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Die Be¬klag¬te wird ver¬ur¬teilt, an den Klä¬ger 1.018,50 € nebst Zin¬sen in Höhe von 5 Pro¬zent¬punk¬ten über dem je¬weils gül¬ti¬gen Ba¬sis¬zins¬satz seit dem 02.08.2012 zu zah¬len.
Die Be¬klag¬te wird ver¬ur¬teilt, an den Klä¬ger 175,53 € Kos¬ten vor¬ge¬richt¬li-cher Rechts¬ver¬fol¬gung nebst Zin¬sen in Höhe von 5 Pro¬zent¬punk¬ten über dem je¬weils gül¬ti¬gen Ba¬sis¬zins¬satz seit dem 02.08.2012 zu zah¬len.
Im Üb¬ri¬gen wird die Klage ab¬ge¬wie¬sen.
Die Be¬klag¬te trägt die Kos¬ten des Rechts¬streits.
Das Urteil ist vor¬läu¬fig voll¬streck¬bar. Die Be¬klag¬te kann die Voll¬stre¬ckung durch Si¬cher¬heits¬leis¬tung in Höhe von 110 % des auf¬grund des Urteils voll¬streck¬ba¬ren Be¬trags ab¬we¬den, wenn nicht der Klä¬ger vor der Voll¬stre-ckung Si¬cher¬heit in Höhe von 110 % des je¬weils zu voll¬stre¬cken¬den Be-tra¬ges leis¬tet.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um einen Anspruch auf Rückerstattung einer Bearbeitungsgebühr im Rahmen eines Darlehensvertrages.
3Der Kläger und seine Ehefrau schlossen mit der Beklagten am 13.10.2011 einen Darlehensvertrag über eine Gesamtdarlehenssumme von 37.421,10 €. Darin enthalten war eine „Bearbeitungsgebühr“ von 1.018,50 €, die der Kläger und seine Ehefrau entrichtet haben. Die Ehefrau des Klägers hat alle Ansprüche aus dem Darlehensvertrag an den Kläger abgetreten.
4Der Kläger ist der Ansicht, dass die Vereinbarung der Bearbeitungsgebühr unwirksam sei und die Beklagte daher zur Erstattung der Bearbeitungsgebühr nebst gezogener Nutzungen in Höhe von 4 % verpflichtet sei.
5Der Kläger beantragt,
6die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.046,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
7die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 175,53 € Kosten vorgerichtlicher Rechtsverfolgung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie ist der Auffassung, dass es sich bei der Bearbeitungsgebühr um eine Preishauptabrede handele und diese daher einer gerichtlichen Inhaltskontrolle entzogen sei.
11Für die weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
14Die zulässige Klage ist zum ganz überwiegenden Teil begründet. Der Kläger kann von der Beklagten aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB die Rückzahlung der Bearbeitungsgebühr in Höhe von 1.018,50 €, jedoch nicht die beanspruchten Nutzungen verlangen.
15I.
16Die Beklagte hat diese Summe von 1.018,50 € durch Leistung des Klägers und seiner Ehefrau ohne rechtlichen Grund erlangt, da die Vereinbarung über die Zahlung einer Bearbeitungsgebühr nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist.
171.
18Bei der Vereinbarung der Bearbeitungsgebühr handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Danach sind allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Es ist unstreitig und aus vorangegangen Verfahren dem Gericht bekannt, dass die Beklagte in einer Vielzahl von Fällen möglichen Darlehensnehmern eine Bearbeitungsgebühr von 3,5 % der Darlehenssumme anbietet. Soweit die Beklagte vorträgt, dass es auch Verträge mit einer anderen Bearbeitungsgebühr oder ohne eine Bearbeitungsgebühr gebe, ändert dies nichts. Dabei mag es so sein, dass die Beklagte für bestimmte Arten von Darlehen, für bestimmte Arten von Darlehensnehmern oder nach anderen Kriterien von der Erhebung einer Bearbeitungsgebühr Abstand nimmt oder eine solche in anderer Höhe verlangt. Die Beklagte hat jedoch nicht substantiiert dargelegt, nach welchen Kriterien sie über die Höhe des Angebots einer Darlehensgebühr entscheidet. Sie hat lediglich darauf verwiesen, dass keine allgemeine Vorgabe bestehe, dass Darlehensverträge mit einer Gebühr von 3,5 % angeboten werden. Aufgrund der Vielzahl der gerichtsbekannten Fälle geht das Gericht jedoch davon aus, dass zumindest in bestimmten Konstellationen bei der Beklagten eine solche Vorgabe bestand. Anders könnte dies nur sein, wenn jeder einzelne Kreditsachbearbeiter der Beklagten bei der Gestaltung der Bearbeitungsgebühr völlig frei wäre. Dies hält das Gericht jedoch für völlig lebensfremd. Soweit in einzelnen Fällen andere oder keine Bearbeitungsgebühren verlangt worden sind, mag es sich in diesen Fällen um abweichende Vorgaben für abweichende Konstellationen oder im Einzelfall um Individualvereinbarungen handeln. Für den vorliegenden Fall handelt es sich bei der Bearbeitungsgebühr jedoch um eine vorformulierte Vertragsbedingung, die die Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau gestellt hat. Dabei kommt es schließlich auch nicht darauf an, dass anders als in den vom Kläger angeführten Fällen (vgl. z. B. OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.02.2011, AZ. I-6 U 162/10, zitiert nach Juris) die Vereinbarung der Bearbeitungsgebühr nicht auf einem Preisaushang der Beklagten beruhte. Denn vorformuliert ist eine Vertragsbedingung auch, wenn sie lediglich im „Kopf“ des Verwenders gespeichert ist oder – wie augenscheinlich bei der Beklagten – Vorgaben bestehen, Kunden Darlehensverträge in bestimmten Fällen mit einer Bearbeitungsgebühr von 3,5 % anzubieten.
19Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass im streitgegenständlichen Fall die Vertragsbedingung Bearbeitungsgebühr zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt worden wäre (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB). Hierzu hätte die Beklagte darlegen müssen, dass sie zu Verhandlungen über die Bearbeitungsgebühr bereit gewesen wäre und dies auch dem Kläger unzweideutig erklärt hat. Desweiteren müsste entweder die Vereinbarung der Bearbeitungsgebühr vom ursprünglichen Angebot tatsächlich abgeändert worden sein oder aber der Kläger und seine Ehefrau müssten nach gründlicher Erörterung von der Sachgerechtigkeit der Regelung überzeugt gewesen sein und ihr zugestimmt haben. All dies ist nicht dargelegt.
202.
21Die Klausel ist auch einer Inhaltskontrolle zugänglich. Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 ist eine Inhaltskontrolle nur möglich für Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Darauf folgt, dass Preisvereinbarungen nicht der Inhaltskontrolle unterliegen, soweit sie Art und Umfang der Vergütung unmittelbar regeln. Dagegen sind Preisnebenabreden, die sich zwar mittelbar auf den Preis auswirken, an deren Stelle aber bei Fehlen einer wirksamen vertraglichen Regelung dispositives Gesetzesrecht treten kann, einer Inhaltskontrolle unterworfen. Um welche Art von Vereinbarung es sich handelt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung ergibt im vorliegenden Fall, dass es sich bei der Bearbeitungsgebühr um eine kontrollfähige Preisnebenabrede handelt. Es handelt sich bei der Bearbeitungsgebühr um ein einmaliges Entgelt für die Bearbeitung eines Antrags auf Gewährung eines Kredites. Die dabei entfallenden Kosten sind allgemeine Geschäftskosten, deren Erstattung das Gesetz nicht vorsieht. Diese Geschäftskosten fallen durch einen Aufwand der Beklagten an, den sie im Rahmen ihrer Angebotsprüfung vor Abschluss eines Vertrages betreibt, um sie entweder für oder gegen einen Vertragsschluss zu entscheiden oder um sich darüber klar zu werden, unter welchen Konditionen sie sich für einen Vertragsschluss entscheiden will (vgl. OLG Düsseldorf, a. a. O.). Dieser Aufwand stellt aber keine Sonderleistung der Beklagten gegen Entgelt dar, sondern eine Tätigkeit, die in ihrem eigenen Interesse erfolgt. Daraus folgt, dass es sich bei der Bearbeitungsgebühr um eine kontrollfähige Preisnebenabrede handelt.
223.
23Die Vereinbarung der Bearbeitungsgebühr ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, da sie den Kläger unangemessen benachteiligt. Denn der durch die Bearbeitungsgebühr abzugeltende Aufwand der Beklagten stellt keine Dienstleistung gegenüber dem Kunden dar, sondern dient vielmehr vordringlich der Wahrung eigener Interessen der Beklagten. Der von der Beklagten betriebene Aufwand, beispielsweise durch die Prüfung von Bonität und Sicherheiten sowie durch die Vorbereitung eines abschlussreifen Vertrages, die Sicherstellung einer eigenen Refinanzierung und die Darlehensauszahlung, erfolgt nicht als Dienstleistung gegenüber dem Kunden, sondern dient vielmehr der Wahrung eigener Interessen der Beklagten (vgl. OLG Düsseldorf, a. a. O.).
24Diesem Ergebnis steht auch nicht das Urteil des BGH vom 07.12.2010 (AZ. XI ZR 3/10) entgegen. Gegenstand dieser Entscheidung war eine Abschlussgebühr für einen Bausparvertrag. Da ein stetiges Neukundengeschäft bei einem Bausparvertrag unmittelbar auch der Bauspargemeinschaft, also den übrigen Bausparern zugute kommt, ist diese Konstellation nicht mit dem vorliegenden Fall, in dem es um einen rein bilateralen Austauschvertrag geht, vergleichbar.
25II.
26Zinsen kann der Kläger allerdings nur gemäß §§ 291, 288 BGB als Verzugszinsen seit Zustellung der Klageschrift an die Beklagte verlangen. Der weitergehend geltend gemachte Zinsanspruch von 27,96 € (4 % ab Vertragsschluss bis zum 02.07.2012), den der Kläger auf § 818 Abs. 1, Abs. 2 BGB stützt, steht ihm nicht zu. Dabei kann dahinstehen, inwieweit der Kläger nachweisen muss, dass die Beklagte tatsächlich Nutzungen in Höhe des gesetzlichen Zinses gezogen hat. Denn der Kläger hat die Bearbeitungsgebühr am Tag des Vertragsschlusses nicht an die Beklagte geleistet. Vielmehr sollte diese im Rahmen der zu zahlenden Darlehensraten gezahlt werden und ist dementsprechend erst im Rahmen der Zahlung von Tilgungsraten gezahlt worden. In welchem Zeitraum diese Tilgungen auf die Bearbeitungsgebühr erfolgt sind, ist nicht vorgetragen, so dass ein Anspruch auf Nutzungen nicht schlüssig dargelegt ist.
27III.
28Der Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Mit dem Schreiben des Klägers vom 05.03.2012 befand sich die Beklagte in Verzug. Während dieses Verzugs ist der Prozessbevollmächtigte des Klägers durch Schreiben vom 17.04.2012 an die Beklagte tätig geworden.
29IV.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
31Streitwert: 1.046,46 €