Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Angeklagten sind schuldig der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
Sie werden daher wie folgt verurteilt:
Der Angeklagte B zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten.
Der Angeklagte U zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 8 Monaten.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens.
Die sichergestellten Betäubungsmittel (10.076,6 g Amphetaminsalzzubereitung) werden eingezogen.
Angewendete Vorschriften: §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 Nr. 1, 29a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4, 33 BtMG, §§ 25 Abs. 2, 52, 74 StGB,
betreffend den Angeklagten U zusätzlich §§ 1, 105 ff. JGG.
G r ü n d e :
2I.
31.
4…..
52.
6…..
7II.
8Am 13.10.2020 gegen 14:00 Uhr reisten die Angeklagten aus E kommend über die Bundesautobahn 61 in dem von dem Angeklagten B geführten Pkw Hyundai Getz (amtliches niederländisches Kennzeichen: (xxxx) im Bereich der Gemeinde O in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dabei führten sie aufgrund eines gemeinsamen gefassten Tatplanes insgesamt 10.076,6 g Amphetaminsalzzubereitung mit sich, welches in einem Karton in einer Plastiktüte im Kofferraum des Fahrzeugs verstaut war. Das Amphetaminsalz war in mehrere in Folie gewickelte Pakete, durch welche die weiße Farbe der Betäubungsmittel zu erkennen war, verpackt. Den Angeklagten war jeweils bewusst, dass sie die Betäubungsmittel in Form von Amphetaminen transportierten. Die genannte Amphetaminsalzzubereitung wies einen Wirkstoffgehalt von 10,9 % auf und enthielt eine Wirkstoffmenge von 1.097 g Amphetaminbase. Die nicht geringe Menge war um mehr als das 109-fache überschritten. Den Angeklagten war bewusst, dass die Betäubungsmittel zum gewinnbringenden Verkauf durch einen Dritten bestimmt war.
9Nach der Einreise in das Bundesgebiet wurden die Angeklagten von den Zeugen PK‘in G und PHK H angehalten und kontrolliert. Nach dem Anhaltevorgang waren die beiden Angeklagten bei der Befragung durch die genannten Zeugen auffällig nervös. Die Hände des Angeklagten B zitterten. Auch der Angeklagte U war auffällig nervös. Seine Hände und seine Stimme zitterten. Der Angeklagte B gab gegenüber den Zeugen an, dass er nicht wisse wohin sie fahren würden. Man wolle irgendwo ein Auto mieten, weil dies in Deutschland günstiger sei als in den Niederlanden. Der Angeklagte U gab an, dass man auf dem Weg nach Mannheim sei und man dort ein Auto mieten wolle, weil dies in Deutschland günstiger als in den Niederlanden sei. Nachdem die Betäubungsmittel von der Zeugin G im Kofferraum aufgefunden und die Angeklagten mit dem Tatvorwurf konfrontiert worden waren, war der Angeklagte B aufgebracht, der Angeklagte U wirkte allerdings nicht verwundert. Es erfolgten keine weiteren Angaben mehr durch die beiden Angeklagten.
10III.
11Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den Einlassungen der Angeklagten sowie den weiteren ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls erhobenen Beweismitteln.Der Angeklagte B hat sich im Wesentlichen wie folgt eingelassen:
12Er habe gewusst, dass sich Betäubungsmittel in seinem Auto befunden hätten. Er habe allerdings nicht gewusst, dass es Amphetamin gewesen sei. Er habe nicht gewusst, dass es 10 kg gewesen seien. Er habe die entsprechende Tasche ja nicht gesehen. Eine Person habe sie ihm ins Auto getan. Er habe diese transportieren sollen. Er habe nicht gewusst wohin. Er habe so 400 bis 500 Euro als Lohn bekommen sollen. Wo er habe hinfahren sollen habe auf einem kleinen Papier im Auto gestanden. Er wisse aber nicht mehr wohin. Er wisse nicht mehr welche Stadt. Er habe noch nie von Amphetaminen gehört und daher auch nicht gewusst, dass es diese Droge gebe. Er habe gedacht, es sei Marihuana, weil er in jüngeren Jahre auch „Gras“ geraucht habe. Er kenne die Person, welche ihm die Droge ins Auto gestellt habe. Er wolle den Namen aber nicht nennen. Es sei zu der Drogenfahrt gekommen, weil er nach dem Corona-Lockdown seine Arbeit in einem Restaurant verloren habe. Er habe Versicherungen und Bußgelder bezahlen müssen.
