Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 340.000,00 als Vorschuss zur Beseitigung der vom Sachverständigen X im selbstständigen Beweisverfahren LG Krefeld —11 OH 1/16 — festgestellten Mängel an der Beschichtung der Höchstlastbelebungsbecken 1 und 3 in der Kläranlage der Klägerin in Krefeld nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 25.10.2016, sowie weitere EUR 3.416,90 nebst Zinsen in Höhe von neuen Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.12.2019 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Betrag zu erstatten, um den die vom Sachverständigen X beschriebenen Mängelbeseitigungsarbeiten den Betrag von EUR 340.000,00 übersteigen werden.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
2Die Klägerin betreibt in ihrer Kläranlage in X1 mehrere Höchstlastbelebungsbecken , in denen ein Teil des Klär – und Reinigungsprozesses von Abwässern aus der Stadt Krefeld und der Stadt Moers, Ortsteil X2 erfolgt. Die Klägerin schrieb Ende 2010 die Betonsanierung der Höchstlastbelebung Becken 1 in der Kläranlage Krefeld aus (Anlage K1); Anfang 2011 folgte die Ausschreibung der Betonsanierung der Höchstlastbelebung Becken 3.
3Die Klägerin erteilte der Beklagten auf der Grundlage deren Angebots vom 21.01.2011 (Anlage K 15) den Auftrag für das Becken 3, was die Beklagte mit Schreiben vom 03.02.2011 (Anl. K2) bestätigte. Für das Becken 1 übersandte die Beklagte ihr am 06.04.2011 ergänztes Angebot vom 23.03.2011 (Anl. K3), welches die Klägerin mit Schreiben vom 19.04.2011 (Anl. K4) annahm. Die Beklagte führte die Arbeiten aus. Die Abnahme für Becken 3 erfolgte am 31.03.2011; die Arbeiten am Becken 1 wurden am 30.06.2011 abgenommen. Auf die Abnahmeprotokolle (Anl. K5) wird verwiesen.
4Die Klägerin teilte mit an einer an Herrn X (01) gerichteten E-Mail vom 29.12.2015 (Anl. K7) nach einer Bauwerksbegehung der Höchstlastbelebung 2, welche 2010/2011 beschichtet worden war, unter Beifügung einer Dokumentation betreffend das Becken 2 mit, dass die von der Beklagten sanierten Flächen der Becken 1 und 3 visuell die gleichen Mängel aufwiesen und erklärte, eine Nachbesserung sei zwingend erforderlich und bat um Terminabsprache. Am 26.02.2016 und am 08.03.2016 fanden Ortstermine statt, an welchen neben der Klägerin Herr Dipl.Ing. X3 teilnahm. - Herr Dipl.Ing. X3 war bis zum 21.07.2011 bei der Beklagten angestellter Bauleiter und ab dem 22.07.2011 angestellter Bauleiter und Prokurist bei der Fa. X4 GmbH. Seit dem Jahr 2019 ist er Geschäftsführer der Fa. X4 GmbH. - Unter dem 30.03.2016 vesandte die Klägerin auf Beschichtungsschäden in der Wasserwechselzone und der Wasserzone bezogene Gewährleistungsmeldungen betreffend Becken 3 (Anl. K8) und Becken 1 (Anl. K9). Die Beklagte bestätigte den Erhalt mit Schreiben vom 07.04.2016 (Anlage K 10). Mit weiterem Schreiben vom 12.08.2016 (Anl. 11) erklärte die Beklagte der Klägerin, die Angelegenheit bestmöglich technisch zu prüfen und bei einer Lösung des Sachverhalts behilflich sein zu wollen.
5Die Klägerin forderte die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 29.09.2016 (Anlage K 12) zur Mängelbeseitigung der bekannten Beschichtungsschäden an den Becken 1 und 3 auf. Die Beklagte verweigerte mit Anwaltsschreiben vom 25.10.2016 (Anlage K 13) die Nachbesserung und berief sich hinsichtlich des Becken 3 auf Verjährung und hinsichtlich des Becken 1 darauf, dass die Klägerin gewährleistungsbefreiend den Reprofilierungsmörtel vorgeschrieben habe.
6Die Klägerin leitete mit Anfang Dezember 2016 ein selbstständiges Beweisverfahren vor dem Landgericht Krefeld (11 OH 1/16) ein.
7Mit der Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mängelbeseitigung in Höhe der von dem Sachverständigen X geschätzten Sanierungskosten abzüglich eines Betrages von 68.000 € als „Abzug neu für alt“. Zu der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede trägt die Klägerin vor, die Verjährung sei jedenfalls wegen fortlaufender Verhandlungen vom 29.12.2015 bis zum 25.10.2016 gehemmt gewesen. Der Mitarbeiter der Klägerin X5 habe bei den beiden Ortsterminen nach dem 29.12.2015 unter Bezugnahme auf seine Mängelrüge per E-Mail die Mängelbeseitigungsverpflichtung der Beklagten ausdrücklich angesprochen, was der für die Beklagte anwesende Herr X auch so verstanden habe. Die Gewährleistungsmeldungen seien am 30.03.2016 an die Faxnummer der Beklagten und danach noch postalisch versandt worden. Ein Mitverschulden der Klägerin wegen unterlassener Wartung sei nicht gegeben, weil angesichts des enormen finanziellen und zeitlichen Aufwandes einer Wartung ein Wartungszyklus von weniger als fünf Jahren ausgeschlossen sei.
