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1. Das Scraping nahezu aller Inhalte der "ARD Mediathek" und die Einbindung eines Nachbaus der "ARD Mediathek" in einer anderen Streamingplattform stellt eine unzulässige Entnahme und Weiterverwendung von wesentlichen Inhalten einer Datenbank dar.
2. In diesem Verhalten liegt jedoch kein Verstoß gegen medienstaatsvertragliche Regelungen. Dabei hält die Kammer die Regelung in § 80 Abs. 1 Nr. 3 MStV im Rahmen unionsrechtskonformer Auslegung für unanwendbar, weil sie in einem unauflösbaren Wertungswiderspruch zu urheberrechtlichen Regelungen und dazu ergangener Rechtsprechung steht.
3. Zu Markenrechtsverletzungen bei der Verwendung von Marken im Rahmen einer Streamingplattform.
4. Zur fehlenden Unlauterkeit der Nachahmung der "ARD Mediathek" durch Einbindung eines Nachbaus der "ARD Mediathek" in einer anderen Streamingplattform
I. Im Wege der
e i n s t w e i l i g e n V e r f ü g u n g
wird angeordnet:
1.
Der Verfügungsbeklagten wird es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, jeweils zu vollziehen an ihrem satzungsmäßigen Geschäftsführer
v e r b o t e n,
einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank „ARD Mediathek“, wie sie in Anlage Z. 5 dort Ziffer 1. (Bl. 239 – 262 GA) beschrieben ist, öffentlich wiederzugeben, indem sie laufend die jeweils aktuell darin enthaltenen Videos auf der Plattform „K.“ verfügbar macht wie in Tenoranlage 1.1.1. wiedergeben.
2.
Der Verfügungsbeklagten wird es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, jeweils zu vollziehen an ihrem satzungsmäßigen Geschäftsführer
v e r b o t e n,
a) im geschäftlichen Verkehr für ein eigenes Mediathek-Angebot die Bezeichnung „ARD-Mediathek“ wie in Tenoranlage 1.3.1 wiedergegeben zu nutzen,
und/oder
b) im geschäftlichen Verkehr für ein eigenes Mediathek-Angebot die Bezeichnung „Das Erste“ wie in Tenoranlage 1.3.2 wiedergegeben zu nutzen,
und/oder
c) im geschäftlichen Verkehr für ein eigenes Mediathek-Angebot die Internetadresse „entfernt“ wie in Tenoranlage 1.3.3 wiedergegeben zu nutzen.
II. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Verfahrens tragen die Verfügungsklägerinnen als Gesamtschuldnerinnen zu 56 % und die Verfügungsbeklagte zu 44 %.
Tatbestand:
2Die Verfügungsklägerinnen sind Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der öffentlichen-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland „ARD“. Sie erfüllen als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten ihren öffentlich-rechtlichen Auftrag u. a. durch lineares Fernsehen, aber auch durch ihre Telemedienangebote und hier insbesondere die ARD Mediathek. In der ARD Mediathek werden dem Publikum die Sendungen der linearen Programme sowie eigenständige audiovisuelle Inhalte auf Abruf zur Verfügung gestellt. Die ARD Mediathek ist ein unter Federführung der beim SWR angesiedelten Gemeinschaftseinrichtung „ARD Online“ veranstaltetes Angebot, das auch Zulieferungen aller Verfügungsklägerinnen enthält, wobei streitig ist wie und von wem dieses Angebot im Einzelnen finanziert wird. Die Kuratierung erfolgt durch die ebenfalls gemeinschaftlich finanzierte „Mediatheksredaktion“ der ARD Programmdirektion, geleitet von O. G. beim BR.
3Die ARD Mediathek ist die zentrale audiovisuelle Online-Plattform der Verfügungsklägerinnen. Sie enthält hunderttausende Videos, darunter viele überragend bekannte ARD-Sendungen, wie Tagesschau, Sportschau, V. uvm., wobei die Verfügbarkeit der einzelnen Videos zeitlich befristet ist und ein laufender Wechsel stattfindet. Diese große Masse an Inhalten wird dem Nutzenden durch eine Vielzahl unterschiedlicher Zugangsmöglichkeiten (z.B. Startseite, Rubrikenseiten, Empfehlungen, Sender- und Kinderbereiche) übersichtlich – auf der Basis redaktioneller Kuratierungen – zugänglich gemacht.
4Die Erstinvestitionen in die ARD Mediathek belaufen sich auf rund XXX Millionen Euro, monatlich kommen XXX Millionen Euro allein an Kosten für die technische Infrastruktur, Personal- und Betriebskosten dazu, wobei streitig ist, welche Verfügungsklägerin genau welche Finanzierungsbeteiligung hat. Die Eröffnung der verschiedensten Zugangsmöglichkeiten ist nur möglich, weil „die ARD“ erhebliche Investitionen in die zugrundeliegenden Daten getätigt hat. Die laufenden monatlichen Aufwände für Betrieb und Weiterentwicklung lagen im Jahr 2024 bei rund XXX Mio. EUR. Zu den laufenden Kosten gehören Kosten für die technische Infrastruktur und Personal- und Betriebskosten sowie Server- und Cloudkosten der Applikationen der ARD Mediathek (siehe Einzelheiten Bl. 27 GA). Nicht jedoch die Streaming- und Hosting-Kosten der Videos, diese Leistungen werden dezentral erbracht. In der vorstehend genannten Summe monatlicher Aufwände in Höhe von rund XXX Mio. EUR nicht enthalten sind die dezentral bei allen Landesrundfunkanstalten erbrachten Leistungen in Bezug auf Entwicklung, Metadaten, Kuratierung, Grafiken und die redaktionelle Betreuung ihre Channels betreffend. Nicht enthalten sind auch die Kosten für die Herstellung der audiovisuellen Inhalte und auch nicht die Rechtekosten für die Lizenzierung der Online-Rechte an den audiovisuellen Inhalten.
5Das Abspielen der Inhalte erfolgt im ARD-Player, der technische Zusatzoptionen eröffnet, wie Barrierefreiheitsoptionen (Untertitel, Gebärdensprache, etc.). Der Player ist als Einstieg in die jeweiligen Programmseiten auf der ARD Mediathek integriert.
6Die Kuratierung erfolgt nach Maßstäben der Aktualität, Ausgewogenheit in Zielgruppen und Genres, des Public Values sowie des öffentlich-rechtlichen Auftrages. Die Hauptnutzung erfolgt über die kuratierte Startseite, die den Zugang zu den verschiedenen inhaltlichen „Rubriken“ der ARD Mediathek eröffnet. Die Mediathek ist in vielerlei Hinsicht durchsuchbar und kann durch „Browsen“ erkundet werden. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Antragsschrift S. 19 ff. verwiesen.
7Die ARD Mediathek enthält zahlreiche Metadaten für das jeweilige Video, wie Sendedatum, Verfügbarkeit, Titel, Foto, Kurzbeschreibung, Senderangabe, FSK-Freigaben etc. Diese Metadaten dienen innerhalb der ARD Mediathek nicht nur der Präsentation des Videos, sondern ermöglichen und bewirken vor allem die für den Betrieb als Datenbank erforderliche Strukturierung, Gruppierung, Abfragbarkeit und Auffindbarkeit der Videos. Die Metadaten werden fortlaufend aktualisiert.
8Die Nutzung der ARD Mediathek ist kostenfrei und ohne Registrierungspflicht möglich. Nutzenden steht die Registrierung frei, um Merklisten etc. im Rahmen eines persönlichen Profils anzulegen oder einen geschützten Kinderbereich zu schaffen. Die Reichweite der ARD Mediathek geben die Verfügungsklägerinnen mit 3,5 Millionen Nutzenden täglich an.
9Technische Schutzmaßnahmen, die eine einseitige Integration der Inhalte der ARD Mediathek verhindern würden (insb. Verschlüsselung), werden von den Verfügungsklägerinnen nicht eingesetzt.
10Die ARD-Mediathek enthält nicht nur Inhalte der ARD-Anstalten, sondern z.B. auch solche des ZDF. Diese Inhalte werden in der ARD-Mediathek im Wege des „Embedding“ verlinkt. Umgekehrt werden auch die ARD-Inhalte in der ZDF-Mediathek im Wege des „Embedding“ verlinkt. Die in der ARD-Mediathek verlinkten ZDF-Inhalte werden mit dem ARD-Player wahrgenommen. Die in der ZDF-Mediathek verlinkten ARD-Inhalte werden mit dem ZDF-Player wahrgenommen. Die ARD-Inhalte sind in der ZDF-Mediathek anders dargestellt, als sie in der ARD-Mediathek dargestellt werden (für Details der Darstellungsformen wird auf S. 18 der Antragserwiderung, Bl. 1230 GA, verwiesen).
11Die Verfügungsklägerinnen sind Inhaberinnen folgender Marken:
12 I. N01, eintragen als Wortmarke „ARD“ für die Klassen 09, 14, 16, 18, 21, 25, 27, 28, 38, 41, 42 (Anmeldetag: 05.06.2002)
13 P. Y. N02 „Das Erste“, eingetragen als Wortmarke für die Klassen 38, 09, 16, 41, 42
14 P. Y. N03, eingetragen als Wort-/Bildmarke für die Klassen 38, 9, 41, 42 (Anmeldetag: 21.09.2021):
15„Bilddarstellung wurde entfernt“
16 I.: N04 „1 im Kreis im Viereck“, eingetragen als Wort-/Bildmarke für die Klassen 06, 08, 09, 11, 12, 14, 16, 18, 20, 21, 24, 25, 26, 27, 28, 30, 35, 38, 41, 42, 45 (Anmeldetag: 17.05.2013):
17„Bilddarstellung wurde entfernt“
18Die Verfügungsbeklagte bietet die Medienplattform „K.“ an. Sie ist ein Tochterunternehmen des börsennotierten Medienunternehmens ProSiebenSat.1 Media SE. Die Plattform „K.“ ist eine in Deutschland empfangbare Medienplattform, über die neben eigenen Medienangeboten des Unternehmens ProSiebenSat.1 auch Inhalte Dritter angeboten werden. Darauf befand sich zeitweise neben Live-Streams diverser Sender auch das Angebot „Mediatheken auf K.“.
19Seit mindestens dem 31.01.2025 wurden unter „Mediatheken auf K.“ auch optisch prominent zwei Bereiche angeboten, die die Verfügungsbeklagte selbst „ARD-Mediathek“ und „ZDF-Mediathek“ nennt. Hinter dem als „ARD-Mediathek“ bezeichneten Bereich verbarg sich ein von der Verfügungsbeklagten selbst zusammengestelltes, der ARD Mediathek nachempfundenes Angebot. Dieses Angebot enthielt sehr viele Videos der ARD Mediathek, wobei diese Videos jedes für sich frei verfügbar waren, d.h. auf die jedermann in Deutschland zugreifen konnte und bei denen keine technischen Schutzmaßnahmen gegen die Verlinkung bestanden .
20Die Änderung im Bestand an Videos bei der ARD Mediathek wurde beim Dienst der Verfügungsbeklagten laufend angepasst, d.h. aus der ARD Mediathek gelöschte Medien verschwanden bei der Verfügungsbeklagten und neu bei der ARD Mediathek eingestellte Medien wurden bei der Verfügungsbeklagte verfügbar.
21Die Verfügungsbeklagte verwendete auf ihrer Plattform Logos, Bezeichnungen und Titel der Verfügungsklägerinnen. Beispiele dafür sind ARD, ARD Mediathek, Das Erste, V., N., C., Q. und L.. ARD Inhalte über K. waren über Internetsuchmaschinen mit entsprechender URL der Verfügungsbeklagten auffindbar.
22Die Verfügungsbeklagte crawlte das Webangebot der Verfügungsklägerinnen in kurzen zeitlichen Intervallen, um möglichst viele Inhalte der Verfügungsklägerinnen in der eigenen Plattform anbieten zu können.
23Bei der „ARD Mediathek auf K.“ wurden auch Metadaten (z.B. Vorschaubilder, FSK-Informationen, Daten zu DarstellerInnen etc.) zu den einzelnen Videos dargestellt, wobei hier Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind. Zum Teil stammten diese aus der ARD Mediathek, wobei Einzelheiten dazu streitig sind. Sofern diese Metadaten von dem Dienst „ARD-Foto“ stammen, wurden die Bilder durch die Verfügungsbeklagte nach erfolgreicher Registrierung auf ardfoto.de manuell heruntergeladen und auf die erforderlichen Maße des Dienstes der Verfügungsbeklagten angepasst. Zur Kennzeichnung der Quelle wurde ein Copyright-Hinweis in die Bilder eingefügt. Der Zusatz „Adobe Firefly“ kennzeichnete in Ausnahmefällen den Einsatz künstlicher Intelligenz, sofern aus technischen Gründen eine Veränderung der Bilddatei notwendig war. Ähnlich lief der Vorgang bei der Integration von Metadaten über lizenzierte Drittanbieter ab.
24Das Angebot der Verfügungsbeklagten unterschied sich in der konkreten Kuratierung, Platzierung und Gruppierung der Videos von der ARD Mediathek. Die Metadaten wurden bei der Verfügungsbeklagten zum Teil nicht embeddet, sondern physisch übernommen, d. h. kopiert und (teils mit Automatismen) bearbeitet und dann über die Infrastruktur der Verfügungsbeklagten publiziert.
25Eine werbefreie und vollständige Nutzung der Plattform „K.“ wird von der Verfügungsbeklagten kostenpflichtig angeboten, dazu ist ein monatliches Abo für einen Preis von derzeit 6,99 EUR abzuschließen. Ein eingeschränkter Teil des Angebots ist auch ohne kostenpflichtiges Abo, dafür aber werbefinanziert verfügbar. Die streitgegenständlichen Inhalte der ARD Mediathek waren im kostenpflichtigen und im nichtkostenpflichtigen Bereich zugänglich. Das Angebot der Verfügungsbeklagten erreichte im Januar 2025 täglich 750.000 Nutzende.
26Im Angebot der Verfügungsbeklagten wird ein eigener „K.-Player“ zur Wiedergabe der Videos aus der ARD Mediathek verwendet, dem gewisse Funktionen des ARD-Players fehlen.
27Bei Nutzung des Dienstes der Verfügungsbeklagten und bei Klick auf das Start-Dreieck „Play“ bei einem „ARD-Inhalt“ wird auf dem Endgerät des Nutzenden der K.-Player aufgerufen, der dann den Inhalt aus der ARD Mediathek (d.h. als Deeplink) in diesem K.-Player auf den Webseiten oder Apps der Verfügungsbeklagten darstellt und den Inhalt für den Nutzer des Dienstes der Verfügungsbeklagten wahrnehmbar macht. Für Einzelheiten des Aufbaus und der Funktion der Plattform der Verfügungsbeklagten wird auf die Antragsschrift (S. 29 ff., Bl. 31 ff. GA) bzw. auf die Antragserwiderung (S. 20 f., Bl. 1232f. GA) verwiesen. Einzelheiten, insbesondere zum Abruf aus dem Server der ARD Mediathek sind zwischen den Parteien im Detail streitig.
28In „Transparenzhinweisen“ auf der K.-Webseite fand sich folgende Angabe (Anlage LLR5 Bild 35, Bl. 295):
29„Die Inhalte der öffentlich-rechtlichen Mediatheken (z.B. ARD, ZDF, etc.) werden von K. im Wege des sog. Embeddings dargestellt. Nutzer greifen beim Abruf dieser Inhalte über K. direkt auf die jeweilige Mediathek zu. Änderungen bei Inhalten auf diesen Mediatheken sind entsprechend auch bei Nutzung über K. wirksam. In der Darstellung der Mediathekenübersicht von K. sind die Mediatheken von ARD und ZDF zusätzlich aufgrund ihrer Relevanz grafisch abgesetzt.“
30Im Impressum verweist die Verfügungsbeklagte auf die inhaltliche Verantwortlichkeit der TV-Veranstalter. Dort heißt es: „Live-TV und Video on Demand Inhalte der TV-Veranstalter werden durch die jeweiligen nachfolgenden TV-Veranstalter zur Verfügung gestellt.“
31Der Betreiber des jeweiligen Players kann die Nutzung durch die Konsumenten von Medien wesentlich umfangreicher erfassen und erfasste Nutzungsdaten tiefgehender und detaillierter auswerten, als eine reine Serverlog-Auswertung es ermöglicht. Die Methode der Verfügungsbeklagten bedeutet für die Verfügungsklägerinnen einen Verlust an Nutzungsdaten. Der Betreiber des Players hat die Möglichkeit, dem Nutzer personalisierte Inhalte anzubieten.
32Durch die Verwendung der Streaming-Infrastruktur und des CDN-Dienstleisters der Verfügungsklägerinnen beim Abspielen von ARD Mediatheksinhalten im K.-Player auf den K.-Seiten und -Apps müssen die Streamingkosten von den Verfügungsklägerinnnen getragen werden. Durch die regelmäßige Aktualisierung der K.-Bibliothek an den Endpunkten der Verfügungsklägerinnen fällt zudem eine gewisse Last an ihrer Infrastruktur an.
33Die streitgegenständliche Integration der non-linearen Inhalte aus der ARD Mediathek durch die Verfügungsbeklagte im Wege des „Embedding“ im K.-Player erfolgte ohne Vereinbarung mit den Verfügungsklägerinnen und gegen deren erklärten und der Verfügungsbeklagten auch bekannten Willen.
34Dabei gibt es ein von den Verfügungsklägerinnen angebotenes Distributionsmodell wie folgt: Die ARD Mediathek als Gesamtangebot wird auf verschiedensten Drittplattformen (SmartTVs, gerätebasierte und App-basierte Medienplattformen etc.) zur Verfügung gestellt. Das Modell ermöglicht den Nutzenden von Drittplattformen zum einen den Direkteinstieg über das App-Icon, zum anderen, über Vorschaubilder und Metadaten Einzelinhalte aus der ARD Mediathek in der Oberfläche der Drittplattform zu suchen und zu finden. Bei Aufruf des Einzelinhalts auf der Oberfläche der Drittplattform erfolgt dessen Abspielung dann unmittelbar in der ARD Mediathek-App, die damit mit allen Funktionalitäten und Kuratierungen den Nutzenden als öffentlich-rechtliches Gesamtangebot zugänglich ist. Nach dem Abspielen des gewählten Einzelinhalts befinden sich die Nutzenden weiterhin in der ARD Mediathek. Dort werden ihnen thematisch passende Inhalte der Mediathek der Verfügungsklägerin angeboten. Sofern die Nutzenden diese Angebote nicht wahrnehmen möchten, gelangen sie auf einfache Weise (“Zurück”-Button) wieder auf die Oberfläche der Drittplattform.
35Zur Umsetzung dieses Modells erhalten die Distributionspartner neben dem Link zur ARD Mediathek selbst Metadaten über einen Metadatenfeed. Hierbei verpflichten sie sich, die Bedingungen der AGB Metadaten einzuhalten. Ziff. 3.13. der AGB Metadaten lautet:
36„Die bereitgestellten Metadaten dürfen nicht dazu genutzt werden, ARD-Angebote aus dem redaktionellen Zusammenhang und der technischen Bereitstellung durch die ARD herauszulösen. Insbesondere ist jenseits der Verlinkung die Integration von ARD-Angeboten in betreibereigenen Diensten (wie z. B. Channels, Portalen, Websites, Anwendungen oder Mediatheken) nicht gestattet. Für den Zugang zu verlinkten Inhalten der ARD dürfen beim Endnutzer keine Entgelte erhoben werden.“ (siehe Anlage Z. 12)
37Dieses Distributionsmodell wird seit z. T. über 10 Jahren mit den im deutschen Markt relevanten Streamingplattformen praktiziert. Zu diesen Plattformen zählen u. a. U. J., A. X., R./W. und T. TV, B. TV, H. TV, F. Q und F. Stream.
38Ein über dieses Modell hinausgehendes „Embedding“ von (Einzel-)Inhalten aus der ARD Mediathek, bei denen die Nutzenden nicht in die ARD Mediathek als redaktionelles Gesamtangebot geleitet werden, wird kommerziellen Medienplattformen von den Verfügungsklägerinnen nicht gestattet. Es wird aber dem ZDF gestattet, das dies wiederum den Verfügungsklägerinnen für ZDF-Inhalte gestattet.
39Inhalte, deren Verweildauer in der ARD Mediathek abgelaufen ist, die dort also nicht mehr angeboten werden, werden von sog. „Verwertungstöchtern“ der Verfügungsklägerinnen verwertet, so etwa der „ARD Plus GmbH“, ein Tochterunternehmen der WDR mediagroup GmbH (WDRmg), die wiederum Verwertungstochter des Verfügungsklägers WDR ist. An solchen Inhalten hat auch die Verfügungsbeklagte Lizenzen erworben; es besteht eine „Inhalte-Kooperation“, siehe Pressemitteilung von ProSiebenSat.1 über K. vom 30.01.2025, Anlage Z. 6. Solche Inhalte sind hier nicht gegenständlich. Das gilt auch für die Weitersendung der linearen TV-Programme der Verfügungsklägerinnen im Rahmen von § 20b UrhG auf der Plattform „K.“, die die Verfügungsklägerinnen der Verfügungsbeklagten seit 2019 gestatten.
40Neben den vorstehenden vertraglichen Verbindungen stehen die Parteien miteinander im Austausch, u.a. über die Einbindung der ARD Mediathek bei K.. Im Zuge dieser Verhandlungen erfolgte eine intensive Diskussion über den Freigabeprozess und zu den Marketingregelungen. Hierbei thematisierte die Verfügungsbeklagte die Nutzung von Metadaten über Metadatendienstleister mit dem Ziel, keinen Zustimmungserfordernissen der Verfügungsklägerinnen bei der Nutzung von Material, das über Metadatendienstleister bezogen wird, zu unterliegen. Am 03.12.2024 schlug die Verfügungsbeklagte diesbezüglich eine Formulierung für eine Vertragsklausel vor (Bl. 1459 GA). Dies wurde seitens der Verfügungsklägerinnen abgelehnt. Am 08.01.2025 erfolgte eine Verständigung auf folgende Formulierung (Anlage Z. 16):
41„Alle Werbe-, Marketing-, Kommunikations-, Empfehlungs-, Programmankündigungs-(on-und/oder off-platform) oder auch PR-Maßnahmen durch den Plattformbetreiber, bei denen ARD-Programmangebote (inkl. Inhalte) oder Marken der ARD in Bild oder Wort Erwähnung finden, bedürfen der vorherigen Zustimmung der ARD.“
42Ergänzend hat die Verfügungsbeklagte den AGB Metadaten der ARD zugestimmt. Den Verfügungsklägerinnen wurde am 10.02.2025 die unterzeichnete Fassung dieser AGB Metadaten übermittelt. Diese enthalten in Ziff. 3.13 die folgende Formulierung (Anlage Z. 16a):
43„Die bereitgestellten Metadaten dürfen nicht dazu genutzt werden, ARD-Angebote aus dem redaktionellen Zusammenhang und der technischen Bereitstellung durch die ARD herauszulösen. Insbesondere ist jenseits der Verlinkung die Integration von ARD-Angeboten in betreibereigenen Diensten (wie z. B. Channels, Portalen, Websites, Anwendungen oder Mediatheken) nicht gestattet.“
44Im Rahmen mehrerer Gespräche mit der Verfügungsbeklagte auf unterschiedlichen Ebenen wurde der Verfügungsbeklagten eine Integration der ARD Mediathek in der Weise angeboten, wie sie auch anderen Anbietern ermöglicht wird (siehe Anlage Z.18). Die Verfügungsbeklagte hat dieses Modell abgelehnt. Die ARD hingegen hat ein „Embedding“ mehrfach in Gesprächen auf unterschiedlichen Ebenen abgelehnt (Anlage Z.19). Es kam zu weiterer E-Mail Korrespondenz, auf die inhaltlich verwiesen wird (Anlage Z.20-23).
45Am 30.01.2025 kündigte die Verfügungsbeklagte gegenüber den Intendantinnen und Intendanten der Verfügungsklägerinnen eine Beta-Testphase des „Embeddings“ der ARD Mediathek durch die Verfügungsbeklagte auf „K.“ an. Mindestens seit dem 31.01.2025 waren die Inhalte der Verfügungsklägerin auf der Plattform der Verfügungsbeklagten integriert.
