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Der Angeklagte wird wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von
sechs Jahren
verurteilt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Angeklagten auferlegt.
Folgende sichergestellten Gegenstände werden eingezogen:
- Betäubungsmittel (Kokain, 7100 Gramm brutto) nebst Verpackungsmaterial
- PKW Volvo V40, amtliches Kennzeichen XXX –X ,
FIN: XX0XXX0XXX0000000
- 3 Mobiltelefone der Marke Apple
- 370,00 Euro Bargeld
Angewendete Vorschriften:
§ 29 a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, §§ 27, 52 StGB.
G r ü n d e :
2I.
3pp.
4II.
5Am 09.09.2023 gegen 1:00 Uhr reiste der Angeklagte als Fahrer des Pkw Volvo V40, amtliches Kennzeichen XXX – X 000 (FIN: XX0XXX0XXX0000000), über die Bundesautobahn 61 im Bereich der Gemeinde Nettetal aus den Niederlanden kommend in das Bundesgebiet ein. Hierbei führte er in einem im Bereich des Handschuhfachs seines Kfz eingebauten Verstecks in zehn mit Socken umwickelten Paketen insgesamt 6009,36 Gramm Kokain mit einer Wirkstoffmenge von 5266,6 Gramm Cocain-Hydrochlorid mit. Die Betäubungsmittel waren zum gewinnbringenden Weiterverkauf an noch unbekannte Abnehmer bestimmt. In dem Versteck befand sich des Weiteren noch ein dem Angeklagten gehörendes Mobiltelefon der Marke Apple. Zur Einrichtung des benannten Verstecks war der oberhalb des Handschuhfachs befindliche Airbag ausgebaut und der dadurch entstandene Hohlraum zum Versteck umgebaut und innen mit Teppich verkleidet worden. Der Versteckzugang befindet sich hinter dem Lüftungsaufsatz der Mittelkonsole, von wo aus ein Schacht zu dem ausgebauten Hohlraum über dem Handschuhfach verläuft, mit dem das Versteck befüllt wurde. Der Versteckhohlraum wird durch manuelles Herausziehen des Lüftungsaufsatzes erreicht. Das benannte Versteck war im Juni 2023 bei einer vorangegangenen Fahrt des Angeklagten in die Niederlande mit dessen Wissen von unbekannt gebliebenen Dritten in dessen Fahrzeug verbaut worden.
6Zwei weitere Mobiltelefone der Marke Apple befanden sich im Fahrzeug des Angeklagten.
7Der Angeklagte wurde bei der Einreise am 09.09.2023 in die Niederlande kontrolliert und das benannte Betäubungsmittel sichergestellt.
8Der Angeklagte nahm die Art und Menge der transportierten Betäubungsmittel billigend in Kauf.
9Der Angeklagte sollte für den Drogentransport einen Kurierlohn in Höhe von etwa 1.000, -- Euro zzgl. Fahrtkosten erhalten.
10III.
11Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Einlassung des Angeklagten soweit die Kammer ihr gefolgt ist, sowie den weiteren ausweislich des Sitzungsprotokolls erhobenen Beweismitteln.
12Der Angeklagte hat sich über seinen Verteidiger zunächst im Wesentlichen wie folgt eingelassen:
13Es sei richtig, dass in seinem Pkw Kokain gefunden worden sei. Er sei in den Niederlanden gewesen. Er habe dort das Auto abgegeben, da sei das Versteck eingebaut worden. Es habe auch eine weitere Fahrt gegeben, die nicht angeklagt sei. Dabei seien Kryptohandys und Bargeld transportiert worden. Hinsichtlich der aktuellen Fahrt habe er das Auto in Amsterdam abgegeben. Er sei davon ausgegangen, dass er Medikamente nach Deutschland bringen solle.
