Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
1.
Hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Betreuten ist nach § 9 Abs. 3 VBVG / § 5 Abs. 3 Satz 1 VBVG a.F. zwischen stationären Einrichtungen und diesen nach Satz 3 gleichgestellten ambulant betreuten Wohnformen einerseits und anderen Wohnformen andererseits zu unterscheiden.
Ist im Einzelfall zweifelhaft, welcher für das Vergütungsrecht maßgeblichen Wohnform der gewöhnliche Aufenthalt eines Betroffenen entspricht, ist eine teleologische Auslegung erforderlich.
2.
Erforderlich für eine stationäre Einrichtung im Sinne von § 9 Abs. 3 VBVG ist eine umfassende, von der aktuellen Situation des Betroffenen grundsätzlich unabhängige Versorgungsgarantie.
Für die Anwendbarkeit der reduzierten Zeitansätze kommt es entscheidend darauf an, ob die Wohnform sich durch eine permanente Präsenz oder zumindest durch eine ständige Erreichbarkeit (ständige Rufbereitschaft) professioneller Pflege- und Betreuungskräfte auszeichnet.
Unerheblich ist es hingegen, ob der Betreuer durch den Aufenthalt des Betreuten in einem Heim bzw. in einer ambulant betreuten Wohnform tatsächlich entlastet ist.
3.
Für die Anwendung von § 9 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 VBVG ist es zudem ausreichend, wenn pflegerische oder betreuerische Leistungen vorgehalten werden.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 17. August 2023 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Borken vom 10. August 2023 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Verfahrenswert beträgt 1.035 €.
Gründe:
2I.
3Der Beschwerdeführer ist seit dem 00.00.2020 der gesetzliche Berufsbetreuer des Betroffenen. Er begehrt die Inanspruchnahme einer höheren Fallpauschale bei der Bemessung seiner Berufsbetreuervergütung. Streitig ist, ob der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einer stationären Einrichtung oder einer vergütungsrechtlich gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform hat oder ob er in einer anderen Wohnform lebt.
4Der heute 6#-jährige Betroffene leidet an einer angeborenen mittelgradigen Intelligenzminderung nebst Anpassungsstörung. Er lebt schon seit vielen Jahrzehnten durchgehend in einer Wohneinrichtung der C. Q. in A..
5Der Beschwerdeführer rechnete zunächst als Fallpauschale seiner Betreuervergütung den Betrag für die stationäre Unterbringung von 127 Euro pro Monat ab, die auch entsprechend festgesetzt wurden.
6Mit Schreiben vom 00.00.0000, eingegangen am gleichen Tag, macht er nunmehr zusätzlich für die vergangenen fünf Quartale die Differenz der Summe der Fallpauschale bei nicht stationärer Unterbringung eines Betreuten und stationärer Unterbringung, pro Monat 69 Euro, insgesamt 1.035 Euro, geltend.
7Mit Wirkung zum 01.01.2020 war zwischen dem Betroffenen und der Einrichtung ein Wohn- und Betreuungsvertrag für besondere Wohnformen der Eingliederungshilfe, im Vertrag definiert als besondere Wohnformen gemäß § 42 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII, geschlossen worden.
8Hierin heißt es u.a. :
9„§ 2 Vertragsgrundlagen
10(…)
11(2) Der Leistungserbringer hat über die Fachleistungen mit dem zuständigen Träger der Eingliederungshilfe nach dem zweiten Teil, B. Kapitel SGB IX Vereinbarungen über Inhalt, Umfang und Qualität der von dem Leistungserbringer zu erbringenden Leistung (Leistungsvereinbarung) [und] die für die einzelnen Fachleistungen zu zahlende Vergütung (Vergütungsvereinbarung) abgeschlossen.
12Diese und der Landesrahmenvertrag nach §§ 131 Absatz 1 ff. SGB IX in der jeweils geltenden Fassung sind auch Bestandteile des Vertrages;
13(…)
14§ 3 Leistungen des Leistungserbringers
15(1) Die Leistungen orientieren sich an der individuellen Lebenssituation und dem jeweiligen Bedarf der Bewohnerin / des Bewohners, der bewilligten Leistung sowie der Konzeption des Leistungserbringers (§ 1 Abs. 2). Unter Wahrung der Menschenwürde, Achtung der Persönlichkeit in ihrer kulturellen, religiösen und geschlechtlichen Identität und Berücksichtigung der individuellen Lebensplanung sowie der jeweiligen (körperlichen, seelischen, geistigen oder gesundheitlichen) Kompetenzen und Ressourcen ist es das Ziel, der Bewohnerin / dem Bewohner ein an ihren / seinen individuellen Interessen und Bedürfnissen orientiertes weitestgehend selbstbestimmtes und selbständiges Leben zur vollen, wirksamen und gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe zu ermöglichen.
16(2) Leistungen des Leistungserbringers sind:
17a) Überlassung von Wohnraum; diese sind in Anlage 1.0 aufgeführt.
18b) Erbringung von Fachleistungen einschließlich des Sachaufwandes für Leistungen der Verpflegung und Hauswirtschaft; diese sind in Anlage 2.0 aufgeführt.
19Die Anlagen sind Bestandteil dieses Vertrages.
20§ 6 Vertragsanpassung bei Änderung des Betreuungsbedarfs
21(1) Ändert sich der individuelle Betreuungsbedarf der Bewohnerin des Bewohners, bietet der Leistungserbringer der Bewohnerin/dem Bewohner eine entsprechende Anpassung der Leistungen an.
22(2) Der Leistungserbringer hat das Angebot zur Anpassung des Vertrages der Bewohnerin / dem Bewohner durch Gegenüberstellung der bisherigen und der angebotenen Leistungen sowie der dafür jeweils zu entrichtenden Entgelte schriftlich darzustellen und zu begründen.
23§ 8 Umzug
24(1) Stellt der Leistungserbringer fest, dass die Bewohnerin / der Bewohner so pflegebedürftig ist, dass die Pflege in der gemeinschaftlichen Wohnform nicht mehr sichergestellt werden kann, vereinbart er mit dem Eingliederungshilfeträger und der zuständigen Pflegekasse die Verlegung in eine geeignete Einrichtung. Die Verlegung erfolgt im Interesse und Einvernehmen mit der Bewohnerin / dem Bewohner.
25(2) Wird das Wohl der Bewohnerin / des Bewohners dadurch gefährdet, dass die bei ihr / bei ihm erforderliche fach- und sachgerechte Betreuung und Pflege nicht in den von ihr / ihm bewohnten Zimmer bei zumutbarer Belastung für den Leistungserbringer sichergestellt werden kann, können sowohl die Bewohnerin / der Bewohner als auch der Leistungserbringer den Umzug in ein anderes, der Betreuung und Pflege besser geeignetes Wohnangebot des Leistungserbringers verlangen. Der Umzug erfolgt nur im Einvernehmen mit der Bewohnerin / dem Bewohner.“
26In den Anlagen zu diesem Vertrag ist unter anderem bestimmt:
27„Überlassung des Wohnraums
28(1) Wohnraum
29a) Der Leistungserbringer überlässt der Bewohnerin / dem Bewohner zu persönlichen Wohnzwecken in dem Objekt U. das Appartement/Zimmer Nr. N01 mit einer Fläche von 17,83 qm als Einzelzimmer, bestehend aus einem Schlaf-/ Wohnraum sowie einem gemeinschaftlichen bzw. separaten Badezimmer. Die Bewohnerin / der Bewohner in Zweibettzimmern ist vor Neubelegung des anderen Wohnplatzes anzuhören.