13Jemand aus der Nachbarschaft habe seine Probleme gekannt. Er habe ihm angeboten, das für ihn zu tun. Die Person habe ihm die Sachen in den Kofferraum gestellt. Vorher sei nicht viel besprochen worden. Der Bekannte habe gesagt: „Du kannst das nach Deutschland transportieren, dann gebe ich dir ein paar 100 Euro.“ Er – der Angeklagte - habe nicht gesagt, was er transportieren solle. Er habe an „Gras“ gedacht, aber nicht gewusst, ob es „Gras“ gewesen sei. Er kenne nur Haschisch und Marihuana. Ansonsten nichts. Er habe nicht wissen wollen, was er transportiert.
14Der Angeklagte U hat sich im Wesentlichen wie folgt eingelassen:
15Er habe sich in Deutschland ein Auto leihen wollen für einen Freund, der damals habe heiraten wollte. Deutschland sei ja bekannt für schöne Autos. Er habe auf der Fahrt aber erstmal gucken wollen und nicht direkt leihen wollen. Er habe auch kein Geld dabei gehabt bei der Fahrt. Er habe keinen Führerschein. Er habe seinerzeit einfach in der Nachbarschaft rumgefragt, ob ihn jemand nach Deutschland bringen könne. Der Angeklagte B habe gesagt, dass er die Tage nach Deutschland reisen würde. Er – U - habe nicht gewusst, dass sich Drogen im Auto befinden würden. Der Angeklagte B habe ihn zuhause abgeholt. Er –U- habe auch grundsätzlich Geld gehabt, um ein Auto zu leihen. Insoweit habe er 12.000 Euro als Entschädigung dafür enthalten, dass er sich zu Unrecht in Untersuchungshaft befunden hätte. Wenn er ein schönes Auto gesehen hätte, hätte er es cash oder per Karte bezahlt. Allerdings habe er erst einmal nach einem Auto gucken wollen. Er sei Richtung Bayern gefahren. Dies sei deshalb gewesen, weil er gehört habe, dass das Autoleihen im süddeutschen Raum am billigsten sei. Er habe zum Angeklagten B gesagt: „Komm wir fahren nach N.“ Dieser habe zugestimmt, weil er auch in die Richtung gemusst habe. B habe gesagt, er wolle nach G und dort Familie besuchen. Das Autoleihen in den Niederlanden sei sehr teuer. In Deutschland sei es viel günstiger. Er habe seinen Freund der heiraten wollte mit einem schönen Auto überraschen wollen. Wenn ihm ein Auto gefallen hätte, dann wäre er ein weiteres Mal nach Deutschland gereist zusammen mit seinem Bruder, welcher einen Führerschein habe. Dieser hätte das Auto dann fahren können.
16Soweit die Einlassungen den getroffenen Feststellungen widersprechen, sind sie durch die erhobenen Beweismittel widerlegt.
17So ergibt sich hinsichtlich des Angeklagten B zur Überzeugung der Kammer aus Folgendem, dass diesem bewusst war, dass er nicht etwa lediglich Marihuana sondern Amphetamin transportierte.
18Zunächst war ein Indiz hierfür, dass dessen Einlassung hinsichtlich der betreffenden Frage wenig glaubhaft und nachvollziehbar war. So führte dieser auf die Frage der Kammer, warum er davon ausgegangen sei, dass er Marihuana transportierte und nicht etwa Amphetamin, aus, dass er nur Marihuana kenne, weil er dies früher auch konsumiert habe. Hinsichtlich Amphetamin wisse er gar nicht, dass es diese Droge gäbe. Von anderen Drogen habe er schon gehört, aber er habe damit nichts zu tun und es interessiere ihn nicht. Es ist bereits kaum vorstellbar, dass eine Person von den gängigen und in Umlauf befindlichen Drogen noch nichts gehört haben will.
