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Der Angeklagte L. J. wird wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in dreizehn Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, mit Besitz von Betäubungsmitteln in zwei Fällen, davon in einem Fall in nicht geringer Menge, und mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
sieben Jahren
verurteilt.
Der Angeklagte I. wird wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
einem Jahr und sechs Monaten
verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
Die Angeklagte M. wird wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von
neun Monaten
verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
Der Angeklagte F. J. wird wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von
zwei Jahren
verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird.
Die Einziehung des Wertes von Taterträgen wird hinsichtlich des Angeklagten L. J. in Höhe eines Betrages von 104.000 EURO und hinsichtlich des Angeklagten I. in Höhe eines Betrages von 100 EURO angeordnet.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens.
Angewendete Vorschriften:
bzgl. des Angeklagten L. J.:
§§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 29a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4, 31 S. 1 Nr. 1 BtMG, §§ 25 Abs. 2, 26, 27, 52, 53, 73, 73c StGB
bzgl. des Angeklagten I.:
§§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, §§ 27, 52, 53, 56 Abs. 1 und 2 StGB
bzgl. der Angeklagten M.:
§§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, §§ 27, 52, 56 Abs. 1 StGB
bzgl. des Angeklagten F. J.:
§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, §§ 27, 52, 56 Abs. 1 und 2 StGB
Gründe:
2(hinsichtlich des Angeklagten I. abgekürzt
3nach § 267 Abs. 4 S. 1 StPO)
4A.
5Zur Person
6I. 1. Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 28-jährige Angeklagte L. J. wurde am 00. GC. 0000 in G. geboren. Der Angeklagte stammt aus einer größeren Familie arabischer Christen, die in Syrien im Grenzgebiet zur Türkei beheimatet war. Der Vater des Angeklagten hatte sich vor 33 Jahren aufgrund steigender Unterdrückung arabischer Christen dort indes entschlossen, Syrien zu verlassen. Der Vater des Angeklagten ist Dachdecker und Zimmermann und betreibt ein eigenes Unternehmen, die S. GmbH. Der Angeklagte ist seit 2019 der Lebensgefährte und zuletzt auch der Verlobte der Mitangeklagten M. und der jüngere Bruder des Mitangeklagten F. J.. Darüber hinaus hat er eine ältere Schwester Q., einen jüngeren Bruder D. und eine jüngere Schwester N.. Kinder hat der Angeklagte nicht.
7Der Angeklagte wurde zu einer Zeit geboren, als seine Eltern mit der Familie mehrfach innerhalb Deutschlands umzogen und schließlich in LX. ihren festen Wohnsitz begründeten. Der Angeklagte besuchte in LX. die Grundschule und anschließend die Realschule. Zwischenzeitlich wechselte er – insbesondere auch auf Wunsch seines Vaters – auf ein Gymnasium, kam dort jedoch getrennt von seinen Geschwistern und Freunden nicht gut zurecht und wechselte schließlich wieder auf die Realschule zurück, die er mit der Erlangung der Fachhochschulreife abschloss. Anschließend begann er ein Studium als Wirtschaftsingenieur, gab dieses jedoch nach drei Semestern wieder auf. Da er sich bereits in seiner Jugend mit Sport und V. beschäftigt hatte, begann er nach Abbruch des Studiums damit, sich intensiver als Personal Trainer zu engagieren. Dabei hatte er zunächst eine feste Anstellung bei der Sportstudiokette „V. E.“. Auch nach Beendigung dieser Anstellung war er teilweise als Personal Trainer tätig und verdiente auch Geld durch den Verkauf von Anabolika, welches er auch zur Unterstützung seiner eigenen Fitnessbetätigung bis zu seiner Inhaftierung selbst verwendete.
8In den Jahren 2017 bis 2019 war der Angeklagte am Betrieb einer Shishabar in Z. K. beteiligt, in welcher er auch selbst arbeitete. Diese betrieb er – unterstützt auch von seinem Vater – zusammen mit einem alten Bekannten namens U.. Aufgrund hinter den Erwartungen zurückbleibenden Gewinnen aus dem Betrieb der Shishabar und persönlichen Streitigkeiten beendete der Angeklagte sein Engagement und ließ sich auszahlen.
9Der Angeklagte suchte in LX. nach erfolgsversprechenden Alternativen und erhielt die Gelegenheit der Anmietung eines Ladenlokals an der Adresse B.-straße in der Nähe der Ausgehszene am Ring. Der Angeklagte plante, dort eine Shishabar namens „X.“ zu eröffnen und kümmerte sich selbst um die hierfür noch erforderlichen, erheblichen Umbauten. Er wurde hierbei von seiner Familie unterstützt. Sein Onkel C. J. erklärte sich bereit, die Konzession zum Betrieb der Shishabar auf sich laufen zu lassen. Nebenbei hatte der Angeklagte für den Vermieter der Gewerbeimmobilie auch die Verwaltung dreier hiermit im Zusammenhang stehender Wohnungen übernommen. Zu einer Eröffnung der Shishabar kam es letztlich jedoch nicht, da die erforderlichen Genehmigungen der Stadt letztlich wegen der baulichen Beschaffenheit des Objekts nicht erlangt werden konnten.
10Der Angeklagte lernte in einem Sommerurlaub im Jahre 2019 die Mitangeklagte M. kennen, mit der er zunächst eine Fernbeziehung führte, bis diese im Y. 2021 von Rheinland-Pfalz in eine Wohnung in den T.-straße 6A nach O. zog. Der Angeklagte, der zuvor in der Wohnung der Eltern in der R.-straße 143 in LX. gewohnt hatte, zog ebenfalls in diese Wohnung.
11Der Angeklagte ist weder schwer erkrankt noch verunfallt.
122. Der Angeklagte konsumierte bis zu seiner Inhaftierung seit einigen Jahren Marihuana, konkret rauchte er Joints. Näheres zu Umfang und Frequenz des Konsums hat die Kammer nicht feststellen können. Ebenfalls hat sie nicht feststellen können, ob und ggf. in welchem Umfang er Kokain und/oder Lachgas konsumierte.
133. Der Bundeszentralregisterauszug des Angeklagten vom 10.08.2022 enthält acht Eintragungen.
14a) In den Jahren 2008 bis 2013 wurden mehrere jugendstrafrechtliche Verfahren gegen den Angeklagten geführt.
15Ein Verfahren wegen Diebstahls stellte das Amtsgericht Köln dabei am 29.10.2008 (Az. 650 Ds 68/08) nach § 47 JGG unter Ermahnung des Angeklagten ein. In einem Verfahren der Staatsanwaltschaft Köln wegen Erschleichens von Leistungen in drei Fällen sah diese am 27.08.2010 (Az. 193 Js 865/10) nach § 45 Abs. 1 JGG von der Verfolgung ab. Ebenfalls sah die Staatsanwaltschaft Köln am 02.11.2012 (Az. 193 Js 1070/12) in einem Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung nach § 45 Abs. 1 JGG von der Verfolgung ab.
16Schließlich erfolgte am 25.09.2013 durch das Amtsgericht Köln (Az. 650 Ds 66/13) wegen Leistungserschleichung in zwei Fällen eine Verwarnung nebst Auflage zur Erbringung von Arbeitsleistungen.
17b) Nach Erwachsenenstrafrecht wurde der Angeklagte weiter am 19.02.2014 durch das Amtsgericht Köln (Az. 537 Cs 151/14) wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 10 EURO verurteilt.
18Am 01.02.2016 erfolgte durch das Amtsgericht Köln (Az. 714 Cs 32/16) sodann eine Verurteilung im Wege eines Strafbefehls wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 30 EURO.
19c) Mit, seit demselben Tag rechtskräftigen, Urteil vom 04.04.2016 verurteilte das Amtsgericht Köln (Az. 586 Ls 32/16) den Angeklagten wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe und setzte die Vollstreckung dieser zur Bewährung aus. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgesetzt, ihm zudem die Ableistung von 80 Sozialstunden auferlegt.
20Dabei stellte das Amtsgericht – zusammengefasst – fest, dass dieser am 09.05.2015 im Kofferraum des von ihm geführten PKW Citroen C3 netto 286,3 Gramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von 53,4 Gramm THC aufbewahrt hatte, um es für seine Auftraggeber innerhalb von LX. zu transportieren. Hierfür hätte er 100 EURO erhalten sollen. Der Angeklagte war einer Polizeistreife aufgefallen, als er mit dem Handy am Ohr telefonierte. Während ein Drogenschnelltest negativ verlaufen war, waren die Drogen indes sodann im Kofferraum, dort in vier Gefrierbeuteln in einer Sporttasche, gefunden worden. Der Angeklagte hatte insgesamt 780 EURO an Bargeld in einem Briefumschlag mit sich geführt. Feststellungen dazu, dass der Angeklagte selbst Betäubungsmittel konsumierte, enthält das Urteil nicht.
21d) Mit, seit dem 23.11.2016 rechtkräftigen, Urteil vom 15.11.2016 verurteilte ihn das Amtsgericht Köln (Az. 582 Ls 14/16) schließlich wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in einer nicht geringen Menge unter Einbeziehung der Einzelstrafe aus dem unter c) dargestellten Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Monaten unter Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung.
22Der Verurteilung lagen die Feststellungen zugrunde, dass der Angeklagte am 15.10.2015 gegen 21:30 Uhr in LX. A.-P. in einem von ihm geführten PKW der Marke Smart über 172,98 Gramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von 19 Gramm THC verfügt hatte. Feststellungen, dass der Angeklagte selbst Betäubungsmittel konsumierte, enthält das Urteil nicht.
23Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgesetzt, ihm zudem die Erfüllung der Sozialstundenauflage aus dem Bewährungsbeschlusses vom 04.04.2016 auferlegt. Von der Bildung einer Gesamtstrafe auch mit der Strafe aus dem unter b) dargestellten Strafbefehl vom 01.02.2016 sah das Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 26.04.2017 ab. Die Bewährungszeit der Verurteilung lief bis zum 22.11.2019. Ein Straferlass erfolgte bislang nicht. Der Angeklagte wurde vielmehr darauf hingewiesen, dass diesbezüglich der Ausgang des Verfahrens bei der Kammer mit dem Az. 323 KLs 20/20, dem die Anklage der Staatsanwaltschaft Köln vom 24.07.2020 zugrunde liegt, abgewartet werde.
24II. 1. Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 48-jährige Angeklagte I. wurde am 00. Y. 0000 in LX. geboren.
25Sein Vater war als Arbeiter aus der Türkei nach Deutschland gekommen und verstarb im Jahre 2016. Seine in der Türkei lebende Mutter war stets Hausfrau und Mutter. Der Angeklagte hat fünf Geschwister, wovon vier ebenfalls in Deutschland leben; seine älteste Schwester lebt in der Türkei. Seit 1994 ist der Angeklagte verheiratet und hat mit seiner Ehefrau drei gemeinsame Kinder, einen 19-jährigen Sohn und zwei Töchter im Alter von 22 und 24 Jahren. Seine Ehefrau ist Hausfrau. Ihre drei Kinder leben im gemeinsamen Haushalt der Eltern und gehen jeweils einer kaufmännischen Lehre nach.
26Der Angeklagte wuchs in Deutschland auf, wobei in seinem Elternhaus vornehmlich türkisch gesprochen wurde. Er besuchte einen Kindergarten in LX.-H. und seit 1982 eine Grundschule in W., wobei er die zweite Klasse aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse wiederholen musste. Im Jahre 1987 wechselte er auf die QJ.-JP.-Schule, eine Hauptschule in W., und schloss diese 1993 mit Erlangung des Hauptschulabschlusses ab. Im Anschluss besuchte er für ein Jahr ein Berufskolleg mit der Fachrichtung Bau und Holz (Architektur).
27Anschließend begann er eine Ausbildung zum Maler, Lackierer und Teppichbodenverleger bei der Firma JU. und schloss diese 1998 erfolgreich ab. Tätig war der Angeklagte im Anschluss jedoch bis 2017 sodann als angestellter Verkaufsfahrer für TJ.-SQ.. Seitdem er dort aufgrund von Sozialmaßnahmen einvernehmlich ausschied, ist er bis zum heutigen Tag als Taxifahrer tätig. Dabei wechselte er mehrfach den Arbeitgeber. Derzeit fährt er für das Unternehmen ZS. und verdient monatlich ca. 1.300 EURO. Sein Verdienst ist dabei abhängig von seinen Fahrten und den jeweiligen Einnahmen, wobei das Unternehmen 55 und er 45 % dieser erhält.
28Der Angeklagte trinkt weder Alkohol noch konsumiert er Betäubungsmittel. Er ist weder ernsthaft erkrankt noch verunfallt.
292. Der den Angeklagten I. betreffende Bundeszentralregisterauszug vom 24.08.2022 enthält keine Eintragungen.
30III. 1. Die zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 24-jährige Angeklagte M. wurde am 00. LU. 0000 in CB. geboren. Sie wuchs mit ihrer Mutter und ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester, die heute Lehramt studiert, auf. Der Vater, zu dem sie keinen nennenswerten Kontakt pflegt, hatte sich von der Mutter getrennt und die Familie verlassen, als die Angeklagte etwa drei Jahre alt war. Die Angeklagte hat keine Kinder. Sie ist seit 2019 die Lebensgefährtin des Angeklagten L. J., mit dem sie mittlerweile auch verlobt ist.
31Die Angeklagte verbrachte ihre Kindheit und Jugend in CB. und besuchte dort regulär die Schule. Im Jahre 2017 beendete sie die Schulzeit mit der Erlangung des Abiturs auf einem Wirtschaftsgymnasium. Die Angeklagte arbeitete bereits während ihrer Schulzeit auf Minijobbasis bei verschiedenen Arbeitgebern; unter anderem in einer Schokoladenfabrik, einer Telefonzentrale und im Verkauf bei einem Modeunternehmen.
32Nach der Schulzeit begann die Angeklagten ein duales Studium der Betriebswirtschaftslehre in AL., während sie im praktischen Teil bei der Firma GL.OJ. GmbH beschäftigt war. Hierbei war sie viel in Deutschland unterwegs, um die verschiedenen Standorte von GL. kennenzulernen. Während dieser Zeit des dualen Studiums lernte die Angeklagte den Mitangeklagten L. J. in einem Sommerurlaub auf Ibiza kennen. Mit diesem führte sie zunächst eine Fernbeziehung, da sie im Rahmen ihres dualen Studiums bereits eine gehobene Position bei GL. in QZ. innehatte und besuchte ihn regelmäßig in LX.. Zum Ende ihres Studiums wechselte sie indes innerhalb der GL.OJ. an den Standort LX. und wurde stellvertretende Teamleiterin. Im Y. 2021 zog sie in eine Wohnung im T.-straße 6A nach O., in welche auch der Mitangeklagte L. J. zuzog.
33Die Angeklagte kündigte – auch aufgrund von Konflikten an ihrem neuen Einsatzort – ihr Arbeitsverhältnis bei GL. zum 31.12.2021, um sich auf ein Praktikum an einer Berufsschule und in der Folge einen Quereinstieg als Berufsschullehrerin vorzubereiten. Zu dem insofern obligatorischen Praktikum kam es indes nicht. Seit dem 04.04.2022 arbeitet die Angeklagte als Verkäuferin bei MJ..
34Die Angeklagte leidet an Neurodermitis, im Übrigen ist sie nicht schwer erkrankt oder verunfallt. Die Angeklagte konsumiert weder Betäubungsmittel noch trinkt sie Alkohol.
352. Der die Angeklagte betreffende Bundeszentralregisterauszug vom 24.08.2022 enthält keine Eintragungen.
36IV. 1. Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 37-jährige Angeklagte F. J. wurde am 00. KJ. 0000 in CW. in der Türkei geboren. Er ist der Bruder des Angeklagten L. J. und der weiteren Geschwister und Sohn der gemeinsamen Eltern. Der Angeklagte bewohnt eine, den Eltern gehörende, Wohnung in der R.-straße 143 in LX.; in diesem Gebäude befindet sich auch die elterliche Wohnung. Der Angeklagte ist ledig und hat keine Kinder. Er lebt seit einem Jahr in einer festen Beziehung.
37Der Angeklagte besuchte zunächst regulär eine Grundschule und anschließend eine Hauptschule. Er wechselte mit dem Ziel der Erlangung eines weiterführenden Bildungsabschlusses zunächst auf ein Berufskolleg und sodann auf eine höhere Handelsschule, auf der er nach der zwölften Klasse die Fachhochschulreife erlangte. Die dreizehnte Klasse brach er ab, nachdem er eine Ausbildungsstelle gefunden hatte. Er absolvierte in den Jahren 2004/2005 eine zweijährige Ausbildung zum Dachdecker im Betrieb eines Bekannten seines Vaters.
