Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner
an die Klägerin 1.480,00 DM nebst 4 % Zinsen
von je 120,00 DM seit dem 02.08., 02.09., 02.10.
und 02.11.1990 und von weiteren 1.000,00 DM seit
dem 15.08.1990 zu zahlen abzügl ich am 07.11.1990 gezahlter
120,- - DM.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten
als Gesamtschuldnern auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 1.900,00 DM
abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit
in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
2Die Beklagten sind Mieter eines Hauses der Klägerin auf
3der Grundlage eines Mietvertrages vom 18.08.1987 zu einem
4monatlichen Kaltmietzins von 600,00 DM zuzüglich anfallender
5Nebenkosten.
6Mietvertraglich war vereinbart, eine Kaution in Höhe von
71.000,00 DM zu zahlen. Diese Kaution haben die Beklagten
8bisher nicht geleistet. Die Klägerin hat eine in der Nachbarschaft
9des von den Beklagten gemieteten Wohnhauses gelegene
10Lagerhalle an die Stadt H vermietet, die in
11dieser Halle Asylsuchende und Übersiedler untergebracht
12hat.
13Die Beklagten mindern seit dem 01.08.1990 die monatliche
14Miete um 120,00 DM mit der Begründung, durch die Bewohner
15der Lagerhalle und ihr Verhalten sei der Wohnwert des Hauses
16erheblich gesunken.
17Wegen der Einzelheiten wird auf das mit der Klageschrift
18eingereichte Schreiben der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten
19vom 17.07.1990, Blatt 4 ff der Akte, Bezug genommen.
20Die Klägerin ist der Auffassung, das Vorbringen der Beklagten
21in diesem Schreiben rechtfertige keine Mietminderung.
22Sie bestreitet darüberhinaus die von den Beklagten behaupteten
23Verhaltensweisen der Asylbewohner, insbesondere,
24daß diese den zum Wohnhaus gehörenden Vorgarten als Toilette
25mißbrauchten und den PKW der Tochter der Beklagten beschädigt
26hätten.
27Sie behauptet darüberhinaus, die Beklagten mehrfach auf
28die Bezahlung der Kaution angesprochen gehabt zu haben,
29letztmals seien sie mit anwaltlichem Schreiben vom 02.08.1990
30unter Fristsetzung zum 15.08.1990 zur Zahlung der
31Kaution auf gefordert worden.
32Die Klägerin beantragt,
33die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner
34a)
35an die Klägerin 1.120,00 DM nebst 4 % Zinsen seit
36dem 02.08.1990 aus 120,00 DM sowie aus weiteren
371.000,00 DM seit dem 16.08.1990 zu zahlen,
38b)
39an die Klägerin 360,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem
4002.09.1990 aus 120,00 DM, seit dem 02.10.1990 aus
41weiteren 120,00 DM sowie seit dem 02.11.1990 aus weiteren
42120,00 DM zu zahlen abzüglich am 07.11.1990 gezahlter
43120,-- DM.
44Die Beklagten beantragen,
45die Klage abzuweisen.
46Sie behaupten, der Wohnwert des von ihnen gemieteten Hauses
47sei durch die in der Nachbarschaft untergebrachten
48Asylbewerber und Übersiedler erheblich gesunken, insbesondere
49beschädigten diese ihnen nicht gehörende Fahrzeuge,
50sie verursachten erheblichen Lärm und mißbrauchten den
51zum Wohnhaus gehörenden Vorgarten als Toilette.
52Gegenüber der von der Klägerin beanspruchten Kaution tragen
53die Beklagten zum einen vor, diese sei nicht mehr zu
54zahlen, weil sie beabsichtigten - was im übrigen unstreitig
55ist - das Wohnhaus so schnell als möglich zu kündigen,
56im übrigen habe die Klägerin ihren Anspruch auf die Zahlung
57der Kaution verwirkt, da sie seit Mietvertragsabschluß
58diese nicht beansprucht habe.
59Wegen des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf
60die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
61Bezug genommen.
62Entscheidungsgründe:
63Die Klage ist begründet.
64Die Klägerin hat zum einen Anspruch auf die mietvertraglich
65vereinbarte Kaution. Dabei ist unerheblich, daß die Beklagten
66bereits ihre Absicht kundgetan haben, so schnell als
67möglich auszuziehen. Die Kaution soll eine Sicherheit für
68den Vermieter darstellen, beim Auszug festgestellte Schäden
69bzw. aufgelaufene Mietrückstände zu entnehmen und nur
70den freibleibenden Betrag an die Mieter auszuzahlen. Dieser
71Zweck der Kaution entfällt nicht mit der Absicht des Auszuges,
72sondern wird gerade zu diesem Zeitpunkt erst aktuell.
