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Der Vermieter eines Fahrzeugs trägt nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen die Beweislast dafür, dass das Fahrzeug vor der Übernahme durch den Mieter unbeschädigt war
Regelungen im Mietvertrag über das Fahrzeug und seinem Zustand kann keine Beweis(last)relevanz zukommen. Insbesondere kann eine solche Regelung nicht zu einer Beweislastumkehr führen, weil ansonsten ein Verstoß gegen § 309 Nr. 12 BGB vorliegen würde. Es gibt keine Beweiserleichterungen für den Vermieter.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen behaupteter Beschädigungen eines bei ihr gemieteten Fahrzeugs in der Besitzzeit des Beklagten geltend.
3Am 24.06.2023 mietete der Beklagte bei der Klägerin unter der Mietvertrags-Nummer 9495###### folgendes Kfz an: KFZ MB SPRINTER, (Kennzeichen entfernt); Modell: 315L 3,5 TO KAS. Die Beklagte holte das Fahrzeug an der Vermietungsstation in A ab. Der Zeuge B. fertigte einen Mietvertrag, in dem er folgende Vorschäden aufnahm:
4„Das Fahrzeug weist folgende Schäden auf:
5Verkleidung Laderaum hinten
6Fahrerseite Riss
7Das Fahrzeug weist folgende leichte Schäden auf:
8Verkleidung Laderaum mitte Beifahrerseite Riss“.
9Der Beklagte stellte das Fahrzeug am Abend des 24.06.2023 wieder an der Vermietungsstation ab und warf den Schlüssel in den sogenannten Nachttresor. Am 28.06.2023 erhielt der Beklagte dann eine Email der Klägerin, in der er auf „Zustandsabweichungen hingewiesen wird, die in den Unterlagen der Klägerin bisher noch nicht dokumentiert seien“. Er wurde aufgefordert, „bei der Klärung des Sachverhalts zu helfen“. Der Beklagte begab sich daraufhin zur Vermietungsstation. Der Inhalt der dort geführten Gespräche ist zwischen den Parteien streitig.
10Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe das Fahrzeug - bis auf die im Mietvertrag dokumentierten Mängel - schadenfrei übernommen. Bei der Rückgabe seien von der Zeugin M. Mängel dokumentiert worden, die in der Besitzzeit des Beklagten entstanden seien und deren Beseitigung Kosten in Höhe der Klageforderung verursachen würden. Die behaupteten Schäden hat die Klägerin unter anderem im Schriftsatz vom 03.09.2024 durch Fotoaufnahmen dargelegt.
11Ursprünglich hat die Klägerseite beantragt:
121.
13Die beklagte Partei wird verurteilt, an die Klägerin € 12.973,56 nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an Zinsen hieraus seit dem 28.10.2023 zu bezahlen.
142.
15Die beklagte Partei wird verurteilt, an die Klägerin EUR 885,80 an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu bezahlen, hilfsweise die Klägerin hiervon freizustellen.
16Mit Schriftsatz vom 03.09.2024 hat die Klägerin die Klage in Höhe von EUR 1608,30 zurückgenommen, da in dem Gutachten vom 17.08.2023 versehentlich Schäden kalkuliert worden sein, die erst nach der streitgegenständlichen Anmietung entstanden seien und beantragt nunmehr:
171.
18Die beklagte Partei wird verurteilt, an die Klägerin € 11.365,26 nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an Zinsen hieraus seit dem 28.10.2023 zu bezahlen.
192.
20Die beklagte Partei wird verurteilt, an die Klägerin EUR 885,80 an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu bezahlen, hilfsweise die Klägerin hiervon freizustellen.
21Der Beklagte beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Der Beklagte bestreitet ausdrücklich, dass die im vorliegenden Verfahren von der Klägerseite geltend gemachten Beschädigungen in seiner Besitzzeit entstanden sind. Er habe zusammen mit dem Zeugen I. das Fahrzeug vor Fahrantritt in Ausgenschein übernommen und dabei seien mehrere Kratzer und Dellen aufgefallen. Man sei davon ausgegangen, dass diese Beschädigungen der Klägerseite bekannt gewesen seien.
24In Hinblick auf die Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
25Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen B.. Im Hinblick auf das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Angaben im Protokoll Bezug genommen.
26Entscheidungsgründe:
27Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keine Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten. Der Klägerin ist der Beweis nicht gelungen, dass das streitgegenständliche vom Beklagten angemietete Fahrzeug vor der Übergabe an den Beklagten keine Schäden aufwies, insbesondere nicht diejenigen Schäden, deren Beseitigungskosten im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemacht werden.
28Die Klägerin behauptet, dass das angemietete KFZ MB SPRINTER schadensfrei gewesen sei, bis auf im Mietvertrag dokumentierte Beschädigung im Inneren des Laderaums. Der Beklagte hat dies ausdrücklich bestritten. Die behaupteten Schäden seien bereits bei Übernahme durch ihn vorhanden gewesen. Die Klägerin als Fahrzeugvermieterin trägt nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen die Beweislast dafür, dass das Fahrzeug vor der Übernahme durch den Beklagten unbeschädigt war.