14Der Angeklagte hat sich im Wesentlichen wie folgt weiter eingelassen:
15Ein ihm bereits lange bekannter Albaner habe ihm den Kontakt zu einem weiteren ihm nicht bekannten Albaner in den Niederlanden vermittelt. Er sei dann mit seinem Fahrzeug im Juni 2023 in die Niederlande zu einer Tankstelle gefahren. Dort habe er das Auto für zwei Tage abgegeben und es sei mit seinem Einverständnis das Versteck eingebaut worden. Man habe ihm auch gezeigt, wo das Versteck im Auto gewesen sei. Er habe es aber nicht selbst öffnen können. Er habe dann im Anschluss einen ersten Transport von den Niederlanden nach Deutschland vorgenommen. Dabei habe er Handys und Bargeld transportiert. Er habe dafür 1.000, -- Euro bekommen. Nach der ersten Fahrt habe man ihm das Versteck in Deutschland noch einmal auch geöffnet gezeigt. Er sei dann vor der Tat hier noch einmal in die Niederlande gefahren. Da habe man ihm dann gesagt, dass er diesmal Medikamente nach Deutschland in dem Versteck transportieren solle. Man habe ihm auch eine entsprechende Medikamentenschachtel gezeigt. Diese habe ganz normal wie eine Medikamentenschachtel aus der Apotheke ausgesehen. Dort sei ein Kreuz drauf gewesen. Man habe ihm gesagt, dass dies legale Medikamente seien. Diese könnten auch Kinder bei Bauchschmerzen nehmen. Man habe ihm hierzu noch gesagt, dass man eine Geldstrafe zahlen müsse, wenn man größere Mengen davon nach Deutschland einführe. Die Schachtel, die man ihm gezeigt habe, habe er nicht aufgemacht. Das im Versteck gefundene Handy sei seines gewesen. Er habe im Auto noch zwei weitere Handys gehabt und man habe ihm gesagt, dass drei Handys zu auffällig seien. Daher habe man ihm ein Handy abgenommen und in das Versteck getan.
16Hinsichtlich des objektiven Tatgeschehens hat der Angeklagte nach seiner Einlassung selbst eingeräumt, dass in seinem Fahrzeug Kokain gefunden worden sei. Des Weiteren bekundete der Zeuge Polizeihauptmeister G., welcher an der Kontrolle des Angeklagten am 09.09.2023 beteiligt war, glaubhaft, dass man das Fahrzeug des Angeklagten kontrolliert habe. In einem Versteck seien Betäubungsmittel aufgefunden und sichergestellt worden. Das Betäubungsmittel sei in Socken eingepackt gewesen. Auch ein Handy habe man im Versteck aufgefunden, welches in einer Socke eingepackt gewesen sei. Es seien insgesamt zehn Ziegel mit Betäubungsmitteln gefunden worden, es habe sich um ca. 7 Kilogramm gehandelt. Der Zugang zum Versteck habe sich hinter der Lüftung des Fahrzeuges befunden. Nach dem Entdecken der Betäubungsmittel sei der Angeklagte am Boden zerstört gewesen und habe an der Leitplanke gesessen und die Hände vors Gesicht geschlagen.
17Das sichergestellte Betäubungsmittel wurde durch die Generalzolldirektion untersucht und ausweislich des verlesenen Behördengutachtens vom 15.11.2023 handelte es sich um 6.009,36 Gramm weißes gepresstes Pulver, in welchem der Wirkstoff Kokain nachgewiesen worden sei. Es wurde ein Wirkstoffgehalt an Kokainhydrochlorid in Höhe von 5.787,5 +/- 520,9 Gramm festgestellt. Die Kammer ist zugunsten des Angeklagten von der festgestellten geringeren Menge insoweit abzüglich des Toleranzwertes von 520,9 Gramm ausgegangen.