30b) Das Zimmer ist voll möbliert. Zur Ausstattung zählen Bett (mit Matratze, Kopfkissen, Bettdecke, Matratzenschoner), Nachttisch oder Wandregal, Tisch, Stuhl, Kleiderschrank, Deckenlampe.
31c) Der Leistungserbringer überlässt der Bewohnerin / dem Bewohner darüber hinaus die folgenden möblierten Räume und Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Nutzung mit einer Gesamtgröße von ca. 28,80 qm, anteilig für die Bewohnerin / den Bewohner 10,97 qm.
32- Gemeinschaftsküche mit den üblichen Haushaltsgroßgeräten, Haushaltskleingeräten sowie Töpfe, Geschirr, Gläser, Besteck etc. - Wohn-/ Esszimmer f. Aufenthaltsraum - Pflegebad - Abstellraum - Wäscheraum mit Waschmaschine und Trockner - Gemeinschaftsterrasse oder -garten - Freiflächen im Umfeld sowie alle dem gemeinschaftlichen Gebrauch gewidmeten Räumlichkeiten der Einrichtung.
33d) Der Leistungserbringer verpflichtet sich, der Bewohnerin / dem Bewohner den Wohnraum in einem zum Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und während der vereinbarten Vertragsdauer in diesem Zustand zu erhalten. Die Wartung und Instandhaltung der Wohnräume, einschließlich der Gemeinschafts- und Funktionsräume, der technischen Anlagen, der hauseigenen Einrichtungsgegenstände sowie der Außenanlagen erfolgt durch den Leistungserbringer.
34Die Bewohnerin / Der Bewohner ist damit einverstanden, dass Mitarbeitende des Leistungserbringers unter Beachtung der Intimsphäre den Raum betreten, um die ihnen obliegenden Leistungen zu erfüllen.
35e) Der Leistungserbringer und die Mitarbeitenden verpflichten sich, die Privatsphäre der Bewohnerin / dem Bewohner in ihren / seinen Räumlichkeiten zu gewährleisten.“
36In einer weiteren Anlage (Bl. 332ff. der E-Akte) sind die Fachleistungen der Eingliederungshilfe bestimmt:
37„(1) Fachleistungen der Eingliederungshilfe
38a. Fachleistungen der Eingliederungshilfe sind Assistenzleistungen zur sozialen Teilhabe, welche erbracht werden, um eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern. Hierzu gehört, die Bewohnerin / den Bewohner zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie in ihrem Sozialraum zu befähigen oder sie hierbei zu unterstützen. Das Leistungsangebot des Trägers ergibt sich aus der mit dem zuständigen Eingliederungshilfeträger abgeschlossenen Leistungsvereinbarung. Der Umfang der Fachleistungen richtet sich nach dem Bedarf der Bewohnerin / des Bewohners sowie nach dem bewilligten Leistungsumfang entsprechend des Bewilligungsbescheides.
39b. Die Einstufung in einen Leistungstyp und ggf. in eine Hilfebedarfsgruppe ist nach dem mit dem Eingliederungshilfeträger abgestimmten Verfahren erfolgt. Die Bewohnerin / Der Bewohner wird auf dieser Grundlage in den Leistungstyp / die Hilfebedarfsgruppe LT 10 11, sowie in den Leistungstyp für Tagesstruktur ./. eingestuft.
40c. Die Bewohnerin / der Bewohner erhält die erforderlichen individuellen Maßnahmen gemäß Leistungsvereinbarung (siehe § 2 Abs. 3). Dafür sind die für die Bewohnerin / den Bewohner ermittelten Leistungstypen bzw. die der Hilfebedarfsgruppe entsprechenden folgenden Assistenzleistungen maßgebend:
41 Leistungen zur Teilhabe, insbesondere im Hinblick auf die Strukturierung des Tagesablaufs, auf die allg. Erledigungen des Alltags sowie die Haushaltsführung, auf die Gestaltung bestehender und die Entwicklung neuer sozialer Beziehungen (zu Mitbewohnern und -bewohnerinnen, zu Mitarbeitern, zu Angehörigen und Freunden, im öffentlichen Raum, etc.), auf die Inanspruchnahme von Angeboten des gemeinschaftlichen, kulturelle, religiösen und politischen Lebens, auf die persönliche Freizeitgestaltung, auf die Entwicklung persönlicher Zukunfts- und Lebensplanung, auf die Mobilität, auf die gesundheitliche Lebensführung und erforderliche Gesundheitsmaßnahmen, etc.
42 Leistungen zur Beratung und Unterstützung der persönlichen Zukunfts- und Lebensplanung, psychosoziale Hilfen und Krisenhilfen, einschl. der Begleitung am Lebensende.
43 Leistungen zur Bildung, z.B. im Rahmen von Erwachsenenbildungsangeboten Leistungen zur Freizeitgestaltung; insbesondere kulturelle, sportliche und Unterhaltungsangebote, die vom Leistungserbringer in seinen Einrichtungen angeboten werden.
44 Leistungen der allg. Förderung, insbesondere Erhalt und Erweiterung der persönlichen Handlungskompetenzen, praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten zur selbständigen Alltagsbewältigung (einschl. hauswirtschaftlicher Tätigkeiten) und zur Erleichterung der Verständigung mit der Umwelt und autonomen Teilhabe an der Alltagsgesellschaft (Entwicklung und Förderung von Sprache und Kommunikation, auch Unterstützter Kommunikation, Entwicklung digitaler Kompetenzen und Nutzung digitaler Medien, Akzeptanz und Einhaltung gesellschaftliche Gepflogenheiten, Verkehrssicherheit etc.).
45- Leistungen der Grundpflege
46einfachste Behandlungspflege gem. Landesrahmenvertrag nach § 131 SGB IX NRW;
47Leistungen zur Sicherstellung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen;
48sonstige Betreuung, z. B. Leistungen zur Erreichbarkeit (Tag und Nacht), Leistungen zur Mobilität (Fahrdienste);
49Leistungen im Umgang mit finanziellen und Behördenangelegenheiten (sofern sie nicht in den Aufgabenkreis des Betreuers gehören), z. B. Geldverwaltung (s. Anlage 6.0), amtliche Post (s. Anlage 7.0), Wohnsitzangelegenheiten (s. Anlage 8.0)
50-Ggf. Teilnahme am persönlichen Teilhabebudget (Anlage 9.0)
51(2) Leistungen der Verpflegung und Hauswirtschaft
52(a) Der Leistungserbringer erbringt folgende Leistungen der Verpflegung und Hauswirtschaft für die Bewohnerin/den Bewohner:
53(aa) Wäschedienst
54Im Wäschedienst der Einrichtung sind enthalten: Waschen von Bettwäsche und Handtüchern, Badetüchern und Waschlappen, Waschen und ggf. Bügeln der persönlichen Kleidungsstücke (soweit diese waschmaschinengeeignet sind), soweit nicht im Einzelfall (gem. der abgestimmten Betreuungsplanung bzw. dem Umfang der Selbstversorgung in der Wohngruppe) eine abweichende Regelung getroffen wird. Der Leistungserbringer unterstützt dabei die Bewohnerin / den Bewohner und leitet sie 1 ihn im erforderlichen Umfang an. Notwendige Näh- und Flickarbeiten im kleineren Umfang.
55Bei Bedarf überlässt die Einrichtung der Bewohnerin / dem Bewohner die erforderliche Bettwäsche, Handtücher, Badetücher und Waschlappen.
