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Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Krefeld vom 04.11.2014, Az. 11 C 563/13, abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
2I.
3Die Parteien streiten um eine seitens des Klägers als Vermieter begehrte Mieterhöhung gemäß § 558 BGB und die Wirksamkeit einer von diesem Mieterhöhungsverlangen abweichenden Staffelmietvereinbarung.
4Unter § 5 Nr. 1 a) des Mietvertrages einigten sich die Parteien über gestaffelte Mieterhöhungen. Einleitend war hiernach ausgeführt:
5„Die Grund-/Nettomiete gemäß § 4 Nr. 1 a) und Nr. 1 b) kann […] entweder gemäß §§ 558 bis 559b BGB oder gemäß Ziffer a) erhöht oder gemäß nachfolgender Ziffer b) angepasst werden. Sind weder a) noch b) angekreuzt, kann die Miete gemäß §§ 558 bis 559b BGB erhöht werden.“
6Darüber hinaus wies das seitens der Parteien angekreuzte Feld a) für die Staffelmiete folgenden Zusatz auf:
7„Während der Laufzeit der Staffelmiete ist eine Erhöhung gemäß §§ 558 bis § 559b BGB ausgeschlossen.“
8§ 2 („Mietzeit“) des Mietvertrages enthielt in Nr. 2 folgende Passage:
9„Die Miete kann […] durch vertragliche Vereinbarung oder im Rahmen der jeweils geltenden gesetzlichen Verfahrensbestimmungen – für nicht preisgebundene Wohnungen zurzeit gemäß den §§ 557 bis 559b BGB […] – geändert werden.“
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung sowie die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
11Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und den Beklagten verurteilt, der seitens des Klägers begehrten Mieterhöhung zuzustimmen. Dem aus §§ 535, 558 BGB folgenden Anspruch stehe die in § 5 des Mietvertrages getroffene Staffelmietvereinbarung nicht entgegen. Vielmehr sei diese wegen Widerspruchs und Intransparenz mit der in § 2 Nr. 2 des Mietvertrages getroffenen Vereinbarung nach § 557 Abs. 4 BGB sowie nach § 307 BGB unwirksam. Der objektive Leser auf Mieterseite habe von der Vereinbarung von Mieterhöhungen gemäß den §§ 558 ff. BGB ausgehen dürfen. Die Staffelmietvereinbarung gereiche zum Nachteil des Mieters und sei daher nach § 557 Abs. 4 BGB unwirksam.
12Mit der rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Beklagte sein Begehren im ersten Rechtszug – die Klageabweisung – weiter. Hierzu führt er aus, die Staffelmietvereinbarung sei nicht unwirksam. Es handele sich dabei um eine Individualvereinbarung, die den Mieter nicht benachteilige. § 2 Nr. 2 des Mietvertrages stehe nicht im Widerspruch hierzu, sondern enthalte vielmehr die Grundlage für die Vereinbarung einer Staffelmiete in dem Mietvertrag.
13Der Beklagte beantragt,
14die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
15Der Kläger beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung. Er ist der Ansicht, der gegenständliche Mietvertrag enthalte hinsichtlich möglicher Mieterhöhungen zwei sich widersprechende Vereinbarungen. Dies führe unweigerlich dazu, dass die Staffelmietvereinbarung gemäß § 557a Abs. 4 BGB sowie im Übrigen wegen Intransparenz nach § 307 BGB unwirksam sei.
18Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
19II.
201.
21Die zulässige Berufung ist begründet.
22Das Amtsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Kläger kann von dem Beklagten keine Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung verlangen. Der dahin gerichtete Anspruch aus §§ 558 Abs. 1, 558b Abs. 2 BGB ist nach § 557a Abs. 2 S. 2, Abs. 4 BGB in Verbindung mit § 5 des Mietvertrages ausgeschlossen.
