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Die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kempen vom 21.08.2023 wird zurückgewiesen.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
Gründe:
2I. Die Erinnerungsführerin wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen den Kostenansatz KV 700 GvKostG.
3Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung und beantragte bei dem Amtsgericht Kempen den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Der Auftrag ging am 22.06.2023 formgerecht auf elektronischem Wege bei dem Amtsgericht Kempen ein. Gleichzeitig mit dem Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beantragte die Gläubigerin, die Zustellung gemäß § 840 ZPO durch die Geschäftsstelle zu vermitteln. Antragsgemäß wurde der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss unter dem Aktenzeichen 15 M 539/23 am 29.06.2023 elektronisch erlassen. Die Geschäftsstelle leitete diesen im Anschluss ebenfalls auf elektronischem Wege mit dem Zusatz „Die Zustellung soll mit der Aufforderung gemäß § 840 ZPO erfolgen.“ an die Gerichtsvollzieherverteilerstelle weiter, welche wiederum die elektronische Weiterleitung an den zuständigen Gerichtsvollzieher veranlasste. Der Zustellungsauftrag ging somit auf elektronischem Wege bei dem zuständigen Obergerichtsvollzieher am 30.06.2023 ein. Dieser stellte den Beschluss mit der Aufforderung gemäß § 840 ZPO im Anschluss elektronisch am 03.07.2023 an die Drittschuldnerin zu. Für die Zustellung per Post-ZU an die Schuldnerin fertigte er sodann gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 ZPO eine Abschrift des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und beglaubigt diese. Die Zustellung an die Schuldnerin wurde versucht, konnte aber nicht durchgeführt werden. Im Anschluss fertigte der Obergerichtsvollzieher eine weitere Abschrift des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und übersandte diesen zusammen mit den Zustellungsnachweisen mit Schreiben vom 17.07.2023 an die Gläubigerin.
4In der Kostenrechnung vom 30.06.2023 setzte der Obergerichtsvollzieher u. a. eine Dokumentenpauschale gemäß Nr. 700 KV GvKostG in Höhe von 11,00 EUR für die Fertigung je einer Abschrift des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zur Zustellung an die Schuldnerin und zur anschließenden Rücksendung nebst Zustellungsnachweisen an die Gläubigerin an.
5Mit ihrer Erinnerung vom 24.07.2023 beantragte die Bezirksrevisorin die Kostenrechnung dahingehend abzuändern, dass die Dokumentenpauschale gemäß Nr. 700 KV GvKostG in Höhe von insgesamt 11,00 EUR für
61. die Anfertigung der Abschrift des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses für die Zustellung an die Schuldnerin mit Post-ZU in Höhe von 5,50 EUR und
72. die Anfertigung des weiteren Ausdruckes des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zur Übersendung an die Gläubigerin nebst Zustellungsnachweisen in Höhe von 5,50 EUR
8nicht erhoben wird.
9Zur Begründung führte sie aus, dass für den Fall, dass das zuzustellende Dokument von der Partei elektronisch auf einem sicheren Übermittlungsweg übermittelt werde, aber in Papierform zugestellt werden soll, § 193 Abs. 1 Satz 3 ZPO vorsehe, dass die Gerichtsvollzieherin bzw. der Gerichtsvollzieher die erforderlichen Abschriften als Ausdruck des elektronischen Dokuments selbst fertigt und diese beglaubigt. Der Erlass des Ministeriums der Justiz des Landes NRW vom 17.12.2021 (2344 – Z. 124/ab 2022) und die diesem Erlass beigefügte Anlage regeln den Ansatz dieser Dokumentenpauschale. Wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss durch Vermittlung der Geschäftsstelle des Vollstreckungsgerichts elektronisch auf sicherem Übermittlungsweg zur Zustellung bei dem Gerichtsvollzieher eingeht, aber in Papierform zugestellt werden muss, fällt hiernach für die Fertigungen der Abschriften im Sinne von § 193 Abs. 1 Satz 3 ZPO für diese Zustellung an den Schuldner keine Dokumentenpauschale an. Argumentiert werde insoweit mit § 133 Abs.1 S. 2 ZPO, wonach der Grundsatz, dass die Parteien den Schriftsätzen, die sie bei Gericht einreichen, die für die Zustellung erforderliche Zahl von Abschriften der Schriftsätze und deren Anlagen beifügen sollen, für elektronisch übermittelte Dokumente nicht gelte. Nach Nr. 700 Nr. 1b) KV GvKostG falle die Dokumentenpauschale für Kopien und Ausdrucke an, die angefertigt werden, weil der Auftraggeber es unterlassen habe, die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen beizufügen. Es werde die Ansicht vertreten, dass der Gläubiger nach § 133 Abs.1 S. 2 ZPO zur Beifügung von Mehrfertigungen bei elektronischer Antragstellung nicht verpflichtet sei und deshalb ein „Unterlassen“ im Sinne des Auslagentatbestands nicht vorliege. Somit komme der Ansatz der Dokumentenpauschale gemäß Nr. 700 KV GvKostG hierfür nicht in Betracht.
