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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 744,49 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2020 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 5 % und die Beklagte zu 95 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 782,73 € festgesetzt.
Tatbestand:
2Die Klägerin macht gegen die Beklagte aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 00.00.0000 restliche Schadenersatzansprüche aus abgetretenem Recht in Bezug auf Mietwagenkosten geltend.
3Die Einstandspflicht der Beklagten aus dem Verkehrsunfall ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Parteien streiten nur noch über die Höhe der Mietwagenkosten.
4Der Unfallgeschädigte hatte für die Dauer der Reparatur seines Fahrzeugs vom 00.00. - 00.00.0000 von der Klägerin einen Leihwagen erhalten. Die Kosten für das Leihfahrzeug stellte die Klägerin mit 1.275,68 € (16 Tage à 67,00 € netto) in Rechnung. Der Unfallgeschädigte trat die Ansprüche gegen die Beklagte an die Klägerin ab.
5Die Beklagte zahlte hierauf 492,95 €.
6Sie rechnete diesen Betrag wie folgt ab:
7Mietwagenkosten 50 % nach Fraunhofer-Institut für 16 Tage, Gruppe 7.
8Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe Anspruch auf Erstattung der gesamten in Rechnung gestellten Mietwagenkosten.
9Es sei schadenersatzrechtlich irrelevant, ob das angemietete Fahrzeug ein Selbstfahrer-Mietfahrzeug sei oder nicht. Für den Schadenersatzanspruch des Geschädigten sei die Zulassung als Selbstfahrer-Mietfahrzeug nicht von Bedeutung.
10Im Übrigen könnten die Mietwagenkosten grundsätzlich auch im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO errechnet werden, wobei als Grundlage der Schwacke-Mietpreisspiegel, der Mietpreisspiegel nach dem Fraunhofer-Institut oder der Wert nach dem arithmetischen Mittel beider Markterhebungen genommen werden könne.
11Nach der Schwacke-Liste ergebe sich ein Anspruch auf Mietwagenkosten in Höhe von 1.842,29 €, nach der Fraunhofer-Erhebung ein Anspruch in Höhe von 696,02 €. Das arithmetische Mittel aus beiden Erhebungen belaufe sich auf 1.269,16 €. Ihre abgerechneten Mietwagenkosten in Höhe von 1.275,68 € entsprächen daher einem Normaltarif.
12Ein pauschaler Abzug für ersparte Eigenaufwendungen komme höchstens in Höhe von 5 % der Mietwagenkosten in Betracht.
13Die Klägerin beantragt,
14die Beklagte zu verurteilen, an sie 782,73 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2020 zu zahlen.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie bestreitet, dass es sich bei dem Leihwagen um ein Selbstfahrer-Mietfahrzeug gehandelt habe. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass dieses Fahrzeug ein Vorführwagen oder ein Werkstattersatzwagen gewesen sei.
18Weil der Geschädigte kein normales Mietfahrzeug gemietet habe, gehe sie davon aus, dass die Klägerin mit dem Geschädigten Sonderkonditionen vereinbart habe, weil auf der Gegenseite eine Haftpflichtversicherung eintrittspflichtig sei. Diese Sondervereinbarung sehe so aus, dass der Versicherung pro Tag 67,00 € in Rechnung gestellt würden, während das Fahrzeug dem Kunden kostenfrei zur Verfügung gestellt werde. Jedenfalls werde nicht nach einem Mietpreisspiegel abgerechnet. Da die Klägerin im Rahmen einer Reparatur dem Kunden normalerweise einen Werkstattwagen kostenfrei zur Verfügung stelle, könne sie im Falle eines Verkehrsunfalls ihren Leihwagen ebenfalls nicht in Rechnung stellen.
19Äußerst hilfsweise weise sie darauf hin, dass ein Mietpreisspiegel vorliegend nicht als Grundlage genommen werden könne, da es sich bei dem gemieteten Fahrzeug nicht um ein Selbstfahrer-Mietfahrzeug handele. Sie bestreite deshalb die betriebswirtschaftliche Rechtfertigung des hier in Rechnung gestellten Tarifs und dass kein günstiger Tarif zugänglich gewesen sei. Der Geschädigte hätte für den hier in Rede stehenden Zeitraum ein vergleichbares Fahrzeug zu wesentlich günstigeren Preisen anderweitig anmieten können. Sie bestreite, dass der Geschädigte vor Anmietung überhaupt Erkundigungen eingeholt habe. Ein Geschädigter habe aber die Pflicht, sich zunächst nach kostengünstigen Tarifen zu erkundigen.
20Der Geschädigte habe durch den Stillstand seines Fahrzeugs außerdem Eigenaufwendungen erspart, welche er sich im Wege des Vorteilsausgleichs mit 10 - 15 % anrechnen lassen müsse.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
22Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen A vom 00.00.0000.
23Entscheidungsgründe:
24Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.
25Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht einen restlichen Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten in Höhe des ausgeurteilten Betrages gemäß § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG.
26Zu den nach § 249 BGB erstattungsfähigen Schäden bei Verkehrsunfällen gehören auch Aufwendungen, die der Geschädigte zur Anmietung eines Ersatzfahrzeugs tätigt. Erstattungsfähig sind dabei aber nur die erforderlichen Mietwagenkosten. Die Ermittlung des Mietpreises, der dem Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht, kann durch das Gericht im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO unter Heranziehung von Mietpreislisten ermittelt werden, wobei insoweit der ortsübliche und angemessene Tarif für das Ersatzfahrzeug maßgeblich ist.
