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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 00.000.000 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.01.2022 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass
(a) zwischen der Klägerin und der Beklagten infolge des Angebots der Klägerin vom 26. Februar 2021 und der nachfolgenden Nutzung der Private Interconnects seit dem 1. März 2021 durch die Beklagte an den Standorten
(i) W., bestehend aus den Interconnects (Bündeln)
(…) N01 …. - …- … ;
(…) N02 … - …- … ;
(…) N03 … - …- ...;
(...) N04 … - …- ...;
(ii) T., bestehend aus den Interconnects (Bündeln)
(…) N05 … - …- …;
(…) N06 … - …- …;
(iii) V., bestehend aus den Interconnects (Bündeln)
(…) N07 … - …;
(…) N08 … - …;
(…) N09 … - …;
(…) N10 … - …;
(…) N11 … - …;
(…) N12 … - …;
(iv) G., bestehend aus den Interconnects (Bündeln)
(…) N13 … - …- ...;
(…) N14 … - …- ...;
(v) I., bestehend aus den Interconnects (Bündeln)
(…) N14 … – …;
(…) N15 … – …;
(vi) H., Niederlande, bestehend aus den Interconnects (Ports)
(…) N16 … - …;
(…) N17 … - …;
(…) N18 … - …
(…) N19 … - …; und
(…) U., Österreich, bestehend aus den Interconnects (Bündeln)
(…) N20 … - …;
(…) N21 … - …;
(…) N22 … - …;
(…) N23 … - …;
zur Übertragung des MF.-Datenverkehrs aus den Autonomen Systemen entfernt und entfernt der Beklagten in das Autonome System AS 0000 der Klägerin ein Vertrag über IP-Datentransport zustande gekommen ist;
und
(b) die Beklagte einstweilen verpflichtet ist, für die gegenwärtige Nutzung der Private Interconnects gemäß dem Antrag zu Ziffer 2) lit. a) (i) bis (vii) zur Übertragung von MF.-Datenverkehr aus den Autonomen Systemen entfernt und entfernt der Beklagten in das Autonome System AS 0000 der Klägerin seit dem 1. März 2021 ein Entgelt in Höhe von entfernt an die Klägerin zu entrichten.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
2Die Parteien streiten über das Zustandekommen eines Vertragsverhältnisses über die Erbringung von Datentransportleistungen (IP-Transit und/oder Peering) durch die Klägerin gegenüber der Beklagten.
3Zu den Parteien
4Klägerin
5Die Klägerin ist eine 100 %-ige Tochter der X. F. AG ("X.F.AG"). Sie betreibt eine globale Telekommunikationsinfrastruktur mit Schwerpunkt in Deutschland, darunter auch das Autonome System ("AS") mit der Bezeichnung entfernt, welches das IP-Kernnetz ("IP-Backbone") der Klägerin darstellt.
6Dieser IP-Backbone hat – wie IP-Backbones allgemein – die zentrale Funktion, den Internet-Datenverkehr innerhalb seines Netzwerks zu transportieren (sog. Internet Protocol ("IP")-Datenverkehr) und die Endkunden der Klägerin in den von ihr betriebenen Anschlussnetzen und/oder AS anderer Betreiber mit Daten zu beliefern.
7Der Datenverkehr, bzw. -transport kann sowohl in Form von Transitdiensten als auch durch Peering erfolgen. Transitverkehr bezeichnet in der Netzwerktechnik die Dienstleistung, Datenverkehr durch ein Netzwerk durchzuleiten. Unter dem Begriff Peering versteht man den Zusammenschluss von gleichrangigen Computernetzwerken zum Datenaustausch.
8Ein AS besteht aus einer Vielzahl von miteinander verbundenen Routern, über die bestimmte Inhalte oder Nutzer per Datenaustausch erreicht werden können. Verschiedene AS sind wiederum untereinander verbunden und bilden über den zwischen ihnen erfolgenden Austausch von IP-Datenverkehr das Internet.
9Als Internetzugangsanbieterin (Internet Service Provider – „ISP“) für Endkunden (sog. Endnutzer-ISP) betreibt die Klägerin Anschlussnetze und verkauft privaten End- und Geschäftskunden den Zugang zum weltweiten Internet. In ihrer Rolle als Endnutzer-ISP ist die X.F.AG bzw. die Klägerin mit 00,00 Millionen Internetnutzern im Jahr 2020 der mit Abstand größte Anbieter in Deutschland. Auch im Bereich der Breitbandangebote ist sie der führende Anbieter mit knapp unter 00 Millionen Breitbandkunden in Deutschland im Jahr 2021.
10Als Endnutzer-ISP erzielt die X.F.AG bzw. die Klägerin ihre Einnahmen damit, dass sie privaten End- sowie Geschäftskunden Breitbandanschlüsse und damit Zugang zum weltweiten Internet verkauft. Hierfür erhebt sie in der Regel monatliche, bandbreiten-und/oder datenvolumenabhängige Entgelte von ihren Kunden.
11Als Betreiberin eines eigenen Backbones (sog. Backbone-ISP) unterhält die X.F.AG bzw. die Klägerin eine überregionale Netzinfrastruktur, über die sie ihre Anschlussnetze und damit ihre Endkunden mit dem Internet verbindet.
12Als Inhalteanbieterin (auch Content and Application Service Provider – „CAP“) bietet die X.F.AG bzw. die Klägerin, neben und im Zusammenhang mit ihren Telekommunikationsdienstleistungen, u.a. das Fernsehangebot „N. Y.“, den Dienst „N. J.“ und weitere Inhalte-Datendienste an.
13Beklagte
14Die Beklagte ist eine in R., Irland, ansässige 100 %-ige Tochtergesellschaft der MF. QQ., Inc., die bis September 2021 unter PU. Inc. firmierte (nachfolgend „MF.“). MF. ist ein globaler Betreiber von Kommunikations- und sozialen Mediendiensten mit Sitz in Z. D., Kalifornien, USA. MF. betreibt unter anderem das soziale Netzwerk PU., die Video- und Foto-Sharing-Plattform YN. und den mobilen Kommunikationsdienst KU. (zusammen die "MF.-Dienste"). Das Geschäftsmodell von MF. bzw. damals PU. mit den werbefinanzierten und datenintensiven Diensten führte im Jahr 2020 zu einem Jahresüberschuss von 00,00 Milliarden USD; damit gehörte PU. im Jahr 2020 nach Gewinn zu den weltweit 20 größten Unternehmen.
15MF. kommt mit den von ihm betriebenen Kommunikationsdiensten KU. und PU. Messenger auf dem Markt für mobile elektronische Kommunikationsdienste für private Nutzer eine zentrale Rolle zu. Der Marktanteil von MF. und der Beklagten auf diesem Markt liegt bei über 40 %. Insbesondere der Dienst KU. hat sich in kurzer Zeit zu einem de facto-Standard für mobile Kommunikation entwickelt. Im Februar 2020 verfügte KU. als größter Kommunikationsdienst über mehr als 2 Milliarden Nutzer weltweit, davon rund 30 Millionen allein in Deutschland. PU. Messenger folgt auf Platz 2 mit 1,3 Milliarden Nutzern weltweit. Aus Kundensicht mit KU. und PU. Messenger austauschbare Kommunikationsdienste folgen mit weitem Abstand.
16Der Konzernumsatz von PU. betrug im Jahr 2020 weltweit rund 00,00 Milliarden USD bei einem Jahresüberschuss von 00,00 Milliarden USD. Die Erlöse wurden nahezu ausschließlich durch den Verkauf von Werbung erzielt, die Nutzern von PU.-Diensten übermittelt und bei Nutzung der Dienste gezeigt wird.
17Die Beklagte selbst ist für die Abwicklung des Datenverkehrs zwischen MF. und den Nutzern der MF.-Dienste zuständig und betreibt die Autonomen Systeme entfernt und entfernt der MF.-Gruppe.
18Ehemalige vertragliche Beziehung
19Zunächst schloss die zum F.-Konzern gehörende X. F. P. O., Inc. („X.F.P.O.“) mit der PU., Inc. Mitte März 2010 ein IP-Transit Services Agreement.
20Ziffer 12 des Vertrages lautet wie folgt:
21„Venue and Jurisdiction.
The Parties agree that this Agreement shall be governed by, interpreted and construed in accordance with the laws of L. K. without regard to choice of law principles. The Parties further agree that any suit, action, or proceeding with respect to this Agreement shall be brought in the courts of competent jurisdiction in the State of L. K.. The Parties accept the sole and exclusive jurisdiction of those courts for the purpose of any such suit, claim, action or proceeding. The Parties waive their right to trial by jury.“
23(Gerichtsstand und Zuständigkeit
24Die Parteien vereinbaren, dass diese Vereinbarung den Gesetzen des Staates L. K. unterliegt und in Übereinstimmung mit diesen interpretiert und ausgelegt wird, ohne Rücksicht auf die Grundsätze der Rechtswahl. Die Parteien vereinbaren ferner, dass alle Klagen, Handlungen oder Verfahren in Bezug auf diese Vereinbarung vor den zuständigen Gerichten des Staates L. K. verhandelt werden sollen. Die Parteien erkennen die alleinige und ausschließliche Zuständigkeit dieser Gerichte für die Zwecke einer solchen Klage, eines solchen Anspruchs, einer solchen Aktion oder eines solchen Verfahrens an. Die Parteien verzichten auf ihr Recht auf einen Prozess durch Geschworene.)
25Ziffer 14.4 des Vertrages lautet:
26„14.4 The rights and obligations of either Party in the Agreement that by their nature would survive the termination or expiration of the Agreement shall survive such termination or expiration.“
27(14.4 „Die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien aus dem Vertrag, die ihrer Natur nach die Beendigung oder das Auslaufen des Vertrags überdauern sollen, sollen auch danach noch Geltung beanspruchen.)
28Ziffer 14.5 lautet:
29"14.5 Any supplement, amendment, modification or waiver of any provision of this Agreement must be in writing and signed by authorized representatives of both Parties.“
30(14.5 Jede Ergänzung, Änderung, Modifizierung oder jeder Verzicht auf eine Bestimmung dieses Abkommens bedarf der Schriftform und der Unterzeichnung durch bevollmächtigte Vertreter beider Vertragsparteien.)
31Im Übrigen wird hinsichtlich des Vertragsinhalts auf die Anlage CC10 (Bl. 226 ff. aA) zur Klageschrift Bezug genommen.
32Mit Novation and Amendment Agreement (Amendment No. 3) aus November 2018 übernahm die Beklagte die Vertragsstellung der PU., Inc. aus dem IP-Transit Services Agreement zum 01.12.2018.
33Ziffer 6 dieses Amendments lautet wie folgt:
34„Governing law
35This Amendment 3 and any dispute, controversy, proceedings or claim of whatever nature arising out of or in any way relating to this Amendment 3 or its formation (including any non-contractual disputes or claims) shall be governed by and construed in accordance with the laws of the State of L. K. without regard to the conflicts of laws rules thereunder other than Section 5-1401 of the L. K. General Obligations Law.“
36(Geltendes Recht
37Diese dritte Ergänzungsvereinbarung und alle Streitigkeiten, Kontroversen, Verfahren oder Ansprüche jeglicher Art, die sich aus oder in irgendeiner Weise im Zusammenhang mit dieser dritten Ergänzungsvereinbarung oder ihrer Entstehung (einschließlich außervertraglicher Streitigkeiten oder Ansprüche) ergeben, unterliegen den Gesetzen des Staates L. K. und werden in Übereinstimmung mit den Gesetzen des Staates L. K. ausgelegt, ohne Berücksichtigung der kollisionsrechtlichen Vorschriften mit Ausnahme von Section 5-1401 des L. K. General Obligations Law.)
38Hinsichtlich des weiteren Vertragsinhalts wird auf die Anlage CC11 (Bl. 284ff. dA) verwiesen.
39Die X.F.P.O. als ursprüngliche Vertragspartnerin von PU., Inc. war maßgeblicher Teil des von der X.F.AG verantworteten Geschäftsbereichs X. F. S. M. ("X.F.S.M."). Der Geschäftsbereich X.F.S.M. umfasst die Teilbereiche "F. S. M." sowie "Network Infrastructure" und damit im Wesentlichen die Bereiche "International M. Services" und "Commercial Roaming Services" für Geschäftskunden sowie den Betrieb der hierfür erforderlichen Netzwerkinfrastruktur.
40Zum 01.10.2020 gliederte die X.F.AG den Geschäftsbereich X.F.S.M. im Wege einer im Handelsregister der Klägerin zu Nr. 114 und im Handelsregister der X.F.AG zu Nr.170 eingetragenen Ausgliederung zur Aufnahme nach dem Umwandlungsgesetz auf die Klägerin aus. Die X.F.AG informierte die Beklagte im September 2020 hierüber wie folgt:
41"The reorganization will not affect the content of your contracts in general which will remain valid and – as a legal consequence – will be automatically shifted to F.DG. […]."
42(Die Umstrukturierung hat keine Auswirkungen auf die Bestimmungen Ihrer Verträge im Allgemeinen; diese bleiben gültig und gehen – als eine Rechtsfolge – automatisch auf die F.DG über. […].)
43Auf Grundlage dieser Vereinbarungen richtete die Klägerin zur Einspeisung und Ausspielung des PU.-Datenverkehrs (Datenverkehr des Konzerns) in das AS der Klägerin zuletzt an sieben Standorten insgesamt 24 Private Interconnects mit insgesamt 50 Ports zur ausschließlichen Nutzung durch PU. bzw. die Beklagte ein und betrieb diese. Zu jedem Port der Klägerin gehörte ein korrespondierender Port auf den Routern der Beklagten. Hinsichtlich der näheren Bezeichnung der einzelnen Ports wird auf die Klageschrift, S. 17-19, Rn. 55 (Bl. 35-37 dA) verwiesen.
44Unabhängig von der Symmetrie oder Asymmetrie des Austauschs von Peering-Verkehr muss die Kapazität der Übergabeschnittstelle auf beiden Seiten gleich groß sein. Andernfalls würde die direkte Zusammenschaltung auf dem Link-Layer Protokoll technisch nicht funktionieren. Die Interconnection-Kosten der direkten Zusammenschaltung sind für beide Peering-Partner gleich hoch.
45Anders als bei Peering sind die relevanten Kosten des Transits nicht symmetrisch auf die Interconnection-Partner verteilt. Dem Transit-Nachfrager entstehen zunächst ähnliche Kosten für die Interconnectionschnittstelle wie bei Peering.
46Neben den Kosten der Interconnection mit dem Transit-Nachfrager entstehen dem Transit-Anbieter jedoch weitere Zusatzkosten. In Abhängigkeit vom Verkehrsvolumen des Transit-Nachfragers hat er eine größere Interconnectionkapazität zu seinen Peering-Partnern darzustellen. Diese sind verursacht durch den Verkehr seiner Transit-Nachfrager.
47Die Beklagte schaltet bzw. schaltete ihr Netz mit den Netzen der X.F.AG-Tochtergesellschaften in den Niederlanden, Griechenland und auch E. in den USA abrechnungsfrei und ohne Vergütungsströme zusammen.
48Die Beklagte sendete nahezu den gesamten PU.-Datenverkehr aus deren AS00000 über Private Interconnects direkt in den IP-Backbone der Klägerin, die sodann den PU.-Datenverkehr an die Nutzer der PU.-Dienste in den klägerischen Anschlussnetzen oder - in einem geringen Umfang - auch in AS dritter Betreiber weitergab. Die Klägerin ermöglichte hierdurch die Übermittlung, z.B. von Nachrichten deutscher KU.-Nutzer, das Aufrufen von PU.-Seiten durch deutsche Mitglieder und die Anzeige von Werbung auf diesen Seiten gegenüber deutschen Nutzern in den Anschlussnetzen der Klägerin für PU..
49Der weit überwiegende Teil von jedenfalls 99 % des direkt eingespeisten PU./MF.-Datenverkehrs wird vom IP-Backbone der Klägerin in die konzerneigenen Anschlussnetze an Endkunden in Deutschland weitergeleitet.
50Der über die Private Interconnects abgewickelte PU.-Datenverkehr ist seit Anfang 2018 um jedenfalls ca. 400 % gestiegen.
51Aufgrund eigener Investitionen der Beklagten bzw. von MF./PU. ist die Beklagte anders als zu Beginn der Vertragsbeziehung mittlerweile in der Lage, die von den Endkunden der X.F.AG angeforderten Daten zu den streitgegenständlichen Zusammenschaltungspunkten in Deutschland, Österreich und den Niederlanden zu liefern und dort mit der Klägerin auszutauschen.
52Der in das entfernt der Klägerin aus den entfernt und entfernt der Beklagten eingehende PU.-Datenverkehr übersteigt den aus dem entfernt der Klägerin in die entfernt und entfernt der Beklagten ausgehenden Datenverkehr um ein Vielfaches.
53Für die Bereitstellung der Private Interconnects zur Einspeisung des PU.-Datenverkehrs und Weiterleitung desselben durch den IP-Backbone der Klägerin - erhielt die Klägerin von der Beklagten ein bandbreitenabhängiges Entgelt. Zuletzt entrichtete die Beklagte ein jährliches bandbreitenabhängiges Entgelt von rund 0,0 Millionen €.
54Verhandlungsbeginn, Kündigung und folgende Kommunikation
55Im August 2020 verhandelte die Klägerin erneut mit der Beklagten und PU. über eine Verlängerung der Vereinbarung. In diesen Verhandlungen forderte die Beklagte Preisnachlässe von bis zu 00 %, welche die Klägerin nicht gewährte. Diese war bereit, einem Preisnachlass um 00 % zuzustimmen.
56In der Folge kündigte die Beklagte die Vereinbarung mit Schreiben vom 22.11.2020 zum 01.03.2021 wegen Stillstands der Verhandlungen über eine Preisreduzierung. Die Beklagte erklärte sich zudem offen für weitere Diskussionen mit dem Ziel einer für beide Seiten vernünftigen und akzeptablen Einigung:
57„[…] Given the impasse in our negotiations and that X. F. and C. are unable to agree on the reduction in pricing, we hereby provide notice of termination as required by clause 1.3 of the Novation and Amendment Agreement (Amendment No. 3) dated 03 December 2019. As a result, the Agreement shall terminate on 01 March 2021. On that date C. shall however keep the ports up at its end to ensure there is an option for direct exchange of traffic. We are open to continuing discussions in pursuit of a renewal that is reasonable and acceptable to both parties.“
58((…) Angesichts des Stillstands in unseren Verhandlungen sowie des Umstands, dass die X. F. und C. sich nicht auf eine Reduktion der Preise einigen können, erklären wir hiermit die Kündigung gemäß Ziffer 1.3 der Novations- und Ergänzungsvereinbarung (Amendment No. 3) vom 3. Dezember 2019. Die Vereinbarung wird daher am 1. März 2021 enden. Ab diesem Tag hält C. jedoch die Ports auf unserer Seite offen, um sicherzustellen, dass es eine Möglichkeit für den direkten Austausch des Datenverkehrs gibt. Wir sind offen für weitere Diskussionen im Hinblick auf eine Erneuerung, die für beide Seiten vernünftig und akzeptabel ist.)