10Darüber hinaus sei der Ansatz einer Dokumentenpauschale für die Fertigung einer weiteren Abschrift des (elektronisch eingegangenen) Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zur Übersendung an die Gläubigerin gemäß § 193 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. 4 ZPO sowie gemäß § 24 Abs. 6 GVGA zu beanstanden. Gemäß § 24 Abs. 6 Satz 1 und 3 GVGA ist die Original-Zustellungsurkunde der Partei, für welche die Zustellung erfolgt, unverzüglich zu übergeben oder zu übersenden. Habe die Geschäftsstelle den Zustellungsauftrag vermittelt, so übermittelt der Gerichtsvollzieher die Zustellungsurkunde unmittelbar dem Auftraggeber, der die Vermittlung der Geschäftsstelle in Anspruch genommen hat. Da sich die Gläubigerin vorliegend jedoch für die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr entschieden habe, könnten ihr nicht die (Mehr-)Kosten auferlegt werden, die dadurch entstehen, dass die in Papier vorliegende Zustellungsurkunde nicht rechtssicher eingescannt und auf elektronischem Weg rechtswirksam an diese übersandt werden könne.
11Der Obergerichtsvollzieher hat der Erinnerung mit Schreiben vom 11.08.2023 nicht abgeholfen und sie dem Amtsgericht Kempen als Vollstreckungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Streitgegenstand richte sich vorliegend gegen die Zustellung des durch das Gericht erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Für den Zustellungsantrag sei § 133 ZPO nicht anwendbar. Das elektronisch eingeleitete gerichtliche Verfahren sei mit Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses abgeschlossen. Die Rechtsfolge, die sich aus § 133 ZPO ergibt, sei alleine deswegen nicht anwendbar, da es sich bei dem erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss um ein neues Dokument handele, welches nicht durch den Gläubigervertreter elektronisch eingereicht worden sei. Weiterhin erfolge die Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf Betreiben der Partei, § 829 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Der Gläubigervertreter bediene sich lediglich der Möglichkeit des § 192 Satz 2 ZPO die Parteizustellung durch das Gericht an den Gerichtsvollzieher vermitteln zu lassen.
12Das Amtsgericht hat die Erinnerung der Bezirksrevisorin am Landgericht vom 24.07.2023 gegen die Kostenrechnung des Obergerichtsvollziehers I. vom 30.06.2023 kostenpflichtig zurückgewiesen und zugleich die Beschwerde zugelassen. Zu Recht, so das Amtsgericht, habe der Gerichtsvollzieher für die Fertigung von Abschriften die Dokumentenpauschale gemäß KV 700 GVKostG in seiner Kostenrechnung angesetzt. Diese gelte sowohl für die Kosten, die der Gerichtsvollzieher für die im Nachgang veranlasste Zustellung einer von ihm gefertigten Abschrift des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nebst Aufforderung gemäß § 840 ZPO beim Drittschuldner angesetzt habe als auch für die Zuleitung der zurückgekehrten Zustellungsurkunde mit einem weiteren Ausdruck des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Gläubigervertreter. Allein der Umstand, dass sich § 24 Abs. 6 GVGA nicht näher zum Kostenansatz verhalte, erlaube nicht die Schlussfolgerung, dass dem Gerichtsvollzieher ein Kostenansatz nunmehr verwehrt bleiben solle. Der maßgebliche Gebührentatbestand ergebe sich insoweit nämlich aus KV 700 GVKostG, sodass nicht nachvollziehbar sei, wieso eine "Nichtregelung" in § 24 Abs. 6 GVGA den Gebührentatbestand aus KV 700 GVKostG ausschließen solle. Hier sei der Gesetzgeber gefordert eine andere Kostenregelung zu treffen, sofern er sie rechtspolitisch für geboten erachten sollte. Dies könne nicht "auf kaltem Wege" über eine Erlasslage bewirkt werden.
