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Die Berufung der Beklagten zu 2. und 3. gegen das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 07.06.2021, 27 C 149/19, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten zu 2. und 3., mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention, die die Streithelfer zu tragen haben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
GRÜNDE
2I.
3Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft G.-straße 50 in L., der die Teilungserklärung des Notars Dr. A. U., Urkundenrolle Nr. N01 PK, vom 04.06.1999 zu Grunde liegt. Wegen der Einzelheiten wird auf Teilungserklärung, Bl. 189 ff. d.A., verwiesen. Die Kläger erwarben die Wohneinheit Nr. 2 im 1. OG, auf die 304/1000 MEA entfallen, im Februar 2016. Sie rügten in der Folgezeit die Abweichung der tatsächlichen Gestaltung des Objektes von den Regelungen der Teilungserklärung u.a. bezogen auf den Abschluss der Wohnung Nr. 3, die im Vergleich größer gebaut worden ist, die dortige Wohnungseingangstür inklusive Oberlicht wurde mit samt der Wohnungsabschlusswand zum Treppenhaus vorgezogen, wodurch der Spitzboden in die Wohnung integriert und das Treppenhaus kleiner wurde. In der Eigentümerversammlung vom 07.11.2019 wurden unter den Tagesordnungspunkten 11 (Beschlussfassung zur erstmaligen Wiederherstellung des Gemeinschaftseigentums Treppenhaus im Bereich des Dachgeschosses gemäß Teilungserklärung), 12 (Beschlussfassung zur erstmaligen Wiederherstellung des Sondernutzungsrechts Nr. 4 gemäß Teilungserklärung) und 21 (Unterlassung der Unterbringung von privaten Gegenständen durch die Eigentümer der Wohnung 3 auf dem Sondernutzungsrecht Nr. 3 (Carport) und Gemeinschaftsgarten) die entsprechenden Beschlüsse auf Antrag der Kläger mehrheitlich abgelehnt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der Eigentümerversammlung, Bl. 6 ff. d.A., verwiesen.
4Mit der vorliegenden Klage haben die Kläger die Beschlussfassungen zu TOP 11, 12 und 21 der Eigentümerversammlung vom 07.11.2019 angefochten und entsprechende Beschlussersetzungen begehrt. Die Kläger haben vorgetragen, dass es unter dem Anliegen zu TOP 11 allein um die erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums im Treppenhaus gehe. Die Dachgeschosswohnung Nr. 3 sei tatsächlich größer gebaut worden, als es in der relevanten Teilungserklärung nebst Aufteilungsplan bestimmt sei. Die dortige Wohnungseingangstür inklusive Oberlicht mit samt der Wohnungsabschlusswand sei zum Treppenhaus vorgezogen, so dass die Wohnung Nr. 3 größer und das Treppenhaus kleiner sei, zudem sei auf Grund dieser Vergrößerung der Spitzboden in die Wohnung Nr. 3 integriert worden, was ursprünglich nicht vorgesehen gewesen sei. Die erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums stelle eine vertretbare Baumaßnahme dar, die mit wenig Aufwand und geringen Kosten hergestellt werden könne. Die Eigentümergemeinschaft erhalte ihr Eigentum im geschätzten Wert von ca. EUR 15.000,00 zurück. Diese geringfügige Maßnahme beeinträchtige die Beklagten nicht über Gebühr oder dergestalt, dass dies gegen Treu und Glauben verstoßen könnte. Der Spitzboden sei in sich als Nutzfläche abgeschlossen und bleibe der Wohnung Nr. 3 zugeordnet. Die Beklagten würden bei der begehrten erstmaligen Herstellung des Gemeinschaftseigentums, wie sich dieses aus den Plänen ergebe, ihr Nutzfläche lediglich durch das Treppenhaus erreichen.