59Auf Anlage CC 12 (Bl. 299-300 dA) wird Bezug genommen.
60Die Klägerin bestätigte die Kündigung zum 01.03.2021. Dabei stellte die Klägerin klar, dass sie ihre IP-Transit-Leistungen weiterhin ausschließlich entgeltlich erbringen werde (vgl. Bl. 305 dA).
61Die Beklagte wiederholte mit E-Mail an die Klägerin vom 10.02.2021, dass sich ihre Beziehung ab dem 01.03.2021 infolge der Kündigung zu der von Peering-Partnern wandele (vgl. Anlage CC 13):
62„As I'm sure you're aware from the 1st of March our relationship (X.F. and FB) will change from supplier/customer to peering partner.“
63(„Wie Sie sicher wissen, wird sich unsere Beziehung (X.F. und FB) ab dem 1. März von Lieferant/Kunde zu Peering-Partnern ändern.“)
64Die Klägerin reagierte hierauf in einer E-Mail ebenfalls am 10.02.2021 mit der Annahme, der Datenaustausch ab dem 01.03.2021 finde ungeachtet der Vertragskündigung nach den bisherigen Konditionen statt (vgl. Anlage CC 13):
65„[…] we will keep the ports up with PU. after the March 1st termination date but any traffic on those ports after March 1st would be charged at existing per Mbps rate.“
66(„Wir werden die Ports nach dem 1. März weiterhin für PU. offenhalten, aber jeglicher Datenverkehr auf diesen Ports wird ab dem 1. März nach dem bestehenden Mbps-Tarif in Rechnung gestellt.“)
67Mit E-Mail vom 12.02.2021 erklärte die Beklagte, die bisher entgeltlich genutzten Private Interconnects fortan unentgeltlich unter der Industrienorm eines settlement-free peering in Anspruch nehmen zu wollen. Dies stehe in Übereinstimmung mit den in der Kündigungserklärung erfolgten Aussagen. Für eine Echtzeit-Besprechung des Themas sei sie offen (vgl. Bl. 304, 583 f. dA).
68Mit – auch per E-Mail an die Beklagte am gleichen Tag übermitteltem – Schreiben vom 26.02.2021 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten:
69„[…] X.F.AG is thus looking forward to continuing the commercial negotiations with C. in pursuit of a mutually agreeable commercial basis for providing these services.
70To allow for such negotiations and to maintain the stability of X.F.AG's network for the benefit of consumers and society at large, X.F.AG's subsidiary F. Deutschland GmbH (‚F.DG‘) is willing to keep its ports open for an interim period subject to the technical and commercial terms and conditions set forth in the terminated Agreement. Should C. interconnect with X.F.AG on or after 1 March 2021, F.DG will route PU. data to and from C.'s IP network through F.DG's IP backbone.
71For the benefit of PU., F.DG will charge and invoice C. for any IP transit services provided after 1 March 2021 based on the same commercial terms and conditions as set out in the Agreement as of the date of termination. For the avoidance of doubt, Section 12 of the Agreement does not apply for any services provided to C. from 1 March 2021 onwards and any provision by X.F.AG (or any of its subsidiaries) of IP transit services to C. from 1 March 2021 onwards is not to be considered an indication of X.F.AG's intent to enter into a settlement-free peering agreement with PU. or C..
72If and to the extent that C. interconnects directly with the IP network of X.F.AG (or any of its subsidiaries) from 1 March 2021 onwards, the terms and conditions set out above shall apply in the interim before and until the parties conclude their negotiations on the continuation of their commercial relationship.“
73((…) Die X.F.AG sieht einer Fortsetzung der geschäftlichen Verhandlungen mit C. entgegen, um eine für beide Seiten sinnvolle wirtschaftliche Basis für die Erbringung dieser Dienstleistungen zu schaffen.
74Um solche Verhandlungen zu ermöglichen und die Stabilität des X.F.AG-Netzes zum Vorteil von Verbrauchern und der Gesellschaft im Allgemeinen zu erhalten, ist die X.F.AG-Tochter F. Deutschland GmbH ("F.DG") bereit, ihre Ports nach Maßgabe der im gekündigten Vertrag festgelegten technischen und wirtschaftlichen Bedingungen für eine Übergangszeit offen zu halten. Sollte C. am oder nach dem 1. März 2021 eine Verbindung mit X.F.AG herstellen, leitet F.DG PU.-Daten an und von C.s IP-Netzwerk über den IP-Backbone von F.DG weiter.
75Zum Vorteil von PU. wird F.DG C. alle IP-Transitdienste, die nach dem 1. März 2021 erbracht werden, auf der Grundlage der gleichen wirtschaftlichen Bedingungen gemäß der Vereinbarung zum Zeitpunkt der Kündigung abrechnen und in Rechnung stellen. Zur Vermeidung von Zweifeln gilt Abschnitt 12 der Vereinbarung nicht für Dienstleistungen, die C. ab dem 1. März 2021 zur Verfügung gestellt werden, und eine Erbringung von IP-Transitdiensten durch die X.F.AG (oder eine ihrer Tochtergesellschaften) an C. ab dem 1. März 2021 ist nicht als Hinweis auf die Absicht der X.F.AG zu verstehen, eine abrechnungsfreie Peering-Vereinbarung mit PU. oder C. einzugehen.
76Für den Fall, dass C. sich ab dem 1. März 2021 unmittelbar mit dem IP-Netz der X.F.AG (oder einer ihrer Tochtergesellschaften) verbindet und in dem jeweiligen Umfang der Verbindungen, gelten die oben genannten Bedingungen in der Zwischenzeit vor und bis zum Abschluss der Verhandlungen über die Fortsetzung ihrer Geschäftsbeziehungen.)
77Auf den weiteren Inhalt des Schreibens in Anlage CC 14 (Bl. 312-314 dA) wird Bezug genommen.
78Zuletzt war ein Entgelt von EUR 0,00/Mbps vertraglich vereinbart (s. auch Ziffer 3.10 des Amendments No. 3).
79Die Beklagte sendet seit dem 01.03.2021 uneingeschränkt weiter Daten über die Private Interconnects der Klägerin und routet ihren PU.- bzw. inzwischen MF.-Datenverkehr über die Private Interconnects in den IP-Backbone der Klägerin. Der Peak-Demand des von der Beklagten eingespeisten PU.-Datenverkehrs lag bis Anfang Juli 2021 weiterhin jedenfalls bei 0,0 Tbps.
80Mit Schreiben vom 08.03.2021 teilte die Beklagte mit:
81"C. is entitled to manage and operate its networks at its own discretion.
82[...] Since 1 March 2021, we have been operating on an at-will settlement free peering basis and should you issue anv invoices, these will not be paid as there is no commercial agreement in existence to do so. "
83(C. ist berechtigt, seine Netzwerke nach eigenem Ermessen zu verwalten und zu betreiben. [...]
84Seit dem 1. März 2021 arbeiten wir willentlich auf der Basis eines abrechnungsfreien Peerings und sollten Sie Rechnungen stellen, werden diese nicht bezahlt, da keine kommerzielle Vereinbarung dazu besteht.)
85Auf Anlage CC 16 (Bl. 320-322 dA) wird Bezug genommen.
86Die Klägerin antwortete hierauf mit Schreiben vom 23.04.2021 u.a. wie folgt:
87"If and to the extent C. continues to use F.DG's private port, F.DG will continue to route PU.'s data through its IP backbone subject to the applicable commercial and legal terms set out in the Letter [of 26 February 2021] and F.DG's technical capabilities. [...]
88Neither X.F.AG nor X.F.NA nor F.DG have in the past or will in the future accept an exchange of any data with or provide any IP transit services for C./PU. on a settlement free peering basis. C. cannot unilaterally impose a settlement free peering on F.DG or any other terms under which F.DG provides IP transit services to C. or other customers. F.DG's commercial and legal terms for providing IP transit services to C. have been offered in the Letter [of 26 February 2021] and C. has accepted these terms by making use of F.DG's offered services.
89F.DG will charge C. in accordance with this agreement concluded between the parties in accordance with and subject to German law."
90(Wenn und soweit C. die private ports der F.DG weiterhin nutzt, wird die F.DG den PU.-Datenverkehr weiterhin durch ihren IP Backbone in Anwendung der kommerziellen und rechtlichen Bedingungen, die in dem Schreiben [vom 26.02.2021] dargelegt sind sowie der technischen Möglichkeiten der F.DG. [...]
91Weder X.F.AG noch X.F.NA noch F.DG haben in der Vergangenheit oder werden in der Zukunft oder einen Datenaustausch mit C./PU. akzeptieren oder IP-Transitdienste für C./PU. auf der Basis eines abrechnungsfreien Peerings erbringen. C. kann F.DG nicht einseitig ein abrechnungsfreies Peering oder andere Bedingungen auferlegen, unter denen F.DG IP-Transitdienste für C. oder andere Kunden erbringt. F.DG's kommerzielle und rechtliche Bedingungen für die Erbringung von IP-Transitdiensten für C. wurden in dem Schreiben [vom 26.02.2021] angeboten; und C. hat diese Bedingungen durch die Inanspruchnahme der von F.DG angebotenen Dienste angenommen.
92F.DG wird gegenüber C. nach Maßgabe dieser zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung nach und unter deutschem Recht abrechnen.)
93Auf Anlage CC 17 (Bl. 326-329 dA) wird Bezug genommen.
94Datenverkehr ab dem 01.03.2021 und Rechnungen
95Im Zeitraum vom 01. bis 31.03.2021 speiste die Beklagte PU.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (entsprechend 0,000,000 Mbps) über die Private Interconnects in den IP-Backbone der Klägerin ein. Die Klägerin erteilte der Beklagten unter dem 23.04.2021 eine Rechnung (Nr.N01) für den Monat März 2021 in Höhe von 000.000,00 €.
96Im April 2021 speiste die Beklagte PU.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) über die Private Interconnects in den IP-Backbone der Klägerin ein. Die Klägerin stellte der Beklagten dementsprechend unter dem 11.05.2021 eine Rechnung (Nr. N02) für die IP-Transit-Leistungen im April 2021 in Höhe von 000.000,00 €.
97Die Beklagte zahlte auf die Rechnungen der Klägerin nicht, sondern lehnte vielmehr mit Schreiben vom 07.05.2021 erneut eine Vergütung ab.
98Mit E-Mail vom 26.05.2021 mahnte die Klägerin bei der Beklagten den zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Außenstand in Höhe von 0.000.000,00 € für die Monate März und April 2021 an.
99Im Zeitraum vom 01. bis 31.05.2021 leitete die Beklagte PU.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) über die Private Interconnects in den IP-Backbone der Klägerin ein. Die Klägerin erteilte der Beklagten dementsprechend unter dem 07.06.2021 eine Rechnung (Nr. N03) in Höhe von 000.000,00 €.
100Im Zeitraum vom 01. bis 30.06.2021 speiste die Beklagte MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (entsprechend 0.000.000 Mbps) über die Private Interconnects in den IP-Backbone der Klägerin ein. Die Klägerin stellte der Beklagten unter dem 07.07.2021 einen Betrag in Höhe von 000.000,00 € in Rechnung (Nr. N04).
101Die Nutzung weiterer Private Interconnects der Klägerin durch die Beklagte mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (entsprechend 000.000 Mbps) stellte die Klägerin der Beklagten ebenfalls unter dem 07.07.2021 in Höhe von 000.000,00 € in Rechnung (Nr. N05).
102Im Juli 2021 speiste die Beklagte MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) über die Private Interconnects in den IP-Backbone der Klägerin ein. Entsprechend ergab sich in Entgelt in Höhe von 000.000,00 € zu Gunsten der Klägerin, dass diese der Beklagten unter dem 06.08.2021 in Rechnung (Nr. N06) stellte.
103Zwischen dem 01. und 31.08.2021 routete die Beklagte MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) über die Private Interconnects in den IP-Backbone der Klägerin. Die Klägerin stellte der Beklagten diesbezüglich unter dem 7.09.2021 eine Rechnung (Nr. N07) in Höhe von 000.000,00 €.
104Im Abrechnungszeitraum September 2021 stellte die Klägerin der Beklagten ein Nutzungsentgelt in Höhe von 000.000,00 € für die Einspeisung von MF.-Datenverkehr durch die Beklagte mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) mit Rechnung vom 07.10.2021 (Nr. N08) in Rechnung.
105Im Zeitraum vom 01. bis 31.10.2021 routete die Beklagte MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (000.000 Mbps) über einzelne Private Interconnects. Dies rechnete die Klägerin gegenüber der Beklagten in Höhe von 000.000,00 € unter dem 09.11.2021 ab (Nr. N09). Für die Nutzung weiterer Private Interconnects durch die Beklagte mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (000.000 Mbps) stellte die Klägerin der Beklagten in demselben Abrechnungszeitraum zwischen dem 01. und 31.10.2021 ein zusätzliches Entgelt in Höhe von 000.000,00 € am 09.11.2021 in Rechnung (Nr. N10).
106Für den Abrechnungszeitraum November 2021 stellte die Klägerin der Beklagten mit Rechnung vom 13.12.2021 einen Betrag in Höhe von 000.000,00 € für die Einspeisung von MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) durch die Beklagte in den IP-Backbone der Klägerin in Rechnung (Nr. N11).
107Zwischen dem 01. und 31.12.2021 speiste die Beklagte Datenverkehr im Umfang von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) in den IP-Backbone der Klägerin ein. Entsprechend stellte die Klägerin ein Entgelt in Höhe von 000.000,00 € mit Rechnung vom 07.01.2022 (Nr. N12) in Rechnung.
108Im Zeitraum vom 01. bis 31.01.2022 leitete die Beklagte MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) über die Private Interconnects in den IP-Backbone der Klägerin ein. Die Klägerin erteilte der Beklagten daher unter dem 11.02.2021 eine diesbezügliche Rechnung (Nr. N13) in Höhe von 000.000,00 €.
109Im Abrechnungszeitraum Februar 2022 nutzte die Beklagte den IP-Backbone der Klägerin mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps). Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten einen Betrag in Höhe von 000.000,00 € in Rechnung (Nr. N14 vom 08.03.2022).
110Zwischen dem 01. und 31.03.2022 speiste die Beklagte Datenverkehr im Umfang von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) in den IP-Backbone der Klägerin ein. Für die von der Klägerin in diesem Zeitraum erbrachten IP-Transit-Leistungen stellte diese der Beklagten am 07.04.2022 (Nr. N12) einen Betrag von 000.000,00 € in Rechnung.
111Für den Abrechnungszeitraum April 2022 stellte die Klägerin der Beklagten mit Rechnung vom 06.05.2022 einen Betrag in Höhe von 000.000,00 € in Rechnung (Nr. N15), da die Beklagte MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) in den IP-Backbone der Klägerin geleitet hatte.
112Im Abrechnungszeitraum Mai 2022 betrug die Bandbreite des MF.-Datenverkehrs 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps). Diesbezüglich stellte die Klägerin der Beklagten einen Betrag in Höhe von 000.000,00 € in Rechnung (Nr. N16 vom 07.06.2022).
113Ferner speiste die Beklagte zwischen dem 01. und 30.06.2022 MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) in den IP-Backbone der Klägerin ein. Die Klägerin stellte der Beklagten unter dem 08.07.2022 (Nr. N17) einen Betrag in Höhe von 000.000,00 € in Rechnung.
114Für den Abrechnungszeitraum Juli 2022 hat die Klägerin der Beklagten mit Rechnung vom 5. August 2022 einen Betrag in Höhe von 000.000,00 € in Rechnung gestellt (Nr. N18), da die Beklagte MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) über die Private Interconnects in den IP-Backbone der Klägerin geroutet hatte.
115Im August 2022 speiste die Beklagte MF.-Datenverkehr im Umfang von 0,0 Tbps (0.000.000 Mbps) in den klägerischen IP-Backbone ein. Entsprechend stellte die Klägerin ein Entgelt in Höhe von 000.000,00 € mit Rechnung vom 7. September 2022 (Nr. N19) in Rechnung.
116Im Abrechnungszeitraum September 2022 routete die Beklagte MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) über die Private Interconnects in den klägerischen IP-Backbone. Die Klägerin berechnete der Beklagten daher ein Entgelt in 000.000,00 € (Rechnung Nr. N20 vom 11. Oktober 2022).
117Im Zeitraum vom 1. bis 31. Oktober 2022 leitete die Beklagte MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) in den IP-Backbone der Klägerin ein. Die Klägerin stellte dafür ein Entgelt in Höhe von 000.000,00 € unter dem 7. November 2022 in Rechnung (Rechnung Nr. N21 vom 7. November 2022).
118Im November 2022 routete die Beklagte MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) über die Private Interconnects in den klägerischen IP Backbone. Entsprechend rechnete die Klägerin ein Entgelt in Höhe von 000.000,00 € mit Rechnung vom 6. Dezember 2022 (Nr. N22) gegenüber der Beklagten ab.
119Zudem speiste die Beklagte zwischen dem 1. und 31. Dezember 2022 MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) in den IP-Backbone der Klägerin ein. Das entsprechende Entgelt in Höhe von 000.000,00 € stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 10. Januar 2023 (Nr. N23) in Rechnung.
120Für den abrechnungspflichtigen Monat Januar 2023 hat die Klägerin der Beklagten mit Rechnung vom 10. Februar 2023 einen Betrag in Höhe von 000.000,00 € in Rechnung gestellt (Nr. N24), da die Beklagte über die Private Interconnects MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) in den IP-Backbone der Klägerin geroutet hatte. Im Februar 2023 routete die Beklagte MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) über die Private Interconnects in den klägerischen IP Backbone. Dementsprechend rechnete die Klägerin ein Entgelt in Höhe von 000.000,00 € mit Rechnung vom 6 März 2023 (Nr. N25) gegenüber der Beklagten ab.
