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Die einstweilige Verfügung vom 05.11.2024 wird bestätigt.
Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.
Tatbestand
2Die Verfügungsklägerin lizensiert insgesamt 94 Filialen in Deutschland und eine Filiale in den Niederlanden unter dem Franchisekonzept „R.". Am 27.06.2024 fand eine planmäßige Routinekontrolle der Lebensmittelüberwachung in einer Filiale in C.-W. statt. Am 13.09.2024 wurde eine Filiale in X. kontrolliert. Sodann wurden die Ergebnisse dieser Kontrollen auf der Webseite der Lebensmitteltransparenz NRW veröffentlicht. Diesbezüglich wird auf die Anlage M. 5 verwiesen.
3Die Verfügungsbeklagte ist verantwortlich für den Internetauftritt der K.-Zeitung unter www.entfernt. Am 29.09.2024 veröffentlichte die Verfügungsbeklagte einen Artikel unter der Überschrift „„Zitat wurde entfernt“. Hinsichtlich des Inhalts der Berichterstattung wird auf die Anlage M. 1 verwiesen. Der Beitrag wird bei einer Suche über die Suchmaschine L. wie folgt angezeigt:
4„Bilddarstellung wurde entfernt“
5Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.10.2024 (Anlage M. 7) mahnte die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. Dies lehnte die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 04.10.2024 (Anlage M. 8) ab.
6Mit Antragsschrift vom 24.10.2024 hat die Verfügungsklägerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt und ein Verbot des gesamten Beitrags begehrt. Hilfsweise hat sie ein Verbot einzelner Äußerungen begehrt. Wiederum hilfsweise hat sie Unterlassung des bei einer Suche über L. angezeigten Textes beantragt. Zudem hat der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin die Unterlassung der Zurschaustellung eines Lichtbildes begehrt.
7Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, dass ein Verfügungsgrund gegeben sei. Sie habe die knapp 20 parallellaufenden Angelegenheiten nach Tagesaktualität und Virulenz priorisierte. Sie sei nicht gehalten zu erläutern, welche Arbeiten in den 20 Parallelverfahren konkret angefallen seien.
8Es bestehe ein Unterlassungsanspruch. Es handele sich nicht um eine Regionalmeldung. Die Webseite der Verfügungsbeklagten sei auf das gesamte Bundesgebiet ausgerichtet. Ein Hinweis auf die Rubrik in dem sich der Beitrag befindet, werde vom Leser regelmäßig nicht wahrgenommen und diesem zumindest kein Verständniswert beigemessen. Weiter lägen zwei unterschiedliche Rezipientenkreise vor und damit ein selbständiger Rezipientenkreis des L.-Suchenden. Die Hauptrezipienten seien diejenigen, die die Verfügungsklägerin suchten. Lebensfremd sei es anzunehmen, dass sodann jeder Artikel angeklickt werde.
9Mit Beschluss vom 05.11.2024 hat die Kammer im Wege der einstweiligen Verfügung unter Zurückweisung des Antrags im Übrigen angeordnet,
10der Antragsgegnerin wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten,
11v e r b o t e n,
12in Bezug auf die Antragstellerin zu 1) nachfolgenden L.-Index-Text zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen:
13„„Zitat wurde entfernt““,
14wenn dies wie folgt geschieht:
15„Bilddarstellung wurde entfernt“
16Mit Schriftsatz vom 17.12.2024 hat die Verfügungsbeklagte Widerspruch eingelegt.
17Der Verfügungsklägerin beantragt,
18die einstweilige Verfügung vom 05.11.2024 zu bestätigen.
19Die Verfügungsbeklagte beantragt,
20die einstweilige Verfügung vom 05.11.2024 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.
21Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, dass es an einem Verfügungsgrund fehle. Die Verfügungsklägerin habe das Verfahren über drei Wochen nicht weiter betrieben und zudem explizit ausgeführt, dass andere Verfahren dringlicher gewesen seien und damit eingeräumt, dass an dem vorliegenden Verfahren allenfalls ein untergeordnetes Interesse bestehe. Zudem habe sie auch nichts dazu vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht, welche Arbeiten in den angeblichen 20 Parallelverfahren konkret in der Zeit angefallen sind.