46Die Verfügungsklägerinnen mahnten die Antragsgegnerin mit anwaltlichem Schreiben vom 05.02.2025 ab (Anlage Z.26). Diese Abmahnung wurde von der Verfügungsbeklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 12.02.2025 zurückgewiesen (Anlage Z.27). Die Integration der Inhalte der ARD Mediathek wurde gegen den ausdrücklichen Willen der Verfügungsklägerinnen seit dem 12.02.2025 bis zum 05.03.2025 fortgesetzt.
47Die Verfügungsbeklagte wurde außerdem vom ZDF am 13.02.2025 und von Arte am 14.02.2025 wegen des „Embeddings“ derer Mediatheken bei K. abgemahnt.
48Das „Embedding“ der Verfügungsbeklagten hat dazu geführt, dass Geschäftsführer von VoD-Kunden der ARD-Verwertungstöchter (etwa während der Berlinale) signalisiert haben, dass sie von weiteren Lizenzierungen von ARD-Inhalten mit Mediathekenverfügbarkeit Abstand nehmen werden und auch den Weg des „Embeddings“ nutzen möchten.
49Die Allianz Deutscher Produzentinnen und Produzenten - Film, Fernsehen und Audiovisuelle Medien e.V. hat ihre Sorgen und Befürchtungen angesichts des Verhaltens der Verfügungsbeklagten über ein Schreiben an die Bundesländer vom 25.02.2025 zum Ausdruck gebracht (Anlage Z.36), wobei die Parteien über die Deutung des Inhaltes streiten.
50In der mündlichen Verhandlung erstmals thematisiert worden ist, dass es auf gewissen marktüblichen Endgeräten, insbesondere unstreitig bei Smart-TV Geräten des Herstellers A. mit dem Betriebssystem Tizen – im Übrigen im streitigen Umfang –, nicht möglich ist, vom Angebot K. zum streitgegenständlichen Angebot der Verfügungsklägerinnen zu verlinken, wie diese es der Verfügungsbeklagten angeboten haben. Eine derartige Verlinkung wird von beispielsweise A. technisch unterbunden, wobei auf AGB-Klauseln verwiesen wird. Der Inhalt entsprechender AGB-Klauseln ist streitig. Die Verfügungsklägerinnen trugen in Reaktion hierauf unbestritten vor, dass diese Problematik bekannt ist, an Lösungen gearbeitet wird, solche getestet werden und dieses Vorgehen der Verfügungsbeklagten ebenfalls angeboten worden ist (im Übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen, siehe Bl. 1544 GA, für den Text der AGB-Klausel Anlage AG 30).
51Die Verfügungsklägerinnen behaupten, dass der K.-Player auf die Video-Dateien der ARD-Server zugreift. Dass die Verfügungsbeklagte die Inhalte vom Server der Verfügungsklägerin abspiele, sei ersichtlich aus den Abruf-URLs der Videos selbst. Die URLs entsprächen 1:1 den URLs in der Datenbank der ARD Mediathek, die auch für alle berechtigten Abspielstellen in der ARD (ARD Mediathek, Sportschau, Tagesschau, Angebote der einzelnen Antragstellerinnen, Kika, etc.) verwendet werden. Erkennbar sei ganz vorn in der URL der jeweilige “Kundenbereich” des CDN-Dienstleister S..
52Die Verfügungsklägerinnen behaupten weiter, dass die Einführung technischer Schutzmaßnahmen gegen das „Embedding“ ihrer Mediatheksinhalte zu zusätzlichen Investitionen und Aufwänden führen und Risiken beim Ausspielen der ARD Mediathek (z.B. über ältere Geräte) hervorrufen würde. Die Verfügungsklägerinnen müssten aufgrund ihrer besonderen Netzwerkstruktur mit zahlreichen unterschiedlichen und untereinander vernetzten Telemedienangeboten große technische Hürden und Risiken berücksichtigen. Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten seien Methoden, die serverseitig regulieren, wer Inhalte abrufen darf, zwar relativ einfach eingerichtet, aber ebenso einfach zu umgehen. Die Verfügungsbeklagte mit ihrem Proxyserver würde solche Methoden, wären sie eingerichtet, bereits jetzt umgehen. Auch andere einfache Prüfungsmechanismen und Skripte, bei denen ein statischer Dauerschutzmechanismus bspw. über statische User-Passwort-Authentifizierung wirkt, hätten nur symbolische Wirkung. Etwas wirksamer wäre die sog. Token Authentifizierung. Sie wäre gleichzeitig aber auch aufwendiger, kostenintensiver und risikobehafteter. Ein Risiko bestehe darin, dass die „Landkarte“ der „legitimen“ Ausspielwege unvollständig ist und die Verfügungsklägerinnen versehentlich ein Produkt wie bspw. ARD Webseiten oder eine Nachrichten-App einer Landesrundfunkanstalt ausschließen könnten.
53Sie behaupten, dass die ARD Mediathek gemeinschaftlich von allen Verfügungsklägerinnen finanziert worden sei und diese fortlaufend von ihnen gemeinschaftlich finanziert werde. Die Kosten würden grundsätzlich nach einem internen Schlüssel umgelegt. Daneben trage die Verfügungsklägerin zu 8) als für ARD Mediathek und ARD Audiothek federführende Rundfunkanstalt üblicherweise noch einen Sockelbetrag an Personal- und Honorarmitteln. Sie verweist für die interne Verteilung der Kosten der ARD gesamt bzw. der ARD Mediathek zwischen den einzelnen Landesrundfunkanstalten auf die Anlagen Z.3, Z.32 und Z.33, auf deren Inhalt wiederum verwiesen wird.
54Sie behaupten, dass in dem „Mediathek-Nachbau“ auf K. sehr viele Metadaten aus der ARD Mediathek übernommen worden seien (teils aber auch fremde und unzutreffende Daten, siehe dazu S. 32 f. der Antragsschrift, Bl. 34 f. GA). Es mache den Anschein, dass diese Metadaten zum Teil von den Verfügungsklägerinnen erlangt wurden – und zwar einerseits durch Abgreifen der Metadaten aus der ARD Mediathek und andererseits über ARD Foto. Dies gelte insbesondere für Vorschaubilder, was erkennbar an der URL-Struktur der übernommenen Bilddateien sei (siehe Einzelheiten auf Bl. 41 GA).
55Zum Teil schienen die Metadaten aber auch von Drittanbietern, sog. Metadatendienstleistern, z.B. E., zu stammen. Drittanbieter sind Metadatendienstleister, deren Geschäft in der Aufbereitung von Metadaten liegt. Diese erhalten von der ARD über das Playout Center (POC), einer Gemeinschaftseinrichtung der Verfügungsklägerinnen, eine Vielzahl von sog. „Plandaten“, z.B. Titelinformationen, Inhaltsinformationen, Daten zur Altersfreigabe (FSK), Informationen über die Sendezeit und Online-Informationen. Voraussetzung der Bereitstellung der Metadaten ist, dass die Metadatendienstleister den Metadaten-AGB zustimmen. Aus Ziffern 3.1.5 und 3.5 dieser AGB ergeben sich gewissen Nutzungseinschränkungen (siehe Bl. 42 GA, Anlage Z. 15a).
56Die Verfügungsklägerinnen behaupten weiter, dass Marken bzw. Titel der ARD im für die Nutzenden nicht sichtbaren Bereich des Angebots der Verfügungsbeklagten verwendet würden, was einen Vorteil bei Internetsuchmaschinen bringe.
57Die Verfügungsklägerinnen sind der Ansicht, dass eine Verletzung ihres Rechts als Datenbankherstellerinnen gemäß §§ 87a ff. UrhG vorliege wegen der Integration der Video-Inhalte der ARD Mediathek in die K.-Mediathek (Antrag 1.1.1) sowie wegen der Nutzung ihrer Metadaten für eben diese Zwecke (Antrag 1.1.2). Ihnen stehe insoweit ein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch zu. Sie meint in diesem Zusammenhang, dass die Verlinkungsrechtsprechung des EuGH zur öffentlichen Wiedergabe für die Verwertung von Werken im Bereich des Datenbankherstellerrechts per se nicht anwendbar sei. Für die Annahme eines Datenbankherstellerrechts und der Verletzung desselben bedürfe es keines Refinanzierungsinteresses. Wirtschaftlich bedrohe das einseitige “Embedding” direkt die Verwertungserlöse aus kommerziellen “Kooperationen” der Verwertungstöchter der Verfügungsklägerinnen. Die Herstellereigenschaft werde bereits nach §§ 87b Abs. 2, 10 Abs. 1 UrhG vermutet, da die Verfügungsklägerinnen im Impressum der Seiten als die Verantwortlichen genannt werden. Im Übrigen verhandelt die Verfügungsbeklagte seit Jahren konkret und ausschließlich mit den neun Verfügungsklägerinnen über eine Berechtigung zur Nutzung der ARD Mediathek. Vor diesem Hintergrund erscheine es unverständlich, wenn die Verfügungsbeklagte nun Zweifel daran anführt, ob ggf. noch weiteren Rundfunkanstalten Rechte an der ARD Mediathek zustehen könnten.
58Sie meinen außerdem, dass ein Verstoß der Verfügungsbeklagten gegen § 80 MStV wegen der unzulässigen inhaltlichen und technischen Veränderung sowie der unzulässigen Vermarktung ihrer rundfunkähnlichen Telemedien bzw. Teilen davon vorliege (Antrag zu 1.2). Dagegen habe sie einen Unterlassungsanspruch nach §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB iVm § 80 MStV. Die Auslegung des MStV sei nicht durch das Urheberrecht determiniert, sondern habe autonom zu erfolgen.
59In der unzulässigen Nutzung verschiedener geschützter Marken bzw. Unternehmenskennzeichen der Verfügungsklägerinnen liege zudem eine Markenrechtsverletzung, die ebenfalls Unterlassungsansprüche begründe (Antrag zu 1.3). Die Marken verfügten angesichts der Bekanntheit des ARD über erheblich gesteigerte Kennzeichnungskraft. Die Verfügungsbeklagte benutze diese Marken entgegen § 14 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 MarkenG, indem sie die identischen oder nahezu identischen Marken für ihren eigenen „K.-ARD Mediathek-Nachbau“ nutze, also für eine Dienstleistung, die identisch zu der von den Marken der Verfügungsklägerinnen erfassten Dienstleistung sei. Die Anwendung von § 23 MarkenG als Einwendung der Verfügungsbeklagten scheitere an der nicht dargelegten Erforderlichkeit.
60Im Übrigen liege eine unlautere Nachahmung der ARD Mediathek durch die Verfügungsbeklagte gem. § 4 Nr. 3 UWG vor, woraus wiederum ein Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG folge (Antrag zu 1.4). Die Parteien seien Mitbewerber. Die ARD Mediathek sei mehr als ein Sammelsurium von Videos und habe deshalb wettbewerbliche Eigenart. Bei der ARD Mediathek handele es sich um eine Dienstleistung mit der erforderlichen wettbewerblichen Eigenart, sogar mit einem besonders hohen Grad an wettbewerblicher Eigenart wegen der redaktionell kuratierten Zusammenstellung von Angebotsinhalten. Es liege eine Nachahmung vor, die zudem nach § 4 Nr. 3 lit. a) - c) UWG unlauter sei.
61Das zwischen den Verfügungsklägerinnen und dem ZDF vereinbarte und sich im Aufbau befindliche Streamingnetzwerk beruhe auf medienrechtlichen Vorgaben (Details in der „Replik“, S. 3, Bl. 1409 GA). Die Verfügungsbeklagte könne aus dieser Zusammenarbeit von öff.-rechtl. Rundfunkanstalten keine Rechtfertigung für die eigenen zustimmungslosen Handlungen folgern.
62Die Verfügungsklägerinnen machen die vier vorgenannten Rechte mit ihren Antragskomplexen 1.1 – 1.4 unabhängig voneinander und kumulativ zueinander geltend. Auch die Einzelanträge innerhalb eines Blocks sind kumulativ gestellt. Bei den Komplexen 1.1. und 1.2 stehen die Einzelanträge zudem im „und/oder“ Verhältnis.
63Der Verfügungsgrund folge aus der zeitlichen Dringlichkeit nach Kenntnisnahme der Ankündigung des sog. „Beta-Tests“ durch die Verfügungsbeklagte am 30.01.2025, jedoch auch aus einer Interessenabwägung.
64Die Verfügungsklägerinnen beantragen,
651. der Verfügungsbeklagten wird es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, jeweils zu vollziehen an ihrem satzungsmäßigen Geschäftsführer
66verboten,
671.1 (Datenbankherstellerrecht, §§ 87a ff. UrhG)
681.1.1.
69die ARD Mediathek öffentlich wiederzugeben, indem sie laufend – ganz oder teilweise – die jeweils aktuell darin enthaltenen Videos auf der Plattform „K.“ verfügbar macht wie in Tenoranlage 1.1.1. wiedergeben;
70und / oder
711.1.2.
72die ARD Mediathek zu vervielfältigen und/oder öffentlich wiederzugeben, indem sie laufend – ganz oder teilweise – die jeweils aktuell darin enthaltenen Metadaten zu den Videos (Titel, Begleittexte, Altersempfehlung/FSK-Einordnung, Vorschaubilder, Topbilder, Genre, Copyright-Angaben, URL der Videorohdaten) auf der Plattform „K.“ verfügbar macht, wie in der Tenoranlage 1.1.2 wiedergeben;
731.2 (§ 80 Abs. 1 MStV)
741.2.1.
75die ARD Mediathek (ganz oder teilweise) zu vermarkten, indem sie Videos daraus auf der Plattform „K.“ verfügbar macht, wie in Tenoranlage 1.2.1 wiedergeben;
76und/oder
771.2.2.
78die ARD Mediathek inhaltlich zu verändern, indem sie Videos daraus auf der Plattform „K.“ in abweichender Anordnung, abweichender Priorisierung, abweichender Kategorisierung, abweichender Nutzerführung und/oder unter Anzeige anderer Metadaten (einschließlich Vorschaubilder) verfügbar macht, wie in Tenoranlage 1.2.2 wiedergeben;
79und/oder
801.2.3.
81die ARD Mediathek technisch zu verändern, indem sie Videos daraus auf der Plattform „K.“ über einen anderen Video-Player als den ARD-Media-Player verfügbar macht, wie in Tenoranlage 1.2.3 wiedergeben;
821.3 (Kennzeichenrechtliche Ansprüche, §§ 14, 15 MarkenG)
83im geschäftlichen Verkehr für ein eigenes Mediathek-Angebot
841.3.1 die Bezeichnung „ARD-Mediathek“ wie in Tenoranlage 1.3.1 wiedergegeben,
851.3.2 das Zeichen „Bilddarstellung wurde entfernt“ wie in Tenoranlage 1.3.2 wiedergegeben,
861.3.3 die Internetadresse „K..de/ard“ wie in Tenoranlage 1.3.3 wiedergegeben,
87zu verwenden;
881.4 (§ 4 Nr. 3 UWG)
89auf der Plattform „K.“ laufend die in der jeweils aktuellen ARD Mediathek enthaltenen Videos (ganz oder teilweise) unter Angabe von Titel, Beschreibung sowie Vorschaubildern verfügbar zu machen, wie in der Tenoranlage 1.4 wiedergeben.
90In der mündlichen Verhandlung hat die Verfügungsklägerin nach Hinweis der Kammer den Verfügungsantrag zu Ziffer 1.3 zurückgenommen, soweit dieser sich auf Unionsmarken stützte. Im Übrigen haben die Verfügungsklägerinnen das Verhältnis der markenrechtlichen Ansprüche klargestellt: Der Antrag zu 1.3.1 wird hauptsächlich gestützt auf die deutsche Y. „ARD Mediathek“, hilfsweise auf den Werktitel ARD Mediathek und hilfsweise dazu auf das Unternehmenskennzeichen ARD. Der Antrag zu 1.3.2 wird ausschließlich auf die deutsche Y. „Das Erste“ gestützt, der Antrag zu 1.3.3 wird nur auf das Unternehmenskennzeichen „ARD“ gestützt.
91Die Verfügungsbeklagte beantragt,
92den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
93Die Verfügungsbeklagte behauptet, dass die Einrichtung von technischen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung des „Embedding“ für die Verfügungsklägerinnen nicht mit Aufwand verbunden sei. Solche Maßnahmen ließen sich vielmehr einfach implementieren. Dass technische Schutzmaßnahmen möglich sind, ist unstreitig geblieben; dass diese leicht umgangen werden könnten, stellt die Verfügungsbeklagte in Abrede. Die Verfügungsbeklagte werde technische Schutzmaßnahmen, wenn sie denn errichtet würden, respektieren.
94Der Vortrag der Verfügungsklägerin, dass die Verfügungsbeklagte Inhalte vom Server der Verfügungsklägerin abspiele, sei falsch. Die Verfügungsbeklagte spiele überhaupt nichts ab. Allein die Nutzer riefen die verlinkten Inhalte auf und spielten diese auf ihren Endgeräten ab.
95Sie stellt den Vorgang des Abspielens von ARD Mediatheksinhalten im K.-Player wie folgt dar:
96„(i) Auf dem Endgerät des Nutzers wird der „K.“-Player, eine Software zum Abspielen von Videos, gestartet.
97(ii) In diesem „K.“-Player wird das verlinkte Video abgerufen, d.h. das Endgerät des Nutzers ruft das Video aus der ARD-Mediathek ab und gibt es am Bildschirm des Endgeräts wieder.
98(iii) Die Wiedergabe erfolgt so wie das verlinkte Video in der ARD-Mediathek zum Abruf bereitgehalten wird. Inhalte, die nicht Teil des verlinkten Videos sind, werden daher nicht mit abgerufen und dementsprechend auch nicht wiedergegeben.
99(iv) Eine Zwischenspeicherung des abgerufenen Videos findet allenfalls auf dem Endgerät des Nutzers oder auf dem Übertragungsweg zwischen der ARD-Mediathek und dem Endgerät des Nutzers statt, jedoch weder durch noch im Bereich der Antragsgegnerin.“
100Das Embedding erfolge – sofern nicht ohnehin frei verfügbares Material verwendet wird – aus technischen Gründen über einen speziell dafür eingerichteten Proxyserver. Dieser Proxyserver finde sich in der AWS-Cloud und diene als Vermittler zwischen den ARD-Servern und der „K.“-Plattform. Der Proxyserver nehme die ARD-Bilder und Metadaten vom ARD-Server und leite sie an die Verfügungsbeklagte weiter, indem er sie über den „K.“-Hostnamen „entfernt.de“ ausliefert. Der Proxyserver verändere die Bilder nicht und speichere sie auch nicht in der „K.“-Datenbank. Er sorge lediglich dafür, dass die Bilder von der ARD korrekt und schnell an die Verfügungsbeklagte weitergegeben werden. Dieser Vorgang entspreche der klassischen Verlinkung in Form des „Embedding“, wie sie etwa bei einem iFrame oder Direktlink erfolgt.
101Dieses Vorgehen entspreche auch den gängigen Branchenstandards und werde beispielsweise auch von ARD-Anstalten und ZDF genutzt, etwa durch den Einsatz von CDN-Dienstleistern (Content Delivery Networks – dezentrale Servernetzwerke, wie beispielsweise S.).
102Die Verfügungsbeklagte binde in bestimmten Fällen frei verfügbares Material (z. B. „ARD-Fotos“) oder über Drittanbieter lizenzierte Inhalte ein. In diesen Fällen sei ein Embedding nicht erforderlich, da die Einbindung direkt auf „K.“ erfolgt.
103Sie bestreitet, dass den Verfügungsklägerinnen durch das „Embedding“ Schäden oder Nachteile entstünden.
104Zum Vorwurf übernommener Metadaten wendet sie ein, dass der Vortrag der Verfügungsklägerinnen pauschal und unzutreffend sei. Eine Übernahme von Metadaten aus der ARD Mediathek erfolge nicht. Zu den Inhalten aus der ARD Mediathek würden bei „K.“ insbesondere Vorschaubilder verlinkt, soweit diese nicht von Dritten lizenziert und daher selbst gespeichert und öffentlich zugänglich gemacht werden. Klicken die „K.“-Nutzer auf die Vorschaubilder, würden die verlinkten Inhalte aus der ARD-Mediathek auf das Endgerät des Nutzers abgerufen. Inhalte, die nicht Teil des verlinkten Videos sind, würden nicht mit abgerufen und dementsprechend auch nicht wiedergegeben.
105Es erfolge keine inhaltliche Veränderung der ARD Mediathek in ihrer Struktur, insbesondere nicht durch die Anzeige der Mediathek geordnet nach den einzelnen „Dritten Programmen“. Diese Trennung lasse sich gleichfalls in der ARD Mediathek finden und anzeigen. Soweit technisch möglich, würden Kuratierung, Platzierung und Gruppierung der Inhalte aus der ARD-Mediathek vollständig übernommen. In Ausnahmefällen erfolge eine abweichende Kuratierung, d.h. eine Auswahl und Anordnung zum betreffenden Thema, jedoch nur, soweit sie erforderlich sei, um die Inhalte der ARD-Mediathek von denen der „K.“-Plattform zu trennen und den redaktionellen Interessen gerecht zu werden.
106Ein Nutzer-Tracking erfolge zwar, dieses werde indes nicht kommerziell ausgewertet. Die einzige relevante Nutzung erfolge zugunsten der ARD-Mediathek, indem über das AGF-Tracking Reichweite auch dann zugunsten der ARD-Mediathek gewertet wird, wenn sie über die Verlinkung bei „K.“ generiert wird.
107Die pauschale Behauptung der Verfügungsklägerinnen, die Verfügungsbeklagte würde zahlreiche Marken und Titel „auf ihrer Plattform“ und „im nicht sichtbaren Bereich des Angebots der Antragsgegnerin“ verwenden, sei in ihrer Pauschalität und Unbestimmtheit nicht einlassungsfähig. Die Markennutzung sei dem „Embedding“ immanent. Sie diene lediglich der Kennzeichnung der Inhalte der Verfügungsklägerin in Abgrenzung zu den eigenen Inhalten der Verfügungsbeklagte. Es erfolge keine Manipulation von Suchmaschinenergebnissen.
108Sie behauptet, dass die streitgegenständlichen Marken der Verfügungsklägerinnen keine besondere Bekanntheit aufwiesen. Deshalb meint sie, diese Marken hätten keine besondere Kennzeichnungskraft.
109Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, dass die Verfügungsklägerinnen kein Datenbankherstellerrecht hätten. Es sei schon unklar, wer Rechteinhaber sein soll. Die Stellung als Sendeunternehmen mache die Verfügungsklägerinnen nicht gleichzeitig zum Datenbankhersteller. Der Vortrag dazu, welche Verfügungsklägerin welche Investitionen getätigt haben soll, sei unsubstantiiert. Welche der ARD-Anstalten im Zusammenhang mit der ARD-Mediathek als Datenbank welche Aufwendungen getätigt haben soll, werde nicht vorgetragen. § 8 UrhG sei im Rahmen des Datenbankherstellerrechts nicht anwendbar. Auch sei die Rolle der Deutschen Welle innerhalb der ARD nicht verständlich vorgetragen, weshalb mangels der Verfahrensbeteiligung der Deutschen Welle der Verfügungsantrag keinen Erfolg haben könne.
110Ein Datenbankherstellerrecht bestehe aber schon aus materiellen Gründen nicht, weil dazu ein Refinanzierungsinteresse erforderlich, hier jedoch nicht gegeben sei. Die Verfügungsklägerinnen sind rundfunkgebührenfinanziert und müssten gar keine Refinanzierung vornehmen, was sich auch an der Kosten- und Werbefreiheit der ARD Mediathek zeige.
111Es mangele auch an einem Eingriff in das Datenbankherstellerrecht. Soweit die Verfügungsklägerinnen auf die EuGH-Rechtsprechung Bezug nehmen und im Rahmen einer Interessenabwägung eine Rechtsverletzung herleiten wollen, verfange dies nicht. Die Verfügungsklägerinnen könnten mit einfachen Mitteln technische Schutzmaßnahmen implementieren und das „Embedding“ der Verfügungsbeklagten sofort unterbinden. Dieser Umstand wiederum sei nach der Rechtsprechung von BGH und EuGH ein maßgeblicher Aspekt, der hier die Interessenabwägung zugunsten der Verfügungsbeklagten ausfallen ließe. Die Verfügungsbeklagte habe ein Interesse an der freien Marktbetätigung mit frei verfügbaren Medien. Im Übrigen sei die Rechtsprechung des EuGH zur Verlinkung von Werken auf das Datenbankschutzrecht sui generis zu übertragen. Es liege dieselbe Interessenlage vor. Die Rechtsprechung fordere auch keine effektiven Schutzmaßnahmen, sondern lediglich die Errichtung solcher als klares und leicht verständliches Signal.
