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1. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 20.12.2024 (33 O 513/24) wird bestätigt.
2. Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Frage, ob die konkret in Bezug genommene Produktaufmachung der Antragsgegnerin nebst Werbetext mit dem Begriff „R. P.“ eine irreführende Herkunftstäuschung darstellt.
3Die Antragstellerin vertreibt regelmäßig u.a. Genussmittel wie Süßwaren in nicht unerheblichem Umfang. Zu den von ihr angebotenen Produkten gehört auch ein Schokoriegel, der in R. hergestellt wird.
4Die Antragsgegnerin betreibt einen Online-Shop, in dem sie u.a. Süßwaren anbietet. Teil des Angebots waren „R. F.“ bzw. „R. P.“, welche sie u.a. wie folgt anbot:
5
Die Antragsgegnerin wird als Importeurin des dem Verfügungsverfahren zugrundeliegenden Produkts angegeben. Das Produkt wird in der Türkei hergestellt, was auch auf der Rückseite der Verpackung angegeben wird. Für die genaue Gestaltung der Produktaufmachung sowie den Wortlaut des Werbetextes wird auf den Tenor der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 20.12.2024 Bezug genommen.
8Andere Hersteller wie D., die die Bezeichnung ursprünglich ebenfalls nutzten, stellten die Bezeichnung auf „R. C. S.“ um.
9Die Antragstellerin führte am 03.12.2024 einen Testkauf des streitgegenständlichen Produktes der Antragsgegnerin in einer U.-Filiale in T. durch, wodurch die Rechtsabteilung der Antragstellerin am selben Tag Kenntnis von dem Produkt und der Art der Kennzeichnung erhielt.
10Die Antragstellerin mahnte mit Schreiben vom 09.12.2024 die Antragsgegnerin ab und forderte sie gleichzeitig zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Antragsgegnerin kam dem nicht nach.
11Die Antragstellerin behauptet, die Angaben „R. F.“ und „„Zitat wurde entfernt““ erweckten bei den angesprochenen Verbrauchern den Eindruck, das Produkt stamme aus R.. Es liege keine Gattungsbezeichnung vor. Sie ist der Ansicht, aufgrund der irreführenden Herkunftsangabe stehe ihr ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, 3 UWG in Verbindung mit § 127 f. MarkenG zu. Der Unterlassungsanspruch ergebe sich auch aus einem Verstoß gegen das allgemeine Irreführungsverbot des § 5 UWG.
12Die Kammer hat der Antragsgegnerin auf Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 20.12.2024 bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel untersagt, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland ein Schokoladenprodukt, das nicht in R. hergestellt wurde und/oder keinen sonstigen geographischen Bezug zu R. hat, auf Deutsch oder Englisch unter Verwendung der Angaben „R. F.“ und/oder „„Zitat wurde entfernt““, zu kennzeichnen, zu vertreiben und/oder zu bewerben und/oder kennzeichnen, vertreiben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies wie nachfolgend abgebildet auf https:entfernt.de geschieht:
13und/oder
15und/oder
17Nach Widerspruch der Antragsgegnerin beantragt die Antragstellerin,
19die einstweilige Verfügung der Kammer vom 20.12.2024 aufrecht zu erhalten.
20Die Antragsgegnerin beantragt,
21unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 20.12.2024 den Antrag der Antragstellerin vom 18.12.2024 zurückzuweisen.
22Die Antragsgegnerin behauptet, die Bezeichnung „R. F.“ werde als Gattungsbezeichnung verstanden, zumal auch die Zutaten keine lokalen Spezialitäten seien. Eine Irreführung sei auch nicht wettbewerbsrechtlich relevant.
23Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, es fehle auch an einem Verfügungsgrund. Die Vermutung der Dringlichkeit sei widerlegt. Schließlich sei die Antragstellerin nicht aktivlegitimiert, weil kein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehe.
24Ergänzend wird auf die einreichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe
26Die einstweilige Verfügung vom 20.12.2024 ist zu bestätigen, weil sich ihr Erlass auch nach dem weiteren Vorbringen der Parteien als gerechtfertigt erweist, §§ 936, 925 ZPO.
27I.
28Der zulässige Antrag ist begründet. Der Unterlassungsanspruch der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin folgt aus §§ 128 Abs. 1, 127 Abs. 1 MarkenG i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG.