13Hiergegen hat die Bezirksrevisorin unter Wiederholung ihrer Stellungnahme aus der Erinnerung vom 24.07.2023 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie hat im Besonderen ausgeführt, dass der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 21.08.2023 (Akz: I-25 W 192/23) nicht gefolgt werden könne. Diese macht die Erstattungsfähigkeit für den Gerichtsvollzieher davon abhängig, ob der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss unter Vermittlung der Geschäftsstelle in Papierform oder unter Vermittlung der Geschäftsstelle in elektronischer Form eingehe. Im ersten Fall solle eine Erstattungsfähigkeit für die mangelnden Kopien gegeben sein, im zweiten Fall nicht. Dies, so die Bezirksrevisorin, sei nicht sachgerecht, weil es im Zwangsvollstreckungsverfahren zu einer erheblichen Verlängerung führe und mit einer effektiven Zwangsvollstreckung nicht in Einklang zu bringen sei. Ein Gläubiger müsse, unabhängig von der internen gerichtlichen Organisation, darauf vertrauen können, dass ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nebst Zustellung bei jedem Amtsgericht dieselben Kosten auslöse.
14Das Amtsgericht Kempen hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie der Beschwerdekammer des Landgerichts Krefeld zur Entscheidung vorgelegt.
15II. Die nach § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG, § 66 Abs. 2 Satz 2 GKG zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
161. Die Beschwerde ist trotz des geringen Beschwerdewerts zulässig, weil das Vollstreckungsgericht die Beschwerde nach § 5 Abs. 2 GvKostG in Verbindung mit § 66 Abs. 2 S. 2 GKG zugelassen hat. Der Einzelrichter hat das Verfahren zur Entscheidung auf die Kammer übertragen.
172.
18a) Der Gerichtsvollzieher hat zunächst die Dokumentenpauschale in Höhe von 5,50 Euro für die Fertigung von Kopien des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses für die Zustellung an die Schuldnerin mit Post-ZU zu Recht nach KV Nr. 700 Nr. 1 lit. b) Anlage zum GvKostG in der Kostenrechnung angesetzt.
19Bei der Übersendung eines Auftrags vom Antragsteller an den Gerichtsvollzieher per beA sind zunächst keine Abschriften von digitalen Dokumenten vorzulegen bzw. zu fertigen.
20Dies trifft aber lediglich auf den Antrag des Gläubigers auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, nicht aber auf die für die weitere Erledigung des Auftrags - nach Erlass des beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses - erforderlichen Abschriften zu. Denn für die weitere Erledigung des Auftrags, nämlich die Zustellungen gemäß § 829 Abs. 2 ZPO durch den Gerichtsvollzieher, müssen Abschriften des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hergestellt werden.
21Ob für diese Abschriften die Dokumentenpauschale angesetzt werden kann, ist umstritten.
22Zum einen wird die Ansicht vertreten, dass die Dokumentpauschale in diesem Fall nicht angesetzt werden dürfe. Zwar verweise § 753 Abs. 4 S. 2 ZPO allein auf § 130a ZPO und nicht auf § 133 Abs. 1 S. 2 ZPO. Dieser Umstand stehe indes einer entsprechenden Anwendung der Vorschrift auf den vorliegenden Sachverhalt nicht entgegen. Die fehlende Verweisung auf § 133 ZPO stelle eine planwidrige Gesetzeslücke dar, wie der Umstand zeige, dass die streitgegenständliche Problematik im Entwurf des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehr (BT-Drucksache 18/12203) nicht erörtert werde, obgleich es für die vergleichbare Problematik im Erkenntnisverfahren eine gesetzliche Regelung gebe (LG Karlsruhe, Beschluss vom 21. September 2022 – 3 T 31/22 –, Rn. 8 - 9, juris; AG Bayreuth, DGVZ 2021, 248 Rn. 2, beck-online; Kindl/Meller-Hannich, Zwangsvollstreckung, Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher (Gerichtsvollzieherkostengesetz – GvKostG) Anlage (zu § 9) Kostenverzeichnis Abschnitt 7 KV GvKostG Nr.700 Rn. 10, beck-online)). Zum Teil wird hierbei die differenzierte Ansicht vertreten, es komme darauf an, ob der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss unter Vermittlung der Geschäftsstelle in Papierform oder unter Vermittlung der Geschäftsstelle in elektronischer Form bei dem Gerichtsvollzieher eingehe (OLG Hamm Beschl. v. 22.8.2023 – 25 W 192/23, BeckRS 2023, 21370). Gehe der Antrag in Papierform bei dem Gerichtsvollzieher ein, gehe es an dieser Stelle zu Lasten der Gläubigerin, auch wenn diese, soweit ersichtlich, hierauf keinen unmittelbaren Einfluss genommen habe und sie ihren ursprünglichen Antrag elektronisch gestellt habe. Da sie sich gem. § 192 S. 2, 3 ZPO der Geschäftsstelle des Amtsgerichts zur Vermittlung des Auftrags bedient habe, müsse sie sich deren Handlungen gem. §§ 164 Abs. 1I, 166 Abs. 1, 278 BGB zurechnen lassen (OLG Hamm Beschl. v. 22.8.2023 – 25 W 192/23, BeckRS 2023, 21370 Rn. 49, beck-online). Ansonsten jedoch dürfte die Dokumentenpauschale nicht angesetzt werden.
