Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Der Angeklagte O. ist des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischen Angriff auf Kraftfahrer in zwei Fällen, davon in einem Fall in weiterer Tateinheit mit besonders schweren Raub und mit besonders schwerer räuberischen Erpressung, ferner der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung, des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und der Freiheitsberaubung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, schuldig.
Er wird daher, unter Einbeziehung des Strafbefehls des AG S.-MK. vom 10.07.2024, Az.: N02, zu einer
Einheitsjugendstrafe von 4 Jahren und 2 Monaten
verurteilt.
Die Anordnung der Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis aus dem Strafbefehl des AG S.-MK. vom 10.07.2024 bleibt aufrechterhalten.
Der Angeklagte B. ist des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischen Angriff auf Kraftfahrer in zwei Fällen, davon in einem Fall in weiterer Tateinheit mit besonders schweren Raub und mit besonders schwerer räuberischer Erpressung, ferner der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung und der Freiheitsberaubung schuldig.
Er wird daher zu einer
Einheitsjugendstrafe von 4 Jahren und 2 Monaten
verurteilt.
Es wird davon abgesehen, den Angeklagten O. und B. die Kosten und Auslagen des Verfahrens aufzuerlegen.
Der Angeklagte F. ist des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer schuldig.
Er wird daher kostenpflichtig zu einer
Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten
verurteilt.
Der Angeklagte F. hat auch die notwendigen Auslagen des Nebenklägers G. zu tragen.
Der Angeklagte C. ist des besonders schweren Raubes und der Freiheitsberaubung schuldig.
Er wird daher kostenpflichtig zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren
verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
Der Angeklagte C. hat auch die notwendigen Auslagen des Nebenklägers H. zu tragen.
Gründe:
2I.
31. Der Angeklagte O. (im Folgenden O.) wuchs mit seiner älteren Schwester und seinem jüngeren Bruder, dem Angeklagten B. (im Folgenden B.), im elterlichen Haushalt auf. Während des siebten Lebensjahrs des Angeklagten O. trennten sich seine Eltern, die Geschwister verblieben im mütterlichen Haushalt. Die Trennung der Eltern belastete die Geschwister. Zwischen dem 11. und 14. Lebensjahr des Angeklagten O. kam es zu massiven Konflikten zwischen ihm und seiner Mutter, weil er sich nicht an die Regeln der Mutter hielt. Es wurde eine ambulante Familienhilfe in der Familie installiert. Da es trotzdem weiterhin zu Konflikten kam, zog der Angeklagte O. mit dem 14. Lebensjahr zu seinem Vater, während seine Geschwister bei der Mutter verblieben. Die ambulante Familienhilfe wurde danach nicht mehr fortgeführt.
4Der Angeklagte O. besuchte zunächst den Kindergarten und die Grundschule, wo er die erste Klasse wiederholte. Nach der Grundschule wechselte er auf die Hauptschule, von der er vor Ende der achten Klasse verwiesen wurde, weil er sich mit Mitschülern geprügelt hatte. Er besuchte sodann wegen einer Lernschwäche die Förderschule bis einschließlich der 9. Klasse und verließ diese ohne Abschluss. Danach besuchte er ein Jahr lang bis Sommer 2022 ein Berufskolleg in S., wo er den Hauptschulabschluss nach Klasse 9 erlangte. Im Zuge des Besuches des Berufskollegs und noch einen Monat darüber hinaus machte er ein Praktikum im Straßenbau. Danach, bis April 2024, war er arbeitslos und lebte mit seinem Vater von Sozialleistungen. Von Ende April 2024 bis zu seiner Inhaftierung in diesem Verfahren im Juni 2024 arbeitete er acht Stunden täglich in einem Callcenter. Auf Nachfrage teilte er mit, dass er in Zukunft arbeiten wolle. Gegenüber der Jugendgerichtshilfe gab er an, dass er eine Ausbildung im Straßenbau machen wolle. In der JVA ist er als Maler und Lackierer tätig.
5Nach eigenen Angaben konsumiert der Angeklagte O. weder Alkohol noch Betäubungsmittel.
6Der Angeklagte O. ist wie folgt strafrechtlich vorbelastet:
71. 04.03.2020-AG S.-MK. (R1505) - N03
8Tatbezeichnung: Versuchter Diebstahl in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung und des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
9Rechtskräftig seit: 12.03.2020
10Datum der (letzten) Tat: 10.10.2019
11Angewendete Vorschriften: StGB § 52, § 53, § 22, § 23, § 25 Abs.2, § 242, § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 303, § 303 c, StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1, JGG § 1, § 3
12Verwarnung
13Erbringung von Arbeitsleistungen
14Jugendarrest wegen Zuwiderhandlung gegen Auflagen: 2W
152. 03.11.2021-Staatsanwaltschaft S. (R1500S) - N05
16Tatbezeichnung: Diebstahl
17Rechtskräftig seit:
18Datum der (letzten) Tat: 27.10.2020
19Angewendete Vorschriften: StGB § 242 Abs. 1
20Von der Verfolgung abgesehen nach § 45 Abs. 1 JGG
213. 07.12.2022-AG S.-MK. (R1505) - N06
22Tatbezeichnung: Erschleichen von Leistungen
23Rechtskräftig seit: 07.12.2022
24Datum der (letzten) Tat: 03.01.2022
25Angewendete Vorschriften: StGB § 265 a, JGG § 1, § 3
26Verwarnung
27Erbringung von Arbeitsleistungen
28Jugendarrest wegen Zuwiderhandlung gegen Auflagen: 2W
29Jugendarrest wegen Zuwiderhandlung gegen Auflagen: 2W
304. 10.07.2024-Amtsgericht S.-MK. (R1505) - N04 N07
31Tatbezeichnung: Fahren ohne Fahrerlaubnis
32Rechtskräftig seit: 16.08.2024
33Datum der (letzten) Tat: 00.00.0000
34Angewendete Vorschriften: StGB § 69a, StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1
3540 Tagessätze zu je 15,00 EUR Geldstrafe
36Sperre für die Fahrerlaubnis bis 15.08.2025
37Der Strafbefehl des AG S.-MK. vom 10.07.2024 erging, nachdem der Angeklagte O. am 10.07.2024 nicht zur Hauptverhandlung in dem Verfahren Az.: N04 der Staatsanwaltschaft S. erschienen war. Durch die dem Verfahren zu Grunde liegende Anklageschrift vom 18.03.2024 wurde dem Angeklagten Folgendes zur Last gelegt:
38„Er befuhr am 00.00.0000 gegen 04:00 Uhr mit einem fahrerlaubnispflichtigen Personenkraftwagen der Marke VW Golf mit dem Kennzeichen N01 unter anderem die Steinstraße.
39Zum Führen des Fahrzeugs war er - wie ihm bekannt war - nicht berechtigt, weil er zum Zeitpunkt der Tat keine Fahrerlaubnis besaß.
40Aus dieser Tat ergibt sich die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen.
412. Der Angeklagte B. besuchte zunächst den Kindergarten, danach die Grundschule. Die 2. Klasse wiederholte er aufgrund von Schwierigkeiten in Mathematik und Englisch. Zu dieser Zeit hatten sich seine Eltern getrennt. Nach der Grundschule besuchte er die Hauptschule und beendete diese mit einem Abgangszeugnis nach der 9. Klasse. Danach absolvierte er ab dem Schuljahr 2022/2023 eine ausbildungsvorbereitende Maßnahme an einem Berufskolleg, welche er aber nach drei Monaten abbrach, weil ihm die Zeiten der Maßnahme, von 06:30 Uhr bis 17:00 Uhr, zu lang waren. Danach ging er zur Berufsschule UY. in S. mit dem Ziel, seinen Hauptschulabschluss nachzuholen, brach aber auch diesen Besuch nach sieben Monaten ab. Danach arbeitete er im März 2024 in einem Call Center, kündigte aber auch dort nach einem Monat wieder; erneut, weil ihm die Arbeitszeiten von 09:00 bis 18:00 Uhr zu lang waren. Vor seiner Inhaftierung in diesem Verfahren hatte er eine neue Stelle als Telekommunikationsvermittler bei der Firma LM. in Aussicht, bei der auch sein Bruder, der Angeklagte O., arbeitete. Im Haftprüfungstermin am 11.09.2024 teilte der Angeklagte B. auf Nachfrage mit, dass er noch nicht wisse, was er künftig beruflich machen wolle. In der Hauptverhandlung erklärte er auf Vorhalt dieser Angabe, dass er als Einzelhandelskaufmann arbeiten wolle. Auf den weiteren Vorhalt, dass er auch bei diesem Beruf mit einer volltägigen Beschäftigung rechnen müsse, erklärte er, dass er im Gefängnis hierüber nachgedacht habe und nunmehr dazu bereit wäre.
42Am 01.04.2024 zog der Angeklagte B. aus dem Haushalt der Mutter in die im gleichen Haus liegende Wohnung seiner Schwester, nachdem diese zu ihrem Lebensgefährten gezogen war, weswegen ihre Wohnung frei wurde. Aufgrund seiner Kündigung der Beschäftigung in dem Callcenter, bei dem er im März 2024 einen Monat lang beschäftigt war, häuften sich die Miet- und Nebenkostenschulden, was ihn überforderte. In der Zeit bis zu seiner Inhaftierung, in welcher er in der Wohnung lebte, war er täglich bei der Mutter, die ihn im Alltag und der Haushaltsführung unterstützte. Er gab auf Nachfrage an, dass er nach seiner Entlassung aus der JVA wieder in den Haushalt der Mutter zurückkehren wolle, weil er noch deren finanzielle und wohnliche Unterstützung benötige.
43Nach eigenen Angaben hat der Angeklagte B. mit 15 Jahren einmal Cannabis probiert. Dabei sei es aber geblieben und er konsumiere weder Alkohol noch Betäubungsmittel.
44Der Angeklagte B. ist bislang wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
4521.02.2020-Staatsanwaltschaft S. (R1500S) - N08
46Tatbezeichnung: Diebstahl
47Rechtskräftig seit:
48Datum der (letzten) Tat: 04.12.2019
49Angewendete Vorschriften: StGB § 242 Abs. 1
50Von der Verfolgung abgesehen nach § 45 Abs. 1 JGG
513. Der Angeklagte F. besuchte die Grundschule und anschließend die Hauptschule, wo er den Abschluss nach Klasse 10 erwarb. Er absolvierte sodann erfolgreich eine Ausbildung zum Maler und Lackierer. Danach arbeitete er einige Monate lang im Garten- und Landschaftsbau und machte dann, im Jahr 2020, eine Umschulung im Straßen- und Tiefbau, da ihm dies mehr zusagte. Er arbeitete sodann, bis zu seiner Inhaftierung, im Bereich des Tief- bzw. Garten- und Landschaftsbau als Vorarbeiter. Dort kann er nach seiner Entlassung aus der JVA weiterbeschäftigt werden. Vor seiner Inhaftierung lebte der Angeklagte F. im Haushalt seines Cousins und dessen Familie. Trotz Bemühens gelang es ihm nicht, eine eigene Wohnung zu finden. Besondere Belastungen durch die Untersuchungshaft, durch welche er erstmals Hafterfahrung sammelt, sind, auch nach Angaben seiner Bewährungshelferin, nicht bekannt.
52Nach eigenen Angaben konsumiert der Angeklagte F. weder Alkohol noch Betäubungsmittel.