38Da er Bauingenieurwesen studieren und den Weg über eine abgeschlossene Meisterprüfung gehen wollte, besuchte er im Anschluss die Meisterschule, die er 2009 mit Erlangung der Meisterwürde abschloss. Ein Studium begann er danach nicht mehr, war vielmehr seit Beginn seiner Ausbildung als Dachdecker tätig. Zwischenzeitlich machte er sich selbstständig, arbeitete zuletzt indes wieder mit seinem Vater bei der S. GmbH als Dachdeckermeister. Der Angeklagte strebt darüber hinaus wieder eine Selbstständigkeit und die Qualifizierung zum Sachverständigen für das Dachdeckergewerk an.
39Der Angeklagte ist weder ernsthaft erkrankt, noch – mit Ausnahme eines Beinbruchs und eines Kreuzbandrisses vor längerer Zeit – erheblich verunfallt.
402. Der Angeklagte konsumiert keine Betäubungsmittel. Bis ungefähr vor zwei Jahren trank er Alkohol zu gesellschaftlichen Anlässen, wobei er dabei auch teilweise größere Mengen etwa an Wodka konsumierte. Vor zwei Jahren stellte er – zunächst vor dem Hintergrund der Ablegung einer Fahreignungsprüfung – den Konsum von Alkohol vollständig ein.
413. Der den Angeklagten betreffende Bundeszentralregisterauszug vom 10.08.2022 enthält zwölf Eintragungen.
42a) Dabei wurde der Angeklagte durch das Amtsgericht Köln am 17.07.2009 (Az. 536 Ds 133/09) wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 10 EURO verurteilt.
43In den Jahren 2010 bis 2012 erfolgten sodann mehrere Verurteilungen wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. So verhängte das Amtsgericht Bergisch Gladbach am 29.03.2010 (Az. 44 Cs 127/10) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine Geldstrafe von zwanzig Tagessätzen zu je 20 EURO. Es folgte eine Verurteilung vom 12.07.2011 durch das Amtsgericht Köln (Az. 714 Ds 62/11) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 20 EURO. Das Amtsgericht Köln verhängte sodann am 17.01.2012 (Az. 714 Ds 320/11) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine weitere Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 20 EURO. Durch das Amtsgericht Bonn wurde der Angeklagte am 09.08.2012 wegen Beleidigung und Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat und zwei Wochen verurteilt, wobei die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Amtsgericht Köln verhängte am 10.08.2012 (Az. 714 Ds 99/12) wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen eine weitere Freiheitsstrafe von sechs Monaten unter Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung.
44Mit Beschluss vom 13.11.2013 bildete das Amtsgericht Köln aus den Verurteilungen vom 10.08.2012 und 09.08.2012 eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten unter Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung. Mit Ablauf der Bewährungszeit wurde die Strafe schließlich mit Wirkung zum 02.04.2016 erlassen.
45b) Der Angeklagte wurde sodann am 12.05.2017 vom Amtsgericht Köln (Az. 537 Ds 153/17) wegen Sachbeschädigung in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 15 EURO verurteilt.
46Am 18.12.2017 verurteilte das Amtsgericht Köln (Az. 537 Cs 920/17) den Angeklagten weiter wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 15 EURO.
47c) Das Amtsgericht Bergisch Gladbach verurteilte den Angeklagten durch Strafbefehl vom 18.04.2019 (Az. 44 Cs 136/19) wegen versuchter Strafvereitelung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15 EURO. Dem lagen die Feststellungen zugrunde, dass der Angeklagte bei einer Kontrolle eines PKWs am 30.12.2018 wahrheitswidrig angegeben hatte, der Führer des Fahrzeugs gewesen zu sein, um den eigentlichen Fahrer vor einer Bestrafung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu schützen. Die Vollstreckung ist durch Zahlung erledigt.
48d) Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Köln vom 18.10.2019 (Az. 716 Ds 143/19) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 20 EURO verurteilt. Dem lagen – zusammengefasst – die Feststellungen zugrunde, dass der Angeklagte am 26.09.2018, 09.10.2018 und 11.04.2019 jeweils ein PKW im Straßenverkehr bewegt hatte, obwohl ihm aufgrund eines rechtskräftigen Bußgelbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe ein seit dem 20.09.2018 wirksames Fahrverbot auferlegt worden war. Bei der Fahrt vom 11.04.2019 gegen 03:42 Uhr hatte er sich zudem in fahruntüchtigem Zustand befunden, nachdem eine um 05:05 Uhr entnommene Blutprobe einen BAK-Wert von 1,53 Promille ergeben hatte.
49Mit Urteil des Landgerichts Köln vom 01.07.2020 wurde die Berufung des Angeklagten mit der Maßgabe verworfen, dass er noch wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20 EURO verurteilt wurde. Das Verfahren war dagegen bezüglich der Fahrten vom 26.09. und 09.10. nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt und bezüglich der Fahrt vom 11.04.2019 nach § 154a StPO auf den Vorwurf der Trunkenheitsfahrt beschränkt worden.
50e) Zuletzt wurde der Angeklagte durch das Urteil des Amtsgerichts Köln am 18.09.2020 (Az. 706 Cs 72/20), rechtskräftig seit dem 26.09.2020, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis am 15.01.2020 zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30 EURO verurteilt. Die Vollstreckung ist durch Zahlung erledigt.
5152
B.
53Zur Sache
54I. Anklage vom 24.07.2020 (Anklage I) [betrifft den Angeklagten L. J.]
551. Der Angeklagte L. J. verfügte über einen in NJ. in den Niederlanden ansässigen Bekannten, den Zeugen GW. VV., der selbst mit Betäubungsmitteln handelte, diese auch an Abnehmer in Deutschland auslieferte und auch den Angeklagten jedenfalls mit Marihuana, Amphetaminöl und Kokain belieferte. Über seine Tätigkeit in der Shishabar in Z. K. kannte der Angeklagte zudem den Zeugen UM., der mitbekommen hatte, dass der Angeklagte selbst mit Betäubungsmitteln handelte und ihn wiederholt gebeten hatte, ihn gegen eine Entlohnung auch einmal in diesem Zusammenhang mit einer Aufgabe zu betrauen. Anfang April 2019 – dies ist nicht Teil der Anklage – beauftragte der Angeklagte den UM. damit, nach NJ. zu fahren, von wo er mehrere Flaschen Amphetaminöl abholte und diese beim Angeklagten an einem Kiosk in UV. auslieferte und hierfür 150 EURO Entlohnung erhielt.
562. Anfang Mai 2019 verfügte der Zeuge VV. in NJ. über ca. 5,7 Kilogramm Marihuana, die er für sein Handeltreiben an Abnehmer in ET. ausliefern wollte und über ca. 50 Gramm Kokain, welches wiederum für das Handeltreiben des Angeklagten bestimmt war. Der Angeklagte erklärte sich gegenüber dem Zeugen VV. bereit, für den Transport sowohl des Marihuanas als auch des Kokains einen Kurier zu schicken. Hierzu nahm er am 03.05.2019 zunächst per WhatsApp Kontakt zum Zeugen UM. auf, der sich ihm gegenüber in Erwartung einer Entlohnung bereit erklärte, die Fahrt zu übernehmen. Der Angeklagte wies den UM. zunächst an, Richtung NJ. zu fahren, teilte ihm zwischenzeitlich auch die genaue Zieladresse mit und wies ihn an, dort auf „XK.“ zu warten. Bei dieser Person handelt es sich entweder um den Zeugen VV. selbst oder eine von ihm beauftragte Person. Der Angeklagte teilte dem Zeugen zudem mit, die „Sachen“ nach ET. zu bringen und ihm später die Adresse zu nennen. An dem genannten Zielort traf sich der UM. mit dem „XK.“ und sie fuhren in getrennten Fahrzeugen in ein Industriegebiet, wo er von „XK.“ die genaue Zieladresse in ET. erhielt. Der „XK.“ legte in den Kofferraum des UM. eine große schwarze Tasche. In dieser befanden sich drei Müllsäcke mit einer Menge von netto 1.171,9 Gramm Marihuana und einem Wirkstoffgehalt von 14,4%, netto 1.972,6 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 14,6% THC sowie netto 1.784,8 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 16,1% THC. Das Marihuana verfügte insgesamt über eine Wirkstoffmenge von 862 Gramm THC. Im Anschluss begab sich „XK.“ an das Beifahrerfenster und steckte dem UM. einen kleinen Beutel Kokain in dessen Rucksack und wies ihn an, diesen später dem Angeklagten selbst zu übergeben. Dabei handelte es sich um eine Menge von netto 50,21 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 88,1 % und einer Wirkstoffmenge von 44,3 Gramm Kokainhydrochlorid (KHC).
57Der UM. überquerte mit seinem PKW sodann gegen 15:40 Uhr die niederländisch-deutsche Grenze, wurde indes kurz darauf in der Höhe von FV. durch eine Polizeistreife angehalten und kontrolliert, die Betäubungsmittel wurden gefunden und sichergestellt. Während der Angeklagte die Menge an Kokain kannte, nahm er die genaue Menge des transportierten Marihuanas zumindest billigend in Kauf. Eine Entlohnung in Geld für die Organisation des Kuriers nach ET. erhielt der Angeklagte nicht.
583. Der Zeuge UM. machte im Rahmen des gegen ihn geführten Strafverfahrens folgende Angaben zu den unter Ziffer 1 und 2 dargestellten Fahrten:
59a) In der Beschuldigtenvernehmung vom 03.05.2019, die von KHK IF. JB. und KOKin JF. durchgeführt wurde, schilderte der Zeuge zunächst, dass er am heutigen Morgen eine schriftliche Abiturprüfung im Fach Mathematik in TA. abgelegt habe, zu der er mit dem Wagen seines Vaters gefahren sei. Nach Ende der Prüfung habe er eine WhatsApp Nachricht von L. gesehen, ob er Lust habe. Ihm sei klar gewesen, dass damit ein Transport von Drogen gemeint gewesen sei, da er schon einmal für ihn in die Niederlande gefahren sei und dort Drogen geholt habe. Er habe sich L. gegenüber bereit erklärt.
60Nachdem er eine Mitschülerin in LX. abgesetzt habe, habe er gegen 13:20 Uhr von L. telefonisch die Anweisung erhalten, Richtung NJ. zu fahren, er werde ihm auf dem Weg die Adresse via WhatsApp schicken. Auf Nachfrage, ob er zur gleichen Adresse wie letztes Mal fahren solle, habe L. gefragt, wo das gewesen sei und dann, nachdem er, der Zeuge, die Adresse rausgesucht habe, gesagt, nein, es sei woanders. Als er auf der Autobahn A3 oder A52 gewesen sei, habe L. ihm die Adresse „UL.-straße 3, NJ.“ geschickt. Nach dem Eintreffen dort habe L. ihn angerufen und ihn angewiesen auszusteigen und zu klingeln, er habe dies getan, es sei aber keiner da gewesen. Es seien dann zwei Männer in einem Auto gefahren, von denen er den Mann auf dem Beifahrersitz bereits an dem von L. betriebenen Kiosk in UV. gesehen habe. Der Beifahrer habe ihn gefragt, ob er allein sei. Er, der Zeuge, habe zu diesem Zeitpunkt mit L. telefoniert, der ihn gefragt habe, ob XK. schon da sei. Daraus habe er geschlossen, dass es sich bei dem Beifahrer um XK. handele und habe das bestätigt. XK. habe ihn dann gefragt, ob er etwa 10 Minuten warten könne und sei dann einige Häuser weitergefahren und in eine Parkbucht vor einem Haus eingebogen. Nach gefühlt etwa 10 Minuten sei das Fahrzeug dann zurückgekommen, zunächst an ihm vorbeigefahren, dann aber zurückgekehrt und habe neben ihm angehalten. XK. habe ihm gesagt, dass er die Sachen jetzt fertig mache und gefragt ob er warten könne. Dann sei er wieder zu dem Haus gefahren. Er, der Zeuge, habe dann eine längere Zeit gewartet und in dieser Zeit mit L. telefoniert. Dieser habe ihm gesagt, dass er die Sachen nach ET. bringen solle, die genaue Adresse wolle er ihm nennen, wenn er wieder unterwegs sei. Er solle hinter XK. herfahren. Nach etwa einer halben Stunde sei XK. zurückgekommen. Er habe diesmal das Fahrzeug gesteuert, der andere Mann sei auf dem Beifahrersitz gewesen. XK. habe ihn angewiesen, hinter ihm herzufahren und er sei dann hinter XK. her in eine Art Industriegebiet gefahren. XK. sei ausgestiegen und zu ihm gekommen und habe ihm gesagt dass er gleich mit ihm gemeinsam nach ET. fahren würde. Er habe ihm dann die Adresse in ET. genannt, KF.-straße 12. XK. habe dann eine große schwarze Tasche aus dem Kofferraum seines Autos genommen und diese in den Kofferraum des Autos des Zeugen gelegt. Dann sei er an die Beifahrerseite gekommen. Er habe noch ein kleines Päckchen in der Hand gehabt, das er durch die geöffnete Scheibe der Beifahrertür in den Rucksack des Zeugen gesteckt habe, der auf dem Beifahrersitz gelegen habe. Er habe daraufhin gesagt, dass er dieses Päckchen später wenn alles gelaufen sei, L. persönlich in die Hand geben solle. Er, so der Zeuge weiter, habe weder gewusst, was sich in der schwarzen Tasche noch was sich in dem Päckchen befunden habe, ihm sei klar gewesen, dass sich um Drogen handelte, aber er habe nichts über die Art oder über die Menge gewusst.
61XK. habe dann gesagt, dass er vorfahre, er habe warten und nach zwei Minuten losfahren sollen. So habe er es auch gemacht und sei genau um 15:17 Uhr losgefahren. Er habe die Adresse ET. in sein Navi eingegeben. Das Auto von XK. habe er nicht mehr gesehen. Er habe die deutsche Grenze überquert und festgestellt, dass er laut Navi deutlich mehr als die von L. angegebene Zeit für die Rückfahrt brauchte. Er habe auch befürchtet, dass er das Auto seines Vaters nicht mehr rechtzeitig würde zurückbringen können. Er habe deshalb L. angerufen und ihn gefragt, ob das mit der Adresse richtig sei und wie man es mit dem Päckchen handhaben wolle. L. habe gesagt, dass er sich später wieder melden würde. Ca. 15 Minuten nach diesem Telefonat sei das Fahrzeug der Polizei erschienen und hätte ihn zum Anhalten aufgefordert. Er habe Panik bekommen und L. bei WhatsApp gefragt, was er machen solle, er habe geschrieben, dass er gerade von der Polizei angehalten werde. Diese Nachrichten habe er anschließend wieder gelöscht. Während das Fahrzeug bereits angehalten gehabt habe, habe L. angerufen und gefragt ob alles in Ordnung sei. Er habe gesagt, dass er gerade von der Polizei angehalten worden sei und habe dann aufgelegt, als einer der Polizisten auf das Auto zugekommen sei.
62Der Zeuge UM. beschrieb im weiteren das von XK. benutzte Auto und XK. sowie die weitere Person, wobei er bemerkte, dass er zu letzterem nicht viel sagen könne, den habe er nur kurz gesehen, er sei auch Südländer, dunkler vom Teint als XK. und auch etwa so alt wie XK..
63Er schilderte sodann die Umstände, unter denen er L. kennengelernt habe. Das sei in einer Shisha-Bar in Z. K. etwa im KJ. 2018 gewesen. Sein Freund YB. (VS. OH.) habe ihn dorthin mitgenommen und er sei sodann regelmäßig dorthin gegangen. L. habe dort gearbeitet. Er habe dann später bei einer Gelegenheit beobachtet, dass L. ein großes Geldbündel in der Hand gehabt habe. Er habe ihn dann auf den Rückweg gefragt, was er mache und L. habe ihm erzählt, dass er mit Drogen handele. L. habe mehrfach richtig große Mengen Bargeld gehabt und dazu gesagt, dass es das Geld nur einer einzelnen Woche sei. Er habe selbst Interesse an den Drogengeschäften gehabt und später habe L. ihn gefragt, ob er einmal für ihn fahren wolle, womit er einverstanden gewesen sei. Etwa vor einem Monat sei er dann zum ersten Mal für ihn gefahren. Er habe bei ihm zuhause sein Auto abgeholt, einen BMW X5. Den Schlüssel habe er von der Mutter von L. bekommen. Er sei nach NJ. gefahren. Unterwegs habe er die Adresse bekommen, RF.-straße Straat 19. Als er dort angekommen sei, sei die Haustür geöffnet gewesen und eine Person habe draußen gestanden. Diese Person habe ihm eine Plastiktüte in den Kofferraum gelegt, in der sich drei 1,5 l Einwegflaschen befunden hätten, darunter eine Pepsiflasche, auf einer anderen sei kein Etikett gewesen. In den Flaschen habe sich eine klare Flüssigkeit befunden. Er sei von dort unmittelbar zu L. zum Kiosk nach UV. gefahren und habe ihm die Flaschen gebracht. Er habe ihn gefragt, was in den Flaschen drin sei, L. habe nur gesagt, dass man vermutlich sterbe, wenn man einen Schluck davon nehme. Man verarbeite das Zeug weiter, wozu, habe er nicht gesagt. Für die Fahrt habe er von L. 150 EURO bekommen.