5Die Beklagten haben vorgetragen, dass der von den Klägern vorgelegte Aufteilungsplan nicht relevant sei, am 25.02.1999 sei eine Nachtragsbaugenehmigung nebst geänderten Grundrissplänen des Dachgeschosses beantragt worden, aus dem überarbeiteten Plan gehe eindeutig hervor, dass die Wohnungseingangstür der Wohnung Nr. 3 in seiner jetzigen Position geplant und so vom Bauherrn D. gewollt gewesen sei. In der Abgeschlossenheitsbescheinigung heiße es ausdrücklich, dass es sich um den Nachtrag zur Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 02.07.1997 handele. Der jetzige Ausbauzustand des Treppenabsatzes im Dachgeschoss entspreche den zugrundeliegenden Plänen. Selbst wenn der jetzige Ausbauzustand des Dachgeschosses nicht den Vorgaben der Teilungserklärung entsprechen würde, so würde jedenfalls der Anspruch auf erstmalige Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustandes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Der Anspruch auf erstmalige Herstellung sei den übrigen Wohnungseigentümern nicht zuzumuten.
6Das Amtsgericht Bonn hat mit Urteil vom 07.06.2021 unter Klageabweisung im Übrigen den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 07.11.2019 unter TOP 11 für ungültig erklärt und festgestellt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft G.-straße 50, 00000 L. die erstmalige plangerechte Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums Treppenhaus im Dachgeschoss -Rückbau der vorgezogenen Wohnungsabschlusstür nebst Oberlicht und Rückbau der rechts davon bestehenden Wohnungsabschlusswand- zwecks Herstellung des Zustandes gemäß Teilungserklärung Urkundenrolle Nr. N01 PK vom 04.06.1999 des Notars Dr. A. U., so wie sie sich aus der Teilungserklärung und den Aufteilungsplänen zur Teilungserklärung ergibt, beschließt. Zur Begründung hat das Amtsgericht -soweit für die Berufung von Interesse- im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 07.11.2019 unter TOP 11 ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche, die tatsächliche Ausgestaltung des Abschlusses der Wohnung 3 weiche von den Festlegungen der Teilungserklärung nebst Aufteilungsplan der Urkundenrolle Nr. N01 PK vom 04.06.1999 des Notars Dr. A. U. ab. Dieser sei für die Parteien maßgeblich, da dieser die grundbuchrechtlich gesicherte Teilungserklärung nebst Aufteilungsplan darstelle. Die weitergehenden, von den Beklagten vorgebrachten Änderungspläne und Dokumente seien nicht zum Grundbuch gereicht worden und daher nicht maßgeblich. Die erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums widerspreche auch nicht den Vorstellungen von Treu und Glauben. Dies wäre nur dann der Fall, wenn seine Erfüllung den übrigen Wohnungseigentümern nach den Umständen des Einzelfalles nicht zuzumuten sei. Zwar sei der betroffene Raum nur von überschaubarer Größe, der Umbau sei jedoch technisch möglich und der entstehende finanzielle Aufwand sei auch nicht unzumutbar. Weder technische noch finanzielle Unzumutbarkeiten seien substantiiert vorgetragen noch seien derartige ersichtlich.
7Wegen der Einzelheiten der Begründung sowie die Darstellung des Parteivortrags in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 07.06.2021, 27 C 249/19, Bl. 510 ff. d.A., Bezug genommen.
8Gegen das vorgenannte Urteil haben die Beklagten zu 2. und 3. frist- und formgerecht Berufung eingelegt. Sie wenden ein, dass mit den Gründen der Entscheidungen des BGH vom 14.11.2014, V ZR 118/13, und vom 20.11.2015, V ZR 284/14, kein Anspruch auf Rückbau bzw. Anpassung der tatsächlichen Bauausführung an die Teilungserklärung samt Aufteilungsplan, sondern ein Anspruch auf Anpassung der Teilungserklärung samt Aufteilungsplan an die tatsächliche Bauausführung bestehe. Ferner rügen sie, dass der Beschlussantrag zu TOP 11 zu unbestimmt und nicht durchführbar gewesen sei. Die Kläger hätten mit ihrem Beschlussantrag unter TOP 11 und dem Beschlussersetzungsantrag gerade nicht die Anpassung aller o.g. Unterschiede zwischen dem Aufteilungsplan und der tatsächlichen