22Der Unterlassungsanspruch erweise sich auch in der Sache als nicht begründet. Das Landgericht habe schon nicht berücksichtigt, dass dem Suchergebnis zu entnehmen ist, dass es sich um einen Bericht handelt, der in der Rubrik „Regional > X.“ veröffentlicht wurde. Schon dies spreche deutlich gegen die Annahme, dass der Leser davon ausgehen müsse, dass der Betreiber aller 94 Filialen für die Hygienemängel verantwortlich sei. Wäre dies der Fall und würde es sich um ein bundesweites Problem des Franchisegebers handeln, wäre der Bericht aber schon nicht im Regionalteil der Zeitung veröffentlicht worden. Vielmehr liege hier für den Leser des Suchergebnisses sogar die Annahme nahe, dass alleine der Betrieb in X. von den Hygienemängeln betroffen sei. Ein Unterlassungsanspruch scheide hier aber auch deshalb aus, weil das Suchergebnis nicht getrennt von dem Bericht, zu dem es führe, betrachtet werden könne. Maßgeblich sei eine einheitliche Betrachtung des Suchergebnisses zusammen mit dem dazugehörigen Bericht, aus dem sich eindeutig ergibt, dass vorliegend lediglich zwei von 94 Filialen von den Hygienemängeln betroffen sind. Insoweit sei auch hervorzuheben, dass kaum jemand das Suchergebnis als solches lese und sich seiner als Informationsquelle bediene. Vielmehr werde der Leser den Artikel selbst als entsprechende Quelle nutzen, schon allein weil es allgemein bekannt sei, dass Suchmaschinen die Fundstellen bereits aufgrund der Kraft des Faktischen nur unvollständig wiedergeben und das Thema insoweit nur „anreißen“ können. Die vorliegende Fallkonstellation stelle sich vielmehr als vergleichbar mit der Überschrift eines Artikels, die das Thema ebenfalls nur „ankündigen“ kann, dar.
23Für die streitgegenständliche Berichterstattung sei zudem weder dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass das L. Suchergebnis auf der D.-Description und dem Title-Tag der Antragsgegnerin beruhe. Es verhalte sich so, dass L. die D.-Descriptions und Title-Tags nicht 1:1 übernehme, sondern sie allenfalls als „Vorschläge“ nutze. Auf Basis dieser Beschreibungen würden die Anzeigen dynamisch an die Suchanfragen angepasst, was außerhalb der Einflusssphäre der Antragsgegnerin liege. Eine D.-Description werde von L. vielmehr nur dann übernommen, wenn diese aus Sicht von L. optimal die Inhalte der Seite widerspiegelt und gleichzeitig für die Suchanfrage des Nutzers relevant ist. Ob eine Übernahme der entsprechenden Beschreibungen erfolgt, wird mithin von den Algorithmen von L. sowie der Relevanz für den Nutzer gesteuert.
24Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe
26Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist in dem mit dem Widerspruch angegriffenen Umfang auch begründet.