121Im Abrechnungszeitraum vom 1. bis 31. März 2023 leitete die Beklagte MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) in den IP-Backbone der Klägerin ein. Die Klägern rechnete daher ein Entgelt in Höhe von 000.000,00 € unter dem 6. April 2023 ab (Rechnung Nr. N26).
122Für den Abrechnungszeitraum April 2023 hat die Klägerin der Beklagten mit Rechnung vom 8. Mai 2023 einen Betrag in Höhe von 000.000,00 € in Rechnung gestellt (Nr. N27), da die Beklagte MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) über die Private Interconnects in den IP-Backbone der Klägerin geroutet hatte.
123Im Mai 2023 leitete die Beklagte MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) über die Private Interconnects in den klägerischen IP Backbone. Entsprechend rechnete die Klägerin ein Entgelt in Höhe von 000.000,00 € mit Rechnung vom 7. Juni 2023 (Nr. N28) gegenüber der Beklagten ab.
124Im Zeitraum vom 1. bis 30. Juni 2023 leitete die Beklagte MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) in den IP-Backbone der Klägerin ein. Die Klägerin rechnete ein Entgelt in Höhe von 000.000,00 € unter dem 7. November 2022 ab (Rechnung Nr. N29 vom 7. Juli 2023).
125Für den Monat Juli 2023 hat die Klägerin der Beklagten mit Rechnung vom 8. August 023 einen Betrag in Höhe von 000.000,00 € in Rechnung gestellt (Nr. N30), da die Beklagte über die Private Interconnects MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) in den IP-Backbone der Klägerin geroutet hatte.
126Darüber hinaus leitete die Beklagte im Abrechnungszeitraum vom 1. bis 31. August 023 MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) in den IP-Backbone der Klägerin ein. Die Klägerin rechnete ein Entgelt in Höhe von 000.000,00 € unter dem 7. September 2023 ab (Nr. N31).
127Schließlich speiste die Beklagte zwischen dem 1. und 30. September 2023 MF.-Datenverkehr mit einer Bandbreite von 0,00 Tbps (0.000.000 Mbps) in den IP-Backbone der Klägerin ein. Die Klägerin stellte ein Entgelt in Höhe von 000.000,00 € unter dem 9. Oktober 2023 (Nr. N32) in Rechnung.
128Kündigungserklärung der Beklagten vom 28.03.2023
129Mit Schreiben vom 28.03.2023 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin vorsorglich die Kündigung.
130Auf den Inhalt des Schreibens in Anlage B38 (Bl. 2043-2046 dA) wird Bezug genommen.
131Klägervortrag
132Die Klägerin behauptet, dass Betreiber von AS, bei denen der ein- und ausgehende Datenverkehr symmetrisch zueinander ist, aus Gründen der Wirtschaftlichkeit oftmals auf die wechselseitige Abrechnung von Entgelten verzichten würden, da sich diese ohnehin ganz oder teilweise gegeneinander aufheben würden (sog. "Settlement free Peering").
133Die Vereinbarung eines Settlement free Peering erfolge vertraglich auf Grundlage bestimmter, von den jeweiligen Netzbetreibern vorab festgelegter Kriterien (sog."Peering Policy"). Der Verzicht auf die wechselseitige Abrechnung von Übertragungsleistungen setze danach eine weitgehende Äquivalenz bzw. Symmetrie des Datenaustauschs zwischen den AS voraus. Nach der Peering Policy der Klägerin seien lediglich AS, deren im IP-Backbone der Klägerin eingehender Verkehr den aus dem IP-Backbone der Klägerin ausgehenden Verkehr nicht mehr als das 1,8-fache übersteige, zu einem Settlement free Peering berechtigt.
134Daher erbringe die Klägerin gegenüber PU. bzw. MF. und der Beklagten IP-Transport-Dienstleistungen durchweg entgeltlich, was die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet.
135Mit sämtlichen anderen großen Content Providern, z.B. A., Q., YJ., u.a., unterhalte die Klägerin (oder der X.F.AG-Konzern) ebenfalls Vereinbarungen für die entgeltliche Bereitstellung von Private Interconnects und IP-Datentransportdienste. Aufgrund der Asymmetrie der jeweiligen Datenverkehre biete die Klägerin keinem dieser Content Provider ein unentgeltliches Settlement free Peering in den klägerischen IP-Backbone entfernt an.
136Die Beklagte verfüge über eine asymmetrische Verhandlungsmacht, die sie in den letzten Jahren gegenüber der X.F.NA massiv zu Entgeltkürzungen oder – wie im Fall anderer Schwestergesellschaften der Klägerin im Ausland – zur völligen Entgeltbefreiung missbraucht habe.
137Die Klägerin habe die Private Interconnects für die Beklagte offengehalten und eine weitere Nutzung ausdrücklich angeboten, weil anderenfalls und ohne weitere Vorkehrungen der Beklagten der MF.-Datenverkehr über weder dafür geeignete noch ausgelegte Public Interconnects hätte geroutet werden müssen. Dies hätte zu einer Überlastung der etwaigen Public Interconnects durch den MF.-Datenverkehr geführt.
138Die dann zu erwartende Kapazitätsüberlastung an den Public Interconnects hätte auch unbeteiligte Dritten und Endkunden der Klägerin, z.B. Unternehmen, Organisationen aus Forschung und Lehre, Privatpersonen sowie Betreibern dritter Netzwerke, geschadet. Sie habe ihre Private Interconnects mit der Beklagten daher vor allem offengehalten, um Schaden von sich und Dritten abzuwenden, den die Beklagte billigend in Kauf nehmen würde, wenn sie allein wirtschaftliche Motive für die fortgeführte Zusammenschaltung für erheblich erachte.
139Die Klägerin behauptet, allein die Beklagte entscheide darüber, wie sie den MF.-Datenverkehr zu ihren MF.-Usern route, ohne dass die Klägerin insoweit involviert wäre.
140Die Klägerin ist der Auffassung, dass selbst wenn man die IP-Datentransport-Dienstleistung der Klägerin mit der Beklagten (aus Sicht der Klägerin unzutreffend) als Peering einordnen wollte, es sich im Hinblick auf die asymmetrischen Verkehrsmengen jedenfalls um ein entgeltliches (Paid) Peering handele. Dies bestätige auch die Peering Policy der Klägerin.
141Settlement free Peering zwischen ISP und Content Providern sei aufgrund der asymmetrischen Datenverkehre in der Regel ausgeschlossen. Das MF.-Datenverkehrs-Ratio liege bei rund 1:21, was ein Settlement-free Peering in einen "kommerziellen Transit" wandele.
142Die Klägerin erbringe für die Beklagte IP-Datentransport. Die klägerische Leistung umfasse dabei zunächst die Bereitstellung dedizierter und exklusiv für die Beklagte vorgehaltener Private Interconnects für deren MF.-Datenverkehr. Anders als bei öffentlichen Public Interconnects stünden diese dedizierten Private Interconnects keinem anderen Nutzer als der Beklagten und deren MF.-Datenverkehr zur Verfügung. Die an den Private Interconnects von der Klägerin vorgehaltene Kapazität (und auch die als "Headroom" vorgehaltene Überkapazität) bemesse sich ausschließlich am Bedarf der Beklagten. Die Private Interconnects seien somit frei von Zugriffen Dritter, frei von Überlastungen und böten der Beklagten eine exklusive und qualitativ hochwertige Möglichkeit, ihren MF.-Datenverkehr zu den MF.-Usern in den Anschlussnetzen des X.F.AG-Konzerns und nachgelagerter ISP zu routen.
143Der MF.-Datenverkehr betrage im Peak Demand bis zu 0,00 Tbps (im Juli 2021) und mache durchschnittlich rund 00 % des gesamten von der Klägerin durch ihren IP-Backbone transportierten Datenverkehrs aus.
144Schließlich liege auch die Entscheidung, wie der MF.-Datenverkehr zu den jeweiligen MF.-Usern gelangt, allein bei der Beklagten und MF. und nicht bei der Klägerin oder den MF.-Usern. Es stehe der Beklagten frei, den MF.-Datenverkehr nicht über die vorgehaltenen Private Interconnects der Klägerin zu routen, sondern für den Transport alternative Routen zu wählen.
145Die von der Beklagten vorgelegte WIK-Studie für den IP-Datentransport über Private Interconnects (die WIK-Studie bezeichnet dies als "Private Peering") erkenne an, dass eine Preispanne "von 0,00 € bis mehreren Euros (sic!) pro Mbps und Monat" am Markt verlangt werde und Preise insoweit "vom erwarteten Mehrwert für beide Parteien" bestimmt werden.
146Bei dem IP-Datentransport der Klägerin für die Beklagte handele es sich um eine qualitativ hochwertige Leistung hinsichtlich Kapazität, Verfügbarkeit und Exklusivität. In Ansehung der besonders hohen Kapazität, der hohen Verbindungsqualität sowie der stetigen Verfügbarkeit, die die Klägerin an den dedizierten Private Interconnects exklusiv für die Beklagte bereitstellt, liege das Entgelt in Höhe von EUR 0,00/Mbps deutlich am unteren Ende der von der WIK-Studie angegebenen Spanne.
147Ferner behauptet die Klägerin, dass sich die im IP-Datentransport von der Klägerin aufgrund des von den Content Providern verursachten starken Anstiegs der IP-Datenverkehre zu tätigenden Investitionen über die von den IP-Datentransport-Kunden gezahlten Entgelte nicht amortisieren ließen, zumal diese aufgrund der erheblichen Markt- und Verhandlungsmacht der großen Content Provider wie der Beklagten seit Jahren rückläufig seien.
148Ein vermeintliches "Terminierungsmonopol" der Klägerin scheitere nach Auffassung der Klägerin jedenfalls daran, dass es der Beklagten grundsätzlich freistehe, wie sie ihren MF.-Datenverkehr zu den MF.-Usern route (s.o.).
149Alle Datenverkehre zum Endkunden im Netz der Klägerin würden gleichbehandelt.eswegen sei es entgegen der Darstellung der Beklagten für die Weiterleitung des MF.-Datenverkehrs im klägerischen IP Backbone nicht maßgeblich, ob dieser von der Beklagten direkt oder indirekt dem AS 0000 übergeben werde. Dies folge schon aus dem Prinzip der Netzneutralität.
150Die Infrastruktur, die die Klägerin für die Beklagte an den dedizierten Private Interconnects bereitstellt, sei nicht unersetzbar.
151Weitere Möglichkeiten seien, so behauptet die Klägerin:
152• sog. Content Delivery Networks, "CDN", die für die Beklagte entsprechende Kapazitäten für die Entgegennahme und Weiterleitung des MF.-Datenverkehrs in den IP-Backbone der Klägerin bereitstellen;
153• mittel- und langfristig könnte die Beklagte entsprechende Kapazitäten auch mit einem anderen Tier 1-M. (z.B. AT&T, GY., MZ., etc.) schaffen, die dann den MF.-Datenverkehr an die Klägerin und MF.-User in deren Anschluss- und Drittnetzen routen;
154• An das entfernt 0000 seien neben den ISP-Netzen der Klägerin weitere Anschlussnetze internationaler und deutscher ISP (wie z.B. EL., etc.) angebunden. Die Beklagte könne ihren MF.-Datenverkehr nicht nur direkt in das klägerische Übertragungsnetz einspeisen. Sie könne ihre Nutzer in dem den AS0000 verbundenen Anschlussnetzen gleichermaßen auch indirekt über eine Zwischenschaltung anderer AS (wie bspw. das Übertragungsnetz (IP Backbone) eines Wettbewerbers der Klägerin) oder von Diensteanbietern (wie bspw. CDN) (s.o.), die mit dem entfernt 0000 verbunden sind, erreichen;
155• Darüber hinaus habe die Beklagte die Möglichkeit mit dem entfernt 0000 nachgelagerten Tier 2 und 3-AS unmittelbar zu verhandeln und eine direkte Zusammenschaltung mit den Anschlussnetzen zu realisieren;
156Sie könne sich auf die Nutzung von IXPs verlagern.
157Ein erheblicher Teil des bei der Klägerin direkt eingespeisten MF.-Datenverkehrs werde ohnehin nicht von MF.-Nutzern angefordert (z.B. Werbung, automatisch abspielende Videos im PU.-News-Feed).
158Allenfalls bestehe eine Abhängigkeit der Klägerin vom Zugang zu den Social Media-Diensten des MF.-Konzerns.
159Vorgezogene Prozessgeschichte und Anträge
160Die Klägerin hat mit der Klageschrift vom 21.07.2021 ursprünglich gegenüber der Handelskammer des Landgerichts Bonn beantragt,
1611. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 0.000.000,00 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
1622. festzustellen, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten infolge des Angebots der Klägerin vom 26. Februar 2021 und der nachfolgenden Nutzung der Private Interconnects seit dem 1. März 2021 durch die Beklagte an ausgewiesenen Standorten zur Übertragung des PU.-Datenverkehrs aus den Autonomen Systemen entfernt und entfernt der Beklagten in das Autonome System entfernt der Klägerin ein Vertrag über IP-Datentransportdienste zustande gekommen ist und die Beklagte einstweilen verpflichtet ist, für die gegenwärtige Nutzung der Private Interconnects zur Übertragung von PU.-Datenverkehr aus den Autonomen Systemen entfernt und entfernt der Beklagten in das Autonome System entfernt der Klägerin seit dem 1. März 2021 ein Entgelt in Höhe von EUR 0,00/Mbps an die Klägerin zu entrichten.
163Mit Replik vom 07.09.2024 hat sie ihren Klageantrag erweitert (vgl. Bl. 1037-1091 dA).
164Mit Beschluss vom 10.02.2023 (Bl. 1569-1589 dA) hat das Landgericht Bonn den Rechtsstreit an die Handelskammer des Landgerichts Köln verwiesen. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.
165Mit Beschluss vom 09.05.2023 (Bl. 2108-2110 dA) hat die Handelskammer den Rechtsstreit an die Zivilkammer verwiesen. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.
166Die Klägerin beantragt nunmehr (mit Schriftsatz vom 31.10.2023 angekündigt, Bl. 2154 ff. dA),
167wie erkannt.
168Die Beklagte beantragt,
169die Klage abzuweisen.