56(bb) Reinigung
57Die Reinigung der persönlich genutzten Räumlichkeiten einschließlich der Räumlichkeiten zur gemeinschaftlichen Nutzung und der Funktionsräume wird durch den Leistungserbringer sichergestellt (in der Regel einmal wöchentlich und bei Bedarf), soweit nicht im Einzelfall (gem. der abgestimmten Betreuungsplanung bzw. dem Umfang der Selbstversorgung in der Wohngruppe) eine abweichende Regelung getroffen wird. Der Leistungserbringer unterstützt dabei die Bewohnerin/den Bewohner und leitet sie/ihn im erforderlichen Umfang an
58(cc) Verpflegung
59Es werden Mahlzeiten angeboten zum Frühstück, Mittagessen als Zwischenmahlzeit, zum Abendessen. Darüber hinaus erfolgt eine Getränkeversorgung (Kaffee, Tee, Mineralwasser). Die Verpflegung erfolgt als Normalkost, bei Bedarf als leichte Vollkost bzw. Diätkost nach ärztlicher Anordnung.
60Der Leistungserbringer bietet der Bewohnerin / dem Bewohner Mahlzeiten an, die dem allgemeinen Stand ernährungswissenschaftlicher Erkenntnisse entsprechen. Wünsche und Bedürfnisse der Bewohnerin / des Bewohners werden dabei nach Möglichkeit berücksichtigt. Die Bewohnerinnen / Bewohner werden in die Planung der Mahlzeiten mit einbezogen.
61Bei Krankheit wird auf die besonderen Bedürfnisse der Bewohnerinnen / Bewohner Rücksicht genommen und ihren Fähigkeiten und Gewohnheiten Rechnung getragen. Abendessen, Schonkost oder Diäternährung mit ggf. weiteren Zwischenmahlzeiten wird nach jeweiliger ärztlicher Verordnung bereitgestellt.“
62In Anlage 11 heißt es zudem:
63„Beauftragung des ärztlichen Dienstes von Q.: Hiermit beauftrage und bevollmächtige ich den Ärztlichen Dienst der Stiftung Q. (Rechtsträger) und die von ihm beauftragten Personen des Ärztlichen Dienstes zur Behandlung des Grundleidens und aller interkurrenten Erkrankungen, die mit Mitteln der Einrichtung behandelt werden können, und alle darüberhinausgehenden fach- und zahnärztlichen Heilbehandlungen zu veranlassen. Dies schließt ein:
64• eine Aufnahmeuntersuchung durchzuführen,
65• notwendige Schutzimpfungen (z. B. Tetanus, Kinderlähmung, Grippe-Schutzimpfung),
66• notwendige Blutspiegelkontrollen für die laufende Medikation einschließlich der Blutentnahme zur Vorsorge und Diagnostik in Bezug auf interkurente Erkrankungen,
67• sonstige Vorsorgeuntersuchungen,
68• Notfallbehandlungen,
69• Veranlassung fachärztlicher Untersuchungen zur Abklärung und Diagnostik (wie z. B. Röntgen)
70• Veranlassung prä- und postoperativer Untersuchungen im Krankenhaus In den Abschluss des notwendigen Behandlungsvertrages willige ich insofern ein.“
71Von dem insgesamt monatlich vom Betroffenen geschuldetem Betrag von 4.516,22 Euro entfallen 468,60 Euro auf die Miete einschließlich der Miet- und Wohnnebenkosten.
72Die Wohneinrichtung bestätigte unter dem 00. Juni 2023, zur Erbringung von Pflegeleistungen verpflichtet zu sein, allerdings nicht bezüglich einer Intensivpflege.
73Der Bezirksrevisor beantragte unter dem 00. Juni 2023 (Bl. 356 des Vergütungshefts) und dem 00. Juli 2023 (Bl. 384 des Vergütungshefts), den Antrag des Beschwerdeführers auf Nachfestsetzung im vollem Umfang zurückzuweisen.
74Er führte zu diesem Antrag in mehreren Stellungnahmen im Wesentlichen aus:
75„Hinsichtlich der Vergütung des Betreuers unterscheidet § 9 Abs. 3 S. 1 VBVG dabei zwischen stationären Einrichtungen und diesen nach § 9 Abs. 3 S. 3 VBVG gleichgestellten ambulant betreuten Wohnformen einerseits und anderen Wohnformen andererseits. Stationäre Einrichtungen sind nach § 9 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 VBVG solche, die dem Zweck dienen, Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie tatsächliche Betreuung oder Pflege zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden. Demgegenüber sind ambulant betreute Wohnformen gem. § 9 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 VBVG entgeltliche Angebote, die dem Zweck dienen, Volljährigen das Leben in einem gemeinsamen Haushalt oder einer Wohnung bei gleichzeitiger Inanspruchnahme extern angebotener entgeltlicher Leistungen tatsächlicher Betreuung oder Pflege zu ermöglichen. Nach § 9 Abs. 3 S. 3 VBVG sind ambulant betreute Wohnformen stationären Einrichtungen gleichgestellt, wenn die in der ambulant betreuten Wohnform extern angebotenen Leistungen tatsächlicher Betreuung oder Pflege als Rundum-die-Uhr Versorgung durch professionelle Betreuungs- oder Pflegekräfte zur Verfügung gestellt oder vorgehalten werden und der Anbieter der extern angebotenen Betreuungs- und Pflegeleistungen nicht frei wählbar ist.
76Nach meiner Auffassung kommt es im vorliegenden Fall auf die Frage der freien Auswahl des Anbieters für Betreuungs- und Pflegeleistungen gar nicht entscheidend an. Denn dieses Kriterium ist nach dem Gesetzeswortlaut des § 9 Abs. 3 S. 3 VBVG nur dann von Bedeutung, wenn es sich um eine ambulant betreute Wohnform im Sinne des § 9 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 VBVG handelt. Die Legaldefinition einer stationären Einrichtung in § 9 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 VBVG stellt demgegenüber darauf überhaupt nicht ab, und um eine solche stationäre Einrichtung handelt es sich vorliegend.
77Denn das Haus, in dem der Betroffene lebt, erfüllt dem Wohn- und Betreuungsvertrag (Wirksamkeit ab 01.01.2020) zufolge alle in § 9 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 VBVG genannten Voraussetzungen einer stationären Einrichtung: Dass die Einrichtung dem Zweck dient, Volljährige aufzunehmen und ihnen Wohnraum zu überlassen, ergibt sich aus § 3 ( 2) a) des Vertrages, wonach zu den geschuldeten Leistungen die Überlassung von Wohnraum gehört, und zwar der Anlage 1 zufolge ein Einzelzimmer, bestehend aus einem Schlaf- und Wohnraum sowie aus einem separaten Badezimmer. Ferner werden mehrere möblierte Räume zur gemeinschaftlichen Nutzung zugewiesen wie z.B. Wohn- und Esszimmer und Aufenthaltsraum.
78Dass den Bewohnern tatsächliche Betreuung und Pflege zur Verfügung gestellt wird, folgt aus § 3 und Anlage 2 des Vertrages, wonach vom Träger Fachleistungen der Eingliederungshilfe sowie Leistungen der Verpflegung und Hauswirtschaft zu erbringen sind. Dass der Bestand des Hauses von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig ist, wird in den §§ 15ff des Vertrages deutlich, wonach die Kündigung des Vertrages möglich ist, das Haus aber ersichtlich auch nach einer Kündigung weiterbesteht. Dass das Haus entgeltlich betrieben wird, lässt sich § 4 des Vertrages entnehmen, wonach für die vom Träger erbrachten Leistungen ein Entgelt erhoben wird.