18Dass der Angeklagte in subjektiver Hinsicht sowohl die Art als auch die Menge der sichergestellten Betäubungsmittel billigend in Kauf genommen hat, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus Folgendem:
19Ein Indiz ist zunächst die Einlassung des Angeklagten dahingehend, dass er davon ausgegangen sei, legale Medikamente zu transportieren. Diese Information hatte er von nicht von einer vertrauenswürdigen Person, sondern einem unbekannten Landsmann erhalten. Es blieb insoweit schon offen, aus welchem Grund legale Medikamente überhaupt aus den Niederlanden verdeckt nach Deutschland eingeführt werden müssen. Insbesondere erscheint es nicht nachvollziehbar, dass für den möglicherweise illegalen Transport von in der Apotheke erhältlichen Medikamenten mit einer nicht übermäßig hohen Gewinnspanne, ein derartig aufwändiges Versteck konstruiert wird. Vielmehr ist allgemein bekannt, dass es regelmäßig zu Drogentransporten aus den Niederlanden in die Bundesrepublik kommt und ein derartig professionelles Versteck, von dem der Angeklagte nach seinen eigenen Angaben Kenntnis hatte, eindeutig darauf hindeutet, dass darin höherwertiges kriminelles Gut, insbesondere auch in Form von Drogen, transportiert werden soll. Ein weiterer Umstand, der für die billigende Inkaufnahme spricht, ist, dass der Angeklagte nach seinen eigenen Angaben das transportierte Gut im Versteck selbst nicht gesehen hat, da er nicht dazu in der Lage war, das Versteck selbst zu öffnen. Da er sich somit keine Kenntnisse vom tatsächlich transportierten Gut verschafft hat und auch nicht verschaffen konnte und er sich dann gleichwohl zum Transport bereiterklärt hat, war ihm die transportierte Ware letztlich gleichgültig. Er hat insoweit auch in Kauf genommen, Betäubungsmittel zu transportieren. Da die Betäubungsmittel durch Dritte in das Fahrzeug des Angeklagten verbracht wurden, hatte dieser weder Einfluss auf die Art der zu transportierenden Ware noch auf die Menge. Insoweit hat der BGH im Urteil vom 21.08.2009, Aktenzeichen: 1 STR 2018/19 entschieden, dass ein Drogenkurier mit bedingtem Vorsatz bezüglich der transportierten Gesamtmenge handelt, wenn er weder auf die Menge des übergebenen Rauschgifts Einfluss nehmen kann noch diese Menge überprüfen kann. Dieselben Grundsätze gelten nach Auffassung der Kammer auch hinsichtlich der Art der zu transportierenden Droge, die Kammer teilt insoweit die Auffassung des Landgerichts Landshut im Urteil vom 22.01.2020 (1 KLs 507 Js 17302/19, BegRS 2020, 40122).
20Der Angeklagte hat damit auch weiter billigend in Kauf genommen, dass das von ihm transportierte Betäubungsmittel zum gewinnbringenden Weiterverkauf in Deutschland bestimmt war, dies liegt ohne weiteres auf der Hand.
21IV.
22Durch das vorsätzliche Verbringen der benannten Betäubungsmittel in die Bundesrepublik Deutschland hat der Angeklagte sich damit nach § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG strafbar gemacht. Die nicht geringe Menge von 5 Gramm Kokainhydrochlorid wurde um mehr als das 1000fache überschritten.
23Des Weiteren hat der Angeklagte zum unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29 a Abs. 1 Nr. 2, § 27 StGB Beihilfe geleistet. Dem Angeklagten war bewusst, dass das Betäubungsmittel zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war. Die betreffenden Taten stehen gemäß § 52 in Tateinheit.
24V.
25Die Strafe für die Tat des Angeklagten hat die Kammer dem Strafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG entnommen. Dieser sieht gegenüber § 29 a Abs. 1 Nr. 2 StGB im Sinne von § 52 StGB die höhere Strafandrohung vor.