170Widerklagend beantragt die Beklagte (mit Schriftsatz vom 11.04.2023, S. 2-9, Bl. 1841-1848 dA angekündigt),
1711. die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte die folgenden Beweismittel im Original oder in Form von Kopien und/oder Ausdrucken herauszugeben:
172a) seit dem 15. März 2010 geschlossene Verträge zwischen der Klägerin und Dritten im Zusammenhang mit IP-Datentransporten – sei es im Rahmen von Private Peering oder Transit –
173aa) mit den nach Datenaustauschvolumen zehn größten Inhalteanbietern im jeweiligen Jahr, beispielhaft aber nicht abschließend A., Q., YJ., FB., NH., EV., GV., einschließlich insbesondere der Angaben zu Datendurchsatzmengen, der Anzahl von Zusammenschaltungspunkten und verbundenen Ports, Entgeltbestandteilen einschließlich etwaiger Rückvergütungen;
174hilfsweise
175bb) mit allen Inhalteanbietern, mit denen die Klägerin Verträge abgeschlossen hat, die im Zusammenhang stehen mit der Durchführung von Private Peering an Private Interconnects, einschließlich insbesondere der Angaben zu Datendurchsatzmengen, der Anzahl von Zusammenschaltungspunkten und verbundenen Ports, Entgeltbestandteilen einschließlich etwaiger Rückvergütungen;
176b) Unterlagen im Zusammenhang mit IP-Datentransporten, insbesondere die Peering-Policy" der Klägerin und darauf bezogene Unterlagen, jedenfalls "sofern diese den Zeitraum ab dem 15. März 2010 betreffen;
177c) Unterlagen im Zusammenhang mit dem Kapazitätsmanagement der Klägerin bzw. mit ihr verbundener Unternehmen an direkten Zusammenschaltungspunkten mit einzelnen Inhalteanbietern (Private Interconnects);
178d) Dokumente und/oder Unterlagen im Zusammenhang mit dem Kapazitätsmanagement an nicht-kapazitätsgesicherten Übergabepunkten in den IPBackbone der Klägerin bzw. mit ihr verbundener Unternehmen, insbesondere, aber nicht abschließend im Hinblick auf Datenverkehr, den die Transit-Anbieter ZJ. (ehemals GY. M.), MZ. und UL. anliefern;
179e) Unterlagen im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen mit Inhalteanbietern bzw. Zugangspetenten zum IP-Backbone der Klägerin, insbesondere aber nicht abschließend bezogen auf die Auseinandersetzungen zwischen der Klägerin und:
180• dem Deutschen Forschungsnetz im Jahr 2021, das der Klägerin vorwirft, ihr im Zusammenhang mit dem aufgrund der Corona-Pandemie gestiegenen Datenverkehr eine direkte Zusammenschaltung verweigert und stattdessen einen entgeltlichen "global Upstream" angeboten zu haben (vgl. WIK-Studie, Anlage B 8 S. 80);
181• dem niederländischen Anbieter eines sog. content delivery networks ("CDN"), der der Klägerin vorwirft, den Transitwettbewerb bei der Erreichung ihrer Endkunden durch Kapazitätsverknappungen gestört zu haben, um nicht marktübliche Entgelte durchzusetzen (vgl. WIK-Studie, Anlage B 8 S. 81 f.);
182• dem Hosting-Anbieter FV. im Jahr 2015, der der Klägerin vorwarf, anstatt des branchenüblichen Peering ein Zusammenschaltungsentgelt zu verlangen (vgl. WIK-Studie, Anlage B 8 S. 79 f.);
183f) in Form einer elektronischen Tabelle eines gängigen Formats, kompatibel mit Microsoft Excel oder vergleichbaren Tabellenkalkulationsprogrammen, Auskunft darüber zu erteilen und entsprechende Beweismittel im Original oder in Form von Kopien und/oder Ausdrucken und/oder Screenshots dazu herauszugeben, wie die Klägerin im Zeitraum seit dem 15. März 2010 die Entgelte für IP-Datentransporte – sei es im Rahmen von Private Peering oder Transit – kalkuliert; dabei hat die Klägerin sämtliche Parameter anzugeben, die als Kalkulationsgrundlage in die Gewinnermittlung für die berechneten Entgeltbeträge einfließen;
1842. die Klägerin zu verurteilen, der Beklagten darüber Auskunft zu erteilen,
185a) welche Entgelte, einschließlich sämtlicher Vergütungsbestandteile und etwaiger Rückvergütungen, die Klägerin im Zusammenhang mit IP-Datentransporten – sei es im Rahmen von Private Peering oder Transit – vereinbart hat
186aa) mit den nach Datenaustauschvolumen zehn größten Inhalteanbietern im jeweiligen Jahr, beispielhaft aber nicht abschließend A., Q., YJ., FB., NH., EV., GV.,
187hilfsweise
188bb) mit sämtlichen Inhalteanbietern, mit denen die Klägerin Verträge im Zusammenhang mit IP-Datentransporten geschlossen hat;
189b) welche Kosten bei der Klägerin im Zusammenhang mit Verträgen angefallen sind, die die Klägerin im Zusammenhang mit Datentransporten – sei es im Rahmen von Private Peering oder Transit – abgeschlossen hatte, pro Mbps seit dem 15. März 2010, einschließlich des Betriebs der Private Interconnects,
190aa) für die nach Datenaustauschvolumen zehn größten Inhalteanbieter im jeweiligen Jahr, beispielhaft aber nicht abschließend A., Q., YJ., FB., NH., EV., GV.,
191hilfsweise
192bb) mit sämtlichen Inhalteanbietern, mit denen die Klägerin Verträge über den Datenaustausch via Private Interconnects (Peering) abgeschlossen hat;
193c) wie sich die unter Ziffer 2. b) erwähnten Kosten aufteilen auf die direkte Zusammenschaltung an Private Interconnects (Peering) einerseits und die Zustellung von Daten im gesamten Internet (Transit) andererseits
194aa) für die nach Datenaustauschvolumen zehn größten Inhalteanbieter im jeweiligen Jahr, beispielhaft aber nicht abschließend A., Q., YJ., FB., NH., EV., GV.,
195hilfsweise
196bb) mit sämtlichen Inhalteanbietern, mit denen die Klägerin Verträge im Zusammenhang mit IP-Datentransporten geschlossen hat;
197d) welche Kosten der Klägerin im Zusammenhang mit der physischen Zusammenschaltung ihres Netzes mit dem Netz der Beklagten entstanden sind und gegenwärtig entstehen, insbesondere zu folgenden Punkten:
198aa) Datum der Beschaffung und der Inbetriebnahme, Anschaffungskosten, jährliche Abschreibungen und Restbuchwerte für die dezidierten und ausschließlich dem Austausch von Verkehr mit der Beklagten dienenden technischen Einrichtungen am Ort der Zusammenschaltung, insbesondere, aber nicht abschließend, für Router und Ports;
199bb) sonstigen Kosten für Betrieb und Instandhaltung der physischen Netze in Form einer Auflistung, aufgeschlüsselt nach Jahren, beginnend ab dem 15. März 2010;
200e) zu den Verkehrsdaten und Kapazitäten des Backbone entfernt der Klägerin,
201insbesondere
202aa) genaue Angaben der über den Backbone transportierten Verkehrsmengen im Jahresdurchschnitt, seit dem 15. März 2010, sowohl (i) bezogen auf die gesamte Verkehrsmenge als auch (ii) aufgeschlüsselt nach
203• dem Ursprung der jeweiligen Verkehrsmengen, wobei insbesondere die Verkehrsmenge von folgenden Anbietern zu benennen und aufzuschlüsseln ist:
204o der Beklagten;
205o der nach Datenaustauschvolumen zehn größten Inhalteanbieter im jeweiligen Jahr, beispielhaft aber nicht abschließend A., Q., YJ., FB., NH., EV., GV.;
206o mit Anbietern sonstiger Dienste, deren Daten über den Backbone entfernt der Klägerin transportiert werden;
207• die Destination der mit der Beklagten ausgetauschten Verkehrsmengen aufgeschlüsselt nach
208o dem Netz der Klägerin sowie den Netzen, die dem F.-Konzern zugehören;
209o Drittnetze, die nicht dem F.-Konzern zugehören, einschließlich konkreter Informationen zu den Bedingungen der Datenweiterleitung, insbesondere eines von den Betreibern der Drittnetze zu zahlenden Entgelts;
210bb) genaue Angaben der Verkehrsmengen zum Zeitpunkt des jeweils höchsten Verkehrsaufkommens (sog. busy hour), jährlich seit dem 15. März 2010, sowohl (i) bezogen auf die gesamte Verkehrsmenge als auch (ii) aufgeschlüsselt nach
211• dem Ursprung der jeweiligen Verkehrsmengen, wobei insbesondere die Verkehrsmenge von folgenden Anbietern zu benennen und aufzuschlüsseln ist:
212o der Beklagten;
213o der nach Datenaustauschvolumen zehn größten Inhalteanbieter im jeweiligen Jahr, beispielhaft aber nicht abschließend A., Q., YJ., FB., NH., EV., GV.;
214o mit Anbietern sonstiger Dienste, deren Daten über den Backbone AS0000 der Klägerin transportiert werden;
215• die Destination der jeweiligen mit der Beklagten ausgetauschten Verkehrsmengen aufgeschlüsselt nach
216o dem Netz der Klägerin sowie den Netzen, die dem F.-Konzern zugehören;
217o Drittnetze, die nicht dem F.-Konzern zugehören, einschließlich konkreter Informationen zu den Bedingungen der Datenweiterleitung, insbesondere eines von den Betreibern der Drittnetze zu zahlenden Entgelts;
218cc) genaue Angaben zur Kapazitätsentwicklung des Backbones entfernt der Klägerin, wobei die Klägerin insbesondere Auskunft zu folgenden Punkten zu erteilen hat:
219• jährliche Kapazitätsentwicklung des Backbone entfernt seit dem 15. März 2010;
220• Darlegung der Tagesverkehrskurve (mit Mengenskala) im Backbone-Netz, jährlich seit dem 15. März 2010;
221• Darlegung der während des unter Spiegelstrichen eins und zwei angeführten Zeitraums vorgenommenen Kapazitätsanpassungen, jeweils (i) auf die Gesamtheit bezogen als auch (ii) davon auf den folgenden Verkehr bezogen:
222o die mit der Beklagten ausgetauschten Verkehrsmengen;
223o die mit sonstigen Inhalteanbietern ausgetauschten bzw.
224verbreiteten Verkehrsmengen;
225• Begründung und Erläuterung der Dimensionierungsrelevanz speziell der mit der Beklagten ausgetauschten Verkehrsmengen für die einzelnen vorgenommenen Kapazitätserweiterungen;
226f) zur Netzstruktur und Netzkosten des Backbone entfernt der Klägerin, insbesonderen zu folgenden Punkten:
227aa) zur Netzstruktur des Backbone-Netzes entfernt der Klägerin, wobei die Klägerin insbesondere Auskunft zu folgenden Punkten zu erteilen hat:
228• eine schematische Darstellung des logischen Netzmodells in einem Detailgrad, der jedenfalls alle (wesentlichen) Netzelemente beinhaltet;
229• eine Auflistung der verwendeten (wesentlichen) Kategorien und Typen von Netzelementen sowie eine Erläuterung von Funktion und Notwendigkeit für den hier gegenständlichen Datentransport;
230bb) zu den Kosten der erforderlichen Netzelemente innerhalb des Backbone-Netzes AS0000 der Klägerin, wobei die Klägerin insbesondere Auskunft zu folgenden Punkten zu erteilen hat:
231• die Auflistung der Kosten der einzelnen Netzelemente unter Angabe sämtlicher Kosten, die im direkten Zusammenhang mit der Errichtung, dem Betrieb und der Erweiterung der für den Transport von IPDatenverkehr benötigten Netzelemente stehen, wie Anschaffung, Installation, Inbetriebnahme, Betrieb, Instandhaltung, Wartung, Reparatur, sowie zusätzlich von Wiederbeschaffungswerten (pro Jahr seit dem 15. März 2010). Diese Auflistung muss mindestens die folgenden Informationen enthalten, wobei die Tabelle lediglich die Mindestanforderungen illustriert und nicht als abschließend zu verstehen ist:
232
Die Klägerin kann und sollte gleiche Konfigurationen eines Gerätetyps desselben Herstellers zu Clustern in einer Zeile zusammenfassen. Kosten für Zubehör (Gehäuse, Montagematerial, Verkabelung, etc.) sollten berücksichtigt werden;
234• die Angabe und Erläuterung der jährlichen Abschreibungen (einschließlich angesetzter ökonomischer Nutzungsdauer) und der Restbuchwerte für die eingesetzten Netzelemente seit dem 15. März 2010. Diese Auflistung muss mindestens die folgenden Informationen enthalten, wobei die Tabelle lediglich die Mindestanforderungen illustriert und nicht als abschließend zu verstehen ist:
235
cc) zu den Netzgemeinkosten innerhalb des Backbone-Netzes entfernt der Klägerin, wobei die Klägerin insbesondere Auskunft zu folgenden Punkten zu erteilen hat:
237• Angabe und Aufschlüsselung sämtlicher Kosten, die im Zusammenhang mit dem Betrieb und der Errichtung von Netzmanagement/Operation Centers entstehen sowie der sonstigen Kosten von Netzplanung und -entwicklung (sonstiger Netz Overhead) pro Jahr seit 15. März 2010. Zu berücksichtigen sind dabei ausschließlich Kosten, die für Aktivitäten anfallen, die für den Betrieb des hier gegenständlichen Backbone- Netzes entfernt der Klägerin erforderlich sind. Hierzu gehören insbesondere nicht anschlussnetz- und kundenbezogene Gemeinkosten wie z. B. sämtliche Kosten im Zusammenhang mit der Teilnehmeranschlussleitung, Kosten für Funkzellen und Mobilfunkfrequenzen, Billing im Endkundengeschäft, endgerätebezogene Kosten wie Subventionen, Logistikkosten oder SIM-Karten, Customer Care, Marketing, Werbung, Vertrieb, Kommissionen, usw.;
238• gegebenenfalls der veranschlagte Aufschlag für sonstige relevante Kosten, jeweils einzeln aufgeschlüsselt sowie mit Begründung der Erhebung je Position;
239hilfsweise zu den Widerklageanträgen zu 1. und 2.,
2403. die Klägerin zu verurteilen, der Beklagten diejenigen Beweismittel im Original oder in Kopie herauszugeben bzw. Auskünfte zu erteilen, die dem u.a. in ihrem Auftrag herausgegebenen Bericht "Estimating OTT-Traffic- Related Costs on European Telecommunication Networks" des Beratungsunternehmens DH. TV. zugrunde liegen, insbesondere Informationen der Klägerin mit Bezug zu:
241a) Nachfrage (insbesondere Endkunden und Verkehrsmengen);
242b) Netzinfrastruktur (auch zu den unterschiedlichen Teilen des Netzes der Klägerin, die für die verschiedenen Arten von Breitbandverkehr verwendet werden);
243c) Finanzdaten mit Kostenbezug (insbesondere Abschreibungen, Nettobuchwerte, operationelle Kosten) für die verschiedenen Teile ihres Netzes.
244Die Klägerin beantragt,
245die Widerklage abzuweisen.
246Beklagtenvortrag
247Die Beklagte rügt die internationale und örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Köln. Nach Auffassung der Beklagten bestehe insbesondere kein kartellrechtliches Derogationsverbot.
248In der Sache ist die Beklagte der Auffassung, dass zwischen den Parteien kein Vertrag zustande gekommen sei. Insbesondere stelle die Klägerin keine Infrastruktur zur Verfügung und die Beklagte „nutze“ keine Infrastruktur der Klägerin.
249Die Daten von anderen Inhalteanbietern, die von Endkunden der X.F.AG abgerufen werden, müssten zwingend durch das IP-Backbone entfernt, um in die Anschlussnetze und damit zu den X.F.AG-Endkunden zu gelangen. Das gelte selbst dann, wenn die Inhalteanbieter (wie MF. über die Beklagte) eigene IP-Backbones betreiben würden.
250Theoretisch bestünde zwar die Möglichkeit, die Daten indirekt durch die Zwischenschaltung Dritter, sog. Transitanbieter, und ihren jeweiligen Zusammenschaltungspunkten mit der Klägerin auszutauschen. Die Daten würden auf diesem Weg ohne direkten Datenaustausch an den Zusammenschaltungspunkten mit der Beklagten in das Netz der Klägerin gelangen. Ein solches Vorgehen wäre für große Datenmengen wegen zu befürchtender „Verstopfungen“ praktisch nicht geeignet.
251Die Beklagte beruft sich unter anderem auf die in Anlage B8 vorgelegte WIK-Consult Studie für die Bundesnetzagentur, Wettbewerbsverhältnisse auf den Transit- und Peeringmärkten vom 28. Februar 2022 („WIK-Studie“) (Bl. 635-785 dA).
252Die Parteien würden im Einklang mit der weltweiten Branchenpraxis im Wege des Peerings faktisch lediglich Daten austauschen, die von den Endkunden der Klägerin angefragt würden. Im Ausgangspunkt seien es die Endkunden der Klägerin, die über ihren Internetzugang Dienste von MF. oder anderen Inhalteanbietern nutzen wollten und dazu über das Netz der Klägerin Informationsanfragen an die Server schickten, auf denen Inhalteanbieter wie MF. die hierfür erforderlichen Daten vorhalten.
253Die klägerische Forderung eines Zusammenschaltungs- und Transportentgelts aufgrund eines bestimmten Datenverkehrsverhältnisses sei nicht nur unüblich, sondern missbräuchlich. Die Praxis von Internetzugangsanbietern, eine abrechnungs- und kostenneutrale Zusammenschaltung mit Inhalteanbietern zu verweigern und stattdessen den Abschluss entgeltlicher IP-Transitvereinbarungen zu verlangen stelle eine Ausnutzung des Terminierungsmonopols zur Erhebung von Netzentgelten dar.
254Inhalteanbieter wie MF. hätten durch ihre Investitionen in die Netzinfrastruktur die Wertschöpfung im Internet auch im Interesse der Internetzugangsanbieter wie der Klägerin zusätzlich gesteigert. Denn durch Netzausbau und - ortentwicklung könnten Netzwerkressourcen und Transitkosten gespart sowie die Qualität beim Endkunden verbessert werden.
255Mithin profitiere die Klägerin von Investitionen der Beklagten.
256Echte Transitleistungen in fremde Netze erbringe die Klägerin nicht, es liege lediglich ein „Peering“ und kein „Transit“ vor.
257Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Parteien sich nicht auf eine neue Vereinbarung geeinigt hätten.
258Die Klägerin verweigere eine Anpassung des IP-Transitvertrages an die sich sukzessive ändernden Rahmenbedingungen, insb. den Ausbau der Netzinfrastruktur der Beklagten.
259Das Vergütungsverlangen der Klägerin stelle einen Missbrauch ihrer Marktmacht dar und sei unberechtigt.
260Faktische Netzzusammenschaltungen ohne Abrechnung und Vergütungsströme seien marktüblich. Der Datentransport infolge des Peerings an Endkunden der Klägerin würde durch diese Endkunden vergütet.
261Die Klägerin blockiere außerdem ihre Router an ihren Netzwerkstandorten so, dass keine Daten mehr über das Netz der Klägerin an Drittnetzwerkbetreiber geleitet werden könnten.
262Zuvor hätte die Beklagte über die Zusammenschaltung mit der Klägerin in geringem Umfang Daten auch mit IP-Transitkunden der Klägerin ausgetauscht (z.B. ID. F.). Diese IP-Transitkunden der Klägerin erreiche die Beklagte mittlerweile entweder über direktes Peering oder über andere IP-Transitanbieter zu deutlich besseren Konditionen.
263Auch die als Anlage B 26 vorgelegte Untersuchung (Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation, kurz GEREK bzw. BE-REC) komme zu dem Ergebnis, dass zwischen Netzbetreibern (ISPs) wie der Klägerin und Inhalteanbietern (CAPs) wie der Beklagten eine symbiotische Austauschbeziehung bestehe. Der fortwährende Datenaustausch zwischen ISPs und CAPs liege im gegenseitigen Interesse.
264Nach Auffassung der Beklagten habe das Landgericht Bonn verkannt, dass sich die Klägerin von der Beklagten für den bloßen Datenaustausch im beiderseitigen Interesse bezahlen lasse. Da die Parteien ihre Netze zusammengeschlossen haben, liege keine einseitige Zurverfügungstellung der Private Interconnects durch die Klägerin vor.
265Für deren Einrichtung der streitgegenständlichen Private Interconnects hätten die Parteien denselben Aufwand getragen und ihnen würden auch für deren Betrieb dieselben Kosten anfallen.
266Da beide Parteien über eine Verwendung der Private Interconnects entscheiden, liege auch keine einseitige Dateneinspeisung der Beklagten vor. Die Beklagte beantworte die Anfragen der Endkunden der Klägerin, indem sie die angefragten Daten auf demselben Weg zurückschicke. Dazu liefere sie der Klägerin die von den Endkunden der Klägerin nachgefragten Daten an den Private Interconnects an. Dort entscheide dann die Klägerin aufgrund der von ihr aufrechterhaltenen Zusammenschaltung darüber, ob sie die ihr angelieferten Daten in ihr Netz aufnimmt und dort weitertransportiere.
267Daher sei die Beklagte für die "Einspeisung" des MF.-Datenverkehrs in das Backbone-Netz der Klägerin nicht "verantwortlich."
268Die Beklagte nehme jedenfalls seit der Kündigung des IP-Transitvertrags auch keine garantierten Übertragungskapazitäten der Klägerin oder sonstige Qualitätsstandards (Service Levels oder SLA) der Klägerin in Anspruch. Sie frage solche Qualitätsstandards nicht bei der Klägerin nach und prüfe auch nicht, ob die Klägerin sich an solche halte.
269Die Vorgehensweise der Klägerin verstoße nach Auffassung der Beklagten jedenfalls gegen Kartellrecht. Die Klägerin habe eine marktbeherrschende Stellung auf dem Markt für IP-Datentransportdienste, ihr komme ein Terminierungsmonopol zu, und die Klägerin missbrauche diese marktbeherrschende Stellung. Deswegen sei ein etwaiger Vertrag, welcher nach Auffassung der Beklagten schon nicht bestehe, jedenfalls nichtig.
270Die Klägerin verwirkliche Ausbeutungs- und Strukturmissbrauch. Insofern wird insbesondere auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 06.02.2023 (Bl. 1557 ff. dA) und vom 11.04.2023 (Bl. 1840 ff. dA) verwiesen.
271Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
272Entscheidungsgründe
273Die Klage ist zulässig und begründet. Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.
274A. Zulässigkeit der Klage
275Die Klage ist zulässig.
276I. Zuständigkeit des Gerichts
277Das Landgericht Köln – Zivilkammer, Kartellkammer – ist international, sachlich und örtlich zuständig.
2781. Internationale Zuständigkeit
279Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt aus Art. 7 Nr. 1 EuGVVO.
280Hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit ist der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Bonn vom 10.02.2023 nicht nach § 281 Abs. 4 S. 2 ZPO bindend (vgl. Anders/Gehle/Anders ZPO, 82. Aufl., § 281 Rn. 35, mwN).
281Die EuGVVO findet Anwendung, weil die Beklagte mit Irland in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ihren Sitz hat, Art. 63 EuGVVO.
282Nach Art. 7 Nr. 1 b) EuGVVO richtet sich bei vertraglichen Ansprüchen aus einem Dienstvertrag die internationale und örtliche Zuständigkeit nach dem Ort der Erbringung der vertraglich geschuldeten Dienstleistung.
283Hierzu führt das Landgericht Bonn zutreffend aus:
284„Das Gericht muss zur Feststellung seiner Zuständigkeit nicht prüfen, ob der Vertrag zustande gekommen ist. Ob die Beklagte den Vertragsabschluss bestreitet, ist für die Frage der Zuständigkeit nicht relevant (EuGH, Urteil vom 04.03.1982 - 38/81 -, BeckRS 2004, 71041, beck-online; BeckOK ZPO/Thode, 47. Ed. 1.12.2022, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rn. 17). Auch bereicherungsrechtliche Ansprüche, die in Folge der etwaigen Nichtigkeit des Vertrages oder sonst eng mit einem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien verbunden sind, unterfallen dieser Zuständigkeit (EuGH, Urteil vom 20.04.2016 – C-366/13 -, EuZW 2016, 42 19; BeckOK ZPO/Thode, 47. Ed. 1.12.2022, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rn. 18a.1, 1a.2). Auf die jeweilige Klageart kommt es nicht an, sodass neben Leistungsklagen auch Gestaltungs- und Feststellungsklagen erfasst sind. Eine Zuständigkeit für Klagen ist bereits dann eröffnet, wenn in Frage steht, ob ein Vertrag zustande gekommen ist (EuGH, Urteil vom 04.03.1982 - 38/81 -, BeckRS 2004, 71041, beck-online; BeckOK ZPO/Thode, 47. Ed. 1.12.2022, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rn. 25c). Die Zuständigkeit gemäß Art. 7 Nr. 1 b) EuGVVO ist autonom einheitlich für alle Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis festgelegt worden (EuGH NJW 2007, 1799 Rn. 24, 26; BGH NJW 2010, 3452 Rn. 19 f.), einschließlich der Zahlungsverpflichtung des Käufers bzw. des Dienstleistungsgläubigers (EuGH NJW 2010, 1059 Rn. 50; BGH NJW 2010, 2452 Rn. 19 f.).
285Die Klägerin stützt ihre Leistungs- und Feststellungsklage auf ein Dienstvertragsverhältnis, das durch ihr Angebot vom 26.02.2021 und Annahme der Beklagten durch tatsächliche Inanspruchnahme der klägerischen Leistung am und seit dem 01.03.2021 zu Stande gekommen sein soll. Die Ansprüche, die die Klägerin geltend macht, sind auf Grund der von ihr zu erbringenden Leistung durch Zurverfügungstellen von Übergabepunkten für die Beklagte und Leitung des Datenverkehrs an die Datenempfänger gegen Entgelt dienstvertraglicher Natur. Selbst den Rechtsstandpunkt der Beklagten zu Grunde gelegt, nach dem die Nutzung der Übergabepunkte nicht auf Grundlage eines unentgeltlichen Vertrages sondern in Ermangelung eines Vertrages erfolgt wäre, ist das Verhältnis der Parteien derart eng mit einem Vertragsverhältnis verbunden, dass hieraus resultierende bereicherungsrechtliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte ebenfalls von Art. 7 Nr. 1 Buchstabe b EuGVVO erfasst sind.
286Grundsätzlich soll nur ein Gericht für alle Klagen aus dem Vertrag zuständig sein (EuGH EuZW 2009, 569 Rn. 34 f.; BGH NJW-RR 2006, 1806 Rn. 14 ff.). Kann der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung nicht anhand der Vertragsbestimmungen ermittelt werden, weil diese entweder mehrere Erbringungsorte oder ausdrücklich gar keinen bestimmten Erbringungsort vorsehen, hat der Dienstverpflichtete aber bereits solche Leistungen erbracht, so ist hilfsweise der Ort heranzuziehen, an dem er seine Tätigkeiten zur Erfüllung des Vertrags tatsächlich überwiegend vorgenommen hat, vorausgesetzt, die Erbringung der Dienstleistungen an diesem Ort widerspricht nicht dem Parteiwillen, wie er sich aus den Vertragsbestimmungen ergibt (zur EuGVVO a.F. betreffend einen Handelsvertreter EuGH, Urteil vom 11.03.2010 - C-19/09 -, NJW 2010, 1189). Auch im Fall mehrerer, in verschiedenen Mitgliedstaaten gelegener Orte, an denen die Dienstleistungen erbracht werden, ist der Ort zu suchen, an dem die engste Verknüpfung zwischen dem fraglichen Vertrag und dem zuständigen Gericht besteht, insbesondere der Ort, an dem nach dem Vertrag die Hauptdienstleistung zu erbringen ist (zur EugVVO a.F. betreffend Fluggastrechte EuGH, Urteil vom 09.07.2009 - C-204/08 -, EuZW 2009, 569). Dabei können tatsächliche Aspekte der Rechtssache, insbesondere die an diesen Orten aufgewendete Zeit und die Bedeutung der dort ausgeübten Tätigkeit, berücksichtigt werden. Der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung ist, wenn er weder anhand der Bestimmungen des Vertrags selbst noch auf Grund von dessen tatsächlicher Erfüllung bestimmt werden kann, auf eine andere Weise zu ermitteln, die den beiden vom Verordnungsgeber verfolgten Zielen der Vorhersehbarkeit und der räumlichen Nähe Rechnung trägt. Zu diesem Zweck wird als Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung der Ort anzusehen sein, an dem er seinen Sitz hat. Dieser Ort kann nämlich immer mit Sicherheit ermittelt werden und ist demnach vorhersehbar. Darüber hinaus weist er eine räumliche Nähe zum Rechtsstreit auf, da der Dienstverpflichtete dort aller Wahrscheinlichkeit nach einen nicht unerheblichen Teil seiner Dienstleistungen erbringen wird (zur EuGVVO a.F. betreffend einen Handelsvertreter: EuGH, Urteil vom 11.03.2010 - C-19/09 -, NJW 2010, 1189).
287Unter Anlegung dieses Maßstabes ist zunächst festzustellen, dass der Vertrag, der auf dem vertraglichen Angebot der Klägerin vom 26.02.2021 unter Bezugnahme auf die vorherigen, gekündigten vertraglichen Regelungen von März 2010 aufbaut, - abgesehen davon, dass die Dateneinspeisung in das AS der Klägerin bzw. der X.F.AG vereinbart wird – keinen Erfüllungsort bestimmt. Auch sieht der Vertrag keine definierten Netz-Übergabepunkte vor, sondern überlies dies der späteren – wie tatsächlich erfolgt – Konkretisierung anhand der letztlich örtlichen und technischen Begebenheiten, wie sie zum 01.03.2021 vorhanden waren und seitdem unverändert vorhanden sind. Nach dem von der Klägerin behaupteten Vertrag ist demnach die Zuverfügungstellung der von dem Vertrag erfassten Leistungen gerade nicht vorherbestimmt. Dies entspricht dem wohlverstandenen beiderseitigen Parteiwillen, nach dem anhand der faktischen Verhältnisse und deren Entwicklungen sowie der technischen Möglichkeiten beider Parteien dynamisch auf Veränderungen im Markt- und Nutzerverhalten sowie in technischen Bereichen die Übergabepunkte anzupassen wären. An diesem im beiderseitigen Interesse stehenden wirtschaftlichen System hat der klägerseits vorgetragene Vertragsschluss vom 26.02.2021/01.03.2021 nichts geändert.
288Eine tatsächlich überwiegende Erbringung der Dienstleistung der Klägerin ist nicht zu erkennen. Die Klägerin stellte der Beklagten zum 01.03.2021 in V. am AS. 0.000 Gbps, in W. und U. jeweils 000 Gbps sowie in H., T., G. und I. jeweils 0.000 Gbps, insgesamt 0.000 Gbps zur Verfügung. Zwar ist mit 00 % der größte Anteil der zur Verfügung gestellten Bandbreite in V. am AS. zu verzeichnen. Allerdings stellt dies nicht den überwiegenden Anteil der Gesamtleistung dar, der erst ab einem Anteil von 50 % überhaupt in Betracht gezogen werden kann. In W. und U. werden bereits jeweils 16 % der Bandbreite zur Verfügung gestellt. Zudem ist wirtschaftlich betrachtet jeder Interconnect für die Vertragserfüllung gleichermaßen wichtig, um den Datentransfer zu den Zielen zu ermöglichen. Es ist kein Interesse der Beklagten oder der Klägerin daran zu erkennen, den Interconnects in V. am AS. eine besondere Bedeutung zuzumessen. Vielmehr sind die Interessen der Vertragsparteien ausweislich des Vertrages darauf gerichtet, Zugang zum Gesamtnetz der Klägerin zu erhalten. Schließlich würde eine örtliche Zuständigkeit, die sich an der tatsächlichen Nutzung der Interconnects orientiert, bei Veränderungen an den zur Verfügung gestellten bzw. letztlich in Übereinstimmung mit der Entgeltabrede tatsächlich genutzten Bandbreiten auch zu anderen Gerichtsständen hinsichtlich aller vertraglichen Ansprüche – seit dem Zeitpunkt der Veränderung – führen. Dies widerspricht jedoch dem erklärten Ziel der Vorhersehbarkeit, das die EuGVVO verfolgt, und dem wohlverstandenen Interesse der Parteien, die in Auslegung des Dienstleistungsvertrages die letztlich technische Ausführung der Dienstleistung an dem – wo auch immer tunlich technisch vollzogenen – Anschluss an das AS der Klägerin gegenüber der Dienstleistung als solche nachgeordnet geregelt haben.
289Aus diesem Grund ist der Sitz der Klägerin maßgeblich für die Bestimmung des Erfüllungsortes der Dienstleistung. Es handelt sich bei dem Sitz der Klägerin um den derart vorhersehbaren Gerichtsstand. Auch besteht räumliche Nähe im Verhältnis zu den verschiedenen tatsächlichen lokalen Interconnects. Zudem ist der Kammer für Handelssachen gerichtsbekannt, dass die Entscheidungen zur Bereitstellung und Nutzung der Ports am Firmensitz der Klägerin in FL. getroffen werden, wodurch eine wirtschaftliche Nähe begründet wird.“
290Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an.
291Mithin ist es im Rahmen der Zuständigkeit nach Art. 7 Nr. 1 b) EuGVVO unerheblich, ob sich der klägerische Anspruch letztlich aus dem geschlossenen Vertrag oder bei dessen Nichtbestehen (wie die Beklagte meint) oder Unwirksamkeit aus Bereicherungsrecht herleitet (BeckOK ZPO/Thode, 52. Edition, Stand: 01.03.2024, Brüssel Ia-VO Art. 7 Rn. 18-18b; Rn. 17, 21a).
292Auch die Gerichtsstandsvereinbarung aus Ziff. 12 des Vertrages aus 2010 steht diesem Ergebnis nicht entgegen.
293Zwar ist zutreffend, dass der vorherige Vertrag zwischen der X.F.P.O., deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin letztlich kraft Ausgliederung zum 01.10.2020 geworden ist, und der PU. Inc., in deren vertragliche Rechts- und Pflichtenstellung die Beklagte durch Amendment No. 3 zum 01.12.2018 eingetreten ist, unter Ziffer 12 den Staat L. K. als Gerichtsstand bestimmte. Auch ist zutreffend, dass dieser Gerichtsstand für alle Streitigkeiten gilt, die aus dem bezeichneten Vertrag hervorgingen oder – gehen. Allerdings hat die Beklagte diesen Vertrag zum 28.02.2021 gekündigt. Der Vertrag wurde auch nicht fortgesetzt. Mithin findet die Gerichtsstandbestimmung gemäß Ziffer 12 dieses beendeten Vertrages für den allein streitgegenständlichen Zeitraum der vertraglichen Beziehung seit dem 01.03.2021 keine Anwendung.
294Die Gerichtsstandsklausel ist auch jedenfalls nicht anwendbar, da ihr ein ungeschriebenes Derogationsverbot entgegensteht. Denn, wenn es um die Auslegung von Verbotsnormen des europäischen Kartellrechts geht, besteht ein überragendes öffentliches Interesse daran, dass unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen diese Vorschriften angewandt werden, sie eine einheitliche Auslegung erhalten, damit künftige unterschiedliche Auslegungen verhindert werden (vgl. EuGH, Urt. v. 01.06.1999 - C-126/97, GRUR Int 1999, 7379 Rn. 40; vgl. auch BGH, Urt. v. 27.09.2022 – KZB 75/21, NJW 2023, 1517 Rn. 16).
295Diese abstrakte Gefahr, dass Primärrecht nicht einheitlich angewandt wird, besteht im zugrundeliegenden Fall, weil L. K.er Gerichte nicht berechtigt sind Rechtsfragen, die die Auslegung der Verträge betreffen, dem Europäischem Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV vorzulegen.
296Es besteht auch kein Wertungswiderspruch zu Art. 25 EuGVVO. Zwar wäre nach dieser Vorschrift die Derogation deutscher Gerichte nach überwiegender Auffassung grundsätzlich möglich – auch wenn es sich um kartellrechtliche Ansprüche handelt (vgl. zum ganzen Rehbinder/von Kalben, in: Immenga/Mestmäcker, 7. Aufl. 2024, GWB, § 185 Rn. 339 m. w. N.). Zuständig im Anwendungsbereich der EuGVVO wäre indes nur das Gericht eines anderen Mitgliedsstaats, dem es wiederum möglich wäre, dem Europäischen Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorzulegen.
297Dies wäre bei L. K.er Gerichten ersichtlich nicht der Fall.
2982. Örtliche Zuständigkeit
299Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit ist der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Bonn nach § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO bindend.
300Nach dieser Vorschrift ist das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde, an die Verweisung gebunden.
301Die Reichweite der Bindungswirkung hängt davon ab, welche Fragen das verweisende Gericht geprüft und bejaht hat. Dies kann auch konkludent erfolgen (BGH NJW-RR 1998, 1219; BeckOK ZPO/Bacher ZPO § 281 Rn. 27).
302Vorliegend hat das Landgericht Bonn über die örtliche Zuständigkeit in Köln entschieden. Dabei hat das Landgericht auch ausdrücklich darüber entschieden, dass das Landgericht Frankfurt. a.M. nicht zuständig ist, sondern originär das Landgericht Bonn mit der Konsequenz der §§ 87 S. 2, 89 Abs. 1 GWB iVm § 1 Kartellgerichte-Bildungs-VO NRW, welche die konzentrierte Zuständigkeit in Köln begründen.
3033. Funktionale Zuständigkeit
304Die funktionale Zuständigkeit der 33. Zivilkammer folgt aus §§ 99 Abs. 2, 95 Abs. 2 Nr. GVG (vgl. hierzu Beschluss des LG Köln, Az. 88 O 5/23 (Bl. 2108-2110 dA)).
305II. Feststellungsinteresse, § 256 ZPO
306Die Klägerin hat ein Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO an der mit ihrem Antrag zu 2) begehrten Feststellung des Vertragsschlusses und der damit einhergehenden Zahlungspflicht.
307Der streitgegenständliche Sachverhalt begründet eine Unsicherheit für Rechte der Klägerin. Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, ob durch die fortgesetzte Nutzung der Private Interconnects durch die Beklagte zur Einspeisung des PU.-Datenverkehrs aus den entfernt und entfernt der Beklagten in den IP-Backbon der Klägerin ein Vertrag zustande gekommen ist und zukünftig wiederholt zustande kommt sowie ob die Leistungen der Klägerin für die Beklagte entgeltlich erbracht werden.
308Zwischen den Parteien besteht auch ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO.
309III. Bestimmtheit Antrag 2b)
310Der Antrag 2b) ist hinreichend bestimmt nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
311Im Ausgangspunkt ist ein Antrag bestimmt, wenn im Rahmen einer gerichtlichen Auslegung ermittelt werden kann, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage der beantragenden Partei entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2018 – VIII ZR 68/17, juris, Rn. 15).
312Daran gemessen ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt.
313Dies ist hier der Fall.
314Der Antrag betrifft die "gegenwärtige Nutzung" der Private Interconnects durch die Beklagte und den anschließenden IP-Datentransport durch die Klägerin einschließlich der Frage der Entgeltpflichtigkeit, welche die Beklagte in Abrede stellt.
315Unter Heranziehung der Klageschrift ist auch deutlich, was Private Interconnects sind und welche Art von IP-Datentransport gemeint ist.
316Die Formulierung "einstweilen" erfasst erkennbar das Begehren der Klägerin, den Preis von EUR 0,00/Mbps für zukünftige Abrechnungszeiträume auch ggf. ändern zu können.
317V. Klageerweiterung, § 264 Nr. 2 ZPO
318Die Klageerweiterung ist nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig, da sich der erweiterte Klageantrag auf den gleichen Lebenssachverhalt stützt wie das bisherige Klagebegehren.
319Wird der vom Kläger geltend gemachte Betrag erhöht, handelt es sich um eine quantitative Erweiterung des Klagebegehrens, die während des gesamten Verfahrens bis zu dessen rechtskräftigen Abschluss jederzeit möglich ist.
320Die Klägerin hatte zunächst nur die bis zur Klageerhebung entstandenen Forderungen geltend gemacht, die durch die Nutzung der Private Interconnects durch die Beklagte und den sich daran anschließenden IP-Datentransport durch die Klägerin aus ihrer Sich entstanden sind.
321Die Nutzung setzte sich im Zeitraum zwischen der Klageerhebung bis jetzt fort. Daraus sind aus Sicht der Klägerin weitere Entgeltforderungen für die entsprechenden Abrechnungszeiträume entstanden.
