entreißen, wodurch dieser Beutel zerriss und sich Teile des Marihuanas im Bereich der Bushaltestelle, der dortigen Vegetation und dem sich daran anschließenden Bereich verteilten. Die körperliche Auseinandersetzung verlagerte sich ins Wartehäuschen der Bushaltestelle und über den Gehweg in Richtung der linksseitigen, abschüssigen Zufahrt, ohne dass festgestellt werden konnte, welche Handlungen sich an welcher Stelle ereigneten. Durch die Schläge mit der Gehhilfe hatte Q. wenigstens eine blutende Verletzung erlitten. Es gelang ihm allerdings, die Gehhilfe des B. an sich zu bringen und seinerseits damit jedenfalls auf den Zeugen B. einzuschlagen. Es kann dabei nicht ausgeschlossen werden, dass er sich zum Zeitpunkt dieser Schläge weiter einem gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff ausgesetzt sah. Im Zuge der Auseinandersetzung des Nebenklägers mit dem Angeklagten M. U. entschloss sich M. U. schließlich, das mitgeführte Messer auch einzusetzen, und klappte es spätestens zu diesem Zeitpunkt auf, so dass die Klinge feststand. Er stach sodann wenigstens zweimal mit dem Messer in Richtung des Oberkörpers des Nebenklägers, mit dem Wissen, diesen dadurch auch erheblich verletzen zu können und diese Folge wenigstens billigend in Kauf nehmend. Er traf den Nebenkläger mit wenigstens zwei Stichen jedenfalls im Bereich der linken Brustkorbaußenseite des Nebenklägers, und zwar oberhalb der linken Beckenschaufel und auf der Höhe des 5. Zwischenrippenraums auf der vorderen Achselhöhlenlinie. Wenigstens einer dieser Stiche eröffnete die Brustkorbhöhle des Nebenklägers und führte in der Folge zu einem Kollaps der linken Lunge des Nebenklägers sowie zum Austritt seines Fettgewebes aus der Bauchhöhle. Der Nebenkläger geriet dadurch aber zu keinem Zeitpunkt in akute Lebensgefahr. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Angeklagte M. U. zum Zeitpunkt jedes Stichs eines noch andauernden Angriffs des Nebenklägers versah. Nachdem der Nebenkläger erkannt hatte, dass der Angeklagte M. U. ein Messer gegen ihn eingesetzt hatte, rief er sinngemäß laut, dass ein Messer gezogen worden sei. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Q. dies erst jetzt realisierte. Dieses Rufen veranlasste den Zeugen I., in Richtung der Tischtennisplatten an der Hauptschule davon zu laufen und den sich weiter dort aufhaltenden Zeugen K. und V. zuzurufen, dass ein Messer im Spiel sei, verbunden mit der Aufforderung, die Flucht zu ergreifen. Die Zeugen K., V. und I. rannten sodann davon und verließen das Schulgelände zu der der Straße abgewandten Seite. Auch der Nebenkläger und der Zeuge B. setzten sich in Richtung der Tischtennisplatten in Bewegung und umrundeten den Gebäudekomplex, verfolgt von den Angeklagten, die weiter die Hoffnung hatten, das Geld für das Marihuana zu erhalten, bis zum Lehrerparkplatz. Auf dem Lehrerparkplatz auf der anderen Gebäudeseite angekommen, bemerkte der Nebenkläger das Ausmaß seiner Verletzungen und rief sich selbst einen Krankenwagen, bevor er auf dem Lehrerparkplatz zum Liegen kam. Die Angeklagten SI. und M. U. brachten spätestens am Lehrerparkplatz den Beutel mit Marihuana, aus den erhebliche Teile aber schon herausgefallen waren, wieder an sich, und forderten den Nebenkläger und den Zeugen B. erneut auf, die Ware zu bezahlen, erfuhren dann aber vom Nebenkläger oder dem Zeugen B., dass diese das entsprechende Bargeld gar nicht mit sich führten. Beide Angeklagten begaben sich unter Mitnahme der Bauchtasche des Nebenklägers wieder zu ihrem Auto, sammelten Teile der verstreuten Marihuanablüten auf dem Weg dorthin ein und fuhren gemeinsam mit der gesondert verfolgten Zeugin P. unter Mitnahme der Gehhilfe des B., des Messers, der Bauchtasche des Nebenklägers und eines Teils der Marihuanablüten davon. Die Angeklagten setzen die Zeugin P. auf ihrem Nachhauseweg ab und begaben sich zu ihrer Wohnanschrift. Dort verließ auch M. U. das Fahrzeug. Q. brachte die Bauchtasche, in der sich nun auch das Messer befand, sowie die Gehhilfe zu einem Bekannten, nämlich Herrn Y., um sie dort vor der Polizei zu verbergen. Dort wurden diese Gegenstände später sichergestellt. Den Beutel mit dem Restbestand an Marihuana behielt Q. zunächst bei sich. Der Zeuge B. versuchte bis zum Eintreffen des Krankenwagens, die Blutung des Nebenklägers zu stillen. Der Nebenkläger wurde ins Krankenhaus verbracht, wo er umgehend operiert worden ist.