64Der Zeuge gab weiter an, er sei davon ausgegangen, dass er für die heutige Fahrt wieder Geld bekomme, eventuell den gleichen Betrag, es sei dazu aber nichts vereinbart worden.
65b) Bei der Verkündung des Haftbefehls am 04.05.2019, die durch den Zeugen EA. am Amtsgericht GY. vorgenommen wurde, machte der Zeuge zunächst Angaben zu seiner persönlichen Situation. Dann gab er an, er habe vor einem Monat, am 08.04.2019, schon einmal eine Fahrt für L. gemacht. Damit meine er den L. S., seinen vollen Namen habe er ihm nicht gesagt. Befragt dazu, ob es sich um den Angeklagten L. J. handle, bestätigte er dies, er habe seinen Namen an der Tür gesehen, als er für die erste Fahrt das Auto des L. J. abgeholt habe. Für die erste Fahrt habe er 150 EURO bekommen, ihm sei klar gewesen, dass es sich um Drogen gehandelt habe, die Mengen seien indes nicht bekannt gewesen. Transportiert habe er damals drei Pepsi Flaschen, die mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt gewesen seien. L. wohne in LX.-IA., betreibe aber einen Kiosk auf der ZX. in UV., früher habe er eine Shisha-Bar in Z. K. gehabt. Dort habe er ihn auch kennengelernt. Die Flaschen habe er ausgeräumt und geholt und in den Kiosk gebracht, die Adresse in NJ. befinde sich in seinem Mobiltelefon, es sei eine andere, als die, zu der er gestern gefahren sei.
66Gestern sei er zunächst bei der Abiprüfung in TA. gewesen, er sei mit dem Auto seines Vaters unterwegs gewesen. L. habe ihn dann angeschrieben, ob er Zeit habe. Nachdem er eine Freundin nach LX. gebracht habe, sei er auf Anweisung von L. nach NJ. gefahren, auch diese Adresse befinde sich in seinem Mobiltelefon. Dort sei ein Auto mit zwei männlichen Insassen vorgefahren, es sei wohl ein dunkler sportlicher Toyota gewesen. Den Beifahrer habe er schon einmal gesehen gehabt am Kiosk von L.. L. habe ihm am Telefon gesagt, der Mann heiße XK.. Dieser habe ihm dann gesagt, er solle kurz warten, ca. zehn Minuten. Der andere Wagen sei dann geparkt worden in einer Einfahrt vier Häuser weiter. Er habe über 20 Minuten gewartet und sei den Männern dann auf deren Anweisung hin hinterhergefahren. Man sei etwa eine Minute gefahren in ein leeres Gebiet. XK. sei ausgestiegen habe eine schwarze Tasche aus seinem Kofferraum in denjenigen des Zeugen verbracht. Außerdem habe er ihm eine kleine Tüte gegeben, die er dem L. persönlich übergeben habe sollen. Während des Wartens habe er den L. angerufen. XK. habe ihm eine Adresse in ET. gegeben und L. habe ihm gesagt, er solle nach ET. durchfahren. Auch diese Adresse befinde sich im Mobiltelefon. XK. habe ihn angewiesen, genau zwei Minuten zu warten und dann loszufahren, daraufhin seien die Männer weggefahren. Er habe die Anweisung befolgt und sei auf der Fahrt von der Polizei angehalten worden. Ein Entgelt für die Fahrt sei nicht ausgehandelt worden, auch für die erste Fahrt habe er erst im Nachhinein Geld bekommen.
67Er sage dies alles, um sich selbst zu helfen, er führte ferner aus, alles tun zu wollen, um das Gefängnis zu vermeiden.
68Im Anschluss daran wurde der Haftbefehl erlassen, dessen Vollzug indes durch Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 04.05.2019 unter anderem unter einer Meldeauflage ausgesetzt.
69c) In der, von dem Zeugen EA. am Amtsgericht Dr. JQ. geleiteten, Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht – Schöffengericht – in Krefeld am 04.11.2019 machte der Zeuge folgende Angaben:
70Er habe schriftliche Matheprüfung gehabt und nach der Prüfung gesehen, dass L. ihn angerufen habe. Er hätte schon mal Fahrten für ihn erledigt und dafür 150 EURO bekommen. Er habe eine Mitschülerin nach Hause gefahren. Der L. habe ihm eine Adresse in Holland per WhatsApp geschickt. Dort sei ein Kollege von L. gewesen, der ihm etwas ins Auto getan und eine kleine Tüte in den Rucksack gelegt habe, der sich auf dem Beifahrersitz befunden habe. Er habe dann zu einer Adresse in ET. fahren sollen. Dann sei er von der Polizei angehalten worden. Auf Frage des Gerichts gab er weiter an, er habe zu einer Adresse in NJ. fahren sollen. Dort habe er eine halbe Stunde gewartet, dann sei ein Kollege gekommen und er habe diesem hinterher fahren sollen in eine Art Industriegebiet. Dort habe er ihm die große Tasche in den Kofferraum gelegt. Es sei richtig, dass er nicht gewusst habe, was sich in der Tasche befunden habe, aber ihm bewusst gewesen sei, dass es um Betäubungsmittel ging. Den L. kenne er durch eine mittlerweile geschlossene Shisha-Bar. L. habe dann einen Kiosk in UV. eröffnet. Das Tütchen, das der Kollege in den Rucksack gelegt habe, habe er dem L. persönlich abgeben, die Sachen aus dem Kofferraum habe er nach ET. fahren sollen. Er habe nicht gewusst, dass die Menge, die er dabei gehabt habe, so ein Ausmaß gehabt habe. Den L. habe er durch den YB. kennengelernt. Er habe in der Shisha-Bar gearbeitet und habe keinen Führerschein, sie hätten ihn auch schon mal gefahren. Die 150 EURO habe er bei der ersten Fahrt für die drei Flaschen bekommen, da sei er mit dem Auto von L. gefahren. Bei der zweiten Fahrt sei er mit dem Auto seines Vaters gefahren.
714. Der Zeuge UM. wurde wegen der unter Ziffer 2. dargestellten Tat durch das Amtsgericht Krefeld am 04.11.2019 (Az. 25 Ls 65/19) wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer, seit dem Tag des Urteilserlasses rechtskräftigen, Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Verfahren wegen der unter Ziffer 1. dargestellten Tat wurde nach § 154 Abs. 1 StPO behandelt.
72Das Amtsgericht stellte dabei die Einfuhrfahrt des Zeugen im Sinne der dazu unter B. I. 2. getroffenen Feststellungen fest und führte weiter aus, die Betäubungsmittel seien zum gewinnbringenden Weiterverkauf durch den gesondert Verfolgen L. J. bestimmt, dessen Betäubungsmittelgeschäfte der Zeuge habe unterstützen wollen. Im Rahmen der Strafzumessung führte das Amtsgericht aus, die Strafe sei gemäß § 31 BtMG, § 49 Abs. 2 StGB zu mildern gewesen.
73II. Fall 1 der Anklage vom 04.08.2022 (Anklage II) [betrifft den Angeklagten L. J.]
74Der Angeklagte L. J. bediente sich spätestens seit Mitte Juni 2020 der Dienste des Anbieters verschlüsselter Kommunikation SkyECC, bei dem er davon ausging, dass diese durch die Ermittlungsbehörden nicht überwacht werden könnte. Dort kommunizierte der Angeklagte unter der vom Anbieter vergebenen Kennung „N01“. Dort stand er im Zusammenhang mit Betäubungsmittelgeschäften unter anderem im Kontakt mit den Nutzern der Kennung „N02“ – dem Zeugen L. TH. – und „N03“ – dem Zeugen TN. HW. –, mit denen er seit Mitte Juni auch in einem Gruppenchat schrieb.
75Der Zeuge TH. befand sich zu dieser Zeit in Spanien und plante, dort größere Mengen Marihuana zu organisieren und diese regelmäßig in LKWs in den Raum LX. transportieren zu lassen, um sie dort gewinnbringend in größeren Mengen an Abnehmer zu verkaufen. Spätestens Anfang LU. 2020 hatte der Angeklagte wiederum einen Abnehmer gewonnen, an den er größere Mengen Marihuana verkaufen konnte. Er bestellte daher vor dem 10.07.2020 verbindlich bei dem TH. eine Menge von mindestens 50 Kilogramm Marihuana der Sorte „Haze“, welche über einen Wirkstoffgehalt von wenigstens 12% und eine Wirkstoffmenge von wenigstens 6.000 Gramm THC verfügte, aus einer anstehenden Lieferung. Der Zeuge TH. wollte den LKW, der – wie dem Angeklagten bekannt war – insgesamt wenigstens 80 Kilogramm Marihuana der Sorte „Haze“ mit einer Wirkstoffmenge von wenigstens 9.600 Gramm THC transportierte, in einer Halle in der SV.-straße 53 in 00000 XV. entladen lassen und die Betäubungsmittel direkt an seine Abnehmer – insbesondere in diesem Fall den Angeklagten – weitergeben. Diese Ablademöglichkeit selbst hatte ihm ebenfalls der Angeklagte selbst zuvor vermittelt. Die Lieferung verzögerte sich dabei zunächst, ob sie schließlich erfolgte, sei es am 10.07.2020 oder zu einem späteren Zeitpunkt, hat sich nicht feststellen lassen.
76III. Fall 2 der Anklage II [betrifft den Angeklagten L. J.]
77Ebenfalls unter Nutzung der Dienste des Anbieters SkyECC und seiner Kennung „N01“ stand der Angeklagte spätestens seit Anfang November 2020 über einen Gruppenchat im Kontakt mit den Nutzern der Kennung „N04“ und „N05“. Mit dem „N04“ vereinbarte der Angeklagte Anfang Dezember 2020 verbindlich die Lieferung von wenigstens sieben Kilogramm Marihuana. Dieses verfügte wenigstens über eine durchschnittliche Qualität mit einem Wirkstoffgehalt von wenigstens 10% und einer Wirkstoffmenge von wenigstens 700 Gramm THC. Hierfür wollte der Angeklagte dem „N04“ Bargeld in Höhe von mindestens 35.000 EURO übergeben. Ob es in der Folge auch zur Auslieferung der Betäubungsmittel kam, hat sich nicht feststellen lassen.
78IV. Fall 3 der Anklage II [betrifft die Angeklagten L. J., I. und M.]
79Am 08.11.2021 stand der Angeklagte L. J. in telefonischem Kontakt mit dem Zeugen VV., welcher in den Niederlanden verschiedene Mengen an Marihuana organisierte, um sie an seine Abnehmer in Deutschland auszuliefern. Dabei organisierte er an diesem Tag konkret auch Marihuana für den Angeklagten auf dessen vorherige Bestellung. Der Angeklagte wusste, dass der Zeuge VV. die von dem Angeklagten bei ihm bestellten Betäubungsmittel mittels Kurieren aus den Niederlanden nach Deutschland transportieren ließ.
80Noch bevor er die Betäubungsmittel für den Angeklagten erhalten hatte, entsandte er am Nachmittag des 08.11.2021 indes einen Kurier aus den Niederlanden nach LX. zur Auslieferung von Marihuana für andere Abnehmer. Der VV. plante, dass von dort jedenfalls zwei Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von wenigstens 10% und einer Wirkstoffmenge von wenigstens 200 Gramm THC durch den Angeklagten I. zu Abnehmern des VV. nach ET. weitertransportiert werden sollten. Der Angeklagte I. hatte jedenfalls für den Angeklagten L. J. seit einiger Zeit unterschiedlichste Fahrten übernommen. Da der VV. indes den Angeklagten I. zunächst telefonisch nicht erreichen konnte, erklärte sich der Angeklagte L. J., der wusste, dass es sich um Marihuana handelte und die Menge jedenfalls billigend in Kauf nahm, bereit, die Betäubungsmittel zunächst in der gemeinsamen Wohnung mit der Angeklagten M. im T.-straße 6a in O. aufzubewahren, bis der I. sich meldete. Der VV. wies seinen Kurier an, das Marihuana zu der Anschrift in O. zu bringen, wo es von der Angeklagten M., die von dem Angeklagten L. J. informiert worden war, gegen 17:30 Uhr entgegengenommen und in die Wohnung verbracht wurde. Dabei nahm die Angeklagte M. jedenfalls billigend in Kauf, dass es sich bei der Lieferung um Marihuana in einer Größenordnung von zwei Kilogramm handelte.
81Gegen 18:40 Uhr trafen auch der Angeklagte L. J. sowie der Angeklagte I. in der Wohnung ein, worauf der Angeklagte J. diesem die Menge übergab. Der Angeklagte I. transportierte die Menge sodann nach ET. und lieferte diese dort aus. Dabei wusste er, dass es sich um Marihuana in einer Größenordnung von zwei Kilogramm handelte. Als Entlohnung erhielt er für diese Fahrt Bargeld in Höhe von 50 EURO. Die Angeklagten M. und L. J. erhielten für die Aufbewahrung keine Entlohnung.
82Der Angeklagte L. J. erhielt in der Folge, noch am 08. oder am 09.11.2021, aufgrund seiner vorherigen Bestellung vom Zeugen VV. aus den Niederlanden auch wenigstens acht Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von wenigstens 10% und einer Wirkstoffmenge von wenigstens 800 Gramm THC für sein eigenes Handeltreiben. Die Betäubungsmittel wurden dabei ebenfalls durch einen Kurier nach LX. gebracht. Die Betäubungsmittel verkaufte der Angeklagte L. J. in der Folge zu einem Preis von wenigstens 4.000 EURO pro Kilogramm, sodass ihm jedenfalls ein Bargeldbetrag von 32.000 EURO zufloss.
83V. Fall 4 der Anklage II [betrifft die Angeklagten L. J. und I.]
84Am 21.11.2021 stand der Angeklagte L. J. erneut in telefonischem Kontakt zum Zeugen VV. mit dem Ziel, Marihuana zum Weiterverkauf an seine Abnehmer zu erhalten. Er bestellte bei VV. jedenfalls fünf Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von wenigstens 10% und einer Wirkstoffmenge von wenigstens 500 Gramm THC. Er einigte sich mit dem VV., ihm noch am gleichen Tag zunächst 8.000 EURO als Anzahlung auf den Kaufpreis nach NJ. überbringen zu lassen. Hierfür beauftragte der Angeklagte L. J. den Angeklagten I., der das Bargeld am gleichen Tag überbrachte. Der Angeklagte I. wusste dabei, dass er an den VV. Kaufgeld zum Erwerb von Marihuana überbrachte und nahm auch billigend in Kauf, dass es sich dabei um wenigstens fünf Kilogramm handelte. Hierfür erhielt er eine Entlohnung von 50 EURO. Weitere wenigstens 8.000 EURO überbrachte der Angeklagte L. J. dem VV. am nächsten Tag.
85Aufgrund dessen Bestellung ließ der Zeuge VV. die Betäubungsmittel am 24.11.2021 durch einen Kurier aus den Niederlanden nach Deutschland und zum Angeklagten L. J. bringen. Dieser verkaufte das Marihuana zu einem Preis von wenigstens 4.000 EURO pro Kilogramm und erhielt hierdurch wenigstens 20.000 EURO an Bargeld.
86VI. Fall 5 der Anklage II [betrifft den Angeklagten L. J.]
87Der Angeklagte L. J. stand mit dem Zeugen VV. erneut am 25.11.2021 in telefonischem Kontakt, um Marihuana zum Weiterverkauf zu beziehen. Nachdem der VV. eine Quelle zum Bezug von Marihuana ermittelt hatte, fuhr der Angeklagte L. J. am Nachmittag selbst nach NJ., um jedenfalls Teile des Kaufpreises zu überbringen. Während der Angeklagte zurück nach LX. reiste, traf sich der VV. mit dem Lieferanten, worauf der Angeklagte auf telefonische Nachfrage seine Bestellung dahingehend konkretisierte, dass er die dort vorhandenen zwei Kilogramm Marihuana guter Qualität, die über einen Wirkstoffgehalt von wenigstens 12% und eine Wirkstoffmenge von wenigstens 240 Gramm THC verfügten, ankaufen und im Übrigen den angezahlten Kaufpreis zurücknehmen wolle.