8Die Klägerin beantragt,
91. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 340.000,00 als Vorschuss zur Beseitigung der vom Sachverständigen X im selbstständigen Beweisverfahren LG Krefeld —11 OH 1/16 — festgestellten Mängel an der Beschichtung der Höchstlastbelebungsbecken 1 und 3 in der Kläranlage der Klägerin in X1 nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 25.10.2016 zu zahlen, sowie
102. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Betrag zu erstatten, um den die vom Sachverständigen X vorgeschriebenen Mängelbeseitigungsarbeiten den Betrag von EUR 340.000,00 übersteigen werden, sowie
113. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere EUR 3.416,90 nebst Zinsen in Höhe von neuen Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Mangels Einbeziehung der gesamten VOB/B sei die Verjährungsfrist nicht durch ein Mängelbeseitigungsverlangen verlängert und die Verjährungsfrist sei auch nicht wegen Verhandlungen gehemmt gewesen. Insbesondere sei die E-Mail der Klägerin vom 29.12.2015 (Anl. K7) der Beklagten nicht zugegangen. Sie sei nämlich nicht an die Beklagte adressiert gewesen, sondern an Herrn X3 unter der E-Mail-Adresse der Fa. X4 GmbH, welcher auch zum damaligen Zeitpunkt nur angestellter Mitarbeiter der Fa. X4 GmbH und nicht zur Entgegennahme von an die Beklagte gerichteten Erklärungen bevollmächtigt gewesen sei. Nach seinem beruflichen Wechsel zur Fa. X4 GmbH sei Herr X3 nur noch in absoluten Ausnahmefällen in wenigen Vertretungsfällen nur temporär als externer technischer Berater für die Beklagte bis zum 21.07.2014 tätig geworden. Nach dem als Anlage K 16 vorgelegten Nachtragsangebot der Beklagten vom 09.04.2013, welches er in einem temporären Vertretungsfall unterzeichnet habe, habe es bis zur E-Mail der Klägerin vom 29.12.2015 keine Umstände gegeben, aus denen die Klägerin hätte schließen dürfen, dass Herr X3 Empfangsvertreter oder Empfangsbote der Beklagten sei. Auch die Gewährleistungsmeldungen vom 30.03.2016 seien per Telefax abermals nicht an die Beklagte, sondern an die Firma X4 GmbH gesandt und von dieser, weil sie diese Meldungen nicht habe zuordnen können, erst nach dem darauf folgenden Wochenende am Morgen des 07.04.2016 der Beklagten übergeben worden. Der Klägerin sei auch schon 2016 bekannt gewesen, dass die Fa. X4 GmbH die von der Klägerin gewünschte Sanierung der beiden Höchstlastbelebungsbecken entgeltlich anbieten und leisten könne und Herr X3 habe sich in der Position gesehen, dass ihm gegenüber Leistungen der Fa. X4 GmbH abgefragt würden, welche diese entgeltlich im eigenen Namen anbieten sollte. Nur dazu hätten die vereinbarten Ortstermine im Jahr 2016 gedient, in welchen entsprechend nicht über eine unentgeltliche Mängelbeseitigung zugunsten der Klägerin verhandelt worden sei.
15Im Übrigen sei jedenfalls nach einer Nutzungsdauer bis heute von ca. zehn Jahren ein Abzug im Wege der Vorteilsanrechnung i.H.v. 2/3 vorzunehmen. Der Klägerin sei ferner ein Mitverschulden anzulasten, weil die von der Beklagten erstellte Beschichtung als funktionales Verschleißbauteil in regelmäßigen Abständen von dem Betreiber der Kläranlage gewartet bzw. erneuert werden müsse und bestritten werde, dass die Klägerin in regelmäßigen Abständen gewartet hat. Weil eine partielle Beschädigung der Beschichtung auch beim normalen Regelbetrieb bereits innerhalb des ersten Jahres des Betriebes stattfinden könne, habe auch in dieser Zeit eine entsprechende - von der Klägerin unstreitig unterlassene - Inspektion und Wartung zu erfolgen. Die Klägerin treffe auch deshalb ein erhebliches Mitverschulden am Zustand der Werkleistungen, weil sie die Sanierungsleistungen geplant und die zum Einsatz gekommenen Baustoffe in der Ausschreibung und danach vorgegeben habe. Es sei zu berücksichtigen, dass seit dem Jahr 2006 im Auftrag der Klägerin gegenüber der Fa X6 AG Umwelttechnik die in diesem Klageverfahren streitgegenständlichen Produkte und Systeme bei der streitgegenständlichen Kläranlage der Klägerin verbaut worden seien und auch bereits 2010 ein anderes drittes Höchstlastbelebungsbecken im Auftrag der Klägerin von der Firma X6 AG Umwelttechnik mit den gleichen Produkten bzw. dem gleichen System saniert worden sei, sodass die Beklagte auf den entsprechenden Wissensvorsprung der Klägerin und deren guten Erfahrungen mit den entsprechend zur Ausführung angeordneten Produkten und Systemen habe vertrauen dürfen. Die Beklagte trägt außerdem vor, das tatsächlich beaufschlagende Abwasser der Kläranlage sei weitaus aggressiver als das, was in der Ausschreibung an Abwasserwerten beschrieben ist.
