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Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Leverkusen vom 16.01.2020 (Az.: 21 C 202/19) wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
2I.
3Eines Tatbestands bedarf es gemäß §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 1, 2 ZPO nicht, da ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung unzweifelhaft nicht zulässig ist, §§ 543 Abs. 1, 544 Abs. 2 ZPO.
4II.
5Die Berufung ist zulässig und begründet.
61.
7Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückschnitt der von dem Grundstück des Beklagten auf sein Grundstück herüberwachsenden Äste und Zweige der – im Einzelnen näher bezeichneten – Kastanie (#1), Schwarz-Erlen (#2 und #6) oder der Ahorn-Bäume (#3, #4 und #5). Ein diesbezüglicher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 1004 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 910 Abs. 1 S. 2 BGB.
8a.
9Zwar liegt nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen jeweils ein Überhang vor, der das Eigentum des Klägers in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigen könnte.
10b.
11Ein Anspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 910 Abs. 1 S. 2 BGB scheidet nach § 910 Abs. 2 BGB im vorliegenden Fall indes aus, da die Benutzung des Grundstücks letztlich nicht als beeinträchtigt anzusehen ist.
12aa.
13Ob eine Beeinträchtigung vorliegt, entscheidet nicht das subjektive Empfinden des Grundstückseigentümers; maßgebend ist vielmehr die objektive Beeinträchtigung der Grundstücksbenutzung. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass von den herüberragenden Ästen keine Beeinträchtigung ausgeht, trägt der Nachbar, auf dessen Grundstück der Baum steht (BGH, U. v. 11.06.2021 – V ZR 234/19, NJW 2021, 2882 dort Rn. 15 m.w.N.; vgl. BGH, U. v. 14.11.2003 - V ZR 102/03, NJW 2004, 1037), vorliegend der Beklagte.
14bb.
15Einen hinreichenden Nachweis hat der Beklagte erbracht. Denn an einer relevanten Beeinträchtigung fehlt es, wenn die Störungen im Vergleich zu den Wirkungen des Rückschnitts des Überwuchses außer Verhältnis stehen und die Beseitigung des Überhangs deshalb unzumutbar ist. Dass ist bspw. der Fall, wenn die verlangte Maßnahme die begründete Gefahr in sich birgt, dass sie zu einem Absterben der Bäume oder zu einer erhöhten Risikolage führt. In diesem Fall liefe das Rückschnittbegehren letztlich auf eine verbotene Beseitigung des Baumes hinaus (vgl. OLG Köln, U. v. 12.07.2011 – 4 U 18/10, BeckRS 2011, 19837 m.w.N.).
16Vorliegend sind sämtliche in Rede stehenden Gehölze unstreitig mindestens sechs Jahre alt. Nach § 47 Abs. 1 NachbG NRW kann der Kläger als Nachbar in der Folge eine Beseitigung nicht mehr verlangen. Dementsprechend ist auch ein etwaiger klägerischer Anspruch der hier in Rede stehenden Art ausgeschlossen, da er auf eine Beseitigung der Gehölze insgesamt hinauslaufen würde.
17Dies steht zur Überzeugung der Kammer auf Grundlage der nachvollziehbaren, in sich plausiblen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. Ing. O. in seinem Sachverständigengutachten vom 30.12.2021 (Bl. 390) sowie dem nachfolgenden Ergänzungsgutachten vom 11.07.2022 (Bl. 456) fest. Hierzu hat der Sachverständige festgestellt, eine Entfernung des Überhangs – der vom Kläger begehrte Rückschnitt – würde so massive Schädigungen der Gehölze mit sich bringen, dass kaum eines der betroffenen Gehölze überleben werde (vgl. Bl. 398). In der Folge würde der vom Kläger begehrte Rückschnitt zu einer Beseitigung der Bäume führen.
182.
19Mangels Anspruchs in der Hauptsache scheidet der vom Kläger hierneben geltend gemachte Anspruch auf Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung nebst Zinsen aus.
20III.
211.
22Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
232.
24Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
253.
26Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist die Revisionszulassung durch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert.
27Streitwert für das Berufungsverfahren: 3.000,00 €.