88Der Zeuge ließ die zwei Kilogramm Marihuana sodann durch einen Kurier aus den Niederlanden nach LX. transportieren, wo sie dem Angeklagten L. J. gegen 20 Uhr am Kiosk in der R.-straße 125 übergeben wurden. Der Angeklagte verkaufte das Marihuana gewinnbringend zu einem Preis von wenigstens 4.000 EURO pro Kilogramm und erhielt so insgesamt wenigstens 8.000 EURO Bargeld.
89VII. Fall 6 der Anklage II [betrifft den Angeklagten L. J.]
90Für den Angeklagten L. J. organisierte der Zeuge VV. erneut am 30.11.2021 Marihuana, welcher bei diesem verbindlich sechs Kilogramm bestellte, welches über einen Wirkstoffgehalt von wenigstens 10% und eine Wirkstoffmenge von wenigstens 600 Gramm THC verfügte.
91Auf die Bestellung hin wurden dem Angeklagten die Betäubungsmittel aus den Niederlanden an die Anschrift R.-straße 143 geliefert. Der Angeklagte verkaufte die Betäubungsmittel zu einem Preis von wenigstens 4.000 EURO pro Kilogramm und erhielt hierdurch wenigstens Bargeld in Höhe von 24.000 EURO.
92VIII. Fall 7 der Anklage II [betrifft den Angeklagten L. J.]
93Am 02.12.2021 bot der Zeuge VV. dem Angeklagten L. J. erneut den Bezug von Marihuana an, woraufhin der Angeklagte eine Menge von fünf Kilogramm bestellte, welches über einen Wirkstoffgehalt von wenigstens 10% und eine Wirkstoffmenge von wenigstens 500 Gramm THC verfügte.
94Die Betäubungsmittel ließ der Zeuge aufgrund der Bestellung des Angeklagten erneut durch einen Kurier nach LX. zum Angeklagten liefern. Dieser verkaufte die Betäubungsmittel gewinnbringend zu einem Preis von wenigstens 4.000 EURO pro Kilogramm weiter und erhielt so insgesamt Bargeld in Höhe von 20.000 EURO.
95IX. Fall 8 der Anklage II [betrifft den Angeklagten L. J.]
96Am 07.12.2021 bot der Zeuge VV. dem Angeklagten L. J. telefonisch den Bezug von wenigstens fünf Kilogramm Marihuana am Folgetag an, worauf der Angeklagte diese verbindlich bestellte und ankündigte, eine Anzahlung in die Niederlande zu bringen. Diese verfügten über einen Wirkstoffgehalt von wenigstens 10% und eine Wirkstoffmenge von wenigstens 500 Gramm THC. Im Anschluss fuhr der Angeklagte mit der Angeklagten M. in einem PKW nach NJ., um die Anzahlung zu übergeben. Es lässt sich nicht feststellen, ob die Lieferung des Marihuanas in der Folge durchgeführt wurde.
97X. Fall 9 der Anklage II [betrifft den Angeklagten L. J.]
98Zum Zeitpunkt der Wohnungsdurchsuchung der gemeinsamen Wohnung der Angeklagten L. J. und M. im T.-straße 6a in 00000 O. am 16.12.2021 befanden sich im rechten Fach eines Sideboards im Flur der Wohnung drei Plastikdosen, wobei sich in zwei der Dosen jeweils ein gepresster Block Kokain (netto ca. 216,76 Gramm bzw. 481,07 Gramm) und in einer weiteren Dose Kokain in Pulverform (netto 7,269 Gramm) befanden. In einem dortigen Plastikbeutel befanden sich weiter 36 Ecstasytabletten in Totenkopfform, in einer weiteren Tüte fünf Knollen Marihuana sowie in dem Fach zwei Feinwaagen. Die insgesamt netto 705 Gramm Kokain verfügten insgesamt über eine Wirkstoffmenge von jedenfalls 413,5 Gramm KHC.
99Weiter befanden sich hinter einer verschraubten Pressspanplatte des Wandvorsprungs zwischen Wohnzimmer und Flur in einem Hohlraum zwei Tüten mit wenigen Knollen Marihuana in einer Plastikdose, eine Plastiktüte mit einem kleinen Klumpen Haschisch, eine kleine Plastiktüte mit brutto ca. 1,87 Gramm Kokain und eine weitere Feinwaage.
100Der Angeklagte L. J. verwahrte sämtliche dieser Betäubungsmittel in der Wohnung auf. Jedenfalls das im Sideboard aufbewahrte Kokain und die Ecstasytabletten waren dabei zum gewinnbringenden Verkauf des Angeklagten L. J. bestimmt. Sämtliche Betäubungsmittel wurden sichergestellt.
101XI. Fall 10 der Anklage II [betrifft die Angeklagten L. und F. J.]
102Zum Zeitpunkt der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten F. J. im zweiten Obergeschoss der R.-straße 143 in 00000 LX. am 16.12.2021 befanden sich dort an verschiedenen Stellen Betäubungsmittel. Insgesamt befanden sich in der Wohnung dabei insbesondere wenigstens netto 3.881,89 Gramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von wenigstens 516,2 Gramm THC, welches sich in vier großen Druckverschlussbeuteln in einem im Ankleidezimmer der Wohnung stehenden Umzugskarton befanden. Im Gefrierfach des Kühlschranks befanden sich netto 1.328,27 Gramm Amphetaminpaste mit einer Wirkstoffmenge von wenigstens 233 Gramm Amphetamin-Base. Weiter befanden sich in der Wohnung ca. 560 Ecstasytabletten mit einem Gewicht von netto 241,251 Gramm mit einer Wirkstoffmenge von wenigstens 43,6 Gramm MDMA-Base, netto 54,484 Gramm Haschisch mit einer Wirkstoffmenge von wenigstens 6,01 Gramm THC in einer blauen Gefriertüte und netto 78,69 Gramm Kokain mit einer Wirkstoffmenge von wenigstens 47,7 Gramm KHC in einer Plastikdose. Diese sämtlichen Betäubungsmittel verwahrte der Angeklagte L. J. in der Wohnung seines Bruders zum Handeltreiben auf. Darüber hinaus fanden sich in der Wohnung auch noch weitere kleinere Mengen an Marihuana und Ecstasy, mehrere Feinwaagen, Verpackungsmaterialen, Schwefelsäure und weitere Utensilien zur Herstellung von Amphetaminpaste. Insgesamt hatte der Angeklagte die Wohnung seines Bruders bereits seit längerer Zeit zum Lagern von Betäubungsmitteln genutzt und etwa auch das Amphetamin dort selbst hergestellt.
103Der Angeklagte F. J. hatte wiederum seinem Bruder seine Wohnung zur Verfügung gestellt, wobei er wusste, dass er mit Drogen handelte, diese teilweise bei ihm lagerte und auch Amphetamin selbst dort herstellte. Den Umfang der zum Zeitpunkt der Durchsuchung eingelagerten Betäubungsmittel nahm er zumindest billigend in Kauf. Der Angeklagte F. J. hatte ungehinderten Zugang zu den dort mit seinem Einverständnis und Willen gelagerten Betäubungsmitteln und handelte in der Absicht, sich selbst und seinem Bruder diese ungehinderte Zugriffsmöglichkeit zu erhalten. Er billigte sowohl dessen Drogenhandel und unterstützte seinen Bruder über das zur Verfügungstellen seiner Wohnung hinaus auch jedenfalls punktuell auch durch andere Maßnahmen, etwa indem er ihm über seine Kontakte den Bezug von Schwefelsäure ermöglichte. Die Betäubungsmittel wurden vollständig sichergestellt.
104XII. Fall 11 der Anklage II [betrifft den Angeklagten L. J.]
105Zum Zeitpunkt der Durchsuchung des Wohnhauses der vormals Mitangeklagten LP. und XT. VK. in der ZL.-straße 6 in 00000 LX. am 16.12.2021 befanden sich in einem als Kinderzimmer ausgewiesenen Wohnraum sowie im Keller des Wohnhauses eine Vielzahl verpackter Cannabisprodukte in Form von Marihuana, Haschisch und Pflanzenresten, welche durch die Ermittlungsbehörden nach der Durchsuchung auf insgesamt 23.052,89 Gramm netto Marihuana, 2.967,14 Gramm Marihuanakraut und 2.939,35 Gramm Haschisch verwogen wurden. Erhebliche Teile der Cannabisprodukte verfügten dabei lediglich über geringe Wirkstoffgehalte an THC. In der Summe verfügten die Betäubungsmittel indes über eine Wirkstoffmenge von wenigstens 2.129 Gramm THC.
106Die Betäubungsmittel verwahrte der Angeklagte L. J. in dem Wohnhaus der VK.s zum gewinnbringenden Weiterverkauf und hatte diese jedenfalls mit Kenntnis und Einverständnis der vormals Mitangeklagten LP. VK. zu verschiedenen Gelegenheiten zuvor eingebracht. Die Betäubungsmittel wurden vollständig sichergestellt.
107XIII. Fall 12 der Anklage II [betrifft den Angeklagten L. J.]
108Zum Zeitpunkt der Durchsuchung einer – nach ihrem Zustand nicht zu dauerhaften Wohnzwecken genutzten – Wohnung im ersten Obergeschoss des Gebäudes B.-straße 48 in 00000 LX. am 16.12.2021 befanden sich eine Vielzahl teilweise offen herumliegender Verpackungsmaterialien, Feinwaagen, Mobiltelefone, Arzneimittel und Betäubungsmittel. Insgesamt befanden sich dort jedenfalls netto 50,28 Gramm Kokain mit einer Wirkstoffmenge von wenigstens 40,6 Gramm KHC, netto 784,85 Gramm Ecstasytabletten mit einer Wirkstoffmenge von wenigstens 142 Gramm MDMA-Base, netto 1.708,46 Gramm Haschisch mit einer Wirkstoffmenge von wenigstens 362 Gramm THC, netto 3.983,46 Gramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von wenigstens 448 Gramm THC und 1.328,27 Gramm Amphetaminpaste mit einer Wirkstoffmenge von wenigstens 233 Gramm Amphetaminbase.
109Bei dieser Wohnung handelte es sich um eine derjenigen Wohnungen, welche durch den Angeklagten L. J. verwaltet wurden. Die Wohnung und die dort aufbewahrten Betäubungsmittel dienten dem gemeinsamen gewinnbringenden Handeltreiben des Angeklagten mit dem Zeugen FP. RI. WJ. GE. und waren von diesen entsprechend eines gemeinsamen Tatplans zuvor dort eingebracht worden. Die Betäubungsmittel wurden vollständig sichergestellt.
110XIV. Der Angeklagte L. J. handelte in sämtlichen Fällen, um sich durch den Verkauf der Betäubungsmittel eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und Gewicht zu verschaffen und damit gewerbsmäßig.
111XV. Die Angeklagten waren bei der Begehung der geschilderten Taten jeweils uneingeschränkt in der Lage, das Unrecht ihres Handelns einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, mithin uneingeschränkt schuldfähig im Sinne der §§ 20, 21 StGB.
112113
C.
114Beweiswürdigung
115I. 1. Der Angeklagte L. J. hat sich am zweiten Hauptverhandlungstag im Wege einer zu Eigen gemachten schriftlichen Verteidigererklärung zu Person und – mit Ausnahme des Anklagevorwurfs zu Fall 2 der Anklage II – zur Sache eingelassen. Auf Nachfrage hat die Verteidigung erklärt, dass weitere Erklärungen im weiteren Fortgang der Hauptverhandlung geplant seien. Am neunten Hauptverhandlungstermin hat er sich sodann entsprechend dieser Ankündigung durch eine weitere zu Eigen gemachte Verteidigererklärung ergänzend zur Sache eingelassen und eine Nachfrage selbst beantwortet. Auf erneute Nachfrage zu Fall 2 hat seine Verteidigung erklärt, dass diesbezüglich keine Erinnerungen mehr vorhanden seien, der Fall werde weiter bestritten. Schließlich hat der Angeklagte noch Nachfragen der Verteidigung des Angeklagten F. J. beantwortet.
116Insgesamt hat er sich dabei geständig im Sinne der unter B. V.-IX. sowie XI.-XII. getroffenen Feststellungen (Fälle 4 bis 8, 10 und 11 der Anklage II) eingelassen. Hinsichtlich der unter B. I., II., IV. und X. getroffenen Feststellungen (Fall Anklage I sowie Fälle 1, 3 und 9 der Anklage II) hat er sich teilgeständig eingelassen. Lediglich hinsichtlich der Fälle 2 und 12 der Anklage II hat er insgesamt bestritten.
1172. Am zweiten Hauptverhandlungstag hat sich zudem der Angeklagte F. J. durch eine zu Eigen gemachte Verteidigererklärung zur Sache eingelassen und im weiteren Verlauf weitere Erklärungen hierzu abgegeben. Zur Person hat er sich am neunten Hauptverhandlungstag selbst eingelassen. Schließlich hat er durch zu Eigen gemachte Verteidigererklärung am zehnten Hauptverhandlungstag seine ursprüngliche Einlassung – ausdrücklich auch klarstellend – ergänzt.
118Insgesamt hat sich der Angeklagte weitgehend geständig im Sinne der unter B. XI. getroffenen Feststellungen (Fall 10 der Anklage II) eingelassen.
1193. Am fünften Hauptverhandlungstag hat sich weiter der Angeklagte I. durch eine zu Eigen gemachte schriftliche Verteidigererklärung zu Person und Sache eingelassen. Im weiteren Verlauf hat er auf Nachfrage über seinen Verteidiger und selbst einzelne weitere Erklärungen abgegeben.
120Der Angeklagte hat sich hinsichtlich der unter B. V. getroffenen Feststellungen (Fall 4 der Anklage II) geständig eingelassen, seine unter B. IV. festgestellte Beteiligung (Fall 3 der Anklage II) indes bestritten.
1214. Auch die Angeklagte M. hat sich am fünften Hauptverhandlungstag durch eine zu Eigen gemachte schriftliche Verteidigererklärung zu Person und Sache eingelassen. Im weiteren Verlauf hat sie dann noch eine ergänzende Erklärung über ihre Erkrankung an Neurodermitis und Krankschreibungen abgegeben.
122Die Angeklagte hat ihre unter B. IV. festgestellte Beteiligung (Fall 3 der Anklage II) bestritten.
1235. Am fünften Hauptverhandlungstag hat sich zudem die vormals Mitangeklagte LP. VK. durch eine zu Eigen gemachte schriftliche Verteidigererklärung zur Sache eingelassen. Das gegen sie gerichtet Verfahren ist aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt worden, ebenso wie das gegen den vormals Mitangeklagten XT. VK., der sich nicht eingelassen hat.
1246. Die Darstellung der Inhalte der jeweiligen Einlassungen erfolgt im Zusammenhang mit der jeweiligen Beweiswürdigung.
125II. Die unter B. I. getroffenen Feststellungen (Anklage I) beruhen auf der teilgeständigen Einlassung des Angeklagten L. J. sowie auf dem weiteren Beweisergebnis.
1261. a) Der Angeklagte L. J. hat sich in der schriftlichen Verteidigererklärung am zweiten Hauptverhandlungstag zunächst dahingehend eingelassen, selbst seit vielen Jahren Drogen zu konsumieren und er wolle auch nicht bestreiten, in der Drogenszene verankert zu sein. Ihm seien zahlreiche Personen geläufig, die in der unterschiedlichsten Art und Weise mit Drogen handeln und dadurch ihren Lebensunterhalt bestreiten. Er selbst habe in der Vergangenheit allerdings um diese Art von Geschäften bis auf vereinzelte überschaubare Fälle einen großen Bogen gemacht. Die Situation nach dem Ausstieg aus dem Projekt der Shishabar in Z. K. habe jedoch dazu geführt, dass er mehrfach den sich bietenden Gelegenheiten erlegen sei, und sich durch den Handel mit Marihuana einen Nebenverdienst verschafft habe.
127Maßgeblicher Anlass hierfür sei seine Bekanntschaft mit einem marokkanischen Staatsbürger namens GW. gewesen, der in den Niederlanden lebe. Kennengelernt habe er diesen GW. noch in der Shishabar in Z. K., da GW., ein guter Bekannter des Mitbetreibers, dort häufiger als Gast aufgetaucht sei. Aufgrund der wahrnehmbaren Umstände habe er, der Angeklagte, schon damals keine Zweifel gehabt, dass GW. regelmäßig an dieser Örtlichkeit seine BtM-Geschäfte abgewickelt habe. Zwar habe er keine Mengen gesehen, aber insbesondere von anderen Personen über vergleichbare Gespräche gehört.
