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Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Brühl vom 12.07.2024 – 23 C 170/23 – wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
2I.
3Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung einer nach dem Gegenstandswert bemessenen Rechtsanwaltsvergütung für die vorgerichtliche Tätigkeit.
4Das Amtsgericht hat die Klage zugesprochen mit der Begründung, der Beklagte habe eine Anwaltsvollmacht unterzeichnet. Angesichts dessen habe er das Vorliegen einer aufschiebenden Bedingung zu beweisen. Diesen Beweis habe er nicht führen können.
5Zu den weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
6Mit seiner zulässigen Berufung rügt der Beklagte, dass der Kläger für das Zustandekommen des Geschäftsbesorgungsvertrages die Beweislast trage. Diesen Beweis habe er habe nicht führen können. Im Zusammenhang damit habe das Amtsgerichts auch rechtsfehlerhaft nicht alle Beweise erhoben. Im Übrigen beruft er sich auf sein erstinstanzliches Vorbringen.
7Der Berufungskläger und Beklagte beantragt,
8das Urteil des Amtsgerichts Brühl vom 12.07.2024 – 23 C 170/23 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.
9Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
10die Berufung zurückzuweisen.
11Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.
12Das Gericht hat beide Parteien persönlich angehört und die Zeugin D. vernommen. Für das Ergebnis der Anhörungen und der Zeugenvernehmung wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 13.01.2025 (Bl. 330-336 d.A.) verwiesen.
13II.
14Die Berufung ist unbegründet.
15Zwar ist das Urteil des Amtsgerichts in einem Punkt nicht frei von Rechtsfehlern. So geht es davon aus, dass der Beklagte die Beweislast für das Bestehen der aufschiebenden Bedingung trägt. Dies ist jedoch nicht richtig. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt (BGH NJW 85, 497; OLG München Endurteil v. 3.11.2016 – 8 U 2061/16, BeckRS 2016, 124373 Rn. 20), dass derjenige die Beweislast für die Unbedingtheit eines Rechtsgeschäfts trägt, der sich hierauf beruft. Die vom Amtsgericht angenommene Nichterweislichkeit der Tatsache würde sich daher zu Lasten des Klägers auswirken.
16Jedoch bleibt die Entscheidung bestehen, da das Gericht nach Durchführung der Beweisaufnahme davon ausgeht, dass der Kläger die Erteilung eines Auftrages nachgewiesen hat. Das Gericht ist nach der Beweisaufnahme und der Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen davon überzeugt, dass der Beklagte dem Kläger am Freitag, 12.05.2023, einen Auftrag ohne Vereinbarung einer Bedingung erteilt hat.
17Bei seiner Überzeugungsbildung stützt sich das Gericht maßgeblich auf die glaubhafte Darlegung des Klägers. Der Kläger konnte den Ablauf des Gesprächs nachvollziehbar und konkret schildern. Er erläuterte nachvollziehbar, dass er dem Beklagten ein selbstständiges Beweisverfahren und zuvor die Einholung von Datenauskunftsanfragen durch ihn selbst vorschlug. Danach habe er sich eine Vollmachtsurkunde und die Datenauskunftsanfragen für sein Vorgehen unterzeichnen lassen und ihm gesagt er solle wie besprochen vorgehen. Konkrete Bedingungen oder Einwände habe der Beklagte nicht erhoben. Das Gericht hält diese Darlegung für überzeugend, da sie in sich schlüssig und plausibel war. Auf Nachfragen konnte der Kläger konkret antworten.
18Zudem lässt sie sich zwanglos mit den feststehenden Umständen des Falles in Einklang bringen lässt. Der Beklagte hat eine Vollmachtsurkunde unterzeichnet. Auch hat er die Datenauskunftsanschreiben unterzeichnet. Dies belegt schon, dass insoweit die Darstellung des Klägers der Wahrheit entspricht.