19Entscheidend war für die Kammer aber Folgendes:
20Für eine Person, welche ein Betäubungsmitteltransport übernimmt, ist die Art der zu transportierenden Droge in mehrfacher Hinsicht entscheidend und wichtig. Zum einen hängt von der Art der transportierten Droge ganz erheblich das strafrechtliche Risiko ab, welches der betreffenden Person bei Entdeckung droht. So ist es, wie auch allgemein bekannt, für das Strafmaß insbesondere erheblich, welche Art von Drogen transportiert wird. Dabei ist das Strafmaß für leichtere Drogen wie Marihuana und Haschisch in der Regel geringer als das Strafmaß für mittelharte Drogen wie Amphetamin oder gar harte Drogen wie Kokain und Heroin. Daher kann davon ausgegangen werden, dass der Drogenkurier sich im eigenen Interesse Gewissheit darüber verschaffen wird, welche Art von Drogen er transportiert, allein schon um das persönliche Risiko einschätzen zu können. Doch selbst wenn es dem betreffenden Drogenkurier ausnahmsweise gleichgültig ist, welches Risiko er mit welcher Art von Drogentransport auf sich nimmt, so ist ihm jedenfalls nicht gleichgültig, welchen Lohn er für den Transport erhält. Die Höhe dieses Lohns hängt wiederum von der Art der zu transportierenden Betäubungsmittel ab. Niemand wird für den Transport eines Kilos Marihuana den gleichen Lohn verlangen, wie für den Transport von etwa einem Kilo Heroin. Dies allein deshalb, weil wie bereits ausgeführt das persönliche Bestrafungsrisiko für den Drogenkurier bei den jeweiligen Drogen ganz unterschiedlich ist. Daher geht die Kammer auch vorliegend davon aus, dass der Angeklagte sich bereits bei Anbahnung des Drogengeschäftes darüber Gewissheit verschafft hat, welche Art von Drogen er denn transportieren soll. Und hierbei insbesondere auch welche Menge. Dies gilt besonders unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das vom Angeklagten B eingeführte Amphetamin einen Marktwert von jedenfalls über 200.000 Euro hat. Wie sich aus dem verlesenen Wirkstoffgutachten vom 05.11.2020 ergibt, stellte das transportierte Amphetamin etwa 21.950 Konsumeinheiten dar. Selbst bei einer konservativen und niedrigen Schätzung von etwa 10,- Euro Straßenverkaufspreis pro Konsumeinheit ergibt sich hierbei einen Wert des mitgeführten Betäubungsmittels von 204.950,- Euro. Auch wenn der Angeklagte das von ihm transportierte Betäubungsmittel wahrscheinlich nicht abgewogen haben wird, so war doch ohne weiteres erkennbar, dass es sich um eine erhebliche Menge handelt. Das Amphetamin war hier auf 10 Packungen von nicht unerheblicher Größe verteilt. Dass es sich um eine große Menge Betäubungsmittel handelte war ohne weiteres erkennbar. Der erhebliche Wert der transportierten Betäubungsmittel lässt ferner noch einen weiteren Schluss zu, nämlich dass eine derart wertvolle Menge Betäubungsmittel dem Angeklagten B nur dann anvertraut worden sein wird, wenn ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen diesem und dem die Drogen übergebenen Person bestanden hat. Denn für die Person, welche die Drogen transportiert, droht für den Fall des Verlustes - etwa dadurch das der B die Drogen selbst an sich nimmt - ein erheblicher finanzieller Schaden. Daher geht die Kammer davon aus, dass im Vorfeld der Tat detailliertere Erörterungen, insoweit auch über die Art der transportierenden Betäubungsmittel stattgefunden haben, als der Angeklagte B durch seine Einlassung glauben machen will.