53Der Angeklagte F. ist bislang wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten, wobei er unter laufender Bewährung wegen einschlägiger Taten steht:
541. 06.04.2017-Staatsanwaltschaft S. (R1500S) - N09
55Tatbezeichnung: Körperverletzung
56Rechtskräftig seit:
57Datum der (letzten) Tat: 13.11.2016
58Angewendete Vorschriften: StGB § 230 Abs. 1, § 223 Abs. 1
59Von der Verfolgung abgesehen nach § 45 Abs. 1 JGG
602. 04.09.2017-Staatsanwaltschaft S. (R1500S) - N10
61Tatbezeichnung: Diebstahl
62Rechtskräftig seit:
63Datum der (letzten) Tat: 11.05.2017
64Angewendete Vorschriften: StGB § 242 Abs. 1
65Von der Verfolgung abgesehen nach § 45 Abs. 1
663. 09.04.2018-AG S.-MK. (R1505) - N11
67Tatbezeichnung: Vorsätzliche Körperverletzung in zwei Fällen
68Rechtskräftig seit: 09.04.2018
69Datum der (letzten) Tat: 24.11.2017
70Angewendete Vorschriften: StGB § 223, § 230, § 53, JGG § 1, § 3
71Verwarnung
72Erbringung von Arbeitsleistungen
734. 08.07.2019-AG S.-MK. (R1505) - N12
74Tatbezeichnung: Vorsätzliche Körperverletzung
75Rechtskräftig seit: 08.07.2019
76Datum der (letzten) Tat: 16.10.2018
77Angewendete Vorschriften: StGB § 223, § 230, JGG § 1, § 3
78Verwarnung
79Richterliche Weisung
80Jugendarrest wegen Zuwiderhandlung gegen Auflagen: 2W
815. 15.06.2022-AG OV. (R1101) - N13
82Tatbezeichnung: Vorsätzliche Körperverletzung sowie des versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie des Diebstahls schuldig
83Rechtskräftig seit: 23.06.2022
84Datum der (letzten) Tat: 09.01.2022
85Angewendete Vorschriften: StGB § 223 Abs.1, § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4, § 249 Abs.1, § 250 Abs.2 Nr.1, § 22, § 23, § 25 Abs.2, § 52, § 53 JGG § 1, § 31, § 105 ff, § 21 Abs.2
861 Jahr(e) 2 Monat(e) Jugendstrafe
87Bewährungszeit 3 Jahr(e)
886. 04.10.2022-AG S. (R1504) - N14
89Tatbezeichnung: Gefährliche Körperverletzung
90Rechtskräftig seit: 05.10.2022
91Datum der (letzten) Tat: 05.01.2020
92Angewendete Vorschriften: §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2, 4 u. 5, 25 Abs. 2 StGB; §§ 1, 3, 21 JGG
931 Jahr(e) 9 Monat(e) Jugendstrafe
94Bewährungszeit 2 Jahr(e)
95Einbezogen wurde die Entscheidung vom 15.06.2022+N18
96Bewährungshelfer bestellt
974. Der Angeklagte C. wuchs im elterlichen Haushalt auf. Seine Mutter arbeitet im Kindergarten, sein Vater in einem Krankenhaus. Er hat einen Zwillingsbruder sowie einen jüngeren Bruder, 16 Jahre alt, und eine jüngere Schwester, 12 Jahre alt. Er besuchte nach der Grundschule die Realschule und verließ diese nach der zehnten Klasse mit dem Realschulabschluss. Danach wollte er das Fachabitur erlangen, brach die entsprechende schulische Ausbildung während der Zeit der Corona-Pandemie aber ab. Danach hatte er verschiedene Gelegenheitsjobs und zog vorübergehend nach ET., wo er ein Jahr lang im Bereich der Klima- und Kältetechnik arbeitete. Nach seiner Rückkehr nach S. trat er in diesem Bereich im August 2024 eine Ausbildungsstelle in TN. an, beendete die Tätigkeit dort aber im Oktober 2024, da ihm der Weg von S. nach TN. täglich zu weit war. Nach eigenen Angaben hat sein Bruder während seiner Inhaftierung eine neue Ausbildungsstelle für ihn gefunden.
98Nach eigenen Angaben konsumiert der Angeklagte C. ab und zu Cannabis, aber keine sonstigen Drogen und keinen Alkohol.
99Der Angeklagte C. ist bislang wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
1001. 24.04.2017-Staatsanwaltschaft S. (R1500S) - N15
101Tatbezeichnung: Diebstahl
102Rechtskräftig seit:
103Datum der (letzten) Tat: 27.09.2016
104Angewendete Vorschriften: StGB § 242 Abs. 1
105Von der Verfolgung abgesehen nach § 45 Abs. 3 JGG
106Ermahnung
1072. 01.02.2021-Staatsanwaltschaft S. (R1500S) - N16
108Tatbezeichnung: Diebstahl
109Rechtskräftig seit:
110Datum der (letzten) Tat: 03.12.2020
111Angewendete Vorschriften: StGB § 248a, § 242 Abs. 1
112Von der Verfolgung abgesehen nach § 45 Abs. 1 JGG
1133. 24.11.2021-AG S.-MK. (R1505) - N17
114Tatbezeichnung: Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis
115Rechtskräftig seit: 24.11.2021
116Datum der (letzten) Tat: 03.01.2021
117Angewendete Vorschriften: StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1, JGG § 1, § 105
118Verwarnung
119Erbringung von Arbeitsleistungen
120Jugendarrest wegen Zuwiderhandlung gegen Auflagen: 2W
121II.
122Die Feststellungen zur Person der Angeklagten beruhen auf deren Angaben, hinsichtlich der Angeklagten S. M. und B. zudem auf den Berichten der Jugendgerichtshilfe, hinsichtlich des Angeklagten F. zudem auf dem Bericht der Bewährungshilfe.
123Die Feststellungen zu den Vorstrafen der Angeklagten beruhen auf der Verlesung der Auszüge aus dem Bundeszentralregister sowie, betreffend den Angeklagten O. zudem auf der Verlesung der Anklageschrift und des Strafbefehls aus dem Verfahren der Staatsanwaltschaft S. zu Az.: N04.
124III.
125Die Angeklagten S. M. und B. vereinbarten spätestens am 15.06.2024, homosexuelle Männer zu überfallen, wobei auch körperlich wirkender Zwang und/oder das in Aussicht stellen eines Übels in Form einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben eingesetzt werden sollten, um sich dadurch in den Besitz stehlenswerter Gegenstände zu bringen. Der Angeklagte O. sollte sich über die Plattform „SL.“ mit den Opfern verabreden und dabei vorgeben, 16 oder 17jährig oder nur knapp volljährig zu sein. Bei den Treffen sollten die Opfer sodann gemeinsam überfallen werden; die Beute wollten sie behalten, und sie sollte jeweils geteilt werden. Die Angeklagten spekulierten darauf, dass die Opfer die Taten der Angeklagten aus Scham über den Grund des Treffens und das auf der Plattform angegebene Alter nicht zur Anzeige bringen würden.
1261.1. Am 15.06.2024 verabredete sich der Angeklagte O. tatplangemäß mit dem Geschädigten ZL. über die Plattform „SL.“ zu einem Treffen auf der WW.-straße in S..
127Der Geschädigte hielt dort, wobei er noch angeschnallt war, wodurch ihm eine Gegenwehr, auch in Form einer Flucht aus seinem Pkw, deutlich erschwert war, mit eingeschaltetem Motor in „zweiter Reihe“ sein Fahrzeug an, um direkt nach dem Zusteigen seiner Verabredung weiterfahren zu können. Plötzlich, unmittelbar nach dem Halt, stiegen die Angeklagten S.M. und B. in der Absicht und auf Grund ihres gemeinsamen Tatplanes, den Geschädigten zu überfallen, in das Fahrzeug ein, wobei der Angeklagte O. auf dem Beifahrersitz, der Angeklagte B. auf der Rückbank hinter dem Geschädigten einstieg.
128Sie beide bedrohten, wobei ihnen in tatsächlicher Hinsicht der die Abwehrmöglichkeiten des Geschädigten einschränkenden besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs bewusst waren, den Geschädigten jeweils mit einem Messer, wodurch sie die körperliche Herrschaft über den Geschädigten erlangten, was sie billigend in Kauf nahmen. Diese Situation wollten sie zu einer Erpressung und/oder einem Raub ausnutzen. Sie nahmen dementsprechend das Portemonnaie und das Handy des Geschädigten an sich, um es für sich behalten. Dabei hielt der Angeklagte B. von der Rückbank ein etwa 12-15cm langes Messer mit feststehender Klinge an den Hals des Geschädigten, um dessen eventuellen Widerstand bei dem Gewahrsamsbruch zu brechen. Der Angeklagte B. entnahm dem Portemonnaie, entsprechend des Tatplanes mit dem Angeklagten O., 5,00 EUR in bar (mehr Bargeld führte der Geschädigte nicht mit sich), während der Angeklagte O. den Geschädigten weiter mit dem Messer bedrohte. Dabei stellten die Angeklagten eine Kontokarte der Stadtsparkasse fest, woraufhin sie den Geschädigten gemeinsam aufforderten, ihnen die PIN mitzuteilen und zu der Sparkassenfiliale UT.-straße in S. zu fahren, was dieser ebenfalls tat. Dort stieg der Angeklagte B., entsprechend des Tatplanes mit dem Angeklagten O., aus. Er versuchte zunächst, 1000,00 EUR in bar abzuheben, was wegen einer Sperre durch die Sparkasse indessen nicht funktionierte, und hob sodann 635,00 EUR ab. Mit dem Geld kehrte er zu dem Fahrzeug zurück, wo die Angeklagten die gesamte Tatbeute sofort untereinander aufteilten.
1291.2. Sodann wurde der Geschädigte ZL. aufgefordert, sich in den Kofferraum seines Fahrzeuges zu legen, was dieser tat. Die Angeklagten fuhren sodann mit ihm in hoher Geschwindigkeit in Richtung Römerbrunnen in S.. Sie fuhren mit dem Geschädigten zu einem Feld, wo sie ihn ausstiegen ließen und ihn aufforderten, sich hinzuknien. Während der Angeklagte B. den Geschädigten im Rahmen eines Videotelefonates mit einer unbekannten weiblichen Person filmte, forderte der Angeklagte O. ihn auf, zu sagen, dass er kein Geld habe. Sodann trat der Angeklagte O. – für den Angeklagten B. überraschend – den Geschädigten mit dem beschuhten Fuß ins Gesicht und hielt es dabei zumindest für möglich und nahm es billigend in Kauf, den Geschädigten Schmerzen zuzufügen und zu verletzen.
130Die Angeklagten forderten den Geschädigten danach auf, sich auszuziehen, hierzu kam es aber nicht. Anschließend forderten sie den Geschädigten auf, zu sich nach Hause zu fahren und die Fahrzeugpapiere für sein Fahrzeug zu holen. Dies lehnte der Geschädigte ab und gab hierzu an, dass sich in seiner Wohnung seine Familie aufhalte und die Angeklagten dann „auffallen“ würden. Daraufhin ließen die Angeklagten von ihrem Plan ab. Sie forderten den Geschädigten auf, sich auf die Rückbank seines Fahrzeuges zu setzen und fuhren mit ihm in hoher Geschwindigkeit zu einer Burger King- Filiale, wobei der Angeklagte O. das Fahrzeug führte. Dort holten sich die Angeklagten etwas zu essen. Anschließend fuhren sie mit dem Geschädigten erneut zur WW.-straße in S., wo sie aus dem Auto ausstiegen und wegliefen. Der gesamte Tatverlauf dauerte etwa 2,5 Stunden.
