Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Es wird festgestellt, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag Nr. 000000000 im Zusammenhang mit der Schadennummer 000000000/000 verpflichtet ist, die Kosten der außergerichtlichen und erstinstanzlichen Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Klagepartei gegen die BMW AG aus dem Kauf eines BMW 640dxdrive (XXX X) und der unterstellten Manipulation der Abgassteuerung dieses Fahrzeugs zu tragen.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, den Kläger von den Kosten des in Zusammenhang mit der Schadennummer 000000000/000 gefertigten Stichentscheids der X1 vom 20.11.2020 in Höhe von 887,02 € freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag Nr. 000000000 im Zusammenhang mit der Schadennummer 000000000/000 verpflichtet ist, die Kosten der außergerichtlichen und erstinstanzlichen Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Klagepartei gegen die BMW AG aus dem Kauf eines BMW 640dxdrive (XXX X) und der unterstellten Manipulation der Abgassteuerung dieses Fahrzeugs zu tragen.
2Die Beklagte wird ferner verurteilt, den Kläger von den Kosten des in Zusammenhang mit der Schadennummer 000000000/000 gefertigten Stichentscheids der X1 vom 20.11.2020 in Höhe von 887,02 € freizustellen.
3Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
5Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
6Tatbestand
7Die Parteien streiten um Deckungsschutz für eine vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung gegen die BMW AG im Zusammenhang mit den sog. „Diesel-Abgasmanipulationen“.
8Die Beklagte ist eine Rechtsschutzversicherung, der Kläger ist ihr Versicherungsnehmer mit der Versicherungsnummer 000000000 sowie Eigentümer und Halter des dieselbetriebenen Fahrzeuges BMW 640d xdrive mit der XXX X, Baujahr 2012. Er erwarb dieses Fahrzeug bei der X2 in X3 am 08.05.2012 zu einem auf der Rechnung ausgewiesenen Kaufpreis von 90.600,01 €. Bei dem Fahrzeug handelte es sich um einen Neuwagen mit Erstzulassung.
9Der Kläger begehrt nun Schadensersatz i.H.v. 83.200,00 € von der BMW AG wegen einer Manipulation der Abgassteuerung des Fahrzeugs. Zur Verfolgung seiner Rechte forderte er mit anwaltlichem Schreiben vom 19.10.2020 der nun auch den Kläger vertretenen X1 die Beklagte auf, die Kosten für ein außergerichtliches und erstinstanzliches Vorgehen zu decken. Als Begründung gab die Klägervertreterin an, dass jedes Diesel-Fahrzeug von BMW außerhalb der NEFZ-Messungen deutlich erhöhte Schadstoffwerte aufweise. Das klägerische Fahrzeug sei zwar nicht von einem Rückruf des Kraftfahrbundesamts wegen einer unzulässigen Abgassteuerung betroffen. Dies sei aber auch nicht ausschlaggebend für den Erfolg einer Klage gegen den Fahrzeughersteller.
10Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 05.11.2020 (Anlage K2, Bl. 43) unter der Schadennummer 000000000/000 die Deckung der Kosten ab. Als Begründung führte sie mangelnde Erfolgsaussichten der beabsichtigten Hauptsacheklage an und führte hierzu aus, dass es keinerlei objektive Belege für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschaltvorrichtung gebe. Das klägerische Fahrzeug sei nicht vom Kraftfahrtbundesamt zurückgerufen worden und Betrugsvorwürfe gegen BMW hätten sich im Rahmen des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens nicht bestätigt. Daraufhin trat die Klägervertreterin mit einem Stichentscheid vom 20.11.2020 (Anlage K3, Bl 45) der Rechtsauffassung der Beklagten entgegen, in dem sie insbesondere auf gerichtliche Entscheidungen verweist, nach denen es sich bei einem Thermofenster, was im klägerischen Fahrzeug verbaut sei, um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele. Die Beklagte lehnt jedoch weiterhin die Erteilung einer Deckungszusage ab.