291.
30Die Antragstellerin ist nach § 128 Abs. 1 S. 1 MarkenG in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG aktivlegitimiert, den Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Nach § 128 Abs. 1 S. 1 MarkenG kann von den nach § 8 Abs. 3 UWG zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr Namen, Angabe oder Zeichen entgegen § 127 MarkenG benutzt.
31Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG besteht. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist anzunehmen, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann. Da im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes grundsätzlich keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zu stellen sind, reicht es hierfür aus, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist daher auch dann anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2022 – I ZR 128/21, GRUR-RS 2022, 8175 – Zweitmarkt für Lebensversicherungen II; Keller in Harte/Henning, 5. Aufl., § 2 Rn. 127). Nach diesen Maßstäben besteht zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegnerin bieten Süßwaren für Verbraucher in Deutschland an. Das Angebot von Süßwaren durch die Antragsgegnerin kann den Absatz von Süßwaren durch die Antragstellerin beeinträchtigen. Bereits dies ist ausreichend, um eine Mitbewerberstellung anzunehmen. Es kommt hinzu, dass die Antragstellerin Süßwaren aus R. als exklusive Spezialität anbietet, sodass selbst dann ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestünde, wenn angenommen würde, dass ein solches nur bei Süßwaren mit der gleichen exklusiven Herkunft bestünde. Soweit dem berechtigten Nutzer einer Herkunftsangabe auch unabhängig von der Mitbewerberstellung ein Unterlassungsanspruch zustehen kann (vgl. Schulteis in BeckOK MarkenR, 40. Edition, Stand: 01.01.2025, § 128 Rn. 10; OLG München, Urteil vom 30.03.2023 – 6 U 120/22, GRUR-RR 2024, 291 – Havana Subido II), kommt es hierauf nicht an, weil – wie dargelegt – ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht.
322.
33Die Verwendung der angegriffenen Produktaufmachung und die angegriffene Werbung verstoßen gegen § 127 Abs. 1 MarkenG.
34Nach § 127 Abs. 1 MarkenG dürfen geographische Herkunftsangaben im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht. Von der Gefahr einer Irreführung ist auszugehen, wenn die angegriffene Bezeichnung bei einem nicht unwesentlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise eine unrichtige Vorstellung über die geographische Herkunft der Produkte hervorruft. Dabei ist auf das Verbraucherleitbild des durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers abzustellen (vgl. Ingerl/Rohnke/Nordemann/A. Nordemann, 4. Aufl. 2023, MarkenG § 127 Rn. 3; BGH, Urteil vom 31.03.2016 – I ZR 86/13, GRUR 2016, 741 Rn. 19 ff. – Himalaya Salz).
35a.
36Die Bezeichnung „R. F.“ stellt eine Herkunftsangabe im Sinne des § 126 Abs. 1 MarkenG dar. Eine geographische Herkunftsangabe liegt gemäß § 126 Abs. 1 MarkenG vor, wenn Namen von Orten, Gegenden, Gebieten oder Ländern sowie sonstige Angaben oder Zeichen im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung der geographischen Herkunft von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden. Dies ist vorliegend der Fall. Bei der Bezeichnung „R.“ handelt es sich um eine Angabe im Sinne des § 126 Abs. 1 MarkenG, welche in adjektivischer Form auf den Namen eines Orts zur Kennzeichnung der geographischen Herkunft der Ware "F." hinweist. Der Schutz der geographischen Angabe als Kennzeichnung im Sinne des § 127 Abs. 1 MarkenG erfordert lediglich, dass der angegebene Ort nicht aufgrund seiner Eigenart oder wegen der Besonderheit der Ware als Herstellungsort erkennbar ausscheidet (vgl. dazu BGH, Urteil vom 2. Juli 1998 – I ZR 55/96 –, BGHZ 139, 138-147, Rn. 22 f. – Warsteiner II). Einer solchen Annahme steht vorliegend bereits entgegen, dass es vielfach Schokoladenprodukte auf dem Markt gibt, welche tatsächlich in R. hergestellt werden.
37Es kommt hinzu, dass das Produkt unstreitig ursprünglich in Dubai entwickelt wurde, sodass auch Personen, die sich mit dem Produkt beschäftigt haben, eine Herkunftsangabe annehmen werden.