131Der Geschädigte ZL. erlitt durch den Tritt des Angeklagten O. einen Bluterguss im Gesicht und war einige Wochen lang krankgeschrieben. Er absolvierte wegen der Taten eine Traumatherapie über zehn Termine und hatte anfangs Schwierigkeiten, Auto zu fahren. Nach eigenen Angaben geht es ihm heute wieder besser.
1322. Am 17.06.2024 verabredete der Angeklagte O. sich erneut tatplangemäß über die Plattform „SL.“ mit dem Geschädigten YK. zu einem Treffen auf der WW.-straße in S.. Ob der Geschädigte YK. in diesem Zusammenhang mitteilte, dass er ohnehin zu einem Freund wolle und dabei an dem Ort des Treffpunktes vorbeikommen würde, aber das Treffen dann absagte und lediglich zwecks Weges zu diesem Freund an dem Treffpunkt vorbeikam oder ob er diesen gerade zwecks des Treffens aufsuchte, konnte die Kammer nicht feststellen. Auf der WW.-straße, Höhe Hausnummer 103, setzte sich der Geschädigte YK. jedenfalls auf eine dort befindliche Mauer, als die Angeklagten E. und O., in der Absicht und auf Grund ihres gemeinsamen Tatplanes, den Geschädigten YK. zu überfallen, auf ihn zukamen. Beide Angeklagte hatten Kapuzen über ihre Gesichter gezogen. Der Angeklagte O. hielt eine Schreckschusswaffe (hierzu s.u.) vor den Kopf des Geschädigten YK. und forderte, tatplangemäß und mit Wissen und Wollen des B., die Herausgabe des Portemonnaies des Geschädigten. Sie gingen davon aus, dass sich in dem Portemonnaie Bargeld befinden würde, das sie für sich behalten wollten. Der Geschädigte YK. zeigte sich von der Aufforderung unbeeindruckt und teilte mit, dass er kein Geld habe. Daraufhin forderte der Angeklagte O. das Handy des Geschädigten, um dies für sich zu behalten, welches dieser aber ebenfalls nicht herausgab. Daraufhin drückte der Angeklagte O. seine Schreckschusswaffe stärker gegen die Stirn des Geschädigten, woraufhin dieser weiterhin unbeeindruckt blieb und nur sagte „Ihr kleinen Ficker“. Die Angeklagten sahen daraufhin ihren Plan als gescheitert an. Der Angeklagte O. schoss aus Frust noch zweimal in die Luft. Anschließend flüchteten die Angeklagten.
133Infolge der Tat leidet der Geschädigte YK. unter Panikattacken, v.a. im Dunklen und vermeidet es, alleine im Dunklen unterwegs zu sein.
1343.1. Am 20.06.2024 verabredete der Angeklagte O. sich erneut tatplangemäß über die Plattform „SL.“ mit dem Nebenkläger H. zu einem Treffen in dessen Wohnung. Gegen 01:30 oder 01:45 Uhr erschien der Angeklagte O. vereinbarungsgemäß bei dem Nebenkläger in dessen Wohnung, W.-straße in M.. Nachdem beide kurz zusammen auf dem Sofa des Nebenklägers gesessen und sich unterhalten hatten, verließ der Angeklagte O. die Wohnung des Nebenklägers unter dem Vorwand, telefonieren zu müssen.
135Nach kurzer Zeit kehrte er, selbst unmaskiert, mit zwei weiteren, mit einem Tuch über dem Gesicht maskierten Personen, von denen eine der Angeklagte C. war und die andere mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der anderweitig verfolgte KF., in die Wohnung des Nebenklägers zurück, jeweils in der Absicht und entsprechend dem eingangs unter II. geschilderten gemeinsamen Tatplan, über den er die anderen zuvor informiert hatte und den sie sich allesamt zu eigen machten, den Nebenkläger gemeinschaftlich zu überfallen, wobei der Angeklagte O. nunmehr eine Softairpistole (hierzu s.u.) bei sich führte, wie den anderen Tätern bekannt war.
136Der Angeklagte O. forderte den Nebenkläger auf, auf dem Sofa sitzen zu bleiben und blieb, mit der Softairpistole (hierzu s.u.) auf den Nebenkläger gerichtet, mit dem Nebenkläger im Wohnzimmer, während seine beiden Mittäter die Wohnung des Nebenklägers durchsuchten. Einer der Täter nahm die AirPods des Nebenklägers sowie dessen Portemonnaie mit 20,00 EUR Bargeld, wobei beides auf dem Wohnzimmertisch lag, an sich, um sie zu behalten. Ein dort ebenfalls befindliches Tablet wurde nach Inaugenscheinnahme zurückgelegt, weil es wertlos erschien. Zudem forderte einer der Täter den Nebenkläger auf, sein Handy auf Werkseinstellungen zurückzusetzen, was dieser tat, weil sie auch das Handy mitnehmen wollten. Als ein Täter aus dem Portemonnaie des Nebenklägers eine Debitkarte entnahm, bat dieser, ihm seine Krankenkassenkarte und seinen Ausweis zu belassen. Daraufhin schlug der Angeklagte O. ihn mit der rechten Hand, in der er, was ihm bekannt war, auch die Softairpistole hielt, gegen die Schläfe, die er auch mit der Pistole traf, und sagte, der Nebenkläger solle „die Schnauze halten“. Er hielt es dabei zumindest für möglich und nahm es billigend in Kauf, dem Nebenkläger – auch mit der Pistole – Schmerzen zuzufügen oder ihn zu verletzen; der Nebenkläger trug einen großen Bluterguss am Kopf davon. Jedenfalls der Angeklagte C. sah den Schlag. Anschließend lud der Angeklagte O. die Softairpistole durch und, unter Ausnutzung der zuvor mit dem Schlag mit der Pistole geschaffenen Einschüchterungslage, durchsuchten der Angeklagte O. und ein Mittäter die Wohnung erneut nach stehlenswerten Gegenständen, der dritte Täter blieb bei dem Nebenkläger im Wohnzimmer und bewachte diesen.
1373.2. Anschließend sperrten die Täter gemeinsam den Nebenkläger im Badezimmer ein und verließen die Wohnung. Der Nebenkläger konnte sich erst gegen 06:00 Uhr gegenüber einem Zeitungsboten, den er aus dem Badfenster sah, bemerkbar machen und befreit werden.
138Die Beute teilten sie tatplangemäß unter sich auf.
139Der Nebenkläger H. bedurfte aufgrund der Taten therapeutischer Behandlung und leidet tatbedingt weiterhin unter Schlafstörungen. Wenn er nach Hause kommt, kontrolliert er seit und aufgrund der Taten, ob sich jemand in seiner Wohnung befindet.
1404. Der Angeklagte O. verabredete sich am 21.06.2024 tatplangemäß mit dem Nebenkläger G. über die Plattform „SL.“ zu einem Treffen an der Adresse WW.-straße in S.
141Der Nebenkläger hielt dort, wobei er noch angeschnallt war, wodurch ihm eine Gegenwehr, auch in Form einer Flucht aus seinem Pkw, deutlich erschwert war, mit eingeschaltetem Motor in „zweiter Reihe“ sein Fahrzeug an, um direkt nach dem Zusteigen seiner Verabredung weiterfahren zu können. Plötzlich, unmittelbar nach dem Halt, stiegen die Angeklagten S.M. und B. sowie F., aufgrund des eingangs unter II. geschilderten gemeinsamen Tatplanes, über den die Angeklagten O. und B. zuvor den Angeklagten F. informiert hatten und dem sich auch letzterer anschloss, und in der Absicht, den Nebenkläger zu überfallen, in das Fahrzeug, wobei der Angeklagte O., der eine Sturmhaube trug, sich auf den Beifahrersitz, der Angeklagte B. sich auf die Rückbank hinter den Nebenkläger und der Angeklagte F. neben den Angeklagten B. setzte. Den Angeklagten war in tatsächlicher Hinsicht der die Abwehrmöglichkeiten des Geschädigten einschränkenden besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs bewusst.
142Der Angeklagte O. bedrohte den Nebenkläger mit einer Schreckschusswaffe (hierzu s.u.), der Angeklagte B. mit einer Softairpistole (hierzu s.u.). Der Angeklagte B. hielt dem Nebenkläger dabei die Softairpistole an die Schläfe und erklärte, dieser solle „keine Faxen machen“, dann passiere nichts, wodurch sie die körperliche Herrschaft über den Nebenkläger erlangten, was sie billigend in Kauf nahmen. Diese Situation wollten sie zu einer Erpressung und/oder einem Raub ausnutzen. Der Angeklagte F. war unbewaffnet, wusste und wollte die Verwendung der beiden Waffen aber. Die Angeklagten forderten den Nebenkläger zunächst auf, zu sich nach Hause zu fahren und seine Fahrzeugpapiere zu holen. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie die Absicht, sich in den Besitz des Fahrzeuges und der Fahrzeugpapiere zu bringen. Noch während der Fahrt in Richtung der Wohnung des Nebenklägers gaben die Angeklagten aus unbekanntem Grund diesen Plan auf und forderten den Nebenkläger zunächst auf, statt zu seiner Wohnung nach S.-YS. zu fahren, sodann, in Richtung eines Feldes zu fahren, was der Nebenkläger jeweils tat. Die Anweisungen wurden dabei abwechselnd von den Angeklagten O. und F. erteilt.
143Als der Nebenkläger auf der GP.-straße in S. eine Polizeistreife sah, hielt er an, öffnete Fenster und Tür auf der Fahrerseite seines Fahrzeuges und machte die Beamten auf sich aufmerksam. Die Angeklagten liefen weg und wurden von den Beamten verfolgt. Während der Verfolgung fiel aus der Schreckschusswaffe der Angeklagten ein Schuss. In der Waffe wurden neun Patronen, eine davon im Lauf, festgestellt. Der Hahn der Pistole war gespannt, die Pistole entsichert. Die Softairpistole blieb in dem Fahrzeug des Nebenklägers G. zurück. Die Angeklagten E. und O. wurden von den Beamten gestellt, der Angeklagte F. konnte zunächst entkommen, stellte sich aber noch während des Ermittlungsverfahrens freiwillig der Polizei.
144Der Nebenkläger G. ist seit und aufgrund der Tat selten draußen unterwegs. Wenn er unterwegs ist, teilt er seit und aufgrund der Tat Bekannten mit, wo er sich aufhält und telefoniert während des Fahrens. Er steigt seit und aufgrund der Tat nur dann aus seinem Auto aus, wenn sich andere Personen in der Nähe befinden.
145Bei der zur Begehung der Taten verwendeten Schreckschusswaffe handelt es sich um eine funktionstüchtige „Atak Arms, Zoraki 918-P, 9 mm, P.A.K.“, bei der der Gasaustritt nach vorne erfolgt, bei der verwendeten Softairpistole um eine „Browning Arms 1911, 6 mm BB.
146IV.
1471.a) Der Angeklagte O. hat sich wie folgt zur Sache eingelassen:
148Hinsichtlich der Tat zu 1) hat sich der Angeklagte O. geständig eingelassen. Der Geschädigte ZL. sei aber nicht in den Kofferraum gesperrt worden, sondern habe auf der Rücksitzbank gelegen. Er, der Angeklagte O., habe dem Geschädigten in das Gesicht getreten, der Angeklagte B. habe daneben gestanden.
149Hinsichtlich der Tat zu 2) hat sich der Angeklagte O. ebenfalls geständig eingelassen. Er habe die Schreckschusswaffe dem Geschädigten YK. aber nicht gegen die Stirn gehalten.
