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1.
Der Mehraufwand für arbeitsrechtliche Besonderheiten, hier die Teilnahme an insgesamt 90 Gerichtsterminen, ist zuschlagswürdig, da sich diese Tätigkeiten nicht in einer Erhöhung der Insolvenzmasse widerspiegeln müssen.
2.
Die Verwaltervergütung ist grundsätzlich erfolgsunabhängig.
3.
Die Gewährung eines Zuschlags für die hohe Zahl an Forderungsanmeldungen, hier 190 angemeldete Forderungen bei 163 Gläubigerin, ist in Höhe von 5 % angemessen.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Vergütung des Insolvenzverwalters nebst Auslagen und Umsatzsteuern auf 298.544,46 € festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Insolvenzverwalter, wobei die Gerichtsgebühr auf die Hälfte ermäßigt wird.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Schuldnerin zu 15 % und der Insolvenzverwalter zu 85 %.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 203.362,90 € festgesetzt.
Gründe:
2Die Beschwerde ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
3Dass der Insolvenzverwalter im vorliegenden Fall Tätigkeiten im Rahmen der Betriebsfortführung ausgeübt hat, die die Gewährung eines Zuschlages dem Grunde nach rechtfertigen, wird weder vom Amtsgericht noch von der Kammer in Frage gestellt. Das Amtsgericht ist jedoch bei der Bemessung des Zuschlages der Höhe nach zu Recht mit Verweis auf den Beschluss des BGH vom 29.04.2021 (IX ZB 58/19) davon ausgegangen, dass in Fällen, in denen eine große Insolvenzmasse vorhanden ist, die Tätigkeiten des Insolvenzverwalters in der Regel durch die vergleichsweise hohe Regelvergütung bereits abgegolten sind. Weitere Zuschläge sind nur dann gerechtfertigt, wenn verglichen mit anderen Verfahren vergleichbaren Umfangs vom Insolvenzverwalter erhebliche Mehraufwände dargelegt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 21.09.2017 [IX ZB 28/14] Rn 24). Schließlich war hier bei der Bemessung des Zuschlages zu berücksichtigen, dass auf Erschwernisse, die durch den Insolvenzverwalter auf Dritte übertragen werden, kein Zuschlag gestützt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 11.03.2020 [IX ZB 122/08]).
4Gemessen an diesen Kriterien ist die Festsetzung eines Zuschlages in Höhe von 15 % für die Betriebsfortführung und Ausproduktion nicht zu beanstanden. Dabei mag es zutreffen, dass die Betriebsfortführung und Ausproduktion hier vor allen Dingen deshalb sinnvoll war, um beträchtliche Schadensersatzansprüche des Kunden K zu vermeiden. Die Kammer stellt ebenfalls nicht in Abrede, dass die Entscheidung, die D GmbH zur Entlastung des Insolvenzverwalters einzusetzen, kostengünstiger war als die vakanten Positionen auf der ersten und zweiten Leitungsebene neu zu besetzen. Nach Auffassung der Kammer rechtfertigen diese Argumente jedoch nicht die Festsetzung eines höheren Zuschlages, weil dieses Vorgehen gerade zu einer Mehrung der Masse und somit zu einer Erhöhung der Regelvergütung geführt hat und somit nicht die Festsetzung eines weiteren Zuschlags rechtfertigen kann. Schließlich stimmt die Kammer auch dem Amtsgericht darin zu, dass nicht ersichtlich ist, dass die Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit der Auslieferung mangelhafter Druckluftbehälter standen, so erheblich waren, dass ein weiterer Zuschlag gerechtfertigt wäre.
5Eine Erhöhung des Zuschlages ist jedoch unter dem Gesichtspunkt angemessen, dass das Amtsgericht bei der Bewertung des Zuschlages für die Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten fehlerhaft davon ausgegangen ist, dass sich der Insolvenzverwalter bereits im vorläufigen Insolvenzverfahren einen Überblick darüber habe verschaffen können, welche Waren mit Aus- und Absonderungsrechten belegt gewesen seien und die Bearbeitung dieser Rechte somit im Hauptverfahren erleichtert gewesen sei. Das Amtsgericht übersieht insofern, dass im Hauptverfahren Aus- und Absonderungsrechte von Lieferanten eine Rolle gespielt haben, bei denen man im vorläufigen Verfahren noch davon ausging, dass sie überhaupt nicht bestünden. Somit konnte bei der Bearbeitung der hier streitgegenständlichen Aus- und Absonderungsrechte gerade nicht auf Erkenntnisse aus dem vorläufigen Insolvenzverfahren zurückgegriffen werden. Auch hat die Bearbeitung dieser Aus- und Absonderungsrechte einen durchaus nennenswerten Arbeitsaufwand verursacht. So musste nach dem Vortrag des Insolvenzverwalters bei 36 Lieferanten, die sich nicht an einem Lieferantenpool beteiligt hatten, jeweils einzeln das Bestehen von Eigentumsvorbehalten an den gelieferten Waren geprüft werden, was einen Zeitraum von insgesamt drei Jahren beanspruchte.
