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Der Antrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Verfahrenswert wird auf 488,35 € festgesetzt.
Gründe:
2I.
3Die Antragstellerin macht gegen den Antragsgegner Ansprüche auf Ausgleich von Nachteilen aus der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung geltend.
4Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute. Der Lebensmittelpunkt der gemeinsamen Kinder N3, geboren am 00.00.2011 und N4, geboren am 00.00.2014 liegt bei der Mutter. Die Kindeseltern streiten unter anderem über die Einrichtung eines Wechselmodells; auch vor dem Hintergrund wechselseitiger Unterhaltsverpflichtungen.
5Durch notarielle Urkunde der Notarin D vom 18.04.2017 verpflichtete sich der Antragsgegner zur Zahlung eines Kindesunterhaltes i.H.v. 136 %. Im Hinblick auf den Trennungs- und Nachscheidungsunterhalt vereinbarten die Beteiligten einen Abfindungsbetrag von 35.000 €. Dieser wurde in den vereinbarten Raten durch den Antragsgegner gezahlt; und zwar in Höhe von 5.000 € am 31.03.2017, in Höhe von 12.500 € am 03.05.2017 und in Höhe von 17.500 € am 02.04.2018.
6In Höhe des gezahlten Unterhaltes hat der Antragsgegner mit Zustimmung der Antragstellerin das begrenzte Realsplitting in Anspruch genommen und sich verpflichtet, die der Antragstellerin hierdurch entstehenden Nachteile zu ersetzen.
7Die Antragstellerin arbeitet als Fotografenmeisterin. N4 besucht eine vom Kreis Z getragene Kindertageseinrichtung. Mit ihrem reinen Arbeitseinkommen lag die Antragstellerin in einer Größenordnung, bei der Kindergartenbeiträge nicht anfielen. Nachdem die Antragstellerin als zahlungspflichtige Person die Steuerbescheide für 2017 und 2018 zur Akte gereicht hatte, in welchen der Unterhalt wegen des begrenzten Realsplittings als steuerpflichtiges Einkommen ausgewiesen ist, erfolgte eine Nachberechnung durch den Kreis Z. Mit Bescheid vom 15.09.2020 setzte der Kreis Kindergartenbeiträge für den Zeitraum vom 01.03.2017 bis zum 31.12.2018 i.H.v. 1845,61 € fest.
8Da sie durch den einzusetzenden Unterhalt beitragspflichtig geworden sei, verlangte die Antragstellerin den Nachforderungsbetrag vom Antragsgegner zurück. Dieser zahlte einen Betrag von 1357,26 € und vertrat die Auffassung, dass der Nachzahlungsbetrag anteilig nach dem jeweiligen Einkommen der Eltern auszugleichen sei. Grund für das Einsetzen der Beitragspflicht sei nicht die Versteuerung, sondern die Zahlung des Unterhaltes selbst.
9Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, auch der Restbetrag sei vom Antragsgegner zu tragen. Ausschließlich wegen der Zustimmung zum Realsplitting habe sie den Unterhalt versteuern müssen. Der Ehegattenunterhalt müsse ihr netto verbleiben. Er diene dazu, ihren eigenen Bedarf zu decken. Die Ausgleichspflicht umfasse nach ihrer Auffassung nicht nur die steuerlichen Nachteile sondern auch den Wegfall von Sozialleistungen oder die Erhöhung des Kindergartenbeitrages.
10Erst durch die Inanspruchnahme des begrenzten Realsplittings würden die Unterhaltsleistungen zu weiteren Einkünften im Sinne des Steuerrechts und damit zu berücksichtigungsfähigen sonstigen Einkünften. Als hieraus resultierender Nachteil sei auch die Erhöhung der Kindergartenbeiträge ersatzfähig.
11Zu berücksichtigen sei ferner, dass die Satzung zur Erhebung von Elternbeiträgen des Kreises Warendorf keine Regelung zur Berücksichtigung einer Unterhaltsabfindung enthalte. Dort sei zwar in § 4 geregelt, dass auch Unterhaltsleistungen Einkommen seien; dies könne aber nur für laufenden Unterhalt gelten, nicht für Abfindungen. Bei einer Abfindung handele sich nicht um eine Zahlung zur Deckung des Lebensbedarfs für die Zeit der für die Beitragsbemessung maßgebenden Jahre 2017 / 2018, sondern um einen Betrag, der zur Deckung des Lebensbedarfs für die Zeit nach der Ehescheidung diene.
12Darüber hinaus sei die Satzung, die Unterhaltszahlungen zu beitragspflichtigem Einkommen deklariere, rechtswidrig.
13Die Antragstellerin beantragt,
14den Antragsgegner zu verpflichten, ihr die finanziellen Nachteile die ihr aufgrund der Zustimmung zum begrenzten Realsplitting erwachsen zu ersetzen und den erhöhten Kindergartenbeitrag für das gemeinsame Kind N4 in Höhe von restlichen 488,35 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2020 zu zahlen.