19Demgegenüber hält das Gericht die Bekundungen des Beklagten nicht für glaubhaft. So hat er bekundet, er habe beim Gespräch deutlich gemacht, dass noch nichts getan werden solle, bevor Rücksprache mit seinem Versicherungsvertreter, Herrn I., genommen werden könne. Allerdings konnte er den Ablauf des Gesprächs nicht ansatzweise so nachvollziehbar schildern wie der Kläger. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Kläger schon aufgrund seines Berufs besser in der Lage sein dürfte, juristisch relevante Verhaltensweisen mündlich nachvollziehbar darzustellen. Dies erklärt jedoch nicht die folgenden Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit den Darlegungen des Beklagten.
20So besteht beim Beklagten ein deutlicher Widerspruch zu seinem eigenen schriftlichen Vortrag, da er im amtsgerichtlichen Verfahren und auch im Berufungsverfahren stets vortrug, dass vereinbart worden sei, dass die Beauftragung von der Rücksprache mit Hr. I. und von der Deckung durch die Rechtsschutzversicherung abhängen solle. In seiner mündlichen Anhörung bestätigte der Beklagte selbst jedoch, dass die Deckung durch die Rechtsschutzversicherung keine Bedingung für den Auftrag gewesen sei. Im Übrigen hatte der Beklagte diesen Einwand auch vorgerichtlich nicht geltend gemacht.
21Des Weiteren konnte der Beklagte nicht plausibel erklären, warum er eine Vollmacht unterzeichnet hat. Diese wäre überhaupt nicht notwendig gewesen, wenn er sich nur hätte beraten lassen wollen. Er erklärte dazu nur, der Kläger habe ihn überredet. Auf Nachfrage sagte er aber selbst, er sei emotional gewesen und habe Panik gehabt und der Kläger habe ihm die Vollmacht hingelegt. Von einem Überreden des Klägers konnte bei dieser Erläuterung keine Rede sein. Auch auf Nachfrage des Gerichts danach, dass auf der Vollmacht ein ausdrücklicher Passus zur Vergütungsabrede enthalten war, konnte sich der Beklagte nicht erklären, warum er das Schriftstück unterschrieben hatte. Hierbei ist hervorzuheben, dass er unterschrieben hat, „er sei darüber belehrt worden, dass […] die Gebühren vielmehr nach einem Gegenstandswert zu berechnen sind“. Der entsprechende Passus befand sich dabei unmittelbar über der Unterschriftszeile. Dies stellt ein gewichtiges Indiz gegen den Vortrag des Beklagten dar.
22Auch nicht plausibel ist es für das Gericht, wenn der Beklagte erklärt, er habe mit dem Kläger am Freitag gegen 17:00 Uhr vereinbart, dass der Kläger nichts unternehmen solle, bis sich der Versicherungsvertreter melde und dass er dann schon am Montagvormittag beim Kläger angerufen habe, um ihm mitzuteilen, dass sich der Vertreter noch nicht gemeldet habe und bei dieser Gelegenheit nochmal gesagt habe, er solle nichts tun, bis er vom Versicherungsvertreter gehört habe. Es war für alle Beteiligten klar, dass bis Montagmorgen nichts bei der Versicherung bezüglich einer internen Rücksprache passieren würde. Gleichsam ist es klar, dass Rückfragen bei einer Versicherung üblicherweise nicht innerhalb weniger Stunden geklärt werden. Es bestand also, wenn man die Version des Beklagten zugrunde legen wollte, überhaupt kein Grund beim Kläger am späten Montagvormittag anzurufen, um ihm mitzuteilen, dass noch nichts passiert sei. Auch völlig unnötig erscheint, bei dieser Gelegenheit nochmals zu betonen, dass man auf die Rücksprache warten müsse. Es hätte in dieser Situation keinerlei Anlass bestanden, daran zu zweifeln, dass sich der Kläger an die – nach Auffassung des Beklagten – klare Anweisung des Beklagten nicht mit der Tätigkeit zu beginnen, halten sollte. Dass der Beklagte es in dieser Situation nochmal betont hätte, erscheint nicht plausibel.
23Angesichts dieser Widersprüche hält das Gericht die Bekundung des Beklagten nicht für glaubhaft.