16Die Akten des selbstständigen Beweisverfahren LG Krefeld 11 OH 1/16 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf die im Beweisverfahren erstatteten Gutachten des Sachverständigen X vom 08.08.2018, 08.11.2018 und 26.04.2019 wird Bezug genommen. Verwiesen wird ferner auf das dritte Ergänzungsgutachten des Sachverständigen X vom 24.09.2020 (Bl. 634 f. der Akte) und das Protokoll seiner mündlichen Anhörung vom 02.09.2021 (Bl. 963 ff. der Akte).
17Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage ist zulässig und begründet.
20Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten gemäß § 637 Abs. 3 BGB ein Anspruch auf Kostenvorschuss für Mängelbeseitigung in Höhe von 340.000 € zu.
21Zwischen den Parteien besteht ein Werkvertrag auf der Grundlage des Angebots der Beklagten vom 21.01.2011 (Anlage K 15) betreffend die Betonsanierung des Höchstlastbelebungsbecken 3, sowie ein weiterer Vertrag betreffend die Sanierung des Becken 1 aufgrund der Angebote vom 23.03/06.04.2011 (Anl. K3) und der Bestellung vom 19.04.2011 (Anl. K4). Die VOB/B ist nicht insgesamt in die Verträge einbezogen worden, sondern lediglich teilweise hinsichtlich des Becken 3 durch die Klausel im diesbezüglichen Angebot der Beklagten vom 21.01.2011 „Für Ausführung, Aufmaß und Abrechnung gelten die Bestimmungen der VOB/B“, sodass Anspruchsgrundlage hier § 637 Abs. 3 BGB ist.
221.
23Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die von der Beklagten erbrachte Werkleistung in mehrfacher Hinsicht mangelhaft ist.
24Das Gericht legt seiner Entscheidung das überzeugende und gut nachvollziehbar begründete, mehrfach ergänzte Sachverständigengutachten des Sachverständigen X zugrunde. Der Sachverständige X besitzt die erforderliche Sachkunde und persönliche Eignung zur Gutachtenerstattung im vorliegenden Fall. Zwar ist das Gebiet, für welches der Sachverständige öffentlich bestellt ist, bezeichnet mit „Analyse zementgebundener Baustoffe insbesondere für Flächenbefestigungen aus Betonpflastersteinen und anderen Betonwaren“, sodass Fragen zur Beschichtung nicht in seinen direkten Bestellungsbereich fallen. Jedoch hat der Sachverständige als Chemiker und Geschäftsführer einer Materialprüfanstalt Erfahrungen mit der Untersuchung und Bewertung von Schäden an Beschichtungen. Der Sachverständige hat insoweit glaubhaft angegeben, auch mehrere Veröffentlichungen zu Abrissfestigkeit von Systemen und zu Betonschäden gemacht zu haben. Überdies sind im vorliegenden Fall auch bauordnungsrechtliche Fragestellungen zu beantworten gewesen, für welche der Sachverständige im Rahmen seiner langjährigen Berufstätigkeit, in der er sowohl mit Überwachung und Zertifizierung von Bauprodukten als auch mit der Durchführung und Bewertung von Eignungsnachweisen tätig war, Erfahrungen und Kenntnisse erworben hat. Das Gericht hat nach der sorgfältigen und gründlichen Begutachtung des Sachverständigen keinen Zweifel daran, dass seine Angaben zu seinen Kenntnissen und Erfahrungen zutreffen; prüfbare Nachweise wie zur Erlangung einer öffentlichen Bestellung für ein bestimmtes Fachgebiet sind nicht erforderlich. Insbesondere hat der Sachverständige in jedem Einzelfall sorgfältig und gründlich unter Heranziehung der einschlägigen Bestimmungen zu den jeweiligen Einwendungen der Beklagten und deren privaten Sachverständigen X8 Stellung genommen. An keiner Stelle, weder bei seinen schriftlichen Stellungnahmen noch bei der mündlichen Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen, bei welcher der Privatsachverständige X8 anwesend war, hat dieser Fehler des gerichtlichen Sachverständigen schlüssig aufzeigen und belegen können.
25Nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen X ist die Leistung der Beklagten allein deswegen mangelhaft, weil die allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht eingehalten worden sind, welche auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Vertrag regelmäßig als Mindeststandard stillschweigend vereinbart sind. Nach den Ausführungen des Sachverständigen fehlen nämlich die erforderlichen Eignungsnachweise für die Verwendung des von der Beklagten verwendeten Beschichtungssystems der Firma X7.
26Der Sachverständige hat hierzu überzeugend und unter Heranziehung der einschlägigen Vorschriften ausgeführt, dass vom Baustoffproduzenten vor der Anwendung des Materials bzw. des Materialsystems verschiedene Nachweise zu erbringen sind. Es muss nämlich zum einen die baurechtliche Verwendbarkeit nachgewiesen werden - hier muss erstens durch ein bauaufsichtliches Prüfzeugnis oder eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung nachgewiesen sein, dass die Produkte grundsätzlich für die Sanierung von tragenden Stahlbetonbauteilen, wie es die Bauteile der Kläranlage sind, verwendbar sind und zweitens muss mittels Fremdüberwachung durch eine bauaufsichtlich anerkannte Stelle nachgewiesen werden, dass die Instandsetzungssysteme dauerhaft die geforderten Eigenschaften aufweisen -. Zum anderen muss der Nachweis erbracht werden, dass das vermarktete Produkt die deklarierten Eigenschaften aufweist - bei Instandsetzungssystemen für Kläranlagen gehören z.B. die Materialfestigkeiten (inklusive der Abreißfestigkeit), ggf. das Schwind – und Verformungsverhalten sowie die chemische und mechanische Beständigkeit der Produkte zu den nachzuweisenden Eigenschaften-.