150Hinsichtlich der Tat zu 3) hat sich der Angeklagte O. ebenfalls überwiegend geständig eingelassen und bereits vor Eröffnung des Hauptverfahrens, im Haftprüfungstermin am 26.09.2024, den Angeklagten C. als Mittäter benannt. Sie hätten alle zusammen die Tat geplant. Er habe sich mit dem Geschädigten in dessen Wohnung verabredet. Nachdem er in der Wohnung gewesen sei, habe er sich auf den Flur begeben, um zu telefonieren und die anderen hereingelassen. Alle hätten die Wohnung durchsucht. Er, der Angeklagte O., habe den Geschädigten mit einer Softairpistole bedroht. Alle hätten gewusst, was das für eine Waffe sei. Sie hätten dann Handy, AirPods und ein Portemonnaie mitgenommen. Er, der Angeklagte O., habe mitbekommen, dass der Angeklagte C. den Geschädigten im Bad eingesperrt habe, warum, wisse er nicht und dies sei auch vorher nicht geplant gewesen. Daraufhin seien sie abgehauen. Die Beute sei durch alle Beteiligten geteilt worden. Es sei auch noch eine weitere Person dabei gewesen, diese wolle er aber nicht benennen. Den KF. kenne er nicht. Auf Vorhalt der Vertreterin der Staatsanwaltschaft, dass dieser in dem Termin zur Haftbefehlsverkündung angegeben habe, den Angeklagten O. sehr gut zu kennen, erklärte dieser, dass er ihn vielleicht vom Sehen kenne. Er sei aber bei der Tat nicht dabei gewesen.
151Er, der Angeklagte O., habe den Geschädigten geschlagen. Zuvor habe er aber seine Waffe aus der rechten in die linke Hand genommen und den Geschädigten lediglich mit der flachen Hand, nicht mit der Waffe, geschlagen.
152Nach der Tat habe er, der Angeklagte O., in eine WhatsApp- Fußball-Gruppe des Geschädigten geschrieben, dass dieser im Badezimmer eingesperrt sei und Hilfe benötige.
153Hinsichtlich der Tat zu 4) hat sich der Angeklagte O. ebenfalls geständig eingelassen und erklärt, dass er zuerst eingestiegen sei. In der Anklageschrift seien er und sein Bruder verwechselt worden: Er habe auf dem Beifahrersitz gesessen. Es sei richtig, dass es zwei Waffen gegeben habe. Er habe die Schreckschusswaffe und sein Bruder die Softairpistole gehabt. Der Angeklagte F. sei schon vor der Tat in der Wohnung seines Bruders dabei gewesen und habe gewusst, dass Waffen verwendet werden sollten. Er habe mitmachen wollen. Die Beute habe geteilt werden sollen.
154In allen Fällen habe man sich über SL. mit den Geschädigten verabredet. Dort habe er, der Angeklagte O., sich als 15 oder 16-jährig ausgegeben. Man habe gehofft, dass die Geschädigten deswegen keine Anzeige erstatten würden. Er, der Angeklagte O., habe die Taten wegen seines Bruders und dessen Schulden begangen. Von dem Teil, den er aus den Taten erhalten habe, habe er seinem Bruder noch etwas abgegeben. Er habe aber einen Teil der Beute auch zur eigenen Verwendung erhalten.
155b) Der Angeklagte B. hat sich wie folgt zur Sache eingelassen:
156Hinsichtlich der Tat zu 1) hat sich der Angeklagte B. geständig eingelassen. Er habe zusammen mit seinem Bruder eine Verabredung arrangiert und habe dann den Geschädigten zusammen mit diesem aufgesucht. Beide seien zusammen in das Auto gestiegen, der Motor sei zu diesem Zeitpunkt noch an gewesen. Er habe in dem Auto auf der Rückbank hinter dem Fahrzeugführer Platz genommen, sein Bruder habe auf dem Beifahrersitz gesessen. Sein Bruder habe ein Messer vorgehalten, er selbst habe kein Messer gehabt. Er habe aber von dem Messer seines Bruders gewusst. Er, der Angeklagte B., habe die Brieftasche mit den 5,00 EUR an sich genommen. Der Geschädigte sei aufgefordert worden, die PIN-Nummer herauszugeben. Man sei daraufhin zur Sparkassenfiliale gefahren und er, der Angeklagte B., habe versucht,1.000,- Euro abzuheben. Die Verfügung habe nicht ausgeführt werden können, da das Konto nicht ausreichend gedeckt gewesen sei. Er habe dann 675,- Euro abgehoben und das Geld mit seinem Bruder geteilt.
157Er habe – abweichend von der Anklageschrift – nicht gesehen, dass dem Geschädigten ZL. ins Gesicht getreten worden sei. Der Geschädigte ZL. habe zudem zu keinem Zeitpunkt im Kofferraum gelegen. Nach der Sparkasse sei das Fahrzeug von dem Angeklagten O. geführt worden, der Angeklagte B. habe auf dem Beifahrersitz gesessen und der Geschädigte ZL. auf der Rückbank. Man habe ihm das Handy nicht abgenommen. Deswegen wäre es widersinnig gewesen, ihn in den Kofferraum zu sperren, weil er dann die Polizei hätte rufen können. Dem Geschädigten ZL. sei gedroht worden, er solle sich ruhig verhalten, sich bücken und die Fahrt dulden. Ihm sei auch angedroht worden, dass ein Messer vorhanden ist. Es sei ein Küchenmesser gewesen, ein etwas Längeres, aus dem Bestand der Mutter.
158Hinsichtlich der Tat zu 2) hat sich der Angeklagte B. ebenfalls geständig eingelassen. Im Vorfeld der Tat habe der Angeklagte O. über die Plattform „SL.“ Kontakt mit dem Geschädigten YK. aufgenommen. Der Tathergang sei immer der Gleiche gewesen. Man habe den Geschädigten eine Lektion erteilen und an Geld kommen wollen. Man habe sich am Tatort mit dem Geschädigten verabredet, dieser sei nicht zufällig vor Ort gewesen. Es sei richtig, dass die Schreckschusswaffe durch seinen Bruder mitgeführt und auch genutzt worden sei, um an Geld zu kommen, er selbst habe davon gewusst. Vor Ort habe der Angeklagte O. Handy und Geld von dem Geschädigten gefordert. Der Geschädigte sei aber unbeeindruckt gewesen, dies auch, nachdem der Angeklagte O. die Waffe auf ihn gehalten und ihn beleidigt habe. Er, der Angeklagte O., habe dann in die Luft geschossen. Danach seien beide Brüder geflüchtet.
159Auch hinsichtlich der Tat zu 4) hat sich der Angeklagte B. geständig eingelassen. Allerdings und abweichend von der Anklageschrift habe nicht er auf dem Beifahrersitz gesessen, sondern sein Bruder. Er, der Angeklagte B., habe hinten auf der Rückbank hinter dem Fahrer gesessen und dem Geschädigten eine Softairpistole, keine Schreckschusswaffe, an den Hals gehalten. Der Angeklagte F. sei bereits bei der Planung der Tat dabei gewesen. Man habe sich in seiner, des Angeklagten B., Wohnung zum „Chillen“ getroffen, dabei hätten er, der Angeklagte B., und sein Bruder ihre Waffe auch vor dem Angeklagten F. gezeigt. Dieser habe von allem gewusst und es sei ihm vollkommen klar gewesen, dass Schusswaffen vorhanden und eingesetzt werden sollten. Der Angeklagte F. habe auch Kenntnis von den vorherigen Taten der Brüder gehabt. Der Angeklagte F. habe im Auto hinten rechts Platz genommen auf der Rückbank. Es sei im Auto zu einem verbalen Durcheinander gekommen. Der Angeklagte F. und der Angeklagte O. hätten beide Anweisungen gegeben, wohin der Geschädigte fahren solle und Forderungen gestellt. Der Angeklagte F. selbst habe aber keine Waffe oder ein Werkzeug dabeigehabt.
160Die Idee zu den Taten sei ursprünglich von dem Angeklagten O. gekommen. In der Wohngegend der Brüder sei es in der Vergangenheit öfter zu Missbrauchstaten von älteren Tätern zum Nachteil von jüngeren Männern gekommen. Beide Brüder hätten diese Taten missbilligt. Man habe den Geschädigten einen Denkzettel und eine Lektion erteilen und zudem an Geld kommen wollen. Bei SL. habe sich der Angeklagte O., der die Chats dort geführt habe, als 15- oder 16-jährig ausgegeben. Man sei davon ausgegangen, dass die Geschädigten, von denen man davon ausging, dass es sich um 30 bis 35 Jahre alte Männer handeln würde, die Taten wegen des Hintergrundes der Treffen nicht anzeigen würden. Die Taten hätten keinen homophoben Hintergrund gehabt.
161Die Angeklagten O. und B. entschuldigten sich in der Hauptverhandlung bei den Geschädigten. Der Geschädigte YK. erklärte aber, dass dies es nicht besser für ihn mache, die Nebenkläger H. und G. nahmen die Entschuldigung an.
162c) Der Angeklagte F. hat sich durch seinen Verteidiger, dessen Erklärung er im Anschluss als richtig bestätigte, hinsichtlich der Tat zu 4) geständig eingelassen. Er selbst habe während der Tat keine Waffe gehabt, es sei aber richtig, dass er gewusst habe, was passieren sollte. Er habe während der Fahrt auf der Rückbank gesessen. Es sei alles chaotisch gewesen, deswegen habe auch er Anweisungen erteilt. Er habe sich spontan auf die Tat eingelassen.
163Der Angeklagte F. entschuldigte sich bei dem Nebenkläger G. Er zahlte zudem ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500,00 EUR. Dies nahm der Nebenkläger, ebenso wie die Entschuldigung, an.
164d) Der Angeklagte C. hat sich durch Erklärung seines Verteidigers, deren Richtigkeit er im Anschluss bestätigte, wie folgt überwiegend geständig zur Tat zu 3) eingelassen.
165Er sei von dem Angeklagten O. angesprochen worden, ob er sich an der Tat beteiligen wolle. Dabei habe der Angeklagte O. ihm mitgeteilt, dass kein Risiko bestehe, da die Geschädigten, denen man vorspiegele, dass sie sich mit jüngeren Männern zu sexuellen Kontakten träfen, keine Anzeige erstatten würden. Der Angeklagte O. habe weiter gesagt, dass er dies nicht das erste Mal mache. Die Beute habe geteilt werden sollen. Bei der Tat sei auch der KF. dabei gewesen. Dessen Benennung sei ihm schwergefallen, weil er gut mit ihm befreundet sei. Der KF. sei auch gut mit dem Angeklagten O. befreundet. Er, der Angeklagte C., habe während der gesamten Tat neben dem Nebenkläger H. im Wohnzimmer gestanden und diesen bewacht, während die anderen Mittäter die Wohnung durchsucht hätten. Er habe von der Softairpistole gewusst. Diese sei ihm vor der Tat gezeigt worden und es sei auch gesagt worden, dass es eine Softairpistole sei. Der Angeklagte O. habe den Nebenkläger mit der flachen Hand, nicht mit der Softairpistole, geschlagen. Er, der Angeklagte C., habe gesagt, dass er das lassen solle. Mit welcher Hand der Angeklagte O. geschlagen habe, wisse er nicht. Es sei nicht geplant gewesen, Gewalt anzuwenden. Den Geschädigten in das Badezimmer einzusperren, sei nicht seine Idee gewesen. Er habe dem Angeklagten O. gesagt, dass er eine Nachricht in eine Fußball- WhatsApp-Gruppe des Nebenklägers schreiben solle, damit ihn jemand aus dem Badezimmer befreie.