112Die Verfügungsbeklagte bestreitet insgesamt die Aktivlegitimation der Verfügungsklägerinnen und zwar neben den oben geäußerten Bedenken an der Datenbankherstellereigenschaft auch betreffend die übrigen mit Anträgen 1.2 – 1.4 geltend gemachten Unterlassungsansprüche.
113Es liege auch kein Verstoß gegen den MStV vor. Dabei sei zunächst der Vorrang des Unionsrechts zum „Embedding“ bzw. zur Verlinkung zu beachten. Dies könne nicht durch nationale Regelungen unterlaufen werden. Die §§ 78, 2 Abs. 2 Ziffer 14 lit. b MStV seien auf die ARD-Mediathek schon nicht anwendbar. Auch § 80 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Ziffer 13 MStV sei auf die ARD-Mediathek nicht anwendbar. Es fehle an einem vom Anbieter bestimmten Gesamtangebot im Sinne von § 2 Abs. 2 Ziffer 13 MStV. Die Voraussetzungen von § 80 Abs. 1 Ziffern 1 und 3 MStV seien nicht erfüllt. Beim „Embedding“ fehle es sowohl an einer Zulieferung als auch an einer Übernahme von Inhalten. Die Verfügungsbeklagte wendet ein, dass die Verfügungsklägerinnen selbst bei anderen Plattformen wie M. Medien zur Verfügung stellen.
114In Kürze trete § 30d Abs. 2 MStV-E in Kraft (siehe Anlage AG29 oder im Volltext: https://rundfunkkommission.rlp.de/fileadmin/rundfunkkommission/Dokumente/ReformStV/Synopse_ReformStV_MPK_Beschlussfassung_2024-10-25_Clear.pdf, S. 46, zuletzt abgerufen am 04.04.2025). Hieraus folge ein Gebot der Zusammenarbeit der Verfügungsklägerinnen mit privaten Anbietern, wobei das Embedding ausdrücklich exemplarisch genannt werde. Es bestehe demnach ein politischer Wille dahingehend, dass das hier streitgegenständliche Modell in Zukunft durchgeführt werde. Das anstehende Inkrafttreten dieser Norm stehe dem Erfolg des Verfügungsantrags entgegen, spätestens im Rahmen der Prüfung des Verfügungsgrundes.
115Es liege keine Markenrechtsverletzung vor. Jedenfalls sei die Nutzung durch § 23 MarkenG erlaubt.
116Es liege auch kein UWG-Verstoß vor. Die Parteien seien schon keine Mitbewerber. Der ARD-Mediathek fehle auch die wettbewerbliche Eigenart. Es mangele an einer Nachahmung, diese sei jedenfalls nicht unlauter.
117Weiter sei die Grundrechtsbindung der Verfügungsklägerinnen gegenüber der Verfügungsbeklagten als Privatunternehmen zu beachten.
118Die Verfügungsbeklagte erhebt den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung aus dem angeblichen Verbotsrecht der Verfügungsklägerinnen gemäß § 242 BGB (sog. Orange Book-Einwand). Die Verfügungsklägerinnen und das ZDF sowie Arte würden koordiniert und kartellrechtswidrig gegen die Verfügungsbeklagte vorgehen.
119Es mangele an einem Verfügungsgrund. Dies ergebe schon eine Interessenabwägung. Die Verlinkung der Inhalte aus der ARD-Mediathek bei „K.“ trügen zur Verbreitung der verlinkten Inhalte bei. Dies fördere die Erfüllung des gesetzlichen Verbreitungsauftrags der Verfügungsklägerinnen und sei daher vorteilhaft für diese, nicht nachteilig. Die Verfügungsklägerin hätten es jahrelang geduldet, dass eine vergleichbare Nutzung wie jene aktuelle durch die Verfügungsbeklagte von anderen Marktteilnehmern vorgenommen werde, z.B. „VR.“, „MB.“ (zuvor „UY.“) und „entfernt.com“.
120Sie meint, dass eine etwaige einstweilige Verfügung jedenfalls nur gegen Sicherheitsleistung durch die Verfügungsklägerin gemäß § 921 Satz 2 ZPO möglich sei. Sie beantragt, eine entsprechende Sicherheitsleistung anzuordnen.
121Entscheidungsgründe:
122Der zulässige Verfügungsantrag ist zum Teil begründet.
123I. Zulässigkeit
124Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist mit den zuletzt gestellten Anträgen zulässig.
1251. Das Landgericht Köln ist zuständig. Dies folgt in sachlicher und örtlicher Hinsicht aus §§ 23, 71 GVG; § 140 Abs. 1 MarkenG, § 14 Abs. 1 und Abs. 2 S. 2 UWG, § 32 ZPO und soweit keine ausschließlichen Zuständigkeiten bestehen aus § 39 ZPO.
1262. Die Verfügungsanträge sind auch hinreichend bestimmt gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Alle Anträge nehmen zur Konkretisierung auf konkrete Verletzungsformen Bezug und sind demnach mit Blick auf das beanstandete Verhalten der Verfügungsbeklagten klar abgrenzbar, sodass die Verfügungsbeklagte sich hinreichend verteidigen konnte und auch keine Sachprüfung unzulässigerweise in die Zwangsvollstreckung verlagert wird. Mit Blick auf die eigenen Schutzgegenstände lässt sich der Verfügungsvortrag zur Auslegung heranziehen, sodass auch insoweit bei den Anträgen zu 1.1 keine unbestimmte Angabe in der Bezeichnung „ARD Mediathek“ zu erkennen ist. Die Verfügungsklägerinnen machen eindeutig klar, dass sie sich auf das Datenbankherstellerrecht berufen, worum sich auch der maßgebliche schriftsätzliche Vortrag dreht. Entsprechendes gilt für den Antrag zu 1.2, wobei hier die „ARD Mediathek“ im Kontext der medienstaatsrechtlichen Vorschriften hinreichend konturiert werden kann. Auch der Antrag 1.4 stützt sich auf die „ARD Mediathek“, was sich wiederum mit Blick auf die Antragsbegründung im lauterkeitsrechtlichen Kontext hinreichend auslegen lässt. Alles Weitere ist Frage der Begründetheit der Anträge.
127Mit Blick auf markenrechtliche Ansprüche haben die Verfügungsklägerinnen jedenfalls in der mündlichen Verhandlung – nach Teilrücknahme aller Ansprüche, die sich auf Unionsmarken stützen sollten – die Reihenfolge der Prüfung der nationalen markenrechtlichen Schutzgegenstände im Haupt- und Hilfsverhältnis fixiert (vgl. BGH GRUR 2011, 521 – TüV I; GRUR 2011, 1043 – TÜV II).
128Abschließend steht auch die Verwendung von abstrakten gesetzlichen Begriffen, insbesondere bei der angegriffenen Handlungsweise in Antrag zu 1.1, der hinreichenden Bestimmtheit nicht entgegen. Dabei ist die Bezugnahme auf hinreichend geklärte gesetzliche Begriffe, was regelmäßig bei den klar konturierten urheberrechtlichen Verwertungsrechten gegeben ist, zulässig. Sodann obliegt dem Gericht die rechtliche Bewertung, ob das angegriffene Verhalten dem Rechtsbegriff entspricht. In diesem Zusammenhang haben die Verfügungsklägerinnen auf Hinweis der Kammer auch den begehrten Angriffsumfang für den Verfügungsantrag zu 1.1.1 klargestellt mit Verweis auf die Rechtsbegriffe der europäischen Datenbank-Richtlinie.
129II. Begründetheit
130Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist teilweise begründet.
1311. Verfügungsgrund
132Der notwendige Verfügungsgrund für die Geltendmachung der Unterlassungsansprüche ist gegeben.
133Dieser folgt für die markenrechtlichen Ansprüche aus § 140 Abs. 3 MarkenG und für die lauterkeitsrechtlichen Ansprüche aus § 12 Abs. 1 UWG. Die Verfügungsklägerinnen haben die Anspruchsdurchsetzung gegen das durch die konkrete Verletzungsformen gekennzeichnete Verhalten hinreichend dringlich betrieben und jedenfalls binnen eines Monats ab Kenntnisnahme durch Einreichung dieses Verfügungsantrags gerichtlich verfolgt. Dabei geht die Kammer mit Blick auf die konkreten Streitgegenstände von der Maßgeblichkeit des 30.01.2025 als Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Verfügungsklägerinnen aus. Die vorhergehende Korrespondenz mag allenfalls eine Erstbegehungsgefahr ausgelöst haben, was nicht entschieden werden muss. Denn ein auf Wiederholungsgefahr gestützter Anspruch ist ein anderer Streitgegenstand als ein solcher, der sich auf Erstbegehungsgefahr stützt.
134Die einstweilige Verfügung setzt neben dem Verfügungsanspruch auch einen Verfügungsgrund voraus. Dabei ist für die Anträge zu 1.1 und 1.2 zu prüfen, ob eine Dringlichkeit besteht. Diese wird – insbesondere im urheberrechtlichen Bereich – nicht aufgrund analoger Anwendung des § 12 Abs. 1 UWG vermutet, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Die Dringlichkeit ergibt sich nicht schon daraus, dass eine Wiederholungsgefahr besteht. Die Beurteilung der Frage, ob ein Verfügungsgrund anzunehmen ist, erfolgt daher im Rahmen einer einzelfallorientierten Interessenabwägung. Häufig ist ein wirksamer Schutz der Urheberrechte des Rechtsinhabers nur durch ein kurzfristiges Unterlassungsgebot zu erreichen. Aus diesem Grund ist ein Eilbedürfnis regelmäßig anzunehmen, wenn weitere Verletzungshandlungen drohen. Allerdings muss die Prüfung der Notwendigkeit der einstweiligen Verfügung auch berücksichtigen, ob wesentliche Nachteile drohen und die einstweilige Verfügung notwendig ist. In diesem Rahmen sind die sich gegenüberstehenden Belange der Parteien zu berücksichtigen. Dass eine einstweilige Verfügung erforderlich ist, ist vom Antragsteller darzulegen und erforderlichenfalls glaubhaft zu machen. Soweit sich im Rahmen des Verfügungsverfahrens schwierige Rechtsfragen stellen, spricht dies nicht grundsätzlich gegen den Erlass einer einstweiligen Verfügung und kann allenfalls im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden. Soweit ein Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt werden kann, kann dies allerdings gegen den Erlass einer einstweiligen Verfügung sprechen. Im Rahmen der Interessenabwägung ist auf der Seite der Antragstellerin – wie dargelegt – im Ausgangspunkt deren Interesse an einem wirksamen Rechtsschutz zu berücksichtigen, weil die erfolgten Verletzungen nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Auf der Seite der Antragsgegnerinnen ist zu berücksichtigen, welche Nachteile durch die Vollziehung der einstweiligen Verfügung drohen. Ein besonders hoher Schaden kann etwa ins Gewicht fallen. Auch kann zu berücksichtigen sein, dass der Antragsgegner dringend auf die zu untersagende Nutzung angewiesen ist (OLG Köln, ZUM-RD 2023, 21, 28 – Berliner Runde mwN).
135Nach diesen Grundsätzen ist ein Verfügungsgrund anzunehmen. Zunächst haben die Verfügungsklägerinnen die Anspruchsdurchsetzung – wie oben bereits festgestellt – hinreichend dringlich betrieben. Entscheidend im Rahmen der Interessenabwägung ist dabei für die Kammer, dass anhand der unstreitigen Vorgeschichte zu diesem Verfahren eine konkrete Gefahr der Wiederholung des „Embeddings“ der ARD Mediathek durch die Verfügungsbeklagte besteht. Dies folgt schon daraus, dass die Verfügungsbeklagte trotz bestehender vertraglicher Vereinbarungen mit den Verfügungsklägerinnen bzw. deren verbundenden Unternehmen zu linearem Sendesignal, zu Metadaten oder auf dem Zweitverwertungsmarkt sowie laufender Kommunikation zur hier gegenständlichen Verlinkung der ARD Mediathek eigenmächtig und entgegen des klar geäußerten Willens der Verfügungsklägerinnen den „Beta-Test“ des „Embeddings“ der ARD Mediathek bei K. vorgenommen hat. Dieses Verhalten bedroht das von den Verfügungsklägerinnen ständig angebotene Verlinkungsmodell, das mit anderen Unternehmen am Markt praktiziert wird, das die Verfügungsbeklagte jedoch nicht umsetzen möchte oder kann. Insoweit ist unstreitig geblieben, dass andere Unternehmen den Verfügungsklägerinnen gegenüber angekündigt haben, dem Vorbild der Verfügungsbeklagten zu folgen. Insofern ist das Interesse der Verfügungsklägerinnen an einer zeitnahen rechtlichen Bewertung des angegriffenen Verhalten schwerwiegend. Hinzu kommt, dass jedenfalls mit Blick auf den Antrag zu 1.1 eine ausschließliche Rechtsposition der Verfügungsklägerinnen im Streit steht, die grundsätzlich eine Ausschließung Dritter von der Verwertung erlaubt, was hier auch vorgerichtlich so deutlich kommuniziert worden ist. Eine Verweisung auf einen Rechtsstreit in der Hauptsache steht demnach der effektiven Rechtsdurchsetzung entgegen.
136Dagegen wiegen die Interessen der Verfügungsbeklagten, wie sie sie in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, nicht gleich schwer und überwiegen die Interessen der Verfügungsklägerinnen jedenfalls nicht.
137Zunächst ist der Einwand nicht durchgreifend, dass die Verfügungsklägerinnen durch Errichten technischer Schutzmaßnahmen das Verhalten der Verfügungsbeklagten faktisch unterbinden können. Dieser Aspekt ist für die nachfolgende materiell-rechtliche Prüfung von Bedeutung und zu erörtern. Im Rahmen des Verfügungsgrundes ist es jedoch die freie Entscheidung der Verfügungsklägerinnen, ob sie ihr grundsätzlich frei verfügbares und frei verlinkbares Angebot als solches aufrechterhält und stattdessen eine rechtliche Klärung herbeiführt. Dabei ist auch zu beachten, dass die Verfügungsklägerinnen substantiiert vorgetragen haben, dass die Einführung wirksamer technischer Schutzmaßnahmen mit Kosten, Aufwand und etwaigen technischen und organisatorischen Nachteilen für die Verfügungsklägerinnen und ihren angebundenen verbundenen Unternehmen etc. verbunden wäre. Insoweit erscheint die Anrufung eines Gerichts zur rechtlichen Klärung eines offensichtlichen rechtlichen Dissens der Parteien als geeignet und zweckmäßiger zur Streitbeilegung als die Schaffung faktischer Barrieren, wobei das Ob und das Wie ersichtlich ebenfalls streitbefangen sind.
138Weiterhin ist der Einwand der Verfügungsbeklagten nicht durchgreifend, dass die Verlinkung der Inhalte aus der ARD-Mediathek bei „K.“ zur Verbreitung der verlinkten Inhalte beiträgt. Dies mag zwar aus Sicht der Verfügungsbeklagten die Erfüllung des gesetzlichen Verbreitungsauftrags der Verfügungsklägerin fördern. Die Kammer erkennt hierin jedoch entgegen des Vortrags der Verfügungsbeklagten nicht nur Vorteile für die Verfügungsklägerinnen. Wie oben schon dargelegt, ist ein festgestellter Nachteil für die Verfügungsklägerinnen das drohende Ende ihres aktuell durchgesetzten Lizenzierungsmodells am Markt. Im Übrigen haben die Verfügungsklägerinnen unbestritten vorgetragen, dass ihnen mit der Nutzung der Serverkapazitäten der Verfügungsklägerinnen durch die K.-Nutzer bzw. zum regelmäßigen Scraping der Inhalte Nachteile entstehen, die durch keinerlei Vorteile aufgewogen wird.
139Soweit die Verfügungsbeklagte einwendet, dass die Verfügungsklägerinnen selbst Inhalte in sozialen Medien, etwa M., platzieren und sie illegale Streamingangebote mit ihren Inhalten duldet, erscheint auch dies nicht überzeugend. Denn zunächst erscheint ein Interesse der Verfügungsbeklagten dahingehend, eine Art „Gleichheit im Unrecht“ mit Marktteilnehmern aus dem Bereich der Urheberrechtspiraterie zu erreichen, grundsätzlich als nicht schützenswert. Soweit sie Inhalte bei M. referenziert, stellt sich der Sachverhalt maßgeblich anders dar, weil M. ersichtlich nicht aktiv die Inhalte der Verfügungsklägerinnen scrapt und eigenen Nutzern zu „pusht“. Wenn die Verfügungsklägerinnen ihrerseits eigene Kanäle in sozialen Medien mit ihren Inhalten bespielen, ist dies gleichwohl Ausprägung ihrer eigenen Rechtsmacht, die keinen Anspruch der Verfügungsbeklagten auf Vornahme ihres hier angegriffenen Verhaltens rechtfertigt.
140Richtigerweise erkennt auch die Verfügungsbeklagte, dass die Beendigung der „Beta-Phase“ und damit die freiwillige Einstellung der angegriffenen Verhaltensweise nach Einreichung des Antrags, den Verfügungsgrund nicht entfallen lässt (siehe zu diesem Aspekt auch OLG Köln, ZUM-RD 2023, 21, 29 – Berliner Runde). Regelmäßig folgt auch einem „Beta-Test“ ein „Produktlaunch“ oder Ähnliches, sodass allein aus der von der Verfügungsbeklagten genutzten Terminologie eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Wiederholung des „Embeddings“ folgt. Dass der „Beta-Test“ faktisch für alle Nutzer der K.-Plattform die Inhalte der ARD Mediathek vollständig verfügbar macht, lässt jedoch generell die genutzte Terminologie euphemistisch erscheinen. Faktisch war für eine nicht unerhebliche Zeit der Leistungsumfang an die K.-Kunden erhöht. Hinzu kommt, dass die Verfügungsbeklagte, was auch in der mündlichen Verhandlung durch die anwesenden Parteivertreter deutlich gemacht worden ist, grundsätzlich an ihrer Rechtsansicht festhält, dass ihr Verhalten nicht rechtsverletzend war und sie zudem noch ein dringendes Bedürfnis an genau dieser Art des Embeddings vorgetragen haben. Aus dieser Position lässt sich ebenfalls eine latente Wiederholungsgefahr folgern.
141In diesem Zusammenhang hat die Kammer auch die in der mündlichen Verhandlung behandelte Thematik der technischen Schwierigkeiten des Verlinkungsmodells der Verfügungsklägerinnen bei A. TV-Geräten mit dem Betriebssystem Tizen in die Entscheidung einbezogen. Jedoch erscheint auch hier im Ergebnis das eigenmächtige und alle Plattformen, Geräte und Apps umfassende Verhalten der Verfügungsbeklagten als exzessiv. Denn wenn sich die Problematik mit der von A. vertraglich und faktisch nicht erlaubten „Herausverlinkung“ so stellt, wie von der Verfügungsbeklagten behauptet, was hier im Ergebnis nicht aufgeklärt werden muss, so stellt sich die Frage, wieso die Verfügungsbeklagte den „Beta-Test“ dann nicht auf diese betroffenen Geräte zunächst beschränkt hat. Ein solches eingeschränktes Verhalten der Verfügungsbeklagten wäre in einer Interessenabwägung sicherlich zu gewichten gewesen. Die unterschiedslose Anwendung des „Embedding“ hingegen geht mit einer grundsätzlichen Ignoranz gegenüber den Verfügungsklägerinnen, ihrer Rechtsposition und ihren Argumenten einher, die in der Interessenabwägung final zu Lasten der Verfügungsbeklagten geht.
142Demnach drohen der Verfügungsbeklagten durch die Vollziehung der einstweiligen Verfügung keine erheblichen Nachteile. Denn ihr wird im Wesentlichen nur eine Ausgestaltungsvariante der Einbindung von freien Inhalten der Verfügungsklägerinnen untersagt und sie behält einen Handlungsspielraum. Ein (besonders hoher) Schaden für die Verfügungsbeklagte ist nicht zu erkennen, da sie im Wesentlichen in ihrer Entfaltung im Wettbewerb der Streaminganbieter unbelastet bleibt. Dass die Verfügungsbeklagte dringend auf die zu untersagende Nutzung angewiesen ist, ist ebenfalls nicht zu erkennen, weil die Einbindung der Inhalte der Verfügungsklägerin zwar fördernd für das Produkt „K.“ sein mag, jedoch nicht notwendig zur Entfaltung auf dem Markt.
143Schlussendlich kann die Diskussion um einen ggf. in Zukunft in Kraft tretenden § 30d MStV nF nichts an der vorstehenden Interessenabwägung ändern. Unabhängig von der Auslegung der aktuell noch nicht geltenden Norm, die zwischen den Parteien jetzt schon streitig ist, kann diese aktuell noch keine Wirkung entfalten und ist deshalb an dieser Stelle zum Entscheidungszeitpunkt unbeachtlich.
1442. Verfügungsanspruch
145Den Verfügungsklägerinnen stehen für einen Teil ihrer Anträge Unterlassungsansprüche zu. Zum Teil hat der Antrag keinen Erfolg.
146a) Antrag zu 1.1 (Datenbankherstellerrecht) - Antrag zu 1.1.1 (Videoinhalte)
147Die Verfügungsklägerinnen haben nach dem im einstweiligen Verfügungsverfahren anzulegenden Maß der Glaubhaftmachung einen Unterlassungsanspruch aus §§ 97 Abs. 1, 87a, 87b Abs. 1 S. 1 UrhG gegen die Verfügungsbeklagte wegen der in der Tenoranlage zu 1.1.1 ersichtlichen urheberrechtlich relevanten Nutzung.
148aa) Bei der ARD Mediathek handelt es sich um eine Datenbank, an der ein Datenbankschutzrecht sui generis gem. § 87a UrhG, besteht.
149Datenbank im Sinne von § 87a Abs. 1 UrhG ist eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert. Eine in ihrem Inhalt nach Art oder Umfang wesentlich geänderte Datenbank gilt als neue Datenbank, sofern die Änderung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert. Diese Definition steht im Einklang mit Art. 7 Abs. 1 der RL 96/9/EG (DatenbankRL).
150Die ARD Mediathek wie sie die Verfügungsklägerinnen in ihrem Verfügungsantrag sowie im weiteren schriftsätzlichen Vortrag darstellen, insbesondere wie sie in Anlage Z. 5 dort Ziffer 1. (Bl. 239 – 262 GA) beschrieben ist, fällt unter diese Definition. Es handelt sich um eine Sammlung von Werken (mit Blick auf die Filmwerke oder Laufbilder) bzw. von vielfältigen Daten, etwa der Sammlung von Deeplinks zu den Werken, aber auch der Sammlung von Metadaten. Diese Werke und Daten sind systematisch bzw. methodisch angeordnet, was ausführlich unter dem Stichwort „Kuratierung“ dargestellt wird, und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel zugänglich. Das ergibt sich ohne Weiteres aus der Beschreibung der Mediathek im Vortrag der Verfügungsklägerinnen und aus der jederzeit für jedermann möglichen Inaugenscheinnahme derselben. Die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung der Werke und Daten hat auch eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert. Dabei ist im Ergebnis unstreitig geblieben, dass die Erstellung der ARD Mediathek ca. XXX Mio. EUR gekostet hat und monatlich weitere XXX Mio. EUR kostet. Streitig ist allein, wer diese Kosten aufgewandt hat bzw. trägt.