79Für die Einordnung des Hauses, in dem der Betroffene lebt, unter den Begriff der stationären Einrichtung im Sinne des § 9 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 VBVG spricht außerdem ganz entscheidend die Gesetzesbegründung, in der es am Ende der Erläuterung dieses Begriffs heißt ‘Darunter fallen ab 2020 auch die Wohnformen nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Zwölftes Buch (XII), die an die Stelle der bis 2019 bestehenden stationären Einrichtungen in der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII treten.‘ Um eine solche Wohnform, die dem erklärten Willen des Gesetzgebers zufolge zu den stationären Einrichtungen im Sinne des Vergütungsrechts gehört, handelt es sich hier. Dies ist schon aus der Fußnote Nr. 1 auf der ersten Seite des Vertrages ersichtlich (Wohn- und Betreuungsvertrag für besondere Formen der Eingliederungshilfe = besondere Wohnformen gemäß § 42a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII). Denn das Haus, in dem der Betroffene lebt, stellt sich nach den oben wiedergegebenen Vertragsbedingungen als Wohnform im Sinne des § 42a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII dar, d.h. als Wohnform, in der jemandem keine eigene abgeschlossene Wohnung zur Verfügung gestellt, sondern zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe allein oder zu zweit persönlicher Wohnraum und zusätzliche Räumlichkeiten zur gemeinschaftlichen Nutzung zu Wohnzwecken überlassen wird. (…). Bei den Anträgen auf Vergütung war bisher immer davon ausgegangen, dass der Betroffene in einer stationären Einrichtung untergebracht ist. Daher gehe ich davon aus, dass das Haus bis zum Inkrafttreten der dritten Reformstufe des BTHG als ‚stationäre Einrichtung in der Eingliederungshilfe‘ geführt wurde.
80Dem steht auch die im Beschluss des BGH vom 29.06.2021 (Az.: XII ZB 480/21; veröffentlicht in juris) getroffene Entscheidung nicht entgegen. Der zu dieser Entscheidung in juris veröffentlichte Leitsatz lautet: ‚Lebt der Betroffene in einer ambulant betreuten Einrichtung der Eingliederungshilfe (SGB IX), in der er verpflichtet ist, behandlungspflegerische Leistungen, die über einfache ärztlich verordnete behandlungspflegerische Maßnahmen hinausgehen, auf eigene Kosten durch externe Dienstleister zu decken, hat er seinen gewöhnlichen Aufenthalt auch dann nicht in einer stationären Einrichtung oder dieser gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform, wenn der Schwerpunkt der angebotenen Leistungen nicht im Bereich der Behandlungspflege liegt (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 16. Juni 2021 - XII ZB 46/21, MDR 2021, 1157 und vom 5. Mai 2021 - XII ZB 580/20, FamRZ 2021, 1314).(Rn.9).‘
81In dem durch den BGH entschiedenen o.g. Fall bewohnte der Betroffene ein Zimmer in einer Außenwohngruppe eines Trägers sozialer Dienste. Zweck der Außenwohngruppe ist es, die dort lebenden Bewohner an eine selbständige Lebensführung heranzuführen. Vertragsgrundlage ist ein Wohn- und Betreuungsvertrag in besonderen Wohnformen i.S.v. § 42 a Abs. 2 Nr. 2 SGB XII. Der vorliegende Fall ist anders gelagert. Der Betroffene lebt nicht in einer Außenwohngruppe, sondern in einer Wohngruppe, die sich direkt in der Einrichtung des Q. selbst befindet. Aufgrund seines Alters und seiner Diagnose ist es auch nicht mehr möglich, den Bewohner an eine selbständige Lebensführung heranzuführen. Aus der Anlage 11.0 des Vertrages zu besonderen Wohnformen in der Eingliederungshilfe vom 18.11.2019 ergibt sich, dass der Betreuer den ärztlichen Dienst von der Stiftung Q. (Rechtsträger) und die von ihm beauftragten Personen des ärztlichen Dienstes zur Behandlung des Grundleidens und aller interkurrenten Erkrankungen, die mit Mitteln der Einrichtung behandelt werden können, und alle darüberhinausgehenden fach- und zahnärztlichen Behandlungen zu veranlassen.
82Ferner wurde die Stiftung Q. vom Betreuer damit beauftragt, alle notwendigen Anträge bei der zuständigen Krankenkasse zu stellen, die im Zusammenhang mit individuell zu tragenden Kosten gemäß SGB V stehen. Der Betreute ist somit nicht verpflichtet, behandlungspflegerische Leistungen, die über einfache ärztlich verordnete behandlungspflegerische Maßnahmen hinausgehen, auf eigene Kosten durch externe Dienstleister zu decken.
83Der Betreute befindet sich in einer heilpädagogischen und pflegerischen Betreuung von Q., einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen. Laut ärztlichem Attest vom 00.00.0000 (Blatt 165 d.A.) besteht bei dem Betreuten eine mittelschwere Intelligenzminderung, ferner sind Unruhezustände, massive Konzentrationsstörungen und eine nicht näher klassifizierte psychiatrische Störung vorhanden, welche eine neuroleptische Dauertherapie erforderlich machen. Dies führt dazu, dass ein tägliches engmaschiges ‚Sich-Kümmern‘ um den Betreuten erforderlich ist. Aus diesem Grunde wurde die Unterbringung in einer stationären Einrichtung erforderlich. Auch die Regelung des § 8 im Vertrag für besondere Wohnformen in der Eingliederungshilfe ändert hieran nichts. Stellt der Leistungserbringer fest, dass der Bewohner so pflegebedürftig ist, dass die Pflege in der gemeinschaftlichen Wohnform nicht mehr sichergestellt werden kann, vereinbart er nach § 8 des o.g. Vertrages mit dem Eingliederungshilfeträger und der zuständigen Pflegekasse den Umzug in eine geeignete Einrichtung. Ein solcher Fall wäre auch denkbar, wenn der Betreute aufgrund einer fortschreitenden Erkrankung in eine Palliativstation untergebracht werden müsste oder in eine Einrichtung, in der auch Beatmungsgeräte zur Verfügung gestellt werden können.
84Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 0. Juli 2023 (Bl. 373 des Vergütungshefts) Stellung genommen. Hierin führt er im Wesentlichen aus, dass mit Inkrafttreten der 3. Stufe des Bundesteilhabegesetzes zum 01.01.2020 die Trennung von Fachleistungen und existenzsichernden Leistungen vollzogen worden sei. Eingliederungshilfeleistungen seien nunmehr im Wesentlichen reine Fachleistungen, die sich an den Bedarfen des einzelnen Menschen ausrichteten. Die Sicherung des Lebensunterhaltes, Bekleidung, Kosten der Unterkunft incl. Heiz- und Nebenkosten seien nicht mehr Bestandteil der pauschalen Vollversorgung, sondern für jeden Hilfebedürftigen einzeln im Rahmen der Sozialhilfe (SGB XII) oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) zu beantragen. Aus dem bis zum 31.12.2019 üblichen vollumfänglich versorgten taschengeldempfangenden Hilfebedürftigen sei ein Mieter mit individuellem Einkommen und der Möglichkeit, seine Bedarfe nach eigenen Wünschen abzudecken, geworden. Die Individualisierung gehe einher mit der Verpflichtung wiederkehrende existenzsichernde Anträge zu stellen (Sozialhilfe, Grundsicherungsleistungen, Wohngeld, Rente, Berufsausbildungsbeihilfen) und ein Girokonto einzurichten, um Einkünfte zu verwalten und den Lebensunterhalt sicherzustellen. Während zuvor das Heim das Gesamtpaket der Vollversorgung und den jeweils erforderlichen Hilfebedarf erbracht habe und über eine Grundpauschale, Maßnahmenpauschale und einen Investitionsbetrag vergütet worden sei, die Versorgungsleistungen fest mit der Wohnform verbunden gewesen seien und dadurch die individuellen Wahlmöglichkeiten der Leistungsberechtigten erheblich begrenzt gewesen seien, werde nunmehr in der Eingliederungshilfe nicht mehr zwischen stationären, teilstationären oder ambulanten Leistungen unterschieden. Die für Menschen mit Behinderungen zu erschließenden Hilfen (Fachleistungen) orientieren sich nunmehr ausschließlich an deren individuellem Bedarf. Aus der individuellen Ermittlung, Beantragung und Sicherstellung der auf den Einzelfall zugeschnittenen Hilfen ergebe sich für den beruflichen Betreuer neben einem erheblichen zeitlichen Mehraufwand auch eine Steigerung der Verantwortung. Der für den Betroffenen abgeschlossene Wohn- und Betreuungsvertrag schließe die freie Wahl eines Anbieters von Pflege- und Betreuungsleistungen nicht aus. Die wohnungsgebende Einrichtung halte für den Pflegefall kein Personal vor, sondern regele für den Fall des intensiveren Pflegebedarfs den Umzug in eine geeignete Einrichtung. Die Wohnsituation des Betroffenen bilde die Gegebenheiten einer üblichen Wohngemeinschaft ab. Der Betreute finanziere seine Wohnung unter dem Einsatz des bezogenen Wohngeldes.
85Das Amtsgericht Borken hat mit Beschluss vom 10. August 2023 den Vergütungsantrag des Beschwerdeführers zurückgewiesen und die von dem Betroffenen genutzte Wohnform als stationäre Einrichtung im vergütungsrechtlichen Sinne eingeordnet.
86Es hat hierzu ausgeführt:
87„Der Festsetzungsantrag bezieht sich auf die zurückliegenden 5 Abrechnungsquartale. Er wird dahingehend ausgelegt, dass damit die Vergütung für die letzten 5 Abrechnungsquartale, somit für die Zeit vom 01.01.2022 bis 31.03.2023 geltend gemacht wird. Soweit die Pauschalvergütung für den Zeitraum vom 01.01.2022 bis 31.12.2022 geltend gemacht wird, ist noch das VBVG i.d.F. bis zum 31.12.2022 anwendbar (im Folgenden VBVG a.F.), im Übrigen findet hingegen das neue VBVG Anwendung (§ 18 VBVG; im Folgenden VBVG n.F.).
88Der nachträgliche Festsetzungsantrag wurde auch rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist von 15 Monaten nach der Entstehung der Ansprüche geltend gemacht (§ 16 III VBVG n.F. bzw. § 2 VBVG a.F.).
89Geltend gemacht wird somit ein weiterer Betrag von 15 Monate x (171,- € - 102,- ) = 1.035,- €.
90Der erneute Festsetzungsantrag ist zulässig, insbesondere rechtzeitig gestellt worden. Über die Festsetzungsanträge für die Zeit vom 01.01.2022 bis 30.09.2022 wurde bereits förmlich entschieden. Die Vergütung wurde gegen den vermögenden Betroffenen festgesetzt. Die Beschlüsse sind formell und materiell rechtskräftig. Ab dem 01.01.2023 wurde der Vermögensschonbetrag des Betroffenen auf 10.000,- € erhöht. Der erhöhte Schonbetrag ist auch maßgeblich, soweit es die Vergütungsansprüche bis einschließlich 31.12.2022 betrifft (vgl. Deinert/Lütgens HK-BUR 145. EL 08/2023 § 18 VBVG n.F. RdNr. 6b). Bei dem neuen Festsetzungsantrag wurde die Anweisung des Geldbetrags beantragt. Der neue Festsetzungsantrag wird daher als Festsetzungsantrag gegen die Landeskasse ausgelegt. Die ergänzende Festsetzung ist zulässig, da die Rechtskraft der Vergütungsbeschlüsse nur inter partes, d.h. bei Festsetzung gegen den vermögenden Betroffenen zwischen Betreuer und Betroffenen (Prütting/Helms 6. Aufl. 2023 § 292 FamFG RdNr. 41) wirkt. Die materielle Rechtskraft der Vergütungsbeschlüsse, die ansonsten einer Nachfestsetzung gegen denselben Betroffenen entgegenstehen würde (OLG Hamm BtPrax 2009,130ff.), hindert somit nicht die nachträgliche Festsetzung des Differenzbetrags gegen die Landeskasse.
91Die Pauschalvergütung unterscheidet nach § 9 III VBVG n.F. bzw. § 5 III VBVG a.F. danach, ob der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einer stationären Einrichtung, einer ambulant betreuten Wohnform oder einer der stationären Einrichtung gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform hat.
92Die Unterscheidung ist nicht davon abhängig, ob der Betroffene seine Kosten selbst finanziert oder ob diese Kosten durch Sozialleistungen bestritten werden. Im Ergebnis kann daher unberücksichtigt bleiben, ob diese Kosten im Rahmen einer pauschalen Vollversorgung durch einen Sozialleistungsträger oder individuell durch eine Mehrzahl von Sozialleistungsträgern erstattet werden. Soweit der Betreuer im Schreiben vom 07.07.2023 auf die Änderung der Eingliederungshilfe zum 01.01.2020 abstellt, kann diesem Sachvortrag bereits aus den vorgenannten Gründen nicht gefolgt werden. Dies ergibt sich des Weiteren auch aus der Gesetzesbegründung zu § 5 III VBVG BR Drs. 101/19 S. 26, wonach der Begriff Heim i.S.d. VBVG durch den Begriff stationäre Einrichtung ersetzt wird, hiermit eine inhaltliche Änderung nicht verbunden ist und darunter auch die Wohnformen nach § 42a II 1 Nr. 2 SGB XII fallen, die an die Stelle der bis 2019 bestehenden stationären Einrichtungen in der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII treten. Hierdurch wird klar zum Ausdruck gebracht, dass auch bei Leistungsbezug neuer Eingliederungshilfe i.d.F. ab dem 01.01.2020 es Fallgestaltungen gibt, in denen der Betroffene vergütungsrechtlich unter Anwendung des VBVG seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einer stationären Einrichtung hat (so auch LG Münster BtPrax 2021,76f.).
93Die Voraussetzungen für stationäre Einrichtungen nach dem VBVG sind in § 9 III Nr. 1 VBVG n.F. bzw. § 5 III VBVG a.F. definiert. Danach sind stationäre Einrichtungen solche Einrichtungen, die dem Zweck dienen, Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen, sowie tatsächliche Betreuung oder Pflege zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden.
94Strittig ist hier allein, ob die Einrichtung Q. A. tatsächlich Betreuung oder Pflege zur Verfügung stellt oder vorenthält. Nach § 3 des Wohn- und Betreuungsvertrags vom 18.11.2019 i.V.m. der Anlage 2.0 werden umfangreiche Fachleistungen der Eingliederungshilfe erbracht. Zu diesen Fachleistungen gehören insbesondere Leistungen der Grundpflege und einfachste Behandlungspflege (Abs. 1 c. der Anlage 2.0). Zudem stellt die Einrichtung die hausärztliche Versorgung sicher (§ 3 des Vertrags i.V.m. Abs. 1e. der Anlage 2.0 und der Anlage 10.0). Damit sind auch die Voraussetzungen Zurverfügungstellung tatsächlicher Betreuung oder Pflege erfüllt, mit der Folge, dass sich der Betroffene in einer stationären Einrichtung aufhält.