11Der Kläger behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug habe 100.000,00 € gekostet. Das Fahrzeug besitze den Motor mit der Kennung N57 der Euro 5 Norm und das Kraftfahrtbundesamt habe Fahrzeuge mit vergleichbaren Motoren zurückgerufen. Der Kläger ist der Ansicht, der Stichentscheid sei bindend. Die Beklagte habe die Kostendeckung zu Unrecht abgelehnt. Sie überspanne die Anforderungen an eine Überprüfung der hinreichenden Erfolgsaussichten an die beabsichtigte Klage. Ferner meint der Kläger, dass ein Nutzungsvorteil von 17.339,40 € vom Kaufpreis abzuziehen sei.
12Der Kläger beantragt,
13festzustellen, dass die Beklagte aus dem Versicherungsvertrag Nr. 000000000 im Zusammenhang mit der Schadennummer 000000000/000 verpflichtet ist, die Kosten der außergerichtlichen und erstinstanzlichen Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Klagepartei gegen die BMW AG aus dem Kauf eines BMW 640dxdrive (XXX X) und der unterstellten Manipulation der Abgassteuerung dieses Fahrzeugs zu tragen, sowie
14die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den Kosten des in Zusammenhang mit der Schadennummer 000000000/000 gefertigten Stichentscheids der X1 vom 20.11.2020 in Höhe von Euro 1.134,55 freizustellen.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte ist der Ansicht, der Streitentscheid sei nicht bindend. Die Klägervertreterin habe sich nicht mit der Rechtsprechung des BGH seit Mai 2020 auseinandergesetzt, wonach es sich bei einem Thermofenster nicht zwangsläufig um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele. Die beabsichtigte Klage sei mangels Darlegung hinreichend greifbarer Anhaltspunkte, die eine Sittenwidrigkeit begründen würden, unsubstantiiert. Die Deckungsanfrage beziehe sich auf die Abweichung der Messwerte zwischen Prüfstand und Realbetrieb, der Stichentscheid beziehe sich erstmalig auf ein Thermofenster. Ohnehin sei ein Stichentscheid nur bindend, wenn die Hauptsacheklage erhoben worden sei. Ferner könne der Kläger nicht gleichzeitig ein außergerichtliches und erstinstanzliches Vorgehen beantragen.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zur Akte gereichten Anlagen Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
21I.
22Insbesondere ist das Landgericht Krefeld für die Klage örtlich gemäß § 215 Abs. 1 S. 1 VVG zuständig. Nach § 215 Abs. 1 S. 1 VVG ist für Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Versicherungsnehmer zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz hat. Dieser liegt im vorliegenden Fall im hiesigen Bezirk.
23II.
24Die Klage hat in der Sache größtenteils Erfolg.
25Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung einer Deckungszusage gegen die Beklagte zur vorgerichtlichen und erstinstanzlichen Rechtsverfolgung gegen die BMW AG gemäß § 125 VVG i.V.m. § 17 Abs. 3 der Verkehrs-Rechtsschutz-Versicherungsbedingungen der Beklagten (VRB 2006). Die Deckungspflicht folgt aus dem Stichentscheid der Klägervertreterin vom 20.11.2020, der auf die Ablehnung der Kostendeckung mit Schreiben vom 05.11.2020 ergangen ist. Denn der Streitentscheid entfaltet Bindungswirkung.
261.
27Bei der Stellungnahme der Klägervertreterin vom 20.11.2020 handelt es sich um einen formell wirksamen Stichentscheid.
