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Die Verwendung einer verbotswidrigen Preisanpassungsklausel betrifft selbst beirechtskräftiger gerichtlicher Feststellung nur zukünftig fällig werdende Beträge undhat auf bereits fällige und rechtshängige Mietforderungen keine Auswirkungen.Aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Regelung zu § 8 PreisklG und derGesetzesmaterialien ist für eine einschränkende Auslegung der Norm kein Raum.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Erkelenz vom 14.09.2023 (Az. 8 C 252/22) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe:
2Die zulässige Berufung ist unbegründet.
31.
4Zu Recht hat das Amtsgericht entschieden, dass der Klägerin ein Anspruch aus § 535 Abs. 2 BGB auf Zahlung der nach der Mietanpassungsklausel rückständigen Miete nebst MwSt. in Höhe von insgesamt EUR 2.880,84 für den Zeitraum von Januar 2019 bis einschließlich Oktober 2022 zusteht.
5a)
6Die Parteien streiten in der Berufung in rechtlicher Hinsicht nur noch um die Frage, ob die Beklagte aufgrund der Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel berechtigt ist, die Zahlung der erhöhten Miete zu verweigern. Die rechnerisch richtige Ermittlung der erhöhten Miete nach der Preisanpassungsklausel steht zwischen den Parteien nicht in Streit.
7b)
8Nach der insoweit rechtskräftigen Entscheidung des Amtsgerichts verstößt die Klausel gegen das grundsätzliche Preisklauselverbot gemäß § 1 Abs. 1 PreisklG und ist auch nicht ausnahmsweise zulässig (S. 11 der Entscheidungsgründe).
9Die Wirkungen des § 1 Abs. 1 PreisKlG als gesetzliches Verbot treten jedoch nicht wie bei § 134 BGB von Anfang an, sondern erst gemäß § 8 S. 1, S. 2 PreisklG mit der rechtskräftigen Feststellung durch das Gericht ex nunc ein (vgl. nur Leidner in: beck-online.GK, § 8 PreisKlG Rn. 25). Mit dieser Abweichung im Rahmen der Rechtswirkungen eines Verstoßes gegen das PreisklG soll das Risiko für die Vertragsbeteiligten, eine tatsächlich unwirksame Preisklausel vereinbart zu haben, abgemildert werden.
10Die maßgebliche formelle Rechtskraft im Hinblick auf die festgestellte Unwirksamkeit der Anpassungklausel ist erst nach dem Entstehen der hier streitgegenständlichen Mietforderungen eingetreten. Entgegen der Auffassung der Berufung ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Regelung zu § 8 PreisklG für eine einschränkende Auslegung kein Raum (so ausdrücklich Gerber in: NZM 2008, 152). Insbesondere lässt sich mit der eindeutigen Formulierung nicht in Einklang bringen, dass die Wirkungen der gerichtlich festgestellten Unwirksamkeit für die Zukunft nicht für die „aktuell im Rechtsstreit angegriffenen“ Mietforderungen gelten sollen. Soweit die Berufung sich für ihre Rechtsauffassung auf die Artikel von Neuhaus (MDR 2010, 848, 851; ZAP, 1507, 1512) bezieht, vermag die Kammer dieser Auffassung, die keine Argumente für die Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion aufführt, nicht beizutreten. Die Rechtsansicht findet auch keine Stütze in den übrigen seitens der Berufung aufgeführten Rechtsprechungs- und Literaturfundstellen (LG Berlin, Urt. v. 22.07.2014 - 29 O 141/14, BeckRS 2014, 19749; Hellner/Rousseau, NZM 2009, 301, 306; Grüneberg in: Palandt, BGB, Anhang zu § 245 PrkG 8 Rdnr. 1, Bl. 181 eA). Im Gegenteil: Es entspricht – soweit ersichtlich – ansonsten einhelliger Meinung, dass eine verbotswidrige Klausel selbst bei gerichtlicher Feststellung nur zukünftig fällig werdende Beträge betrifft und auf die bereits fälligen und rechtshängigen Mietforderungen keine Auswirkungen hat (so etwa exemplarisch Grüneberg a.a.O.).