166Ihm tue die Tat leid. Er entschuldigte sich im Anschluss an den ersten Hauptverhandlungstermin außerhalb des Sitzungssaals persönlich sowie wiederholt während der Hauptverhandlung bei dem Nebenkläger H.. An diesen zahlte er 2.500,00 EUR. Dieser nahm das Schmerzensgeld und die Entschuldigung an.
1672. a) Die Feststellungen zu der Tat zu 1) beruhen auf der geständigen Einlassung der Angeklagten O. und B., soweit ihr gefolgt werden konnte, im Übrigen auf der glaubhaften Aussage des Geschädigten ZL. und ergänzend der Inaugenscheinnahme der Lichtbilder Bl. 74 f. d.A. (Wahllichtbildvorlage), Bl. 6 unten FA1 (Messer) sowie der glaubhaften Aussage des Zeugen IF. über die Ergebnisse der Auswertung der Telekommunikationsdaten der Tatortfunkzellen.
168Soweit die Angeklagte O. und B. die Feststellungen der Kammer zu der Tat zu 1) bestritten haben – im Einzelnen behaupteten beide, dass der Geschädigte nicht im Kofferraum eingesperrt worden sei, sowie zudem der Angeklagte B., dass er den Tritt des Angeklagten O. nicht gesehen und er selbst kein Messer gehabt und den Geschädigten hiermit bedroht habe – wird dies durch die glaubhafte Aussage des Geschädigten widerlegt: Die Aussage des Geschädigten ZL. ist umfassend, auch in Bezug auf die von den Angeklagten bestrittenen Punkte, nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Der Geschädigte hat zudem in der zu erwartenden Detailliertheit ausgesagt. Er stand ersichtlich während seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung noch unter dem Eindruck des Geschehens, was es plausibel macht, dass er das Geschehen noch in allen Einzelheiten wiedergeben konnte. Einseitige Belastungstendenzen waren nicht ersichtlich. Stattdessen hat er insbesondere angegeben, nicht während der gesamten Fahrt im Kofferraum eingesperrt gewesen zu sein. Hätte er sich dies ausgedacht, um die Angeklagten zu Unrecht zu belasten, wäre zu erwarten, dass er in diesem Fall behauptet hätte, dass er während der gesamten Fahrt im Kofferraum eingesperrt gewesen wäre. Die Ausführungen der Angeklagten dazu, dass es widersinnig gewesen wäre, den Geschädigten in den Kofferraum zu sperren, weil sie ihm sein Handy nicht abgenommen hätten und dieser so die Polizei hätte rufen können, entbehren nach der glaubhaften Aussage des Geschädigten zudem ihrer Grundlage, weil der Geschädigte glaubhaft angegeben hat, dass die Angeklagten ihm auch sein Handy abgenommen haben. Dies erscheint plausibel, da die Angeklagten einerseits auf unbestimmte Wertgegenstände aus waren, andererseits es nachvollziehbar erscheint, dass sie gerade vermeiden wollten, dass der Geschädigte Hilfe ruft.
169Ebenso ist die Aussage des Geschädigten, dass auch der Angeklagte B. ein Messer gehabt und ihn damit bedroht habe, glaubhaft. Auch insoweit schilderte der Geschädigte detailliert und konnte sogar das von dem Angeklagten B. verwendete Messer genauer beschreiben.
170Schließlich ist auch die Einlassung des Angeklagten B., er habe den Tritt des Angeklagten O. nicht gesehen, als Schutzbehauptung zu werten. Denn nach der glaubhaften Aussage des Geschädigten und des Angeklagten O. selbst stand der Angeklagte B. während des Tritts daneben und filmte sogar. Die gesamte Schilderung des Geschädigten betreffend das Geschehen auf dem Feld, auf dem sich auch der Tritt ereignete, war besonders plastisch. Dem Geschädigten war insbesondere betreffend diese Geschehnisse anzumerken, dass er das Geschilderte selbst erlebt hat und noch unter dem Eindruck dieser Geschehnisse stand, weil er – wie er selbst zum Ausdruck brachte – gerade das Geschehen auf dem Feld als besonders demütigend empfand.
171Soweit der Angeklagte B. angegeben hat, dass er 675,00 EUR abgehoben habe, erachtet die Kammer dies als versehentlich irrtümliche Angabe und geht, entsprechend der glaubhaften Aussage des Geschädigten ZL., der dies auch auf ausdrückliche Nachfrage noch einmal bestätigte, davon aus, dass tatsächlich 635,00 EUR abgehoben worden sind.
172b) Die Feststellungen hinsichtlich der Tat zu 2) beruhen auf der geständigen Einlassung der Angeklagten O. und B. und der glaubhaften Aussage des Geschädigten YK. sowie ergänzend der Inaugenscheinnahme der Lichtbilder Bl. 44-51 FA2 über die mit dem Geschädigten YK. im Ermittlungsverfahren durchgeführten Wahllichtbildvorlage. Der Geschädigte YK. hat die Angeklagten O. und B. auch in der Hauptverhandlung als Täter wiedererkannt.
173Die Kammer ist aufgrund der glaubhaften Aussage des Geschädigten YK., entgegen der Einlassung des Angeklagten O., auch davon überzeugt, dass der Angeklagte O. ihm die Waffe an die Stirn gedrückt hat. Die Kammer ist schließlich, aufgrund der Einlassungen der Angeklagten O. und B. sowie der Aussage des Geschädigten YK. davon überzeugt, dass sich die Angeklagten in der Folge eines Chats über die Plattform „SL.“ mit dem Geschädigten trafen. Ob der Geschädigte den Tatort zwecks gemeinsamen Treffens aufsuchte oder ein solches, wie er behauptet, kurz vorher absagte, den Angeklagten aber zuvor mitgeteilt hatte, sich zu dem jedenfalls ursprünglich verabredeten Zeitpunkt ohnehin in der Nähe des Tatorts aufzuhalten und die Angeklagten dieses Wissen für die Tatbegehung nutzten, ist für die Entscheidung bedeutungslos und kann daher dahinstehen.
174c) Die Feststellungen hinsichtlich der Tat zu 3) beruhen auf der überwiegend geständigen Einlassung der Angeklagten O. und C., soweit ihnen gefolgt werden konnte, im Übrigen auf der glaubhaften Aussage des als Zeugen vernommenen Nebenklägers H. und ergänzend der Inaugenscheinnahme der Lichtbilder Bl. 21-35 FA3 (Wohnung und Verletzung des Nebenklägers).
175Aufgrund der glaubhaften Aussage des Nebenklägers ist die Kammer insbesondere, entgegen der Einlassung der Angeklagten O. und C., davon überzeugt, dass der Angeklagte O. den Nebenkläger mit der Hand, in der sich, wie ihm bekannt war, noch die Waffe befand, schlug und ihn auch mit der Waffe traf. Es erscheint bereits nicht lebensnah, dass der Angeklagte O. die Waffe zuvor aus der rechten in die linke Hand genommen haben will, um den Nebenkläger zu schlagen, obwohl dies nach den Umständen – der Schlag erfolgte als unmittelbare Reaktion auf die Bitte des Nebenklägers, ihm Ausweis und Krankenversichertenkarte zu belassen – spontan erfolgte.
176Die Kammer ist aufgrund der Aussage des Nebenklägers weiter, ebenfalls entgegen der Einlassung der Angeklagten O. und C., davon überzeugt, dass die Angeklagten O., C. und ihr Mittäter den Nebenkläger gemeinsam im Badezimmer einsperrten und dass der Angeklagte C. sich zunächst an der Durchsuchung der Wohnung des Geschädigten und sodann, nach dem Schlag des Nebenklägers durch den Angeklagten O., entweder an der Bewachung des Nebenklägers, während seine Mittäter die Wohnung weiter durchsuchten beteiligte oder nach dem Schlag die Wohnung selbst (mit-)durchsuchte.
177Die Aussage des Nebenklägers erfolgte in der zu erwartenden Detailliertheit und war frei von Widersprüchen. Einseitige Belastungstendenzen waren nicht erkennbar. Im Gegenteil teilte der Nebenkläger ungefragt mit, dass er davon ausgehe, dass der Angeklagte O. ihn nicht absichtlich mit der Waffe geschlagen habe, sondern mit der flachen Hand schlagen wollte, aber noch die Waffe in dieser führte. Hätte er ihn zu Unrecht belasten wollen, hätte es nahe gelegen, entweder das Gegenteil zu behaupten oder seine Einschätzung, dass der Angeklagte die Waffe nicht absichtlich zum Schlag eingesetzt hatte, nicht mitzuteilen.
178Dass der Angeklagte O. auf Veranlassung des Angeklagten C. mit dem Handy des Nebenklägers eine Nachricht in eine Fußballgruppe gestellt haben will, damit dieser gerettet werde, erachtet die Kammer als Schutzbehauptung. Zwar hat der Nebenkläger erklärt, dass er Fußballschiedsrichter sei. Er habe aber hierzu keine überdauernde Chatgruppe, sondern richte diese nur spielbezogen ein und lösche sie danach wieder; eine solche Chatgruppe habe er im Tatzeitpunkt nicht gehabt. Ihm sei auch nicht bekannt geworden, dass es eine entsprechende Nachricht an einen seiner Kontakte gegeben habe.
179d) Die Feststellungen zu der Tat zu 4) beruhen auf den geständigen Einlassungen der Angeklagten O., B. und F., der glaubhaften Aussage des als Zeugen vernommenen Nebenklägers G. und der glaubhaften Aussage des Zeugen WN. über die Flucht der Täter.
180e) Die Feststellungen zu den bei den Taten verwendeten Waffen folgen aus der Verlesung des Gutachtens des LKA NRW vom 09.10.2024. Dass die zur Begehung der Taten 2) und 4) verwendete Schreckschusswaffe zu den Tatzeitpunkten jeweils funktionstüchtig und geladen war folgt daraus, dass mit ihr nach der Aussage des Zeugen YK. während der Begehung der Tat zu 2) bzw. nach der Aussage des Zeugen WN. unmittelbar nach der Tat zu 4) geschossen wurde.
181V.
1821. Der Angeklagte O. ist des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischen Angriff auf Kraftfahrer in zwei Fällen (Taten zu 1.1 und 4), davon in einem Fall (Tat zu 1.1) in weiterer Tateinheit mit besonders schweren Raub und mit besonders schwerer räuberischen Erpressung, ferner der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung (Tat zu 2), des besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Tat zu 3.1.) und der Freiheitsberaubung in zwei Fällen (Taten zu 1.2. und 3.2.), davon in einem Fall (Tat zu 1.2) in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, schuldig.
1832. Der Angeklagte B. ist des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischen Angriff auf Kraftfahrer in zwei Fällen (Taten zu 1.1 und 4), davon in einem Fall in weiterer Tateinheit mit besonders schweren Raub und mit besonders schwerer räuberischer Erpressung (Tat zu 1.1), ferner der versuchten besonders schweren räuberischen Erpressung (Tat zu 2) und der Freiheitsberaubung (Tat zu 1.2) schuldig.