24Nichts an der Überzeugungsbildung ändern die Bekundungen der Zeugin D.. Aus eigener Anschauung kann die Zeugin zum Gespräch am Freitag nichts berichten. Soweit die Zeugin bekundet, im ersten Gespräch am Montagvormittag sei das bereits erfolgte Schreiben nicht zur Sprache gekommen, was grundsätzlich auffällig sein könnte, ist dies für das Gericht nicht entscheidend. Denn sie hat gleichsam bekundet, der Kläger habe erklärt, er befinde sich im Auto und würde sich erst später melden. Dass in einem solchen Gespräch nicht auf ein bereits erfolgtes Vorgehen verwiesen wird, erscheint völlig plausibel. Das gilt insbesondere, da zum damaligen Zeitpunkt noch keine endgültige Kündigung des Anwaltsvertrages im Raum stand. Soweit die Zeugin darauf verwies, beim zweiten Gespräch sei gesagt worden, das Schreiben habe noch nicht rausgehen sollen, sagt das nichts darüber aus, ob der Beklagte dies beim Termin am Freitag zur Bedingung machen wollte. Dass er am Montagmittag offensichtlich so dachte, dürfte unstreitig sein.
25In der Gesamtwürdigung ist für das Gericht die Beauftragung am Freitagnachmittag ohne Bedingungen nachgewiesen. Die klägerische Version ist völlig stimmig. Der Beklagte wollte einen schnellen Termin und bekam diesen. Bei diesem erläuterte ihm der Kläger sein avisiertes Vorgehen und holte direkt alle von ihm nötigen Unterlagen, nämlich die Vollmacht und die Datenselbstauskünfte, ein. Diesem Vorgehen stimmte der Beklagte zu. Es überzeugt nicht, dass der Kläger den Beklagten – wie von ihm erklärt - zur Erteilung einer Vollmacht überredet haben soll, um dann schnell für ihn handeln zu können. Wie der Kläger schon zum damaligen Zeitpunkt richtig prognostizierte, lieft alles auf ein gerichtliches Verfahren hinaus. Es ist schon nicht im Ansatz ersichtlich, welchen Anreiz der Kläger gehabt hätte, um gegen eine ausdrückliche Bitte des Beklagten sofort zu handeln. Der Beklagte war ja zu ihm gekommen. Ein Sinneswandel – wie er offensichtlich am Wochenende erfolgte – war nicht absehbar. Selbst am Montagmittag war noch nicht absehbar, dass der Beklagte schlussendlich einen anderen Rechtsanwalt beauftragen würde. Es sprach daher nichts dafür, dass der Kläger nicht sowieso eine Geschäftsgebühr verdienen würde. Letztlich wäre es auch dazu auch gekommen, hätte der Beklagte nicht einen anderen Rechtsanwalt beauftragt (was sein gutes Recht ist). Allerdings muss er in diesem Fall die finanziellen Folgen dieses Handelns tragen. Dass der Kläger in der Folge für einen überschaubaren Aufwand, eine erhebliche finanzielle Entlohnung erhält, ist Folge der gesetzlichen Regelungen.
26Auch insoweit der Beklagte mit der Berufung sich gegen die Höhe der tenorierten Forderung wendet, bleibt er damit ohne Erfolg. Die Höhe der Forderung ist – soweit sie mit der Berufung angegriffen wird – richtig bestimmt. Gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 RVG ist auch die mögliche Rückzahlung in Höhe von 84.041,32 EUR Teil der Angelegenheit gewesen und wurde daher richtigerweise vom Amtsgericht zur Bestimmung des Gegenstandswerts herangezogen. Es kam nämlich darauf an, dass auch eine mögliche Rückzahlung Teil eines möglichen gerichtlichen Verfahrens sein konnte. Bei der Abgrenzung, ob der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit auch Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte, kommt es darauf an, ob ein materiellrechtlicher Anspruch des Mandanten besteht oder bestehen könnte. Eine abschließende Schlüssigkeitsprüfung ist nicht vorzunehmen, ebenso wie es für die Möglichkeit eines gerichtlichen Verfahrens nicht auf die Zulässigkeit oder Begründetheit eines Anspruchs ankommt (Mock in: Schneider/Volpert, AnwK RVG, § 23 RVG, Rn. 28). Es kommt also nicht auf den Einwand des Beklagten an, dass die Voraussetzungen für einen negativen Feststellungsanspruch nicht vorlagen.
27Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
28Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.729,50 €