27Sofern kein gewerblich vermietetes Selbstfahrer-Mietfahrzeug gemietet wird, sondern ein Werkstattersatzwagen, nehmen einige Gerichte eine Kürzung der Mietwagenkosten vor. Sie begründen dies damit, dass das Autohaus als Autovermieter gegen die Zulassungsvorschriften verstoßen würde, da ein Mietfahrzeug für Selbstfahrer als solches zugelassen werden müsse. Das Autohaus würde im Vergleich zu anderen Autohäusern, die die Mietwagen als Mietfahrzeuge für Selbstfahrer zulassen, wettbewerbswidrig handeln. Außerdem erspare sich das Autohaus Kosten gegenüber einem gewerblichen Vermieter aufgrund der nicht jährlich anfallenden Hauptuntersuchung und der geringeren Versicherungsprämien. Ferner sei der Verwaltungsaufwand für ein Mietfahrzeug für Selbstfahrer höher als bei einem Werkstattwagen (vgl. AG München, Az.: 315 C 1252/16; AG Regensburg, Az.: 10 C 311/17; AG Augsburg, Az.: 73 C 4023/17; AG Frankfurt am Main, Az.: 30 C 3365/17; AG Passau, Az.: 15 C 808/18).
28Höchst richterlich entschieden ist das Thema noch nicht.
29Ob der Mietwagen als Mietfahrzeug für Selbstfahrer zugelassen ist, ist nach Auffassung des hiesigen Gerichts für die Frage des Schadenersatzanspruchs des Geschädigten gegen den Schädiger nicht von Belang. Denn es ist streng zu trennen zwischen dem Mietverhältnis zwischen Vermieter und Mieter einerseits und dem Schadenersatzanspruch des Geschädigten gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung andererseits. Das Mietverhältnis zwischen Vermieter und Mieter spielt für den Schadenersatzanspruch des Geschädigten gegenüber dem Schädiger keine Rolle. Auch ist irrelevant, ob der Mietvertrag wirksam ist und ob ein Mietpreis vereinbart wurde etc. Denn im Schadenersatzrecht ist alleine auf die Sicht des Geschädigten abzustellen. Der durchschnittliche Geschädigte hat aber im Regelfall keine Kenntnis davon, um was für ein Fahrzeug es sich bei dem angemieteten Wagen handelt. Er muss hierüber auch nicht aufgeklärt werden. Somit ist für ihn nicht erkennbar, ob es sich um einen als Mietfahrzeug für Selbstfahrer zugelassenen Mietwagen handelt oder nicht. Eine Nachfragepflicht besteht ebenfalls nicht.
30Die Beweisaufnahme hat vorliegend zudem ergeben, dass ein Werkstattersatzwagen betriebswirtschaftlich nicht günstiger ist als ein Mietwagen, der als Mietfahrzeug für Selbstfahrer zugelassen ist. Vielmehr sind die Aufwendungen, wie die Zulassungskosten, die Kosten für die jährliche Hauptuntersuchung, Versicherungsprämien, der Verwaltungsaufwand, die Steuern, die Wartungskosten, die Betriebskosten, die Anschaffungskosten, die Verwaltungskosten und der Wertverlust in etwa genauso hoch, wie die Aufwendungen, die ein gewerblicher Autovermieter für Selbstfahrer-Mietfahrzeuge hat. Die höheren Kosten für Versicherung, Hauptuntersuchung und Wertverlust bei einem gewerblicher Autovermieter decken sich in etwa mit den höheren Nachlässen, die ein gewerblicher Autovermieter bei der Anschaffung seiner Fahrzeuge erhält. Dies haben die Recherchen des Sachverständigen A ergeben.
31Wenn aber zwischen diesen beiden Mietfahrzeugen keine relevanten Kostenunterschiede bestehen, ist es schadensrechtlich auch nicht relevant, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug um einen Werkstattwagen oder ein gewerbsmäßig vermietetes Fahrzeug handelt. Eine Kürzung der Rechnung, nur weil es sich um einen Werkstattwagen handelt, ist folglich nicht gerechtfertigt. Daher können auch in diesem Fall die Tarife einer gewerblichen Autovermietung herangezogen bzw. eine Schätzung aufgrund von Mietpreisspiegeln vorgenommen werden, um die "erforderlichen Kosten nach § 249 BGB" ermitteln zu können.
32Das Amtsgerichts Rheine wendet in ständiger Rechtsprechung das arithmetische Mittel zwischen dem Schätzwert der Schwacke-Liste und dem des Fraunhofer-Instituts als Schätzgrundlage an. Danach belaufen sich die Mietwagenkosten vorliegend auf 1.269,16 Euro.
33Da die Beklagte hierauf bereits 492,95 € gezahlt hat, verbleibt noch ein restlicher Anspruch in Höhe von 776,21 € zu.
34Hiervon war jedoch noch ein Betrag in Höhe von 5 % wegen ersparter Eigenaufwendungen abzuziehen, mithin 31,72 €, so dass der Klägerin noch ein Betrag in Höhe von 744,49 € zusteht.
35Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug gemäß §§ 268, 288 Abs.1 BGB.
36Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.