27Ein Verfügungsgrund ist gegeben. Ein Verfügungsgrund i.S.d. §§ 935, 940 ZPO, der eine vorläufige Sicherung oder Regelung im Eilverfahren zu rechtfertigen vermag, besteht anerkanntermaßen im Falle der Dringlichkeit. Eine Eilbedürftigkeit oder Dringlichkeit liegt vor, wenn eine objektiv begründete Besorgnis besteht, dass durch bevorstehende Veränderungen des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Gläubigers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder wenn bei dauernden Rechtsverhältnissen die Regelung eines einstweiligen Zustandes zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen notwendig ist. Indes fehlt es an einer Dringlichkeit, wenn der Antragsteller in Kenntnis der maßgeblichen Umstände untätig bleibt und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erst nach längerer Zeit stellt (sogenannte „Selbstwiderlegung”, vgl. Vollkommer in: Zöller, Kommentar zur ZPO, 35. Auflage 2024, § 940 ZPO, Rn. 4). Dabei begegnet es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlichen Zweifeln, allein auf eine weder begründete noch konkret hinterfragte „Regelfrist“ abzustellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.06.2023 – 1 BvR 1011/23, NJW 2023, 2770). Vorzunehmen ist stattdessen eine Einzelfallwürdigung der Frage, ob der Betroffene durch sein Gesamtverhalten bei vernünftiger Betrachtung den Anschein gesetzt hat, dass es ihm um die Sache nicht eilig sein kann (OLG Köln, Urteil vom 21.05.2024 - 15 W 34/24). Längere Zeiträume, in denen das Verfahren vom Antragsteller nicht gefördert wurde, sind vor diesem Hintergrund erklärungsbedürftig, um eine "vorwerfbare 'Verschleppung' der Sache in einem zeitlich auch relevanten Umfang" (OLG Köln a.a.O.) auszuräumen. Vorliegend liegen zwar zwischen der Erwiderung der Antragsgegnerin auf die Abmahnung am 04.10.2024 und der Einreichung des Antrags bei Gericht am 24.10.2024 beinahe drei Wochen. Der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsklägerin hat jedoch dargelegt und anwaltlich versichert, dass in dem besagten Zeitraum knapp 20 parallellaufende Angelegenheiten zu bearbeiten gewesen seien. Eine vorwerfbare Verschleppung ist vor diesem Hintergrund nicht gegeben. Der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsklägerin war auch nicht gehalten, konkret dazu vorzutragen, welche Arbeiten in den 20 Verfahren in dem genannten Zeitraum angefallen sind. Bei der gebotenen Einzelfallprüfung kann es ausdrücklich nicht darum gehen kann, dass die Dauer von einzelnen Arbeits- und Rechercheschritten des Antragstellers und/oder seiner Prozessbevollmächtigten und die genauen Gründe für etwaige „Leerläufe“ und Verzögerungen stets genau zu erklären, zu entschuldigen und im Tatsächlichen glaubhaft zu machen sind, um den Vorwurf einer Selbstwiderlegung ausräumen zu können (OLG Köln a.a.O.)
28Auch ein Verfügungsanspruch ist gegeben. Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte einen Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Verfügungsklägerin.
29Die Verfügungsbeklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie nicht für den Teasertext bei L. verantwortlich sei. Soweit sie darlegt, dass L. die D.-Descriptions und Title-Tags nicht 1:1 übernehme, sondern sie allenfalls als „Vorschläge“ nutze, hat die Verfügungsklägerin in dem im Termin zur mündlichen Verhandlung mit allen Beteiligten in Augenschein genommen Schriftsatz vom 22.01.2025 dargelegt und durch einen entsprechenden Screenshot glaubhaft gemacht, dass ausweislich einer Recherche bei der sog. Y.-E. nachvollzogen werden konnte, dass der D.-Tag 1:1 übernommen worden sei. Dem ist die Verfügungsbeklagte nicht entgegen getreten.