20Der Angeklagte Q. legte am 24.09.2021 bei der Polizei ein umfassendes Geständnis ab und offenbarte die Person seines Bruders als denjenigen, der das Messer geführt hat.
21Beide Angeklagten waren bei Begehung der Tat jeweils uneingeschränkt schuldfähig.“
22Zur Strafzumessung hat die Kammer seinerzeit ausgeführt:
23„Hinsichtlich Q. war der Strafrahmen dem § 34 KCanG zu entnehmen.
24Vorliegend ist wegen des Umstandes, dass die zum Verkauf vorgesehene Menge von 100 g Marihuanablüten einen Wirkstoffgehalt von mindestens 14 g THC hatte, das Regelbeispiel des § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG für einen besonders schweren Fall erfüllt, da die Grenze zur nicht geringen Menge von 7,5 g THC überschritten ist.
25Die Kammer hat in diesem Fall aber nicht den Strafrahmen des § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG zugrunde gelegt.
26Denn die bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkte gaben Anlass dazu, abweichend von der Regelwirkung nur den Normalstrafrahmen des § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG anzuwenden, der Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vorsieht.
27Denn zugunsten des Angeklagten Q. war insbesondere sein frühzeitiges und bezüglich seiner Verurteilung vollumfängliches Geständnis zu berücksichtigen, sowie das Vorliegen des fakultativen Milderungsgrunds des § 35 Nr. 1 KCanG. Denn er hat zum Zeitpunkt seiner polizeilichen Vernehmung am 24.09.2021 insbesondere die Tatbeiträge des Angeklagten M. U. den Ermittlungsbehörden offenbart. Sein Geständnis und das Vorliegen des § 35 KCanG zusammengenommen beseitigen vorliegend nach Würdigung der Kammer die Regelwirkung des § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG.
28Dabei hat die Kammer insbesondere auch in den Blick genommen, dass sie auch vom Strafrahmen des besonders schweren Falls gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG hätte ausgehen können und diesen dann gemäß § 35 Nr. 1 KCanG hätte mildern können, hat diese Lösung aber als für den Angeklagten Q. ungünstigere Lösung verworfen, da der in dieser Weise gemilderte Strafrahmen dann gemäß § 49 StGB ohne Mindestmaß bis zu einer Freiheitstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitstrafe gereicht hätte. Ein Absehen von Strafe gemäß § 35 Nr. 1 KCanG kam dagegen wegen der größeren Menge Cannabis nach Würdigung der Kammer nicht in Betracht.
29Bei der Strafzumessung hat die Kammer beim Angeklagten Q. strafmildernd berücksichtigt, dass er hinsichtlich des mittäterschaftlichen Handeltreibens einer nicht geringen Menge Cannabis frühzeitig geständig war, er durch sein detailliertes Geständnis die Aufklärung dieser und weiterer Straftaten etwa der im Zuge der Tatausführung begangenen Straßenverkehrsdelikte erleichtert hat, die nicht geringe Menge des zu handelnden Cannabis nur im geringen Ausmaß überstiegen war, die Betäubungsmittel jedenfalls teilweise, nämlich insoweit eine Sicherstellung erfolgte, nicht in den Verkehr gelangt sind und der Angeklagte U. in diesem Verfahren fast ein halbes Jahr Untersuchungshaft erlitten hat und sich anlässlich der vollzogenen Untersuchungshaft erstmals in einem Freiheitsentzug befunden hat.
30Demgegenüber fiel beim Angeklagten Q. strafschärfend ins Gewicht, dass er bereits mehrfach vorbestraft ist.
31Ausgehend von dem Regelstrafrahmen des § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG hat sich die Kammer sodann bei der konkreten Strafzumessung im Rahmen einer erneuten Gesamtabwägung von den zuvor dargestellten Erwägungen leiten lassen und dabei unter Beachtung der Grundsätze des § 46 StGB alle vorgenannten für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände erneut gegeneinander abgewogen. Als Ergebnis dieser Abwägung hält die Kammer für die Tat vom 21.09.2021 eine Freiheitsstrafe von
329 Monaten
33für tat- und schuldangemessen sowie allen Strafzwecken Rechnung tragend.
34Diese Strafe konnte unter Zurückstellung von Bedenken gemäß § 56 Abs. 1, Abs. 3 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden, da der Angeklagte Q. derzeit eine günstige Sozialprognose hat und die Verteidigung der Rechtsordnung eine vollziehbare Freiheitsstrafe nicht gebietet. Der Angeklagte Q. befindet sich in einem dauerhaften Arbeitsverhältnis und hat seinen Cannabiskonsum reduziert. Er hat im Rahmen der erlittenen Untersuchungshaft erstmals Freiheitsentzug erlebt. Im Ergebnis geht das Gericht davon aus, dass die erstmalige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe und die erlittene Untersuchungshaft eine Verhaltensänderung beim Angeklagten bewirken wird, die zur Prognose berechtigt, dass er auch ohne die Einwirkungen des Strafvollzugs in Zukunft von weiteren Straftaten absieht.“
35In dem genannten Verfahren war der Angeklagte im ersten Rechtsgang durch das Landgericht Münster am 22.03.2022 wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden (LG T., 3 KLs 45/21). Das Urteil vom 22.03.2022 wurde im Folgenden in der Revisionsinstanz aufgehoben.