95Der Einstufung als stationäre Einrichtung steht auch nicht entgegen, dass der Anbieter von Betreuungs- und Pflegeleistungen frei wählbar ist. Der Gesetzgeber unterscheidet zunächst zwischen stationären Einrichtungen und ambulant betreuten Wohnformen. Bei stationären Einrichtungen werden diese Leistungen durch die eigenen Mitarbeiter erbracht (vgl. auch EMail O., Q. vom 00.00.0000). Bei der ambulant betreuten Wohnform werden Betreuungs- und Pflegeleistungen durch externe Anbieter erbracht und nur bei dieser Wohnform muss zur Gleichstellung mit stationären Einrichtungen insbesondere erfüllt sein, dass der Anbieter der extern angebotenen Betreuungs- und Pflegeleistungen nicht frei wählbar ist (§ 9 III 3 VBVG n.F. bzw. § 5 III 3 VBVG a.F.). Auch die von dem Betreuer aufgeführten BGH-Entscheidungen betrafen jeweils den Fall, dass sich der Betroffene in einer Außenwohngruppe aufhielt. Hier mussten die besonderen Voraussetzungen des § 9 III 3 VBVG n.F. bzw. § 5 III 3 VBVG a.F. erfüllt sein, damit eine Gleichstellung der ambulant betreuten Wohnform mit einer stationären Einrichtung erfolgen kann. Vorliegend hält sich jedoch der Betroffene in einer Wohngruppe auf, die sich direkt in der Einrichtung des Q. befindet. Es liegt somit bereits kein Aufenthalt in einer Außenwohngruppe i.S.d. BGH-Entscheidungen vor, der den Bewohner an einer selbständigen Lebensführung heranführen soll. In diesem Fall ist § 9 III 2 Nr. 1 VBVG n.F. bzw. § 5 III 2 Nr. 1 VBVG a.F. direkt anwendbar.
96Es ist zwar zutreffend, dass in dem Q. keine Intensivpflege angeboten wird. Bei dem Q. handelt es sich um eine Einrichtung der Behindertenhilfe. Im Vordergrund steht die Betreuung durch professionelle Betreuungskräfte. Die Einrichtung ist daher für Intensivpflege nicht eingerichtet (vgl. auch § 8 des Vertrags, wonach in diesem Fall ein Umzug in eine andere Einrichtung vorgenommen werden muss). Nach § 9 III 2 Nr. 1 VBVG n.F. bzw. § 5 III 2 Nr. 1 VBVG a.F. ist jedoch nur Voraussetzung, dass die Einrichtung tatsächlich Betreuung oder Pflege zur Verfügung stellt oder vorhält. Unter den Begriff Betreuung fällt insbesondere die Betreuung durch professionelle Betreuungskräfte in der Behindertenhilfe (BGH FamRZ 2022, 894ff. RdNr. 11). Nach dem Gesetz müssen somit Betreuung oder Pflege alternativ und nicht kumulativ angeboten werden (vgl. LG Münster Beschluss vom 14.04.2022 – Az.: 5 T 89/22 –). Der Einrichtungsträger muss eine umfassende, von der aktuellen Situation des Betroffenen grundsätzlich unabhängige und dadurch den Betreuer dauerhaft entlastende Versorgungsgarantie übernommen haben (BGH FamRZ 2011,287f. RdNr. 16). Betreuung und Pflege sind nach dem Gesetzeswortlaut gleichwertig. Der Pflege kommt damit keine vorrangige Bedeutung zu. In dem Q. werden nach dem vorgelegten Vertrag dauerhaft umfangreiche Betreuungsleistungen durch professionelle Betreuungskräfte erbracht. Des Weiteren wird noch Grundpflege und einfachste Behandlungspflege erbracht. Damit sind die Voraussetzungen des § 9 III 2 Nr. 1 VBVG n.F. bzw. § 5 III 2 Nr. 1 VBVG a.F. erfüllt. Allein die Tatsache, dass die Einrichtung darüber hinaus keine Leistungen der Intensivpflege erbringt, stellt den Aufenthalt in einer stationären Einrichtung nicht in Frage. Ein Heimträger wird vernünftigerweise eine von seinen personellen und sächlichen Möglichkeiten losgelöste Versorgungszusage nicht eingehen. Die Forderung, nach der eine Einrichtung nur bei Eingehung einer solchen Verpflichtung als stationäre Einrichtung anzusehen ist, würde daher die Differenzierung in § 9 III 2 VBVG n.F. bzw. § 5 III 2 VBVG a.F. praktisch unterlaufen und im Ergebnis dem Betreuer eine Vergütung zuerkennen, deren Höhe von dem - mit einer umfassenden Versorgung in einer Einrichtung nach der gesetzlichen Wertung typischerweise verbundenen geringeren - Arbeitsaufwand für den Betreuer nicht mehr gedeckt wäre (BGH FamRZ 2011,287f. RdNr. 16).“
97Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner vom Amtsgericht im angefochtenen Beschluss ausdrücklich zugelassenen, Beschwerde vom 17. August 2023 (Bl. 399ff. des Vergütungshefts).
98In dieser wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und vertieft es dahin, dass im Bereich der Eingliederungshilfe der aus dem vollstationären Heimbereich stammende Begriff der „Außenwohngruppe“ nicht anwendbar sei. Vorliegend sei ein übliches Mietverhältnis mit Eingliederungshilfeleistungen zu unterstellen. Argumentiere man im vorliegenden Fall mit Begrifflichkeiten, Beschlüssen und Sachverhalten, die in der Zeit vor dem Inkrafttreten der dritten Stufe des Bundesteilhabegesetzes einschlägig waren, stehe ein solches Verhalten dem Inklusionsgedanken der Eingliederungshilfe als „Neue Hilfeform“ entgegen. Der Betreute finanziere seinen Wohnraum und seinen Lebensunterhalt vorrangig über sein Werkstatteinkommen und seine Rente. Ferner beziehe er Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz. Die Leistungen der Eingliederungshilfe trage der LWL. Der Anbieter der Wohn- und Betreuungsleistungen halte keine vollumfängliche Pflege vor oder könne diese bei Bedarf anbieten. Die aus dem vorliegenden Wohn- und Betreuungsvertrag abzuleitenden Pflichten des Eingliederungshilfeträgers gingen im Bereich der Pflege nicht über die Leistungen der Grundpflege und einfachste Behandlungspflege nach § 131 SGB IX NRW hinaus. Die freie Auswahl der behandelnden Ärzte und Therapeuten erfahre im bestehenden Vertrag keine Begrenzung. Ärztlich verordnete Maßnahmen, die über einfachste behandlungspflegerische Leistungen hinausgingen, könnten bei frei wählbaren externen Leistungsanbietern beauftragt werden. Ferner sehe der § 8 des Wohn- und Betreuungsvertrages vor, dass der Leistungserbringer (unter Einbeziehung der Pflegekasse) den Umzug des Bewohners, der so pflegebedürftig geworden sei, dass seine sachgerechte Versorgung mit den Möglichkeiten der Eingliederungshilfe nicht mehr zu sichern sei, in eine geeignete Pflegeeinrichtung verlangen könne. In diesem Zusammenhang sei auch das sich aus § 17 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 6 des Wohn- und Betreuungsvertrages ergebende Kündigungsrecht des Leistungserbringers beachtlich. Einer solchen Kündigung könne der erheblich pflegebedürftig gewordene Bewohner die Grundlage nur dadurch entziehen, dass er die nicht durch die Eingliederungshilfe abgedeckten Pflegeleistungen bei einem frei wählbaren Drittanbieter einkaufe und seine pflegerische Versorgung so sichere. Der Bezug von Pflegewohngeld sei der vollstationären, hier nicht gegebenen Heimpflege zuzuordnen und im Bereich der hier vorliegenden Eingliederungshilfe ausgeschlossen. Aus dem bis zum 31.12.2019 vollumfänglich versorgten taschengeldempfangenden Betreuten sei ein Mieter mit individuellem Einkommen und der Möglichkeit, wie auch der Verpflichtung, geworden, seine Bedarfsabdeckung selbstbestimmt zu organisieren. Der Arbeitsaufwand des Beschwerdeführers und der Grad der Verantwortung sei um ein Vielfaches höher als der, der sich aus der Arbeit mit vollstationär versorgten Personen ergibt. Diesem Mehraufwand sei durch die Anpassung der Betreuervergütung Rechnung zu tragen.