30Bei der Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts handelt es sich um einen sogenannten offenen Tatbestand, d. h. die Rechtswidrigkeit ist nicht durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit positiv festzustellen (Sprau in: Grüneberg, Kommentar zum BGB, 83. Auflage 2024, § 823 BGB, Rn. 95 m. w. N.). Stehen sich als widerstreitende Interessen - wie vorliegend - die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) gegenüber, kommt es für die Zulässigkeit einer Äußerung maßgeblich darauf an, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen handelt. Tatsachen sind innere und äußere Vorgänge, die zumindest theoretisch dem Beweis zugänglich sind und sich damit als wahr oder unwahr feststellen lassen, während Meinungsäußerungen durch das Element der Stellungnahme, des Meines und Dafürhaltens geprägt sind. Unabdingbare Voraussetzung für eine zutreffende Einordnung einer Äußerung ist die Ermittlung des Aussagegehalts. Dabei darf nicht isoliert auf den durch den Antrag herausgehobenen Text abgestellt werden. Vielmehr ist dieser im Zusammenhang mit dem gesamten Aussagetext zu deuten. Dabei ist auf den objektiven Sinn der Äußerung aus der Sicht eines unvoreingenommenen Durchschnittslesers abzustellen (vgl. BGH, NJW 1998, 3047). Auch wenn sich wertende und tatsächliche Elemente in einer Äußerung so vermengen, dass diese insgesamt als Werturteil anzusehen ist, kann die Richtigkeit der tatsächlichen Bestandteile im Rahmen einer Abwägung der Rechte eine Rolle spielen. Enthält die Meinungsäußerung erwiesen falsche oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, so wird regelmäßig das Grundrecht der Meinungsfreiheit hinter dem durch das grundrechtsbeschränkende Gesetz geschützten Rechtsgut zurücktreten. Jedenfalls fällt die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, regelmäßig bei der Abwägung ins Gewicht. Anders liegt es nur, wenn der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm ist, dass er gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt. Wenn sich einer Äußerung die Behauptung einer konkret greifbaren Tatsache nicht entnehmen lässt und sie bloß ein pauschales Urteil enthält, tritt der tatsächliche Gehalt gegenüber der Wertung zurück und beeinflusst die Abwägung nicht (vgl. BGH, Urteil vom 11.03.2008 - VI ZR 189/06).
31Im Gegensatz zur Tatsachenbehauptung misst eine Meinungsäußerung einen Vorgang oder Zustand an einem vom Kritiker gewählten Maßstab. Es kommt darauf an, ob die Äußerung durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder des Meinens geprägt ist. Auf den Wert, die Richtigkeit oder die Vernünftigkeit der Äußerung kommt es nicht an (vgl. BVerfG, NJW 1983, 1415, 1416). Mit Rücksicht auf die Meinungsfreiheit ist der Begriff der Meinung in Art. 5 Abs. 1 GG grundsätzlich weit zu verstehen: Sofern eine Äußerung durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, fällt sie in den Schutzbereich des Grundrechts. Das muss auch dann gelten, wenn sich diese Elemente - wie häufig - mit Elementen einer Tatsachenmitteilung oder -behauptung verbinden oder vermischen, jedenfalls dann, wenn beide sich nicht trennen lassen und der tatsächliche Gehalt gegenüber der Wertung in den Hintergrund tritt (vgl. BVerfG, a.a.O.).
32Die angegriffenen Äußerungen im L.-Index-Text sind bewusst unvollständig, weil der Leser des L.-Index-Textes nicht darüber aufgeklärt wird, dass „R." ein Franchisesystem ist und sich die fraglichen Vorwürfe nur gegen zwei Franchisenehmer richten.
33Eine bewusst unvollständige Berichterstattung liegt vor, wenn dem Rezipienten einerseits wahre Tatsachen mitgeteilt werden, aus denen er erkennbar eigene Schlussfolgerungen ziehen soll, dabei aber andererseits wesentliche Tatsachen verschwiegen werden, die dem Vorgang ein anderes Gewicht geben könnten und deren Kenntnis für den Rezipienten unerlässlich ist, der sich im Kernpunkt ein zutreffendes Urteil bilden will. Wenn es nahe liegt, aus mehreren unstreitigen Tatsachen eine bestimmte (ehrverletzende) Schlussfolgerung zu ziehen, so ist jedenfalls eine bewusst unvollständige Berichterstattung rechtlich wie eine unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln, wenn die Schlussfolgerung bei Mitteilung der verschwiegenen Tatsache weniger nahe liegend erscheint und deshalb durch das Verschweigen dieser Tatsache beim unbefangenen Durchschnittsrezipienten ein falscher Eindruck entstehen kann (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2005 – VI ZR 204/04 – juris, Rn. 18; Urt. v. 26.10.1999 – VI ZR 322/98 – juris, Rn. 19; OLG Köln, Urt. v. 16.11.2017 – 15 U 187/16 – juris, Rn. 178, jeweils m.w.N.). Eine Tatsachenbehauptung, die nur Teilwahrheiten vermittelt und dadurch beim Adressaten der Äußerung zu einer Fehleinschätzung des Angegriffenen führt, ist schon aus diesem Grund rechtswidrig. Es dürfen also bei einem Bericht, der sich mit einer namentlich genannten Person besonders beschäftigt, nicht solche Fakten verschwiegen werden, deren Mitteilung beim Adressaten zu einer dem Betroffenen günstigeren Beurteilung des Gesamtvorgangs hätte führen können (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2005 – VI ZR 204/04 – juris, Rn. 18; OLG Köln, Urt. v. 16.11.2017 – 15 U 187/16 – juris, Rn. 178, jeweils m.w.N.).