Bauausführung begehrt, sie hätten lediglich die Anpassung der vorgezogenen Wohnungseingangstür samt Oberlicht und Wohnungseingangswand rechts begehrt. Diese Anpassung würde jedoch dazu führen, dass die Wohnung Nr. 3 nicht mehr abgeschlossen wäre, denn links neben der sodann versetzten Wohnungseingangstür befände sich keine Wand auf einer Länge von ca. 1 Meter. Es würde auch die sodann zurückversetzte Errichtung der Wohnungsabschlusswand nebst Oberlicht und der rechts davon stehenden Wohnungsabschlusswand von 15 cm fehlen. Die diesbezügliche Beschlussersetzung sei zu unbestimmt und es fehle an der erforderlichen Vorbefassung der Eigentümer. Der Anspruch auf erstmalige plangerechte Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums sei zudem nach Treu und Glauben ausgeschlossen. Zum einen weise der betroffene Raum nur eine Größe von ca. 0,81 qm auf, durch die Integrierung dieser Flurfläche sei im Verhältnis zur Gesamtfläche des Sondereigentums der Berufungsführer eine unwesentliche Abweichung von 0,51% gegeben. Die erstmalige Herstellung würde erhebliche Eingriffe in das Bauwerk und unverhältnismäßig hohe Kosten erfordern und sei bereits bautechnisch nicht durchführbar. Darauf hätten die Beklagten bereits in den erstinstanzlichen Schriftsätzen samt entsprechenden Beweisantritten hingewiesen, wobei die Berufungsführer auf die Schriftsätze vom 05.11.2020, Seite 5 ff., und vom 20.04.2021 sowie vom 11.05.2021 verweisen. Das Amtsgericht habe hingegen nicht auf die Ergänzung des Sachvortrags hingewirkt und keine richterlichen Hinweise erteilt. Bei einem entsprechenden Hinweis hätten die Beklagten ihr Vorbringen samt Beweisantritten ergänzt, insoweit wird auf die Darlegung der Beklagten zu 2. und 3., Bl. 68 ff. GA, Bezug genommen. Diese Umbaumaßnahmen würden erhebliche und unverhältnismäßige Kosten von bis zu geschätzten EUR 80.000,00 bis EUR 100.000,00 verursachen. Selbst die Kläger seien bereits nur für die Versetzung der Wohnungstür samt der rechten Wohnungsabschlusswand von Kosten von EUR 10.000,00 ausgegangen. Dieses sei den Eigentümern unzumutbar. Die Kläger, die den Anspruch geltend machen würden, seien von der Abweichung hingegen nicht unmittelbar betroffen, sie würden die Wohnung noch nicht einmal selbst bewohnen, hingegen hätten alle Eigentümer mit Ausnahme der Kläger am 07.11.2019 unter TOP 10 bestandskräftig beschlossen, dass die Teilungserklärung an die tatsächlichen jetzigen Bauausführungen angepasst werden solle. Bei einem Rückbau würden, da bei der aufgrund der abweichenden Bauausführung vergrößerten Wohnung Nr. 3 die streitgegenständliche Flurfläche bereits einbezogen und insgesamt mit 287/1.000stel MEA berücksichtigt sei, die Miteigentumsanteile zu Lasten der übrigen Wohnungseigentümer steigen. Die Anpassung der tatsächlichen Bauausführung an den Aufteilungsplan würde lediglich dazu führen, dass die Beklagten zu 2. und 3. einen erheblichen Wertverlust ihrer Wohnung samt Spitzboden hinnehmen müssten, es sei von einem Wertverlust von bis zu geschätzten EUR 40.000,00 auszugehen. Ferner tragen die Beklagten zu 2. und 3. vor, dass die neue WEG-Reform bauliche Veränderungen erleichtere, der Zustimmungsanspruch könne einem Anspruch auf Rückbau/Beseitigung entgegengehalten werden. Ferner hätten nach § 20 WEG n.F. die Eigentümer über die Umsetzung oder Rückbau einer baulichen Veränderung zu entscheiden, der Antrag müsse aber erneut in einer Eigentümerversammlung behandelt werden, geschehe dies nicht, scheitere der Antrag an mangelnder Vorbefassung.
9Die Berufungsbeklagten verteidigen das angefochtene Urteil, sie vertiefen und wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
10Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens sowie Anhörung des Sachverständigen Dipl. Ing. V. im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 01.02.2024.
11Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
12II.
13Die Berufung der Beklagten zu 2. und 3. ist zulässig, aber unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.