99Auf die Schreiben des Beschwerdeführers vom 0. Juli 2023 (Bl. 373ff. eAkte) und vom 00. August 2023 (Bl. 399ff. eAkte) und die Stellungnahmen des Bezirksrevisors vom 00. Juni 2023 (Bl. 356ff. d. eAkte), 0. Juli 2023 (Bl. 369f. d. eAkte) und vom 00. Juli 2023 (Bl. 384ff. d. eAkte) wird ergänzend Bezug genommen.
100Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 21. August 2023 (Bl. 408 des Vergütungshefts) nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht – Beschwerdekammer – zur Entscheidung vorgelegt.
101Das Amtsgericht hat hierzu ausgeführt:
102„Für die Entscheidung, ob der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einer stationären Einrichtung hat, ist es ohne Bedeutung, ob ein konkretes Zimmer vermietet wurde. So gibt es auch Pflegeheimverträge, in denen ein konkretes Zimmer mitvermietet ist, ohne dass dies den gewöhnlichen Aufenthalt des Betroffenen in einer stationären Einrichtung in Frage stellt.
103Die Möglichkeit des Leistungserbringers, bei Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Betroffenen den Vertrag zu kündigen, steht ebenfalls der Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts des Betroffenen in einer stationären Einrichtung nicht entgegen (BGH FamRZ 2011,287f.).
104Für die Entscheidung, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des VBVG gegeben sind, ist eine typisierende Betrachtung erforderlich. Es wird dabei insbesondere unterschieden, ob der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einer stationären Einrichtung, in einer ambulant betreuten Wohnform oder in einer der der stationären Einrichtung gleichgestellten ambulant betreuten Wohnform hat (§ 5 III VBVG a.F. bzw. § 9 III VBVG n.F.). Bei einem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung geht der Gesetzgeber typischerweise davon aus, dass der Betreuer durch eine von dem Einrichtungsträger umfassend übernommene, von der aktuellen Situation des Betroffenen grundsätzlich unabhängige Versorgungsgarantie dauerhaft entlastet wird. Dies ist vorliegend gegeben, auch wenn der Einrichtungsträger nicht sämtliche Formen der Pflege übernimmt und ihm in diesem Fall ein Kündigungsrecht zusteht (BGH a.a.O.). Insbesondere ergibt sich aus § 3 Abs. 1 des Wohn- und Betreuungsvertrags, dass sich die Leistungen des Leistungserbringers an dem jeweiligen Bedarf des Bewohners orientieren, somit von der aktuellen Situation des Bewohners grundsätzlich unabhängig sind.
105Bei der Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen des VBVG ist der Gesetzeswortlaut, die Gesetzesbegründung und auch der Wille des historischen Gesetzgebers zu berücksichtigen (BGH FamRZ 2010,207ff., BGH FamRZ 2009,1477ff.).
106Wie bereits in dem angefochtenen Beschluss dargelegt, wird Pflege und Betreuung in § 5 III VBVG a.F. bzw. § 9 III VBVG n.F. gleichrangig betrachtet, es besteht somit kein Vorrang der Pflegeleistungen. Des Weiteren ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 5 III VBVG BR-Drs. 101/19 S. 26, dass Wohnformen nach § 42a II 1 Nr. 2 SGB XII, die an die Stelle der bis 2019 bestehenden stationären Einrichtungen in der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII treten, weiterhin unverändert als stationäre Einrichtungen i.S.d. VBVG anzusehen sind.
107Bei der Entscheidung kann auch das Verhältnis des Entgelts für Betreuungsleistungen im Verhältnis zur Miete berücksichtigt werden (MüKoBGB/Fröschle, 8. Aufl. 2020, § 5 VBVG RdNr. 33). Zwar ist im VBVG der Verweis auf § 1 Abs. 2 HeimG entfallen. Es bleibt aber dabei, dass im Vergütungsrecht dafür eine Betreuung notwendig ist, die die Organisation des Lebens des Bewohners der Einrichtung dem Betreuer im Wesentlichen abnimmt. Dafür spricht eine tatsächliche Vermutung, wenn das für die Betreuungsleistungen verlangte Entgelt im Verhältnis zur Miete für den überlassenen Wohnraum von übergeordneter Bedeutung ist. Im vorliegenden Fall übersteigt das Entgelt für die Betreuungsleistungen i.H.v. 3.828,12 € bei Weitem das Entgelt für die Miete i.H.v. 468,60 €.
108Die Pauschalvergütung wird lediglich anhand einer typisierenden Betrachtung ermittelt. Bei der Höhe der Pauschalvergütung ist es somit unerheblich, ob der Betreuer überhaupt eine Tätigkeit wahrgenommen hat oder in dem vom Gesetz pauschalierend unterstellten Umfang tätig geworden ist (BGH FamRZ 2008,1611ff.). Aus den gleichen Gründen kann auch eine Erhöhung der Pauschalvergütung nicht erfolgen, wenn der Betreuer außerhalb der typisierend festgelegten Umstände einen höheren Arbeitsaufwand hat. Der zusätzliche Arbeitsaufwand, der mit der Eröffnung eines Girokontos und Beantragung von zusätzlichen Sozialleistungen (z.B. Wohngeld) einhergeht, wird daher nicht gesondert vergütet. Es wird hierdurch insbesondere nicht die Versorgungsgarantie des Einrichtungsträgers und die damit einhergehende Entlastung des Betreuers in Frage gestellt.“
109II.
110Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig. Das Amtsgericht hat die Beschwerde ausdrücklich zugelassen.
111Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Amtsgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Betroffene nicht in einer anderen Wohnform im Sinne des § 5 Abs. 3 VBVG a.F. / § 9 Abs. 3 VBVG lebt. Eine höhere Vergütungsfallpauschale ist nicht gerechtfertigt.
1121.
113Für die vier Quartale im Jahr 2022 richtet sich die Fallpauschale nach § 5 Abs.1 VBVG in der maßgeblichen Fassung vom 27. Juli 2019 bis zum 31. Dezember 2022 und für das 1. Quartal 2023 nach dem seit dem 1. Januar 2023 geltenden § 9 Abs. 3 VBVG. Der Inhalt beider Normen entspricht sich. In beiden Fällen richtet sich die Höhe der Fallpauschalen, die ein Berufsbetreuer nach § 8 Abs.1 VBVG bzw. § 4 Abs. 1 VBVG a.F. als Vergütung verlangen kann, nach der Dauer der Betreuung, dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betreuten und dessen Vermögensstatus. Die Betreuungsdauer und der Vermögensstatus des Betroffenen sind unstreitig. Fraglich ist allein, wie die Wohnsituation des Betroffenen vergütungsrechtlich einzuordnen ist.