26Der Strafrahmen für die Tat des Angeklagten betrug damit 2 Jahre bis 15 Jahre Freiheitsstrafe. Die Kammer ist nicht vom Vorliegen eines minder schweren Falles im Sinne von § 30 Abs. 2 BtMG ausgegangen. Die gebotene Gesamtbetrachtung führt nicht zu einem deutlichen Überwiegen der Strafmilderungsgründe, welche eine Anwendung des Regelstrafrahmens als unangemessen erscheinen ließe.
27Zugunsten hat die Kammer insoweit gewertet, dass der Angeklagte bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist. Auch hat die Kammer zu dessen Gunsten gewertet, dass die Betäubungsmittel sichergestellt worden und nicht in den Verkehr gelangt sind. Auch hat die Kammer gewürdigt, dass durch seine Tat dessen eigenes wertvolles Fahrzeug der Einziehung unterliegt. Auch ist der Angeklagte als sprachunkundiger Erstinhaftierter besonders haftempfindlich. Er ist von seiner Familie getrennt und kann nicht mit regelmäßigem Besuch durch diese rechnen. Zu dessen Lasten musste jedoch gewertet werden, dass dieser sich durch die Benutzung des mit seinem Wissen eingebauten Verstecks an einer besonders professionellen und schwer zu entdeckenden und damit besonders gefährlichen Einfuhr von Betäubungsmitteln beteiligt hat. Auch bezieht sich die Tat des Angeklagten auf die harte Droge Kokain. Maßgeblich gegen die Annahme eines minder schweren Falls sprach insoweit die Menge der eingeführten Betäubungsmittel. Die nicht geringer Menge wurde um mehr als das 1000fache überschritten. Die Betäubungsmittel hätten bei ihrem Verkauf nach Streckung auf viele tausend Konsumeinheiten verteilt werden und hätten eine Gesundheitsgefahr für eine Vielzahl von Personen darstellen können.
28Innerhalb des insoweit zugrundeliegenden Strafrahmens von 2 Jahren bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe hat die Kammer ihre bereits benannten Strafzumessungsgesichtspunkte erneut zu Gunsten und zu Lasten des Angeklagten gewertet. Zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer hierbei insbesondere nochmals gewertet, dass die Betäubungsmittel nicht in den Verkehr gelangt sind und der Angeklagte besonders haftempfindlich ist. Zu Lasten hat die Kammer insbesondere erneut die erhebliche Menge der Betäubungsmittel und den Umstand gewertet, dass es sich um die harte Droge Kokain handelte.
29Die Kammer hielt unter Berücksichtigung dessen eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren für tat- und schuldangemessen.
30VI.
31Die Einziehungsentscheidung beruht auf § 33 BtMG. Der Pkw diente vorliegend als Tatmittel einer unerlaubten Einfuhr. Eines der drei sichergestellten Telefone befand sich in unmittelbarer Nähe der Betäubungsmittel im Versteck ähnlich verpackt wie die Betäubungsmittel und ist damit ebenfalls als Tatmittel zu qualifizieren. Da zwei weitere Telefone im Bereich des Fahrzeuginneren gefunden, ist davon auszugehen, dass diese zur Kommunikation mit den Auftraggebern des Angeklagten bzw. als Navigationsgerät verwendet worden sind. Eines der Apple-Geräte befand sich nach Angaben des Zeugen G. eingeschaltet auf dem Beifahrersitz, ein weiteres in der Mittelkonsole.
32Die 370,-- Euro Bargeld wurden in der Umhängetasche auf dem Beifahrersitz nach Auskunft des Zeugen G. aufgefunden. Da der Angeklagte das Geld bei einer der Fahrten mitführte, ist davon auszugehen, dass es sich entweder um Geld für mögliche Aufwendungen während der Fahrt handelt, das ihn von dem Auftraggeber der Drogenfahrt zur Verfügung gestellt worden ist oder ein Teil des Drogenkurierlohns.
33VII.
34Die Kostenentscheidung beruht auf § 454 Abs. 1 StPO.
35Hinweis:
36Das Urteil ist hinsichtlich des Strafausspruchs rechtskräftig seit dem 24.07.2024.