23Nach § 557a Abs. 2 S. 2, Abs. 4 BGB kommt eine Mieterhöhung nach den §§ 558 bis 559b BGB während der Laufzeit einer Staffelmiete nicht in Betracht; eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Voraussetzung hierfür ist, dass eine Staffelmiete wirksam vereinbart wurde. Dies ist ausweislich § 5 des Mietvertrages der Fall. Dem steht nicht entgegen, dass der Mietvertrag über die Vereinbarung der Staffelmiete hinaus unter § 2 Nr. 2 vorsieht, dass die Miete durch vertragliche Vereinbarung oder im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen der §§ 557 ff. BGB geändert werden kann. Hierin liegt nach Auffassung der Kammer kein Widerspruch, der zu einer Unwirksamkeit der Staffelmietvereinbarung führt.
24Nicht zu beanstanden ist im Ausgangspunkt, dass das Amtsgericht die in § 5 des Mietvertrages verankerte Staffelmiete als eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB qualifiziert hat. Zwar wurden sowohl die jeweils gestaffelten Erhöhungen der Miete als auch die Zeiträume individuell festgelegt. Hierdurch wird die Regelung der Staffelmiete als solche – ungeachtet der Frage, ob überhaupt ein Aushandeln zwischen den Parteien im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 3 BGB bejaht werden kann – jedoch nicht zu einer Individualvereinbarung. Das Grundkonstrukt der Staffelmiete ist vielmehr in dem Vertrag, einem – für mehrfache Verwendung vorgesehenen – Vordruck der I und H GmbH, abgebildet und damit unabhängig von den darin seitens der Verwender individuell eingetragenen Erhöhungen und zeitlichen Abständen als Allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizieren.
25Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts besteht ein Widerspruch zwischen den vorgenannten Klauseln nicht.
26Nach ständiger Rechtsprechung gelten bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht die Regelungen der §§ 133, 157 BGB, sondern der Grundsatz der objektiven Auslegung (st. Rspr. BGH NJW-RR 2007, 1697; Staudinger/Peter Schlosser, 2013, BGB § 305c, Rn. 126). Danach sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgehend von der Verständnismöglichkeit eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden wird (BGH NJW 2013, 995).
27Ausgehend von diesem Auslegungsmaßstab ist der in § 2 Ziffer 2 enthaltenen Verweis auf die Möglichkeit von Mieterhöhungen „im Rahmen der jeweils geltenden Verfahrensbestimmungen“ als ein klarstellender, allgemeiner Hinweis auf die Existenz der gesetzlichen Mieterhöhungsvorschriften gemäß den §§ 557 ff. BGB zu verstehen, ohne dass damit zugleich eine verbindliche Aussage über das Vorliegen der jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen verbunden ist. Da vielmehr zu dem Bereich der Mieterhöhungen unter § 5 eine besondere Regelung getroffen worden ist, kann dies auch für einen juristischen Laien nur dahingehend verstanden werden, dass diese Regelung insoweit Geltung beanspruchen und die allgemeine Aussage des § 2 Nr. 2 konzentrieren sollte. Dies gilt umso mehr, als in § 5 des Mietvertrages unter der Überschrift „Mietanpassungen“ einleitend bestimmt ist, dass die individuell festgelegte Grundmiete in dem Vertrag entweder gemäß §§ 558 bis 559b BGB oder gemäß einer nachfolgend festzusetzenden Staffelmiete erhöht werden kann. Zudem wird unter Nr. 1 a) dieser Klausel betont, dass während der Laufzeit der Staffelmiete eine Erhöhung gemäß §§ 558 bis 559b BGB ausgeschlossen ist. Hierdurch wird hinreichend klar und verständlich zum Ausdruck gebracht, dass Mieterhöhungen nur alternativ nach den §§ 558 ff. BGB oder aber im Wege einer Staffelmietvereinbarung möglich sein sollen (die bei AG Dortmund, Urteil vom 15.06.2010, Az. 425 C 142/10 Rn. 52, streitgegenständliche Klausel enthielt eine solche Klarstellung nicht). Der objektive Empfänger auf Mieterseite durfte vielmehr bei – wie vorliegend stattgefundener – Vereinbarung einer Staffelmiete darauf vertrauen, dass anderweitige Mieterhöhungen nicht auf ihn zukommen.