21Hinsichtlich des Angeklagten U ist die Kammer entgegen seiner Einlassung sowohl davon überzeugt, dass dieser wusste, dass überhaupt Drogen transportiert werden, als auch welche Art von Drogen. Ferner ist die Kammer auch davon überzeugt, dass dieser ebenfalls ein finanzielles Interesse an der Tat hatte.
22Zunächst spricht für die Kenntnis von Drogentransport, dass der Angeklagte nach dem Anhalten durch die Zeugen G und H nach Bekundung der Zeugin G überaus nervös war. Sowohl seine Hände als auch seine Stimme seien zittrig gewesen. Das Verhalten des Angeklagten schildert die Zeugin G ausdrücklich als auffällig. Dabei ist ohne weiteres von einer Sachkunde der betreffenden Zeugin als Polizeibeamtin dahingehend auszugehen, dass diese sehr wohl einordnen kann, ob jemand lediglich im üblichen Umfange nervös ist, weil er von der Polizei kontrolliert wird, oder dessen gezeigte Nervosität auffällig ist. Hier lässt also die vom Angeklagten gezeigte besonders auffällige Nervosität darauf schließen, dass er nach dem Anhalten durch die Polizei nunmehr fürchtete, die im Kofferraum transportierten Drogen würden entdeckt werden. Auch der Umstand, dass der Angeklagte nachdem er mit dem Drogenfund durch die Beamten konfrontiert wurde, weder überrascht noch besonders nervös wirkte, lässt darauf schließen, dass ihm sehr wohl bewusst war, dass Drogen transportiert werden. Des Weiteren gaben sowohl der Angeklagte B als auch der Angeklagte U gegenüber den kontrollierenden Beamten an, dass sie auf dem Weg nach Deutschland seien, um ein Fahrzeug auszuleihen. Dies spricht dafür, dass die Angeklagten die entsprechende Aussage abgesprochen haben. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass die entsprechende Einlassung hierbei insbesondere des Angeklagten U, welcher bei seiner ursprünglichen Einlassung des Ausleihens seines Autos geblieben ist, in für sich unlogisch und wenig nachvollziehbar ist. Die Einlassung, dass eine Person aus den Niederlanden bzw. hier sogar von Den Haag bis nach Mannheim fahren will nur um ein Mietfahrzeug auszuleihen, welches er dann auch mangels eines Führerscheins noch nicht einmal selber fahren kann, scheint lebensfremd zu sein. Lebensfremd ist auch, dass der Angeklagte nach seiner Einlassung auf der Tour mit dem Angeklagten B nur nach einem Fahrzeug Ausschau halten wollte ohne es anzumieten. Das Anmieten sollte erst nach erneuter Rückkehr in die Niederlanden und nach erneutem Weg von den Niederlanden (E) nach N bzw. Bayern mit dem Bruder des Angeklagten U erfolgen, um dann erst ein Fahrzeug auszuleihen. Ein derartiger Aufwand für das Ausleihen eines Mietfahrzeugs erscheint völlig lebensfremd und offensichtlich konstruiert. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund als das der Angeklagte, sollte er tatsächlich ein Fahrzeug in Deutschland ausleihen wollen, dies bereits ohne weiteres in Grenznähe zu den Niederlanden hätte tun können. Eine Fahrt bis nach Bayern ist hierfür nicht erforderlich.