14Die Beklagten zu 2. und 3. wenden sich nicht gegen die, nach Auffassung der Kammer zutreffenden, Ausführungen des Amtsgerichts, dass es sich bei dem vorhandenen Zustand nicht um einen den Plänen entsprechenden Zustand handelt, vielmehr ein den Plänen entsprechender Zustand erstmalig herzustellen ist. Sie machen vielmehr geltend, dass der Anspruch auf erstmalige Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustands nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ausgeschlossen ist. Soweit die Berufungsführer auf die Entscheidung des BGH vom 14.11.2014, V ZR 118/13, abstellen, handelt es sich zum einen um eine abweichende Fallkonstellation, die Ausführungen hinsichtlich der Störereigenschaft können nicht für den vorliegenden Fall herangezogen werden; im Übrigen befasst sich auch diese Entscheidung mit dem Gesichtspunkt, dass der Anspruch auf erstmalige Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustands durch den Grundsatz von Treu und Glauben begrenzt ist. Die Bedenken, ob die Beklagten in erster Instanz insoweit hinreichend substantiiert dargetan und nicht erst in der Berufungsinstanz hierzu konkrete Ausführungen gemacht haben, weil die Beklagten dem Vorbringen der Kläger nur mit folgenden Einwendungen entgegengetreten sind: "Die Kläger selbst schätzen im Rahmen ihrer Klageschrift, dass die Arbeiten im Treppenhaus sich auf mindestens 10.000,00 EUR brutto belaufen. Darüber hinaus ist es den Beklagten zu 2. und 3. als Eigentümer der Dachgeschosswohnung sowie des Spitzbodens ebenfalls nicht zuzumuten, dass diese erst durchs Treppenhaus gehen müssen, um zu ihrem Sondereigentum im Spitzboden zu gelangen. [....] Würde man tatsächlich die Wohnungseingangstür um 0,91 m zurückbauen, so hätte dies sogar zur Konsequenz, dass die Miteigentumsanteile der Beklagten zu 2. und 3. sich reduzieren würden (Schriftsatz vom 16.03.2020, Bl. 129 d.A.); "Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben wäre den Beklagten die Herstellung des behaupteten plangerechten Zustands laut Aufteilungsplan nicht zuzumuten. Insbesondere ist die Geltendmachung des Anspruchs auch deshalb treuwidrig, weil eigene Belange der Kläger in Bezug auf die Bauausführung nicht berührt werden." (Schriftsatz vom 05.11.2020, Bl. 303 f., 305 f. d.A.,); "Im Kern geht es den Klägern letztlich darum, durch den begehrten Rückbau der Wohnungseingangstüre besser kontrollieren zu können, ob der Spitzboden entsprechend den Vorgaben der Teilungserklärung genutzt wird. [......]" (Schriftsatz vom 22.04.2021, Bl. 475 f. d.A.) und "Hinsichtlich des strittigen TOP 11 geht es für die Kläger um nicht einmal einen Quadratmeter Gemeinschaftsfläche, den die Klägern noch nicht einmal nutzen würden. [....] Die Umbaumaßnahmen wären mit erheblichen Kosten verbunden. All dies steht in keinem Verhältnis" (Schriftsatz vom 11.05.2021, Bl. 505 d.A.,), so dass die Ausführungen des Amtsgerichts, dass es dem erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten an einer hinreichenden Konkretisierung, die einen unverhältnismäßigen Kostenaufwand erkennen ließe, fehlt, keine Rechtsfehler erkennen lassen, können dahingestellt bleiben, denn auch das weitere Vorbringen der Beklagten zu 2. und 3. in der Berufungsinstanz bietet unter Zugrundelegung des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme keinen Anlass zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der geltend gemachte Anspruch ist selbst unter Heranziehung des weiteren Vorbringens der Beklagten zu 2. und 3. in der Berufungsinstanz unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht ausgeschlossen. Die Voraussetzungen, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung insoweit erforderlich sind, sind nicht gegeben. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 20.11.2015, V ZR 284/14, dargelegt, dass ein Anspruch auf erstmalige Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustands nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein kann, wenn seine Erfüllung den übrigen Wohnungseigentümern nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist. So kann es etwa liegen, wenn die plangerechte Herstellung tiefgreifende Eingriffe in das Bauwerk erfordert oder Kosten verursacht, die auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der von der abweichenden Bauausführung unmittelbar betroffenen Wohnungseigentümer unverhältnismäßig sind. Die Gewichtung der berechtigten Belange der unmittelbar betroffenen Wohnungseigentümer richtet sich nach dem Ausmaß der Abweichung und der damit verbundenen Beeinträchtigung. Infolgedessen kann der Herstellungsanspruch ausgeschlossen sein, wenn die tatsächliche Bauausführung nur unwesentlich von dem Aufteilungsplan abweicht. Dann sind die Wohnungseigentümer im Grundsatz verpflichtet, Teilungserklärung und Aufteilungsplan so zu ändern, dass diese der tatsächlichen Bauausführung entsprechen. Bei geringfügigen Abweichungen können sich aber auch die mit einer Anpassung des Aufteilungsplans verbundenen Kosten als unverhältnismäßig erweisen, so dass es im Ergebnis bei den bestehenden Verhältnissen bleiben muss. [....] Ein Einzelfall kann sich als treuwidrig erweisen, wenn ein von der Abweichung nicht unmittelbar betroffener Wohnungseigentümer einen solchen Anspruch geltend macht, obwohl sich die eigentlich betroffenen Wohnungseigentümer dem widersetzen (vgl. BGHZ 208, 29 ff.).