Bezüglich der infolge der Berufungsbeschränkung für das Berufungsgericht bindend gewordenen amtsgerichtlichen Feststellungen zur Tat wird verwiesen auf die schriftlichen Urteilsgründe des amtsgerichtlichen Urteils zu Ziff. II. Ergänzend hierzu hat die Kammer festgestellt, dass der Angeklagte im Rahmen der abgeurteilten Tat mit seinem Fahrzeug eine Wegstrecke von knapp einem Kilometer absolvierte und sich bereits bei der sich unmittelbar an die Tat anschließenden polizeilichen Kontrolle im Hinblick auf sämtliche Tatvorwürfe vollumfänglich geständig einließ.
Die Feststellungen zur Person sowie die ergänzenden Feststellungen zur Sache beruhen auf den Angaben der Angeklagten sowie der eingeführten Auskunft aus dem Bundeszentralregister und dem verlesenen Vorstrafenurteil des Landgerichts Münster.
Bei der Strafzumessung hat sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten lassen:
39Die Kammer hat strafmildernd berücksichtigt, dass sich der Angeklagte schon im Ermittlungsverfahren wie auch in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung umfassend geständig gezeigt hat und sein Bekenntnis zu der Tat auch im Berufungsrechtszug nochmals durch die Beschränkung der Berufung auf das Strafmaß zum Ausdruck gebracht hat. Zu seinen Gunsten war auch zu berücksichtigen, dass die tatsächlich zurückgelegte Fahrtstrecke hier äußerst kurz war.
40Strafschärfend war zu berücksichtigen, dass der Angeklagte tateinheitlich drei Straftatbestände verwirklichte und zum Tatzeitpunkt vorbestraft war, und dabei auch wegen eines einschlägigen Straßenverkehrsdelikts vorbestraft war. Zwar er zum Tatzeitpunkt noch nicht rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Allerdings war er etwa 10 Monate vor der Tat in dem ersten Rechtsgang des vor einer Großen Strafkammer des Landgerichts Münster geführten Strafverfahrens zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden, so dass ihm die Konsequenzen strafbaren Verhaltens noch einmal deutlich aufgezeigt worden waren. Den hieraus resultierenden Warneffekt ignorierte er. Auch von nicht rechtskräftigen Verurteilungen kann eine Warnfunktion ausgehen, so dass diese bei der Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt werden können (BGH Urt. v. 28.10.2008 – 5 StR 312/08, BeckRS 2008, 24049 Rn. 5, beck-online; BGH, Beschluss vom 31. Januar 2007 – 5 StR 514/06, Rn. 7, juris).
41Unter Zugrundlegung der identischen Strafrahmen der verwirklichten Delikte hat die Kammer eine
42Freiheitsstrafe von 4 Monaten
43für tat- und schuldangemessen und zur Einwirkung auf den einschlägig vorbestraften Angeklagten gemäß § 47 Abs. 1 StGB für erforderlich erachtet.
44Im Hinblick auf die durch das Urteil vom 01.10.2024 verhängte Freiheitsstrafe von 9 Monaten lagen die Voraussetzungen der nachträglichen Bildung einer Gesamtstrafe gemäß § 55 Abs. 1 StGB vor.
45Nach erneuter Abwägung aller oben aufgeführten sowie der auch in dem Urteil vom 01.10.2024 getroffenen Feststellungen und niedergelegten Strafzumessungsaspekte hat die Kammer unter moderater Schärfung der Einsatzstrafe von 9 Monaten aus den Einzelstrafen eine
46Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten
47gebildet. Dabei hat die Kammer insbesondere auch die zu den Tatzeitpunkten bestehende Vorstrafenbelastung des Angeklagten berücksichtigt.
Die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe hat die Kammer in Anwendung des § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt, da sie die Erwartung hat, dass sich der Angeklagte die Verurteilung als solche zur Warnung dienen lässt und sich künftig straffrei verhalten wird. Diese Erwartung gründet darauf, dass der Angeklagte in stabilen Familien- und Wohnverhältnissen lebt, ein festes Einkommen bezieht, seinen Cannabis-Konsum nunmehr reduziert hat und sein Bewährungsverfahren bislang beanstandungslos durchläuft.
Infolge der Berufungsbeschränkung auf das Strafmaß ist die erstinstanzliche Festsetzung einer isolierten Sperrfrist nach § 69a StGB in Rechtskraft erwachsen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 3 StPO. Der Angeklagte war mit seiner Berufung in vollem Umfang erfolgreich. Zwar hat der Angeklagte seine Berufung nicht von vornherein beschränkt. Eine solche Berufungsbeschränkung wäre hier jedoch aus den erörterten Gründen vor einer Verfahrensbeschränkung gemäß § 154a StPO nicht wirksam gewesen.