27Da das im vorliegenden Fall eingesetzte Beschichtungssystems dem Zweck der Sicherstellung des dauerhaften Schutzes der tragenden Bauteile gegenüber besonderen Beanspruchungen (unter anderem der biogenen Schwefelkorrosion (BSK)) dient, handelt es sich um bauordnungsrechtlich zu betrachtende Bauprodukte und Arbeiten. Die eingesetzten Schutzsysteme müssen die Anforderungen der technischen Baubestimmungen erfüllen und darüber hinaus müssen die Beschichtungssysteme sicherstellen, dass die chemischen und teilweise auch mechanischen Einwirkungen über die geplante Lebensdauer vom darunter befindlichen, tragenden Beton ferngehalten werden. Der Sachverständige hat überzeugend und von der Beklagtenseite nicht schlüssig widerlegt dargetan, dass die DIN EN 1504 einschlägig ist. Er hat dargelegt, dass die DAfStB- Richtlinie gemäß der „Musterliste der technischen Baubestimmungen“ anzuwenden ist, in welcher es heißt, dass bauaufsichtlich die Anwendung der technischen Regeln nur für Instandsetzungen von Betonbauteilen, bei denen die Standsicherheit gefährdet ist, gefordert ist und aus Anlage 2.3 der Musterliste zitiert, dass Oberflächenschutzsysteme für Beton für Instandsetzungen von Betonbauteilen, bei denen die Standsicherheit gefährdet ist, nur verwendet werden dürfen, wenn für die Produkte nach EN 1504 der Nachweis als Oberflächenschutzsysteme gemäß der Bauregelliste A Teil 1 lfd.Nr. 1.7.5 geführt wurde und ausgeführt, dass gemäß Z. 1.7.5 der Bauregelliste A Teil 1 die Instandsetzungssysteme nach DIN V 18026 deklariert und demnach gemäß DIN EN 1504-2 fremdüberwacht werden mussten.
28Ferner hat er überzeugend dargelegt, dass aufgrund der “BSK“ erhebliche Abweichungen vom technischen Regelwerk vorlagen, sodass für die eingesetzten Produkte andere baurechtliche Nachweise (Zulassungen, bauaufsichtliche Prüfzeugnisse oder Zustimmung im Einzelfall) erbracht werden mussten. Wenn es keine bauordnungsrechtlich eingeführten Spezifikationen für die Umgebungsbedingung BSK bei tragenden Bauteilen gibt, ist mit dem Sachverständigen zu folgern, dass die einfache Einhaltung der Vorgaben der Rili SIB und DIN EN 1504-2 nicht ausreicht, sondern weitergehende Nachweise zu erbringen sind. Dies kann nicht bedeuten, dass Produkte trotz einer bestehenden Gefahr keiner bauaufsichtlichen Regelung bedürfen. Vielmehr hätte das Produkt, das hier noch nicht mal auf einer tragenden Wand ohne einwirkende BSK hätte eingesetzt werden dürfen, erst recht nicht auf einer tragenden Wand zur Anwendung kommen dürfen, bei der zusätzliche Anforderungen an die Widerstandsfähigkeit und den Wasserschutz bestehen. - Soweit die Beklagte schließlich ausgeführt hat, es habe für die streitgegenständliche Beschichtung damals allgemein anerkannte Regeln der Technik gegeben, sodass es keiner allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des DIBt bedurft habe, nämlich die DIN 14879 – 3, Februar 2007, und das Merkblatt DWA-M 211, April 2008, hat der Sachverständige in seiner mündlichen Anhörung überzeugend entgegengehalten, dass dieses genannte Regelwerk und das Merkblatt keine baurechtlichen Normen sind und sich das baurechtliche Erfordernis eines Nachweises, wie dargetan, aus der DIN 1504 ergibt. Soweit dann zusätzlich noch eine Zulassung beigebracht werden müsse wegen der BSK, könnten das DWA- Merkblatt oder die DIN herangezogen werden. Aber auch nach diesen seien zusätzliche Anforderungen zu stellen. So hieße es im DWA – Merkblatt, dass der Widerstand nachzuweisen ist bzw., dass bei der Wasserwechselzone für die „Systeme zum Schutz“ der Oberfläche die Widerstandsfähigkeit nachzuweisen ist und auch in der DIN 14879 finde sich der Begriff des Eignungsnachweises. Die - durch den bei der mündlichen Anhörung anwesenden privaten Sachverständigen X8 unterstützte – Beklagte hat diese Ausführungen nicht widerlegen können.
29Daneben hat der Sachverständige diverse Ausführungsfehler festgestellt, von denen es allerdings, weil, wie noch auszuführen sein wird, ohnehin eine Totalsanierung erforderlich ist, nur auf die Ausführungsfehler im Bereich der Fugen ankommt, deren Beseitigung gesonderte Kosten erforderlich macht. Die festgestellten Ausführungsfehler sind:
30Die einzelnen Lagen des aufgebrachten Beschichtungssystems weisen schwankende und häufig zurück geringe Schichtdicken auf; an diversen Stellen des Beschichtungssystems läuft die Schichtdicke der Abschlussbeschichtung auf Null aus.
31An vereinzelten Stellen erfolgte die Ablösung des Beschichtungssystems auf einer Harzschicht, die vor der Ausführung der Sanierungsarbeiten nicht, wie zwingend erforderlich, vollständig abgetragen worden war.