28Ein Stichentscheid muss nämlich nur so ausreichend begründet sein, dass er hinreichend erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art die Meinung des Versicherers nach Ansicht des Rechtsanwalts unrichtig ist. Entscheidend ist nicht die Form der Stellungnahme, sondern ihr Inhalt; er ist in erster Linie abhängig vom Umfang oder der Komplexität des Streitstoffes, von der bisherigen Kenntnis des Rechtsschutzversicherers und dem Stadium der Interessenwahrnehmung. Der Rechtsanwalt hat den entscheidungserheblichen Streitstoff darzustellen, anzugeben, inwieweit für bestrittenes Vorbringen Beweis oder Gegenbeweis angetreten werden kann, die sich ergebenden rechtlichen Probleme unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Rechtslehre herauszuarbeiten und sich auch mit etwa vorhandenen Argumenten auseinander zu setzen, die gegen eine Erfolgsaussicht sprechen. Eine nur summarische und unsubstantiierte Begründung etwa derart, dass die Verneinung der Leistungspflicht durch den Versicherer abwegig und unzutreffend sei, reicht nicht aus. Der Stichentscheid muss sich aber nur auf die Punkte beziehen, auf die der Rechtsschutzversicherer zuvor die Deckungsablehnung gestützt hat (vgl. Schmitt in: Harbauer, Rechtsschutzversicherung: ARB, 9. Aufl. 2018, § 3a Rn. 49 m.w.N.).
29In Anbetracht dessen, dass sich die Beklagte in dem Ablehnungsschreiben nur rudimentär mit der beabsichtigten Klage auseinandersetzt, genügt der Stichentscheid im vorliegenden Fall diesen Anforderungen. Die Klägervertreterin hat dort ausgiebig begründet, warum sie auf das Vorliegen eines Thermofensters im klägerischen Fahrzeug schließe und dass sie unter Zugrundelegung der – zu diesem Zeitpunkt aktuellen – Rechtsprechung auf dessen Unzulässigkeit schließen durfte. Es erfolgte kein bloßer Verweis auf eine Abwegigkeit der von der Beklagten geäußerten Bedenken. Zudem war es der Klägervertreterin entgegen der Ansicht der Beklagten nicht verwehrt, andere Gesichtspunkte – das Thermofenster – zu berücksichtigen als in der Deckungsanfrage. Denn damit tritt sie dem Einwand der Beklagten im Ablehnungsbescheid, dass es keinerlei objektive Belange für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschaltvorrichtung gebe, entgegen.
302.
31Ein solch formell wirksamer Stichentscheid ist für beide Teile bindend und kann gerichtlich nicht mehr überprüft werden, es sei denn, er weicht offenbar erheblich von der wirklichen Sach- und Rechtslage ab (vgl. § 17 Abs. 3 AVB 2006).
32„Erheblich“ ist die Abweichung, wenn der Stichentscheid die Sach- oder Rechtslage gröblich verkennt; „offenbar“ ist dies erst dann, wenn es sich dem Sachkundigen nach der gebotenen Prüfung mit aller Deutlichkeit aufdrängt (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.09.2005 – 4 U 164/04; Bauer in: Harbauer, a.a.O., § 18 Rn. 26; Armbrüster in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz: VVG, 31. Auflage 2021§ 3 a ARB 2010 Rn. 41). Das ist jedenfalls solange nicht der Fall, als eine vertretbare Rechtsauffassung zu einer höchstrichterlich noch nicht vollständig geklärten Frage zugrunde gelegt wird (vgl. BGH, Urteil vom 20.04.1994 – IV ZR 209/92; Bauer in: Harbauer, a.a.O., § 18 Rn. 26 mit Bsp. aus der Rspr.).
33Nach diesen Maßstäben ist eine Bindungswirkung des Stichentscheids anzunehmen. Die Beklagte kann sich nicht mehr auf das Fehlen der Erfolgsaussichten berufen (vgl. Piontek in: Prössl/Martin, a.a.O., § 3a Rn. 40). Der Sach- und Streitstand wurde nicht gröblich verkannt. Es kommt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage nämlich auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife an. Ist im maßgeblichen Zeitpunkt die Rechtslage noch unklar und entfallen die Erfolgsaussichten erst später – etwa aufgrund höchstrichterlicher Klärung – so kann sich der Rechtsschutzversicherer nicht nachträglich auf die zwischenzeitliche Klärung berufen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.12.2016 – 12 U 106/16).