23Zum anderen wird die Auffassung vertreten, die Gläubigerin habe es im Sinne der Nr. 700 Nr. 1 b) KV GvKostG unterlassen, die für die Zustellung im Parteibetrieb an den Schuldner und den Drittschuldner erforderlichen Mehrfertigungen beizufügen, so dass der Gebührentatbestand auch in dieser Hinsicht erfüllt sei. Zwar sei gemäß § 133 Abs. 1 S. 2 ZPO für elektronisch übermittelte Dokumente nicht erforderlich, dass Parteien den Schriftsätzen, die sie bei Gericht einreichen, die für die Zustellung erforderliche Zahl von Abschriften der Schriftsätze und deren Anlagen beifügen. Vielmehr habe die Geschäftsstelle nach der Gesetzesbegründung dafür Sorge zu tragen, dass elektronische Dokumente ausgedruckt und dem Gegner in der gesetzlich vorgeschriebenen Form übermittelt werden. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass die Gläubigerin die Vorgehensweise gewählt hat, die Gerichtsvollzieherin mit der im Parteiwege zu erfolgenden Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gem. § 192 S. 1, 2 ZPO unter Vermittlung der Geschäftsstelle des Gerichts zu beauftragen, das heißt, dass die Gerichtsvollzieherin mit der Zustellung durch die Geschäftsstelle beauftragt wurde. In diesem Fall fertige die Gerichtsvollzieherin die erforderlichen Abschriften und beglaubige diese (LG Oldenburg, Beschluss v. 30.01.2023, Az. 6 T 28/23; LG Arnsberg, Beschluss v. 22.05.2023, I-5 T 68/23; LG Bayreuth, Beschluss v. 04.10.2021, 51 T 141/21; AG Arnsberg, Beschluss v. 20.03.2023 – 43 M 569/23 –, Rn. 7 - 9, juris).
24Die Kammer folgt der letztgenannten Ansicht.
25Durch das Gesetz über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz (JKomG) vom 22.03.2005 (BGBl. I 837) wurde das elektronische Dokument als Äquivalent zu der Papierform eingeführt (BT-Drs. 15/4067). Dazu wurden zahlreiche verfahrensrechtliche Vorschriften der ZPO geändert. Insbesondere entfällt gem. § 133 Abs. 1 S. 2 ZPO die Pflicht der Parteien, die zuzustellenden Schriftsätze in erforderlicher Zahl beizufügen. Diese Vorschrift befindet sich im Titel 1 und ist daher auf Verfahren mit mündlicher Verhandlung und somit auf die Zustellung von Amts wegen zugeschnitten. Für die in der Zwangsvollstreckung vorherrschende Zustellung im Parteibetrieb ist diese Regelung nur bedingt anwendbar. Insbesondere § 133 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist in der vorliegenden Konstellation nicht anwendbar. Im Übrigen wurde nur der ursprüngliche Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auf elektronischem Wege gestellt. Der Folgeauftrag auf Zustellung dieses Beschlusses ist dem Gerichtsvollzieher lediglich von dem Gericht, das den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen hat, übermittelt und gerade nicht von dem Gläubiger selbst an den Gerichtsvollzieher per beA übermittelt worden. Mit anderen Worten: Es ist das Verhältnis zwischen dem Gläubiger und dem Gerichtsvollzieher betroffen und nicht das Verhältnis zwischen dem Gläubiger und dem Gericht (Herberger in: Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 2, 2. Aufl., § 829 ZPO (Stand: 08.09.2023), Rn. 2).
26Wird der Gerichtsvollzieher auf elektronischem Wege mit der Zustellung im Parteibetrieb beauftragt, kann die Pflicht zu Beifügung der zuzustellenden Schriftstücke nur in den Fällen entfallen, in denen die Zustellung ebenfalls in elektronischer Form stattfindet (BeckOK KostR/Herrfurth, 42. Ed. 1.7.2023, GvKostG KV 700 Rn. 29).