1843. Der Angeklagte F. ist des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer (Tat zu 4) schuldig.
1854. Der Angeklagte C. ist des besonders schweren Raubes (Tat zu 3.1) und der Freiheitsberaubung (Tat zu 3.2) schuldig.
1865. Entgegen den Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten B. in seinem Plädoyer sind die Angeklagten B. und O. in Bezug auf die Tat zu 2) nicht jeweils strafbefreiend vom Versuch zurückgetreten. Vielmehr war der Versuch aus ihrer Sicht jeweils fehlgeschlagen, nachdem der Geschädigte YK. die Herausgabe seiner Wertgegenstände verweigerte, so dass ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch gem. § 24 StGB ausscheidet. Entgegen der Verteidigung des Angeklagten B. kann auch nicht argumentiert werden, dass der Schuss durch den Angeklagten O. ebenfalls noch dazu diente, den Geschädigten zu der Herausgabe zu veranlassen und in der darauffolgenden Flucht der Angeklagten ein freiwilliges Aufgeben der Tat zu sehen sei, ohne dass der Geschädigte erneut die Herausgabe verweigert hätte. Nach der Überzeugung der Kammer stellt sich der Sachverhalt, da die Angeklagten den Geschädigten unmittelbar nach der Schussabgabe verließen und diesen nach dem Schuss gerade nicht nochmals zur Herausgabe aufforderten und auch nicht abwarteten, ob der Schuss Wirkung auf den Geschädigten hatte, vielmehr so dar, dass der Angeklagte O. aus Frustration, dass die Tat nicht gelungen war, schoss und beide Angeklagten den Tatort eben deswegen verließen, weil sie realisierten, dass der Geschädigte ihrem Ansinnen nicht nachkommen würde. Andernfalls wäre zu erwarten gewesen, dass die Angeklagten den Geschädigten gerade nach der Schussabgabe nochmals zur Herausgabe auffordern oder zumindest die Wirkung des Schusses auf den Geschädigten abwarten.
187In Bezug auf die Tat zu 3) hat sich, entgegen den Ausführungen seines Verteidigers, auch der Angeklagte C. wegen besonders schweren Raubes gem. §§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbar gemacht. Zwar mag der Schlag mit der Waffe durch den Angeklagten O. nicht von dem ursprünglichen Tatplan der Angeklagten umfasst gewesen sein, weswegen die Kammer den Angeklagten C. nicht auch wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verurteilt hat. Der Angeklagte C. hat sich nach den Feststellungen der Kammer aber auch nach dem Schlag an der weiteren Tatausführung als Mittäter beteiligt, indem er, was die Kammer nicht weiter aufklären konnte, entweder den Nebenkläger H. während der weiteren Durchsuchung seiner Wohnung nach stehlenswerten Gegenständen bewacht oder sich selbst an der weiteren Durchsuchung der Wohnung beteiligt hat. Auch wenn die Kammer nicht festgestellt hat, dass nach dem Schlag noch Beutegegenstände durch die Täter gefunden und an sich genommen worden sind, war die Tatbeute zum Zeitpunkt der weiteren Durchsuchung der Wohnung nach dem Schlag doch jedenfalls noch nicht gesichert, was ein Verlassen der Wohnung erfordert hätte, so dass der gemeinsame Raub noch nicht beendet war. Auch derjenige, der sich nach der ungeplanten Gewalt eines Mittäters weiter an der Vollendung oder Beendigung der Tat beteiligt, muss sich die Gewaltanwendung im Sinne der §§ 249, 250, 25 Abs. 2 StGB nach den Grundsätzen der sukzessiven Mittäterschaft aber zurechnen lassen (BGH, NStZ 2004, 263, 264; NStZ-RR 2006, 12; 2017, 221, 222; von Heintschel-Heinegg/Kudlich, in: BeckOK/StGB, Stand: 01.11.2024, § 250 Rn. 12.4, jeweils m.w.N.). Dies ist hier der Fall: Der Angeklagte C. hat durch seinen Verteidiger, dessen Erklärung er als richtig bestätigte, selbst angegeben, dass er den Schlag des Angeklagten O. mit der Waffe gesehen hat. Dem Angeklagten C. war auch bekannt, dass der Schlag der weiteren Tatausführung diente. Dies folgt nicht nur aus der allgemeinem Lebenserfahrung, sondern auch daraus, dass der Angeklagte O. den Nebenkläger schlug, nachdem dieser darum gebeten hatte, ihm seinen Ausweis und seine Krankenversichertenkarte zu belassen, mithin gerade zu dem Zweck, die weitere ungestörte Tatausführung zu ermöglichen.
188In Bezug auf die Tat zu 4) geht die Kammer, jedenfalls im Zweifel für die beteiligten Angeklagten, davon aus, dass diese strafbefreiend vom jeweils angeklagten Versuch des Raubes bzw. der räuberischen Erpressung, §§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB bzw. §§ 253, 255, 249, 250 Abs. 2 Nr. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB zurückgetreten sind, § 24 Abs. 2 StGB. Nach den Feststellungen der Kammer forderten die Angeklagten O., B. und F. den Nebenkläger G. zunächst auf, zu sich nach Hause zu fahren und seine Fahrzeugpapiere zu holen. Die Kammer ist daher davon überzeugt, dass sie zu diesem Zeitpunkt handelten, um sich in den Besitz der Fahrzeugpapiere und des Fahrzeuges zu bringen. Nach den weiteren Feststellungen der Kammer haben die Angeklagten diesen Plan aber nicht weiter verfolgt, sondern während der weiteren Fahrt unterschiedliche Anweisungen erteilt, den Nebenkläger unter anderem aufgefordert, statt zu sich nach Hause in Richtung S.-YS. und dann, in Richtung eines Feldes zu fahren, was der Nebenkläger jeweils tat. Die Kammer geht daher, jedenfalls zu Gunsten der Angeklagten, davon aus, dass sie ihren ursprünglichen Plan, das Fahrzeug nebst den Papieren zu erlangen, bereits bevor sie auf die Polizeistreife trafen aufgegeben und dadurch die Vollendung der Tat gemeinsam verhindert haben. Gründe, die gegen die Freiwilligkeit dieser Aufgabe sprechen, sind nicht ersichtlich. Dass sie handelten, um den Gebrauch des Fahrzeuges zu erlangen und sich deswegen wegen (vollendeter) räuberischer Erpressung, §§ 253, 255, 249, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB (vgl. hierzu BGH, NStZ-RR 2003, 328) strafbar gemacht haben, hat die Kammer – da die weitere Motivationslage der Angeklagten aufgrund der unterschiedlichen Anweisungen an den Nebenkläger unklar geblieben ist – ebenfalls nicht festgestellt.
189Davon unberührt bleiben die (vollendeten) Taten des erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit räuberischen Angriff auf Kraftfahrer, §§ 239a, 316a StGB.
190Soweit die Kammer die Angeklagten S. und B. sowie F. (auch) wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer gem. § 316a Abs. 1 StGB verurteilt hat (Taten zu 1, 2 und 4) haben sie die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs jeweils zur Tatbegehung ausgenutzt. Es bestand jeweils eine verkehrstypische Gefahrenlage für die Geschädigten aufgrund ihrer Beanspruchung durch das Bedienen ihrer Fahrzeuge und die ihnen abverlangte Konzentration auf die Verkehrslage, weil sie sich in ihren Fahrzeugen den Angriffen nicht entziehen konnten, ohne sich selbst oder andere Verkehrsteilnehmer – etwa durch Öffnen der Tür oder Ziehen der Handbremse – zu gefährden. (siehe für diesen unproblematischen Fall selbst fahrender Geschädigter nur Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage 2019, § 316a Rn. 12 m.w.N.). Dieser Umstände waren sich die Angeklagten jeweils auch in ihrer Bedeutung für die Tatbegehung bewusst.
191VI.
192Bei der Strafzumessung hat sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten lassen:
1931.a) Der Angeklagte O. war zum Zeitpunkt der Begehung der Taten Heranwachsender im Sinne des § 1 Abs. 2 2. Hs JGG.
194Es ist gem. § 105 Abs. 1 JGG Jugendstrafrecht anzuwenden.
195Gem. § 105 Abs. 1 JGG wendet das Gericht auf den Heranwachsenden die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn die Gesamtwürdigung seiner Persönlichkeit bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, dass er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand (Nr. 1), oder es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt (Nr. 2).
196Unter dem einem Jugendlichen gleichstehenden Heranwachsenden im Sinne der Nr. 1 ist nach der Rechtsprechung, der noch ungefestigte, in der Entwicklung stehende, auch noch prägbare Mensch zu verstehen, bei dem Entwicklungskräfte noch in größerem Umfang wirksam sind“ (BGH, NJW 1989, 149, 1491; NStZ 2013, 289). Ist das nicht der Fall und stehen Reiferückstände nicht im Vordergrund, hat der Täter vielmehr die einen jungen Erwachsenen kennzeichnende Ausformung erfahren, dann ist er nicht mehr einem Jugendlichen gleichzustellen (siehe auch Laue, in: MK/JGG, 4. Auflage 2022, § 105 Rn. 14 m.w.N.). Maßgeblich für die Frage des Vorliegens eines Falles nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG ist mithin, ob die Entwicklungsschritte, die die Altersphase des Heranwachsenden prägen, bei dem konkreten Angeklagten zum Tatzeitpunkt noch liefen oder bereits abgeschlossen waren. Bei Zweifeln hinsichtlich der Einordnung ist danach zu entscheiden, welche Sanktion (Jugendstrafrecht oder allgemeines Strafrecht) die mildere Variante ist (Eisenberg/Kölbel, § 105 Rn. 47 f. m.w.N.). Dies ist in der Regel das Jugendstrafrecht (BGH, NJW 1959, 159, 161).
197Nach dem Vorstehenden ist für den Angeklagten O. Jugendstrafrecht anzuwenden:
198Seine bisherige Entwicklung ist durch die frühe Trennung der Eltern, die Konflikte mit der Mutter und den Wechsel von dem mütterlichen in den väterlichen Haushalt sowie der Lernschwäche des Angeklagten durch Brüche gekennzeichnet. Er hat noch keine Verselbstständigung erlangt, sondern lebte bis zu seiner Inhaftierung im väterlichen Haushalt, in den er nach eigenen Angaben auch nach einer Entlassung aus der JVA wieder zurückkehren wolle. Eine Berufsausbildung hat er bislang nicht absolviert und auch nicht über einen längeren Zeitraum gearbeitet.
199b) Gem. § 17 Abs. 2 JGG ist vorliegend eine Einheitsjugendstrafe zu verhängen, weil wegen der Schwere der Schuld und der schädlichen Neigungen des Angeklagten O. Strafe erforderlich ist.
200aa) Schuldschwere im Sinne des § 17 Abs. 2 2. Var. JGG setzt Tatunrecht von einiger Erheblichkeit voraus, wobei die Bewertung des Tatunrechts, das in den gesetzlichen Strafdrohungen seinen Ausdruck findet, berücksichtigt werden kann. Dem objektiven Tatunrecht kommt im Allgemeinen keine selbstständige Bedeutung zu, sondern entscheidend ist, inwieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Angeklagten in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben (BGH, NStZ 2012, 164). Der äußere Unrechtsgehalt der Tat ist jedoch insofern von Belang, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Höhe der Schuld gezogen werden können (zum Ganzen Brögeler, in: BeckOK/JGG, Stand: 01.02.2023, § 17 Rn. 16 f. m.w.N.). Der Unrechtsgehalt der Tat, der auch in der gesetzlichen Strafandrohung zum Ausdruck kommt, darf demnach auch bei der Prüfung, ob die Verhängung einer Jugendstrafe wegen der Schwere der Schuld geboten ist, nicht unberücksichtigt bleiben (BGH NStZ 2018, 728, 729 m.w.N.).
201Nach dem Vorstehenden ist die Schwere der Schuld hinsichtlich des Angeklagten O. zu bejahen: Zwar hat der Angeklagte O. die Taten gestanden und sich entschuldigt und in Bezug auf die Tat zu 3) den Angeklagten C. und hinsichtlich der Tat zu 4) den Angeklagten F. als Mittäter benannt und damit zur Strafverfolgung beigetragen. Der Angeklagte O. hat sich indessen mehrerer Verbrechen schuldig gemacht, die nach Erwachsenenstrafrecht mit einer Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren zu bestrafen wären. Seine Schuld wiegt dabei besonders schwer, da er es war, der nach der Überzeugung der Kammer aufgrund der Einlassungen der Angeklagten und der durchgeführten Beweisaufnahme den Kontakt mit den Geschädigten herstellte und sich deren Vertrauen erschlich.