15Allein auf die tatsächliche Flächendifferenz von knapp einem Quadratmeter kann nicht abgestellt werden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagten zu 2. und 3. bei der vorzunehmenden Veränderung hinsichtlich der Kostenbeteiligung benachteiligt werden. Die Kostenverteilungsregelung der Teilungserklärung bzw. nach dem Gesetz berücksichtigt gerade die plangerechte Ausführung des Objektes, dafür, dass der Miteigentumsanteil von 287/1.000stel auch die streitgegenständliche Flurfläche, die 0,81 qm oder 0,91 qm beträgt, mitberücksichtigt, fehlen hinreichende Anhaltspunkte.
16Ebenso wenig steht bei Zugrundelegung der schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen Dipl. Ing. V. in seinem Gutachten vom 17.11.2022 sowie seinen Erläuterungen im Termin vom 01.02.2024 fest, dass die erstmalige Herstellung technisch nicht möglich ist oder die tatsächliche Bauausführung so umfangreich ist, auch auf Grund des Umstandes, dass durch die vorgenommene Veränderung die Treppe zum Spitzboden in die Wohnung der Beklagten zu 2. und 3. integriert worden ist und der Spitzboden unmittelbar aus der Wohnung heraus und nicht über das Treppenhaus betreten werden kann, dass die Höhe der anfallenden Kosten für die Erstherstellung unverhältnismäßig ist, so dass sich eine solche Maßnahme nach Treu und Glauben verbietet. Dass die vorzunehmende Veränderung technisch nicht durchführbar ist oder die hierdurch entstehenden Kosten sich als unverhältnismäßig darstellen, kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unter Zugrundelegung des weiteren Vorbringens der Beklagten zu 2. und 3. in der Berufungsinstanz nicht angenommen werden. Der Sachverständige Dipl. Ing. V. hat in seinem Gutachten vom 17.11.2022 ausgeführt, dass die Baumaßnahme der erstmaligen plangerechten Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums Treppenhaus im Dachgeschoss –Rückbau der vorgezogenen Wohnungsabschlusstür nebst Oberlicht und Rückbau der rechts bestehenden Wohnungsabschlusswand- mit einem Bruttokostenaufwand inklusive Planungskosten in Höhe von EUR 35.992,03 durchführbar sei, wobei hiervon sämtliche Leistungen erfasst seien, da lediglich die Wohnungsumfassungswände zu verändern seien und alles Weitere im Bestand belassen werden könne. Allein die Wände, die Treppe selbst und zwei Türen müssten erneuert werden. Soweit der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt hat, dass eine Planung und Prüfung im Sinne der BauO NRW für die Statik, Brandschutz, Schallschutz, Wärmeschutz und Genehmigungsfähigkeit im Rahmen seiner bis dahin erfolgten Begutachtung nicht erfolgt sei, hat er im Rahmen der mündlichen Erläuterung des Gutachtens dazu näher ausgeführt, dass, da das Treppenpodest nicht zu verändern sei, sondern dieses im Bestand erhalten bleiben und auch die Decke als Bestand unberührt bleiben könne, keine derartigen weiteren Planungskosten anfallen würden, weil weder weitere Planungsmaßnahmen noch baurechtliche Genehmigungen erforderlich seien. Solche würden allenfalls bei einer Veränderung von Decken- und Bodenkonstruktion erforderlich werden und anfallen. Erforderlich werde im vorliegenden Fall dagegen -wie bereits in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt- nur ein Zurücksetzen, das Erstellen von neuen Wänden und zwei Türen; da alles Weitere erhalten bleiben könne, seien sämtliche anfallenden Kosten mit dem von ihm in seinem schriftlichen Gutachten angeführten Kosten von knapp EUR 36.000,00 