27Für die weitere Erledigung des Auftrags, nämlich die Zustellungen gemäß § 829 Abs. 2 ZPO durch den Gerichtsvollzieher, die von der Gläubigerin gemäß § 192 ZPO ebenfalls beantragt war, mussten vorliegend Abschriften des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hergestellt werden. An sich waren dem Gerichtsvollzieher gemäß § 193 Abs. 1 ZPO von den Gläubigern die erforderlichen Abschriften für die Zustellung, die nach § 829 Abs. 2 ZPO im Parteibetrieb erfolgte, zu übergeben. Eine Partei ist jedoch nach § 193 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht verpflichtet, dem als Schriftstück zuzustellenden Dokument, wenn es in elektronischer Form übermittelt wird, Abschriften beizufügen. Da der Gerichtsvollzieher diese aber gleichwohl nicht erhalten hatte, konnte er sie gemäß § 193 Abs. 1 S. 3 ZPO selbst herstellen. Insbesondere rechtfertigte die Eilbedürftigkeit die Selbstherstellung (vgl. BeckOK ZPO/Dörndorfer, 47. Ed. 1.12.2022, ZPO § 193 Rn. 2 unter Verweis auf § 16 Abs. 2 GVGA; Tenner DGVZ 2019, 224 (228)), da eine Anforderung von Abschriften zu einer Verzögerung hätte führen können. Insofern werden die betreffenden Abschriften im Anschluss nicht gefertigt, weil der Auftraggeber es unterlassen hat, die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen beizufügen, sondern weil der Gerichtsvollzieher nach § 193 Abs. 1 S. 3 ZPO verpflichtet ist, die betreffenden Ausdrucke selbst zu fertigen, nachdem der Auftraggeber die elektronische Übermittlung des Dokuments gewählt hat (vgl. OLG Hamm Beschl. v. 22.08.2023 – 25 W 192/23, BeckRS 2023, 21370 Rn. 37, beck-online).
28Für die Auftraggeberhaftung ist nicht zwingend Voraussetzung, dass ein wirksamer Auftrag erteilt ist. Ansonsten könnte es passieren, dass zu entstandenen Kosten kein Kostenschuldner gefunden wird. So besteht zB die Möglichkeit, dass ein Auftrag noch vor der wirksamen Erteilung wieder zurückgenommen wird. In diesen Fällen entstehen zwar keine Gebühren, wohl aber Auslagen des Gerichtsvollziehers, die den Ansatz einer Auslagenpauschale gem Nr 716 KV rechtfertigen, für die der „Auftraggeber“ als Veranlasser dann auch haftet. Der gesetzliche Begriff des Auftraggebers ist somit im Sinne eines Veranlassungsschuldners zu verstehen (Gerlach in: Schröder-Kay, Das Kostenwesen der Gerichtsvollzieher, III. Der Auftraggeber als Kostenschuldner, Rn. 16).
29Soweit teilweise die Ansicht vertreten wird, dass es für die Berechtigung der Geltendmachung der Dokumentenpauschale darauf ankommen soll, wie der Antrag bei dem Gerichtsvollzieher eingeht, ist aus Sicht der Kammer nicht nachvollziehbar, warum die Geschwindigkeit im Ausbau der elektronischen Aktenführung Einfluss darauf haben soll, ob die Dokumentenpauschale durch den Gerichtsvollzieher erhoben werden kann oder nicht.
30b) Auch die Erhebung der Dokumentenpauschale für die Anfertigung des weiteren Ausdruckes des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zur Übersendung an die Gläubigerin nebst Zustellungsnachweisen in Höhe von 5,50 EUR war berechtigt.
31Insofern kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zu Ziff. II. 2. a) verwiesen werden. Im Übrigen verhält sich der Erlass des Ministeriums der Justiz des Landes NRW vom 17.12.2021 (2344 – Z. 124/ab 2022) zu dieser konkreten Fallgestaltung nicht.
32III. Eine Kostenentscheidung ist nicht geboten, weil das Verfahren gebührenfrei ist, besondere Auslagen nicht entstanden sind und eine Kostenerstattung nicht stattfindet (§ 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 8 GKG).
33Die Zulassung der weiteren Beschwerde beruht auf § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 Satz 1 GKG. Sie erfolgt im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin in der Beschwerdeschrift wird insoweit Bezug genommen.