34a)
35Zum Bewilligungszeitpunkt war – anders als jetzt – die Auffassung, dass ein Thermofenster ohne weiteres eine illegale Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 EGVO 715/2007 sei und eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung nach § 826 BGB vorliege, mangels einer einheitlichen höchstrichterlichen Rechtsprechung vertretbar. Die Rechtsprechung des BGH, dass das Verhalten der für einen Kraftfahrzeughersteller handelnden Personen nicht bereits deshalb als sittenwidrig zu qualifizieren sei, weil sie einen Fahrzeugtyp aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) ausgestattet und in den Verkehr gebracht hätten, gilt erst seit dem Beschluss vom 19.1.2021 (vgl. BGH, VI ZR 433/19, NJW 2021, 921). Vor dieser höchstrichterlichen Entscheidung, d.h. zum Bewilligungszeitpunkt, ergibt sich die hinreichende Erfolgsaussicht der Hauptsacheklage bereits aus dem Umstand, dass mehrere Landgerichte in erster Instanz einen Schadensersatzanspruch eines Kraftfahrzeugkäufers wegen des Inverkehrbringens von Dieselfahrzeugen mit manipulierter Abgassoftware durch den Einbau eines Thermofensters bejaht haben, unter anderem gemäß § 826 i.V.m. § 31 BGB (vgl. OLG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 21.9.2017 – 4 U 87/17; z.B. bejahend Schleswig Holsteinisches OLG, Urteil vom 09.04.2021 – 1 U 94/29, LG Düsseldorf, Urteil vom 31.03.2020 – 7 O 67/19, LG Stuttgart, Urteil vom 27.11.2018 – 7 O 265/18).
36Zum Bewilligungszeitpunkt galt es im Hinblick auf den Einsatz einer Umschaltlogik oder einer anderen Prüfstandmanipulation vielmehr zu berücksichtigen, dass die jeweilige Klagepartei mangels eigener Sachkunde und hinreichenden Einblicks in die Konzeption und Funktionsweise des in ihrem Fahrzeug eingebauten Motors einschließlich des Systems zur Verringerung des Stickoxidausstoßes keine genauen Kenntnisse von dem Vorhandensein und der konkreten Wirkung einer Abschalteinrichtung gehabt haben konnte. Es war vertretbar, davon auszugehen, dass die Klägerpartei letztlich auf Vermutungen angewiesen gewesen ist und diese naturgemäß nur auf einige greifbare Gesichtspunkte stützen konnte. Von ihr konnte daher nicht verlangt werden, dass sie im Einzelnen darlegt, weshalb sie von dem Vorhandensein einer oder mehrerer Abschalteinrichtungen ausgeht und wie diese konkret funktionieren. Es war von der Partei nur zu fordern, dass sie greifbare Umstände anführt, auf die sie den Verdacht gründet, dass bei ihrem Fahrzeug eine Prüfstandmanipulation erfolgt (vgl. BGH, Beschluss vom 28.01.2020, VIII ZR 57/19). Eine ausdrückliche Einschränkung dieses Grundsatzes im Hinblick auf den Einbau von Thermofenstern erfolgte erst mit Beschluss des BGH vom 19.1.2021 (VI ZR 433/19, NJW 2021, 921).
37Soweit die Beklagte einwendet, dass solche greifbaren Anhaltspunkte nicht vorliegen würden, da das Fahrzeug nicht vom Kraftfahrtbundesamt zurückgerufen worden sei und sich die Betrugsvorwürfe im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren nicht bestätigt hätten, verfängt dies nicht. Aus den oben genannten Gründen war es vertretbar, eine sittenwidrige Schädigung allein auf den Einbau eines Thermofensters zurückzuführen. Auf einen Rückruf des Kraftfahrtbundesamts ist nicht unbedingt abzustellen. Der BGH stellte im Beschluss vom 28.01.2020 (VIII ZR 57/19) fest, dass greifbare Anhaltspunkte für die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht erst dann gegeben sind, wenn das Kraftfahrtbundesamt eine Rückrufaktion angeordnet hat. Der BGH stellte entgegen der Meinung der Beklagten auch nicht als eine Art allgemeingültiges Kriterium auf, dass staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen Fahrzeughersteller stets als greifbarer Anhaltspunkt zur Annahme einer Sittenwidrigkeit vorliegen müssen (vgl. a.a.O. Rn. 11). Insbesondere äußerte sich der BGH hier und auch in der Entscheidung vom 05.05.2020 (VI ZR 252/19) noch nicht zur Unzulässigkeit von verbauten Thermofenstern.