32An zwei Probestellen erfolgte die Ablösung im Profilierungsmörtel, was aus Sicht des Sachverständigen dafür spricht, dass der Reprofilierungsmörtel mehrlagig eingebracht wurde und an diesen Stellen die untere Lage bereits angetrocknet war, bevor die obere Lage aufgebracht wurde.
33Schließlich liegen Ausführungsmängel im Bereich der Fugen vor, weil der Anschluss des Fugenfüllstoffs an das Beschichtungssystem nicht sachgerecht hergestellt wurde, sodass sich die Beschichtung aufgrund der Verformbarkeit der Fugenfüllung ablöst.
342.
35Die Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom 29.09.2016 (Anlage K 12) vergeblich unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert.
363.
37Die Haftung der Beklagten scheidet auch nicht etwa wegen verbindlicher Anordnung des zu verwendenden Baustoffs durch die Klägerin aus. Voraussetzung für die Befreiung von der Gewährleistungspflicht ist eine eindeutige Anordnung oder ein entsprechendes Vorschreiben durch den Auftraggeber, das dem Auftragnehmer keine Wahl lässt, sondern unbedingt befolgt werden muss (vgl. BGH BauR 2008,344). Vorliegend enthält das Leistungsverzeichnis der Ausschreibung keine zwingende Vorgabe hinsichtlich des zu verwendenden Beschichtungssystems. Vielmehr heißt es in der Ausschreibung unter Ziff. 3.2. „Einzusetzendes Reprofilierungsmörtel: Ergelit- Trockenmörtel Kombina KS 2oder höherwertig“, sodass die Beklagte letztlich frei in der Wahl des - die Anforderungen erfüllenden -Beschichtungssystems war. Im Übrigen würde eine Befreiung von der Gewährleistungspflicht außerdem voraussetzen, dass die Beklagte ihrer Hinweis – und Bedenkenmitteilungspflicht nachgekommen ist, was nicht dargetan ist.
384.
39Der von der Beklagten zu zahlende Mängelbeseitigungskostenvorschuss beläuft sich unter Berücksichtigung eines Abzuges „Neu für Alt“ - auf 340.000 €.
40a)Die Mangelbeseitigungskosten werden nach der Schätzung des Sachverständigen X, welche das Gericht seiner Entscheidung zugrunde legt, 408.000,- EUR betragen. Die Kosten zur Sanierung beider Becken belaufen sich nach der Schätzung des Sachverständigen auf 360.000 €. Hinzu kommen nach den Ausführungen des Sachverständigen Kosten zur Sanierung der - wie oben dargestellt mangelhaft ausgeführten -Fugen beider Becken i.H.v. 6000 € netto je Becken (sofern diese Arbeiten im Zuge der Gesamtsanierung stattfinden). Ferner sind noch Kosten der Sanierung Bauleitung i.H.v. 42.000 € netto hinzuzurechnen, sodass die gesamten Sanierungskosten voraussichtlich 408.000 € betragen.
41Nach den auch insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ist, weil keine Freigabe für die Beschichtung des Reprofilierungsmörtel (Ergelit) mit einem Beschichtungssystems vorliegt, eine Totalsanierung mit dem Rückbau des gesamten Sanierungssystems inklusive des Reprofilierungsmörtels erforderlich. Von einer Reparaturfähigkeit (Überarbeitungsmöglichkeit) des Beschichtungssystems kann mangels Nachweises dafür, dass es reparaturfähig ist - und weil es nicht ausgeschlossen, dass das Beschichtungssystem für den Verwendungszweck nicht geeignet ist - nicht ausgegangen werden. - Die fehlende Eignung ist nicht im Rahmen dieses Prozesses durch ein - von der Klägerseite zu bezahlendes – Sachverständigengutachten zu klären. Der Eignungsnachweises -inklusive des Nachweises einer Überarbeitungsmöglichkeit des Instandsetzungssystems-, der sehr lange Prüfzeiten und hohe Prüfkosten erfordert, ist vielmehr - vor Verarbeitung - durch den Baustoffproduzenten zu erbringen, und das Fehlen eines solchen Nachweises geht zu Lasten der Beklagten.
42Der Sachverständige hat überzeugend dargetan, dass die Totalsanierung der im Rahmen der Sanierung beschichteten Flächen im Gasraum und der bis in eine Tiefe von ca. 2 m in den unter Wasserbereichen hineinreichenden Wandflächen mit dem Material Ergelit KS2 erfolgen kann, wobei, weil eine Freigabe von Ergelit für das Beschichten des Mörtels Ergelit KS2 mit Kunstharzsystemen nicht vorliegt, der Sanierungsmörtel Ergelit KS2 - nach vorherigem Abtragen vorgeschädigten Altbetons - dicker aufzutragen ist, um so eine ausreichende Dauerhaftigkeit sicherzustellen. Die vom Sachverständigen beschriebene Sanierungsvariante stellt nach seinen Angaben bei sach – und fachgerechter Ausführung eine sachgerechte und qualitativ zum ausgeschriebenen System vergleichbare Ausführung dar.