202bb) Unter schädlichen Neigungen sind nach ständiger Rechtsprechung erhebliche Persönlichkeitsmängel zu verstehen, die ohne längere Gesamterziehung die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten in sich bergen, die nicht nur gemeinlästig sind oder den Charakter von Bagatelldelikten haben (vgl. BGH NStZ 2010, 280, 281; 2002, 89, jeweils m.w.N.; Brögeler, in: BeckOK/JGG, Stand: 01.02.2023, § 17 Rn. 5).
203Nach dem Vorstehenden lagen zum Zeitpunkt der Taten und auch noch zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung schädliche Neigungen bei dem Angeklagten O. vor: Zwar hat der Angeklagte O. die Taten gestanden und sich entschuldigt und in Bezug auf die Tat zu 3) den Angeklagten C. und hinsichtlich der Tat zu 4) den Angeklagten F. als Mittäter benannt und damit zur Strafverfolgung beigetragen, was für eine im Ansatz positive Entwicklung spricht. Der Angeklagte O. fiel indessen bereits in der Kindheit durch Konflikte mit seiner Mutter und Mitschülern auf, weswegen zunächst eine ambulante Familienhilfe im mütterlichen Haushalt installiert werden und der Angeklagte O., als selbst dies nicht fruchtete, den Haushalt verlassen musste. Der Angeklagte O. ist bereits strafrechtlich, darunter auch wegen eines Eigentumsdelikts, verurteilt worden. Auch die Verbüßung von Jugendarrest in dem zuvor genannten Verfahren hat ihn nicht von der Begehung der verfahrensgegenständlichen schweren Straftaten abgehalten, wobei er jeweils als Haupttäter anzusehen ist. Die schädlichen Neigungen liegen auch weiterhin vor; insbesondere kann das Gegenteil nicht wegen der Erfahrung der erlittenen Untersuchungshaft in diesem Verfahren angenommen werden. Auch wenn der Angeklagte O. in der JVA arbeitet, reicht der verstrichene Zeitraum seit den Taten nicht aus, um von einer nachhaltigen Wandlung des Angeklagten ausgehen zu können.
204c) Gem. § 18 Abs. 1 S. 2 JGG beträgt das Mindestmaß der Jugendstrafe sechs Monate, das Höchstmaß zehn Jahre. Gem. § 18 Abs. 2 JGG ist die Jugendstrafe so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist (BGH NStZ-RR 2020, 30). Ihre Höhe bemisst sich vorrangig nach erzieherischen Gesichtspunkten (BGH NStZ-RR 2017, 231, 231). Abzustellen ist daher insbesondere auf das Alter, den Entwicklungsstand und das Persönlichkeitsbild, wie sie in der Tat zum Ausdruck gekommen sind (Brögeler, in: BeckOK, JGG, Stand: 01.02.2023, § 18 Rn. 7; vgl. auch BGH, NStZ-RR 2010, 290, 291; NStZ 2016, 105). Dabei ist aber auch das Tatunrecht zu berücksichtigen, insbesondere, wenn Jugendstrafe nicht (nur) wegen des Vorliegens schädlicher Neigungen, sondern aufgrund der Schuldschwere verhängt wird, auch wenn die eigenständige Berücksichtigung generalpräventiver Kriterien unzulässig ist und auch insofern auf den Erziehungszweck abzustellen ist (vgl. Brögeler, in: BeckOK, JGG, Stand: 01.02.2023, § 18 Rn. 8 m.w.N.). Das Gewicht des Tatunrechts ist dabei gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Angeklagten abzuwägen (siehe nur BGH NStZ-RR 2012, 186, 187). Ohnehin werden Erziehungsgedanke und der Zweck des gerechten Schuldausgleichs indessen häufig miteinander in Einklang stehen (Radtke, in: MK/JGG, 4. Auflage 2022, § 18 Rn. 17 m.w.N.).
205Bei der Bemessung der Jugendstrafe hinsichtlich des Angeklagten O. war zu berücksichtigen, dass sich bei ihm ganz erheblicher Erziehungsbedarf zeigt, der eine erhebliche Jugendstrafe erfordert. Zwar hat der Angeklagte O. die Taten gestanden und sich entschuldigt und in Bezug auf die Tat zu 3) den Angeklagten C. und hinsichtlich der Tat zu 4) den Angeklagten F. als Mittäter benannt und damit zur Strafverfolgung beigetragen, was erste positive Ansätze sind. Bei dem Angeklagten O. zeigen sich gleichwohl erhebliche Erziehungsmängel: Bereits gegenüber seiner Mutter, aber auch in der Hauptschule fiel er durch Konflikte mit anderen auf. Er hat außerdem keine Berufsausbildung erlangt, lebte längere Zeit von Sozialleistungen und hat bislang nicht länger gearbeitet. Wesentlich ist auch, dass er mit der Begehung der Straftaten eine erhebliche kriminelle Energie entwickelt hat, weshalb in der Gesamtschau die Persönlichkeit des Angeklagten noch der erheblichen, längerfristigen Festigung bedarf und ihm auch aus erzieherischen Gründen das von ihm begangene Unrecht nachhaltig vor Augen geführt werden muss.
206Zur Erfassung des verwirklichten Unrechts sind bei der Bemessung der Jugendstrafe zu Gunsten des Angeklagten auch gesetzliche Milderungen des Erwachsenenstrafrechts zu berücksichtigen. Gem. § 18 Abs. 1 S. 3 JGG gelten die Zumessungsregeln des allgemeinen Strafrechts zwar nicht. Insbesondere das Vorliegen vertypter Milderungsgründe ist aber auch im Rahmen der Bemessung der Jugendstrafe zu berücksichtigen. Zu Gunsten des Angeklagten O. ist insoweit zu berücksichtigen, dass die Tat zu 2) nur versucht wurde, weshalb die Kammer nach Erwachsenenstrafrecht den Strafrahmen des §§ 253, 255, 250 Abs. 2, 22, 23 Abs. 1 StGB gem. §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemindert hätte. Zudem hat der Angeklagte O. in Bezug auf die Tat zu 3) vor Eröffnung des Hauptverfahrens den Angeklagten C. als Mittäter benannt, so dass die Kammer nach Erwachsenenstrafrecht die Strafe gem. §§ 46b Abs. 1 Nr. 1, 49 Abs. 1 StGB gemindert hätte. Ebenso hat er den Angeklagten F. bereits im Ermittlungsverfahren belastet, indem er konkrete Angaben zu dessen Tatbeitrag gemacht hat. Die Taten zu 1), 3) und 4) stellen sich demgegenüber nicht als minder schwere Fälle gem. § 239a Abs. 2, § 316a Abs. 2 StGB bzw. § 250 Abs. 3 StGB dar, auch nicht unter Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrund des § 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB. Gegen die Annahme eines minder schweren Falles spricht jeweils insbesondere, dass der Angeklagte O. vorbestraft ist, und durch die Taten jeweils mehr als einen Straftatbestand verwirklicht hat. Zudem hatten die Taten jeweils erhebliche Folgen für die Geschädigten.
207Unter Abwägung der vorgenannten Umstände zeigt sich bei dem Angeklagten O. ganz erheblicher Erziehungsbedarf, der die Verhängung einer
208Einheitsjugendstrafe von 4 Jahren und 2 Monaten
209erfordert.
2102. a) Der Angeklagte B. war zum Zeitpunkt der Begehung der Taten Heranwachsender im Sinne des § 1 Abs. 2 2. Hs JGG.
211Es ist gem. § 105 Abs. 1 JGG Jugendstrafrecht anzuwenden:
212Die Entwicklung des Angeklagten B. ist durch die frühe Trennung der Eltern und dem Konflikt zwischen seiner Mutter und seinem Bruder, der zu einer wohnlichen Trennung der Geschwister führte, durch Brüche geprägt. Er hat noch keine Verselbstständigung erlangt. Der Versuch, in einer eigenen Wohnung zu leben, ist letztlich gescheitert. Weder war der Angeklagte B. in der Lage, seine finanziellen Verhältnisse zu ordnen, noch konnte er den Haushalt alleine bewältigen, sondern war auf die Unterstützung der Mutter angewiesen. Nach eigenen Angaben hatte er zu Beginn seiner Inhaftierung großes Heimweh und wolle nach einer Entlassung wieder in den Haushalt der Mutter zurückkehren. Mitinsassen seien „doof zu ihm gewesen“, deswegen sei er zu einer Beschäftigungsmaßnahme im Straßenbau nicht mehr gegangen. Die diesbezügliche Wortwahl zeigt erhebliche Entwicklungsrückstände. Ausbildungsmaßnahmen und eine langfristige Beschäftigung scheiterten jeweils, weil der Angeklagte B. sich nicht motiviert zeigte, mehrere Stunden am Tag zu arbeiten. Einen Schulabschluss konnte der Angeklagte B. bislang ebenfalls nicht erlangen. Eine konkrete Vorstellung davon, was er künftig beruflich machen möchte, hat der Angeklagte B. ebenfalls nicht, wie seine (widersprüchlichen) Angaben zu seinen diesbezüglichen Plänen zeigen.
213b) Gem. § 17 Abs. 2 JGG ist vorliegend eine Einheitsjugendstrafe zu verhängen, weil wegen der Schwere der Schuld und der schädlichen Neigungen des Angeklagten B. Strafe erforderlich ist.
214aa) Nach den bereits dargestellten Voraussetzungen ist die Schwere der Schuld hinsichtlich des Angeklagten B. zu bejahen: Zwar hat der Angeklagte B. die Taten gestanden und sich entschuldigt und ist nicht vorbestraft. Zudem hat er früh zur Strafverfolgung gegen den Angeklagten F. beigetragen, indem er dessen Tatbeiträge in Bezug auf die Tat zu 4) aufgeklärt hat. Er hat sich indessen mehrerer Verbrechen schuldig gemacht, die nach dem Erwachsenenstrafrecht mit einer Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren bestraft werden. Entgegen des Plädoyers des Verteidigers des Angeklagten B. ist die in den Tatbeiträgen des Angeklagten B. zum Ausdruck kommende Schuld auch nicht nur geringfügig: Der Angeklagte B. hat sich keineswegs auf untergeordnete Tatbeiträge nach Weisung des Angeklagten O. beschränkt, sondern bedrohte insbesondere die Geschädigten ZL. und G. auch selbst mit einem Messer bzw. einer Softairpistole und hob mit der Karte und der PIN des Geschädigten ZL. Bargeld ab.