128Es sei im Übrigen dieser GW. gewesen, der der Lieferant des Marihuanas gewesen sei, das ein ständiger Gast in dieser Shishabar, den er nur als „BL.“ (gemeint ist der Zeuge UM., Anm. der Kammer) gekannt habe, letztlich über die Grenze habe transportieren sollen. Dieser BL. habe ihn und andere gedrängt, man möge ihn diesem GW. als Kurier vermitteln, damit er auch etwas Geld verdiene. Er, der Angeklagte, habe seinerzeit nicht ausreichende Kontakte zu GW. gehabt und habe dies selbstverständlich abgelehnt. Aus den Akten wisse er allerdings, dass BL. dann tatsächlich – offensichtlich auch über Vermittlung einer dritten Person aus der Shishabar – nach Holland gefahren sei, um bestimmte Mengen zu transportieren. Dabei sei er offensichtlich an der Grenze festgenommen worden. Details über diese Fahrt kenne er allerdings nicht.
129b) Im weiteren Fortgang der Hauptverhandlung hat der Angeklagte dann mit der zu Eigen gemachten schriftlichen Verteidigererklärung vom neunten Hauptverhandlungstag erklärt, dass er dem JW. (gemeint ist der Zeuge UM., Anm. der Kammer) das Angebot weitervermittelt habe, Betäubungsmittel zu fahren. Dieser habe ihn zuvor über Wochen hinweg immer gefragt, ob er mal so eine Fahrt machen könne. Kurz vor der Fahrt habe er ihn immer intensiver gedrängt, weil seine Freundin Geburtstag gehabt habe und er ihr ein Geschenk habe machen wollen. Für ihn, den Angeklagten, sei der JW. als Fahrer nicht in Betracht gekommen. Er habe daher bei einer Anfrage des GW. an ihn gedacht und ihm die Fahrt des GW. „weitervermittelt“. Da er unter keinen Umständen gewollt habe, dass der JW. in seiner Unerfahrenheit mit dem GW. Kontakt habe, habe er zwischen den beiden den Mittelsmann gespielt. Daher habe der JW. immer wieder ihn angeschrieben und mit ihm telefoniert. Das sei aber nicht sein Geschäft gewesen und er habe auch nicht gewusst, was genau der habe transportieren sollen. Er habe von GW. dafür nichts erhalten und habe das auch nicht gesollt.
130Auf Vorhalt, dass nach Angaben des Zeugen UM. diesem die 50 Gramm Kokain ausdrücklich „für den L.“ übergeben worden seien, hat der Angeklagte selbst erklärt, keine Ahnung zu haben, worum es sich da gehandelt habe.
1312. Die Feststellungen über die vom Zeugen UM. am 03.05.2019 transportierten Betäubungsmittel beruhen zunächst auf der Strafanzeige vom 03.05.2019, dem Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokoll vom selben Tag, dem Spurensicherungsbericht vom 07.05.2019 und dem Gutachten des LKA NRW vom 17.06.2019, woraus sich insgesamt ergibt, dass der Zeuge mit netto 5.729,3 Gramm Marihuana in drei schwarzen Beuteln innerhalb einer schwarzen Sporttasche im Kofferraum sowie netto 50,21 Gramm Kokain in der Griptüte in seinem Rucksack auf dem Beifahrersitz aus den Niederlanden kommend auf der A52 in der Höhe von FV. angehalten wurde.
1323. Die Kammer ist weiter davon überzeugt, dass der Zeuge UM. diesen Transport auf Anfrage und Anweisung des Angeklagten L. J. durchgeführt hatte. Diese Feststellungen beruhen zunächst auf dem diesbezüglichen Teilgeständnis des Angeklagten, der die Beauftragung des Zeugen nach anfänglich anderslautender Einlassung letztlich eingeräumt hat.
133Die Überzeugung der Kammer beruht im Übrigen auf der glaubhaften Zeugenaussage des Zeugen UM., der seine Beauftragung durch den Angeklagten ebenso detailliert dargestellt hat wie den Ablauf der Durchführung nebst Einreise in die Niederlande, den Kontakt mit den dortigen Personen, die ihm die Betäubungsmittel übergeben haben, die von den dortigen Personen angegebene Zielbestimmung der Betäubungsmittel und seine Rückreise nach Deutschland nebst Festnahme durch die Ermittlungsbehörden.
134a) Der Zeuge hat in der Hauptverhandlung zunächst knapp geschildert, dass er aus den Niederlanden kommend mit Betäubungsmitteln im Auto auf dem Weg nach ET. festgenommen worden sei. Er habe eine Adresse bekommen, an der er das hätte abgeben sollen. Im Kofferraum hätten sich ungefähr fünf Kilo Marihuana befunden. Zudem habe er einen durchsichtigen Beutel transportiert, die die Person in Holland, nachdem dieser die Tasche in den Kofferraum gestellt habe, durch das Beifahrerfenster ins Auto gereicht habe. Später habe sich herausgestellt, dass es sich um Kokain gehandelt habe.
135Befragt zur Vorgeschichte hat er sodann angegeben, den L. kennengelernt zu haben. Dabei hat er auf den Angeklagten L. J. gezeigt. Er hat dann weiter ausgeführt, den L. in einer Bar in der Nähe seines Wohnortes kennengelernt zu haben, dass sei Z. K. gewesen. Er habe dann auch gesehen, dass L. mit größeren Mengen Geld unterwegs gewesen sei und habe dabei schon an Drogengeschäfte gedacht. Er habe ihn dann immer mal wieder über einen Zeitraum von mehreren Wochen gefragt, ob er etwas für ihn machen könne, da er in seinem Job als Pizza-Ausfahrer nicht besonders viel verdient habe.
136Weiter hat er ausgeführt, an dem Tag der Festnahme eine Matheprüfung gehabt zu haben, danach habe er eine Nachricht von L. gesehen, ob er Zeit habe, für ihn etwas zu machen. Das sei nicht die erste Fahrt gewesen, die er für L. gemacht habe, sondern die zweite. Die erste sei ein paar Wochen oder Monate vorher gewesen, vielleicht ein bis zwei Monate, genau wisse er das nicht mehr, diese sei ähnlich abgelaufen. Wenn im Protokoll seiner Beschuldigtenvernehmung vom 03.05.2019 als Datum der 08.04.2019 festgehalten sei, werde dies so gewesen sein. L. habe gesagt er habe da vielleicht etwas Kleines für ihn, was er machen könne. Er sei dabei mit dem Auto von L. gefahren, einem BMW X5. Er sei nach Holland gefahren, wohin genau wisse er nicht mehr. Dort habe sich eine andere Person befunden, als die, die er beim zweiten Mal getroffen habe. Man habe ihm da ein paar Flaschen in den Kofferraum gelegt, dass seien Plastikflasche mit durchsichtiger Flüssigkeit gewesen, 1,5 l oder 1 l Flaschen. Die Anzahl wisse er nicht mehr. Die habe er L. in seinen Kiosk nach UV. gebracht und dann Geld dafür erhalten, ein paar hundert EURO. Er wisse nicht, was er transportiert habe, er habe L. gefragt, der habe aber nur gesagt, dass damit etwas verarbeitet werde. Er kenne sich mit Drogen nicht gut aus. Mit L. habe er über WhatsApp oder Handy kommuniziert, gelegentlich habe man auch abgesehen von den Fahrten kommuniziert, man sei befreundet gewesen. Wenn er bei der Polizei damals noch von einer Entlohnung von 150 EURO für die erste Fahrt gesprochen habe, dann sei das sicher richtig, seine Erinnerung sei damals besser gewesen. Jedenfalls habe er bei der Polizei die Wahrheit gesagt.
137Befragt zur Fahrt an dem Festnahmetag hat er erneut ausgeführt, dass er vormittags eine Mathe-Prüfung gehabt habe, als er danach sein Handy angemacht habe, habe er gesehen, dass L. ihm geschrieben habe, ob er Zeit habe. Damals habe er das Auto seines Vaters zur Verfügung gehabt. Er habe zunächst eine Mitschülerin nach Hause gefahren, es könne sein nach LX.. Zeitlich müsste dies etwa gegen Mittag des Tages gewesen sein. Dann sei er nach NJ. gefahren, die Adresse habe ihm L. genannt. Er wisse die Adresse heute nicht mehr, die habe die Polizei aber bei der Vernehmung aus seinem Handy abgeschrieben. Er sei alleine gefahren, die Fahrt habe ungefähr eine Stunde gedauert. Nachdem er angekommen sei, habe er dem L. Bescheid gesagt, der ihn angewiesen habe, kurz zu warten. Dann sei eine Person aus einem Haus gekommen, wieder ins Haus gegangen und wieder herausgekommen. Die Person habe ihn dann aufgefordert, den Kofferraum zu öffnen. Dieser habe ihm dann etwas in den Kofferraum hineingetan, die Tasche mit Marihuana, wie sich später herausgestellt habe. Die Person habe noch gesagt, L. werde ihm sagen, wohin es weitergehen solle. L. habe nur die Adresse zugeschickt, die irgendwo in ET. gewesen sein müsste. Auf dem Weg sei er dann auf der Autobahn angehalten worden.
138Auf Frage, ob sich tatsächlich alles an einer Anschrift abgespielt habe, hat der Zeuge bekundet, nein tatsächlich nicht. Er sei zuerst zu einem Wohnhaus gefahren. Die Person habe ihm dann bedeutet, ihm zu folgen und er sei ihm hinterher in eine Art Industriegebiet gefahren. Dort habe die Person ihm die Tasche in den Kofferraum gelegt. Es habe sich um eine recht große schwarze Tasche gehandelt.
139Auf das Stichwort „Beifahrerfenster“ hat er angegeben, die Person habe ihm noch etwas gegeben, was er habe mitnehmen sollen und habe es in den Rucksack gesteckt, den er auf dem Beifahrersitz stehen gehabt habe. Das habe er L. selbst geben und nicht an den Zielort der schwarzen Tasche bringen sollen. Auf Vorhalt hat er bestätigt, dass die Person „XK.“ geheißen habe, den Namen habe er vergessen gehabt.
140Der Zeuge hat weiter bekundet, L. habe ihm dann die Zieladresse genannt. Auf Vorhalt seiner abweichenden Angabe in der Beschuldigtenvernehmung, XK. habe diese genannt, hat er angegeben, dann werde es so gewesen sein und L. habe ihm die Adresse lediglich auf der Hinfahrt genannt. XK. habe dann noch gesagt, er fahre noch ein Stück hinter ihm her, oder vor ihm, da sei er nicht sicher. Gesehen habe er ihn aber nicht auf der Fahrt.
141Der Zeuge UM. hat ferner das Anhalten und die Festnahme durch die Polizei geschildert und dass er L. geschrieben habe, als er die Polizei bemerkt habe. Er meine, dieser habe auch angerufen, sei sich aber nicht mehr sicher. Er habe sehr viel Angst gehabt, wie es weitergehen würde. Im Folgenden hat er die Vernehmung durch die Polizei, die Verkündung des Haftbefehls und seine Entlassung ebenso geschildert wie die Hauptverhandlung und seine Verurteilung. Man habe ihm die Bedeutung des § 31 BtMG erklärt, Zusagen seien ihm aber nicht gemacht worden, die Polizeibeamten hätten ihm erklärt, es bestehe praktisch keine Aussicht, dass er nicht in Untersuchungshaft gehen müsse und er habe auch in der Hauptverhandlung noch Sorge gehabt, ins Gefängnis zu müssen.
142Darüber hinaus hat er auf Frage angegeben, sich später noch einmal mit L. getroffen zu haben. Er habe ihn nach seiner Verhandlung angeschrieben und man habe sich in einer Bar getroffen. L. habe sich bei ihm entschuldigt, weil er ihn benutzt habe dafür und angeboten, die Geldstrafe zu bezahlen, was er abgelehnt habe, da sein Vater ihm geholfen habe. Man habe sich versichert, dass kein böses Blut zwischen ihnen sei und sie hätten sich jeweils entschuldigt, er dafür, dass er L. mit seiner Aussage Probleme bereitet habe.
143Davon abgesehen hat er berichtet, sich mit L. immer gut verstanden zu haben, deswegen habe er auch so oft die Shisha-Bar aufgesucht, er sei sehr nett gewesen und er habe diesen als sehr großzügigen Menschen kennengelernt. Angesprochen auf Alkohol und Drogenkonsum von L. hat er angegeben, dies nie gesehen zu haben und es sei auch niemals Thema gewesen.
144Befragt zu der Vergütung für die Fahrt, bei der er festgenommen worden sei, hat er bekundet, er könne sich nicht genau erinnern, er meine, L. habe ihm gesagt, er werde mehr als 150 EURO bekommen, vielleicht 400-500 EURO, da er dieses Mal seinen eigenen Pkw benutzt habe. Über die Spritkosten hätten sie, so glaube er jedenfalls, nicht geredet.
145Auf Vorhalt des Protokolls seiner Beschuldigtenvernehmung vom 03.05.2019 hat er sodann zunächst das Kennenlernen des L. und den Ablauf an dem Festnahmetag mit der Matheprüfung geschildert. Auf Vorhalt hat er insbesondere auch den in der Beschuldigtenvernehmung festgehaltenen Ablauf bei dem Treffen in NJ. bestätigt, mit dem Treffen, dem Wegfahren von XK., der Wiederkehr und der anschließenden Hinterherfahrt ins Industriegebiet. Er hat weiter angegeben, dass er keine Erinnerung daran habe, dass XK. von einer weiteren Person begleitet worden sei. Auch wisse er nicht mehr, dass L. ihm, wie im Protokoll festgehalten, gesagt habe, dass er mit Drogen handele, er wisse aber noch, dass er mehr als einmal größere Mengen an Bargeld bei ihm gesehen habe und dass er ihm eine Erklärung dafür gegeben habe; zudem sei die Shisha-Bar nicht gut gelaufen, sodass das Geld nicht daher habe stammen können.
146Auf Nachfrage hat er schließlich angegeben, nicht mehr zu wissen, wer erstmals den Nachnamen J. des L. genannt habe, ob bereits die ihn vernehmenden Polizeibeamten oder der EA., der ihm den Haftbefehl verkündet habe.
147b) Die Aussage ist glaubhaft. Der Zeuge hat eine Fülle von Details und auch Komplikationen im Ablauf geschildert, die nicht erforderlich gewesen und bei einer erfundenen Geschichte nicht zu erwarten wären. Dies gilt insbesondere für die in der Beschuldigtenvernehmung ausführlich geschilderten und in der Hauptverhandlung auf Vorhalt bestätigten Vorgänge in NJ., das Wegfahren von XK., seine Wiederkehr, das erneute Wegfahren und das Hinterherfahrt ins Industriegebiet. Dabei ist durchgehend zu beobachten gewesen, dass der Zeuge von sich aus nur noch teilweise eine gute Erinnerung an das, auch nahezu vier Jahre zurückliegende, Geschehen gehabt hat, sich auf konkrete Frage oder Vorhalt dann aber doch weitgehend auch an andere Aspekte hat erinnern können. Gedächtnispsychologisch ist dies durch den Zeitablauf ohne weiteres erklärbar. Das gilt auch für den Umstand, dass er sich in der Hauptverhandlung nicht daran hat erinnern können, dass XK. in Begleitung einer zweiten Person erschienen war, wenngleich er betont hat, bei der polizeilichen Vernehmung die Wahrheit gesagt zu haben. Offensichtlich hatte diese Person für ihn keine große Rolle gespielt, was sich schon in der wiedergegebenen, eher farblosen Personenbeschreibung widerspiegelt. Es ist von daher nicht verwunderlich und nicht gegen die Glaubhaftigkeit seiner Aussage sprechend, dass diese Person bereits in der gegen den Zeugen gerichteten Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht keine Rolle mehr gespielt hat und er sich an sie im Rahmen der Zeugenvernehmung vor der Kammer nicht mehr erinnert hat. Die Feststellungen zu den Angaben des Zeugen in seinen früheren Aussagen gehen dabei zurück auf die Protokolle dieser Vernehmungen und die glaubhaften Aussagen der jeweiligen Vernehmungsbeamten, die von Ablauf und Inhalt der jeweiligen Vernehmungen berichtet haben.
148Detailliert sind ferner auch die Angaben des Zeugen dazu, wie er L. kennengelernt hat und wie es zu der ersten Fahrt einige Wochen bis Monate vor der Fahrt am Festnahmetag gekommen ist. Ohne weiteres durch den Zeitablauf erklärlich ist dabei, dass er das genaue Datum dieser ersten Fahrt, die er im Übrigen detailliert und konstant geschildert hat, nicht mehr hat erinnern können. Dasselbe gilt für das Detail, ob L. ihm ausdrücklich gesagt habe, dass er mit Drogen handele, oder ob er, der Zeuge, sich dies aus den Gesamtumständen erschlossen habe, wobei er noch erinnert hat, mehrfach größere Bargeldbeträge bei dem Angeklagten gesehen und geschlossen zu haben, dass diese nicht aus dem Betrieb der nicht gut gehenden Shisha-Bar stammen könnten.