43Was die erforderliche Applikationsdicke des Mörtels im Rahmen der Sanierung angeht, hat der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass diese letztlich durch den Sanierungsplaner in Abstimmung mit dem Materiallieferanten, der die Eignung des Materials unter Berücksichtigung der Schichtdicke für die vor Ort vorliegende Beanspruchung zu bestätigen hat, festzulegen ist. Für die Schätzung der zu bevorschussenden Sanierungskosten ist der Sachverständige von einer Einbaudicke von 20 mm ausgegangen, weil dies nach seiner fachlichen Abschätzung der vor Ort einwirkenden Beanspruchungen die angemessene Applikationsdicke darstellt. Das Gericht sieht keinen Anlass, der Richtigkeit der fachlichen Einschätzung des Sachverständigen zu zweifeln.
44Die „Grobkostenschätzung“ des Sachverständigen ist entgegen der Ansicht der Beklagten im Rahmen der Geltendmachung des abzurechnenden Kostenvorschussanspruchs ausreichend und kann der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Dies gilt vor allem auch vor dem Hintergrund, dass eine Planung und Ausschreibung nach Angaben des Sachverständigen vermutlich Kosten in einer Größenordnung von etwa 20.000-30.000 € mit sich bringen würde und verbindliche Angebote mit sachgerechten Kostenangaben sich nur einholen lassen, wenn der vorgesehene Ausführungszeitraum bekannt ist und zuvor außerdem die konkreten Rahmenbedingungen und Anforderungen mit der Klägerseite abgestimmt werden.
45b) Der Vorschussanspruch ist nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung (sogenannter Abzug „Neu für Alt“) nicht über den von der Klägerin im Rahmen der Klage bereits berücksichtigten Abzug i.H.v. 68.000 € hinaus zu kürzen.
46Bei der Reparatur eine beschädigten Sache kommt unter dem Gesichtspunkt der Vorteilslausgleichung ein Abzug „Neu für Alt“ in Betracht, wenn die neue bzw. reparierte Sache für den Geschädigten einen höheren Wert hat als die unbeschädigte (OLG Hamm, Urteil vom 08. Februar 2018 – I-21 U 95/15 –, Rn. 94, juris). Die Vornahme eines Abzugs "Neu für Alt" setzt Dreierlei voraus: Es muss bei dem Geschädigten eine messbare Vermögensvermehrung eintreten, die sich für ihn wirtschaftlich günstig auswirkt, die Anrechnung des Vorteils muss dem Sinn und Zweck des Schadensersatzrechts entsprechen und die Ausgleichung des Vorteils muss dem Geschädigten zumutbar sein und darf den Schädiger nicht unbillig entlasten (BGH - VII ZR 215/06, NJW 2008, 2773 Rn 7;(OLG Hamm a.a.O.). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen trägt der Schädiger (OLG Hamm, a.a.O.; BGH - V ZR 84/02, NJW-RR 2004, 79, 81).
47Durch die zu späterer Zeit erfolgende Nachbesserung wird die Beschichtung eine um mehrere Jahre längere Lebensdauer erhalten. Dies ist bei der Berechnung des Kostenvorschussanspruchs als Vorteilsausgleich zu berücksichtigen, weil die Klägerin sonst durch die Gewährleistung ungerechtfertigt besser gestellt würde. Zwar kann eine längere Lebensdauer des geschuldeten Werkes bei Werkverträgen dann nicht berücksichtigt werden, wenn diese allein auf der Verzögerung der Nachbesserungsarbeiten beruht (BGH NJW 1989, 2753, 2755; BGHZ 91, 206, 215). Hier ist jedoch zu differenzieren: Da aufgrund der am 29.12.2015 erstmalig erfolgten Mängelrüge davon auszugehen ist, dass die Mängel sich erst nach rund viereinhalb bis vierdreiviertel Jahren gezeigt haben, zog die Klägerin immerhin für diesen Zeitraum den gleichen Nutzen aus dem mangelhaften Werk wie aus einem mangelfreien. Erst seit dem Hervortreten der Mängel im Dezember 2015 ist eine Verzögerung der Nachbesserungsarbeiten eingetreten. In einem solchen Fall ist es grundsätzlich angebracht, für die längere Lebensdauer einen Abzug „Neu für Alt“ vorzunehmen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 11. Dezember 2001 – 21 U 92/01 –, Rn. 20, juris). Dies hat die Klägerin hier bei Berechnung der Klageforderung getan, indem sie einen Abzug in Höhe von 68.000 €, nämlich 5/30 der von den vom Sachverständigen geschätzten Netto-Sanierungskosten, vorgenommen hat. Ein Abzug in dieser Höhe ergibt sich, wenn man den Kostenanteil einer Nutzungszeit von fünf Jahren bei einer zu erwartenden üblichen Nutzungsdauer der Beschichtung von 30 Jahren ansetzt. Das Gericht hält diesen Abzug für angemessen und ausreichend; einen größeren anzurechnenden Vorteil hat die Beklagte nicht dargetan. Nach den Angaben des Sachverständigen ist von einer Nutzungszeit von 30 Jahren bei Durchführung regelmäßiger Wartungsarbeiten auszugehen. Allerdings hat der Sachverständige angegeben, dass ihm belastbare Aussagen zur tatsächlichen Nutzungsdauer von Beschichtungssystemen in Kläranlagen nicht vorliegen. Der Sachverständige hat diese daher lediglich schätzen können. Dies hat einen nachvollziehbaren sachlichen Grund darin, dass die Dauerhaftigkeit von Sanierungssystemen maßgeblich unter anderem von der Art und der Applikationsdicke des Beschichtungssystems abhängt. Der Sachverständige hat seine Schätzung außerdem mit weiteren Daten untermauert, indem er Angaben des Herstellers eines anderen vergleichbaren Produkts zu dessen Lebensdauer und von 2 Bundesministerien zur Lebensdauer von Beton – und Stahlbetonbauteilen in Haltungen und Leitungen, bzw. für die baulichen Teile von Pumpwerken zitiert hat. Das Gericht sieht danach keinen Anlass, an der Plausibilität der Schätzung des Sachverständigen allein aufgrund der abweichenden und in keiner Weise belegten Schätzung des privaten Sachverständigen der Beklagten, der in seiner Stellungnahme vom 11.10.2018 von einer erwartbaren Lebensdauer von 15-20 Jahren ausging, zu zweifeln. Hinzu kommt im Übrigen, dass hier bei dem Abzug „Neu für Alt“ auch zu berücksichtigen ist, dass nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen zwei Umstände andererseits auch wiederum eine Reduzierung der Lebensdauer zur Folge haben: Wegen der vom Sachverständigen festgestellten massiven Schäden an den zu beurteilenden Bauteilen der Anlage ist die Lebensdauer auch der Betonunterlage reduziert und die Dicke der Betondeckung (Schutz der Bewehrung) wird durch die nunmehr erforderlich gewordene weitere Oberflächenbearbeitung des Betons durch Strahlen nochmals reduziert. Der Sachverständige konnte diese Effekte nicht sachgerecht beziffern, jedoch liegt es auf der Hand, dass diese zu einer Verkürzung der Lebensdauer führen. Unter Berücksichtigung auch dieser Gesichtspunkte hält das Gericht den Abzug von 68.000 € jedenfalls für ausreichend.