114Hinsichtlich des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Betreuten ist nach § 9 Abs. 3 VBVG / § 5 Abs. 3 Satz 1 VBVG a.F. zwischen stationären Einrichtungen und diesen nach Satz 3 gleichgestellten ambulant betreuten Wohnformen einerseits und anderen Wohnformen andererseits zu unterscheiden. Stationäre Einrichtungen sind gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 VBVG / § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 VBVG a.F. Einrichtungen, die dem Zweck dienen, Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie tatsächliche Betreuung oder Pflege zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden. Ambulant betreute Wohnformen sind gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 VBVG, § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 VBVG a.F. entgeltliche Angebote, die dem Zweck dienen, Volljährigen das Leben in einem gemeinsamen Haushalt oder einer Wohnung bei gleichzeitiger Inanspruchnahme extern angebotener entgeltlicher Leistungen tatsächlicher Betreuung oder Pflege zu ermöglichen. Sie sind stationären Einrichtungen dann gleichgestellt, wenn die in der ambulant betreuten Wohnform extern angebotenen Leistungen tatsächlicher Betreuung oder Pflege als Rund-um-die-Uhr-Versorgung durch professionelle Betreuungs- oder Pflegekräfte zur Verfügung gestellt oder vorgehalten werden und der Anbieter der extern angebotenen Betreuungs- und Pflegeleistungen nicht frei wählbar ist (§ 9 Abs. 3 Satz 3 VBVG, § 5 Abs. 3 Satz 3 VBVG a.F.).
115Ist im Einzelfall zweifelhaft, welcher für das Vergütungsrecht maßgeblichen Wohnform der gewöhnliche Aufenthalt eines Betroffenen entspricht, ist eine teleologische Auslegung erforderlich (vgl. BGH, Beschlüsse, jeweils vom 5. Mai 2021, XII ZB 576/20, XII ZB 580/20 und XII ZB 581/20, alle juris; BGH, Beschluss vom 2. Juni 2021, XII ZB 582/20, juris; BGH Beschluss vom 19. Januar 2022, XII ZB 324/21, juris).
116Durch das Gesetz zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung vom 22. Juni 2019 (BGBl. I S. 866) wurde in § 5 Abs. 3 VBVG nicht nur der Begriff „Heim“ durch den moderneren Begriff der „stationären Einrichtung“ ersetzt, es erfolgte auch die Erweiterung auf die stationären Einrichtungen gleichgestellte Wohnformen. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten damit bestimmte ambulant betreute Wohnformen typisierend erfasst werden, bei denen aus strukturellen Gründen der Aufwand für die rechtliche Betreuung dem Aufwand für Betreute in stationären Einrichtungen gleicht (BT-Drucks. 19/8694 S. 28). Für die Auslegung ist damit entscheidend, ob die in der Einrichtung angebotenen Versorgungs- und Pflegeleistungen generell geeignet sind, einem Betreuer die Organisation des Lebens des Betreuten im Wesentlichen abzunehmen, denn nur wenn der Aufwand der rechtlichen Betreuung aus strukturellen Gründen geringer ist, ist eine Herabsetzung der monatlichen Fallpauschale gerechtfertigt (vgl. BGH, Beschlüsse jeweils vom 5. Mai 2021, XII ZB 576/20, XII ZB 580/20 und XII ZB 581/20, alle juris; BGH, Beschluss vom 2. Juni 2021, XII ZB 582/20, juris; BGH Beschluss vom 19. Januar 2022, XII ZB 324/21, juris). So hat der BGH in seiner Entscheidung vom 19. Januar 2022 entscheidend darauf abgestellt, dass es für die Anwendbarkeit der reduzierten Zeitansätze entscheidend darauf ankommt, ob die Wohnform sich durch eine permanente Präsenz oder zumindest durch eine ständige Erreichbarkeit (ständige Rufbereitschaft) professioneller Pflege- und Betreuungskräfte auszeichnet. Erforderlich ist eine umfassende, von der aktuellen Situation des Betroffenen grundsätzlich unabhängige Versorgungsgarantie (Götz in: Grüneberg, BGB-Kommentar, 82. Auflage, Anh. zu § 1881 (VBVG), VBVG 9, Rd. 8). Unerheblich ist es hingegen, ob der Betreuer durch den Aufenthalt des Betreuten in einem Heim bzw. in einer ambulant betreuten Wohnform tatsächlich entlastet ist (vgl. BGH, ebenda; Götz in Grüneberg, ebenda).
1172.
118Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Entscheidung des Amtsgerichts zutreffend. Es ist lediglich die reduzierte Fallpauschale zugrunde zu legen, weil der Betroffene seinen Lebensmittelpunkt und gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einer „anderen Wohnform“ im Sinne des Vergütungsrechts hat.
119Insoweit wird zur Begründung zunächst auf die oben wiedergegebenen und von der Kammer als zutreffend erachteten Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung und im Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts Borken verwiesen.
120Darüber hinaus bemerkt die Kammer:
121Die vertragliche Regelung zwischen der Einrichtung und dem Betroffenen geht vorliegend deutlich über den vom Beschwerdeführer benannten Charakter einer üblichen Wohngemeinschaft hinaus. Für § 9 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 VBVG ist es zudem ausreichend, wenn pflegerische oder betreuerische Leistungen vorgehalten werden.
122Insbesondere beschränkt sich die Leistung, die der Betroffene nach dem abgeschlossenen Vertrag von der Einrichtung erhält, nicht auf die entgeltliche Überlassung einer Wohnung verbunden mit einzelnen Pflegeleistungen eines anderen externen Anbieters. Vielmehr hat der Betroffene Anspruch auf eine umfassende, bedarfsgerechte Betreuung und Versorgung in seiner angemieteten Wohnung und zwar rund um die Uhr, nämlich nach der vertraglichen Vereinbarung, Tag und Nacht, und tatsächlich „aus einer Hand“. Die Einrichtung vermietet dem Betroffenen nicht nur ein vollmöbliertes Zimmer und einen Aufenthaltsraum und beschränkt sich auch nicht auf haushaltswirtschaftliche Leistungen wie Verpflegung, Wäsche und Reinigung der angemieteten Bereiche, sondern hält darüber hinaus vor und erbringt auch gegenüber dem Betroffenen eine Betreuung in Form der in der oben angeführten Vertragsanlage zusammengefassten Fachleistungen der Eingliederungshilfe, und das durch eigene Fachkräfte. Zudem unterhält die Einrichtung einen eigenen medizinischen Dienst, der nach der vertraglichen Vereinbarung mit dem Betroffenen seine medizinische Grundversorgung sicherstellt. Der Betroffene kann somit insgesamt innerhalb der Einrichtung auf einen professionellen Organisationsapparat zurückgreifen und die für die erforderlichen Leistungen hinzugezogenen Mitarbeiter der Einrichtung haben zur Leistungserbringung das vertragliche Recht, die Wohnung des Betroffenen zu betreten und Ihre Leistungen dort zu erbringen, was gerade den Charakter einer stationären Unterbringung prägt.
123III.
124Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG. Der festgesetzte Verfahrenswert entspricht der Differenz zwischen der beantragten und der festgesetzten Vergütung.
125IV.
126Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst, weil es sich bei der vergütungsrechtlichen Einordnung des Hauses, in dem der Betroffene lebt, um eine Einzelfallentscheidung handelt.