151Soweit die Verfügungsbeklagte in ihren Schriftsätzen die Ansicht vertritt, es handele sich tatsächlich um eine Vielzahl einzelner Datenbanken der einzelnen Verfügungsklägerinnen, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus dem eigenen Vortrag der Verfügungsklägerinnen, den die Verfügungsbeklagte etwa mittelbar aus dem Vortrag von Nachteilen durch die Errichtung technischer Schutzmaßnahmen schließt. Dies ergibt sich auch nicht etwa daraus, dass die in Anlage Z. 5, dort unter Ziffer 6. (Bl. 308 ff GA), ersichtlichen Request-URLs auf verschiedene Domains der verschiedenen Landesrundfunkanstalten oder von „Das Erste“ verweisen. Denn selbst eine bloße Liste von Links kann schon für sich betrachtet eine Datenbank darstellen (LG Köln, ZUM-RD 2000, 304). Bei einer solchen einfachen Linkliste handelt es sich bei der ARD Mediathek hingegen nicht, weil zu jedem verlinkten Inhalt eine Vielzahl von Informationen und jeweils Vorschaubilder ersichtlich sind bzw. ansteuerbar sind.
152Eine Datenbank gem. §§ 87a ff. UrhG ist strikt von den Elementen ihres Inhaltes zu trennen (Dreier/Schulze/Dreier UrhG § 87a Rn. 3). Demnach kommt es gerade nicht darauf an, ob die einzelnen Inhalte der Datenbank in Form von verschiedenen Werken oder verschiedenen Deeplinks oder Metadaten ggf. von verschiedenen Verfügungsklägerinnen oder sonstigen Unternehmen erstellt, gehostet oder sonst wie gepflegt werden. Entscheidend ist, dass sich bei Aufruf der ARD Mediathek als Webseite oder über Apps ein einheitliches Angebot darstellt, in dem ohne Verlassen dieser Mediathek der Zugriff zu allen verfügbaren Inhalten eröffnet ist. Dies macht die ARD Mediathek jedenfalls für sich gesehen zu einer einheitlichen Datenbank. Ob diese Datenbank wiederum aus mehreren „Unterdatenbanken“ besteht, ist nicht entscheidend, wobei auch solche Teildatenbanken ggf. eigenständigen Schutz haben könnten, was hier aber weder entschieden werden kann noch muss. Dieser Befund wird allerdings faktisch dadurch bestätigt, dass die Verfügungsbeklagte die „zentrale“ ARD Mediathek scraped und nicht etwa eine Vielzahl von Mediatheken der einzelnen Verfügungsklägerinnen.
153Im Gegenteil besteht die Leistung der Verfügungsklägerinnen mit der ARD Mediathek gerade (auch) darin, die Vielzahl der Inhalte und Daten der einzelnen Verfügungsklägerinnen auszuwählen, an einem zentralen Ort zu bündeln und für Nutzende bequem und einfach abrufbar zu machen. Dies bedarf offensichtlich einer nicht unerheblichen Organisation und damit einhergehend der Finanzierung. Dieser Leistung steht der Datenbankherstellerschutz offen. Dabei geht es auch nicht um Kosten zur Erstellung der Inhalte der Datenbank an sich, also der Filmwerke bzw. Laufbilder, sondern um die Zusammenfassung dieser Werke, die in verschiedenen Stellen digital vorgehalten werden, in einer für Nutzende ansprechenden und benutzungsfreundlichen Mediathek.
154bb) Die Verfügungsklägerinnen sind nach dem im einstweiligen Verfügungsverfahren maßgeblichen Glaubhaftmachungsmaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit auch alle gemeinsam als (Mit-)Datenbankherstellerinnen gem. §§ 87a Abs. 2, 87b UrhG aktivlegitimiert.
155Nach § 87a Abs. 2 UrhG ist Datenbankhersteller im Sinne dieses Gesetzes derjenige, der die Investition im Sinne des Absatzes 1 vorgenommen hat. Dies steht im Einklang mit Erw.gr. 41 S. 2 der DatenbankRL, wonach Hersteller einer Datenbank die Person ist, die die Initiative ergreift und das Investitionsrisiko trägt.
156(1) Insoweit erkennt die Kammer vorliegend keine gesetzliche Vermutung zugunsten der Verfügungsklägerinnen. Diese verweisen auf §§ 87b Abs. 1 iVm § 10 Abs. 1 UrhG und meinen ihre Angabe im Impressum begründe die Vermutung ihrer Rechtsinhaberschaft. Dazu wird wiederum auf OLG Köln, ZUM-RD 2014, 433, 436, verwiesen.
157Dieses Urteil und den dortigen Fall hält die Kammer jedoch nicht für übertragbar. Das hiesige Impressum der ARD Mediathek in Anlage Z.1 lässt sich nach Ansicht der Kammer schon nicht dahingehend auslegen, dass hiermit ein (Urheber-) Rechtsvermerk für Datenbankwerke oder Datenbankherstellerrechte formuliert wird. Dort werden allerlei Verantwortlichkeiten beschrieben, aber keine „Urheberschaft“ oder Datenbankherstellereigenschaft.
158(2) Dennoch sind die Verfügungsklägerinnen als (Mit-)Datenbankhersteller anzusehen.
159Die Verfügungsbeklagte wendet dabei im Übrigen ein, dass der Vortrag zu konkreten Investitionen im Innenverhältnis der Verfügungsklägerinnen nicht vorgetragen werde und unsubstantiiert sei. Dieser Einwand greift im Ergebnis nicht durch.
160Originärer Inhaber des Schutzrechts nach §§ 87 a ff. UrhG ist gemäß Abs. 2 der Datenbankhersteller, d.h. in gebotener weiter Auslegung diejenige natürliche oder juristische Person, die die wesentlichen Investitionen vornimmt und das organisatorische und wirtschaftliche Risiko trägt, welches der Aufbau und der Betrieb einer Datenbank mit sich bringt. Datenbankhersteller ist demnach diejenige nicht notwendig gewerblich tätige natürliche oder juristische Person bzw. dasjenige Unternehmen, welches die einschlägigen Finanzierungs-, Beschaffungs- und Personalverträge im eigenen Namen und für eigene Rechnung schließt, die Nutzungsrechte an den in die Datenbank aufgenommenen Werken und Leistungen in seiner Hand vereinigt und/oder andere unabhängige Elemente zum Zwecke der Eingabe in eine Datenbank von Datenbasenherstellern, Informationsbrokern oder sonstigen Anbietern von Daten oder anderem Informationsgut erwirbt. Datenbankhersteller können auch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Justizverwaltungen sein, die auf Grund gesetzlichen Auftrags amtliche Register aufbauen und unterhalten (Schricker/Loewenheim/Vogel, 6. Aufl. 2020, UrhG § 87a Rn. 71ff. mwN).
161Diese Anforderungen erfüllen nach überwiegender Wahrscheinlichkeit alle Verfügungsklägerinnen gemeinsam. Es ist eine grundsätzliche organisatorische und finanzielle Arbeitsteilung zu erkennen, die eine gemeinsame Rechtsstellung entstehen lässt.
162Zur Glaubhaftmachung der gemeinschaftlichen Investitionen aller Verfügungsklägerinnen reicht der Kammer dabei im Ausgangspunkt bereits die Anlage Z.3 aus. Dort wird geregelt, welche Verfügungsklägerin welchen Prozentsatz der Kosten des ARD zu tragen hat (Bl. 211 GA). Das gilt angesichts fehlender Einschränkungen auch für die Kosten der Mediathek in der Vergangenheit und Gegenwart. Im Übrigen ist der Kammer aus anderen Rechtsstreitigkeiten betreffend die Verfügungsklägerinnen bzw. der ARD bekannt, dass eine generelle Rundfunkfinanzierung, die Verteilung der Gebühren nach bestimmten Schlüsseln und die gemeinsame Kostentragung für das Gemeinschaftsprogramm ARD besteht (vgl. etwa Kammerurteil vom 01.08.2024 – 14 O 59/22, ZUM-RD 2024, 602). Die Verfügungsklägerinnen haben außerdem die Anlagen Z.32 und 33 vorgelegt zur weiteren Glaubhaftmachung von Kostenbeiträgen der einzelnen Landesrundfunkanstalten. Es ist weder etwas dafür vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass die ARD Mediathek abweichend davon nur von einer einzelnen Rundfunkanstalt oder einem bestimmten Unternehmen betrieben und finanziert wird.
163Dass auch in organisatorischer Hinsicht eine Arbeitsteilung besteht, zeigt sich nicht zuletzt an der vorgerichtlichen Korrespondenz der Parteien, indem von Seiten der „ARD“ darauf hingewiesen worden ist, dass mit dem Jahreswechsel 2024/2025 der Vorsitz vom SWR auf den HR gewechselt hat (vgl. etwa Anlage Z. 23).
164Es ist kein sinnvolles Argument ersichtlich, wieso eine derartige Kooperation wie bei der ARD vom Zugang zum Leistungsschutzrecht aus § 87a UrhG ausgeschlossen sein soll.
165(3) Die Verfügungsklägerinnen sind auch in rechtlicher Hinsicht als Mitrechteinhaberinnen anzusehen und als solche aktivlegitimiert zur Durchsetzung des hier geltend gemachten Unterlassungsanspruchs. Dabei hält die Kammer es für eine nicht regelungsbedürftige Selbstverständlichkeit, dass mehrere Personen gemeinsam Inhaber des Leistungsschutzrechtes aus § 87a ff. UrhG sein können. Demnach bedurfte es weder durch den europäischen Richtliniengeber, noch durch den deutschen Gesetzgeber einer konkreten Regelung dazu. Einen e contrario Schluss dahingehend, dass die fehlende Regelung für das Datenbankherstellerrecht so zu verstehen sei, dass Rechteinhaber nur eine einzigen Person sein kann, hält die Kammer für nicht vertretbar. Dies wird ersichtlich so auch von keiner Stimme in der Literatur vertreten. Im Gegenteil:
166Beruht eine Datenbank auf der Investitionsleistung mehrerer Hersteller, die sämtliche wesentlichen Entscheidungen gemeinsam treffen und das wirtschaftliche Risiko gemeinsam tragen, richtet sich ihr rechtliches Verhältnis im Hinblick auf die von ihnen erstellte Datenbank nach den getroffenen Vereinbarungen. Meist werden sie als Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach §§ 705 ff. BGB organisiert und damit Datenbankhersteller nach § 87 a Abs. 2 in gesamthänderischer Bindung sein; zumindest aber wird eine Bruchteilsgemeinschaft nach § 741 BGB vorliegen (Schricker/Loewenheim/Vogel, 6. Aufl. 2020, UrhG § 87a Rn. 75 mwN; KG ZUM 2001, 70, 72). Es wird auch vertreten, dass § 8 UrhG analog anzuwenden ist (Fromm/Nordemann/Czychowski, 13. Aufl. 2024, UrhG § 87a Rn. 26; Dreier/Schulze/Dreier, 8. Aufl. 2025, UrhG § 87a Rn. 21), wozu auch die Kammer – wie in der mündlichen Verhandlung angedeutet - neigt. Die konkrete dogmatische Festlegung kann hier dahinstehen, weil die Verfügungsklägerinnen jedenfalls als Mitberechtigte Unterlassungsansprüche gegen Externe geltend machen können.
167(4) Die Rundfunkgebührenfinanzierung steht der Annahme des Datenbankherstellerrechts der Verfügungsklägerinnen nicht entgegen. Die Annahme der Rechtsinhaberschaft beruht allein auf der organisatorischen Beteiligung und der Vornahme der Investition wie zuvor dargestellt. Die Qualifikation als Datenbankhersteller ist hingegen unabhängig davon, aus welchen Quellen der Rechteinhaber sich finanziert (siehe OLG München, ZUM-RD 2019, 464, 464, zur Bodenrichtwertsammlung der Stadt München, mit Verweis auf BGH, ZUM 2007, 136 Rn. 10 – Bodenrichtwertsammlung). Demnach ist es auch im hiesigen Fall bei der Prüfung der Aktivlegitimation ohne Belang, dass die Verfügungsklägerin durch Rundfunkgebühren finanziert sind. Es ist zudem die freie Entscheidung der Verfügungsklägerinnen, in welchem Umfang die erheblichen Finanzmittel zur Erstellung und Pflege der ARD Mediathek aufgewandt werden. Das aus Rundfunkgebühren gespeiste Budget der Verfügungsklägerinnen könnte auch anderweitig verwendet werden. Damit geht ersichtlich auch das Risiko einher, dass die Investition mangels Erfolg bei den Nutzenden unnütz ist und im Endeffekt in Zukunft die Mittel anderweitig zu verteilen sind. Die Investition in die ARD Mediathek erfolgt demnach in Erwartung einer regen Nutzung durch Gebührenzahlende. Bei Misserfolg wäre demnach auch eine Einstellung der ARD Mediathek denkbar.
168cc) Die Verfügungsbeklagte hat die Datenbank der Verfügungsklägerinnen bestehend aus der Gesamtheit der abspielbaren Inhalte (d.h. die Videodateien bzw. Deeplink-URLs zu diesen Dateien) zu einem nach Art und Umfang wesentlichen Teil bei K. öffentlich wiedergegeben.
169(1) Nach § 87b Abs. 1 S. 1 UrhG gilt, dass der Datenbankhersteller das ausschließliche Recht hat, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben.
170Dass es sich hier um einen wesentlichen Teil der Datenbank handelt, steht nicht im Streit. Es liegt auf der Hand, dass die Videodateien bzw. die Verlinkungen zu diesen Dateien auf die betreffenden Server das Herzstück einer Mediathek bzw. einer Streamingplattform darstellen. Demnach besteht jedenfalls eine qualitative Wesentlichkeit. In quantitativer Hinsicht ist unstreitig geblieben, dass die Verfügungsbeklagte nahezu alle Videodateien in der eigenen K.-Plattform ihren Kunden über Verlinkungen zum Abruf angeboten hat, was also nach den Feststellungen zum Gesamtumfang der ARD Mediathek eine sechsstellige Anzahl von Inhalten betrifft.
171§ 87b UrhG ist angesichts der unterschiedlichen Terminologie im Vergleich zur DatenbankRL richtlinienkonform auszulegen. Art. 7 Abs. 1 der DatenbankRL sieht für den Rechtsinhaber das Recht vor, die Entnahme und/oder die Weiterverwendung der Gesamtheit oder eines in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentlichen Teils des Inhalts dieser Datenbank zu untersagen. Dabei ist Entnahme gem. Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 der DatenbankRL die ständige oder vorübergehende Übertragung der Gesamtheit oder eines wesentlichen Teils des Inhalts einer Datenbank auf einen anderen Datenträger, ungeachtet der dafür verwendeten Mittel und der Form der Entnahme. Die Weiterverwendung nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 2 der RL ist jede Form öffentlicher Verfügbarmachung der Gesamtheit oder eines wesentlichen Teils des Inhalts der Datenbank durch die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken, durch Vermietung, durch Online-Übermittlung oder durch andere Formen der Übermittlung.
172Im Antrag zu 1.1.1 ist dem Wortlaut nach „nur“ die öffentliche Wiedergabe antragsgegenständlich, jedoch haben die Verfügungsklägerinnen in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage der Kammer hin klargestellt, dass bei diesem Begriff der unionsrechtliche Begriff der Entnahme mitumfasst sein soll. Gleichwohl ist die maßgebliche Stoßrichtung des Verfügungsantrags zu 1.1.1 das Begehren der Einstellung des Angebots auf der Online-Plattform K.. Demnach kommt es für den Erfolg des Antrags nach dem Verständnis der Kammer maßgeblich darauf an, ob eine Weiterverwendung im o.g. Sinne anzunehmen ist.
173Die Bestimmung des § 87b Abs. 1 S. 1 UrhG hat die Vorgabe von Art. 7 DatenbankRL in der Weise in das deutsche Recht umgesetzt, dass sie an die Stelle der in der Datenbankrichtlinie verwendeten Begriffe der Entnahme und der Weiterverwendung die im Urheberrechtsgesetz verwendeten Begriffe der Vervielfältigung, der Verbreitung und der öffentlichen Wiedergabe gesetzt hat. Dabei ist mit der öffentlichen Wiedergabe i.S. des § 87b Abs. 1 S. 1 UrhG eine bestimmte Art der Weiterverwendung i.S. des Art. 7 Abs. 1 der DatenbankRL bezeichnet. Die öffentliche Wiedergabe i.S. des § 87b Abs. 1 S. 1 UrhG entspricht danach der öffentlichen Verfügbarmachung durch Online-Übermittlung oder durch andere Formen der Übermittlung. Der Begriff der Weiterverwendung ist anhand des Zieles auszulegen, dass die DatenbankRL mit dem – von ihr als „Schutzrecht sui generis” bezeichneten – Recht des Datenbankherstellers verfolgt (EuGH, GRUR 2005, 244 Rdnrn. 45ff. – BHB-Pferdewetten). Dieses Ziel besteht darin, den Schutz einer Investition in die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung des Inhalts einer Datenbank für die begrenzte Dauer des Schutzrechts sicherzustellen (Erwägungsgrund 40 S. 1). Das besondere Recht auf Untersagung der unerlaubten Entnahme und/oder Weiterverwendung soll den Datenbankhersteller vor Handlungen des Benutzers schützen, die über dessen begründete Rechte hinausgehen und somit der Investition schaden (Erwägungsgrund 42 S. 1). Es bezieht sich nicht nur auf die Herstellung eines parasitären Konkurrenzprodukts, sondern auch auf Handlungen, die einen qualitativ oder quantitativ erheblichen Schaden für die Investition verursachen (Erwägungsgrund 42 S. 2). Das Schutzrecht sui generis soll sicherstellen, dass der Datenbankhersteller die ihm zustehende Vergütung erhält (Erwägungsgrund 48 S. 1 Halbs. 1). Auch die Formulierung „jede Form öffentlicher Verfügbarmachung” zeigt, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber dem Begriff der Weiterverwendung eine weitgefasste Bedeutung verleihen wollte. Der Begriff der Weiterverwendung ist daher dahin auszulegen, dass er sich auf jede Handlung bezieht, die darin besteht, sich ohne Zustimmung der Person, die die Datenbank erstellt hat, die Ergebnisse ihrer Investition öffentlich verfügbar zu machen und ihr damit die Einkünfte zu entziehen, die es ihr ermöglichen sollen, die Kosten dieser Investition zu amortisieren (BGH GRUR 2010, 1004, Rn. 36 f. – Autobahnmaut).
174Laut der Rechtsprechung des EuGH in der Rs. C-202/12 (GRUR 2014, 166, Rn. 37 – Innoweb) zu einer sog. Metasuchmaschine
175„ist der Begriff „Weiterverwendung“ i. S. von Art. 7 Richtlinie 96/9 dahin auszulegen, dass er sich auf jede Handlung bezieht, die darin besteht, ohne die Zustimmung der Person, die die Datenbank erstellt hat, die Ergebnisse ihrer Investition öffentlich verfügbar zu machen und ihr damit die Einkünfte zu entziehen, die es ihr ermöglichen sollen, die Kosten dieser Investition zu amortisieren (vgl. Urteil „The British Horseracing Board“, Rdnr. 51). Dieser Begriff bezieht sich also auf jede nicht erlaubte Handlung, die darin besteht, den Inhalt einer geschützten Datenbank oder einen wesentlichen Teil derselben in der Öffentlichkeit zu verbreiten (vgl. Urteile „The British Horseracing Board“, Rdnr. 67; EuGH, Slg. 2009, I-1627 Rdnr. 49 = GRUR 2009, 572 – Apis-Hristovich, sowie „Football Dataco/Sportradar“, Rdnr. 20). Art und Form des angewandten Verfahrens sind hierbei nicht relevant (Urteil „Football Dataco/Sportradar“, Rdnr. 20).
176Der zweite Teil der Definition in Art. 7 II lit. b Richtlinie 96/9, nämlich „durch die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken, durch Vermietung, durch Online-Übermittlung oder durch andere Formen der Übermittlung“ und insbesondere die Variante „durch andere Formen der Übermittlung“, erlaubt ebenfalls eine weite Auslegung dieser Definition auf der Grundlage des Ziels von Art. 7, das in den Rdnrn. 35 und 36 des vorliegenden Urteils angeführt wurde.“
177Diese Rechtsprechung zu Metasuchmaschinen hat der EuGH in Rs. C-762/19 (GRUR 2021, 1075, Rn. 41 ff. – CV-Online Latvia) ergänzt:
178„Hierbei ist ein angemessenes Gleichgewicht herzustellen zwischen dem legitimen Interesse der Hersteller von Datenbanken, in der Lage zu sein, ihre wesentlichen Investitionen zu amortisieren, einerseits und dem Interesse der Nutzer und der Wettbewerber dieser Hersteller, Zugang zu den in diesen Datenbanken enthaltenen Informationen zu erhalten, sowie der Möglichkeit, innovative Produkte auf der Grundlage dieser Informationen zu erstellen, andererseits.
17942Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass die Tätigkeiten von Aggregatoren von Inhalten im Internet – wie der Bekl. des Ausgangsverfahrens – es auch ermöglichen, das in Rn. 23 des vorliegenden Urteils genannte Ziel zu erreichen, das darin besteht, einen Anreiz für die Einrichtung von Datenspeicher- und Datenverarbeitungssystemen zu geben, um zur Entwicklung des Informationsmarkts beizutragen. Wie der Generalanwalt in Rn. 41 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, tragen diese Aggregatoren zur Schaffung und Verteilung von Waren und Dienstleistungen mit einem Mehrwert im Informationssektor bei. Indem sie ihren Nutzern eine vereinheitlichte Schnittstelle anbieten, die es ermöglicht, Recherchen in mehreren Datenbanken nach Kriterien durchzuführen, die im Hinblick auf ihren Inhalt relevant sind, tragen sie zu einer besseren Strukturierung der Information bei und erleichtern die Suche im Internet. Sie tragen auch zu einem reibungslosen Funktionieren des Wettbewerbs und zur Transparenz von Angeboten und Preisen bei.
18043Wie aus Rn. 24 des vorliegenden Urteils hervorgeht, behält Art. 7 I RL 96/9 den vom Schutzrecht sui generis gewährten Schutz den Datenbanken vor, für deren Erstellung oder Betrieb eine in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentliche Investition erforderlich ist.
18144Daraus folgt, wie der Generalanwalt in den Rn. 43 und 46 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, dass das Hauptkriterium für die Abwägung der beteiligten legitimen Interessen die potenzielle Beeinträchtigung der wesentlichen Investition der Person, die die betreffende Datenbank erstellt hat, dh, das Risiko, dass diese Investition nicht amortisiert werden kann, sein muss.
182(…)
18346Im Ausgangsverfahren ist es daher Sache des vorlegenden Gerichts, für die Entscheidung über das Recht von CV-Online, die Entnahme oder die Weiterverwendung der Gesamtheit oder eines wesentlichen Teils des Inhalts dieser Datenbank zu untersagen, im Licht sämtlicher relevanter Umstände erstens zu prüfen, ob die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung des Inhalts der betreffenden Datenbank eine wesentliche Investition darstellt, und zweitens, ob die in Rede stehende Entnahme oder Weiterverwendung ein Risiko für die Möglichkeiten, diese Investition zu amortisieren, darstellt.
18447Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 7 I und II RL 96/9 dahin auszulegen ist, dass eine auf die Suche von Inhalten von Datenbanken spezialisierte Internet-Suchmaschine, die die Gesamtheit oder wesentliche Teile einer im Internet frei zugänglichen Datenbank kopiert und indexiert und es dann ihren Nutzern ermöglicht, auf ihrer eigenen Website nach im Hinblick auf ihren Inhalt relevanten Kriterien Recherchen in dieser Datenbank durchzuführen, eine „Entnahme“ und eine „Weiterverwendung“ des Inhalts dieser Datenbank im Sinne dieser Bestimmung vornimmt, die vom Hersteller einer solchen Datenbank untersagt werden können, sofern diese Handlungen seine Investition in die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung dieses Inhalts beeinträchtigen, dh, dass sie eine Gefahr für die Möglichkeiten darstellen, diese Investition durch den normalen Betrieb der fraglichen Datenbank zu amortisieren, was das vorlegende Gericht zu überprüfen hat.“
185Die Kammer hat dabei im Blick, dass die beiden dargestellten EuGH-Urteile zu Metasuchmaschinen, insbesondere die zuletzt ergangene CV-Online Latvia-Entscheidung, einen anderen Fall betrifft als den vorliegenden. Denn die Verfügungsbeklagte betreibt nicht etwa eine Suchmaschine für frei verfügbare Videodateien im Internet, sondern eine Streamingplattform. Die vorgenannte EuGH-Rechtsprechung dürfte in ihrer Darstellung der Voraussetzungen einer Rechtsverletzung nicht schlechthin zu verallgemeinern sein auf jegliche Fallgestaltung. Dies zeigt sich schon daran, dass Rn. 42 des benannten EuGH-Urteils CV-Online Latvia sehr konkret auf Aggregatoren und deren Mehrwert für den Informationsmarkt abstellt (in diese Richtung lässt sich auch Fromm/Nordemann/Czychowski, 13. Aufl. 2024, UrhG § 87b Rn. 18 verstehen).