322Den klägerischen Entgeltforderungen liegt daher der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde, der Anlass zur Klageerhebung gegeben hatte.
323B. Begründetheit
324I. Zahlungsantrag (Antrag zu1))
325Der Zahlungsantrag (Antrag zu 1) ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung in der geltend gemachten Höhe aus §§ 611 Abs. 1, 612 BGB.
3261. Deutsches Recht
327Deutsches Recht findet gemäß Art. 4 Abs. 1, Buchstabe b), Art. 19 Rom-I-VO Anwendung. Die Klägerin hatte und hat als Dienstleisterin ihre Hauptverwaltung in FL., Deutschland. In Übereinstimmung mit den Ausführungen im Rahmen der internationalen Zuständigkeit haben die Parteien auch keine Rechtswahl im Sinne von Art. 3 Rom-I-VO oder Art. 14 Rom-II-VO getroffen.
3282. Dienstvertrag/Vertragsschluss
329Die Parteien haben einen entgeltlichen Dienstvertrag geschlossen.
330Ein Vertrag ist die von zwei oder mehreren Personen erklärte Willensübereinstimmung über die Herbeiführung eines rechtlichen Erfolges. Mithin setzt ein Vertrag mindestens zwei übereinstimmende Willenserklärungen zwei verschiedener Rechtssubjekte voraus, in der Regel in Form eines zeitlich vorangehenden Antrages und seiner Annahme (Ellenberger, in: Grüneberg, 83. Aufl. 2024, BGB, Einf v § 145, Rn. 1, 4).
331a) Angebot
332Ein Angebot nach § 145 BGB der Klägerin liegt in Form des Schreibens (und inhaltsgleicher E-Mail) vom 26.02.2021 vor.
333Ein Angebot ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die Gegenstand und Inhalt des Vertrages so bestimmt oder bestimmbar angibt, dass die Annahme durch ein einfaches Ja erfolgen kann. Der Antrag muss vom Empfängerhorizont aus beurteilt verständlich sein (Ellenberger, in: Grüneberg, 83. Aufl. 2024, BGB, § 145, Rn. 1).
334Diese Voraussetzungen hat die Klägerin in dem benannten Schreiben erfüllt, indem sie der Beklagten in Aussicht gestellt hat, dass sie bereit sei „die Daten von PU. ab dem 1. März 2021 über ihren IP-Backbone im Transit weiterzuleiten, unter dem Vorbehalt einer Vereinbarung zu wirtschaftlich vertretbaren Konditionen.“
335Hierzu führt die Klägerin konkret aus:
336„Um solche Verhandlungen zu ermöglichen und die Stabilität des X.F.AG-Netzes zum Vorteil von Verbrauchern und der Gesellschaft im Allgemeinen zu erhalten, ist die X.F.AG-Tochter F. Deutschland GmbH ("F.DG") bereit, ihre Ports nach Maßgabe der im gekündigten Vertrag festgelegten technischen und wirtschaftlichen Bedingungen für eine Übergangszeit offen zu halten. Sollte C. am oder nach dem 1. März 2021 eine Verbindung mit X.F.AG herstellen, leitet F.DG PU.-Daten an und von C.s IP-Netzwerk über den IP-Backbone von F.DG weiter.
337Zum Vorteil von PU. wird F.DG C. alle IP-Transitdienste, die nach dem 1. März 2021 erbracht werden, auf der Grundlage der gleichen wirtschaftlichen Bedingungen gemäß der Vereinbarung zum Zeitpunkt der Kündigung, abrechnen und in Rechnung stellen. Zur Vermeidung von Zweifeln gilt Abschnitt 2 der Vereinbarung nicht für Dienstleistungen, die C. ab dem 1. März 2021 zur Verfügung gestellt werden, und eine Erbringung von IP-Transitdiensten durch die X.F.AG (oder eine ihrer Tochtergesellschaften) an C. ab dem 1. März 2021 ist nicht als Hinweis auf die Absicht der X.F.AG zu verstehen, eine abrechnungsfreie Peering-Vereinbarung mit PU. oder C. einzugehen.
338Für den Fall, dass C. sich ab dem 1. März 2021 unmittelbar mit dem IP-Netz der X.F.AG (oder einer ihrer Tochtergesellschaften) verbindet und in dem jeweiligen Umfang -der Verbindungen, gelten die oben genannten Bedingungen in der Zwischenzeit vor und bis zum Abschluss der Verhandlungen über die Fortsetzung ihrer Geschäftsbeziehungen.“ (vgl. Anlage CC 14, Bl. 314 dA)
339Diese Ausführungen enthalten die erforderlichen Angaben zu den Vertragsparteien, der Leistung (Offenhalten der Ports und Weiterleitung der Daten über den IP-Backbone der Klägerin in derselben Weise wie dies bislang erfolgte) und die Gegenleistung („auf der Grundlage der gleichen wirtschaftlichen Bedingungen gemäß der Vereinbarung zum Zeitpunkt der Kündigung“).
340Für die Beklagte war der Vertragsinhalt, da sie Vertragspartner des gekündigten Vertrages war, mithin hinreichend bestimmbar.
341Es handelt sich bei dem Angebot auch nicht um eine bloße Realofferte, da die tatsächliche Zurverfügungstellung auf dem ausdrücklichen Angebot in dem Schreiben vom 26.02.2021 beruhte.
342Bei einer Realofferte wird die angebotene Leistung ohne vorherigen Vertragsschluss tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Die Realofferte selbst ist zudem mit keiner weiteren (ausdrücklichen) Erklärung des Anbieters verbunden. Hierdurch unterscheidet sich die „klassische“ Realofferte von dem hiesigen Angebot der Klägerin.
343b) Annahme
344Die Annahme dieses Angebotes durch die Beklagte erfolgte dadurch, dass sie ihre Daten von ihrem Server über ihr Backbone zurück in Richtung des Endkunden gesendet hat. Diese Versendung in Richtung der Endkunde, welche die Beklagte in Rn. 14 des nachgelassenen Schriftsatzes vom 09.04.2024 ebenfalls dargestellt hat, erfolgte in Kenntnis des Vertragsangebotes der Klägerin und in dem Wissen der Zusammenschaltung der Router, wie unter Rn. 11 des benannten Schriftsatzes dargestellt. Die Klägerin hat auf den Zugang der Annahmeerklärung der Beklagten gemäß § 151 BGB verzichtet.
345Die Beklagte hat damit unabhängig von der Bezeichnung als „Einspeisung“, „Weiterleitung“, „Austausch“ oder eben „Senden“ ihre Daten von ihrem Server über ihr Backbone zurück in Richtung des Endkunden geleitet und damit über das IP-Backbone der Klägerin an deren Endkunden weiterleiten/übertragen lassen, sie hat das „Kabel also nicht gezogen“, sondern weiter genutzt.
346Dabei ist es unerheblich, ob die Zusammenschaltung aus technischer Sicht „Peering“ und nicht „Transit“ darstellt. Jedenfalls erfolgt die Datenversendung in derselben Weise wie vor der Kündigung zum 31.03.2021.
347Die Parteien waren bis zum Auslaufen des Vertrages am 28.02.2021 vertraglich im gleichen Umfang verbunden, wie dies auch nach Auslaufen dieses Vertrages seit dem 01.03.2021 in übereinstimmenden Willen der Parteien der Fall sein sollte. Die Auffassung der Beklagten, die Nutzung von Private Interconnects einer Partei erfolge einvernehmlich ohne Vertragsschluss, geht fehl. Selbst bei der unentgeltlichen Nutzung liegt dem ein schuldrechtlicher, wenn auch ggf. formfreier Vertrag zu Grunde, dem neben der Nutzungsüberlassung auch für die Parteien wesentliche Informations- und weitere Nebenpflichten entwachsen. Die Beklagte hat auf das klägerische Angebot vom 26.02.2021 die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Private Interconnects weiterhin in Anspruch genommen, obwohl es ihr möglich gewesen wäre, die Verbindung über die Private Interconnects zu kappen. Dem ist ein entsprechender Erklärungswert zu entnehmen, bis zur einvernehmlichen Klärung der Entgeltfrage mit der Inanspruchnahme der Private Interconnects die klägerischen Entgelt-Bedingungen zu akzeptieren (LG Bonn, Beschluss vom 10.02.2023, Az.: 30 O 83/21, S. 20 f.).
348Indem die Beklagte die Infrastruktur der Klägerin über das Kabel weiter nutzt (unabhängig davon, auf welche konkrete technische Art und Weise und unabhängig von der jeweiligen Bezeichnung), verhält sie sich konträr zu anderslautenden ausdrücklichen Erklärungen (sei es der Widerspruch zum Vertragsschluss, seien es die Ausführungen in der Klageerwiderung und den weiteren Schriftsätzen, sei es eine weitere Kündigungserklärung vom 28.03.2023).
349Die Annahme ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, deren Inhalt auf die vorbehaltslose Bejahung eines Antrags gerichtet ist.
350Eine Erklärung des die durch den Gebrauch konkludent annehmenden Leistungsempfängers oder ein Mentalvorbehalt sind urbeachtlich, wenn diese in Widerspruch zu seinem eigenen tatsächlichen Verhalten stehen. Wird aus Sicht eines objektiven Empfängers die Realofferte, oder erst recht – wie hier – das ausdrückliche Angebot nebst tatsächlicher Zurverfügungstellung durch die Inanspruchnahme der angebotenen Leistung kraft schlüssigem Verhalten angenommen, ist "selbst die ausdrückliche Erklärung, kein Entgelt zu bezahlen (protestatio facto contraria)", unschädlich (BeckOGK/Möslein BGB, Stand: 01.05.2019, § 145 Rn. 63; Staudinger/Bork (2020) Vorbemerkung zu §§ 145 ff, Rn. 39; M. Otto in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 145 BGB (Stand: 15.05.2023), Rn. 64 f.)
351Hier hat die Beklagte nach dem 31.03.2021 fortdauernd die Datenabfragen der klägerischen Kunden auf dieselbe Weise wie zuvor im Rahmen des ehemaligen Vertrages beantwortet.
352Anders als die Beklagte dies darstellt, ist dies auch keine alleinige Folge der angekündigten, passiven Offenhaltung der Ports der Beklagten, um einen Datenaustausch mit der Klägerin zu ermöglichen. Denn einen etwaigen Automatismus gibt es nicht. Beide Parteien stellen ihre Router zur Verfügung und haben die Kapazitäten für die steigenden Datenmengen sukzessive erhöht und die Router mit einem Kabel verbunden. Dahinter steckt eine Entscheidung, anders als andere Dritte (z.B. „der Maler aus Montana“), die Daten nicht über ein Public Peering laufen zu lassen, sondern das Private Peering wie zuvor weiterlaufen zu lassen. Dass die Nutzung des Public Peerings Qualitätseinbußen mit sich bringt, lässt den Erklärungsgehalt des Weitersendens über den Zusammenschaltungspunkt nicht entfallen.
353Indem die Beklagte meint, die Durchleitung der Datenanfragen der Endkunden und der nachgefragten Inhalte sei eine Dienstleistung der Klägerin gegenüber ihren Endkunden, verkürzt sie den Sachverhalt und setzt sich damit in Widerspruch zu den Inhalten der eigens vorlegten Anlage B8. Aus dieser wird ersichtlich, dass im Falle des Peerings eine Leistung sowohl der ISPs als auch der CAPs gegenüber dem Endkunden stattfindet. Die Anlage B8 legt auch nahe, dass das Private-Peering nicht die einzige technische Möglichkeit ist, die Endkunden zu erreichen und erst recht kein Automatismus, bei dem die Beklagte „tatenlos“ zusieht.
354Ob ein Verhalten als konkludente Annahme gewertet werden kann, bemisst sich bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 1 33, 157, 242 BGB). Für die Bewertung des Verhaltens kommt es darauf an, wie sich die Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte für einen objektiven Betrachter in der Lage des Erklärungsempfängers darstellt.
355Die maßgebliche Verkehrssitte wird im Rahmen der Anlage B8 verdeutlicht. Daraus geht hervor, dass verschiedene technische Möglichkeiten des Datentransfers zur Verfügung stehen und dass sämtlichen Vorgehensweisen Verträge zugrunde liegen, sei es auch ein Vertragsschluss durch bloßes „Hand-Shaking“ ohne schriftlichen Vertrag. Ein Schriftformerfordernis gibt es nicht.
356Es war auch nicht, wie die Beklagte meint, Beweis darüber zu erheben, dass die Datenversendung nicht ohne das Private Peering möglich gewesen wäre. Schließlich führt die Beklagte selbst aus, und dies ergibt sich auch aus der benannten Anlage B8, dass es „theoretisch“ die Möglichkeit gibt, die Daten indirekt über Transitanbieter auszutauschen. Bei einem solchen Vorgehen moniert die Beklagte jedoch, dass die Zusammenschaltungspunkte gerade zu „peak hours“ „verstopft“ seien. Dem nicht ausgesetzt zu sein, stellt einen Vorteil dar, führt aber nicht dazu, dass die Beendigung des Private Peerings, also der Zusammenschaltung der Router nicht möglich wäre.
357Beide Parteien ziehen die Rechtsprechung des BGH zu Einspeiseentgelten heran. Aus dieser lässt sich aber kein Ergebnis für den hiesigen Fall ableiten, insbesondere nicht für die Frage des hiesigen Vertragsschlusses.
358Aus der Entscheidung geht zwar hervor, dass ein Kontrahierungszwang nicht besteht; dass grundsätzlich aber angemessene Entgelte vereinbart werden können, ist nicht ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 16. Juni 2015 – KZR 83/13, Einspeiseentgelt I, juris Rn. 68 f.)
359Aus Sicht des allgemeinen Empfängerhorizontes lässt sich das Verhalten der Beklagten auch nicht anders verstehen.
360Ob der Übertragung aus technischer Sicht nun Peering, Transit oder abstrakt IP-Datentransport zugrunde liegt, ist unerheblich, da die Parteien übereinstimmend das Gleiche gemeint haben. Es kam der Beklagten gerade darauf an, den MF.-Datenverkehr über den klägerischen IP-Backbone im Wege des Private Peerings an die MF.-User in Anschluss- und Drittnetzen leiten zu können, damit die MF. Social Media Dienste erbracht werden können.
361Auch die Äußerung der Beklagten in der E-Mail-Korrespondenz am 12.02.2021, in der sie ausdrücklich erklärt, dass die Inanspruchnahme der Private Interconnects kostenlos erfolgen werde, steht der Annahme nicht entgegen.
362Bei der Auslegung ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Beklagte ausweislich der Kündigungserklärung vom 22.11.2020 die Kündigung mit dem Ziel einer Preisreduktion bei fortgesetzten Verhandlungen erklärt hat. Demnach ist die beklagtenseits in der E-Mail vom 12.02.2021 kundgegebene Auffassung, kostenlos die Private Interconnects der Klägerin nutzen zu können, nach dem objektiven Empfängerhorizont als Position der Beklagten im Rahmen von Vertragsverhandlungen zu verstehen, die bis zum Auslaufen des vorherigen Vertrages nicht im beiderseitigen Interesse zu Ende geführt werden konnten, was von der Beklagten hingegen mit dem Schreiben vom 22.11.2020 erklärtermaßen angestrebt worden ist. So schreibt die Beklagte selbst per E-Mail vom 12.02.2021, dass ihre nunmehrige Erklärung im Einklang mit den im Kündigungsschreiben vom 22.11.2020 erfolgten Ausführungen stehe. Dies kann im Zusammenhang mit dem Kündigungsschreiben nach dem objektiven Empfängerhorizont nur derart verstanden werden, dass die Beklagte weiterhin die im Kündigungsschreiben vom 22.11.2020 erklärte Verhandlungsbereitschaft aufrecht erhält und die Unentgeltlichkeit einen Verhandlungsstandpunkt und damit eine verhandelbare Position darstellt. Da die Beklagte dem klägerischen Angebot vom 26.02.2021, als eine übergangslose Verhandlungslösung zum 01.03.2021 nicht mehr zu erzielen war, nicht entgegengetreten ist, durfte und musste die Klägerin die Weiternutzung der Private Interconnects durch die Beklagte seit dem 01.03.2021 als Annahme ihres Angebotes vom 26.02.2021 verstehen. Die nachfolgenden Erklärungen der Parteien vermögen die Auslegung des bereits zuvor erfolgten Vertragsschlusses nicht zu berühren (LG Bonn, a.a.O., S. 21).
363Schließlich ist der Beklagten gemäß § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium verwehrt, sich auf einen offenen Dissens zu berufen, da sie den für sie günstigen Teil des Vertrages – die Inanspruchnahme der Private Interconnects der Klägerin – unter Duldung der Klägerin durchführt, aber im Hinblick auf für sie nachteilige Vertragspunkte einen Einigungsmangel geltend macht (vgl. MünchKomm-Busche, 9. Aufl. 2021, § 154 BGB, Rn. 9).
364Die Klägerin war und ist bereit, über das vertragliche Entgelt zu verhandeln und demgemäß auch, ggf. in ihrer Position weiter nachzugeben. Eine derartige Verhandlungsbereitschaft hatte die Beklagte auch noch in der Kündigung ausdrücklich erklärt, die die Beklagte vor dem Hintergrund einer fehlenden Einigung über die Preisreduzierung und mit der sie die Fortführung der Verhandlungen mit dem Ziel des Abschlusses eines Vertrages erklärt hatte, der für beide Seiten vernünftig und akzeptabel ist. Dass sich an ihrer derart geäußerten grundlegenden Einstellung nichts geändert hat, ist auch ihrer E-Mail vom 12.02.2021 zu entnehmen, mit der diese in der Kündigung getätigten Ausführung ausdrücklich aufrechterhalten wurden, wenn auch nunmehr die Preisverhandlungen von der Beklagtenseite mit der Vorstellung eines 0€-Wertes entsprechend härter geführt wurden. Dass sich die Beklagte in Ansehung der fortgesetzten Nutzung der Private Interconnects darauf beruft, diese Leistung der Klägerin mangels Vertrages unentgeltlich in Anspruch zu nehmen, ist von daher treuwidrig, sodass es ihr unter Anwendung des Rechtsgedankens des § 162 Abs. 1 BGB auch verwehrt ist, sich darauf zu berufen, dass die Vertragsverhandlungen bereits seit längerer Zeit nicht mehr geführt werden. Diese Entwicklung der Beendigung der Vertragsverhandlungen und die Fortdauer der fehlenden Verhandlungen über geraume Zeit hat die Beklagte in Abkehr von ihren vorherigen Erklärungen selbst herbeigeführt und zu vertreten (LG Bonn, a.a.O., S. 21 f.).