73Die Beklagten können sich auch nicht auf Verwirkung berufen,
74da dafür keine ausreichenden Anhaltspunkte ersichtlich
75sind. Die Geltendmachung einer Forderung ist nur dann verwirkt,
76wenn zum einen ein erheblicher Zeitablauf vorhanden
77ist und zum anderen aus dem Verhalten des Gläubigers nur
78der Schluß gezogen werden kann, er werde nicht mehr auf
79der Geltendmachung dieser Forderung bestehen {vgl. Palandt-
80Heinrichs, BGB , 40 . Auflage, § 242, Anm. 5 a). Die Klägerin
81hat zwar nicht mehr im einzelnen vortragen können, wann
82sie die Beklagten gemahnt hat, tatsächlich hat sie jedoch
83die Mahnung mit Schreiben vom 02.08. 1990 durch ihre
84Prozeßbevollmächtigten erheben lassen. Da es sich um eine einmalige
85Zahlung handelt, das Mietverhältnis darüberhinaus
86auf Dauer angelegt ist, kann alleine aus der Tatsache,
87daß der Vermieter zunächst nach Beginn des Mietverhältnisses
88die Kaution nicht anmahnt, nicht geschlossen werden,
89er werde auf Dauer darauf verzichten. Da zu dem "Zeitmoment"
90zur Bejahung der Verwirkung auch das "Umstandsmoment"
91hinzukommen muß, für dieses aber keine Anhaltspunkte
92ersichtlich sind, können die Beklagten sich nicht
93auf Verwirkung berufen.
94Die Klägerin kann darüberhinaus auch die von den Beklagten
95vorgenommene Mietminderung von monatlich 120,00 DM verlangen,
96weil entgegen der Auffassung der Beklagten ein Grund
97zur Mietminderung nicht vorliegt. Gemäß § 537 BGB kann
98die Miete dann gemindert werden, wenn der Mietsache ein
99Mangel in ihrer Substanz anhaftet (vgl. Palandt-Putzo,
100A.A.O. § 537, Anm. 2 a) . Den Beklagten ist zwar zuzugeben,
101daß ein solcher Mangel der Mietsache auch in einem tatsäch-
102lichen Verhältnis bestehen· kann, das nach den allgemeinen
103Verkehrsanschauungen für einen Mieter die Sache und deren
104Gebrauchswert unmittelbar beeinträchtigt. Dies können grundsätzlich
105auch äußere Einwirkungen, insbesondere Lärm oder
106Luftverschmutzung und ähnliches sein (vgl. derselbe, a.a.O.,
107Anm. b) und d) ).
108Solche Mängel machen die Beklagten hier jedoch nicht geltend.
109Sie tragen vielmehr vor, der Wohnwert des Hauses
110sei durch die neue Nachbarschaft erheblich gesunken. Sie
111machen zwar auch geltend, daß dadurch Lärmbelästigungen
112entstehen, diese werden jedoch aufgrund der Tatsache geltend gemacht,
113daß in der Lagerhalle der Klägerin Asylbewerber und Übersiedler zugewiesen
114worden sind und dort wohnen. Aus diesem Umstand können die Beklagten
115jedoch kein Recht zur Mietminderung herleiten. Sie
116machen dadurch nämlich einen "Milieuschutz" geltend, der
117sich auf die Mietsache selbst letztlich nicht auswirkt,
118sondern, wenn überhaupt, das ''Ansehen" der Wohngegend beeinflusst.
119Dies kann jedoch, insbesondere unter dem Gesichtspunkt,
120daß dem Asylrecht Verfassungsrang zukommt, kein
121Grund sein, gegenüber dem jeweiligen Wohnungseigentümer
122ein Mietminderungsrecht zu begründen. Dem Eigentümer kann zwar eine
123Mietminderung auch entgegengehalten werden für Beeinträchtigungen
124und Mängel der Mietsache, die er nicht unmittelbar
125beeinflussen kann, soweit es sich um Baulärm o.ä. handelt,
126auch wenn er nicht vom Eigentümer verursacht und beeinflußt
127werden kann. Deshalb ist es unabhängig, ob die
128Lagerhalle, in der die Stadt Gronau diese Personen untergebracht
129hat, im Eigentum der Klägerin stehen oder nicht.
130Den Beklagten ist zwar zuzugestehen, daß durch die Unterbringung
131von Asylbewerbern und Übersiedlern Beeinträchtigungen
132und möglicherweise Störungen verursacht werden,
133die sich alleine aus der Vielzahl von Menschen verschiedener
134Nationalitäten auf verhältnismäßig engem Raum ergeben.
135Andererseits hat keine Privatperson Anspruch darauf, nur
136bestimmte Menschen, die ihr möglicherweise sympathisch
137sind, in ihrem Wohnumfeld zu haben. Daraus folgt, daß nicht
138einmal in baurechtlicher Hinsicht ein "Milieuschutz" gewährt
139wird (vgl. OVG Münster NJW 90, 1132 ff, 1134) mit
140der Folgerung, daß eine Ausgrenzung von Menschen, denen
141verfassungsgemäß Asyl zusteht, nicht erfolgen darf. Inkonsequenz
142dieser verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung kann
143dem einzelnen Mieter kein Recht auf Mietminderung gegenüber
144seinem Vermieter zugebilligt werden, weil dies sonst
145zur Folge hätte, das der Mieter letztlich bei jedem Nachbarn, der ihm,
146aus welchen Gründen auch immer, mißliebig ist und durch sein Verhalten
147oder fehlendes Ansehen den Wohnwert gefährdet, zur Mietminderung berechtigt wäre.
148Die Beklagten sind deshalb sowohl zur Zahlung der Kaution
149als auch zur Zahlung der Mietminderungen mit Abzug der
150am 07.11.1990 gezahlten 120, 00 DM verpflichtet.
151Die geltendgemachten Zinsen rechtfertigen sich aus Verzug.
152Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO , die
153über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11,
154711 ZPO.
155Unterschrift