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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
2Die Parteien streiten um die Regulierung von infolge eines Verkehrsunfalls am 18.02.2021 in Krefeld entstandenen Sachverständigenkosten.
3Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Unfalls Eigentümerin des am Unfallbeteiligten Sattelaufliegers mit dem amtlichen Kennzeichen T-FS 000. Die Beklagte war Haftpflichtversicherer des weiteren Unfallbeteiligten, einem LKW mit dem amtlichen Kennteichen D-HI 000. Der Hergang des dem Schadensfall zugrundeliegendem Verkehrsunfalls ist unstreitig. Die Beklagte ist für die Schadensregulierung dem Grunde nach voll einstandspflichtig. Sie übernahm bislang sämtliche geltend gemacht Schadensposition basierend auf der Reparaturrechnung der L GmbH – L Meisterbetrieb – vom 26.03.2021, lehnt jedoch die Erstattung der Kosten für die Schadensbegutachtung durch das Sachverständigenbüro L GmbH in Höhe von 617,20 EUR ab. Als Sachverständiger war P. L. tätig, der gleichzeitig Geschäftsführer der L GmbH ist.
4Die Klägerin meint, trotz der Personengleichheit zwischen Sachverständigem und Geschäftsführer der Reparaturwerkstatt habe die Beklagte die Sachverständigenkosten zu tragen. Ein Sachverständiger solle über praktische Kenntnisse verfügen. Es bestünden hier außerdem nicht gravierende Mängel an dem Gutachten.
5Die Klägerin beantragt,
6die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 617,20 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 20.08.2021 zu zahlen.
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Die Beklagte ist der Ansicht, sie müsse für die Sachverständigenkosten nicht aufkommen. Wegen der Personengleichheit fehle es dem Gutachten an Neutralität und damit sei es unbrauchbar. Diese Umstände seien für die Klägerin vor der Beauftragung erkennbar gewesen. Insofern treffe diese ein Verschulden bei der Auswahl des Sachverständigen.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zur Akte gereichten Anlagen Bezug genommen.
11Entscheidungsgründe
12Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
13I.
14Die örtliche Zuständigkeit des hiesigen Gerichts ergibt sich aus § 20 StVG.
15II.
16Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus keinerlei rechtlichen Gesichtspunkten einen Anspruch auf die Regulierung der Sachverständigenkosten. Insbesondere steht ihr kein Anspruch gemäß §§ 7, 18 StVG; § 115 VVG i.V.m. § 1 PflVG oder §§ 823 Abs.1, 249 Abs. 1 BGB auf Ausgleich zu. Die geltend gemachten Sachverständigenkosten sind kein erstattungsfähiger Schaden i.S.v. § 249 Abs. 1 BGB.
17Kosten eines eingeholten Sachverständigengutachtens sind dann vom Schädiger zu tragen, soweit sie im Zeitpunkt der Beauftragung aus Sicht eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Person des Geschädigten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Sinne des § 249 BGB erforderlich sind. Es kommt darauf an, ob zum Zeitpunkt der Beauftragung ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten halten durfte (Almeroth in: Münchener Kommentar zum StVR, 1. Auflage 2017, § 249 Rn. 313 m.w.N.).
18Dies ist vorliegend nicht der Fall.
191.
20Ein vor der Reparatur eingeholtes Gutachten bezweckt eine Kontrolle der von der Werkstatt abgerechneten Kosten durch den Geschädigten und den Schädiger und soll dessen Haftpflichtversicherer überzeugen. Beide Ziele können aber nicht erreicht werden, wenn – wie hier – der beauftragte Sachverständige mit dem Geschäftsführer der die Werkstatt betreibenden GmbH identisch ist (vgl. LG Freiburg, Urteil vom 20.06.2013 – 3 S 64/12; Urteil vom 25.10.2011 - 9 S 21/11). Allein aufgrund der wirtschaftlichen Interessen der Reparaturwerkstatt stellt dessen Geschäftsführer keine geeignete Person zur Begutachtung der von ihm selbst oder seinen Mitarbeitenden aufgestellten Reparaturrechnung dar. Dies gilt entgegen der Klägermeinung nicht erst dann, wenn das eingeholte Gutachten an gravierenden Mängeln leidet. Das Gutachten erfüllt schon dann nicht seinen Zweck, wenn allein der Eindruck entsteht, dass es nicht von einem neutralen Sachverständigen erstellt worden ist. Denn dann entstehen bei den Beteiligten bereits nachvollziehbare Zweifel an der Richtigkeit der Begutachtung, hier insbesondere an der Notwendigkeit der aufgelisteten Schadenspositionen.
21Gewiss ist der Klägerin zuzustimmen, dass es begrüßenswert ist, wenn ein Sachverständiger über praktische Erfahrung verfügt, was in der Regel auch der Fall sein dürfte. Dies bedeutet aber nicht, dass er als Gutachter seiner eigenen Aufträge fungieren muss.
222.
23Der Klägerin kann auch ein Auswahlverschulden vorgeworfen werden. Sie durfte nach ihren Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung des Sachverständigen L nicht für geboten halten, denn die Identität zwischen dem Geschäftsführer der Reparaturwerkstatt und dem Sachverständigen war für die Klägerin unstreitig problemlos erkennbar (vgl. LG Freiburg, a.a.O.). Die Erkennbarkeit ergibt sich zum Bespiel aus dem beklagtenseits übersendeten Internetauftritt, Impressum und Handelsregisterauszug, aber auch dem Briefkopf „KULKA Kfz-Meisterbetrieb“ bzw. „Oliver Kulka Kfz-Sachverständiger“ (vgl. Anlagen HWC 1 und HWC 2, Bl. 50 ff. d. Akte / Anlagen K1 – K3, Bl. 6 ff. d. Akte).
24III.
25Die Nebenforderung teilt das Schicksal der Hauptschuld.
26Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1; 708 Nr. 11, 709 S. 2 ZPO.
27Der Streitwert wird auf 617,20 EUR festgesetzt.
28Rechtsbehelfsbelehrung:
29Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
301. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
312. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
32Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils bei dem Landgericht Krefeld, Nordwall 131, 47798 Krefeld, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
33Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils gegenüber dem Landgericht Krefeld zu begründen.
34Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Krefeld durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
35Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
36Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
37Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
38Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.