48Für einen weiteren Abzug unter dem Gesichtspunkt von „Sowieso-Kosten“ ist ein Ansatz nicht zu sehen, weil, wie der Sachverständige auch bestätigt hat, von der Klägerin ein zugelassenes und dauerhaftes Sanierungssystem bestehend aus einem zementären Egalisierungsmörtel und einer Kunstharzbeschichtung bestellt wurde.
49Ein Mitverschulden der Klägerin (§ 254 BGB) wegen Unterlassens erforderlicher Wartungsarbeiten ist nicht anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Unabhängig davon, dass nach den Angaben des Sachverständigen nicht davon auszugehen ist, dass die Klägerin eine erforderliche Wartung unterlassen hat, hätte ein solches Unterlassen keinen Einfluss auf den Schadenseintritt, bzw. die Mängelbeseitigungskosten gehabt, weil die Totalsanierung wegen des Fehlens der erforderlichen Eignungsnachweise nötig ist.
50Unerheblich sowohl für die Bewertung der Leistungen der Beklagten als mangelhaft, als auch für die Höhe des Anspruchs ist die Frage, ob die tatsächliche Abwasserqualität im Hinblick auf die Einleitung kontaminierten Löschwassers aus einem Großbrand 2012/2013 dem entsprach, was in der Ausschreibung angegeben war. Denn die Mangelhaftigkeit und Notwendigkeit einer Totalsanierung beruhen bereits auf den fehlenden Eignungsnachweisen des gewählten Beschichtungssystems.
515.
52Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB) berufen.
53Für die Gewährleistung /den streitgegenständlichen Vorschussanspruch war hier in Z. 5.5 der Ausschreibung (Anlage K1) deckungsgleich mit § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB eine fünfjährige Verjährungsfrist vorgesehen, welche mit Abnahme (§ 634a Abs. 2 BGB) zu laufen begann. Die Leistungen des Becken 3 wurden am 31.03.2011 und diejenigen am Becken 1 am 30.06.2011 abgenommen, sodass bei Außerachtlassung von Hemmungstatbeständen beim Becken 3 Verjährung am 31.03.2016 und beim Becken 1 am 31.06.2016 eingetreten wäre.
54Vorliegend war die Verjährung aber gemäß § 203 BGB wegen schwebender Verhandlungen zwischen den Parteien vom 29.12.2015 bis zum 25.10.2016 gehemmt, mit der Folge, dass gemäß § 203 S.2 BGB die Verjährung frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung eintreten konnte. Die Verjährungsfrist lief daher bei Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens noch und war danach gemäß § 204 Nr. 7 BGB gehemmt. Bei Klageerhebung war Verjährung mithin nicht eingetreten.
55Gemäß § 203 BGB ist die Verjährung gehemmt, wenn zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Der Begriff „Verhandlungen“ ist weit auszulegen. Die Verjährung ist gehemmt, wenn sich der Unternehmer im Einverständnis mit dem Besteller der Prüfung des Vorhandenseins eines Mangels oder seiner Beseitigung unterzieht. Die Hemmung setzt voraus, dass der Unternehmer bei dem Besteller den Eindruck erweckt, er werde den Mangel prüfen bzw. sich um ihn kümmern, und der Besteller hiermit einverstanden ist (BGH NJW 2008,576). Unterzieht sich der Unternehmer der einverständlichen Prüfung und Beseitigung eines Mangels, so betrifft dies nicht bloß die Mangelerscheinung, die die Beteiligten unter Umständen allein im Auge haben, sondern vielmehr den Mangel selbst, d. h. den Fehler des Werks insgesamt, der in den betreffenden Erscheinungen zutage tritt (BGH a.a.O.).