23Der Grund für eine entsprechende Absprache der Aussagen, kann nach Auffassung der Kammer nur daran liegen, übereinstimmende Angaben gegenüber kontrollierende Polizeibeamten machen zu können. Insoweit war beiden Angeklagten bewusst, dass dies nötig war, weil man tatsächlich nach Deutschland fuhr, um Drogen einzuführen. Es ist auch kein anderes Motiv als ein Vertuschen des tatsächlichen Fahrtgrundes durch den Angeklagten U für eine derartig widersinnige Aussage erkennbar. Doch der Angeklagte U wusste nicht nur das überhaupt Drogen transportiert werden, er wusste auch, welche Art von Drogen transportiert werden. Dies ergibt sich aus den bereits bei dem Angeklagten B genannten Umständen. Auch im Hinblick auf den Angeklagten U gilt, dass die Art und Menge der transportierten Betäubungsmittel erheblichen Einfluss auf das vom Drogenkurier einzugehende Risiko hat, des Weiteren auch hinsichtlich der für eine Drogenfahrt zu verlangenden Entlohnung. Insbesondere aufgrund dieser Umstände und des bereits genannten erheblichen Wertes des Betäubungsmittels geht die Kammer davon aus, dass der Angeklagte U sehr wohl auch an einem etwaigen Kurierlohn nicht näher feststellbarem Umfangs beteiligt werden sollte. Andernfalls wäre es lebensfremd, sich ohne nähere Freundschaft oder Bekanntschaft mit dem Angeklagten B einem derartigen Risiko eines solchen Drogentransportes ohne finanzielle Entschädigung auszusetzen.
24Die Angeklagten wussten, dass die Drogen zum gewinnbringenden Verkauf durch einen Dritten bestimmt waren. Dies folgt bereits aus der erheblichen Menge.
25Die Art sowie der Wirkstoffgehalt der sichergestellten Betäubungsmittel ergeben sich aus dem verlesenen Wirkstoffgutachten vom 05.11.2020.
26IV.
27Damit haben die Angeklagten sich wie tenoriert strafbar gemacht. Der Angeklagte U handelte hinsichtlich der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB. Wie festgestellt hatte jeder Angeklagte ein eigenes finanzielles Interesse an der Tat und wollte diese als eigene. Des Weiteren hatte jeder auch den erforderlichen Umfang der Tatherrschaft über das Geschehen.
28V.
291.
30Die Strafe hinsichtlich des Angeklagten B hat die Kammer dem Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG entnommen. Diese sieht Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bis zu 15 Jahren vor.
31Ein minder schweren Fall im Sine von § 30 Abs. 2 BtMG war nicht anzunehmen.
32Unter Zugrundelegung der erforderlichen Gesamtbetrachtung, liegt kein Fall vor, der von üblicherweise vorkommenden Einfuhrtaten derartig von seinem Schuldgehalt nach unten abweicht, dass es unangemessen wäre, den Regelstrafrahmen zugrunde zu legen.
33Dabei war zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass die Betäubungsmittel sichergestellt worden sind. Ferner war zu berücksichtigen, dass dieser die Tat zumindest teilweise eingeräumt hat. Auch war zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass der zumindest im Bundesgebiet noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Weiterhin war zu berücksichtigen, dass dieser als sprachunkundiger Ausländer im Bundesgebiet besonders haftempfindlich ist. Auch war zu berücksichtigen, dass der Angeklagte infolge der Corona-Pandemie und den entsprechenden Beschränkungen von Besuchen etc. unter erschwerten Haftbedingungen zu leiden hat.
34Zu seinen Lasten sprach jedoch, dass sich die Tat auf die mittelharte und nicht unerhebliche gefährliche Droge Amphetamin bezogen hat. Des Weiteren fiel ganz erheblich die große Betäubungsmittelmenge zu seinen Lasten ins Gewicht. Die nicht geringe Menge war vorliegend um das 109-fache überschritten.
35Weiterhin hat der Angeklagte zwei Straftatbestände tateinheitlich verwirklicht. Auch war der Angeklagte in den Niederlanden bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten.
36Bei der Strafzumessung im eigentlichen Sinne hat die Kammer sodann die genannten Strafzumessungsgesichtspunkte erneut zu Gunsten und zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt. Unter erneuter strafmildernder Berücksichtigung von dessen Geständnis, hielt die Kammer sodann eine moderate Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten für tat- und schuldangemessen.
372.