15Der Antragsgegner beantragt,
16den Antrag zurückzuweisen.
17Er vertritt die Auffassung, die Erhöhung des Kindergartenbeitrages resultiere allein aus der Höhe der Unterhaltszahlungen. Der Kindergartenbeitrag wäre auch festgesetzt und eingezogen worden, wenn das begrenzte Realsplitting nicht durchgeführt worden wäre. Einkommen der Kindesmutter sei der Unterhalt allein aufgrund der Zahlung, nicht aufgrund der Versteuerung. Die Festsetzung eines Beitrages richte sich ausschließlich danach, ob die Leistungsfähigkeit tatsächlich vorhanden sei, nicht danach, ob ein vorhandenes Einkommen versteuert werde. Es handele sich danach um normalen Mehrbedarf, der von den Eltern anteilig zu tragen sei. Die Anteile an dem Mehrbedarf stünden im Verhältnis 73,54 % zu 26,46 %. Seinen Anteil habe er mit dem geleisteten Betrag erbracht.
18Hinzu komme, dass das Einkommen der Antragstellerin bereits durch die Zahlung des Kindergeldes den Betrag von 20.000 € überstiegen hätte.
19Auf die Frage, ob der Unterhaltsbetrag laufend oder als Unterhaltsabfindung gezahlt werde, komme es nicht an. Der Betrag von 35.000 € sei für den Trennungsunterhalt und den Nachscheidungsunterhalt vereinbart worden. Er resultiere aus der Hochrechnung auf einen angenommenen Unterhaltszeitraum. Die Verwendung des Geldes habe der Antragstellerin freigestanden.
20Das Gericht hat die Satzung des Kreises Z zur Erhebung und Höhe von Elternbeiträgen für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen (Kindergarten – Beitragssatzung) beigezogen.
21II.
22Der Zahlungsantrag ist nicht begründet.
23Die Nachforderung des Kindergartenbeitrages durch den Bescheid des Kreises Z vom 15.09.2020 für die Zeit vom 01.03.2017 bis zum 31.12.2018 stellt im vorliegenden Fall keinen kausal durch die Teilnahme am begrenzten Realsplitting bedingten Nachteil dar, sondern Mehrbedarf, der von den Eltern anteilig zu tragen ist.
24Richtig ist, dass der am begrenzten Realsplitting teilnehmenden, unterhaltsberechtigten Person alle aus der Versteuerung des Unterhalts resultierenden Nachteile zu ersetzen sind. Hierzu gehören neben dem Ersatz der unmittelbaren steuerlichen Nachteile (der Unterhalt muss dem Berechtigten netto verbleiben) auch erhöhte Kindergartenbeiträge, wenn die Unterhaltsleistungen durch die Versteuerung zu einem bei der Beitragsberechnung berücksichtigungsfähigen, sonstigen Einkommen werden (vergleiche z.B. Viefhues, Das Familienrechtliche Mandat, ZAP 2006,771).
25Vorliegend fehlt es jedoch an der Kausalität in diesem Sinne. Die Antragstellerin hätte den erhöhten Betrag auch dann nachentrichten müssen, hätte sie nicht am begrenzten Realsplitting teilgenommen.
26Gemäß der Beitragssatzung des Kreises Z wird für die Nutzung von Angeboten der Tageseinrichtungen ein öffentlich-rechtlicher Beitrag erhoben. Alleiniger Beitragsschuldner ist der Elternteil, bei dem das Kind lebt. Der monatliche Beitrag richtet sich gemäß § 3 der Satzung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Nach § 4 der Satzung ergibt sich das maßgebliche Einkommen aus der Summe der positiven Einkünfte des beitragspflichtigen. Dies sind neben den Einkünften im Sinne des Einkommensteuergesetzes auch steuerfreie Einkünfte und Unterhaltsleistungen.
27Maßgebend für die Beitragspflicht der Antragstellerin war mithin nicht die Versteuerung des Unterhaltes, sondern die Zahlung des Unterhaltes selbst. Die Antragstellerin hätte die Unterhaltszahlungen gemäß § 6 der Beitragssatzung in jedem Falle angeben müssen, auch wenn sie sie nicht versteuert hätte. Der Bedarf, der ausschließlich durch die Zahlung des Unterhaltes, nicht aber erst durch die Versteuerung entstanden ist, stellt Mehrbedarf dar, der von den Eltern anteilig zu tragen ist.
28Dabei kommt es auf die Frage, ob die Satzung nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen unwirksam sein könnte, im Verhältnis der Parteien nicht an. Diese haben einvernehmlich einen Nutzungsvertrag mit der Einrichtung geschlossen, dessen Grundlage die Nutzungsbedingungen sind. Es liegt kein Verwaltungsakt vor.