186Gleichfalls ergibt sich aus den zitierten EuGH-Urteilen, dass die Weiterverwendung gemäß der DatenbankRL maßgeblich drei Voraussetzungen hat und zwar:
187a) die Ergebnisse der Investition müssen öffentlich verfügbar gemacht werden,
188b) damit müssen dem Datenbankhersteller die Einkünfte entzogen werden, die es ihm ermöglichen sollen, die Kosten der Investition zu amortisieren,
189c) das Interesse der Nutzer und der Wettbewerber des Datenbankherstellers, Zugang zu den in der maßgeblichen Datenbank enthaltenen Informationen zu erhalten, sowie der Möglichkeit, innovative Produkte auf der Grundlage dieser Informationen zu erstellen, das Refinanzierungsinteresse des Datenbankherstellers überwiegt.
190Zweifel an einer allzu strikten Anwendung dieser Voraussetzungen in allen Fällen einer Verletzung des Datenbankherstellerrechts hat die Kammer etwa angesichts des EuGH Urteils vom 09.10.2008 - C-304/07 in Sachen Directmedia Publishing-GmbH/Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (GRUR 2008, 1077), in dem es zwar nur um die Entnahmen, nicht aber um die Weiterverwendung ging, jedoch die Thematik der Amortisation der Investitionen dort mit keinem einzigen Wort behandelt wird. Dabei hätte es gerade in diesem Fall nahegelegen, den Datenbankschutz sui generis allgemein auf kommerzielle Refinanzierungsfälle zu reduzieren. Denn im dortigen Fall klagte die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, die ausweislich der Feststellungen keine Amortisation durch die im Streit stehende Gedichttitelliste verfolgte. Auch in den flankierenden BGH Entscheidungen, d.h. im Vorlagebeschluss zum vorgenannten EuGH-Urteil (BGH ZUM 2007, 739 – Gedichttitelliste II) sowie in der nachfolgenden Entscheidung (BGH ZUM-RD 2009, 497 – Gedichttitelliste III) wird die Refinanzierungs- bzw. Amortisationsvoraussetzung nicht thematisiert. Dabei hat der BGH die schon beim EuGH in Sachen BHB-Pferdewetten (vgl. GRUR 2005, 244 Tz. 51) ausdrücklich genannte Amortisierung zumindest im Vorlagebeschluss ausdrücklich zitiert (BGH ZUM 2007, 739, Rn. 22 – Gedichttitelliste II), hieraus jedoch keinen Anspruchsausschluss gefolgert. Auch die BGH Rechtsprechung zur Bodenrichtwertsammlung (ZUM 2007, 136) fordert etwa keine vollständige Refinanzierung der Investition (vgl. auch nachfolgend OLG München, ZUM-RD 2019, 464).
191Demnach geht die Kammer mit Blick auf die oben zu lit. b) dargestellte Voraussetzung, wonach dem Datenbankhersteller die Einkünfte entzogen werden müssen, die es ihm ermöglichen sollen, die Kosten der Investition zu amortisieren, dahingehend auszulegen ist, dass auch mittelbare Refinanzierungsinteressen ausreichen (zB die Erwartung zukünftiger öffentlicher Budgetierung bzw. Förderung wie bei einer Universität oder die öffentliche Finanzierung wie beim Gutachterausschuss zur Ermittlung von Bodenrichtwerten). Eine faktische volle Amortisierung nach kapitalistischen Grundsätzen oder auch nur das an diesem Ziel ausgerichtete wirtschaftliche Handeln ist somit nicht zu fordern. Der Datenbankherstellerschutz steht nach Verständnis der gesamten Rechtsprechung des EuGH und des BGH vielmehr auch öffentlich finanzierten oder auch spendenfinanzierten Marktteilnehmern zu, ebenso für alternative Finanzierungsmodelle wie etwa Crowdfunding.
192(2) Nach diesen Grundsätzen ist davon auszugehen, dass die Verfügungsbeklagte einen wesentlichen Teil der Datenbank „ARD Mediathek“, bestehend aus nahezu der Gesamtheit der von den Verfügungsklägerinnen ausgewählten und zusammengestellten Deeplinks zu den Videoinhalten, öffentlich verfügbar gemacht hat. Dies war nach eigenem Vorbringen auch erklärtes Ziel der Verfügungsbeklagten, die ihren Kunden die ARD Mediathek innerhalb der eigenen Plattform gewissermaßen barrierefrei zur Verfügung stellen wollte, ohne dass ihre Kunden in die Mediathek der Verfügungsklägerin geleitet werden.
193An dieser Stelle verteidigt sich die Verfügungsbeklagte im Wesentlichen mit der Übertragung der sog. Verlinkungsrechtsprechung des EuGH zur öffentlichen Wiedergabe im Sinne der InfoSoc-RL (RL 2001/29/EG; siehe zur Rechtsprechung: EuGH GRUR 2014, 360 – Svenson; EuGH GRUR 2014, 1196 – BestWater International, EuGH GRUR 2016, 1152 – GS Media; EuGH GRUR 2021, 706 Rn. 46 – VG Bild-Kunst; siehe auch aus der nationalen Rechtsprechung BGH GRUR 2016, 171 – Die Realität II) auf das Datenbankherstellerrecht. Dies überzeugt die Kammer im Streitfall angesichts der tatsächlichen Umstände nicht. Dabei muss in diesem Urteil nicht entschieden werden, ob das „Embedding“ der einzelnen Filmwerke bzw. Laufbilder – auch in einer hohen Anzahl – eine öffentliche Wiedergabe gem. Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-RL darstellt, weil dies nicht antragsgegenständlich ist. Die Prüfung hat sich allein darauf zu konzentrieren, ob die Datenbank der Verfügungsklägerin vorliegend „entnommen und weiterverwendet“ worden ist im Sinne der DatenbankRL (RL 96/9/EG), wobei auch insoweit eine Verlinkung dem entgegenstehen könnte. Jedoch erkennt die Kammer vorliegend keine Verlinkung der Datenbank als Gesamtheit bzw. eines wesentlichen Teils davon, sondern die in hoher Anzahl vorgenommene Verlinkung der einzelnen Bestandteile der Datenbank der Verfügungsklägerinnen, die bei der Verfügungsbeklagte eine neue, sozusagen kopierte Datenbank darstellen.
194Diese Vielzahl von Einzelverlinkungen beruhen auf einem regelmäßigen Datenscraping, das sodann in der eigenen K.-Plattform abgebildet wird. Darunter lässt sich nach der oben genannten Definition unschwer eine Entnahme von Daten aus der Datenbank folgern. Folge des Scrapings ist jedenfalls eine vorübergehende Übertragung eines wesentlichen Teils des Inhalts der Datenbank, sprich der URLs der Videodateien als Deeplinks, auf einen anderen Datenträger, wohl auf dem Proxyserver bzw. einem anderen Server, der für die Ausspielung der K.-Plattform zuständig ist. Dabei ist nach der gesetzlichen Definition in Art. 7 DatenbankRL unbeachtlich, welche Mittel für die Entnahme verwendet werden und welche Form die Entnahme hat. Das vorliegende Scraping mit der zeitnahen Umsetzung von Änderungen in der Datenbank der Verfügungsklägerinnen auf der Streaming-Plattform der Verfügungsbeklagten genügt dafür nach Ansicht der Kammer.
195Sodann werden genau diese entnommenen Datenbankinhalte von der Verfügungsbeklagten durch Ausspielung auf der eigenen Plattform, über Webseite oder Apps auf verschiedenen Plattformen, weiterverwendet. Mit Blick auf die Gesamtheit der Einzelverlinkungen, die dem Nutzenden der K.-Plattform als eigenständige Datenbank erscheint, in der man stöbern und sich passende Videoinhalte auswählen kann, liegt eine öffentliche Verfügbarmachung eines wesentlichen Teils des Inhalts der (klägerischen) Datenbank durch Online-Übermittlung. Die hiesige Fallgestaltung lässt sich unschwer unter den – angesichts der besonderen Fixierung auf Metasuchmaschinen nur eingeschränkt einschlägigen – Leitsatz des EuGH in Sachen „Innoweb“ (GRUR 2014, 166) subsumieren. Die Verfügungsbeklagte stellt dem Endnutzer u.a. ein Suchformular zur Verfügung, das im Wesentlichen dieselben Optionen bietet wie das Suchformular der ARD Mediathek. Dem Endnutzer werden die Videoinhalte unter dem Erscheinungsbild der Website der Verfügungsbeklagten präsentiert, und zwar in einer Reihenfolge, die auf Kriterien basiert, die mit denen vergleichbar sind, die von der ARD Mediathek verwendet werden. Damit geht im Ergebnis eine öffentliche Wiedergabe im Sinne der deutschen Gesetzesterminologie einher.
196Zur Klarstellung weist die Kammer nochmals darauf hin, dass nach dem maßgeblichen Sachverhalt gerade keine Verlinkung der Datenbank der Verfügungsklägerinnen durch die Verfügungsbeklagte erfolgt. Dieses Modell, das von den Verfügungsklägerinnen auch mit anderen Marktteilnehmern praktiziert wird, wurde der Verfügungsbeklagten seitens der Verfügungsklägerinnen vielmehr angeboten, jedoch von der Verfügungsbeklagten abgelehnt. Da folglich nur Einzelinhalte verlinkt bzw. embedded werden, nicht jedoch die hier allein maßgebliche Datenbank, kann die oben zitierte Verlinkungsrechtsprechung schon rein faktisch nicht zugunsten der Verfügungsbeklagten eingreifen. Demnach erübrigt sich eine Entscheidung über die Rechtsfrage, ob die zur InfoSoc-RL ergangene Rechtsprechung mit Blick auf systematische, historische und teleologische Gründe überhaupt auf die Datenbankrecht sui generis aus der DatenbankRL übertragbar ist. Dabei handelt es sich um eine Entscheidung, die letztendlich allein der EuGH treffen muss.
197Soweit die Verfügungsbeklagte vorträgt, dass die oben zitierte Verlinkungsrechtsprechung gleichwohl auch den hier gegenständlichen Fall betreffe, teilt die Kammer diese Ansicht nicht. Zunächst lässt sich aus dem BGH-Urteil „Paperboy“ (GRUR 2003, 958), wonach mit dem Setzen von Hyperlinks zu Einzelinhalten der Datenbank jedenfalls keine Nutzungshandlungen vorgenommen werden, die einem Datenbankhersteller vorbehalten sind, dazu nichts herleiten. Dies steht im Einklang mit der oben zitierten Verlinkungsrechtsprechung nach der InfoSoc-RL, betrifft aber wiederum nur die Verlinkung der Einzelinhalte, nicht aber das hier gegenständliche Scraping wesentlicher Teile einer Datenbank und der Darstellung der gescrapeten Daten in der K.-Plattform.
198Auch die Problematik der hier nicht eingesetzten technischen Schutzmaßnahmen ist demnach im Ergebnis nicht entscheidungserheblich. Soweit die Verfügungsbeklagte auf das Urteil des EuGH in Sachen „VG Bild-Kunst“ (GRUR 2021, 706) verweist, ist zunächst festzustellen, dass auch dieses Urteil die öffentliche Wiedergabe gem. Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-RL betrifft und Schutzgegenstand jeweils einzelne Werke, nicht aber ein Datenbankherstellerrecht war. Die VG Bild-Kunst als Beklagte des Ausgangsrechtsstreits nimmt ersichtlich keine Rechte für Datenbanken, sondern für Werke wahr. Als Verwertungsgesellschaft forderte sie im Rahmen eines Lizenzvertrags mit der dortigen Klägerin die Implementierung von technischen Schutzmaßnahmen. Für den hiesigen Fall lässt sich demnach für die Einzelinhalte aus der ARD Mediathek folgern, dass diese mangels technischer Schutzmaßnahmen frei verlinkt, geframed oder „embeddet“ werden können. Dies könnte wiederum auch für die Datenbank bzw. wesentliche Inhalte der Datenbank gelten, wenn diese denn verlinkt worden wären. Wie oben dargestellt, sind sie das aber nicht, sondern sie wurden entnommen und weiterverwendet im Sinne der DatenbankRL.
199Dem im nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz der Verfügungsbeklagten enthaltenen Argument, dass keine einzige EuGH-Entscheidung existiere, aus der sich ergibt, dass eine laut EuGH zulässige Verlinkung deswegen zu unterlassen ist, weil der Link oder der verlinkte Inhalt aus einer Datenbank stammt, ist entgegen zu halten, dass in keinem der Urteile ein Datenbankherstellerrecht als Schutzgegenstand Grundlage der klägerischen Ansprüche bildete. Entsprechend sind zwangsläufig keine „obiter dicta“ zu diesem Aspekt ergangen.
200Im Übrigen erkennt das Gericht auch keine Parallele zum Presseleistungsschutzrecht. Dieses Leistungsschutzrecht ist seiner Art und seiner Historie nach vollkommen unterschiedlich zum Datenbankherstellerrecht. Im Übrigen umfasst die Klarstellung in § 87g Abs. 2 Nr. 3 UrhG nur das Setzen von Hyperlinks auf eine Presseveröffentlichung, nicht auf eine Gesamtheit von Presseveröffentlichungen, wenn diese Gesamtheit für sich betrachtet einen Schutzgegenstand bildet.
201Entgegen der Argumentation der Verfügungsbeklagten ist vorliegend auch nicht die Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit negativ betroffen. Denn die bei K. embedetten Inhalte sind logischerweise in der ARD Mediathek verfügbar. Die an der Information interessierten Nutzenden müssten allenfalls die gewünschten Beiträge bei der ARD Mediathek suchen und abspielen, was nur weniger Klicks bedarf.
202Stattdessen hält die Kammer das von den Verfügungsklägerinnen als „Nachbau“ der ARD Mediathek bezeichnete Vorgehen der Verfügungsbeklagten auch im Einklang mit den Erwägungsgründen der DatenbankRL für eine Entnahme und Weiterverwendung. Nach ErwG 42 S. 2 der DatenbankRL bezieht sich das Recht auf Verbot der Entnahme und/oder Weiterverwendung der Gesamtheit oder eines wesentlichen Teils des Inhalts nicht nur auf die Herstellung eines parasitären Konkurrenzprodukts, sondern auch auf einen Benutzer, der durch seine Handlungen einen qualitativ oder quantitativ erheblichen Schaden für die Investition verursacht. Nach diesem Wortlaut steht der „Schaden für die Investition“ gleichwertig neben einem nicht für zulässig gehaltenen „parasitären Konkurrenzprodukt“. Ohne Berücksichtigung der an dieser Stelle wohl nicht maßgeblichen medienstaatsrechtlichen Vorschriften handelt es sich bei dem „Nachbau“ der ARD Mediathek in K. aber gerade um ein Produkt, das in Konkurrenz zur ARD Mediathek tritt. Denn Nutzende werden dieselben Inhalte nicht zugleich in zwei Mediatheken oder Streamingdiensten konsumieren, sondern nur in einem. Da das Konkurrenzprodukt „ARD Mediathek in K.“ auf einem Scraping der Daten bei der ARD Mediathek beruht, lässt sich auch rein semantisch von einem „parasitären“ Verhalten sprechen. Würde die ARD Mediathek aufhören zu agieren – oder technische Schutzmaßnahmen errichten –, würde das Produkt „ARD Mediathek in K.“ aufhören zu funktionieren.
203(3) Nach den oben unter (1) dargestellten Grundsätzen verfolgen die Verfügungsklägerinnen auch ein hinreichendes Refinanzierungs- bzw. Amortisierungsinteresse. Dem steht weder die kostenfreie Nutzungsmöglichkeit, noch die freie Verfügbarkeit der Inhalte als Deeplinks entgegen.
204Dazu verweist die Kammer zunächst auf ErwG 12 der DatenbankRL: „Investitionen in moderne Datenspeicher- und Datenverarbeitungs-Systeme werden in der Gemeinschaft nur dann in dem gebotenen Umfang stattfinden, wenn ein solides, einheitliches System zum Schutz der Rechte der Hersteller von Datenbanken geschaffen wird.“
205Wie oben festgestellt haben die Verfügungsklägerinnen erhebliche Investitionen in die Erstellung und Unterhaltung einer für Nutzende attraktiven Mediathek getätigt. Diese Investitionen hätte sie wohl nicht getätigt, wenn diese allein dazu geführt hätten, dass auch Drittanbieter die eigene Leistung schlicht übernehmen. Dies gilt nach Überzeugung der Kammer auch dann, wenn der Hersteller einer Datenbank diese der Allgemeinheit zur Verfügung stellen möchte (bzw. muss). Ein berechtigtes Interesse daran, „parasitäre Konkurrenzprodukte“ (ErwG 42) zu verhindern, besteht gleichwohl, weil die Investition im Hinblick auf die Nutzenden, nicht auf sonstige Marktteilnehmer erfolgt.
206Außerdem tragen die Verfügungsklägerinnen mittelbare wirtschaftliche Interessen vor wie etwa die eigene Datenerhebung im ARD Player, die sie ggf. im Nachgang verarbeiten und monetarisieren könnten. Dies wird durch die Nutzung des K. Players – mit Ausnahme der AGF-Zählung – verhindert. Hinzu kommt noch das wirtschaftliche Interesse der Verfügungsklägerinnen, nicht die Infrastrukturkosten für den Abruf durch K. (selbst im Rahmen des Scraping) bzw. deren Kunden im Rahmen des Abrufs zu tragen, was unstreitig geblieben ist. Wenngleich diese nachgelagerten Interessen nicht zur (vollständigen) Amortisierung der Investition taugen, ist die Beeinträchtigung an dieser Stelle beachtlich.
207Entscheidend ist für die Kammer jedoch, wie oben ausgeführt, dass auch im Bereich der öffentlichen Aufgaben (siehe obige Referenzen zu Universitäten und Kommunen) oder im Rahmen philanthropischer oder karitativer Zwecke (man denke an Datenbanken wie Wikipedia) diverse Datenbanken geschaffen werden, deren Investitionen nicht oder nicht vollkommen refinanziert bzw. amortisiert werden. Dies kann nach Ansicht der Kammer den Datenbankherstellerschutz nicht per se ausschließen. Dies lässt sich wie oben dargestellt auch nicht der EuGH- oder BGH-Rechtsprechung entnehmen, die andernfalls diverse Fälle anders hätten entscheiden müssen.
208Mit Blick auf die Verfügungsklägerinnen ist dabei ein spezifisches Argument zur Annahme jedenfalls eines mittelbaren Refinanzierungsinteresses heranzuziehen. Die hier gegebene Rundfunkfinanzierung ist nicht auf Ewigkeit garantiert, sondern im Gegenteil regelmäßig Gegenstand politischer Diskussionen. Die Verfügungsklägerinnen stehen demnach zwar nicht im direkten Wettbewerb um zahlende Nutzer oder Werbepartner, jedoch durchaus unter öffentlichem Rechtfertigungszwang, die Rundfunkgebühren effektiv zu nutzen. Nicht zuletzt die bei der letzten Bundestagswahl zweitstärkste Partei, TZ., forderte in ihrem Wahlprogramm die Abschaffung des Rundfunkbeitrags (S. 174 Bundestagswahlprogramm: „gebührenfreie Grundversorgung mit Informations-, Kultur- und Regionalprogrammen“, https://www.entfernt, zuletzt abgerufen am 09.04.2025). Vor diesem Hintergrund ist auch die Sicherung des aktuellen status quo durch die Erstellung eines attraktiven und zeitgemäßen Digitalprogramms wie hier durch die ARD Mediathek ein hinreichendes Refinanzierungsinteresse, das durch die Entnahme und Weiterverwendung der Verfügungsbeklagten tangiert wird.
209(4) Ob eine Interessenabwägung nach dem EuGH Urteil in Sachen CV-Online Latvia in der vorliegenden Fallkonstellation überhaupt geboten ist, mag bezweifelt werden. Jedoch führt selbst bei Unterstellung dieser Voraussetzung eine Interessenabwägung im Ergebnis zum Überwiegen der Interessen der Verfügungsklägerinnen über die Interessen der Verfügungsbeklagten an der Weiterverwendung der Datenbank.
210Dabei lässt sich grundsätzlich auf einige der bereits oben im Rahmen des Verfügungsgrundes benannten Interessen verweisen. In spezifisch urheberrechtlicher Sicht bzw. unter Beachtung des Datenbankherstellerrechts lässt sich Folgendes ergänzen:
211Laut dem Urteil des EuGH „CV Online Latvia“ ist ein angemessenes Gleichgewicht herzustellen zwischen dem legitimen Interesse der Hersteller von Datenbanken, in der Lage zu sein, ihre wesentlichen Investitionen zu amortisieren, einerseits und dem Interesse der Nutzer und der Wettbewerber dieser Hersteller, Zugang zu den in diesen Datenbanken enthaltenen Informationen zu erhalten, sowie der Möglichkeit, innovative Produkte auf der Grundlage dieser Informationen zu erstellen, andererseits (GRUR 2021, 1075, Rn. 41). Dabei ist der Zugang der Verfügungsbeklagten auch nach diesem Urteil weiterhin unbeschränkt möglich. Jedoch erkennt die Kammer in dem Verhalten der Verfügungsbeklagten kein „innovatives“ Produkt. Dies steht schon in einem logischen Exklusivitätsverhältnis zur obigen Feststellung, dass der „Nachbau“ der ARD Mediathek bei K. eher ein „parasitäres Konkurrenzprodukt“ im Sinne von ErwGr 42 der DatenbankRL sein dürfte. Denn die Verfügungsbeklagte schafft bei Licht betrachten nicht aus der Datenbank der Verfügungsklägerinnen und anderen Inhalten etwas „Neues“, sondern sie übernimmt schlicht Inhalte in ihre ohnehin bestehende Streaming- und Medienplattform. Die Verfügungsbeklagte trägt demnach auch nicht zur Entwicklung des Informationsmarkts bei (vgl. EuGH GRUR 2021, 1075, Rn. 42), sondern versucht ihr eigenes Angebot attraktiver zu machen durch zusätzliche Inhalte. Die Verfügungsbeklagte trägt auch nicht zu einem reibungslosen Funktionieren des Wettbewerbs und zur Transparenz von Angeboten und Preisen bei – wie auch die anderen Verfügungsanträge zeigen ist wohl eher das Gegenteil der Fall.
212Weiterhin ist auch hier das eigenmächtige Verhalten der Verfügungsbeklagten entgegen des ausdrücklich geäußerten Willens der Verfügungsklägerinnen zugunsten letzterer zu beachten. Dies ist hier auch vorrangig zum Fehlen von technischen Schutzmaßnahmen heranzuziehen. Denn die Erwägung, dass technische Schutzmaßnahmen im Internet die vorrangige „Kommunikation“ darstellen soll, beruht maßgeblich auf der Erwägung, dass kein unmittelbarer Kontakt zwischen Rechteinhabern und Nutzenden besteht, sodass weder positiv vertragliche Verbindungen entstehen, noch negativ ein Dissens der Parteien feststellbar ist. So liegt der Fall hier aber nicht. Die Parteien stehen in vielschichtigen Vertragsbeziehungen und kommunizierten gerade zur hier gegenständlichen Nutzungsart. In einem solchen Fall geht der unmittelbare Kontakt der Parteien nach Ansicht der Kammer vor. Insofern erscheint es unbillig, den Verfügungsklägerinnen technische Schutzmaßnahmen aufzubürden, die sie eigentlich nicht einführen möchte und die negative Auswirkungen auf die interne Zusammenarbeit sowie ggf. auf die Allgemeinheit haben könnten. Der Fall ist insoweit nicht mit den Fallgestaltungen der oben zitierten „Verlinkungsrechtsprechung“ oder sonstiger Rechtsprechung zur öffentlichen Wiedergabe gem. Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-RL vergleichbar.
213Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass die bestehenden Kundenbeziehungen der Verfügungsklägerinnen durch die Handlungen der Verfügungsbeklagten zum Ende des bestehenden Lizenzierungsmodells führen könnte und alle anderen Lizenznehmer das Verhalten der Verfügungsbeklagten nachahmen könnten, was bereits angekündigt worden ist. Dies wiederum könnte auch das (Zweit-)Lizenzierungsgeschäft der Verfügungsklägerinnen bzw. ihrer verbundenen Unternehmen beeinträchtigen, was wiederum die gesamte Produktionssparte der öffentlich-rechtlichen Sender beeinträchtigen könnte. Alternativ wären Verfügungsklägerinnen gezwungen, die ARD Mediathek wesentlich anders zu betreiben, was wiederum mit Nachteilen für die Allgemeinheit einhergehen könnte. Etwa könnten weniger Inhalte in die ARD Mediathek eingestellt werden, was aber durch den MStV gerade nicht gewollt ist – im Gegenteil. Aus diesem Grund überzeugt auch das weitere Argument der Verfügungsbeklagten nicht, sie vergrößere die Reichweite der ARD Mediathek durch die Übernahme der Inhalte über ihre Plattform K..
214Nur der Vollständigkeit halber wird jedoch klargestellt, dass die Kammer das klägerische Argument eines schützenwerten „publizistischen Gesamtangebots“ nicht für überzeugend hält. Wie die obigen Ausführungen belegen, ist ein solches Interesse für den Datenbankschutz sui generis nicht von Bedeutung. Auch im konkreten Verhältnis der Parteien zueinander erkennt die Kammer hierin keinen maßgeblichen Aspekt, sondern eher ein unbeachtliches Motiv der journalistisch tätigen Verfügungsklägerinnen.
215dd) Das Verhalten der Verfügungsbeklagten war rechtswidrig. Die fehlende Zustimmung der Verfügungsklägerinnen ist unstreitig. Einschlägige Schranken, auf die sich die Verfügungsbeklagte stützen könnte, sind nicht ersichtlich.
216ee) Die Wiederholungsgefahr wird durch die erfolgte Rechtsverletzung indiziert. Sie wurde nicht ausgeräumt.
217ff) Dem Anspruch der Verfügungsklägerinnen steht nicht der Einwand des Rechtsmissbrauchs, auch nicht in Form des „Orange-Book“-Einwands, entgegen.
218Ob eine Rechtsverfolgung rechtsmissbräuchlich ist, richtet sich im Urheberrecht nach dem allgemeinen Verbot unzulässiger Rechtsausübung gem. § 242 BGB. Die im Wettbewerbsrecht zur missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen entwickelten Rechtsgrundsätze beruhen gleichfalls auf dem Gedanken der unzulässigen Rechtsausübung. Sie können daher unter Berücksichtigung der zwischen den beiden Rechtsgebieten bestehenden Unterschiede grundsätzlich auch für das Urheberrecht fruchtbar gemacht werden. Von einem Missbrauch iSv § 8 IV 1 UWG ist auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde, für sich genommen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele sind. Diese müssen allerdings nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein; vielmehr reicht es aus, dass die sachfremden Ziele überwiegen. Die Annahme eines derartigen Missbrauchs erfordert eine sorgfältige Prüfung und Abwägung der maßgeblichen Einzelumstände. Ein Anhaltspunkt für eine missbräuchliche Rechtsverfolgung kann sich daraus ergeben, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden steht, der Anspruchsberechtigte die Belastung des Gegners mit möglichst hohen Prozesskosten bezweckt oder der Abmahnende systematisch überhöhte Abmahngebühren oder Vertragsstrafen verlangt. Ebenso stellt es ein Indiz für ein missbräuchliches Vorgehen dar, wenn der Abmahnende an der Verfolgung des beanstandeten Wettbewerbsverstoßes kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse haben kann, sondern seine Rechtsverfolgung aus der Sicht eines wirtschaftlich denkenden Gewerbetreibenden allein dem sachfremden Interesse dient, die Mitbewerber mit möglichst hohen Kosten zu belasten. (BGH GRUR 2020, 1087 – Al di Meola mwN).
219Ein solcher Fall liegt offensichtlich nicht vor. Die Verfügungsklägerinnen gehen gegen eine von ihnen erkannte und nicht gewünschte Rechtsverletzung vor.
220Die Verfügungsbeklagte erhebt ausdrücklich den „Orange Book-Einwand“ mit der Ansicht, es liege ein kartellrechtlich unzulässiges Vorgehen u.a. der Verfügungsklägerinnen vor. Im Ergebnis versteht die Kammer den kurz gehaltenen Vortrag hierzu als Verteidigung dagegen, dass neben den Verfügungsklägerinnen auch das ZDF und Arte gegen die Verfügungsbeklagte vorgehen, obgleich diese Unternehmen und die Verfügungsklägerinnen miteinander in einer Art kooperieren, wie es hier gerade angegriffen wird. Einen Zwangslizenzeinwand (wie etwa in BGH GRUR 2009, 694 Rn. 29 – Orange-Book-Standard dargestellt) erkennt die Kammer im schriftsätzlichen Vortrag nicht. Darauf wird nicht weiter eingegangen, wobei die Kammer in der vorgerichtlichen Korrespondenz kein unbedingtes Angebot der Verfügungsbeklagten auf Abschluss eines Lizenzvertrags findet.
221Mit Blick auf den übrigen Einwand kartellrechtswidrigen Verhaltens beschränkt sich die Kammer vorliegend auf den hiesigen Streitstand und den unstreitigen Umstand, dass auch das ZDF und Arte gleichförmig Ansprüche geltend machen. Dies wiederum erscheint mit Blick auf die Position der Verfügungsklägerinnen (und ggf. des ZDF sowie Arte, was hier nicht geprüft wurde) als Inhaberinnen ausschließlicher urheberrechtlicher Rechtspositionen als nicht rechtsmissbräuchlich. Wie oben dargestellt erkennt auch die Kammer eine Rechtsverletzung. Diese müssen die Verfügungsklägerin gerichtlich verfolgen dürfen. Zu einer etwaigen Ungleichbehandlung der Verfügungsbeklagten mit dem ZDF und Arte scheint es sachlich gerechtfertigte Gründe zu geben. Dies ist bereits darin zu sehen, dass die genannten öffentlich rechtlichen Sendeanstalten jeweils einvernehmlich gegenseitig ihre eigenen Inhalte zur Verfügung stellen. Die Verfügungsbeklagte hingegen hat einseitig die Inhalte der Verfügungsklägerinnen embeddet und dabei in der hier gegenständlichen Ausgestaltung das Datenbankherstellerrecht verletzt. Dass die Verfügungsbeklagte wiederum ihre Inhalte auch den Verfügungsklägerinnen zur Verlinkung in der ARD Mediathek angeboten hätte, ist nicht ersichtlich.
222Insofern erkennt die Kammer auch keine Grundrechtsverletzung der Verfügungsbeklagten durch die grundrechtsgebundenen Verfügungsklägerinnen. Es ist keine grundrechtlich schutzfähige Position, in Ausschließlichkeitsrechte Dritter rechtswidrig einzugreifen.
223gg) Soweit der Tenor zu Ziff. 1) vom Antrag zu 1.1.1 abweicht, hat die Kammer den Antrag im Lichte der Begründung ausgelegt und klarstellend formuliert, ohne dass damit im Wesentlichen eine Teilzurückweisung verbunden ist. Die Kammer ist im hiesigen Verfahren auch nach § 938 Abs. 1 ZPO befugt, die Anträge in erforderlichem Maße anzupassen. Davon hat die Kammer Gebraucht gemacht. Sie hat im Tenor klargestellt, dass vorliegend nur ein wesentlicher Teil der Datenbank betroffen ist. Es hat die Datenbank im Tenor durch Verweis auf den Antragsvortrag konkretisiert, damit sich dies unmittelbar aus dem Tenor ergibt.
224Soweit die Verfügungsklägerinnen die öffentliche Wiedergabe der gesamten Datenbank „ARD Mediathek“ begehren, war das Vorbringen unschlüssig, weil eine solche 100%ige Übernahme weder vorgetragen, noch glaubhaft gemacht worden ist und im Ergebnis auch unstreitig geblieben ist, dass die Verfügungsbeklagte eine solche ganze Übernahme nicht bewerkstelligen konnte. Diese Teilabweisung hat jedoch mit Blick auf das Begehren der Verfügungsklägerinnen keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung.
225b) Antrag zu 1.1.2 (Datenbankherstellerrecht - Metadaten)
226Der Verfügungsantrag zu 1.1.2 hat hingegen keinen Erfolg. Die Verfügungsklägerinnen haben mit Blick auf die Entnahme und die Weiterverwendung von Metadaten keinen Anspruch gegen die Verfügungsbeklagte. Dieser folgt nicht aus § 97 Abs. 1 UrhG und zwar weder in Verbindung mit § 87b Abs. 1 S. 1 UrhG noch mit § 87b Abs. 1 S. 2 UrhG.
227Dabei kann mit Blick auf die sich auch hier stellenden Fragen des Datenbankschutzes und der Aktivlegitimation auf die Ausführungen zum Antrag zu 1.1.1 verwiesen werden.
228(aa) Die Verfügungsklägerinnen haben indes nicht hinreichend substantiiert vorgetragen und nicht glaubhaft machen können, dass ihre Datenbank nach § 87b Abs. 1 S. 1 UrhG insgesamt oder aber ein nach Art oder Umfang wesentlicher Teil dieser Datenbank übernommen worden ist.
229Dass die Datenbank „ARD Mediathek“ nicht insgesamt übernommen worden ist, ist wie oben bereits festgestellt unstreitig geblieben. Gerade mit Blick auf die Metadaten haben die Verfügungsklägerinnen außerdem Unterschiede aufgezeigt, die schon nach dem eigenen Vortrag eine gesamte Übernahme ausschließen.
230Für die Feststellung der Wesentlichkeit der übernommenen Inhalte fehlt es der Kammer an einem prüffähigen Sachverhalt. Dabei ist es dem Verfügungsverfahren mit seiner kurzen Vorbereitungszeit immanent, dass der Sachverhalt nicht umfassend ermittelt werden kann. Gleichwohl ist auffällig, dass gerade mit Blick auf „Metadaten“ der Verfügungsvortrag in nicht unerheblichem Maße im Ungewissen bleibt. Es bleibt letztlich insgesamt unklar, ob und inwieweit die Verfügungsbeklagte gewisse Metadaten gescraped und verlinkt hat oder aber über verbundene Unternehmen der Verfügungsklägerinnen auf vertraglicher Basis erhalten hat. Auch möglich und seitens beider Parteien eingeräumt ist der Bezug von Drittanbietern.
231Insofern ist jedenfalls in quantitativer Hinsicht unklar, ob es sich um einen wesentlichen Teil der Datenbank handelt. Ob ein wesentlicher Teil entnommen wurde, ist vielmehr nach dem Verhältnis des entnommenen Datenvolumens zum Gesamtdatenvolumen zu bestimmen (EuGH GRUR 2005, 244, 250 – BHB-Pferdewetten; BGH GRUR 2005, 857, 859 – HIT BILANZ; Fromm/Nordemann/Czychowski, 13. Aufl. 2024, UrhG § 87b Rn. 9). Dies ist vorliegend nicht prüffähig. Die – wenn auch nachvollziehbaren – Versäumnisse der Verfügungsklägerinnen gehen prozessual zu ihren Lasten.
232In qualitativer Hinsicht erscheint der Kammer nach dem maßgeblichen Sachverhalt die Wesentlichkeit ebenfalls nicht gegeben. Wann ein Teil der Datenbank die Wesentlichkeitsgrenze überspringt, muss aus seiner Art unter Bezug zur Gesamtdatenbank bestimmt werden. Zur Bestimmung der Wesentlichkeit eines Teils und zu deren Abgrenzung von unwesentlichen Teilen ist auf eine Wechselwirkung zwischen der Art und dem Umfang des Teils und der Höhe der Investition abzustellen, die sich in dem Teil verwirklich. Dabei sind aber per se an die Erfüllung des Wesentlichkeitserfordernisses keine besonders strengen Anforderungen zu stellen (Fromm/Nordemann/Czychowski, 13. Aufl. 2024, UrhG § 87b Rn. 5 ff. mwN). Dabei bezieht sich der „wesentliche Teil” des Inhalts der Datenbank in qualitativer Hinsicht auf die Bedeutung der mit der Beschaffung, der Überprüfung oder der Darstellung des Inhalts des Gegenstands der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe verbundenen Investitionen unabhängig davon, ob dieser Gegenstand einen quantitativ wesentlichen Teil des allgemeinen Inhalts der geschützten Datenbank darstellt (BGH GRUR 2005, 857, 859 – HIT BILANZ; in diesem Sinne auch: Dreier/Schulze/Dreier, 8. Aufl. 2025, UrhG § 87b Rn. 7).
233Auch hier stellt sich das Problem des nur eingeschränkt konkret vorgetragenen Sachverhalts. Dem entsprechend bleibt es der Kammer zunächst nur zur Entscheidung vorbehalten, dass die hier betroffenen Metadaten in abstrakter Hinsicht nicht per se qualitativ wesentlich sind. Die Mediathek könnte auch ohne eine Vielzahl der Metadaten funktionieren, solange die Videodateien abrufbar sind und die wesentlichen Informationen wie der Titel angegeben sind. Vorschaubilder und Kurzbeschreibungen sowie Detailinformationen zu Beteiligten oder zu den Inhalten an sich sind daneben sicherlich sinnvoll und für Nutzende von Bedeutung. In datenbankrechtlicher Hinsicht ist allerdings mit dem hier vorliegenden Sachverhalt jedenfalls nicht auszuschließen, dass es sich auch um unwesentliche Teile handeln könnte.
234Mit Blick auf Metadaten von ARD Foto bzw. Drittanbietern führt ein etwaiger Verstoß der Verfügungsbeklagten oder der Drittanbieter gegen vertragliche Vereinbarungen nicht zu einer Verletzung des Datenbankherstellerrechts. Insoweit mögen ggf. vertraglichen Ansprüche bestehen, was hier nicht geprüft werden kann. Solche Ansprüche werden von den Verfügungsklägerinnen auch nicht geltend gemacht.
235bb) Dasselbe gilt im Ergebnis für die nach § 87b Abs. 1 S. 2 UrhG erfasste Rechtsverletzung durch die wiederholte und systematische Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank, sofern diese Handlungen einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen.
236Dabei ist das Kriterium der wiederholten und systematischen Nutzung von Metadaten unstreitig. Die Verfügungsbeklagte räumt ein, dass sie insoweit im nicht näher bekannten Umfang Daten gescraped und in ihrer Plattform (durch Verlinkung) eingebunden hat. Für die Problematik der Verlinkung gilt auch hier das Vorstehende – die Verlinkung von Vorschaubildern an sich dürfte am Maßstab von Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-RL zu messen sein, was hier nicht gegenständlich ist. Inwiefern die übrigen Texte und Sachinformationen „verlinkt“ sind oder auf Servern der Verfügungsbeklagten gespeichert sind, ist der Kammer aus dem Sachvortrag nicht klar geworden. Dies kann aber im Ergebnis dahinstehen. Denn allein im Scraping der Metadaten dürfte bereits eine wiederholte und systematische Entnahme bzw. Vervielfältigung von Daten liegen (vgl. dazu OLG Köln, ZUM-RD 2020, 244, 248).
237Allerdings ist für die zugrunde liegende unionsrechtliche Norm in Art. 7 Abs. 5 der DatenbankRL erforderlich, dass die einzelnen Nutzungshandlungen mit Blick auf unwesentliche Teile durch ihre kumulative Wirkung dahin gehen, die Gesamtheit oder einen wesentlichen Teil des Inhalts dieser Datenbank wieder herzustellen und/oder der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen (EuGH GRUR 2005, 244, 251f. – BHB-Pferdewetten; Fromm/Nordemann/Czychowski, 13. Aufl. 2024, UrhG § 87b Rn. 23). Dies kann im Ergebnis ebenso wie oben dargestellt nicht geprüft werden. Folglich muss auch nicht entschieden werden, ob dieses Scraping einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderläuft oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigt.
238c) Antrag zu 1.2 (Medienstaatsvertrag)
239aa) Antrag zu 1.2.1
240Die Verfügungsklägerinnen haben gegen die Verfügungsbeklagte keinen Unterlassungsanspruch aus §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB iVm § 80 Abs. 1 Nr. 3 MStV. Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei § 80 Abs. 1 Nr. 3 MStV um ein Schutzgesetz gem. § 823 Abs. 2 BGB handelt.
241Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das nationale Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Unionsrechts anzuwenden hat, gehalten, für ihre volle Wirksamkeit zu sorgen, indem es erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Rechtsvorschrift aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Vorschrift auf gesetzgeberischem Weg oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste (EuGH, Urteil vom 5. April 2016 - C-689/13, EuZW 2016, 431 Rn. 40 - PFE/Airgest; zitiert nach: BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 – I ZR 64/17 – Dead Island, Rn. 41, juris)
242So liegt der Fall hier. Denn die Kammer hält die Norm im hier maßgeblichen Teil für unionsrechtswidrig, weil es nicht mit harmonisiertem Urheberrecht in Einklang zu bringen ist, und deshalb unanwendbar.
243(1) Nach § 80 Abs. 1 Nr. 3 MStV dürfen – soweit hier maßgeblich - ohne Einwilligung des jeweiligen Anbieters rundfunkähnlicher Telemedien (gem. § 2 Nr. 13, 18 MStV) dessen rundfunkähnliche Telemedien oder Teile davon nicht in Angebotspakete aufgenommen oder in anderer Weise entgeltlich oder unentgeltlich vermarktet oder öffentlich zugänglich gemacht werden. Dieses Verbot gilt nach § 78 Abs. 1 S. 1 MStV für (u.a.) alle Medienplattformen im Sinne von § 2 Nr. 14 MStV.
244Die ARD Mediathek stellt dabei ein rundfunkähnliches Telemedium (gem. § 2 Nr. 13 MStV) dar. Die Verfügungsklägerinnen sind auch Anbieterinnen davon gem. § 2 Nr. 18 MStV. Es ist nach den Feststellungen davon auszugehen, dass alle Verfügungsklägerinnen gemeinsam über die Auswahl der Inhalte entscheiden und – jeweils für ihren Bereich – die inhaltliche Verantwortung tragen. Die Verfügungsbeklagte ist Anbieterin von K., somit verantwortlich gem. § 2 Nr. 19 MStV für dieses Gesamtangebot gem. § 2 Nr. 14 MStV.
245(2) Der Antrag der Verfügungsklägerinnen zielt dabei seinem Wortlaut nach auf die „Vermarktung“, was nur eine von mehreren Varianten des § 80 Abs. 1 Nr. 3 MStV darstellt. Auch die Antragsbegründung beschränkt sich auf diese Variante. Demnach beschränkt die Kammer ihre Prüfung auch allein auf das Merkmal der Vermarktung und lässt die Merkmale der „Aufnahme in Angebotspakete“ sowie der „öffentlichen Zugänglichmachung“ außer Acht, wobei die „Aufnahme in Angebotspakete“ ein Spezialfall der Vermarktung darstellt (Oster, in: HK-MStV, § 80, Rn. 18).
246(3) Was unter dem Begriff der „Vermarktung“ zu verstehen ist, ist weder im MStV definiert, noch sonst Gegenstand einer gefestigten Auslegung. Das Vermarktungsverbot soll in erster Linie die Vermarktungsstrategien des Anbieters schützen, indem jegliche – sogar die unentgeltliche – Vermarktung, die ohne seine Zustimmung erfolgt, dem Anbieter der Medienplattform untersagt wird. Dies schütze die Inhalteanbieter in der von ihnen gewählten Vermarktungslinie, trägt dem Umstand Rechnung, dass die Frage, wer die jeweilige Endkundenbeziehung in Vermarktungsverträgen besitzt, eine wirtschaftlich erhebliche Bedeutung aufweist, und schützt vor allem öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter davor, dass von ihnen als Programmpaket angelieferte Inhalte in anderer Weise als von ihnen gewünscht ausgeliefert oder gar mit einer unerwünschten (ggf. auch Grund-)Verschlüsselung versehen an die Endkunden weitergegeben werden. (vgl. BeckOK InfoMedienR/Gummer/Atamanczuk, 47. Ed. 1.2.2025, MStV § 80 Rn. 14). Als Vermarktung (in anderer Weise) gelte letztlich jede Darstellung des Rundfunkprogramms bzw. Telemedienangebots im Bereich der Medienplattform oder der Benutzeroberfläche, also jede Einbindung in deren Geschäftsmodell. Ob die Einbindung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt, ist nach dem Wortlaut der Norm ausdrücklich nicht relevant; auch die Darstellung in einem unentgeltlichen Angebot ist untersagt (Beck RundfunkR/Assion, 5. Aufl. 2024, MStV § 80 Rn. 42). Die Norm enthält zum Schutz der Inhalteanbieter ein Entbündelungsverbot. Dieses untersagt dem Plattformbetreiber, Plattformanbieter bzw. Anbieter von Benutzeroberflächen, ohne Einwilligung des Inhalteanbieters die ihm zur Verbreitung zur Verfügung gestellten Inhaltepakete „aufzuschnüren“ und in ihrer Zusammensetzung zu verändern. Eine solche Veränderung stellt es beispielsweise dar, wenn mehrere bereits als Bündel zusammengestellte Programme eines Anbieters nur teilweise dem Endkunden angeboten oder in neu zusammengestellten Angebotspaketen mit den Inhalten anderer Anbieter zusammengetan werden (Oster, in: HK-MStV, § 80, Rn. 18).
247(4) Dabei ist – parallel zu den obigen Ausführungen zur Datenbank – festzustellen, dass es der Verfügungsbeklagten unstreitig nicht gelungen ist, die gesamte ARD Mediathek „nachzubauen“. Der Antrag kann demnach jedenfalls mit Blick auf eine Vermarktung des gesamten rundfunkähnlichen Telemediums keinen Erfolg haben. Es bedarf insoweit keiner weiteren Ausführungen.
248(5) Mit Blick auf eine Vermarktung von „Teilen“ eines rundfunkähnlichen Telemediums, die hier wohl anzunehmen ist, hat die Kammer erhebliche Zweifel an der Bestimmtheit der Norm und der Vereinbarkeit der Norm mit Bundesrecht (sprich: § 87b Abs. 1 UrhG) und europäischem Recht (sprich: Art. 7 DatenbankRL und Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-RL). Die oben genannten Kommentarstellen verhalten sich zu diesem Thema nicht. Dabei beruht § 80 Abs. 1 Nr. 3 MStV (anders als die Nrn. 1 und 2) nicht auf Art. 7b AVMD-RL = RL 2010/13/EU (Beck RundfunkR/Assion, 5. Aufl. 2024, MStV § 80 Rn. 38). Es handelt sich damit um rein nationales Recht im Rang des Landesrechts. Da das Bundesrecht wiederum harmonisiert ist, bedarf es vorliegend keiner Feststellung nach Art. 31 GG (für die die Kammer nicht zuständig wäre), sondern § 80 Abs. 1 Nr. 3 MStV bedarf der unionsrechtskonformen Auslegung.
249Soweit es um die Bestimmtheit geht, ergibt sich aus der Norm keinerlei Konkretisierung der „Teile“ von rundfunkähnlichen Telemedien. Denkbar ist demnach die Auslegung, dass selbst einzelne Videoinhalte als eigenständige „Teile“ des rundfunkähnlichen Telemediums bereits in den Anwendungsbereich der Norm fallen (so wohl ausdrücklich die Gesetzesbegründung in BayLT Drs. 18/7640, S. 103). Denn nach § 2 Nr. 13 Hs. 2 MStV sind Inhalte, insbesondere Hörspiele, Spielfilme, Serien, Reportagen, Dokumentationen, Unterhaltungs-, Informations- oder Kindersendungen. In der strengsten Auslegung ist jeder einzelne Inhalt, ggf. sogar Teile dieser Inhalte vom Vermarktungsverbot erfasst. Diese Regelung ist mit Blick auf die Ahndungsmöglichkeit als Ordnungswidrigkeit gem. § 115 Abs. 2 Nr. 25 MStV bedenklich unbestimmt und unverhältnismäßig.