38Der Angeklagte U war zur Tatzeit Heranwachsender im Sinne von § 1 Abs. 2 JGG. Die Kammer hat auf diesen - beraten durch die Jugendgerichtshilfe - Jugendstrafrecht gemäß § 105 Abs. 1 JGG angewendet. Die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Angeklagten ergibt unter Berücksichtigung der Umweltbedingung zur Zeit der Tat, dass dieser nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand.
39Der Angeklagte zeigte früh Verhaltensauffälligkeiten. Eine ordnungsgemäße Reifung unter dem erzieherischen Einfluss der Eltern fand nicht statt. Es gab vielmehr verschiedene betreuerische Einwirkungen und Wechsel von Erziehungspersonen. Der Angeklagte wies keine stringente schulische Entwicklung auf. Er erlangte keinen Schulabschluss. Auch vermochte es der Angeklagte sich nicht in Ausbildungs- oder Arbeitsstrukturen zu integrieren. Der Angeklagte lebt noch bei seinen Eltern. Eine eigenverantwortliche Lebensführung ist nicht erkennbar.
40Gegen den Angeklagten war Jugendstrafe nach § 17 Abs. 2 JGG zu verhängen. Bei dem Angeklagten liegen schädliche Neigungen vor. Es ist ohne zusammenhängende längere Gesamterziehung zu erwarten, dass der Angeklagte wiederum erhebliche Straftaten begehen wird.
41Der Angeklagte ist zwar in der Bundesrepublik noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten, allerdings bereits in nicht unerheblichem Umfang in den Niederlanden. Insbesondere wurde der Angeklagte wegen eines schweren Gewaltdelikts bereits in den Niederlanden verurteilt. Der Angeklagte verbüßte bereits Haft in den Niederlanden. Dennoch kam es zu weiterer Straffälligkeit.
42Der Strafrahmen beträgt gemäß §§ 18 Abs. 1, 105 Abs. 2 JGG sechs Monate bis zu 10 Jahre.
43Die im Rahmen einer Parallelwertung weiter vorzunehmende Prüfung eines minder schweren Falls nach § 30 Abs. 2 BtMG führt nicht zur Annahme eines minder schweren Falles. Die Gesamtbetrachtung der maßgeblichen Zumessungsgründe führt nicht zum Überwiegen der strafmildernden Gesichtspunkte.
44Zu Gunsten des Angeklagten war zu berücksichtigen, dass die Betäubungsmittel sichergestellt worden und nicht in den Verkehr gelangt sind. Auch ist dieser erstmals in Deutschland in Haft. Weiterhin ist er als strafunkundiger Ausländer besonders haftempfindlich. Auch hatte er unter erschwerten Haftbedingungen wegen der Corona-Pandemie zu leiden.
45Straferschwerend wirkte sich jedoch zum einen die große Betäubungsmittelmenge aus. Des Weiteren ist der Angeklagte in den Niederlanden bereits nicht unerheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten. Gerichtliche Sanktionen ließen ihn unbeeindruckt. Selbst die Verbüßung von Haft sowie das Durchlaufen einer zwangsweisen Unterbringung in einer Psychiatrie, führten nicht zu einer Verhaltensänderung des Angeklagten.
46Im Zuge der Ermittlung der tat- und schuldangemessenen sowie erzieherisch gebotenen Jugendstrafe hat die Kammer sodann die benannten Strafzumessungsgesichtspunkte erneut zugunsten und zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt. Des Weiteren auch dessen bisherige negative Entwicklung, welche einen erheblichen Erziehungsbedarf offenbart. Insgesamt hielt die Kammer eine Jugendstrafe von zwei Jahren und acht Monaten für tat- und schuldangemessen sowie erzieherisch geboten.
47VI.
48Die getroffene Einziehungsentscheidung folgt aus § 33 BtMG.
49VII.
50Die getroffene Kostenentscheidung folgt aus § 464 Abs. 1 StPO.
51Die Kammer hat von der Möglichkeit des § 74 JGG hinsichtlich des Angeklagten U keinen Gebrauch gemacht, da dieser nach eigenen Angaben über finanzielle Mittel verfügt.