38b.
39Eine Gattungsbezeichnung, die gemäß § 126 Abs. 2 MarkenG einem Schutz als geographische Herkunftsangabe entgegenstünde, liegt nicht vor, da aus Sicht der Kammer sich das Verkehrsverständnis bislang nicht so gewandelt hat, dass der Verkehr die Bezeichnung nunmehr allein – unabhängig von dem Herstellungsort – als Synonym für eine Schokolade nach besonderer Rezeptur verstehen wird.
40Nach § 126 Abs. 2 S. 2 MarkenG sind solche Bezeichnungen als Gattungsbezeichnungen anzusehen, die zwar eine Angabe über die geographische Herkunft im Sinne des Absatzes 1 enthalten oder von einer solchen Angabe abgeleitet sind, die jedoch ihre ursprüngliche Bedeutung verloren haben und als Namen von Waren und Dienstleistungen oder als Bezeichnungen oder Angaben der Art, der Beschaffenheit, der Sorte oder sonstiger Eigenschaften oder Merkmale von Waren oder Dienstleistungen dienen. Für die Feststellung des Bedeutungswandels von einer geographischen Herkunftsangabe in eine Gattungsbezeichnung ist die Auffassung der betroffenen Verkehrskreise maßgeblich. Dabei sind an eine Umwandlung einer geographischen Herkunftsangabe in eine Gattungsbezeichnung strenge Anforderungen zu stellen. Sie liegt erst vor, wenn ein nur noch ganz unbeachtlicher Teil der Verkehrskreise in der Angabe einen Hinweis auf die geographische Herkunft der Ware oder Dienstleistung sieht. Die Beweislast für einen Bedeutungswandel zur Gattungsbezeichnung liegt beim Verletzer. Unter § 126 Abs. 2 MarkenG fallen auch solche Gattungsbezeichnungen, die von vornherein niemals eine geographische Herkunft bezeichneten oder bei denen der Vorgang der Denaturierung nicht mehr nachvollziehbar ist. Eine Gattungsbezeichnung kann sich umgekehrt auch zu einer geographischen Herkunftsangabe zurückentwickeln, wovon auszugehen ist, wenn der überwiegende Teil der in Betracht kommenden Verkehrskreise die Bezeichnung (wieder) als Herkunftsangabe auffasst (so ausdrücklich: OLG München, GRUR-RR 2024, 291 Rn. 143 ff. – Havana Subido II, mwN).
41Bei der Bewertung ist auf den durchschnittlichen allgemeinen Verbraucher abzustellen. Zu diesen gehören auch die Mitglieder der Kammer, sodass diese die Verkehrsanschauung selbst beurteilen können.
42Eine Wandlung zu einer Gattungsbezeichnung liegt nach den genannten Grundsätzen nicht vor. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass nur ein ganz unerheblicher Teil des Verkehrs die Angabe weiterhin als geographische Herkunftsangabe versteht.
43Das wäre nur der Fall, wenn der überwiegende Teil des relevanten Verkehrs (teilweise wird von 85 bis 90 Prozent ausgegangen vgl. Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, 13. Aufl., § 126 Rn. 76; Fezer/Glöckner in Fezer, MarkenR, 5. Aufl., § 126 Rn. 17 ff., jeweils mwN) sich mit der Thematik „R. F.“ insoweit befasst hätte, als er der Herkunftsangabe keinerlei die Herstellung beschreibende Bedeutung mehr zumessen würde, sondern allein davon ausginge, dass die Rezeptur originär aus R. stamme, die Schokolade allerdings aus den unterschiedlichsten Ländern importiert sein könnte. Dies kann vorliegend nicht angenommen werden. Ein Teil der Bevölkerung wird von dem „Hype“ der sogenannten „R. F.“ überhaupt keine Kenntnis erlangt haben und so die Bezeichnung dem eindeutigen Wortlaut nach als Herkunftsangabe verstehen. Ein weiterer beachtlicher Teil des Verkehrs wird die Bezeichnung „R. F.“ im Rahmen der medialen Berichterstattung zur Kenntnis genommen haben, allerdings nur so am Rande, dass er um die besondere Exklusivität mit entsprechender Hochpreisigkeit aufgrund der Entwicklung in R. weiß und dementsprechend weiterhin davon ausgeht, dass die F. zur Rechtfertigung dieser Exklusivität in R. hergestellt wird.