11Gegen eine einschränkende Auslegung sprechen nach Auffassung der Kammer auch die Gesetzesmaterialien. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde seitens des Bundesrates kritisiert, dass die erst für die Zukunft eintretende Unwirksamkeit dazu führe, dass ein Verstoß gegen das Preisklauselverbot – wirtschaftlich – ohne Sanktion bliebe (Stellungnahme BRat, BT-Drs. 16/4764, S. 8). Die Bundesregierung hat indes eine Änderung ihres Gesetzesentwurfs abgelehnt, weil die Verwendung von Preisklauseln der Selbsteinschätzung und Eigenverantwortung der Vertragsbeteiligten überlassen bleiben solle und es vertretbar sei, die Rechtswirkungen vereinbarter Preisklauseln bis zum Zeitpunkt der Unwirksamkeit hinzunehmen (Gegenäußerung BReg, BT-Drs. 16/4764, S. 16; vgl. hierzu auch ausführlich Toussaint in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 8 PrKG, Stand: 01.02.2023, Rn. 2; Hellner/Rousseau a.a.O.). Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass die Regelung in § 8 S. 2 PreisklG dispositiven Charakter hat und es den Parteien freisteht, den Zeitpunkt der Unwirksamkeit der Preisklausel auf einen beliebigen Zeitpunkt vorzuverlegen.
12Nach Auffassung der Kammer lässt sich eine einschränkende Auslegungsweise schließlich nicht mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Einklang bringen. Dieser hat entschieden, dass bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche für einen Zeitraum vor Eintritt der Unwirksamkeit nach § 8 PreisklG nicht aus einem Verstoß gegen das PreisklG hergeleitet werden können (Urt. v. 14.05.2014 – VIII ZR 114/13, NJW 2014, 2708 Rn. 54 = BGHZ 201, 230). Gleiches muss nach Auffassung der Kammer für ein Leistungsverweigerungsrecht für noch nicht bezahlte Mieten für den Zeitraum vor rechtskräftiger Feststellung der Unwirksamkeit gelten.
13c)
14Eine andere Betrachtungsweise folgt auch nicht aus dem von der Beklagten zitierten Urteil des OLG Brandenburg (Urt. v. 19.08.2009 – 3 U 135/08, NJW 2010, 876). Die Entscheidung verhält sich lediglich zur Wirksamkeit zu kombinierten Staffelmieten und Indexklauseln.
15Nach der Entscheidung des OLG Rostock (Urt. v. 10.01.2005 – 3 U 61/04, NZM 2005, 506) ist zwar eine unwirksame Preisanpassungklausel bei Vorliegen einer salvatorischen Regelung in einen Leistungsvorbehalt in dem Sinne umzudeuten, dass jede Partei bei Erreichen der Anpassungsvoraussetzungen eine Mietänderung verlangen kann. Die Entscheidung erging jedoch zur alten Rechtslage vor Inkrafttreten des seit dem 14.09.2007 geltenden § 8 PreisklG, der – wie aufgezeigt – nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers darauf abzielt, eine schwebende Wirksamkeit von unwirksamen Preisanpassungsklauseln herzustellen. Dieses Ziel würde durch eine Umdeutung einer – wie hier verwendeten – üblichen salvatorischen Klausel ausgehöhlt.
162.
17Der Zinsanspruch folgt aus § 291 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB.
183.
19Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
204.
21Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO liegen nicht vor.
22Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern kein Urteil des Revisionsgerichts. Nach dem Vorstehenden setzt sich die Kammer insbesondere nicht in Widerspruch zu der zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung.
23Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf EUR 2.880,84 festgesetzt.