29Auch verbleibt der Antragstellerin nach dem Ersatz der steuerlichen Nachteile der Unterhalt netto. Die Frage, ob sie Teile des Unterhaltes für Mehrbedarf des Kindes einsetzen muss, ist davon unabhängig. So ist der Unterhalt bei der Berechnung von Quoten der Eltern am Mehrbedarf grundsätzlich zu berücksichtigen.
30Letztlich kommt es nach Auffassung des Gerichts im Rahmen der Gesamtbewertung nicht darauf an, ob der Unterhalt als Abfindung oder als laufender Unterhalt gezahlt worden ist.
31Insofern wäre theoretisch möglicherweise auf Antrag eine Anpassung an die Verhältnisse nach der Unterhaltsvereinbarung möglich gewesen. Auch bei einer solchen Anpassung liegt der Grund für erhöhte Beiträge jedoch nicht im Realsplitting, sondern in der Unterhaltszahlung selbst:
32Im September 2020 erfolgte eine rückwirkende Nachberechnung anhand des tatsächlichen Zeitraum 2017/2018 zur Verfügung stehenden Einkommens.
33Der festgesetzte Wert für die Zeit von März bis Juli 2017 entspricht nach den Beitragstabellen des Kreises Z einer Betreuung von 25 Stunden bei einem Einkommen bis 25.000 €. Die für die Zeit vom 01.08.2017 bis 31.07.2018 festgesetzten 1193,76 € entsprechen einem Monatsbeitrag von 99,48 €, resultierend aus einer Inanspruchnahme von 35 Stunden und einem Einkommen von bis zu 49.000 €. Entsprechend der ab dem 01.08.2018 geltenden Tabelle beziehen sich die für die Zeit von August bis Dezember 2018 festgesetzten 504,85 € ebenfalls auf eine Inanspruchnahme von 35 Stunden bei einem Einkommen von bis zu 49.000 €.
34Die Zugrundelegung eines Einkommens bis zu 49.000 € beginnt mit dem Überschreiten der Summe von 37.000 €.
35Das Gericht geht davon aus, dass die Zahlungen auf die Abfindung für das Jahr berücksichtigt worden sind, in dem sie erfolgt und steuerlich angegeben worden sind, d. h. 17.500 € im Jahr 2017 und 17.500 € im Jahr 2018. Das würde bedeuten, dass bei der Beitragsberechnung zumindest weitere 19.500 € an Einkommen berücksichtigt worden sind, um die Grenze von 37.000 € zu überschreiten.
36Vor dem Hintergrund der konkreten Unterhaltsvereinbarung hätte die Antragstellerin gegen die Beitragsberechnung allenfalls einwenden können, dass der Abfindungsbetrag entgegen der Angaben im Steuerbescheid nicht vollumfänglich, sondern entsprechend der Unterhaltsvereinbarung Berücksichtigung findet. Denn es war darin eine monatliche Umlegung i.H.v. 1000 € für den Trennungsunterhalt und den Nachscheidungsunterhalt, d. h. eine Berücksichtigung von 1000 € monatlich ab der ersten Rate vereinbart. Dies hätte rechnerisch möglicherweise zur Folge gehabt, dass die Beiträge nach einem Einkommen von bis zu 37.000 € berechnet worden wären. Der monatliche Beitrag wäre dann möglicherweise um rund 39 € monatlich niedriger ausgefallen. Ein vollständiges Entfallen der Berücksichtigung der Abfindung hätte die Antragstellerin hingegen nicht erreichen können. Auch eine theoretisch mögliche Anpassung der Beitragshöhe hätte jedoch nichts daran geändert, dass in jedem Falle ihr tatsächliches Einkommen, unabhängig von der Teilnahme am begrenzten Realsplitting zu berücksichtigen gewesen wäre.
37Dass es zu dem Versuch einer Anpassung der Beiträge auf der Grundlage der konkret getroffenen Unterhaltsvereinbarung nicht gekommen ist, fällt im Rahmen der Gesamtabwägung nicht in den Risikobereich des Antragsgegners.
38Die insgesamt angefallenen Kosten sind entstanden durch die Berücksichtigung des tatsächlich gezahlten und bereits deswegen zu berücksichtigenden Unterhalts, nicht erst durch dessen Versteuerung. Sie bleiben daher Mehrbedarf.
39Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG.
40Rechtsbehelfsbelehrung:
41Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Warendorf, Dr. Leve-Str. 22, 48231 Warendorf schriftlich in deutscher Sprache durch einen Rechtsanwalt einzulegen.
42Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Warendorf eingegangen sein. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
43Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen.
44Darüber hinaus muss der Beschwerdeführer einen bestimmten Sachantrag stellen und diesen begründen. Die Frist hierfür beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Innerhalb dieser Frist müssen der Sachantrag sowie die Begründung unmittelbar bei dem Beschwerdegericht - Oberlandesgericht Hamm, Heßlerstr. 53, 59065 Hamm - eingegangen sein.
45Dem Anwaltszwang unterliegen nicht Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand vertreten sind.
46Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
47Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.