38b)
39Auch entfällt entgegen der Ansicht der Beklagten die Bindungswirkung nicht deswegen, weil sie zunächst nur die Deckung einer außergerichtlichen Rechtsverfolgung schulde und ein Stichentscheid nur dann binde, wenn ein Hauptsacheverfahren eingeleitet sei. Dies sind keine von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze. Es ist vielmehr abzustellen auf die im Einzelfall bestehenden Versicherungsbedingen (vgl. BGH, Beschluss vom 02.05.1990 – IV ZR 294/89). Die im hiesigen Fall anwendbaren VRB 2006 sehen ein solches Stufenverhältnis für die Rechtsverfolgung nicht vor, vgl. §§ 16, 17 VRB. Ferner kann die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung, nach der eine Deckungszusage in „Diesel-Verfahren“ abgelehnt wird, nicht auf den hiesigen Fall übertragen werden. Es sind auch dabei stets die geltenden Versicherungsbedingungen zu beachten. So sehen die VRB 2006 im Gegensatz zu den ARB 2007 keine Regelung vor, nach der der mit dem Stichentscheid vertraute Rechtsanwalt neben den Erfolgsaussichten die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung überprüfen muss (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 27.01.2022 – Az. 332 O 170/21).
40c)
41Die übrigen von der Beklagten erstmals im gerichtlichen Verfahren geltend gemachten Einwendungen gegen den Stichentscheid sind präkludiert. Denn der Versicherer muss in seiner Ablehnungsentscheidung alle Gründe anführen, warum er keinen Rechtsschutz gewähren will, er kann keine weiteren Ablehnungsgründe mehr nachschieben (vgl. OLG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 21.9.2017 – I-4 U 87/17).
42III.
43Die Beklagte muss die Gebühren des Stichentscheids dem Grunde nach tragen. Unter Zugrundelegung des Kostenrisikos im beabsichtigen Klageverfahren, welches richtigerweise 8.769,76 € beträgt, besteht der Anspruch aber nur in Höhe von 887,02 € (vgl. Schmitt in: Harbauer, a.a.O., § 3a Rn. 50).
44Der dem Freistellungsantrag zu Grunde liegenden Streitwertberechnung des Klägers ist nicht zu folgen. Der Streitwert der Hauptsacheklage wird auf 55.810,01 € geschätzt.
45Die Rechnung über das Fahrzeug weist einen Rechnungsbetrag von 90.600,01 € aus und nicht wie vom Kläger vorgetragen 100.000,00 €. Der in Abzug zu bringende Gebrauchsvorteil beträgt 34.790,00 € (zur Berechnung vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 – 5 U 1318/18). Die erwartete Gesamtlaufleistung schätzt die Kammer gemäß § 287 ZPO auf 250.000 km. Dabei war zu berücksichtigen, dass die BMW AG sich auf eine Premiumqualität ihrer Fahrzeuge beruft, aber trotzdem eine Fahrleistung von mehr als 200.000 bis 250.000 km eher selten ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.01.2022 – 22 U 34/21). Den davon in Abzug zu bringenden derzeitigen km-Stand des Fahrzeugs gibt der Kläger nicht an, weshalb die Angaben der Beklagten (Laufleistung von ca. 96.000 km) zugrunde zu legen waren.
46Hinsichtlich der Höhe der Geschäftsgebühr ist der Beklagten zu folgen, dass eine über den Gebührensatz von 1,3 hinausgehende Geschäftsgebühr in Fällen von „Diesel-Abgasmanipulationen“ nicht geschuldet ist (vgl. BGH, Urteil vom 25.5.2020 – VI ZR 252/19).
47IV.
48Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 709, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
49Der Streitwert wird auf 7.015,80 € festgesetzt.