56Mit an Herrn X3 gerichteter E-Mail vom 29.12.2015 (Anl. K7) rügte die Klägerin Mängel in der Beschichtung der Becken 1 und 3, welche den Mängeln beim - nicht streitgegenständlichen - Becken 2, wegen der eine Dokumentation der E-Mail angehängt war, visuell gleichen würden. -Damit rügte die Klägerin die Mangelsymptome, deren Ursache sie mangels Fachwissen weder erkennen noch benennen musste.- In der Folge fanden unstreitig zwei Ortstermine am 26.02. und 08.03.2016 statt, an welchen neben der Klägerin auf Beklagtenseite Herr X3 teilnahm und in welchen, wie sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 07.04.2016 (Anlage K10) ergibt, unter Bezug auf die Mängelanzeige jedenfalls Schäden der Beschichtung in der Wasserwechselzone und Wasserzone an allen Belebungsbecken in Augenschein genommen wurden. Mit der genannten E-Mail und den Besichtigungen begannen gemäß § 203 BGB verjährungshemmende Verhandlungen der Parteien über die streitgegenständlichen Mängel(ursachen). Dass diese Besichtigungen eine Überprüfung der vorangegangenen Mängelanzeige und nicht etwa eine Ortsbesichtigung zum Zwecke eines entgeltlichen Angebots des Schwesterunternehmens der Beklagten, wie die Beklagte behauptet, darstellten, ergibt sich letztlich aus dem Schreiben der Beklagten vom 07.04.2016 (Anlage K 10).
57Es ist weiter davon auszugehen, dass der nach Darstellung der Beklagten bei ihr nur bis zum 21.07.2011 und danach nur noch bei ihrem Schwesterunternehmen, der Fa. X4 GmbH, angestellte Herr X3 an welchen die E-Mail der Klägerin gerichtet war und welcher an den Ortsterminen teilgenommen hat, jedenfalls in Rechtsscheinvollmacht für die Beklagte handelte und mit verjährungshemmender Wirkung verhandelte. Herr X3 hat unstreitig das Angebot der Beklagten vom 21.01.2011 betreffend das Höchstlastbelebungsbecken 3 (Anlage K 15) (mit-)unterschrieben und in diesem Zeitraum der Klägerin auch eine Visitenkarte (Anlage K 17) übergeben, welche ihn als Bauleiter und ZKS- Berater der Beklagten auswies. Im Kopf des Angebots vom 21.01.2011 ist er ausdrücklich als Ansprechpartner bezeichnet und damit als empfangsbevollmächtigt u.a. für Mängelrügen ausgewiesen. Seine Vertretungsmacht blieb gegenüber der Klägerin gemäß § 171 BGB bestehen, weil die Beklagte nicht dargetan hat, dass sie der Klägerin Mitteilung vom behaupteten Widerruf der Vollmacht gemacht hat. Allein die spätere Übergabe einer Visitenkarte, welche Herrn X3 als Mitarbeiter der Schwesterfirma X4 GmbH auswies, bzw. die Kenntnis, dass Herr X3 Mitarbeiter der Schwesterfirma wurde, beinhaltet nicht schon - konkludent - eine entsprechende Mitteilung des Vollmachtswiderrufs, weil ein Handeln für beide Unternehmen ohne weiteres vorstellbar ist. Im Übrigen ist Herr X3 nach eigenem Vorbringen der Beklagten auch tatsächlich noch nach dem Ausscheiden bei der Beklagten „in wenigen Vertretungsfällen temporär“ für die Beklagte tätig gewesen.
58Nachfolgend übersandte die Klägerin unter dem 30.03.2016 die als Anl. K8 und K9 vorgelegten Mängelrügen betreffend Beschichtungsschäden an beiden Becken unstreitig jedenfalls per Faxschreiben. Soweit die Beklagte geltend macht, diese Gewährleistungsmeldungen seien an die Fax-Nr. ihres Schwesterunternehmens übersandt worden und ihr selbst erst am 07.04.2016 zugegangen, kommt es hierauf schon wegen der bereits begonnenen, verjährungshemmenden Verhandlungen nicht an. Im Übrigen ist festzustellen, dass sich aus den Angaben im Kopf des Angebots vom 21.01.2011 (Anlage K 15) ergibt, dass die Beklagte und ihr Schwesterunternehmen die Kontaktdaten offensichtlich nicht strikt trennten, weil dort unter dem Ansprechpartner X3 unter anderem die Faxnummer der Fa. X4 GmbH angegeben ist.
59Nach Übermittlung der Gewährleistungsmeldungen erfolgte das Schreiben der Beklagten vom 07.04.2016 (Anlage K 10), sowie nachfolgend ein Besprechungstermin am 04.08.2016 und das weitere Schreiben der Beklagten vom 12.08.2016 (Anlage K11) in welchem diese zwar keine Einstandspflichterklärung abgibt, jedoch erklärt, bestrebt zu sein, der Klägerin bei der Lösung des Sachverhalts behilflich zu sein. Diese andauernden Verhandlungen der Parteien endeten (erst) mit Anwaltsschreiben der Beklagten vom 25.10.2016 (Anlage K 13), mit welchem diese in Reaktion auf die Fristsetzung der Klägerin vom 29.09.2016 (Anlage K12) die Mängelbeseitigung ablehnte.
60Der zuerkannte Zinsanspruch und der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgen aus Verzugsgesichtspunkten. Der Feststellungsantrag betreffend weitere Mängelbeseitigungskosten ist zulässig und begründet (vgl. Werner/Pastor, 17. Aufl., Rn 419 m.w.N.).
61Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91,709 ZPO.
62Streitwert: 380.000 €