149Eine überschießende Belastungstendenz ist in den Angaben des Zeugen nicht zutage getreten, er hat im Gegenteil betont, dass er zu L. immer ein gutes Verhältnis gehabt habe und hat auch das Treffen nach der gegen ihn gerichteten Hauptverhandlung geschildert, dass aus seiner Sicht gut und harmonisch verlaufen ist. Die Schilderung, dass der Angeklagte sich bei ihm entschuldigt habe, weil er ihn beauftragt habe, ist zudem recht originell. Zudem hat er auch deutlich dargestellt, dass er sich in den Wochen vor seiner ersten Beauftragung durch den Angeklagten selbst wiederholt bei ihm angeboten habe, einen Auftrag im Zusammenhang mit den Betäubungsmittelgeschäften des Angeklagten übernehmen zu können. Er hat dabei sogar erläutert, dass er das Gefühl gehabt habe, dass der Angeklagte wenig Lust gehabt habe, ihm einen solchen Auftrag zu übertragen; das Interesse sei klar von ihm selbst ausgegangen.
150Die Kammer hat auch die Möglichkeit in den Blick genommen, dass der Zeuge den Angeklagten zu Unrecht belastet haben könnte, insbesondere auch bezüglich der 50 Gramm Kokain, um in den Genuss der Strafmilderung nach § 31 BtMG zu kommen, kann dies indes ausschließen. Dagegen spricht, dass der Zeuge glaubhaft bekundet hat, man habe ihm keinerlei Zusagen gemacht, im Gegenteil hätten ihm die Polizeibeamten deutlich zu verstehen gegeben, dass er ihrer Erfahrung nach auch mit entsprechenden Angaben zu Hinterleuten in Untersuchungshaft gehen würde. Der als Haftrichter tätige Zeuge Richter am Amtsgericht GY. hat ferner glaubhaft angegeben, dass es keinerlei Absprachen mit dem Zeugen oder dessen Verteidiger gegeben habe. Er hat auch bekundet, dass seine Entscheidung, den Haftbefehl gegen den Zeugen außer Vollzug zu setzen, im Kollegenkreis am Amtsgericht für Aufsehen gesorgt und Gesprächsstoff gewesen sei, weil bei Kurieren, die Drogen in dieser Größenordnung transportieren, eine Verschonung beim Amtsgericht Krefeld üblicherweise nicht erfolge. Er habe diese aber wegen der Unbestraftheit des Zeugen, seiner persönlichen Situation und seiner umfassenden Angaben für richtig erachtet. Der Zeuge Richter am Amtsgericht Dr. JQ., der die Hauptverhandlung gegen den Zeuge geführt hat, hat angegeben, es habe im Vorfeld der Hauptverhandlung keine Absprachen mit dem Verteidiger oder dem Zeugen über das Strafmaß gegeben, was sich dazu fügt, dass der Zeuge UM. bekundet hat, er habe bis zur Urteilsverkündung nicht gewusst, wie die Strafe ausfallen werde.
151Speziell in Bezug auf das transportierte Kokain spricht gegen eine Falschbelastung des Angeklagten seitens des Zeugen auch der Gesichtspunkt, dass auch dem Zeugen klar gewesen sein muss, dass er zum einen die Voraussetzungen des § 31 BtMG bereits mit den bisherigen Angaben zu den Hinterleuten seiner Fahrt erfüllt hatte und zum anderen durch die Benennung eines anderen Adressaten für das Kokain eine noch darüberhinausgehende Aufklärungshilfe erfolgt wäre. Für die Hypothese, die 50 Gramm Kokain seien in Wahrheit für den Zeugen selbst bestimmt gewesen, gibt es aus dem Vorleben des bis dato ausweislich des Urteils des Amtsgerichts Krefeld vom 04.11.2019 nicht vorbestraften Zeugen keinerlei Anhaltspunkte.
152Die Angaben des Zeugen sind ferner auch konstant. So stimmen sie im Wesentlichen überein mit den Angaben in der Beschuldigtenvernehmung vom 03.05.2019, seinem anschließenden Haftprüfungstermins vom 04.05.2019 und seiner eigenen Hauptverhandlung vom 04.11.2019. Die dazu getroffenen Feststellungen gehen zurück auf die auf die Protokolle der Beschuldigtenvernehmung, der Haftprüfung und des Hauptverhandlungstermins am 04.11.2019, sofern die letzten beiden Angaben des Zeugen UM. enthielten, sowie glaubhaften Angaben der Zeugen KOKin JF. und KOK IF. JB. (Beschuldigtenvernehmung), des Zeugen RiAG GY. (Haftprüfung) und des Zeugen RiAG Dr. JQ. (Hauptverhandlung). Vorhandene Inkonstanzen sind – wie dargelegt – ohne weiteres gedächtnispsychologisch erklärbar.
153c) Danach liegen genug Glaubhaftigkeitskriterien vor, um eine intentionale Falschaussage sicher ausschließen zu können. Zudem hat der Angeklagte L. J. eine Beteiligung an dieser Fahrt nach anfänglichem Bestreiten auch eingeräumt und die Angaben des Zeugen damit insoweit bestätigt. Für eine non-intentionale Falschaussage etwa in Form der Suggestion oder der Projektion gibt es keine Anhaltspunkt. Gegen eine Suggestion sprechen vielmehr die bereits unmittelbar nach der Festnahem in der Beschuldigtenvernehmung gemachten, den Angeklagten belastenden Angaben, die konstant durch alle Aussagestadien wiederholt worden sind. KHK IF. JB. und KOKin JF. haben zudem angegeben, dass ihnen der Name L. J. – oder die Familie J. überhaupt – bis zu dieser Vernehmung unbekannt gewesen sei und sie den vollständigen Nachnamen erst hätten ermitteln müssen.
1544. a) Hinsichtlich des transportierten Marihuanas geht die Kammer danach entsprechend der letzten Einlassung des Angeklagten davon aus, dass der Zeuge UM. dieses tatsächlich von NJ. aus für den Zeugen VV. und dessen Handeltreiben nach ET. transportieren sollte. Hierfür spricht insbesondere die Aussage des Zeugen UM., dass ihm zwar vom Angeklagten angekündigt worden sei, dass er ihm die genaue Adresse mitteile, er jedoch dann die Zieladresse „KF.-straße 12 in ET.“ von der Person vor Ort erhalten habe. Hierfür spricht auch die Aussage des Zeugen OH., der angegeben hat, dass er als gemeinsamer Bekannter des Zeugen UM. und des Angeklagten L. J. erst im Nachhinein von der Fahrt des UM. erfahren habe und der Angeklagte ihm einmal gesagt habe, dass dieser damals eigentlich für einen anderen gefahren sei.
155Dass es sich bei der vom Angeklagten L. J. regelmäßig als „GW.“ bezeichneten Person um den Zeugen VV. handelt, ergibt sich daraus, dass es sich um dessen Vornamen handelt und der Wohnort des Zeugen in NJ. gelegen ist. Ausweislich des Vermerks vom 14.06.2022 wurde bei der Durchsuchung der Wohnung der Angeklagten L. J. und M. am 16.12.2021 auch unter anderem ein Mobiltelefon iPhone SE sichergestellt, auf dem aus einem Chatkontakt ein Foto des Führerscheins des Zeugen VV. nebst vollem Namen und Wohnort in NJ. übersandt wurde und regelmäßige Treffen zwischen dem Nutzer und dem Chatpartner „JJ.“ nachvollzogen werden können. Dass es sich bei dem iPhone SE um ein Mobiltelefon des Angeklagten handelt, ergibt sich daraus, dass ausweislich des Auswertungsvermerks vom 18.05.2022 bezüglich der in der Wohnung der Angeklagten M. und L. J. gefundenen Datenträger dort zum einen zwei Mobiltelefone der Firma Apple mit den Gerätenamen „XC.’s IPhone“ (IPhone 7) bzw. „iPhone von XC.“ (iPhone 11 Pro) gefunden sowie ein weiteres mit dem Gerätenamen „iPhone von JS.“ und der Apple-ID „entfernt.com“, wobei erkennbar die mit XC. bezeichneten Mobiltelefone den Vornamen der Angeklagten M. tragen. Dass es sich bei dem weiteren iPhone um eines des Angeklagten handelt fügt sich dabei dazu, dass er der weitere Bewohner dieser Wohnung war, der Name „JS.“ im Zusammenhang mit dem Nachnamen „S.“ sogar in einer Emailadresse Niederschlag gefunden hat und der Nutzer dieses Mobiltelefons schließlich ausweislich des weiteren Auswertevermerks vom 14.06.2022 in den untersuchten Chats auch mehrheitlich mit „L.“ angesprochen, während die dort verwendete Mobilfunknummer bei einem der Mobiltelefone der Angeklagten M. mit „L. neu“ gespeichert ist.
156b) Darüber hinaus ist die Kammer – entgegen der Einlassung des Angeklagten L. J. – jedoch auch davon überzeugt, dass das ebenfalls vom Zeugen UM. transportierte Kokain dem Handeltreiben des Angeklagten diente und in dessen Kenntnis zu ihm übermittelt werden sollte.
157Insofern hat der Zeuge UM. insgesamt konstant sowohl in seiner polizeilichen Vernehmung als auch in der Hauptverhandlung eindeutig erklärt, dass von der Person in den Niederlanden zwischen dem Ziel des im Kofferraums eingebrachten Marihuanas und der danach über das Beifahrerfenster in seinen Rucksack verbrachten Menge Kokain differenziert worden sei. Insofern sei ihm ausdrücklich aufgegeben worden, letzteres dem „L.“ persönlich zu übergeben. Aufgrund der äußeren Umstände erscheint es der Kammer dabei auch fernliegend, dass sich der Zeuge diesbezüglich geirrt haben könnte. Eine abweichende Zielbestimmung für das Kokain neben dem Zielort der weiteren Betäubungsmittel hätte der Zeuge insofern sicher erinnert. Für eine bewusste Falschaussage insoweit gibt es – wie dargestellt – keine Anhaltspunkte. Letztlich stand er hinsichtlich der Fahrt – wie dargestellt – unmittelbar lediglich in Kontakt mit dem Angeklagten L. J., welcher wiederum in Kontakt mit dem Zeugen VV. in NJ. stand und den UM. dorthin entsandt hatte. Dass das Kokain an diesen Auftraggeber überbracht werden sollte, fügt sich auch zu dem Umstand, dass die Person in den Niederlanden dieses in den Rucksack des Zeugen, also dessen persönliches Gepäck, verbracht hat. Damit waren Vorkehrungen getroffen, dass der Zeuge das Kokain nicht irrtümlich ebenfalls in ET. abliefern würde, sondern es erst bei Beendigung seiner Fahrt abgeben würde; eben an seinen Auftraggeber.
158Darüber hinaus ist aufgrund der Kommunikationsbeziehungen sicher davon auszugehen, dass auch mit dem Angeklagten besprochen war, dass ihm selbst die nicht unerhebliche Menge an Kokain auf diesem Wege übermittelt werden würde. Denn dieses verfügte auf der einen Seite bereits über einen Verkehrswert von einigen tausend EURO, während der Zeuge VV. den UM. auf der anderen Seite nicht gut kannte, um ihm einen solchen Wert ohne vorherige Kommunikation mit dem Adressaten mitzugeben. Dieser Teil seiner letzten Version der Einlassung, die ohnehin nur im Wege einer Verteidigererklärung erfolgt ist, ist danach unglaubhaft.
159Die Kammer ist insofern weiter auch davon überzeugt, dass das Kokain dem Handeltreiben des Angeklagten L. J. diente, da es sich um eine sehr erhebliche Menge handelte, während der Angeklagte – selbst nach seinen noch zu diskutierenden Angaben zu einem Betäubungsmittelkonsum – jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nicht in erheblichem Maße Kokain konsumierte. Dass der Angeklagte – entgegen seiner Einlassung – von dem Zeugen VV. auch nicht nur mit Marihuana, sondern auch etwa mit Amphetaminöl beliefert wurde, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer ebenfalls aus der konstanten Schilderung des Zeugen UM. zur ersten Fahrt im Auftrag des Angeklagten Anfang April 2019. Hierzu hat er detailliert nicht nur beschrieben, dass er etwa ein Transportfahrzeug bei der Mutter des Angeklagten abgeholt hatte, sondern auch, dass er letztlich drei Pepsi Flaschen mit einem oder anderthalb Liter Fassungsvermögen mit einer durchsichtigen Flüssigkeit aus den Niederlanden zum Angeklagten nach UV. transportiert habe. Weiter habe er auf Nachfrage zu dem Inhalt der Flaschen von dem Angeklagten die Antwort erhalten, dass man damit etwas verarbeite und man vermutlich sterbe, wenn man einen Schluck davon nehme. Die Kammer hat insofern keinen Zweifel daran, dass es sich dabei um Amphetaminöl handelt, aus welchem Amphetaminpaste hergestellt werden kann. Hierzu fügt sich, dass u.a. in der Wohnung des Bruders des Angeklagten F. J. in der R.-straße 143 am 16.12.2021 – diesbezüglich der Angeklagte die Zuordnung der Betäubungsmittel zu seiner Person eingeräumt hat – sowohl Amphetaminpaste als auch Schwefelsäure, Koffein und ein Mixer mit Anhaftungen gefunden wurden. Zudem wurde ausweislich des Durchsuchungsberichts der, von dem Angeklagten nach seiner Einlassung aufgebauten indes nicht eröffneten, Shishabar „X.“ vom 16.12.2021 in den Räumlichkeiten der vom Angeklagten geplanten Shishabar ein Rezept zur Herstellung von Amphetamin gefunden. Ferner ist in dem bereits angesprochenen Vermerk vom 14.06.2022 über die Auswertung eines in der Wohnung des Angeklagten L. J. gefundenen und ihm zurechenbaren Mobiltelefons eine Kommunikation zwischen dem Angeklagten L. J. und dem Zeugen VV. (Chatname JJ.) wiedergegeben, in dem VV. seine Adresse wie folgt übermittelt: „RF.-straße 17“, also abgesehen von der Hausnummer genau die Adresse, zu der der Zeuge UM. bei dieser ersten Kurierfahrt geschickt worden war.
1605. Die Feststellungen zu Nettomenge und Wirkstoffgehalt der beim Zeugen UM. sichergestellten Betäubungsmittel in Form von Marihuana und Kokain beruhen auf dem Gutachten des LKA NRW vom 17.06.2019. Die Feststellungen zu den Auffindeorten des Marihuanas und des Kokains im von dem Zeugen geführten Wagen am 03.05.2019 gehen zurück auf die entsprechende Strafanzeige vom 03.05.2019 und das am selben Tag gefertigte Durchsuchungs-/Sicherstellungsprotokoll.
161III. Die unter B. II. getroffenen Feststellungen (Fall 1 der Anklage II) beruhen auf der teilgeständigen Einlassung des Angeklagten L. J. sowie dem weiteren Beweisergebnis.
1621. a) Mit seiner zu Eigen gemachten schriftlichen Verteidigererklärung vom zweiten Hauptverhandlungstag hat der Angeklagte L. J. zunächst erklärt, dass es sich bei seinem Bekannten PU. LM.-OV. KH. um denjenigen handle, der in Fall 1 eine wesentliche Rolle zu spielen scheine. In diesem Fall werde von der Staatsanwaltschaft behauptet, dass er, der Angeklagte, in die Bestellung großer Mengen Marihuana verwickelt sein solle. Dies sei schlicht falsch. Marihuana – erst recht nicht 80 kg Marihuana – habe er in diesem Zusammenhang niemals erhalten oder bestellt. Tatsächlich habe er nichts erhalten, da das Geschäft – so interpretiere er die Aktenlage – ganz offensichtlich gar nicht stattgefunden habe. Der anderweitig verfolgte Herr TH., ebenfalls ein entfernter Bekannter, habe dies seines Wissens auch so dargestellt. Er selbst habe auch nicht in irgendeiner Form über die Lieferung einer solchen Menge ernsthaft korrespondiert. Für den Absatz einer solchen Menge habe er nicht im Entferntesten die entsprechenden Kapazitäten gehabt. Aus seiner Sicht erscheine es lediglich interessant, dass in diesem Zusammenhang die Staatsanwaltschaft als Anlieferungsort der 80 kg Marihuana eine Werkstatt in XV. anführte. Ganz offensichtlich handle es sich um die Werkstatt seines Bekannten PU.. Dass dieser gelegentlich mit Drogen handle, sei ihm – auch damals – geläufig gewesen. Nichts wisse er allerdings darüber, dass PU. in die Anlieferung der angeblichen 80 kg – und sei es nur in der Vorfelddiskussion – involviert gewesen sein solle.