365c) Einwände der Beklagten nach dem Verweisungsbeschluss des LG Bonn
366Die Einwände, welche die Beklagte gegen den Verweisungsbeschluss des LG Bonn und nunmehr auch gegen die in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung der Kammer greifen nicht durch.
367aa) Anders als die Beklagte meint, stützen weder die Kammer noch ehemals das Landgericht Bonn ihre Begründung darauf, dass „nur“ die Klägerin Private Interconnects zur Verfügung gestellt hätte. Vielmehr geht aus dem unstreitigen Tatbestand hervor, dass ein Peering gerade nur dann möglich ist, wenn die Kapazität der Übergabeschnittstelle auf beiden Seiten gleich groß ist. Andernfalls würde die direkte Zusammenschaltung auf dem Link-Layer Protokoll technisch nicht funktionieren. Die Interconnection-Kosten der direkten Zusammenschaltung sind für beide Peering-Partner gleich hoch.
368Dass die Klägerin auch von der Zusammenschaltung profitiert und dass sie ebenso wie die Beklagte weitere Kosten für ihren Netzaufbau hatte, steht dem nicht entgegen.
369bb) Es trifft auch zu, dass, wie die Beklagte ausführt, beide Parteien über eine Verwendung der Private Interconnects entscheiden und keine einseitige Dateneinspeisung der Beklagten stattfindet.
370Auch die Klägerin hat entsprechend ihrem Angebot vom 26.02.2021 den Zugang zu ihrem Backbone weiter zur Verfügung gestellt.
371Die Endkunden der Klägerin sind hinsichtlich der überwiegenden Inhalte der Ausgangspunkt der Datenübertragung, dies steht einem Vertragsschluss aber nicht entgegen, da die Datenübertragung nicht zwingend über die Private-Interconnects erfolgen muss, wie dies auch aus der WIK-Studie hervorgeht und wie dies auch die Beklagte selbst eingesteht, obschon das Public Peering mit Qualitätseinbußen einhergeht.
372Die Darstellung der Zusammenschaltung kann auch nicht dadurch verkürzt werden, dass der Verursachungsbeitrag der Datenversendung durch die Endkunden der Klägerin gesetzt wird, was dann die Klägerin dazu veranlasse, die ihr von der Beklagten angelieferten Daten in ihr Netz aufzunehmen und darüber zu ihren Endkunden zu transportieren.
373Denn es ist die Klägerin, die die Möglichkeit des Private-Peerings offenhält, und die Beklagte, die diese ebenfalls nutzt. Dies ist eine gewöhnliche Betätigung im Rahmen eines Private-Peering-Vertrages.
374cc) Dass die Klägerin keine "IP-Transit"-Leistung erbringt und die Beklagte eine solche auch nicht nachfrage, ist für den Vertragsschluss ebenfalls unerheblich (s.o.).
375Die Leistungspflicht ist jedenfalls in Form der vergangenen Leistung unter dem Vertrag von 2010 in beiderseitiger Kenntnis davon fortgesetzt worden. Umgangssprachlich formuliert „wurde das Kabel nicht gezogen.“
376Dass sich insgesamt ein Trend vom Transit zum Peering wegen des Infrastrukturaufbaus der Beklagten zeigte, ist dabei unerheblich. Auch dem Peering liegen vertragliche Vereinbarungen zugrunde, obgleich dies ausdrückliche, konkludente, schriftliche oder mündliche Vereinbarungen sind.
377Die „falsche“ Bezeichnung als „Transit“ steht dem Vertragsschluss mithin nicht entgegen.
3783. spätere Kündigung des Vertrages
379Auch die mit Schreiben vom 08.03.2021 (Bl. 1902 dA) erklärte Kündigung, eine etwaige konkludente Kündigung durch Klageerwiderung vom 24.06.2022 (sog. Schriftsatzkündigung, Bl. 1903 dA) und die Kündigungserklärung vom 28.03.2023 (Bl. 1904, 1733 dA) stehen dem Anspruch nicht entgegen.
380Denn auch dies bezüglich gilt, dass ein Berufen hierauf nach § 242 BGB treuwidrig nach dem Grundsatz venire contra factum proprium ist.
381Die Beklagte kann ebenso – wie im Rahmen des Vertragsschlusses ausgeführt – auch im Nachgang nicht einerseits die Kündigung erklären und andererseits die Leistung weiter in Anspruch nehmen. Eine solche Kündigung steht im Widerspruch zu dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten, welches in der Aufrechterhaltung der Zusammenschaltung der Router besteht.
382Dass sich dieses Verhältnis ändern kann, wenn die Klägerin die weiteren Vertragsverhandlungen verweigert, kann dahinstehen, da dies bislang nicht der Fall ist.
3834. Keine Nichtigkeit des Vertrages aus Kartellrecht
384Der zwischen den Parteien zustande gekommene Dienstvertrag ist nicht nach § 134 BGB i.V.m § 19 GWB, Art. 102 AEUV (insb. mit § 19 Abs. 1, 2 Nr. 2 GWB) nichtig und ist auch keiner Preisanpassung zu unterziehen (vgl. Immenga/Mestmäcker/Fuchs GWB, 7. Aufl., § 19, Rn. 442, 443).
385Hierzu müsste die Klägerin eine marktbeherrschende Stellung gemäß § 18 GWB nach § 19 Abs. 1, 2 GWB missbraucht haben. Dem ist nicht so, da die Parteien in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen und die Gegenmacht der Beklagten der einem Missbrauch der Marktmacht der Klägerin entgegensteht.
386a) Marktmacht
387aa) Marktabgrenzung, § 18 GWB
388Es ist sachlich und räumlich auf den Markt für IP-Interconnection in Deutschland abzustellen, konkret die IP-Interconnection zu Endnutzern der F.. Hinsichtlich dieser Nutzer hat die Klägerin einen Marktanteil von 100%. Zwar behauptet die Klägerin, dass es andere Zugangsmöglichkeiten zu ihren Endkunden gäbe, was auch laut der Beklagten ebenfalls über Transitanbieter der Fall ist, dieser Zugang läuft aber ebenfalls über das IP-Backbone der Klägerin.
389Die anderen durch die Klägerin dargestellten Märkte sind hingegen nicht zugrunde zu legen, etwa der globale Markt für Internet-Konnektivität oder der nationale Endkundenmarkt für breitbandigen Internetzugang. Denn nach dem sog. Bedarfsmarktkonzept sind einem sachlich relevanten Markt diejenigen Produkte oder Dienstleistungen zuzurechnen, die aus der Sicht der Nachfrager nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs austauschbar sind.
390Für die Zustellung eines Datenpakets an einen spezifischen Endkunden im Internet hat zwingend eine Terminierung über das Anschlussnetz des Endkunden-Netzbetreibers zu erfolgen, unabhängig davon, ob dies über ein Public Peering, Private Peering oder die mittelbare Lieferung über Transitanbieter erfolgt.
391Inhalteanbieter wollen mit ihren Datenpaketen die Datenanfragen der Endkunden des Internetzugangsanbieters beantworten oder ohne Anfrage Werbung einspielen. Dies ist ausschließlich über das Netz dieses Internetzugangsanbieters möglich. Die Teilnehmeranschlussnetze anderer Netzbetreiber sind insoweit untereinander nicht austauschbar.
392Nach § 18 Abs. 1 GWB ist ein Unternehmen marktbeherrschend, soweit es als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt (1) ohne Wettbewerber ist, (2) keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder (3) eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung hat.
393Die marktbeherrschende Stellung wird nach § 18 Abs. 4 GWB vermutet, wenn das Unternehmen einen Marktanteil von mindestens 40 Prozent hat, wobei die Vermutung nach hier vertretener Auffassung lediglich eine sekundäre Darlegungslast der Gegenseite auslöst.
394Bei der sachlichen Marktabgrenzung ist nach hM von dem Bedarfsmarktkonzept bzw. dem Konzept der funktionellen Austauschbarkeit aus der Sicht der Marktgegenseite auszugehen. Danach sind dem relevanten Angebots- oder Nachfragemarkt alle Produkte oder gewerblichen Leistungen zuzurechnen, die aus der Sicht der Nachfrager oder Anbieter nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs austauschbar sind (vgl. BGH NJW-RR 2009, 264 Rn. 15 – E.ON/Stadtwerke Eschwege). Bei der Marktabgrenzung handelt es sich um eine juristische Bewertung, die nicht schematisch, sondern zweckbezogen und funktional nach Maßgabe der produkt- und wettbewerbsspezifischen Gegebenheiten zu erfolgen hat (BeckOK KartellR/Götting, 11. Edition, Stand: 01.06.2020, GWB § 18 Rn. 8).
395Vorliegend tritt die Klägerin als Anbieterin auf einem Angebotsmarkt auf. Bei einem Angebotsmarkt, ist maßgebliche Marktgegenseite, aus deren Sicht die Frage der funktionalen Austauschbarkeit zu beantworten ist, der jeweilige Nachfrager der betreffenden Ware oder gewerblichen Leistung. In Betracht kommen private Endverbraucher, Händler oder gewerbliche Endkunden, die im Hinblick auf die funktionale Austauschbarkeit jeweils unterschiedliche Vorstellungen haben können (vgl. LMRKM/Kühnen Rn. 16 ff.; Ruppelt WuW 2012, 27 (30 ff.); BeckOK KartellR/Götting, 11. Edition, Stand: 01.06.2020, GWB § 18 Rn.9).
396Maßgebend ist dabei die tatsächliche Anschauung der Marktgegenseite. Dem relevanten Angebotsmarkt sind alle Produkte oder gewerblichen Leistungen zuzurechnen, die aus der Sicht der Marktgegenseite nach Eigenschaft, Verwendungszweck und Preislage zur Deckung eines bestimmten Bedarfs austauschbar sind. Dafür kommt es nicht auf eine physikalisch-technische oder chemische Identität der Waren und Leistungen an. Zum sachlich relevanten Markt gehören vielmehr alle Waren bzw. Dienstleistungen, die sich nach Eigenschaften, Verwendungszweck und Preislage so nahestehen, dass der verständige Nachfrager sie als für die Deckung seines bestimmten Bedarfs gleichfalls geeignet ansieht. In der Regel bildet bei Angebotsmärkten der Verwendungszweck ein erstes entscheidendes Kriterium für die Frage der Austauschbarkeit (BeckOK KartellR/Götting, 11. Edition, Stand: 01.06.2020, GWB § 18, Rn. 16, 19).
397Diese Maßstäbe zugrunde gelegt ist der deutsche Markt der IP-Interkonnektivität bezüglich der Endnutzer der Klägerin aus Sicht der CAPs maßgeblich. Denn die Übermittlung von Daten an andere Endnutzer ist schlicht kein gleichwertiges Substitut. Das Geschäftsmodell der Beklagten ist es ein weltweites Netzwerk von Personen zu schaffen, welches für alle Mitglieder gleichermaßen nutzbar ist. Die Omni-Verfügbarkeit liegt im Grunde genommen allen CAPs zugrunde und ergibt sich gleichermaßen aus der Natur des Internets.
398Auch die klägerische Argumentation zur Netzneutralität (Art. 3 Abs. 3 S. 1 Verordnung (EU) 2015/ 2120) verfängt nicht. Diese besteht zwar gegenüber dem Endkunden. Dennoch verpflichtet sie die Klägerin gerade nicht zu einem Angebot von Private Peering oder IP-Transit über Private Interconnects. Dies würde auch dem eigenen Geschäftsmodell der Klägerin widersprechen, die für die Weiterleitung an ihre Kunden aufgrund der Investitionen in ihre Infrastruktur ein Entgelt erhalten möchte.
399Soweit sich die Klägerin darauf beruft, keine marktbeherrschende Stellung auf dem nationalen Endkundenmarkt für breitbandigen Internetzugang zu haben, und sich dabei auf die Praxis des Bundeskartellamtes beruft, nach der ein einheitlicher Massenmarkt für breitbandigen Internetzugang abzugrenzen sei (BKartA, Beschluss vom 30. Dezember 2019, B7-21/18, Rn. 98 ff. – X. F./EWE; Europäische Kommission, Entscheidung vom 18. Juli 2019, M.8864 – Vodafone / Certain Liberty S. Assets, Rn. 59, 61.) (497), so kommt es hierauf nicht an, da diese Argumentation nicht das Verhältnis zwischen ISPs und CAPs betrifft.
400Ohnehin hatte die Klägerin im Jahr 2022 auf dem nationalen Massenmarkt für breitbandigen Internetzugang einen erheblichen Marktanteil von jedenfalls 39,1 %.
401Die Klägerin hält der hier dargestellten Marktabgrenzung entgegen, die Beklagte könne frei entscheiden, wie sie die Kunden der Klägerin erreiche:
402• es bestehe die Möglichkeit, Daten an sog. Internet Exchange Points (Public Interconnects) auszutauschen, die für alle angeschlossenen AS gleichermaßen zugänglich sind;
403• zusätzlich könnten CAPs Speicher- und Auslieferungskapazitäten zu dem empfangenden AS bei sog. Content Delivery Networks (CDN) buchen;
404• auch IP-Transit stelle eine Ausweichmöglichkeit dar;
405• eine indirekte Einspeisung der Daten über Wettbewerber der Klägerin sein ebenso möglich
406Dabei fällt zweierlei auf:
407Zum einen ist unklar, ob die dargestellten Alternativen qualitativ gleichwertig sind, zum anderen müssen alle Ausweichmöglichkeiten letztlich auch das AS 0000 der Klägerin „durchlaufen“, mit der Konsequenz, dass die Klägerin mittelbar auch den dafür anfallenden Preis beeinflusst.
408IP-Transit ist ohnehin schon kein Substitut für Peering, da beiden Datentransportmethoden unterschiedliche Nachfragesituationen zugrunde liegen, anders könnte dies nur zu beurteilen sein, wenn die Klägerin der Beklagten tatsächlich noch Transit in nicht unerheblichem Umfang anbietet, was nicht dargetan und nicht ersichtlich ist, jedenfalls nicht bei der hier zugrunde gelegten Unterscheidung der beiden Begriffe.
409Eine Austauschbarkeit ist nämlich auch zu verneinen, wenn Abnehmern zwar unterschiedliche Systeme zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehen, nach einer Entscheidung für ein System aber kein Wechsel auf ein anderes stattzufinden pflegt (Immenga/Mestmäcker/Fuchs, 11. Edition, Stand: 01.06.2020, GWB § 18, Rn. 38a).
410Dies ist bei der Entscheidung zwischen Transit und Peering der Fall, da letzteres die Schaffung einer eigenen Infrastruktur erfordert, die bei einem Wechsel zum Transit teilweise obsolet werden könnte.
411bb) Marktbeherrschende Stellung
412Damit kommt der Klägerin bei der dargestellten Marktabgrenzung (IP-Interkonnektivität gegenüber den deutschlandweiten Endkunden der Klägerin) ein Terminierungsmonopol zu (was auch die WIK-Studie plausibel darstellt), mithin eine grundsätzlich marktbeherrschende Stellung.
413Bewertungskriterien gibt § 18 Abs. 3 GWB an die Hand, wonach bei der Bewertung der Marktstellung eines Unternehmens im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern insbesondere zu berücksichtigen ist: sein Marktanteil, seine Finanzkraft, sein Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten, sein Zugang zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten, Verflechtungen mit anderen Unternehmen, rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Marktzutritt anderer Unternehmen, der tatsächliche oder potenzielle Wettbewerb durch Unternehmen, die innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ansässig sind, die Fähigkeit, sein Angebot oder seine Nachfrage auf andere Waren oder gewerbliche Leistungen umzustellen, sowie die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andere Unternehmen auszuweichen.
414Nach alledem ist im Falle der engen Marktabgrenzung wie hier (IP-Interkonnektivität gegenüber den deutschlandweiten Endkunden der Klägerin) der Klägerin grundsätzlich ein Vollmonopol nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 GWB zuzusprechen.
415Ein solches ist dann gegeben, wenn auf dem jeweils infrage stehenden Markt nur ein einziges Unternehmen vorhanden ist. Ein solches Vollmonopol kann sich aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ergeben. Bei Praktizierung einer sehr engen sachlichen und räumlichen Marktabgrenzung sind Fälle dieser Art nicht selten (Immenga/Mestmäcker/Fuchs, 11. Edition, Stand: 01.06.2020, GWB § 18 Rn. 98).
416Dies ist hier gegeben. Denn bezüglich der Alleinstellung nach § 18 Abs. 1 Nr. GWB gilt ebenso wie unter aa) dargestellt, dass die durch die Klägerin aufgezeigten Ausweichmöglichkeiten ebenfalls durch das IP-Backbone der Klägerin laufen.
417Tatsächliche Wettbewerber werden hierdurch nicht dargetan.
418cc) Einwand der Gegenmacht
419Der Marktmacht der Klägerin steht aber die Gegenmacht der Beklagten entgegen, die einen Missbrauch der klägerischen Marktmacht nach §§ 18, 19 GWB ausnahmsweise ausschließt.
420Eingeschränkt wird die Marktstellung eines Unternehmens (außer durch entsprechende Marktstellungen seiner Konkurrenten und den in § 18 Abs. 3 Nr. 6 erfassten tatsächlichen oder potentiellen Wettbewerb) auch durch Gegenmacht der anderen Marktseite. Überragt ein Unternehmen mit einigen oder allen der in § 18 Abs. 3 GWB genannten sowie den weiteren Kriterien der Marktstellung seine Wettbewerber, so kann ihm dennoch der für § 18 Abs. 1 GWB kennzeichnende überragende Verhaltensspielraum fehlen, weil der starke Einfluss seiner Abnehmer oder Lieferanten auf das Marktverhalten des Unternehmens den dafür erforderlichen Spielraum ausschließt. Maßgeblich ist die Stärke der Marktgegenseite, sofern sie den Verhaltensspielraum nur oder jedenfalls überwiegend gerade des Unternehmens einengt, für das eine überragende Marktstellung Frankfurter Kommentar in Frage steht zum (Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder/Seeliger, Kartellrecht, 01.2020, § 18 GWB Rn. 325 f.).