215bb) Bei den Angeklagten B. lagen zudem zu den Tatzeitpunkten und noch zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung schädliche Neigungen vor: Zwar hat der Angeklagte B. die Taten gestanden und sich entschuldigt und ist nicht vorbestraft. Zudem hat er früh zur Strafverfolgung gegen den Angeklagten F. beigetragen, indem er dessen Tatbeiträge in Bezug auf die Tat zu 4) aufgeklärt hat, was alles für eine im Ansatz positive Entwicklung spricht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes spricht insbesondere die Unvorbestraftheit eines Angeklagten regelmäßig gegen das Vorliegen schädlicher Neigungen bereits vor der Tatbegehung (BGH NStZ 2016, 681, 682; vgl. auch BGHSt 16, 261, 263; hierzu auch Brögeler, in: BeckOK/JGG, Stand: 01.02.2023, § 17 Rn. 9, 12). Vorliegend ist indessen zu berücksichtigen, dass der Angeklagte B. mehrere schwere Straftaten begangen hat, wobei er seine Überschuldung als Motiv für die Begehung der Taten darstellt. Dies zeigt, dass der Angeklagte B. aufgrund seiner erheblichen Erziehungsmängel, die in dem Fehlen eines Schulabschlusses und einer beruflichen Ausbildung aufgrund der gänzlich fehlenden Motivation des Angeklagten B., überhaupt mehrere Stunden am Tag zu arbeiten, zum Ausdruck kommen, auch nicht vor der Begehung schwerer Kriminalität zur Erfüllung seiner eigenen Bedürfnisse zurückschreckt. Die darin zum Ausdruck kommenden schädlichen Neigungen liegen auch weiterhin vor; insbesondere kann das Gegenteil nicht aus der nunmehrigen Hafterfahrung durch die erlittene Untersuchungshaft abgeleitet werden. Auch weiterhin kann der Angeklagte B. nicht glaubhaft einen nachhaltigen Lebensplan aufzeigen, der darauf schließen lässt, dass er zukünftig seine Bedürfnisse ohne kriminelle Taten erfüllen kann. Die Taten liegen zudem erst einige Monate zurück, so dass auch deswegen nicht davon auszugehen ist, dass sich die darin gezeigte erhebliche kriminelle Energie aufgelöst hat.
216c) Bei der Bemessung der Jugendstrafe war zu berücksichtigen, dass sich bei dem Angeklagten B. ganz erheblicher Erziehungsbedarf zeigt, der eine erhebliche Jugendstrafe erfordert: Zwar hat der Angeklagte B. die Taten gestanden und sich entschuldigt und ist nicht vorbestraft. Zudem hat er früh zur Strafverfolgung gegen den Angeklagten F. beigetragen, indem er dessen Tatbeiträge in Bezug auf die Tat zu 4) aufgeklärt hat, was alles erste positive Ansätze sind. Er hat bislang indessen keinen Schulabschluss erlangt und war noch nie langfristig beschäftigt. Eine nachhaltige Lebensplanung hat er nicht entwickelt, sondern ist nicht einmal nachhaltig motiviert, mehrere Stunden am Tag zu arbeiten. Seine gegenteilige Behauptung in der Hauptverhandlung erscheint vor dem Hintergrund, dass er als Gründe für das Scheitern früherer, aber erst weniger als ein Jahr zurückliegender Ausbildungsmaßnahmen und Beschäftigungen gerade angegeben hat, dass er zu mehrstündiger Arbeit nicht bereit sei, als Schutzbehauptung. Wesentlich ist auch, dass er mit der Begehung der Straftaten eine erhebliche kriminelle Energie entwickelt hat, weshalb in der Gesamtschau die Persönlichkeit des Angeklagten noch der erheblichen, längerfristigen Festigung bedarf und ihm auch aus erzieherischen Gründen das von ihm begangene Unrecht nachhaltig vor Augen geführt werden muss.
217Auch zu Gunsten des Angeklagten B. ist indessen zu berücksichtigen, dass die Tat zu 2) nur versucht wurde, weshalb die Kammer nach Erwachsenenstrafrecht den Strafrahmen des §§ 253, 255, 250 Abs. 2, 22, 23 Abs. 1 StGB gem. §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemindert hätte. Die Taten zu 1) und 4) stellen sich demgegenüber jeweils nicht als minder schwere Fälle gem. § 239a Abs. 2, § 316a Abs. 2 StGB bzw. § 250 Abs. 3 StGB dar. Zwar hat der Angeklagte B. die Taten gestanden und sich entschuldigt und ist nicht vorbestraft. Zudem hat er früh zur Strafverfolgung gegen den Angeklagten F. beigetragen, indem er dessen Tatbeiträge in Bezug auf die Tat zu 4) aufgeklärt hat. Gegen die Annahme eines minder schweren Falles spricht aber insbesondere, dass der Angeklagte B. durch die Taten jeweils mehr als einen Straftatbestand verwirklicht hat. Zudem hatten die Taten jeweils erhebliche Folgen für die Geschädigten.
218Unter Abwägung der vorgenannten Umstände zeigt sich bei dem Angeklagten B. ganz erheblicher Erziehungsbedarf, der die Verhängung einer
219Einheitsjugendstrafe von 4 Jahren und 2 Monaten
220erfordert. Der Erziehungsbedarf des Angeklagten B. ist, auch wenn man zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass er eine Tat weniger als der Angeklagte O. begangen hat, deutlich höher als der des Angeklagten O.. Der Angeklagte B. hat insbesondere weder einen Schulabschluss erlangt noch war er hinreichend motiviert, ganztätig zu arbeiten.
2213. Bei der Strafzumessung hinsichtlich des Angeklagten F. war von dem Strafrahmen des § 239a Abs. 1 StGB bzw. § 316a Abs. 1 StGB auszugehen, die jeweils Freiheitsstrafe von fünf bis 15 Jahren vorsehen. Ein minder schwerer Fall gem. § 239a Abs. 2 StGB bzw. § 316a Abs. 2 StGB liegt jeweils nicht vor, auch nicht unter Berücksichtigung des Umstandes, dass zu Gunsten des Angeklagten F. vom Vorliegen des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 46a StGB auszugehen ist (hierzu sogleich) und der Angeklagte F. die Tat gestanden, sich bei dem Geschädigten entschuldigt und im Ermittlungsverfahren freiwillig der Strafverfolgung gestellt hat. Gegen die Annahme eines minder schweren Falles spricht jeweils aber nicht nur, dass der Angeklagte F. jeweils tateinheitlich einen zweiten Straftatbestand verwirklicht hat, sondern auch, dass er bereits mehrfach vorbestraft ist und zum Tatzeitpunkt unter laufender Bewährung stand.
222Der genannte Strafrahmen war aber jeweils gem. § 46a StGB zu mindern, so dass er zwei Jahre bis elf Jahre und drei Monate beträgt. Denn der Angeklagte F. hat sich bei dem Nebenkläger G. entschuldigt und einen Betrag von 1.500,00 EUR an ihn gezahlt, was dieser als Ausgleich und Entschädigung akzeptiert hat.
223Im Rahmen des dargelegten Strafrahmens war bei der Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten F. zu berücksichtigen, dass er die Tat gestanden und sich bei dem Nebenkläger G. entschuldigt und diesen entschädigt hat. Zudem hat er sich im Ermittlungsverfahren freiwillig der Strafverfolgung gestellt. Nicht nur in der Hauptverhandlung, sondern auch gegenüber seiner Bewährungshelferin zeigte er nach deren Angaben in der Hauptverhandlung Einsicht und Selbstkritik. Schließlich muss er aufgrund der hiesigen Verurteilung mit dem Bewährungswiderruf rechnen. Zum Nachteil des Angeklagten F. ist bei der Strafzumessung aber zu berücksichtigen, dass er tateinheitlich einen zweiten Straftatbestand verwirklicht hat, dass er vorbestraft ist, darunter bereits wegen eines Vermögensdelikts, und zum Tatzeitpunkt unter laufender Bewährung stand. Zudem hatte die Tat erhebliche Folgen für den Nebenkläger WW.-straße.
224Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten F. sprechenden Umstände erachtet die Kammer eine
225Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten
226für tat- und schuldangemessen.
2274. a) aa) Bei der Strafzumessung hinsichtlich des Angeklagten C. war für die Tat unter 3.1 zunächst gem. § 250 Abs. 3 StGB von einem Strafrahmen von 1 Jahr bis 10 Jahren auszugehen. Es liegt ein minder schwerer Fall im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB vor. Zwar hatte die Tat erhebliche Folgen für den Nebenkläger H. Für die Annahme eines minder schweren Falles spricht aber, dass der Angeklagte C. die Tat gestanden und sich bei dem Nebenkläger entschuldigt hat. Dies reicht zwar für sich alleine nicht für die Bejahung eines minder schweren Falles aus. Ein solcher liegt aber unter Berücksichtigung zusätzlich des Umstandes, dass wegen der durch den Angeklagten C. erfolgten Entschädigung des Nebenklägers, die dieser als Ausgleich und Entschädigung akzeptiert hat, zu Gunsten des Angeklagten C. auch der vertypte Milderungsgrund des § 46a StGB („Täter-Opfer-Ausgleich“) zu bejahen ist. Dieser führt, zusammen mit den genannten unbenannten Minderungsgründen, zur Annahme eines minder schweren Falles.
228Dieser Strafrahmen war erneut gem. § 46b StGB zu mindern, so dass er 3 Monate bis 7 Jahre und 6 Monate beträgt. Denn der Angeklagte C. hat vor Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn den anderweitig verfolgten KF. als Mittäter benannt, was zum Erlass eines Haftbefehls gegen diesen führte.
229bb) Hinsichtlich der Tat unter 3.2 war von dem Strafrahmen des § 239 Abs. 1 StGB auszugehen, der Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe vorsieht. Dieser war gem. §§ 46a und 46b StGB aus den dargelegten Gründen zweifach zu mindern, so dass er Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren und 9 Monaten vorsieht.
230Bei der Strafzumessung innerhalb der dargelegten Strafrahmen war jeweils zu Gunsten des Angeklagten C. zu berücksichtigen, dass er die Taten gestanden und sich bei dem Nebenkläger H. entschuldigt hat. Zudem ist der Angeklagte nicht einschlägig vorbestraft. Zu seinem Nachteil war aber zu werten, dass der Nebenkläger durch die auch von dem Angeklagten C. begangenen Taten erhebliche psychische Folgen erlitt.
231Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten C. sprechenden Umstände erachtet die Kammer
232für die Tat unter 3.1. eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten und
233für die Tat unter 3.2. eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten
234für tat- und schuldangemessen.
235Aus diesen Einzelstrafen war gem. § 54 StGB eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden. Unter erneuter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten C. sprechenden Umstände und Beachtung der sich aus § 54 Abs. 2 StGB ergebenden Grenzen erachtet die Kammer eine
236Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren
237für tat- und schuldangemessen.
238b) Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe konnte zur Bewährung ausgesetzt werden, weil zu erwarten ist, dass der Angeklagte C. sich schon die Verurteilung zur Warnung gereichen lässt und auch ohne Einwirkung des Strafvollzuges künftig keine Straftaten mehr begehen wird, § 56 Abs. 1 StGB, und die Verteidigung der Rechtsordnung eine Vollstreckung nicht gebietet, § 56 Abs. 3 StGB: Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte C. die Taten gestanden und sich bei dem Nebenkläger H. entschuldigt hat. Zudem ist er nicht einschlägig vorbestraft und hat durch die erlittene Untersuchungshaft in diesem Verfahren erstmals Hafterfahrung gesammelt. Schließlich hat er in der Hauptverhandlung glaubhaft angegeben, dass er in Zukunft eine Berufsausbildung absolvieren und arbeiten möchte, was aufgrund des Schulabschlusses des Angeklagten realistisch erscheint.
239Zudem liegen besondere Umstände gem. § 56 Abs. 2 StGB vor, welche die Bewährungsaussetzung angezeigt erscheinen lassen. Denn nicht nur hat der Angeklagte C. die Taten gestanden und sich bei dem Nebenkläger H. entschuldigt, sondern diesen auch entschädigt, was gem. § 56 Abs. 2 3 StGB ausdrücklich als „besonderer Umstand“ im Sinne des § 56 Abs. 2 S. 1 StGB zu berücksichtigen ist.
240VII.
241Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 465 Abs. 1 S. 1, 472 Abs. 1 S. 1 StPO, § 74 JGG.