163b) Im weiteren Verlauf hat er am neunten Hauptverhandlungstag mit der weiteren zu Eigen gemachten schriftlichen Verteidigererklärung sodann erklärt, seine Einlassung wie folgt ergänzen zu wollen. Es sei richtig, dass die Chats mit ihm geführt worden seien. Hintergrund sei gewesen, dass ein Junge ihn gefragt habe, wo man eine größere Menge Betäubungsmittel „parken“ könne, wenn diese nach Deutschland komme. Er habe die Werkstatt vom PU. gekannt, daher habe er diese vorgeschlagen. Mit dem Geschäft selbst habe er nichts zu tun gehabt, und er habe auch kein Geld dafür erhalten. Er habe ein paar Mal nachgefragt, weil er von anderen Personen ständig gefragt worden sei, ob das klappe, wann das komme, wie viel komme und so weiter. Soweit er es verstanden habe, sei auch nichts geliefert worden. Ob HQ. HW. was bekommen habe und wenn ja was, wisse er nicht.
1642. Die Kammer ist zunächst entsprechend der zuletzt abgegebenen Einlassung des Angeklagten davon überzeugt, dass der Angeklagte L. J. die Dienste des Anbieters verschlüsselter Kommunikation SkyECC nutzte und ihm dabei die Nutzerkennung „N01“ zugeordnet war.
165Während er die Kennung selbst in seiner Einlassung nicht erwähnt, hat er indes mit seiner späteren Erklärung auf die Chat-Kommunikation Bezug genommen, die unter dieser Kennung mit den weiteren Nutzern „N02“ und „N03“ in einem Gruppenchat erfolgt ist und in der Hauptverhandlung – nebst Inaugenscheinnahme der dort enthaltenen Sprachnachrichten und Lichtbildern – thematisiert worden war. Diese Zuordnung seiner Person zur Kennung „N01“ wird zudem u.a. bestätigt durch die im Identifizierungsvermerk vom 11.03.2022 dargelegten Hinweise. Insbesondere wird der Nutzer der Kennung mehrfach mit dem Namen „L.“, dem Vornamen des Angeklagten, angesprochen. Zudem hatte der Nutzer in einem Chat am 08.07.2020 u.a. den Nutzer „N02“ gefragt, wie das Wetter aussehe und auf die entsprechende Rückfrage ein Lichtbild versandt, welches den Ausblick auf den Hinterhof eines Grundstücks zeigt. Dieser Hinterhof wiederum ist ausweislich des Identifizierungsvermerks mit per Drohne aufgenommener Lichtbilder der Adresse R.-straße 143 – also dem Wohnort der Familie des Angeklagten und des Mitangeklagten F. J. – ebenfalls zu erkennen.
166Dass es sich bei den Nutzern der Kennung „N02“ um den Zeugen L. TH. und bei dem Nutzer der Kennung „N03“ um den Zeugen TN. HW. handelt, ergibt sich zunächst ausweislich des auszugsweise verlesenen Urteils des Landgerichts Köln vom 30.09.2022 (Az. 323 KLs 9/22) daraus, dass diese in dem gegen sie geführten Verfahren die Nutzung dieser jeweiligen SkyECC-Kennung in diesem Fall und auch in weiteren Fällen eingeräumt haben. Diese Zuordnung betreffend seiner eigenen Person hat der Zeuge HW. auch in der hiesigen Hauptverhandlung als Zeuge erneut bestätigt. Schließlich handelt es sich bei den Zeugen TH. und HW. um diejenigen Personen, die der Angeklagte im Zusammenhang mit dem Tatvorwurf – neben dem Zeugen KH. – in Verbindung mit der Tat benennt.
1673. a) Die Kammer ist weiter davon überzeugt, dass der Zeuge TH. konkret plante, aus Spanien einen LKW mit mindestens 80 Kilogramm Marihuana der Sorte „Haze“ in die Gegend von LX. zu senden und diesen in einer Halle in XV. entladen zu lassen.
168Dies hatte der Zeuge TH., ausweislich des Urteils des Landgerichts vom 30.09.2022 (Az. 323 KLs 9/22) auch eingeräumt, indes dargestellt, dass es nach Ankündigung zur Lieferung jedoch nicht gekommen sei. Er selbst sei letztlich vertröstet worden, bis die Lieferung erst am 19.08.2020 in einer Menge von 77 statt 80 Kilogramm ausgeliefert worden sei. Dass die Lieferung in einem Umfang von 80 Kilogramm der Sorte „Haze“ konkret für den 10.07.2020 geplant war, lässt sich indes auch anhand eines über SkyECC geführten Gruppenchats zwischen dem Angeklagten L. J. (Kennung „N01“), dem Zeugen TH. (Kennung „N02“) und dem Zeugen HW. (Kennung „N03“) nachvollziehen.
169Dass der Zeuge TH. LKW-Lieferungen aus Spanien organisierte, lässt sich zunächst daran nachvollziehen, dass er in der Gruppe am 30.06.2020 um 18:46:22 Uhr mitteilt, seit sieben Stunden unterwegs zu sein und auf die Nachfrage des Angeklagten L. J., wann er zurück sei, den 24.07. mitteilt mit der Bemerkung, er wolle jede Woche einen LKW schicken, das Routine rein komme, dann müsse er nicht mehr da bleiben. Weiter lässt sich dann nachvollziehen, dass sich die geplante Lieferung auch dahingehend konkretisiert, dass der Zeuge TH. zwischenzeitlich über Vermittlung des Angeklagten ein Abladeziel für einen LKW in einer Halle in XV. bestimmt hatte. Insofern fragt der Zeuge TH. am 04.07.2020, ab 23:09:58 Uhr nach der Adresse, worauf der Angeklagte in einer Sprachnachricht mitteilt, dass er „den“ gerade noch angerufen habe und schickt dem Zeugen die Adresse „SV.-straße 53, 00000 XV.“ sowie den Namen der Adresse ZC. Automobile. Aus den Sprachnachrichten ergibt sich dabei, dass es die Werkstatt eines Bekannten des Angeklagten ist. Anhand der nachfolgenden Nachricht des TH., dass auch ein Freund von ihm kommen werde, der Stapler fahren könne, wird deutlich, dass der Zeuge die Lieferung schon bezüglich der Abladung plante. Bereits zu diesem Zeitpunkt kündigt auch der Zeuge HW. am 05.07. um 0:30:30 Uhr an, dass er dann auch da sein werde und fragt konkret, ob sie alles in einen Bus umpacken, also das was „OD.“ nehme, „50 oder mehr“. Und den Rest würden sie wegfahren, weil 30…40 nehme er dann. Oder „du nimmst alles Bruder“. Aus der Mitteilung ergibt sich, dass für diesen „OD.“ bereits 50 Kilogramm der Lieferung bestimmt sind, wobei er die Option hätte, auch noch mehr abzunehmen.
170Dass es sich bei dem „OD.“ um den Angeklagten L. J. handelt, ergibt sich dabei aus dem Gesamtchat selbst, in welchem dieser von den anderen beiden neben seinem Namen „L.“ auch als „OD.“ oder „JS.“ angesprochen wird. So fordert der Zeuge TH. bereits nach Gruppengründung am 16.06.2020 um 14:41:39 Uhr auf „OD. du musst den PG. hinzuführen irgendwie nochmal“, worauf der Angeklagte unmittelbar antwortet, er hab dem geschrieben. Ebenso schreibt der Zeuge HW. etwa am 05.07.2020 mehrfach „OD.“ und dass er ihn sehen müsse, sie reden müssen, worauf unmittelbar der Angeklagte unter der Kennung „N01“ antwortet „jooo“ und er sei im Laden. Am 21.06.2020 um 11:14:32 Uhr fragt der TH. den „JS.“, ob er eine andere, schönere Wohnung habe, worauf der Angeklagte sofort antwortet, dass er morgen fragen müsse. Während es sich bei dem Spitznamen „JS.“ des Angeklagten um denjenigen handelt, der auch – wie dargestellt – auf dem in der Wohnung der Angeklagten L. J. und M. gefundenen iPhoneSE des Angeklagten Verwendung fand, bestehen keine Zweifel, dass es sich auch bei „OD.“ um einen weiteren Spitznamen des Angeklagten handelt.
171In dem Chat lässt sich dann weiter nachvollziehen, dass der Angeklagte selbst am 08.07.2020 um 11:09:45 Uhr anfragt, was der TH. meine, wann der ankomme, worauf dieser antwortet, dass es sein könne, dass beide am Freitag da seien, wobei im Kontext mit der Diskussion zuvor LKWs gemeint sind. Der Angeklagte selbst kommentiert dies damit, dass es bitte nicht erst am Freitag sei und übersendet um 13:52:11 Uhr eine Sprachnachricht, in welcher er erklärt, dass der Kollege sich jetzt komplett drauf verlassen habe, worauf ihm der TH. erklärt, Freitag sei sicher. In einer Sprachnachricht um 14:06:33 Uhr erklärt der Angeklagte, später zu diesem Kollegen zu fahren. Der werde ihn blöd anschauen, warum „ich“ das die ganze Zeit verschiebe jetzt. Er, der Angeklagte, habe keinen Bock, dass „der“ denke, die labern sowieso scheiße, da wird nix kommen und dann schaue der woanders. Er erklärt, dass dieser denken könnte, erst heiße es Mittwoch, dann Donnerstag, dann Freitag. Der TH. antwortet ihm daraufhin mit einer Sprachnachricht, dass Freitag dieses wie letztes Mal kommen werde das mit den Stickern. Das komme zuerst an, 80 Kilo, davon nur Haze. Alles mit diesem Stempel von Coffeeshop, „dieses Brutale“. Der Angeklagte erklärt in einer weiteren Sprachnachrichten weiter, dass dessen „Typ“ auch immer gesagt habe „Morgen, Morgen, Morgen“ und er müsste ihm jetzt auch „Morgen, Morgen, Morgen“ sagen, er hätte am besten von Anfang an „Freitag gesagt“. Der Angeklagte bittet mit einer Sprachnachricht darum, es abzuchecken, damit er dem genau sagen könne, worauf der TH. erneut schreibt „Freitag 80 kilo das haze von letzte mal mit den Stempel von coffeeshop“. Die Diskussion endet schließlich damit, dass der Zeuge HW. um 16:14:50 Uhr kommentiert, „Gut. Das nimmt dein Qusenk. Alles“ Dann mache er das andere mit Albanern, außer OD. wolle noch 20 30 kg Kush und der Angeklagten TH. schreibt um 16:16:19 Uhr „DD.“.
172Insgesamt lässt sich hieraus nachvollziehen, dass der Zeuge TH. konkret zumindest die Lieferung von 80 Kilogramm Marihuana der Sorte „Haze“ am Freitag, den 10.07.2020 geplant und hierfür als Lieferort eine Halle in XV. bestimmt hatte.
173b) Weiter ist die Kammer auch – entgegen der Einlassung des Angeklagten L. J. – davon überzeugt, dass dieser konkret jedenfalls 50 Kilogramm Marihuana der Sorte „Haze“ von dem Zeugen TH. aus dieser Lieferung bestellt hatte.
174Diese Menge hatte der Zeuge HW. bereits – wie dargestellt – am 05.07.2020 um 0:30:30 Uhr als Mindestabnahmemenge des Angeklagten angegeben, ohne dass dieser oder der Zeuge TH. dies in der Folge korrigiert hätten. Soweit der Zeuge HW. im Anschluss an die dargestellten Sprachnachrichten zwischen dem Zeugen TH. und dem Angeklagten, aus denen sich die Liefermenge von 80 Kilogramm „Haze“ eindeutig ergibt, sogar ausführt, dass der „Qusenk“ des Angeklagten das alles nehme, was darauf hindeutet, dass der Angeklagte die gesamte Liefermenge abnehmen sollte, wird nicht hinreichend deutlich, ob dies auf einer ausdrücklichen Absprache zwischen den Beteiligten beruht, deutet aber gravierend darauf hin, dass die Abnahme einer erheblichen Menge durch den Angeklagten verabredet war.
175Die Kammer ist aufgrund der Kommunikation, insbesondere der dargestellten Sprachnachrichten vom 08.07.2020, jedoch davon überzeugt, dass der Angeklagte L. J. die jedenfalls 50 Kilogramm Marihuana konkret beim Zeugen TH. bestellt hatte. In den dargestellten Sprachnachrichten beklagt sich der Angeklagte insofern darüber, dass er einen Dritten nun mehrfach habe vertrösten müssen, obwohl dieser sich auf eine Lieferung – offensichtlich bereits wie ursprünglich angekündigt am Mittwoch – verlassen habe. Dass es sich dabei gerade um einen Abnehmer des Angeklagten handelt ergibt sich über die persönliche Betroffenheit des Angeklagten hinaus auch insbesondere anhand seiner Erklärung, dass dessen „Typ“ ihm auch immer gesagt habe „Morgen, Morgen, Morgen“, was darauf hindeutet, dass der als „Kollege“ oder „Qusenk“ bezeichnete Dritte von anderen Personen warten gelassen wurde. Gleichzeitig handelt es sich erkennbar um eine neue Beziehung des Angeklagten, die er nicht entsprechend auch selbst direkt enttäuschen möchte, sondern einen verlässlichen Eindruck erzielen will. Insofern moniert er auch, dass er nicht wolle, dass dieser glaube, dass sie nur „scheiße“ erzählen. Dass es sich um die Belieferung dieser Person mit Marihuana handelt, ergibt sich daraus, dass die Lieferung des TH. gerade solche großen Mengen an Marihuana der Sorte „Haze“ betrifft. Die Kammer hat insofern keine Zweifel daran, dass der Angeklagte eben für die vom Zeugen TH. angekündigte Menge von wenigstens 50 Kilogramm Marihuana bereits einen Abnehmer hatte. Insofern erfolgten die dargestellten Sprachnachrichten, in denen sich der Angeklagte über die Verschiebung des Lieferzeitpunkts moniert, bereits an dem Mittwoch, den der Angeklagte nach seinen eigenen Angaben dem Empfänger der Betäubungsmitteln offensichtlich ursprünglich als Lieferzeitpunkt genannt hatte. Mit dem an den Angeklagten gerichteten Verweis auf das „Haze von letzte mal mit den Stempel von Coffeeshop“ wird auch deutlich, dass es auch schon zuvor um eine entsprechende Lieferung des TH. gekommen sein muss, diesbezüglich der Angeklagte jedenfalls vergleichbares Marihuana selbst gesehen hatte.
176Die Einlassung des Angeklagten, dass er mit dem Geschäft nichts zu tun gehabt hätte und nur nachgefragt hätte, weil er von anderen Personen ständig gefragt worden sei, ob das klappe und wann und wieviel komme, fügt sich weder zum Inhalt der dargestellten Sprachnachrichten, noch dazu, dass augenscheinlich die Zeugen HW. und TH. davon ausgingen, dass er die große Menge abnehme, um sie an einen ihnen nicht bekannten Dritten weiterzuveräußern. Die Abnahme einer Menge von 50 Kilogramm erscheint darüber hinaus auch im Hinblick darauf nicht unrealistisch, als der Angeklagte selbst offensichtlich bereits für die gesamte Menge einen Abnehmer hatte.
177c) Die Feststellung, dass der Angeklagte L. J. für die gesamte Lieferung, also auch für die weiteren 30 Kilogramm der Sorte „Haze“ die Halle in XV. vermittelt hat, beruhen zunächst auf seiner teilgeständigen Einlassung.
178Anhand der dargestellten Kommunikation vom 04.07.2020 lässt sich nachvollziehen, dass der Zeuge TH. keinen eigenen Kontakt zum Inhaber der Lagerstätte in der SV.-straße 53 in XV. hatte, sondern diese Möglichkeit vom Angeklagten L. J. vermittelt wurde und er auch die weitere Kommunikation mit dem Inhaber führte. Entsprechend fragt der Zeuge TH. auch am 07.07.2020 um 15:19:39 Uhr, ob der Angeklagte meine, dass man im Fall aller Fälle auch zwei LKW da abladen könne diese Woche, wobei man bei dem anderen keinen Stapler brauche, was der Angeklagte mit „bestimmt“ beantwortet. Gleichzeitig zeigt die Kommunikation, dass diese Vermittlung bzw. den Erhalt des Abladeorts für den Zeugen TH. als maßgeblicher Voraussetzung angesehen wurde, um seinerseits seinen Transport und die entsprechenden Planungen weiter durchzuführen.