abgedeckt. Weitere Maßnahmen, auch bauordnungsrechtliche Fragen betreffend, seien nicht erforderlich. Die schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen Dipl. Ing. V. vermögen zu überzeugen. Der Sachverständige hat unter vollständiger Würdigung des Sachverhaltes verständlich, nachvollziehbar und ohne offensichtliche Fehler seine Feststellungen gemacht. Er ist von zutreffenden Tatsachen und Anschlusstatsachen ausgegangen. Seine Ausführungen sowohl im schriftlichen Gutachten als auch im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens sind einheitlich und präzise. Er hat sich nicht auf allgemein gehaltene wissenschaftliche Erläuterungen beschränkt, sondern ist konkret auf die Beweisfrage eingegangen. Die an ihn gestellten ergänzenden Fragen, insbesondere in Bezug auf seine Ausführungen im schriftlichen Gutachten vom 17.11.2022 vermochte der Sachverständige unter Darlegung der von ihm herangezogenen Grundlagen umfassend und lückenlos sowie nachvollziehbar und ohne erkennbare Fehler und Auslassungen zu beantworten. An der Sach- und Fachkunde des Sachverständigen bestehen für das Gericht keine Zweifel. Das Gericht macht daher die Feststellungen des Sachverständigen Dipl. Ing. V. zur uneingeschränkten Grundlage seiner Entscheidung. Der von dem Sachverständigen Dipl. Ing. V. ermittelte Aufwand zur erstmaligen plangerechten Herstellung des Treppenhauses im Dachgeschoss in Höhe von EUR 35.992,03 ist weder unverhältnismäßig noch der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer unzumutbar. Auch die insoweit zu tragenden Kostenanteile der einzelnen Wohnungseigentümer von insgesamt vier Wohnungen im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile können nicht als unzumutbar angesehen werden.
17Ein demgegenüber (überwiegender) Nachteil der Beklagten zu 2. und 3. kann hingegen nicht festgestellt werden, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass eine plangerechte Herstellung herbeigeführt wird und die Beklagten zu 2. und 3. in ihren Rechten nicht beschnitten werden, der von den Beklagten zu 2. und 3. angeführte Wertverlust beruht allein darauf, dass die Beklagten zu 2. und 3. den Wert ihres Sondereigentums anhand der derzeitigen Ausführung bemessen, was jedoch nicht dem tatsächlichen Wert unter Heranziehung der Teilungserklärung entspricht. Auch kann nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dipl. Ing. V. eine sach- und fachgerechte Vornahme der Maßnahme ohne Verstoß gegen baurechtliche oder bauordnungsrechtliche Vorschriften erfolgen.
18Die Beschlussfassung zu TOP 10 der streitgegenständlichen Eigentümerversammlung ist hingegen nicht entscheidungserheblich, denn auch wenn diese Beschlussfassung bestandskräftig geworden ist, gibt der Beschluss allenfalls das Festhalten der Rechtsauffassung der übrigen Wohnungseigentümer wieder, weil eine Änderung der Teilungserklärung lediglich durch Vereinbarung möglich ist und der Beschluss keine Anspruchsgrundlage für die Herbeiführung dieser Änderung darstellt. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass jedenfalls zum derzeitigen Zeitpunkt nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass alle übrigen Wohnungseigentümer einem Rückbau bzw. einer Wiederherstellung entgegenstehen, denn allein die Beklagten zu 2. und 3. haben gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt das Begehren der Kläger nicht als treuwidrig im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung anzusehen ist.