29Der Beweis wurde nicht durch den Inhalt des Mietvertrages, auch nicht als Indiz, erbracht. Zwar hat die Klägerin behauptet, der Mietvertrag sei unmittelbar vor der Anmietung erstellt und der Zustand des Fahrzeugs in Mietvertrag dahingehend dokumentiert worden, dass lediglich Schäden im Innenbereich dokumentiert und, andere Beschädigung dagegen nicht vorhanden gewesen seien. Dies hat der von der Klägerin benannte Zeuge B. allerdings nicht bestätigen können. Er hat nach eigenen Schilderungen das Fahrzeug vor und bei der Erstellung des Mietvertrages überhaupt nicht gesehen. Ein Übergabeprotokoll mit Dokumentation des Fahrzeugs sei nicht erstellt worden. Die Angaben zu den Beschädigungen im Innenraum habe er lediglich aus dem System übernommen. Zum Zustand des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Vermietung konnte er daher keinerlei Angaben machen.
30Allein aus dem Umstand, dass die von der Klägerseite dargelegten Schäden unstreitig vorhanden und nicht in Mietvertrag erwähnt waren, lässt sich ebenfalls nichts ableiten. Zwar erscheint es etwas gewöhnlich, dass ein Mieter eines Mietwagens ein Fahrzeug mit äußerlich sichtbaren Schäden übernimmt, wenn im Mietvertrag lediglich Mängel im Inneren dokumentiert sind. Der Beklagte hat allerdings bei seiner persönlichen Anhörung nachvollziehbar geschildert, er habe die Mängel als üblichen Zustand des Fahrzeugs angesehen und sei davon ausgegangen, dieser sei der Klägerseite bekannt. Die Beschädigungen sind vom Umfang auch ersichtlich nicht besonders gravierend und erscheinen für einen Miet-Transporter nicht ungewöhnlich. Dies ist den Fotoaufnahmen zu entnehmen. Sie können rein äußerlich für einen Nutzer als Bagatellbeschädigungen erscheinen und einen üblichen Zustand für ein derartiges Gebrauchtfahrzeug darstellen. Das wird auch dadurch bestätigt, dass der Transporter über die weiteren Monate bis zur Erstellung des Gutachtens unrepariert weitervermietet wurde und auch einen weiteren kleinen Schaden erlitten hat.
31Die Indizwirkung des Vertrages ist auch deshalb gemindert, weil es sich um einen digital erstellten Vertrag handelte, den der Kunde noch im Ladenlokal per E-Mail auf das Handy erhält. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kunde sämtliche Regelungen und insbesondere die Hinzufügungen betreffend Beschädigungen auf dem Smartphone überhaupt liest und deren Bedeutung wahrnimmt, erscheint eher gering.
32Auch der Regelung im Vertrag, „Ich verpflichte mich, vor Abfahrt das Fahrzeug nochmals auf Schäden zu kontrollieren und etwaige nicht erfasste Schäden vor Abfahrt der Übergabestation oder der unten angegebenen Service-Hotline zu melden“ kann keine Beweis(last)relevanz zukommen. Insbesondere kann eine solche Regelung nicht zu einer Beweislastumkehr führen, weil ansonsten ein Verstoß gegen § 309 Nr. 12 BGB vorliegen würde, der dem AGB-Verwender Regelungen zur Beweislast verbietet, durch welche die Beweislastlage zum Nachteil des Vertragspartners geändert wird. Sämtlicher Inhalt des Mietvertrages stellt als Inhalt, der gegenüber einer Vielzahl von vergangenen oder kommenden Kunden Verwendung findet, eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar. Aufgrund der Regelung des § 309 Nr. 12 BGB kann ihr deshalb auch keine indizielle Bedeutung zulasten des Kunden zukommen. Dies ist, soweit ersichtlich, ganz allgemeine Ansicht in der Rechtsprechung. Danach gilt: Für die Beschädigung eines Mietfahrzeugs kann der Vermieter vom Mieter nur dann Ersatz verlangen, wenn er nachweist, dass der Schaden bei Beginn des Mietverhältnisses noch nicht vorhanden war und aus dem Obhutsbereich des Mieters stammt. Es gibt keine Beweiserleichterungen für den Vermieter (LG Lübeck, Urteil vom 6. März 2024 – 6 O 82/23 –, Rn. 15, juris). Wird ein Mietfahrzeug beschädigt zurückgegeben, ist es Aufgabe des Vermieters darzulegen und zu beweisen, dass die Beschädigung des Mietfahrzeugs während der Mietzeit entstanden ist, in welcher der Mieter das Fahrzeug vereinbarungsgemäß in seiner Obhut hatte und damit verpflichtet war, es vor jeglichen Beschädigungen bei Benutzung, aber auch durch Dritte zu schützen. (LG Itzehoe Urt. v. 27.1.2021 – 1 S 6/20, BeckRS 2021, 15624, beck-online)
33Weitere Beweisantritte gab es von Klägerseite nicht. Die Zeugin M. war lediglich benannt für den (unstreitigen) Zustand bei Rückgabe des Fahrzeuges. Der Zeuge I. war als Gegenzeuge von den Beklagten benannt.
34Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin gemäß §§ 91, 269. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.