6Eine weitere Erhöhung des Zuschlages ist unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt, dass vom Amtsgericht bei der Prüfung der Höhe des Zuschlages für arbeitsrechtliche Besonderheiten nicht berücksichtigt wurde, dass es im vorliegenden Fall bei 100 Kündigungen zu 40 Kündigungsschutzklagen kam, von denen 30 über zwei Instanzen geführt wurden, was eine Teilnahme an insgesamt 90 Gerichtsterminen erforderlich machte. Der Insolvenzverwalter hat im Beschwerdeverfahren auch zu Recht darauf hingewiesen, dass der Aufwand für die Bearbeitung arbeitsrechtlicher Besonderheiten nicht dadurch abgegolten wird, dass sich die Regelvergütung erhöht, denn der Umfang dieser Tätigkeiten hängt maßgeblich von der Personalintensität und der Personalaufwandsquote des jeweiligen schuldnerischen Unternehmens ab, ohne dass sich diese Tätigkeiten in einer Erhöhung der Insolvenzmasse widerspiegeln müssen (vgl. hierzu auch BGH, NZI 2019, 913 Rn 22 ff).
7Soweit das Amtsgericht keinen Zuschlag für besonderen Erfolg und die Vielzahl von Forderungsanmeldungen gewährt bzw. den beantragten Zuschlag gekürzt hat, so ist dies nicht zu beanstanden. Soweit der Insolvenzverwalter einen Zuschlag für besonderen Erfolg beantragt hat, so übersieht er, dass die Verwaltervergütung grundsätzlich erfolgsunabhängig zu gewähren ist (so auch Haarmeyer/Mock, InsVV, 6. Auflage 2019 § 3 Rn 71). Die in ZIP 2011, 1373 abgedruckte Entscheidung des BGH steht dem nicht entgegen, weil sie den Fall der Betriebsfortführung betrifft, von dem gesetzlich geregelt ist, dass er einen Zuschlag rechtfertigt. Hier soll der Zuschlag jedoch allein für das generieren einer hohen Quote gewährt werden, was letztlich auf eine erfolgsbasierte Vergütung hinausliefe.
8Soweit das Amtsgericht für die hohe Zahl von Forderungsanmeldungen lediglich einen Zuschlag von 5 % statt der beantragten 10 % gewährt hat, so ist dies bei 190 angemeldeten Forderungen von 163 Gläubigern nicht zu beanstanden, weil das übliche Maß nicht so weit überstiegen wird, dass ein höherer Zuschlag gerechtfertigt wäre.
9Nach all dem hält die Kammer in einer Gesamtschau einen weiteren Zuschlag von 20 % auf die erhöhte Regelvergütung für gerechtfertigt.
10Es ergibt sich somit eine Nettovergütung von 233.036,20 €. Hinzu kommen die Auslagen in Höhe von 17.841,50 €, die nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens waren. Die Gesamtnettovergütung beträgt somit 250.877,70 €. Die Mehrwertsteuer hieraus beträgt 47.666,76 €, sodass sich eine Gesamtvergütung von 298.544,46 € ergibt. Zur Klarstellung sei angemerkt, dass in diesem tenorierten Betrag die abzuziehenden nicht notwendigen Anwaltskosten für die Durchführung von Mahnverfahren in Höhe von 2.729,00 € netto, die der Beschwerdeführer nicht angegriffen hat, nicht berücksichtigt sind.
11Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 4 Inso, 92, 97 ZPO. Die Ermäßigung der Gerichtsgebühr wegen des Teilerfolgs der Beschwerde folgt aus Nr. 1812 KV GKG.
12Der Wert des Beschwerdeverfahrens entspricht dem Bruttobetrag der hier streitgegenständlichen Zuschläge.