44Ferner ist in die Erwägung einzubeziehen, dass eine Vielzahl von Anbietern unter der Herkunftsbezeichnung „R. F.“ Schokoladen vertreiben, welche der Herkunftsbezeichnung entsprechend, tatsächlich in R. hergestellt werden. Zur Abgrenzung werden daher auch zahlreiche Produkte als „R. C. F.“ in den Handel gebracht. So beschreibt etwa der bekannte Süßwarenhersteller „D.“ seine vergleichbaren Produkte mit den Worten „R. C.“. Diese Differenzierung spricht dafür, dass die Bezeichnung auch weiterhin als Herkunftshinweis wahrgenommen wird. Anderenfalls wäre die Differenzierung überflüssig.
45Insgesamt geht die Kammer davon aus, dass ein Teil des Verkehrs zwar der Bezeichnung keinen herkunftsweisenden Inhalt mehr zumisst, dieser Teil allerdings (bislang) nicht die erforderliche Größe erreicht hat, um von einer Gattungsbezeichnung auszugehen. Konkrete Umfragen oder Ähnliches, die das Gegenteil nahelegen, hat die insoweit darlegungsbelastete Antragsgegnerseite nicht vorgelegt.
46c.
47Es liegt auch ein Verstoß gegen § 127 Abs. 1 MarkenG vor, weil die Schokolade der Antragsgegnerin unstreitig nicht aus R. stammt und deshalb bei der Benutzung der Herkunftsbezeichnung in der vorliegenden Art und Weise durch die Antragsgegnerin die Gefahr einer Irreführung über die Herkunft besteht.
48Die Antragsgegnerin hat auf der hier streitgegenständlichen Produktaufmachung die Bezeichnung „R. P.“ auf der Vorderseite in Großbuchstaben unter dem Zeichen „Miskets“ abgebildet. Darunter findet sich eine weitergehende Beschreibung in kleinerer Schriftgröße sowohl auf englischer als auch auf türkischer Sprache.
49Ein – wie dargelegt – nicht unerheblicher Teil der Verbraucher wird diese Produktgestaltung wahrnehmen und durch diese prägnante Darstellung der Herkunftsbezeichnung, von einem Produkt aus R. ausgehen. Dabei wird der Verkehr die englische Bezeichnung „R. P.“ ohne Schwierigkeiten in „R. F.“ übersetzen, insbesondere, da die Antragsgegnerin eine dahingehende Übersetzung selbst auf der Rückseite des Produktes vornimmt.
50Auf der Vorderseite der Produktaufmachung finden sich keine ins Gewicht fallenden Angaben, die an diesem Eindruck des durchschnittlichen Verbrauchers etwas ändern würden. Die weitergehende Beschreibung in türkischer Sprache stellt keinen hinreichenden Bezug zum Herkunftsland Türkei her, sodass der Verkehr davon ausgehen würde, dass die F. entgegen ihrer Herkunftsbezeichnung nicht aus R. stammt. Dabei ist schon zu berücksichtigen, dass ein Großteil des Verkehrs die türkische Sprache nicht erkennen wird. Vielmehr wird der Durchschnittsverbraucher – aufgrund der fremdsprachigen Beschreibung – annehmen, dass die Schokolade nicht in Deutschland hergestellt wird und so der abgebildeten Herkunftsbezeichnung umso mehr Bedeutung zumessen. Ferner gibt das abgebildete Zeichen „Miskets“ dem Gesamteindruck keine andere Bedeutung, da der Verkehr dies als bloße Eigenmarke verstehen wird, welche dem Durchschnittsverbraucher nicht bekannt sein wird.
51Dieses Verständnis wird durch den – neben der Produktaufmachung – angegriffenen Werbetext noch verstärkt. Dort wird die Bezeichnung „Miskets Dubai Chocolade“ in Kombination mit der Formulierung „diese Schokolade bringt den Zauber R.s direkt zu Ihnen nach Hause“ verwendet. Dadurch wird dem Verbraucher der Eindruck vermittelt, er könne etwas aus R. erwerben. Auch im Rahmen dieses Werbetextes wird nicht klargestellt, dass das Produkt nicht in R. hergestellt wird.