421Im Einzelfall kann dies sogar dazu führen, dass bei einem Marktanteil von 100% eine marktbeherrschende Stellung verneint werden kann. Drei Voraussetzungen lassen sich dafür ausmachen, dass gegengewichtige Nachfragemacht in diesem Sinne wettbewerbsfördernd wirkt:
422• Die Nachfrager haben die Möglichkeit, einer erhöhten Angebotsmacht des marktbeherrschenden Unternehmens entgegenzuwirken;
423• Die Nachfrager haben ausreichende Anreize, um ihre Nachfragemacht im Interesse einer strategischen Begrenzung von Angebotsmacht auszuüben;
424• Die so ausgeübte Nachfragemacht ist ausreichend wirksam, um eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs zu verhindern.
425Nachfragemacht lässt sich als Verhandlungsmacht verstehen, die durch den Wert der Abbruchoptionen des Nachfragers im Verhältnis zu einem Anbieter determiniert wird. Die Höhe der Verhandlungsmacht eines Nachfragers bestimmt sich dann danach, inwieweit er glaubhaft mit dem Abbruch der Lieferbeziehung oder mit anderen wirksamen Vergeltungsmaßnahmen drohen kann, falls der Anbieter die Preise erhöht oder die sonstigen Konditionen verschlechtert (Steinvorth, in: Wiedemann, Kartellrecht 4. Auflage 2020, § 20 Materielle Fusionskontrolle, Rn. 184 f.).
426Nach diesen Maßstäben steht der Marktmacht der Klägerin aufgrund der Besonderheiten des gegenständlichen Marktes die dort bestehende Gegenmacht der Beklagten entgegen, weswegen ein Marktmachtmissbrauch ausscheidet.
427Dabei verfängt nicht pauschal das Argument, dass der Beklagten bzw. des hinter ihr stehenden Konzerns wegen ihrer Größe und Marktpräsenz oder wegen der Feststellung des Bundeskartellamtes über die überragende marktübergreifende Bedeutung von MF. der Beklagten grundsätzlich Marktmacht zukommt (BKartA, Beschluss vom 2. Mai 2022, B 6 – 27/21, Rn. 573 – MF.), obschon dies ein erstes Indiz darstellen kann.
428Maßgeblich ist unter dem Einwand der Gegenmacht die bei der Gegenseite bestehende konkrete Verhandlungsmacht, die von den Umständen des Einzelfalles abhängig ist, und die letztlich durch den Wert der Abbruchoptionen des Nachfragers im Verhältnis zu einem Anbieter determiniert wird.
429Eine die Marktmacht des Anbieters (hier der Klägerin) entgegenstehende und diese dadurch entkräftende Gegenmacht ist zu bejahen, wenn der Nachfrager (hier die Beklagte), die Möglichkeit hat, der Angebotsmacht entgegenzuwirken, wenn sie Anreize zur strategischen Ausübung ihrer Nachfragemacht hat und ihre Nachfragemacht wirksam ist, um eine Behinderung des Wettbewerbs durch den Anbieter zu verhindern.
430All dies ist hier gegeben.
431Die Beklagte ist 100 %-ige Tochtergesellschaft der MF., ehemals PU.. MF. ist ein globaler Betreiber von Kommunikations- und sozialen Mediendiensten. MF. betreibt unter anderem die MF.-Dienste PU., YN. und KU.. Das Geschäftsmodell führte im Jahr 2020 zu einem Jahresüberschuss von USD 00,00 Milliarden; damit gehörte PU. im Jahr 2020 nach Gewinn zu den weltweit 20 größten Unternehmen. MF. beherrscht mit den von ihm betriebenen Kommunikationsdiensten KU. und PU. Messenger auch den Markt für mobile elektronische Kommunikationsdienste für private Nutzer. Der Marktanteil von MF. und der Beklagten auf diesem Markt liegt bei über 40 %. Insbesondere der Dienst KU. hat sich in kurzer Zeit zu einem de facto-Standard für mobile Kommunikation entwickelt.
432Die Relevanz der MF.-Dienste betrifft flächendeckend beinahe alle Verbraucher und damit auch die Endkunden der Klägerin. Dies hat zur Konsequenz, dass die Klägerin gegenüber ihren Kunden unter tatsächlichem Druck steht, dass die MF.-Dienste mit hinreichender Qualität abgerufen werden können. Diesbezüglich teilen die Parteien dasselbe Interesse, wobei die Klägerin sogar befürchten müsste, zahlreiche ihrer Endkunden zu verlieren, wenn MF.-Daten nicht mit hinreichender Qualität abrufbar wären, also wenn die Beklagte das Verbindungskabel ziehen würde und ein Public Peering mit den damit einhergehenden Qualitätseinbußen nutzen würde.
433In dem Verhältnis von ISPs (wie der Klägerin) und CAPs (wie der Beklagten) ergeben sich neben zahlungspflichtigen und/oder werbefinanzierten Inhalten zusätzliche Zahlungsströme, welche sich aus den entsprechenden Servicegebühren oder indirekt aus der Aufmerksamkeit der Konsumenten ergeben und an den ISPs vorbei (direkt oder indirekt) an CAPs fließen. Diese Wertschöpfung setzt zwar eine vorhandene Konnektivität durch ISPs voraus, ergibt sich aber primär aus den Inhalten und Dienstleistungen, welche durch die CAPs bereitgestellt werden. Dadurch sind einerseits CAPs auf die Konnektivität der Infrastruktur der ISPs angewiesen, tragen aber auch substantiell zur Bildung der Wertschätzung von Endkunden für die Internetzugangsdienstleistungen der ISPs bei (vgl. S. 55 der Anlage B8).
434Das bedeutet, dass die Beklagte auf die durch die Klägerin gewährleistete Konnektivität angewiesen ist und gleichsam die Klägerin von der Wertschätzung der Endkunden profitiert, die die Inhalte qualitativ hochwertig und schnell wahrnehmen und nutzen können.
435Gleichzeitig steigern CAPs den Internetstrom und tragen hierzu zu der Notwendigkeit des Ausbaus der Infrastruktur der ISPs bei. Dabei hat die Entwicklung der letzten Jahre gezeigt, dass die Beklagte als CAP ihre eigene Infrastruktur so weit ausgebaut hat, dass sie ihre eigenen Backbones betreibt und nicht mehr im bisherigen Umfang auf die Inanspruchnahme von Leistungen der Backbones der Klägerin angewiesen ist. Dies führte zu der Entwicklung, dass direktes Peering verstärkt Transit substituiert.
436Die eigens durch die Beklagte in Anlage B8 eingeführte Studie führt hierzu auf S. 75 aus:
437„In diesem Kontext lässt sich grundsätzlich festhalten, dass CAPs und ISPs gegenseitig aufeinander angewiesen sind. ISPs stellen die Konnektivität der Endkunden mit dem Internet her, wovon CAPs mittelbar durch die erreichbare Zielgruppe profitieren. Allerdings steigt durch die Verfügbarkeit eines reichhaltigen Angebots an onlinebasierten Diensten und Inhalten auch die Attraktivität eines (schnellen) Internetanschlusses, was sich im Gegenzug positiv auf die Anzahl und/oder den Preis der vermarkteten Internetanschlüsse auswirken kann.“
438Diese gegenseitige Abhängigkeit führt letztlich dazu, dass die Beklagte ihre Verhandlungsmacht hinreichend gegen die Klägerin einsetzen kann, wozu sie auch ausreichende Anreize hat. Aufgrund der Relevanz ihrer Dienste ist ihre Verhandlungsmacht auch wirksam gegenüber ISPs, sodass die Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs verhindert wird.
439Ausfluss dieser Gemengelage ist, dass die Preise für Transit und für Peering gesunken sind und weiter sinken. Letztlich wäre es der Beklagten auch möglich, eine glaubhafte Abbruchoption zu betätigen und mit der Klägerin über den Preis zu verhandeln.
440Die Konsequenzen eines Verhandlungsabbruchs und der Nichtnutzung des Private Peerings würden beide Parteien, unabhängig davon, welche Partei „diese Karte zieht“ gleichsam zu spüren bekommen.
441Aus diesem Grund vermag die Klägerin ihre Marktmacht gegenüber der Beklagten nicht auszuüben.
442Anders als die Beklagte argumentiert, findet sich das rechtliche Konstrukt der Gegenmacht nicht lediglich im Kontext von § 20 GWB wieder.
443Vielmehr können auch i.R.v. § 18 GWB bei einer Monopolstellung auf einem abgegrenzten Markt außergewöhnliche Gründe vorliegen, die die Marktbeherrschung des marktbeherrschenden Unternehmens ausschließen können (BGH, GRUR 2020, 961, Rn. 61; Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder/Seeliger, Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, 01.2020, § 18 GWB Rn. 325 f.; vgl. auch: BKartA (3. Beschlussabteilung), Beschluss vom 06.11.2001 - B 3 - 24160 - U - 104/01).
444Solche außergewöhnlichen Umstände liegen – wie dargelegt – hier darin, dass sowohl die Klägerin als auch die Beklagte eine Alleinstellung, die Klägerin in Bezug auf den Zugang zu ihren Endkunden und die Beklagte hinsichtlich der Belieferung mit ihren Daten haben. Hierdurch können beide Parteien, die jeweils andere Partei in ihrer Marktmacht begrenzen.
445Dem kann die Beklagte auch nicht unter Berufung auf das Urteil OLG Düsseldorf BeckRS 2020, 8860 Rn. 90 und BGH GRUR 2020, 961 Rn. 61 – FRAND-Einwand entgegenhalten, dass dort die eingewandte Gegenmacht im Ergebnis abgelehnt wurde. Die angenommene Gegenmacht und ihre Konsequenzen für das Verhältnis zwischen den Parteien beruhen auf den Umständen des Einzelfalles vor dem Hintergrund der individuellen Entwicklung und des Ausbaus der IT-Infrastruktur im Verhältnis von CAPs und ISPs und dem dabei bestehenden gemeinsamen Interesse und gleichzeitiger Asymmetrie des Datenflusses.
446In den von der Beklagten aufgeführten Fällen wurde die Gegenmacht u.a. abgelehnt, da sich alle Anbieter (also nicht nur das marktbeherrschende Unternehmen) der Gegenmacht der Nachfrager ausgesetzt sahen.
447Die dortigen Fälle unterscheiden sich jedoch von dem hiesigen Fall dadurch, dass keinem Nachfrager eine eigene Monopolstellung in Bezug auf seine eigenen Inhalte/Leistung zukam. Dadurch läge anders als im hiesigen Fall keine glaubhafte Abbruchoption vor, die dem Marktbeherrscher entgegengehalten werden könnte. Außerdem kann sich hier die Frage danach, ob alle Anbieter sich der Gegenmacht der Nachfrager ausgesetzt sehen, nicht stellen. Schließlich kommt der Klägerin (ebenso wie der Beklagten hinsichtlich ihrer Daten) eine Alleinstellung in Bezug auf ihren Endkundenmarkt zu, worauf die Beklagte selbst verweist. Vor diesem Hintergrund sind für die Frage danach, ob der Klägerin ein Missbrauch der Marktmacht ausnahmsweise nicht angelastet werden kann, die Umstände des Einzelfalles entscheidend.
448In dem hiesigen Einzelfall kommt der Beklagten eine glaubhafte Abbruchoption zu, welche sie in Verhandlungen fruchtbar machen kann. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung ebenso deutlich wie in den nachgelassenen Schriftsätzen.
449Die Beklagte hat die Möglichkeit der Angebotsmacht der Klägerin dadurch entgegenzuwirken, dass sie die direkte Verbindung der Router beendet und dies jedenfalls im Rahmen der Verhandlungen glaubhaft androht unter Inkaufnahme, dies auch tatsächlich zu tun. Der Datenfluss müsste dann über ein Public Peering oder dritte Transitanbieter laufen, wenn auch unter Inkaufnahme von Qualitätseinbußen. Diese Einbußen würden beiden Parteien gleichsam zur Last fallen, sodass der Klägerin hier keine überlegene Stellung zukommt.
450Die Argumentation der Beklagten würde dazu führen, dass die Klägerin verpflichtet wäre, der Beklagten aufgrund der durch sie ausgegebenen hohen Datenmengen private Interconnects für ein Private Peering vorzuhalten. Eine Grundlage gibt es hierfür nicht. Vielmehr ist das derzeitige Modell eine Konsequenz der beidseitig gelebten und stets im Wandel befindlichen Praxis, die gerade Ausdruck der sich gegenüberstehenden jeweiligen Marktmacht ist: die Klägerin erweitert ihre Infrastruktur und stellt diese privat für die Beklagte zur Verfügung, die Beklagte beliefert die Klägerin zugunsten der Endkunden mit Daten und profitiert davon gleichsam durch die dargestellte Wertschöpfung im Verhältnis von CAPs und ISPs. Die Asymmetrie des Datenflusses kann nach Verhandlungen zweier marktmächtiger Unternehmen durch einen Preis abgegolten werden.
4515. Kein Erfolg der Hilfsaufrechnung (Bl. 3212 dA)
452Die von der Beklagten geltend gemachte Hilfsaufrechnung führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Beklagte hat gegen die Klägerin keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB.
453Es ist hier nicht ersichtlich, welchen Gegenstand die Klägerin durch Leistung der Beklagten (gegenüber der Klägerin) ohne Rechtsgrund erlangt haben soll. Dem steht nicht zuletzt der unter Ziff. 2 dargelegte Vertragsschluss entgegen. Die Argumentation der Beklagten, der Vertrag regele den Datentransport im Netz der Beklagten nicht, verfängt nicht. Der Vertrag regelt unter Anlehnung an den ehemaligen Vertrag die hinsichtlich der Datenmenge unstreitig asymmetrische Austauschbeziehung der Parteien in Bezug auf beide „Netze“.
454Aus diesem Grund scheitert auch die herangezogene Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683 S. 1, 670 BGB). Die Beklagte führt zudem bei der Datenlieferung ein eigenes Geschäft aus.
4556. Zinsanspruch
456Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit aus §§ 291, 288 Abs. 2 BGB zu.
457II. Feststellung des Vertragsschlusses (Antrag 2a))
458Es ist festzustellen, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten infolge des Angebots der Klägerin vom 26. Februar 2021 und der nachfolgenden Nutzung der Private Interconnects seit dem 1. März 2021 durch die Beklagte an den aus dem Tenor ersichtlichen Standorten zur Übertragung des MF.-Datenverkehrs aus den Autonomen Systemen AS00000 und AS00000 der Beklagten in das Autonome System AS 0000 der Klägerin ein Vertrag über IP-Datentransport zustande gekommen ist.
459Hinsichtlich der Würdigung des Vertragsschusses wird auf die Ausführungen unter B.I.2. bis B.I.4 verwiesen.
460III. Feststellung der zukünftigen Leistungspflicht (Antrag 2b))
461Die einstweilige Verpflichtung zur Zahlung folgt aus dem benannten Vertrag.
462C. Zulässigkeit der Widerklage
463Die Widerklage ist zulässig.
464I. Die erforderliche Konnexität i.S.d. § 33 ZPO liegt vor. Der widerklagend geltend gemachte Anspruch der Beklagten steht mit den vermeintlichen Ansprüchen der Klägerin in Zusammenhang.
465Für einen solchen Zusammenhang genügt ein natürlicher wirtschaftlicher Zusammenhang, ohne dass Forderung und Gegenforderung in synallagmatischer Abhängigkeit zu stehen brauchen.
466Die Beklagte hält der Klage die Nichtigkeit des Vertrages aufgrund von Marktmissbrauch entgegen. Wenn ein Marktmissbrauch festgestellt wird, könnte ein Schadensersatzanspruch der Beklagten beruhend auf ebendiesem Marktmissbrauch bestehen.
467D. Begründetheit der Widerklage
468Die Widerklage ist hinsichtlich der Haupt- und Hilfsanträge unbegründet.
469Die Beklagte hat gegen die Klägerin keinen Anspruch nach § 33g Abs. 1 GWB auf die begehrte Herausgabe von Beweismitteln.
470Nach dieser Norm ist derjenige, der im Besitz von Beweismitteln ist, die für die Erhebung eines auf Schadensersatz gerichteten Anspruchs nach § 33a Abs. 1 GWB erforderlich sind, verpflichtet, sie demjenigen herauszugeben, der glaubhaft macht, einen solchen Schadensersatzanspruch zu haben, wenn dieser die Beweismittel so genau bezeichnet, wie dies auf Grundlage der mit zumutbarem Aufwand zugänglichen Tatsachen möglich ist.
471Es ist nicht glaubhaft gemacht, dass der Beklagten ein solcher Schadensersatzanspruch, § 33a Abs. 1 GWB i.V.m. § 19 GWB, Art. 102 AEUV, zukommt.
472Ein Schadensersatzanspruch muss hierfür hinreichend wahrscheinlich sein, was mangels Verstoßes gegen § 19 GWB hier nicht der Fall ist.
473Die hinreichende Wahrscheinlichkeit wäre zu bejahen, wenn der Klägerin der auch im Rahmen der Klage beklagtenseits geltend gemachte Marktmachtmissbrauch/Ausnutzung gegenüber der Beklagten vorzuwerfen wäre. Um dann den etwaigen Marktmachtmissbrauch und seinen Umfang gegenüber der Klägerin darzulegen und zu beweisen, dürfte es für die Beklagte auf die angeforderten Auskünfte und Dokumente ankommen.
474Während zur Begründetheit einer Schadensersatzklage die tatsächlichen Voraussetzungen des Anspruchs vorgetragen und erforderlichenfalls bewiesen werden müssen, verlangt die vorläufige Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen, die für die Offenlegung ausreicht, lediglich deren Glaubhaftmachung. Insofern wird auf Prüfungsanforderungen zurückgegriffen, wie sie im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gelten.
475Die Beklagte beruft sich auf einen Schadensersatzanspruch aufgrund eines Verstoßes der Klägerin gegenüber der Beklagten gegen § 19 Abs. 1 GWB.
476Ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ist der Klägerin jedoch aus den unter B.4. dargestellten Gründen nicht vorzuwerfen. In dem Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten kommt der Beklagten Gegenmacht zu, welche den die Verwirklichung eines Marktmachtmissbrauchs durch die Klägerin in dem hier vorliegenden Einzelfall aufgrund der besonderen Umstände und der Entwicklung der Infrastruktur auf dem Markt des IP-Verkehrs zwischen CAPs und ISPs verhindert
477(s.o.).
478E. Prozessuale Nebenansprüche
479Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.
480Der Streitwert wird auf 00.000.000,00 EUR festgesetzt. Die Widerklage hat keinen Mehrwert (§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG).
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