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Auf die Berufung des Klägers wird das am 3. Juli 2001 ver-kündete Urteil des Amtsgerichts Nettetal unter Zurückwei-sung des Rechtsmittels im übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger weitere 4.350,70 DM nebst Zinsen von % 5 über dem Basiszinssatz seit dem 26. Juni 2001 zu zahlen.
Die Beklagte zu 2. wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz von 4.350,70 DM vom 8. Mai 2001 bis zum 25. Juni 2001 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgeho-ben.
Entscheidungsgründe
2Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache nur teilweise Erfolg.
3Der Kläger hat gegen den Beklagten zu 1. als Halter und die Beklagte zu 2. als dessen Versicherer über den bereits gezahlten Betrag hinaus einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 4.350,70 DM (§§ 7, 17 StVG, 2 Nr. 1 und 2 PfichtVersG). Denn die Abwägung der beiderseits gesetzten Schadensursachen ergibt einen Haftungsanteil der Beklagten von 2/3 (§ 17 StVG).
4Beide Parteien haften für die Unfallfolgen, weil die Schäden bei dem Betrieb von Kraftfahrzeugen entstanden sind (§ 7 Abs. 1 StVG). Für keinen der Unfallbeteiligten scheidet eine Haftung aus, weil der Verkehrsunfall für ihn unabwendbar war (§ 7 Abs. 2 StVG). Der Kläger war als Linksabbieger wartepflichtig und hat den Beklagten zu 1. rechtzeitig erkennen können. Der Beklagte zu 2. ist mit mindestens 111 km/h erheblich schneller als die zulässige Geschwindigkeit von 70 km/h gefahren und hätte den Unfall bei Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzung vermeiden können.
5Eine deshalb nach § 17 StVG vorzunehmende Abwägung der von den Unfallbeteiligten gesetzten Schadensursachen und dem beiderseitigen Verschulden führt zu einem Haftungsanteil der Beklagten von 2/3.
6Bei dem Kläger ist zu berücksichtigen, dass er dem Beklagten zu 1. die Vorfahrt genommen hat. Denn er hätte den entgegenkommenden Beklagten durchfahren lassen müssen (§ 9 Abs. 3 Satz 1 StVO). Ihn trifft auch deshalb ein Verschulden, weil er den Beklagten zu 1. auf der geraden, weit einsehbaren Strecke rechtzeitig hätte sehen und auch dessen überhöhte Geschwindigkeit möglicherweise erkennen müssen.
7Der Beklagte zu 1. hat durch das Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h gegen die §§ 3, 41 StVO (Zeichen 274) verstoßen. Wie sich aus dem in dem Ermittlungsverfahren von dem Sachverständigen Loskant erstatteten Gutachten, dessen Ergebnis die Parteien nicht in Zweifel ziehen, ergibt, lag die Geschwindigkeit des Beklagte zu 1. vor dem Unfall zwischen 111 und 127 km/h. In Hinblick darauf, dass der Kläger für alle ihm günstigen Umstände darlegungs- und beweispflichtig ist, kann zu Gunsten des Beklagten zu 1. nur von einer Geschwindigkeit von 111 km/h ausgegangen werden. Damit fuhr der Beklagte jedoch um fast 60 % über der zulässigen Geschwindigkeit von 70 km/h. Bereits darin liegt ein erhebliches Verschulden des Beklagten zu 1. Ihm ist darüber hinaus anzulasten, dass er den entgegen kommenden Kläger auf der Linksabbiegerspur rechtzeitig erkennen konnte und damit rechnen mußte, dass dieser noch vor ihm abbiegen würde. Schon wegen dieser gefährlichen Situation hätte der Beklagte zu 1. seine Geschwindigkeit rechtzeitig und erheblich herabsetzen müssen, als er sich der Straßeneinmündung näherte. Dabei hätte der Beklagte zu 1. auch berücksichtigen müssen, dass die Geschwindigkeit eines entgegenkommenden Motorrades schwer abschätzbar ist, der Kläger mit einer angemessenen Geschwindigkeit des Beklagten zu 1. rechnet und deshalb versuchen wird, noch vor dem Beklagen zu 1. abzubiegen.
8Wie der Sachverständige in dem Ermittlungsverfahren ausgeführt hat, hätte der Beklagte zu 1) den Zusammenstoß bei Einhalten einer Geschwindigkeit von 70 km/h durch eine leichte Teilbremsung verhindern können.
9Eine Abwägung der beiderseitigen Haftungsanteile führt zu einer überwiegenden Haftung der Beklagten. Denn der Beklagte zu 1. hat mit seiner weit überhöhten Geschwindigkeit die entscheidende Ursache für den Unfall gesetzt. Den Halter eines geradeausfahrenden Kraftfahrzeugs, der die zugelassene Geschwindigkeit erheblich überschreitet, trifft gegenüber dem entgegenkommenden Linksabbieger deshalb in der Regel die überwiegende Mithaft (BGH VersR 1980, 943; BGH NJW 1984, 1962 f.).
10Nachdem die Beklagte zu 2. auf den Schaden des Klägers von 13.052,12 DM vorgerichtlich bereits 4.350,70 DM gezahlt hat, waren dem Kläger weitere 4.350,70 DM zuzusprechen.
11Der Zinsanspruch beruht auf § 291 BGB. Die Beklagte zu 2. haftet für die Zinsen ab Zustellung der Klage. Im übrigen ist die mündliche Verhandlung für den Zinsbeginn maßgeblich, weil der Beklagte zu 1., dem die Klage nicht zugestellt worden ist, sich in der mündlichen Verhandlung rügelos eingelassen hat.
12Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
13Streitwert: 8.701,42 DM