250Abgesehen davon führt diese strenge Auslegung von § 80 Abs. 1 Nr. 3 MStV zu einem unauflösbaren Konflikt mit urheberrechtlichen Normen. Wie oben bereits dargestellt, ist unter Geltung des Datenbankschutzes sui generis nur die Entnahme und Weiterverwendung wesentlicher Teile einer Datenbank dem Datenbankhersteller vorbehalten (Art. 7 DatenbankRL, § 87b Abs. 1 S. 1 UrhG). Die Entnahme und Weiterverwendung unwesentlicher Teile einer Datenbank muss hingegen im Ergebnis zur Erstellung eines wesentlichen Teils der Datenbank führen (s.o., EuGH GRUR 2005, 244, 251f. – BHB-Pferdewetten). Das Unionsrecht gebietet also mit Blick auf gesamte Datenbanken jedenfalls eine Beschränkung auf wesentliche Teile der Datenbank. Außerdem wurde oben bereits hinlänglich dargelegt, dass die Verlinkung einzelner Inhalte bzw. Werke regelmäßig keine öffentliche Wiedergabe nach Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-RL darstellt, mit anderen Worten urheberrechtlich nicht zu untersagen ist. Denkbar ist auch eine Zulässigkeit in Folge der Anwendung urheberrechtlicher Schranken, etwa §§ 50, 51, 51a UrhG. Folglich würde eine Ahndung nach § 80 Abs. 1 Nr. 3 MStV ein Verhalten ahnden, dass urheberrechtlich gestattet ist (bzw. sein kann) und demnach die gesamte dogmatische Begründung der Verlinkungsrechtsprechung des EuGH, die vom BGH ebenfalls angewandt wird, aushebeln und umgehen. Eine solche Umgehung kann nicht mit dem Regelungsziel der Medienplattformregulierung begründet werden. Denn die Materie der Medienplattformregulierung lässt sich nicht ohne Beachtung urheberrechtlicher Normen denken, weil zwangsläufig diverse Werke und Leistungsschutzrechte betroffen sind.
251(6) Vor diesem Hintergrund kommt keine unionsrechtskonforme Auslegung in Betracht, die zu einer (eingeschränkten) Auslegung der Norm, etwa nur auf wesentliche Teile eines Telemediums, in Betracht. Auch insoweit würden immer noch maßgebliche Auslegungskonflikte und Wertungswidersprüche zur InfoSoc-RL bestehen bleiben. Stattdessen ist die nationale Vorschrift wegen des Vorrangs des Unionsrechts unanwendbar (vgl. dazu grundlegend Dauses/Ludwigs EU-WirtschaftsR-HdB/Polzin, 61. EL September 2024, A. A.IV. Rn. 4 mwN aus der EuGH-Rspr.; grdl. Zum Anwendungsvorrang EuGH Slg. 1964, 1251 (Costa/ENEL)). Dazu ist die Kammer aus eigener Entscheidungsbefugnis berechtigt (EuGH, Urteil vom 9. 3. 1978 - Rs 106/77, NJW 1978, 1741). Eine ggf. denkbare Vorlage an den EuGH nach Art. 267 Abs. 2 AEUV kommt angesichts des hiesigen Eilverfahrens nicht in Betracht.
252bb) Antrag zu 1.2.2
253Die Verfügungsklägerinnen haben auch keinen Anspruch gegen die Verfügungsbeklagte aus §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB iVm § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 MStV. Die Kammer hält die angegriffene Verhaltensweise der Verfügungsbeklagten nicht für einen Verstoß gegen die medienstaatsrechtliche Norm in unionsrechtskonformer Auslegung nach der AVMD-RL. Auch insoweit muss nicht entschieden werden, ob es sich um ein Schutzgesetz nach § 823 Abs. 2 BGB handelt.
254(1) Nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 MStV dürfen – soweit hier maßgeblich - ohne Einwilligung des jeweiligen Anbieters rundfunkähnlicher Telemedien (gem. § 2 Nr. 13, 18 MStV) dessen rundfunkähnliche Telemedien oder Teile davon nicht inhaltlich verändert werden. Dieses Verbot gilt ebenfalls nach § 78 Abs. 1 S. 1 MStV für (u.a.) alle Medienplattformen im Sinne von § 2 Nr. 14 MStV.
255(2) Auch hier ist die Auslegung des Begriffs der „inhaltlichen Veränderung“ nicht hinreichend geklärt.
256Wie oben bereits festgestellt, erfassen die genannten Normen die Parteien und ihre hier gegenständlichen Plattformen. Der Plattformanbieter bzw. -betreiber und der Anbieter von Benutzeroberflächen sind nicht befugt, ohne Einwilligung inhaltliche Änderungen an zugelieferten Angeboten vorzunehmen, was über § 105 Abs. 1 Nr. 9 MStV regulatorischen Schutz genießt.
257Nach der Kommentarliteratur soll eine inhaltliche Veränderung etwa dann gegeben sein, wenn der Plattformbetreiber das Programm mit eigenen Angeboten wie etwa Werbung überblendet, was aber nunmehr ausdrücklich von § 80 Abs. 1 Nr. 2 MStV erfasst ist (Oster, in: HK-MStV, § 80, Rn. 15). Das Veränderungsverbot bezieht sich auf inhaltliche wie auch technische Veränderungen und meint damit zunächst wohl jedwede Veränderung des angelieferten Signals (BeckOK InfoMedienR/Gummer/Atamanczuk, 47. Ed. 1.2.2025, MStV § 80 Rn. 7). § 80 Abs. 1 Nr. 1 MStV schützt u.a. die Unveränderlichkeit des Programms bzw. Telemediums in der Form, wie es beim Rezipienten gesehen und gehört wird, dh als Kombination von Bild und Ton bzw. als reine Tonwiedergabe (Beck RundfunkR/Assion, 5. Aufl. 2024, MStV § 80 Rn. 29).
258Diese Kommentierungen bleiben insgesamt eher konturlos. Auffällig ist aber, dass von zwei Kommentatoren auf die „Anlieferung“ von Signalen abgestellt wird. Dieser Fall liegt hier ersichtlich nicht vor, weil die Verfügungsbeklagte sich das „Signal“ sozusagen selbst beschafft. Klärungsbedürftig ist demnach, ob die Norm nur im vertraglichen Bereich bzw. im Zuge einer sonst wie gearteten Inhaltekooperation gilt.
259Dies und die konkrete Auslegung der Norm sind demnach anhand der hier gegebenen unionsrechtlichen Grundlage zu bestimmen. § 80 Abs. 1 Nr. 1 MStV dient der Umsetzung von Art. 7b AVMD-RL = RL 2010/13/EU, geändert durch RL (EU) 2018/1808 (vgl. Beck RundfunkR/Assion, 5. Aufl. 2024, MStV § 80 Rn. 11, 28). Nach Art. 7b Abs. 1 AVMD-RL ergreifen die Mitgliedstaaten angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen, um sicherzustellen, dass von Mediendiensteanbietern bereitgestellte audiovisuelle Mediendienste nicht ohne die ausdrückliche Zustimmung dieser Anbieter zu kommerziellen Zwecken überblendet oder verändert werden. Nach Abs. 2 bestimmen die Mitgliedstaaten für die Zwecke dieses Artikels die genauen rechtlichen Bedingungen einschließlich Ausnahmen – insbesondere zur Wahrung der berechtigten Interessen der Nutzer –, wobei sie die berechtigten Interessen der Mediendiensteanbieter berücksichtigen, die die audiovisuellen Mediendienste ursprünglich bereitgestellt haben.
260Nach ErwGr 26 der ÄnderungsRL (EU) 2018/1808 gilt was folgt:
261„Um die redaktionelle Verantwortung der Mediendiensteanbieter und die audiovisuelle Wertschöpfungskette zu schützen, ist es unerlässlich, dass die Integrität der Sendungen und audiovisuellen Mediendienste der Mediendiensteabieter sichergestellt werden kann. Sendungen und audiovisuelle Mediendienste sollten ohne Kürzung, Veränderung oder Unterbrechung und ohne Überblendung für kommerzielle Zwecke übertragen werden, es sei denn, die betreffenden Mediendienstanbieter haben dem ausdrücklich zugestimmt. Die Mitgliedstaaten sollten gewährleisten, dass die Zustimmung des Mediendiensteanbieters bei Überblendungen, die vom Empfänger des Dienstes ausschließlich zum privaten Gebrauch ausgelöst oder genehmigt werden, wie etwa Überblendungen durch Dienste für die individuelle Kommunikation, nicht erforderlich ist. Steuerungselemente von Benutzeroberflächen, die wie Lautstärkeregler, Suchfunktionen, Navigationsmenüs oder Senderübersichten für die Bedienung des Geräts oder das Anwählen des Dienstes erforderlich sind, sollten nicht erfasst werden. Zulässige Überblendungen wie Warnhinweise, Informationen von öffentlichem Interesse, Untertitel oder Überblendungen mit kommerzieller Kommunikation, die vom Mediendiensteanbieter bereitgestellt werden, sollten ebenfalls nicht unter diese Bestimmung fallen. Unbeschadet der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates sollten auch Datenkomprimierungsverfahren zur Reduzierung der Größe einer Datei und andere technische Verfahren zur Anpassung eines Dienstes an das Mittel der Verbreitung (wie Auflösung und Codierung), in deren Fall der Inhalt in keiner Weise verändert wird, nicht erfasst werden.
262Maßnahmen zum Schutz der Integrität von Sendungen und audiovisuellen Mediendiensten sollten verhängt werden, wenn sie notwendig sind, um von Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Unionsrecht eindeutig festgelegte Ziele von allgemeinem Interesse zu erreichen. Durch solche Maßnahmen sollten Unternehmen verhältnismäßige Verpflichtungen in Verfolgung legitimer öffentlicher Interessen auferlegt werden.“
263Geschützt werden sollen also maßgeblich die redaktionelle Verantwortung der Mediendiensteanbieter und die audiovisuelle Wertschöpfungskette. Die Übertragung soll ohne Kürzung, Veränderung oder Unterbrechung und ohne Überblendung erfolgen. Maßnahmen zum Schutz der Integrität von Sendungen und audiovisuellen Mediendiensten müssen notwendig sein, um Ziele von allgemeinem Interesse zu erreichen.
264Nach diesen Grundsätzen erkennt die Kammer vorliegend im Streitfall unter Beachtung der konkreten Besonderheiten des Falls keine unter die Norm fallende inhaltliche Veränderung der ARD Mediathek. Jedenfalls erscheint ein gerichtliches Verbot unverhältnismäßig.
265Dabei ist an dieser Stelle angesichts der unionsrechtlichen Determiniertheit von § 80 Abs. 1 Nr. 1 MStV kein Anwendungsvorrang des Urheberrechts bzw. des Datenbankherstellerrechts anzunehmen. Vielmehr sind die Normen der DatenbankRL und der InfoSoc-RL in praktischer Konkordanz mit den Regeln der AVMD-RL auszulegen. Dabei gilt wiederum, dass das Verbot inhaltlicher Veränderungen nicht zum Verbot urheberrechtlich erlaubter Handlungsweisen führen darf. Bei der inhaltlichen Veränderung gem. § 80 Abs. 1 Nr. 1 MStV geht es aber im Ergebnis aus urheberrechtlicher Sicht um einen Bearbeitungsschutz. Mit Blick auf Werke ist die bloße Veränderung zwar nicht verboten (vgl. zum deutschen Recht, § 23 UrhG), jedoch deren Verwertung nur mit Zustimmung der Rechteinhaber zulässig. Hier ist aber mit der inhaltlichen Änderung auch zwangsläufig eine entsprechende Sichtbarkeit beim Nutzer verbunden, sodass die Normen im Ergebnis gleichlaufen. Auch ein generelles und umfassendes Änderungsverbot für Datenbanken besteht nicht außerhalb der in § 87b UrhG genannten Rechte.
266Weder die unionsrechtliche Grundlage, noch der Gesetzgeber hatten den hier gegenständlichen Fall des „Embeddings“ freier Inhalte im Internet vor Augen. Die Erwägungen zielen eher auf eine Veränderung im Rahmen bestehender und gewollter Signal- oder Inhaltelieferungen ab, bei denen die Abnehmer keine Veränderungen vornehmen sollen. Hier aber versucht die Verfügungsbeklagte eine weitestgehende Integrität der Inhalte der ARD Mediathek zu erreichen, schafft dies jedoch aus nicht bekannten Gründen nicht vollständig. Es ist also kein Fall, der gewollten Veränderung des rundfunkähnlichen Telemediums, sondern eine Folge des eigenmächtigen Nachbaus der ARD Mediathek. Die Kammer hält dabei auch keinen „erst-recht“-Schluss für angezeigt, um die hier gegenständliche Verhaltensweise zu erfassen. Die Kammer hält die Verhaltensweise der Verfügungsbeklagten vielmehr für schlicht nicht unter den sachlichen Anwendungsbereich des Verbots fallend.
267Im Übrigen erscheint ein (gerichtliches) Verbot nach dem oben zitierten Erwägungsgrund und Art. 7b AVMD-RL nicht für erforderlich und angemessen. Es ist schon deshalb nicht erforderlich, weil andere unionsrechtliche Normen, konkret die DatenbankRL, spezieller sind und den Fall konkret betreffen. Selbst wenn man dies anders sehen würde, ist ein Verbot unter Berücksichtigung der Interessen der Parteien und der Allgemeinheit nicht angemessen. Der Allgemeinheit, insbesondere den Nutzern, entsteht durch die Ausspielung von ARD Inhalten bei K. kein Nachteil. Der Verfügungsbeklagten würde durch eine überbordende Auslegung der AVMD-RL ggf. ein nach der InfoSoc-RL urheberrechtlich zulässiges Verhalten verboten oder zumindest erschwert. Dagegen erscheinen die Interessen der Verfügungsklägerinnen in spezifisch medienstaatsrechtlicher Sicht nur nachrangig betroffen. Die von ihnen angeführte Integrität ihrer Kuratierung dürfte nicht unter die geschützte redaktionelle Verantwortung und die audiovisuelle Wertschöpfungskette zu fassen sein und demnach nicht überwiegen.
268cc) Antrag zu 1.2.3
269Die Verfügungsklägerinnen haben aus denselben Gründen auch keinen Anspruch gegen die Verfügungsbeklagte aus §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB iVm § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 MStV wegen einer angeblichen technischen Veränderung der ARD Mediathek.
270Eine „technische Veränderung“ gem. § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 MStV betrifft die Veränderung des die Inhalte tragenden Signals. Die damit gemeinte Signalintegrität wird nicht als Selbstzweck geschützt, sondern als Mittel zum Zweck der Akzeptanz eines bestimmten Angebots beim Nutzer und somit letztlich die Inhaltsintegrität des Rundfunkprogramms bzw. der Telemedien. Eine solche technische Veränderung liegt beispielsweise in der Verschlüsselung eines Programmsignals (Oster, in: HK-MStV, § 80, Rn. 16). Geschützt ist auch die technische Integrität, dh die Integrität des Datenstroms, in den die Bild- und Tonsignale eingebettet sind (Beck RundfunkR/Assion, 5. Aufl. 2024, MStV § 80 Rn. 29). Im Übrigen wird auf die vorgenannten Referenzen aus der AVMD-RL verwiesen, die für eine technische Veränderung jedoch unergiebig erscheinen. Auch im Übrigen kann auf die obigen Ausführungen zum Antrag 1.2.2 verwiesen werden.
271Danach ist nicht von einer technischen Veränderung im vorstehenden Sinne auszugehen.
272Die Verfügungsklägerinnen folgern aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 MStV, dass „die Integrität der Einheit von Player und Video“ geschützt sei. Auch das Fehlen bestimmter Funktionen beim K.-Player verletze die technische Integrität der ARD Mediathek.
273Dies überzeugt die Kammer nicht. Eine derart weitgehende Auslegung der technischen Integrität hält die Kammer für nicht vom Wortlaut der Norm und von ihren unionsrechtlichen Grundlagen gedeckt. Vielmehr ergeben sich auch an dieser Stelle wiederum Friktionen mit der ggf. nach Art. 3 Abs. 1 InfoSoc-RL zulässigen Verlinkung der frei zugänglichen Inhalte. Dass die Verfügungsklägerinnen in medienrechtlicher Hinsicht einen Anspruch auf die Verwendung „ihrer“ Playersoftware in der angegriffenen Medienplattform und im Endgerät des Nutzers haben, scheint fernliegend. Wiederum dürfte der vorliegende Fall vom Gesetzgeber bei der Gesetzesfassung nicht bedacht worden sein. Ein (gerichtliches) Verbot hält die Kammer für unverhältnismäßig.
274d) Antrag zu 1.3 (Markenrecht)
275Die Verfügungsklägerinnen haben markenrechtliche Unterlassungsansprüche gegen die Verfügungsbeklagte.
276aa) Antrag 1.3.1 (ARD Mediathek)
277Den Verfügungsklägerinnen steht der mit (Haupt-)Antrag zu 1.3.1 geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte aus § 14 Abs. 5 iVm Abs. 2 MarkenG zu.
278(1) Die Verfügungsklägerinnen sind zur Geltendmachung der Unterlassungsansprüche aus der Klagemarke berechtigt. Die Verletzungsansprüche stehen dem Inhaber des verletzten Kennzeichenrechts zu (Ingerl/Rohnke/Nordemann, MarkenG, 4. Aufl. 2023, vor § 14 Rn. 10). Vorliegend sind alle Verfügungsklägerinnen gemeinsam als Inhaber der deutschen Wort-/Bildmarke „ARD Mediathek“, Nr. N03, eingetragen (Bl. 1055 GA).
279(2) Die Verfügungsbeklagte hat die Bezeichnung „ARD Mediathek“ markenmäßig benutzt.
280Eine rechtsverletzende Benutzung setzt nach der Rechtsprechung des EuGH voraus, dass die spezifischen Interessen des Markeninhabers deshalb betroffen sind, weil die Benutzung durch den Dritten die Funktionen der Y. beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte, insbesondere ihre Hauptfunktion, dh die Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, daneben aber auch die Kommunikations-, Investitions- und Werbefunktion der Y. (Ingerl/Rohnke/Nordemann, MarkenG, 4. Aufl. 2023, vor § 14 Rn. 128 mwN). Ein danach für § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG notwendiger markenmäßiger Gebrauch liegt nach der Rechtsprechung des BGH vor, wenn die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes zumindest auch der Unterscheidung der gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (BGH GRUR 2010, 1103 - Pralinenform II; Ströbele/Hacker, MarkenG, 12. Aufl, § 14 Rn. 121). Der Begriff des markenmäßigen Gebrauchs ist im Interesse eines umfassenden Kennzeichenschutzes grundsätzlich weit zu fassen (OLG Köln WRP 2014, 973 Rn. 14 – Aztekenofen)
281Das ist hier der Fall. Die Verfügungsbeklagte hat zur Bezeichnung der von ihr besonders gelisteten „ARD Mediathek“ genau diesen Begriff verwendet, um diese Mediathek von anderen Mediatheken und von eigenen Inhalten der K.-Plattform abzugrenzen. Darin liegt auch nach der maßgeblichen Verkehrsauffassung keine reine Beschreibung.
282(3) Die Verfügungsbeklagte handelte auch unstreitig im geschäftlichen Verkehr.
283(4) Es liegt ein Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor, weil Verwechslungsgefahr zwischen der Klägermarke und der konkreten Nutzung durch die Verfügungsbeklagte besteht.
284Nach 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Y. im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Y. und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Y. und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Y. gedanklich in Verbindung gebracht wird.
285Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aber gegebenenfalls nur aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rn. 369). Die Frage, ob eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder der Ähnlichkeit der Zeichen und der Identität oder der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Y., so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Y. ausgeglichen werden kann und umgekehrt. Die Prüfung der Verwechslungsgefahr als Rechtsfrage erfordert eine Beurteilung des Gesamteindrucks der Zeichen aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise, die im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegt (BGH GRUR 2019, 173 - combit/commit).
286Zwischen den Dienstleistungen, für die die Y. Schutz genießt, und denen, die die Verfügungsbeklagte mit dem angegriffenen Logo versehen hat, besteht Identität. Beide bieten etwa die Übermittlung von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer an.
287Die Klagemarke verfügt über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die Kennzeichnungskraft bezeichnet die Eignung einer Y. als Herkunftshinweis zu dienen. Liegen keine konkreten Anhaltspunkte für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft vor, ist von einer normalen Kennzeichnungskraft auszugehen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 12. Aufl, § 9 Rn. 142).
288Es besteht auch Zeichenähnlichkeit. Eingetragen ist die Y. wie folgt:
289„Bilddarstellung wurde entfernt“
290Genutzt wird die Y. wie folgt:
291„Bilddarstellung wurde entfernt“
292Und
293„Bilddarstellung wurde entfernt“
294Und
295„Bilddarstellung wurde entfernt“
296Und
297„Bilddarstellung wurde entfernt“
298Damit geht zwar keine identische Nutzung einher, wohl aber eine hochgradige Ähnlichkeit.
299Für die Frage der Zeichenähnlichkeit ist bei Wortbildmarken zwischen der phonetischen und der bildlichen Ähnlichkeit zu unterscheiden. In klanglicher Hinsicht ist von dem allgemein anerkannten Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr idR dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform die prägende Bedeutung zumisst (Ströbele / Hacker / Thiering, Markengesetz, 12. Auflage 2018, § 9 MarkenG, Rn. 455). Vor diesem Hintergrund besteht in klanglicher Hinsicht nahezu Identität. Ein bildlicher Vergleich erübrigt sich, weil die Verfügungsbeklagte nur den Wortbestandteil verwendet.
300Bei der Gesamtwürdigung führen die durchschnittliche Kennzeichnungskraft, die hochgradige Zeichenähnlichkeit und Dienstleistungsidentität zur Annahme einer Verwechslungsgefahr.
301(5) Diese Markennutzung ist auch rechtswidrig. Die Verfügungsklägerinnen haben dieser Nutzung nicht zugestimmt. Die Verfügungsbeklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf Schrankenregelungen beruhen.
302Insbesondere ist § 23 MarkenG hier nicht einschlägig, insbesondere nicht dessen Nr. 3. Demnach darf der Inhaber einer Y. oder einer geschäftlichen Bezeichnung einem Dritten nicht untersagen, im geschäftlichen Verkehr Folgendes zu benutzen: die Y. oder die geschäftliche Bezeichnung zu Zwecken der Identifizierung oder zum Verweis auf Waren oder Dienstleistungen als die des Inhabers der Y., insbesondere wenn die Benutzung der Y. als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil oder einer Dienstleistung erforderlich ist.
303Eine bloße Bestimmungsangabe im Sinne der Nr. 3 liegt nicht mehr vor, wenn das Produkt des Dritten selbst mit dem fremden Kennzeichen wie mit einem eigenen gekennzeichnet wird (Ingerl/Rohnke/Nordemann/Boddien aaO, § 23 Rn. 111). Dies ist hier der Fall, wenn die Verfügungsbeklagte die Bezeichnung „ARD Mediathek über K.“ benutzt.
304Im Übrigen ist die Zeichenverwendung nicht erforderlich im Sinne der Vorschrift. Die Erlaubnis des § 23 Nr. 3 MarkenG erfordert, dass die Markennutzung praktisch das einzige Mittel darstellt, um der Öffentlichkeit eine verständliche und vollständige Information über die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung zu liefern (Ingerl/Rohnke/Nordemann/Boddien aaO, § 23 Rn. 117). Dies ist hier nicht der Fall. Es wären durchaus beschreibende Formulierungen denkbar, ohne den Begriff „ARD Mediathek“ zu verwenden.
305(6) Auch an dieser Stelle ist die indizierte Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt worden.
306bb) Antrag 1.3.2 (Das Erste)
307Den Verfügungsklägerinnen steht auch der mit Antrag zu 1.3.2 geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte aus § 14 Abs. 5 iVm Abs. 2 MarkenG zu.
308Es kann im Wesentlichen auf die Ausführungen zum Antrag zu 1.3.1 verwiesen werden. Vorliegend sind alle Verfügungsklägerinnen gemeinsam als Inhaberin der deutschen Wortmarke „Das Erste“, Nr. N02, eingetragen (Bl. 1073 GA). Die unten eingeblendete Verwendung von „Das Erste“ erfolgt wiederum markenmäßig, was auch hier alleine anhand der Abgrenzung zu anderen (ggf. markenrechtlich geschützten) Senderlogos etc. anzunehmen ist.