52Ferner ist die Beschreibung auf der Rückseite des Produkts in englischer und arabischer Schrift gehalten, was zusätzlich den Eindruck einer Herkunft aus R. verstärkt. Erst ein Aufkleber über der eigentlichen Beschreibung übersetzt diese Angaben für den Verbraucher ins Deutsche. Auf diesen Aufkleber ist die Antragsgegnerin als „Importeur“ angegeben.
53Einzig der Hinweis „Herkunft: Türkei“ auf der Rückseite des Produkts gibt dem Verbraucher Informationen zu dem von der Herkunftsbezeichnung abweichenden Herstellungsort. Dieser Hinweis allein ist, wie die Kammer bereits im Rahmen der einstweiligen Verfügung ausgeführt hat, nicht geeignet, den Irrtum auszuräumen. Zum einen wird der Verkehr keine von der Herkunftsbezeichnung abweichende Angabe erwarten, zum anderen wird er bei der Kenntnisnahme der Rückseite aufgrund der arabischen Schrift gerade nicht mit dem Herkunftsland Türkei rechnen. Zudem wird ein erheblicher Teil der Verbraucher die Klarstellung aufgrund der kleinen Schrift und der Position des Hinweises schon nicht zur Kenntnis nehmen.
54Die Bezeichnung wird auch im geschäftlichen Verkehr als Herkunftshinweis benutzt.
55Im Streitfall überwiegt schließlich das Interesse des Verkehrs, nicht über die Herkunft des Produkts in die Irre geführt zu werden, das Interesse der Antragsgegnerin an der Nutzung der geographischen Herkunftsangabe, weil die Beklagte die möglichen Fehlvorstellungen der Verbraucher ohne weiteres dadurch entgegenwirken kann, dass sie eine abweichende Bezeichnung (z.B. „R. C.“) wählt oder die von der Herkunftsbezeichnung abweichende tatsächliche Herkunft für den Verbraucher deutlich erkennbar abbildet.
563.
57Die Wiederholungsgefahr gem. § 128 Abs. 1 S. 1 MarkenG wird durch die Verletzungshandlung indiziert und besteht weiterhin fort, insbesondere hat die Beklagte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.
584.
59Der Verfügungsgrund ist gegeben. Die Sache ist gemäß § 140 Abs. 3 MarkenG eilbedürftig. Danach sind zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung einstweilige Verfügungen auch ohne die Angaben zum Verfügungsgrund als eilbedürftig anzusehen. Der vorliegende Anspruch aus § 128 Abs. 1 S. 1 MarkenG erfüllt diese Voraussetzungen.
60Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist das Eilbedürfnis auch nicht widerlegt.
61Soweit die Antragsgegnerin rügt, das Eilbedürfnis sei bereits mangels Vortrags der Antragstellerin zum Eilbedürfnis widerlegt, kann dem nicht beigetreten werden. Aufgrund der Vermutung der § 140 Abs. 3 MarkenG ist Vortrag hierzu nicht erforderlich. Vielmehr ist es Sache der Antragsgegnerin, zumindest Anhaltspunkte dafür vorzutragen, die gegen das Eilbedürfnis sprechen. Solcher Vortrag ist nicht erfolgt.
62Das Gleiche gilt, soweit sich die Antragsgegnerin auf eine Selbstwiderlegung der Dringlichkeit beruft. Eine solche ist weder ersichtlich, noch hätte die Antragsgegnerin Anhaltspunkte hierfür vorgetragen. Soweit die Kammer regelmäßig eine Selbstwiderlegung annimmt, wenn der Antragsteller mehr als einen Monat ab Kenntnis der Umstände, die die einstweilige Verfügung begründen sollen, bis zur Beantragung zuwartet, führt dies zu keinem anderen Ergebnis (vgl. etwa OLG Köln, Beschluss vom 22. Januar 2010 – 6 W 149/09 – Ausgelagerte Rechtsabteilung). Die Antragstellerin hat nach ihrem unbestrittenen Vortrag erstmals am 03.12.2024 von der Verletzungshandlung Kenntnis erlangt. Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist am 18.12.2024 bei Gericht eingegangen.
63II.
64Die prozessuale Nebenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
65III.
66Der Streitwert wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.