28Ein anderes Verständnis erschließt sich auch nicht daraus, dass die Parteien § 2 Ziffer 2 des Mietvertrages nicht durchgestrichen haben. Vielmehr wird in dieser Klausel auf die Regelungen der §§ 557 bis 559b BGB und damit gerade auch auf die Möglichkeit einer Mieterhöhung in Form der Staffelmiete nach §§ 557 Abs. 2 1. Fall, 557a BGB verwiesen. § 5 des Mietvertrages lässt sich sonach als eine spezielle Ausgestaltung der in § 2 Ziffer 2 des Mietvertrages allgemein aufgezeigten Mieterhöhungsmöglichkeiten kategorisieren. Aber auch darüber hinaus verbleibt § 2 Ziffer 2 ein eigenständiger Anwendungsbereich, etwa im Hinblick auf den dortigen Verweis auf die Möglichkeit einer Individualabrede oder aber bezogen auf den Zeitpunkt nach Ende der Geltung der Staffelmiete. Da das Mietverhältnis bis zum 30.06.2042 befristet und die Staffelmiete nur bis zum Jahr 2037 vereinbart wurde, bliebe für die sonstigen gesetzlichen Mieterhöhungsvorschriften bezogen auf die sich hieran anschließende Zeit Raum (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2009 – VIII ZR 279/07 –, Rn. 13, juris).
29Schließlich stellt die Vereinbarung einer Staffelmiete als solche auch keine unangemessene Benachteiligung dar, da sie gesetzlich vorgesehen ist und beiden Mietvertragsparteien Kalkulationssicherheit dahingehend bietet, die wirtschaftliche Entwicklung des Mietverhältnisses mit größerer Sicherheit voraussehen zu können.
302.
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in den §§ 708 Nr.10, 713 ZPO.
32Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu. Zwar handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Formularmietvertrag um einen Vordruck des I und H S W aus dem Jahr 2011. Doch liegt nach Auffassung der Kammer ein Widerspruch innerhalb des Klauselwerkes, insbesondere mit Blick auf § 2 Nr. 2 und § 5 des Vertrages, der einer höchstrichterlichen Klärung bedürfte, nicht vor. Der Umstand, dass das Amtsgericht Dortmund und diesem folgend das Landgericht Dortmund in einem ähnlich gelagerten Fall zu einem unterschiedlichen Ergebnis gekommen sind (s. AG Dortmund, Urteil vom 15.06.2010, Az. 425 C 142/10 – Rn. 52; LG Dortmund, Urteil vom 22.09.2011 – 1 S 165/10 – Rn. 37 ff.), führt zu keiner anderen Bewertung. Die den Entscheidungen zu Grunde liegenden Klauseln sind nicht mit den hier streitgegenständlichen Klauseln identisch. Der vorliegend in § 5 Nr. 1 a) enthaltene Zusatz, dass während der Laufzeit einer Staffelmiete eine Erhöhung gemäß §§ 558 bis 559b BGB ausgeschlossen ist, fehlt in der entsprechenden Klausel der vorzitierten Entscheidungen (dort: § 5 Ziffer 3 des Mietvertrages). Vielmehr findet sich dieser Zusatz dort an anderer Stelle, nämlich innerhalb der der vorliegenden § 2 Nr. 2 entsprechenden Klausel (dort: § 2 Ziffer 3 des Mietvertrages), wobei aufgrund der unterschiedlichen satzlichen Anordnung des Zusatzes dessen Bezugspunkt in den vorzitierten Entscheidungen nicht hinreichend deutlich wird.
33Der Streitwert wird auf 948,00 EUR festgesetzt.