309Es besteht auch hier Verwechslungsgefahr.
310Eingetragen ist die Y. mit dem Wort „Das Erste“.
311Genutzt wird die Y. wie folgt:
312„Bilddarstellung wurde entfernt“
313Und
314„Bilddarstellung wurde entfernt“
315Die Verwechslungsgefahr ist wegen mittlerer Zeichenähnlichkeit – es wird nur der Wortbestandteil in einer Wort-Bild-Kombination genutzt –, der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und Dienstleistungsidentität gegeben.
316Auch diese Markennutzung erfolgte rechtswidrig. Der Kontext der Logonutzung erfolgt ausweislich der maßgeblichen Tenoranlage jeweils im Kontext von Mediatheken, nicht etwa von linearem Sendesignal oder sonstigen lizensierten Inhalten. Insofern ist die Logonutzung unter Verwendung der Wortmarke nicht notwendig, auch hier wären andere Bezeichnungsarten möglich und zumutbar gewesen.
317cc) Antrag 1.3.3 (ARD)
318Die Verfügungsklägerinnen haben außerdem einen Unterlassungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte aus § 15 Abs. 2, 4 MarkenG wegen der Verwendung des Worts „ARD“ in der URL entfernt.
319(1) Die Bezeichnung ARD ist ein Unternehmenskennzeichen gem. § 5 Abs. 2 MarkenG. Unternehmenskennzeichen sind gemäß § 5 Abs. 2 MarkenG Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden.
320Gegenstand der besonderen Bezeichnung muss ein Unternehmen oder ein abgegrenzter Teil des Unternehmens sein. Auf die Rechtsfähigkeit des Unternehmensteils kommt es nicht an, wohl aber auf seine organisatorische Selbständigkeit. Dies kann etwa ein bestimmter Geschäftszweig sein. Der Schutz für Unternehmenskennzeichen entsteht durch tatsächliche Handlungen, nicht formale Akte. Notwendig ist immer die Ingebrauchnahme im geschäftlichen Verkehr. Vorfrage für die Entstehung und Beendigung des Schutzes nach § 5 MarkenG ist die Kennzeichnungskraft. Fehlt die originäre Kennzeichnungskraft, entsteht der Schutz des Unternehmenskennzeichens erst mit Eintritt der Verkehrsgeltung (vgl. Ingerl/Rohnke/Nordemann/Nordemann-Schiffel, 4. Aufl. 2023, MarkenG § 5 Rn. 29, 33f. mwN).
321Nach diesen Grundsätzen ist „ARD“ ein geschütztes Unternehmenskennzeichen. Die ARD als Gemeinschaftsprgramm der Verfügungsklägerinnen mag dabei keine eigene Rechtspersönlichkeit aufweisen, ist aber nach den oben dargestellten Grundsätzen hinreichend organisatorisch selbständig. Die Bezeichnung ARD als Abkürzung für die „Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland“ wird von den Verfügungsklägerinnen als Bezeichnung u.a. für das Fernsehprogramm „Das Erste“ genutzt und ist als solches allgemein bekannt, was als offenkundig angesehen wird. Jedenfalls hat das Zeichen also Verkehrsgeltung.
322(2) Bei der Verwendung dieses Unternehmenskennzeichens durch die Verfügungsbeklagte handelt es sich um einen Verstoß gegen § 15 Abs. 2 MarkenG.
323Dabei handelt es sich zunächst um einen rechtsverletzenden Gebrauch. Die Kammer nimmt das von der Verfügungsbeklagten zitierte Urteil des OLG Düsseldorf (GRUR-RR 2006, 265 [266 f.] – Post-Domain-Pfad) zur Kenntnis, folgt dieser Ansicht jedoch nicht. Vielmehr geht die Kammer davon aus, dass eine Benutzung im Post-Domain-Pfad herkunftshinweisende Bedeutung haben kann. Eine Einzelfallbetrachtung ist angezeigt (vgl. Ingerl/Rohnke/Nordemann/Dustmann/Engels, 4. Aufl. 2023, MarkenG Anh. § 15 Rn. 122f.; OLG Hamburg GRUR-RR 2010, 476 – Kennzeichen in URL; OLG Nürnberg GRUR-RR 2022, 224; Hoeren/Sieber/Holznagel MMR-HdB/Viefhues, 62. EL Juni 2024, Teil 6 Rn. 105 ff.). Jedenfalls bei sehr kennzeichnungskräftigen Zeichen ist auch eine Wahrnehmung als betrieblicher Herkunftshinweis möglich (Ingerl/Rohnke/Nordemann/Dustmann/Engels, 4. Aufl. 2023, MarkenG Anh. § 15 Rn. 123).
324Demnach erscheint die Nutzung der bundesweit sehr bekannten Bezeichnung „ARD“ im Rahmen der URL entfernt als Benutzung mit betrieblichem Herkunftshinweis anzusehen. Wenn dem Nutzenden oder Interessierten diese URL begegnet wird er insoweit davon ausgehen, auf der entsprechenden Unterseite Inhalte der „ARD“ zu finden. Insoweit führt auch die Wahrnehmung der vorgehenden Bestandteile K.de nicht aus diesem betrieblichen Herkunftshinweis hinaus, weil der Verkehr unter K. kein eigenständiges Programm oder einen eigenständigen Sender, sondern die gebündelte Plattform von ProSiebenSat1 erwartet.
325Auch liegt angesichts der gesteigerten Kennzeichnungskraft des wohl auch nach § 15 Abs. 3 MarkenG bekannten Unternehmenskennzeichens, sowie der Zeichen- und Dienstleistungsidentität Verwechslungsgefahr vor.
326(3) Auch dies war rechtswidrig. Es wird auf die obigen Ausführungen, insbesondere zu § 23 MarkenG verwiesen. Gerade im Bereich der URL hätte es nahegelegen, einen generischen, nicht herkunftsmäßigen Begriff zu nutzen. Umgekehrt zeigt die Nutzung des Unternehmenskennzeichens gerade, dass es den Verfügungsbeklagten gerade auf die Anlehnung an den bekannten Namen der „ARD“ ankam.
327e) Antrag zu 1.4 (Lauterkeitsrecht)
328Die Verfügungsklägerinnen haben keinen lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte. Dieser folgt nicht aus dem nach dem Antragsvorbringen alleine zu prüfenden §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 3 UWG.
329(1) Die Kammer versteht das Begehren der Verfügungsklägerinnen so, dass sie sich als Schutzgegenstand auf ihre Dienstleistung „ARD Mediathek“ in ihrer Gesamtheit beziehen und in dem entsprechenden Angebot bei K. eine unlautere Nachahmung erblicken. Ansprüche wegen gezielter Mitbewerberbehinderung gem. § 4 Nr. 4 UWG werden hingegen nicht geltend gemacht.
330(2) Das UWG ist vorliegend anwendbar. Es gibt keine Sperrwirkung der Immaterialgüterrechte (vgl. BGH GRUR 2017, 79 Rn. 37 – Segmentstruktur).
331(3) Eine geschäftliche Handlung der Verfügungsbeklagten und ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien sind gegeben. Insbesondere sind betroffenen Leistungen der Parteien, also die ARD Mediathek der Verfügungsklägerinnen und das entsprechende Angebot über K., substituierbar für den angesprochenen Verkehr (vgl. nur jüngst BGH, Urteil vom 27.03.2025 – I ZR 64/24, GRUR-RS 2025, 5628 - Papierkrieg mit Airline).
332(4) Die Leistung der Verfügungsklägerinnen – deren Aktivlegitimation an dieser Stelle entsprechend wie im Rahmen des Datenbankherstellerrechts zu begründen ist – hat wettbewerbliche Eigenart.
333Wettbewerbliche Eigenart setzt voraus, dass die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten eines Produktes hinzuweisen. Dabei geht es um die Frage, ob die Gestaltung des Produktes vom Verkehr auf eine gleichbleibende Herkunftsquelle zurückgeführt wird, was unabhängig davon ist, ob die Herkunftsquelle auch namentlich benannt werden kann (BGH GRUR 2018, 311 R. 14 - Handfugenpistole). Entscheidend ist der Gesamteindruck beim angesprochenen Verkehr (BGH GRUR 2010, 80 Tz. 34 - LIKEaBIKE; GRUR 2013, 951 Tz. 19 - Regalsystem, GRUR 2013, 1052 Tz. 20 - Einkaufswagen III), der auch aus dem Zusammenwirken besonders gestalteter Elemente resultieren kann (vgl. BGH GRUR 2006, 79 Tz. 26 - Jeans I; GRUR 2008, 1115 Tz. 20 - ICON). Übliche Gestaltungsmerkmale, die für die betreffende Produktkategorie üblich sind, spielen dabei schon deswegen keine Rolle, weil der Verkehr ihre Verwendung nicht auf die Herkunft aus einem bestimmten Betrieb bezieht, sondern allen Produkten der betreffenden Gattung unabhängig von ihrem Hersteller zuschreibt.
334Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann die Kammer aus eigener Sachkunde beurteilen, da sie als auf Urheberrechtsstreitsachen spezialisierter Spruchkörper auch über hinreichende Erfahrung mit in diesem Zusammenhang ebenfalls regelmäßig geltend gemachten Ansprüchen aus unlauterer Nachahmung verfügt. Dies gilt zumal als nur der optische Gesamteindruck zu berücksichtigen ist und sich die Produkte an ein allgemeines Publikum richten (vgl. BGH GRUR 2017, 1135 Rn. 19 – Leuchtballon).
335Nach diesen Grundsätzen ist von einer durchschnittlichen wettbewerblichen Eigenart auszugehen. Sie ist von Hause aus als durchschnittlich zu bewerten. Für eine Steigerung der wettbewerblichen Eigenart der Erzeugnisse aufgrund tatsächlicher Bekanntheit im Verkehr (vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 37 – LIKEaBIKE; BGH, GRUR 2010, 1125 Rn. 24 – Femur-Teil; BGH, GRUR 2013, 1052 Rn. 24 – Einkaufswagen III) liegt kein ausreichender Klagevortrag vor. Sie lässt sich insbesondere nicht aus der offenkundigen Bekanntheit des Fernsehsenders „Das Erste“ bzw. aus der Bekanntheit der „ARD“ als Gemeinschaftsprogramm der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten folgern. Sie müsste spezifisch für die ARD Mediathek vorliegen. Dabei geht die Kammer davon aus, dass die ARD Mediathek als Möglichkeit des Online-Abrufs von ARD-Inhalten durchaus bekannt ist. Als besondere Plattform – gerade im Vergleich zu K. oder zu anderen Streaminganbietern – ist jedoch nicht ersichtlich, dass hier eine gesteigerte Bekanntheit vorliegt. Hierzu wären wohl Angaben zur Marktdurchsetzung, etwa zu Klickzahlen der eigenen und anderen Plattformen, notwendig, welche nicht erkennbar sind. Zu beachten ist auch, dass Streamingplattformen im Wesentlichen ähnlich „funktionieren“. Der angesprochene Verkehr wird entgegen der Ansicht der Verfügungsklägerinnen eine bestimmte Kuratierung wohl nicht ohne Weiteres von der Kuratierung anderer Plattformen unterscheiden können.
336(5) Es liegt eine Nachahmung vor.
337Das Angebot einer Nachahmung setzt voraus, dass die fremde Leistung ganz oder teilweise als eigene Leistung angeboten wird (vgl. OLG Köln GRUR-RR 2005, 228, 229). Eine Nachahmung liegt dementsprechend ua dann nicht vor, wenn öffentlich (zB im Internet) zugängliche Informationen ausgewertet werden (vgl. auch BGH GRUR 2009, 1162 – Dax), etwa durch das Setzen eines Links auf eine fremde Website (BGH GRUR 2003, 958 (963) – Paperboy) oder durch ein sog „Screen-Scraping“ (Deutsch GRUR 2009, 1027, 1031; offengelassen in BGH WRP 2014, 839 Rn. 53 – Flugvermittlung im Internet); zu allem vorstehenden in diesem Absatz: Köhler/Feddersen/Köhler/Alexander, 43. Aufl. 2025, UWG § 4 Rn. 3.38).
338Dabei gilt auch bei der hiesigen Prüfung, dass nur die einzelnen Inhalte gescraped und verlinkt werden (s.o. zum Datenbankherstellerrecht, Antrag 1.1.1). Mit Blick auf die gesamte Mediathek kann man dies jedoch auch hier nicht sehen. Denn die Verfügungsbeklagte hat zugestandener weise die ARD Mediathek nachgebaut und sie in das eigene K.-Repertoire aufgenommen. Damit geht nach Ansicht der Kammer eine nahezu identische Nachahmung einher.
339Diese nachgeahmte „ARD Mediathek über K.“ hat die Verfügungsbeklagte auch angeboten. Sie hat sie ihren Bestands- und Neukunden, sowohl zahlend als auch werbefinanziert, zur Verfügung gestellt.
340(6) Es mangelt jedoch nach Ansicht der Kammer an spezifischen Unlauterkeitsmerkmalen gem. § 4 Nr. 3 lit. a) – c) UWG.
341(i) Eine vermeidbare Herkunftstäuschung gem. § 4 Nr. 3 lit. a) UWG liegt nicht vor.
342Eine unmittelbare Herkunftstäuschung liegt vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise annehmen, bei der Nachahmung handle es sich um das Originalprodukt (BGH GRUR 2021, 1544 Rn. 52 – Kaffeebereiter; BGH GRUR 2023, 736 Rn. 46 – KERRYGOLD; BGH GRUR-RS 2023, 37859 Rn. 37 – Glück). Das ist hier nicht der Fall, weil der angesprochene Verkehr klar und hinreichend versteht, dass er bei der Plattform K. „surft“ und nicht bei der ARD Mediathek unter deren Apps oder Webseiten unterwegs ist. Eine solche Aufmerksamkeit bei der Nutzung digitaler Dienste liegt beim angesprochenen Verkehr, auch bei den dazugehörigen Kammermitgliedern, im Rahmen der Nutzung von Streamingdiensten oÄ ebenso vor, wie es bei dem Konsum von linearem TV-Signal der Fall ist.
343Für die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft genügt jedoch auch eine mittelbare Herkunftstäuschung oder Herkunftstäuschung im weiteren Sinne (BGH GRUR 2021, 1544 Rn. 52 – Kaffeebereiter; BGH GRUR 2023, 736 Rn. 46 – KERRYGOLD). Sie liegt vor, wenn der Verkehr von geschäftlichen oder organisatorischen – wie lizenz- oder gesellschaftsvertraglichen – Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen ausgeht (Köhler/Feddersen/Köhler/Alexander, 43. Aufl. 2025, UWG § 4 Rn. 3.44).
344Dies wird man hingegen grundsätzlich bejahen müssen. Der Verkehr wird angesichts der seriösen Parteien nicht denken, dass die Verfügungsbeklagte – wie jedoch geschehen – die ARD Mediathek „plagiiert“, sondern dass hier eine lizenzvertragliche Gestattung vorliegt, wie dies auch bei anderen bekannten privaten Anbietern der Fall ist.
345Jedoch hält die Kammer dafür, dass die Verfügungsbeklagte die Herkunftstäuschung durch ihre Informationen , insbesondere durch die „Transparenzhinweise“ auf der K.-Webseite (Anlage Z.5 Bild 35, Bl. 295), diese mittelbare Herkunftstäuschung ausgeräumt oder zumindest abgeschwächt hat.
346Im Ergebnis ist auch hier – wie im Rahmen der markenrechtlichen Ansprüche – eine Bewertung der Verwechslungsgefahr vorzunehmen. Dabei gilt: Hat der Nachahmer alle zur Vermeidung von Herkunftstäuschungen geeigneten und zumutbaren Maßnahmen getroffen, ist eine – unter dem Gesichtspunkt der Herkunftstäuschung – verbleibende Verwechslungsgefahr ggf. hinzunehmen, weil sonst der Vertrieb des Originalprodukts monopolisiert würde (BGH GRUR 2002, 275, 277 – Noppenbahnen; BGH GRUR 2002, 820, 823 – Bremszangen; BGH GRUR 2005, 166, 170 – Puppenausstattungen; BGH WRP 2017, 1332 Rn. 39 – Leuchtballon; OLG Köln GRUR-RR 2016, 280 Rn. 29, 35; zitiert nach: Köhler/Feddersen/Köhler/Alexander, 43. Aufl. 2025, UWG § 4 Rn. 3.50a]
347Angesichts der oben genannten Transparenzhinweise und des Bewusstseins des angesprochenen Verkehrs, sich auf der Plattform K. zu befinden, hält die Kammer die allenfalls verbleibende geringfügige Verwechslungsgefahr für zu vernachlässigen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die speziellen betroffenen Immaterialgüterrechte, namentlich das Datenbankherstellerrecht und das Markenrecht, für das hier zu bewertende Verhalten der Verfügungsbeklagte die angemessene und auf die jeweiligen Rechtspositionen beschränkten Ansprüche vermittelt. Ein alternativer und ggf. erheblich weitergehender Schutz über das Lauterkeitsrecht, zumal nur bei einer geringfügigen mittelbaren Herkunftstäuschung, ist vorliegend weder erforderlich, noch angemessen, mit anderen Worten nicht verhältnismäßig.
348(ii) Die Kammer erkennt im Ergebnis auch keine unangemessene Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung des nachgeahmten Produkts gem. § 4 Nr. 3 lit. b) UWG. Im Ergebnis mangelt es jedenfalls an der Unangemessenheit.
349Ob eine Ausnutzung der Wertschätzung im konkreten Einzelfall unangemessen ist, wird im Wege einer Gesamtbetrachtung bewertet. Im Rahmen dieser finden alle relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Grad der Anlehnung, sowie die Stärke des Rufs des nachgeahmten Produkts, Berücksichtigung (BGH GRUR 2019, 196 Rn. 23 – Industrienähmaschinen; GRUR 2010, 1125 Rn. 42 – Femur-Teil). Je höher der Bekanntheitsgrad und die Wertschätzung bezüglich eines Originals sind, desto geringere Anforderungen sind an die sonstigen Tatbestandsmerkmale der unlauteren Nachahmung zu stellen (Köhler/Feddersen /Köhler/Alexander UWG § 4 Rn. 3.51a). Insoweit besteht eine Ähnlichkeit zu der Wechselwirkung, die zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise, der Intensität der Übernahme und den besonderen wettbewerblichen Umständen besteht (BeckOK UWG/Redeker/Loew, 27. Ed. 1.1.2025, UWG § 4 Rn. 324).
350Insoweit erkennt die Kammer – wie auch bei der wettbewerblichen Eigenart – keinen gesteigert positiven Ruf der ARD Mediathek. Insbesondere nicht im Vergleich zur Plattform K.. Insofern geht die Kammer auch hier davon aus, dass die Verfügungsbeklagte ihr ohnehin bestehendes Angebot durch Aufnahme der ARD-Inhalte erweitern wollte, nicht aber (nur) mit Inhalten der Verfügungsklägerinnen diesen die Nutzenden abspenstig machen wollte. Gegen die Unlauterkeit spricht an dieser Stelle auch, dass die Verfügungsbeklagte mit ihrem Vorgehen keine generell rechtsfeindliche Gesinnung zeigt und mit Behinderungsabsicht plagiieren wollte, sondern sich durchaus auf vertretbare Rechtsansichten stützte, wenngleich diese jedenfalls in diesem Verfahren nicht durchgreifend sind.
351(iii) Zuletzt liegt auch keine unredliche Erlangung von Kenntnissen und Unterlagen gem. § 4 Nr. 3 lit. c) UWG vor. Zwar mag es bei entsprechenden tatsächlichen Feststellungen möglich sein, dass hier gem. § 87b Abs. 1 S. 2 UrhG bereits das systematische Scraping eine Rechtsverletzung darstellen könnte (s.o.). Dies führt aber nicht per se zur Annahme einer unredlichen Erlangung der Kenntnisse. Vielmehr ist dies nach dem einschlägigen lex specialis zu bewerten. An diesem Prüfungspunkt stimmt die Kammer vielmehr dem Vorbringen der Verfügungsbeklagten mit Blick auf das Fehlen von technischen Maßnahmen zur Verhinderung von Scraping zu. Die Erlangung der Inhalte und der Kenntnisse über den Aufbau der ARD Mediathek zum Nachbau ist insoweit – neben dem automatisierten Sraping – auch durch bloßes Beobachten bzw. Anzeigenlassen von Informationen im Webbrowser möglich. Darin erkennt die Kammer keine Unredlichkeit und keinen Unlauterkeitsvorwurf.
352III.
3531. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 analog ZPO. Dabei wird zunächst auf die Streitwertfestsetzung gem. Ziff. IV. verwiesen. Mit Blick darauf haben die Verfügungsklägerinnen mit dem Antrag zu 1.1.1 obsiegt und ist mit den Anträgen zu 1.1.2, 1.2 und 1.4 unterlegen. Mit Blick auf die Anträge zu 1.3 ist die Antragsrücknahme hinsichtlich unionsmarkenrechtlichen Ansprüchen zu berücksichtigen, die trotz des Obsiegens mit den Anträgen im Übrigen zu einer hälftigen Kostenteilung führen. Demnach errechnet sich die tenorierte Quote aus dem Verhältnis des Obsiegens mit 400.000 EUR zum Gesamtstreitwert von 900.000 EUR.
3542. Die einstweilige Verfügung ist angesichts ihrer Rechtsnatur als Maßnahme des Eilrechtsschutzes vollstreckbar, ohne dass es einer entsprechenden Anordnung bedarf. Vorliegend erkennt die Kammer auch keinen Grund, dem Antrag der Verfügungsbeklagten auf Anordnung einer Sicherheitsleistung stattzugeben. Das ihr eröffnete Ermessen nach § 921 Satz 2 iVm § 936 ZPO übt sie dahingehend aus, dass die Anordnung der einstweiligen Verfügung ohne Sicherheitsleistung geboten ist. Einerseits befolgt die Verfügungsbeklagte das tenorierte Verbot bereits; sie hat den „Beta-Test“ beendet und „embeddet“ die Inhalte der ARD Mediathek nicht mehr. Es besteht also kein schützenswertes Interesse dahingehend, eine bestimmte Verhaltensweise einzustellen, mit der ggf. nicht wieder gut zu machende Schäden verbunden sind. Andererseits ist es gerade Zweck dieses Verfahrens, dass es bei dem aktuellen Zustand bleibt und die Verfügungsklägerinnen keine weiteren Eingriffe in ihre Rechtspositionen dulden müssen. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung würde diesen Zweck konterkarieren. Der bloße Umstand, dass hier anspruchsvolle und nicht geklärte Rechtsfragen gegenständlich sind, begründet hingegen keinen Grund, die Vollstreckbarkeit der einstweiligen Verfügung von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.
355IV. Streitwert
356Für Antrag 1.1.1 (§ 87b UrhG Gesamtheit der Videoinhalte) 250.000,- EUR
357Für Antrag 1.1.2 (§ 87b UrhG Metadaten) 100.000,- EUR
358Für Antrag 1.2.1 (MStV) 50.000,- EUR
359Für Antrag 1.2.2 (MStV) 50.000,- EUR
360Für Antrag 1.2.3 (MStV) 50.000,- EUR
361Für Antrag 1.3.1 (Markenrecht) 100.000,- EUR
362Für Antrag 1.3.2 (Markenrecht) 100.000,- EUR
363Für Antrag 1.3.3 (Markenrecht) 100.000,- EUR
364Für Antrag 1.4 – UWG 100.000,- EUR
365Gesamt 900.000,- EUR
366Der Streitwert für die markenrechtlichen Anträge wird mit Blick auf die Geltendmachung von Haupt- und Hilfsansprüchen, auch die Antragsrücknahme berücksichtigend, jeweils ein einheitlicher Streitwert gebildet (vgl. BGH GRUR 2016, 1300 Rn. 73 – Kinderstube). Im Übrigen wurde für jeden Antrag ein eigener Wert gebildet, wobei die Anträge zu 1.1.2, 1.2 und 1.4 im Lichte des den Schwerpunkt bildenden Antrags zu 1.1.1 angesichts des teilweise gleichen Angriffsfaktors in moderater Höhe festgesetzt worden sind.