19Soweit die Beklagten zu 2. und 3. auf die geänderten Vorschriften in Bezug auf die Genehmigung einer baulichen Veränderung gemäß § 20 WEG n.F. abstellen, unabhängig davon, dass vorliegend eine Einbeziehung von Gemeinschaftseigentum in das Sondereigentum betroffen ist, ist dieser Einwand für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich. Denn die Kläger haben einen Anspruch auf erstmalige Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustands begehrt, über den allein das Amtsgericht entschieden hat. Jedenfalls liegt ein gestattender bestandskräftiger Beschluss bisher nicht vor; dass es sich, trotz der höchstrichterlich noch nicht entschiedenen Rechtsfrage, ob gemäß § 242 BGB der Einwand eines zukünftigen legitimierenden Beschlusses entgegengehalten werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2023, V ZR 140/22), um eine solche Fallgestaltung handelt, die als Einwand gemäß § 242 BGB dem Begehren entgegengehalten werden kann, wird von der Kammer unter Bezugnahme auf die vorausgehenden Ausführungen nicht gesehen.
20Soweit die Beklagten zu 2. und 3. ihren Angriff dahingehend richten, dass die ausgeurteilte Beschlussersetzung nicht hinreichend bestimmt sei und der Ermessensentscheidung der übrigen Wohnungseigentümer vorgreife, kann auch insoweit ein Fehler der amtsgerichtlichen Entscheidung nicht festgestellt werden. Zwar dürfen, da die Beschlussersetzung nach § 21 Abs. 8 WEG in die Privatautonomie der Wohnungseigentümer eingreift, Maßnahmen nur insoweit angeordnet werden, als dies zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes unbedingt notwendig ist. Es ist daher stets zu prüfen, ob und ggfs. auf welche Weise es den Wohnungseigentümern ermöglicht werden kann, noch selbst in eigener Regie eine Entscheidung zu treffen. Ist -wie hier- nur das "Ob" einer Maßnahme umstritten und nichts dafür ersichtlich, dass die Wohnungseigentümer ihrer grundsätzlichen Verpflichtung nach rechtskräftiger Klärung nicht nachkommen werden, genügt es in der Regel, wenn das Gericht nach § 21 Abs. 8 WEG die entscheidende Richtung vorgibt (vgl. BGH a.a.O. m.w.N.). Derart liegt die streitgegenständliche Fallgestaltung, zwischen den Parteien war im Wesentlichen streitig, ob ein den Plänen entsprechender Zustand nicht vorlag, auch für die Beklagten war in erster Instanz klar, welche Maßnahmen in diesem Fall für die erstmalige Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustands erforderlich werden würden. Demgemäß war im Rahmen der Beschlussersetzung lediglich vorzugeben, dass die erstmalige Herstellung eines den Plänen entsprechenden Zustands herbeizuführen ist. Alles Weitere haben die Wohnungseigentümer nunmehr im Rahmen ihrer Entscheidungskompetenz zu regeln. Dementsprechend ist für die Kammer keine Veranlassung gegeben, die Ausurteilung zur Beschlussersetzung durch bestimmte Vorgaben zu ergänzen bzw. einzuschränken, das zweitinstanzliche Vorbringen der Parteien bietet hierfür ebenfalls keinen Anlass.
21Das Amtsgericht ist ferner mit zutreffenden Erwägungen davon ausgegangen, dass der Negativbeschluss zu TOP 11 der streitgegenständlichen Eigentümerversammlung ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht, denn zu berücksichtigen ist, dass unabhängig davon, welche Maßnahme zur plangemäßen Erstherstellung zu ergreifen sind, die übrigen Wohnungseigentümer den Anspruch bereits aus dem Grund abgelehnt haben, dass sie mit den Berufungsführern die Auffassung vertreten haben, dass die vorhandene Ausführung dem Aufteilungsplan und der Teilungserklärung entspricht.
22Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
23Die Revision ist nicht zuzulassen, denn die dafür erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Revisionsgerichts. Allein der Umstand, dass der BGH zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage noch keine Stellung genommen hat, rechtfertigt für sich genommen die Zulassung der Revision dagegen nicht.
24Streitwert für das Berufungsverfahren: EUR 10.000,00 entsprechend der erstinstanzlichen Festsetzung