34Die Information, dass es sich bei der Verfügungsklägerin lediglich um die Franchisegeberin und nicht um die Betreiberin der beiden beanstandeten Filialen handelt ist für die Bewertung des dargestellten Sachverhalts von wesentlicher Bedeutung. Denn wenn der Leser wüsste, dass sich die Vorwürfe betreffend „„Zitat wurde entfernt““ nur gegen zwei Franchisenehmer richten, wäre er weniger geneigt, aus den in zwei Filialen festgestellten Mängeln negative Schlüsse auf die Einhaltung der Hygienebestimmungen in den übrigen 92 Filialen zu ziehen als im tatsächlich vorliegenden Fall, in dem der Leser davon ausgehen muss, dass der Betreiber aller 94 Filialen für die Beanstandungen verantwortlich ist.
35Soweit sich die Verfügungsklägerin darauf beruft, dass dem Suchergebnis zu entnehmen ist, dass es sich um einen Bericht handelt, der in der Rubrik „Regional > X.“ veröffentlicht wurde und schon dies deutlich gegen die Annahme spreche, dass der Leser davon ausgehen müsse, dass der Betreiber aller 94 Filialen für die Hygienemängel verantwortlich sei, vermag dies nicht zu überzeugen. Denn auch wenn der Leser davon ausgeht, dass es sich nur um Mängel betreffend eine X.er Filiale handele, so rechnet er diese gleichwohl der Verfügungsklägerin als vermeintlicher Betreiberin zu, wenn er nicht darüber aufgeklärt wird, dass diese Filiale durch einen Franchisenehmer betrieben wird.
36Auch der Einwand der Verfügungsklägerin, dass das Suchergebnis nicht getrennt von dem Bericht, zu dem es führe, betrachtet werden könne, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Denn zwar darf eine Zeitungsüberschrift nicht isoliert von dem dazugehörigen Zeitungsbericht betrachtet werden (BVerfG, Beschluss vom 06.09.2000 - 1 BvR 1056/95, NJW 2001, 61, 63). Zwischen der Anzeige eines Suchergebnisses in einer Internetsuchmaschine und der in Bezug genommenen Internetseite besteht jedoch kein so enger Zusammenhang wie zwischen einer Zeitungsüberschrift und dem zugehörigen Bericht. Viele Nutzer von Internetsuchmaschinen werden nicht alle ihnen angezeigten und von ihnen zur Kenntnis genommenen Suchergebnisse auch anklicken. Ein Suchergebnis ähnelt deshalb eher einer Schlagzeile auf dem Titelblatt einer Zeitung als einer gewöhnlichen Überschrift im Innenteil (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 30.11.2021 – 15 W 69/21 -, nicht veröffentlicht). Für Schlagzeilen auf dem Titelblatt einer Zeitung ist anerkannt, dass ein besonderer Leserkreis der Titelseiten- und Kioskleser besteht. Enthält eine Titelseite eine in sich geschlossene, selbständige Aussage kann diese deshalb auch ohne Rücksicht auf den Inhalt der Artikel in dem Medium angegriffen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.01.1998 - 1 BvR 1861/93 u.a., NJW 1998, 1381, 1384; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl., Kap. 4 Rn. 36).
37Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO analog.
38Streitwert für das Widerspruchsverfahren: 10.000,- €