179d) Die Kammer hat hingegen nicht feststellen können, dass die dargestellte Lieferung von Betäubungsmitteln schließlich zeitnah auch erfolgt ist. Dies hat ausweislich des auszugsweise verlesenen Urteils des Landgerichts Köln vom 30.09.2022 auch der Zeuge TH. in dem gegen ihn geführten Verfahren – wie dargestellt – bestritten. Auch die SkyECC-Kommunikation in der Gruppe nach dessen letzter Mitteilung „DD.“ vom 08.07.2020 um 16:16:19 Uhr bricht diesbezüglich ab. Es folgen lediglich vom 08. bis 10.07. noch Nachrichten aller drei Teilnehmer, wobei es sich bis auf die Mitteilung des TH. vom 08.07.2020, dass er morgen zurück sei, lediglich um Begrüßungen und Kommentare ohne Bezug zur Lieferung handelt. Es ist insgesamt davon auszugehen, dass weitere Kommunikation über Stattfinden oder Ausfall der Lieferung – beides wäre zu erwarten gewesen – über einen anderen Kommunikationsweg erfolgt sind oder die Nachrichten bei SkyECC nicht gesichert werden konnten.
1804. Die Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der Betäubungsmittel, auf die sich die Bestellung des Angeklagten bezog, beruhen auf einer Schätzung. Diese bezog sich – wie dargestellt – ausdrücklich auf Marihuana der Sorte „Haze“, welches regelmäßig auch nach der forensischen Erfahrung der nahezu ausschließlich mit Betäubungsmittelstrafrecht befassten Kammer über Wirkstoffkonzentrationen weit über 12% THC verfügt. Zugunsten des Angeklagten geht die Kammer indes insofern – wenn wie hier keine Hinweise auf eine hiervon abweichende Qualität erkennbar sind – von einer Wirkstoffkonzentration von wenigstens 12% für Marihuana der Sorte „Haze“ aus, während sie im Übrigen bei Marihuana der Sorte „Kush“ bzw. „Standard“ von einem Wirkstoffgehalt von wenigstens 10% THC ausgeht.
181IV. Die unter B. III. getroffenen Feststellungen (Fall 2 der Anklage II) beruhen auf dem Beweisergebnis.
1821. Nachdem sich die zu Eigen gemachte schriftliche Verteidigererklärung vom zweiten Hauptverhandlungstag zu diesem Tatvorwurf nicht verhalten hatte und diese auch in der ergänzenden Erklärung vom neunten Hauptverhandlungstag nicht erwähnt worden ist, hat die Verteidigung auf erneute Nachfrage erklärt, dass diesbezüglich keine Erinnerungen mehr vorhanden seien und der Fall weiterhin bestritten werde.
1832. a) Die Kammer ist indes davon überzeugt, dass der Angeklagte L. J. eine Menge von jedenfalls sieben Kilogramm Marihuana am 07.12.2020 bei dem Nutzer der SkyECC-Kennung „N04“ bestellt hat.
184Dies ergibt sich aus einer Gruppenchatkommunikation auf SkyECC zwischen den Nutzern „N01“, „N04“ und „N05“ vom 07.12.2020. Dabei ist die Kammer zunächst davon überzeugt, dass der Angeklagte auch in diesem Fall unter der Kennung „N01“ handelte, nachdem er diese Zuordnung zu dem Gruppenchat mit den Zeugen TH. und HW. bestätigt hat und es keine Anhaltspunkte aus dem Inhalt der Kommunikation oder etwa dem Schreibstil dafür gibt, dass nunmehr wenige Monate später eine andere Person unter Verwendung der Kennung agierte. Im Gegenteil wird der Nutzer innerhalb dieses Chats regelmäßig als „JS.“ angesprochen, der Spitzname, der auch durch die Zeugen TH. und HW. genutzt wurde. In dem Chat teilt der „N04“ um 06:29:40 Uhr mit, dass es gleich los gehe, was der weitere Nutzer „N05“ auch unmittelbar bestätigt. Dass auch der Angeklagte an diesem Vorgang beteiligt ist, zeigt sich gleichzeitig daran, dass der „N05“ zudem mitteilt, „den“ anzurufen, weil dieser wieder nicht auf sein sky schaue. Hiermit ist augenscheinlich der Angeklagte als Nutzer der Kennung „N01“ gemeint, der einzige weitere Teilnehmer dieser Chatgruppe. Entsprechend bestätigen dann auch beide die anschließende Mitteilung des „N04“ von 07:07:55 Uhr, dass es „löss sei“ sowie die Mitteilung „15 min“. Als Reaktion auf die Mitteilung „alles oké“ des „N04“ um 08:31:20 Uhr sendet der Angeklagte dann die Nachricht „Sind 35“, was der „N04“ mit „Ja stimt bro“ bestätigt. Noch um 12:15:00 Uhr fragt er den Angeklagten – hier wieder als „JS.“ bezeichnet – dann, wann er vorbei kommen wolle und teilt dazu noch mit, dass eine sich gemeldet habe, die „3 mal 50“ wolle und fragt, was er machen solle. Aus diesem Ablauf lässt sich schlussfolgern, dass sowohl der Angeklagte als auch der „N05“ an einem Geschäft des „N04“ beteiligt sind, wobei der Angeklagte später zu diesem fahren soll und sich vorher noch einmal bei diesem vergewissert, dass es „35“ seien.
185Dass es sich bei dem gemeinsamen Geschäft um den Bezug von Marihuana handelt, ergibt sich weiter auch aus der Gesamtkommunikation innerhalb dieser Chatgruppe. Zwar wird hiervon nicht unmittelbar in der dargestellten Kommunikation vom 07.12.2020 gesprochen. Dafür, dass es sich um Betäubungsmittel handelt, spricht indes bereits die dargestellte Nachricht, dass sich eine gemeldet habe, die drei mal fünzig haben wolle, was nach der Anfrage einer Abnehmerin von Betäubungsmittel spricht. Zudem teilt der „N04“ in dem Chat noch um 09:32:38 Uhr – also vor seiner Aufforderung zu kommen und nach der Bestätigung der „35“ – mit, dass der da „nicht mehr gehabt habe…andere Bunker“. Auch dies klingt seinerseits nach der Erläuterung, dass er von einem Lieferanten nicht mehr bekommen habe, wobei die szenetypische Beschreibung eines „Bunkers“ auch für den Bezug von Betäubungsmitteln spricht. Dass es in den Nachrichten dieses Gruppenchats um den Bezug von Marihuana geht, ergibt sich sodann weiter aus dem nachfolgenden Chatinhalten vom 08.12.2020 ab 11:55:11 Uhr, in welcher der „N04“ die Mitteilung „5 min“ und „ist ehr da“ mitteilt, was der Angeklagte mit „Ok too“ und „Top“ bestätigt. Um 12:04:06 Uhr übersendet der „N04“ sodann in die Gruppe zwei Lichtbilder, welche Marihuanaknollen darstellen und kommentiert dies mit „nicht so shone haze 45“. Der Angeklagte fragt drauf um 12:06:19 Uhr nach, was das sei und erhält noch einmal die ausdrückliche Antwort „Haze“. Aus Sicht der Kammer spricht die Nachfrage des Angeklagten dafür, dass es sich insofern nicht um das vorherige Geschäft handelt, sondern um eine weitere Möglichkeit des Bezugs von Marihuana dieser konkreten Sorte. Der Vorgang belegt indes, dass der „N04“ davon ausgeht, dass die beiden weiteren Mitglieder der Chatgruppe gerade an dem Bezug von Marihuana interessiert sind.
186Die Kammer ist vor diesem Hintergrund jedoch auch davon überzeugt, dass sich die angesprochenen „35“, die sich der Angeklagte am 07.12.2020 bestätigen lässt, auf einen Geldbetrag von 35.000 EURO als Kaufpreis für Marihuana beziehen. Dies fügt sich auch in den Verlauf der Gespräche in dieser Gruppe vor diesem Tag. Nachvollziehbar wurde diese am 02.11.2020 gegründet, als der Nutzer „N05“ beginnend mitteilt „Jetzt könnt ihr schreiben“. In der Folge findet sich bereits am 02.11.2020 eine Anfrage des „N04“, wann sie da seien, worauf der Angeklagte unter Anderem antwortet, dass sie auf seine Antwort warten und er nochmal „50k hier“ habe. Anschließend fragt er, ob gekommen sei, bekommt von „N04“ die Antwort, dass es morgen komme, worauf sich der Angeklagte auch bei diesem für morgen ankündigt. Weiter teilt der „N04“ dann auch am 05.11.2020 um 14:33:29 Uhr mit „45k ne“, worauf der Angeklagte dies bestätigt und antwortet, dass er aber noch bis heute abend weiter „sammle“. Er bekomme noch mal „50-65 k“ bis heute abend hin. Auch hier schreiben beide danach darüber, wann der Angeklagte komme. Insgesamt zeigt sich daraus ein wiederkehrender Ablauf, dass der Angeklagte dem „N04“ eine bei ihm verfügbare Geldsumme mitteilt und jeweils später zu diesem fährt, um Geld zu überbringen und ggf. Betäubungsmittel abzuholen. Im Zusammenhang mit der hauptsächlichen Beschäftigung des Angeklagten mit Marihuana und des später dargestellten Angebots zum Bezug von „Haze“ spricht daher alles dafür, dass es in all diesen Fällen und auch am 07.12.2020 zu einer Bestellung von Marihuana kam, wobei im Hinblick auf die weiteren dargestellten Nachrichten, in denen der Angeklagte auch noch weitere Geldmittel sammelte, nicht eindeutig ist, ob es sich bei den diesmal mitgeteilten 35.000 EURO um den gesamten Preis seiner Bestellung oder nur um einen Anteil hiervon handelt.
187Die Feststellungen zur bestellten Menge von wenigstens sieben Kilogramm beruhen insofern – unter der zugunsten des Angeklagten getroffenen Annahme, dass es sich bei den 35.000 EURO um den Gesamtpreis handelte – auf einer Schätzung. Dabei geht die Kammer davon aus, dass er in diesem Fall zwar mehr als 4.000 EURO pro Kilogramm bezahlt haben könnte, nachdem in dem weiteren dargestellten Angebot das nicht so schöne Haze mit einem Preis von „45“ also 4.500 EURO pro Kilogramm offeriert worden war. Andererseits spricht angesichts der dargestellten Kommunikationsinhalte nichts für einen Einkaufspreis des Angeklagten, der 5.000 EURO übersteigen würde.
188b) Dass der Angeklagte diese wenigstens sieben Kilogramm in der Folge auch erhielt, hat die Kammer indes nicht feststellen können. Nach der letzten dargestellten Mitteilung des „N04“ vom 08.12.2020 um 11:55 Uhr, dass der da sei und dem Kommentar „Top“ des Angeklagten, findet sich keine Kommunikation, die sicher auf eine Abholung oder Lieferung des Marihuanas schließen lassen. In den vorherigen Dialogen hatte sich der Angeklagte dagegen – wie dargestellt – jeweils, wohl zumindest zur Übermittlung des Kaufpreises, angekündigt. Die aus der Kommunikation der Gruppe gesicherten Daten vom 09. bis zum 12.12.2020 enthalten dagegen lediglich noch mehrere Nachrichten des Nutzer „N04“, wann der Angeklagte denn kommen wolle, ohne dass nachzuvollziehen ist, dass der Angeklagte hierauf – etwa auch durch nicht gespeicherte Nachrichten – geantwortet hätte. Auch dass der Angeklagte bereits vor dem 07. oder 08.12. bei „N04“ gewesen wäre, ergibt sich aus den Chats nicht. Insofern geht die Kammer zu seinen Gunsten davon aus, dass es zu einer Auslieferung oder Abholung aufgrund der Bestellung nicht kam.
1893. Die Kammer geht hier hinsichtlich des Wirkstoffgehalts des bestellten Marihuanas von wenigstens 10% THC aus, nachdem Hinweise auf eine nach oben oder unten abweichende Qualität nicht erkennbar sind, insbesondere auch nicht sicher feststellbar ist, dass es sich um Marihuana der höherwertigen Sorte „Haze“ handelt. Die Mitteilung des „N04“ vom 08.12.2020 bezieht sich naheliegenderweise auf eine andere offerierte Menge.
190V. Die unter B. IV. getroffenen Feststellungen (Fall 3 der Anklage II) beruhen auf der teilgeständigen Einlassung des Angeklagten L. J. und im Übrigen – insbesondere auch hinsichtlich der Beteiligung der Angeklagten M. und I. – auf dem weiteren Beweisergebnis.
1911. a) aa) Der Angeklagte L. J. hat in seiner zu Eigen gemachten Verteidigererklärung vom zweiten Hauptverhandlungstag – anschließend an das unter II. 1. a) Dargestellte – erklärt, dass er sich allerdings an GW. erinnert habe, als er finanziell verlegen gewesen sei und bei der Renovierung der neuen Shishabar nicht zum wiederholten Male die Hilfe seiner Familie in Anspruch habe nehmen wollen. Dies sei letztlich der Hintergrund gewesen, weshalb es in einigen der angeklagten Fälle tatsächlich zu Kontaktaufnahmen zu GW. und letztlich auch zu Lieferungen an ihn gekommen sei, die er gewinnbringend weiter habe verkaufen können. In der Regel habe er persönlichen Kontakt zu GW. aufgenommen und sei deswegen nach NJ. in Holland gefahren. Dort habe er sich mit GW. getroffen und die jeweilige Lieferung vereinbart. Oft habe er dort unmittelbar vor Ort für eine frühere Lieferung gezahlt. Er selbst habe in diesem Zusammenhang niemals eigenen Kontakt zu der Ware gehabt. Jedenfalls sei er niemals mit Drogen von Holland nach Deutschland gefahren. Wenn er zusammen mit seiner Freundin nach NJ. gefahren sei, habe er dieser regelmäßig vorgegeben, man würde zum Shoppen über die Grenze fahren. Über das Treffen mit GW., das dann eher beiläufig für wenige Minuten auf dem Parkplatz des Outlet Centers erfolgt sei, habe er sie nicht informiert. Ihr gegenüber habe er einzig den Ausflug und das Shopping als Ziel der Fahrt geschildert.
192Soweit er sich erinnere, seien die Fälle 4 bis 7 der Anklage nach einem solchen Muster abgewickelt worden. Im Fall 8 sei es nicht zu einer Lieferung gekommen, nachdem – so seine Erinnerung – ihm das zu liefernde Material von GW. auf dem Parkplatz kurzfristig gezeigt worden sei und er ein Geschäft angesichts der mangelhaften Qualität abgelehnt habe.
193Hintergrund von Fall 3 sei offensichtlich ein Organisationsproblem gewesen. Nach seiner festen Erinnerung habe es sich hier keinesfalls um eine Bestellung von ihm gehandelt, die er bei GW. aufgegeben hätte. Vielmehr habe es sich um eine völlig anders geartete Lieferung von GW. an einen ihm nicht bekannten anderen Kunden von GW. in ET. gehandelt. Diese habe GW., respektive sein Kurier, offensichtlich nicht vereinbarungsgemäß abliefern können, weshalb er um eine eintägige Zwischenlagerung bei ihm, dem Angeklagten, nachgesucht habe. Aus reiner Gefälligkeit habe er dem zugestimmt. Wenn möglicherweise seine Freundin hier die zwischenzulagernde Lieferung angenommen haben sollte, habe sie jedenfalls nicht gewusst, worum es letztlich bei einem solchen Paket gegangen sei. Das Marihuana sei jedenfalls derart gut verschweißt gewesen, dass durch Geruchsentwicklung nicht deutlich habe werden können, welchen Inhalt die aufbewahrte Tasche gehabt habe.
194Am Ende der Einlassung hat der Angeklagte schließlich erklärt, dass die Behauptung der Existenz einer angeblich gut strukturierten Bande reines realitätsfernes Fantasiegebilde der Staatsanwaltschaft sei. Richtig sei allein, dass die angeführten Geschäfte ausschließlich durch ihn ausgeführt worden seien. Er habe die Überführung der Mengen mit GW. vereinbart. Gelegentlich haben ihm andere Personen geholfen, wenn es darum gegangen sei, ausnahmsweise Mengen zwischenzulagern oder Drogen oder Gelder zu transportieren. Niemand sei ansonsten in seine Geschäfte involviert gewesen. Das gelte insbesondere für seine Freundin, die Mitangeklagte M.. Er bedauere aufrichtig, dass es hier durch ihre Nähe zu seiner Person zu Missverständnissen habe kommen können, die sogar zu einer Anklage gegen sie geführt haben. Frau M. habe nicht das Geringste mit diesen Taten zu tun. Richtig möge allein sein, dass in den letzten Tagen und Wochen vor seiner Verhaftung Frau M. geahnt habe, dass er nicht zuletzt angesichts seiner häufigen Abwesenheit von zu Hause illegalen Geschäften nachgehen könnte. Es habe sogar einen heftigen Streit zwischen beiden gegeben, weil sie in persönlichen Gesprächen mehrfach und nachdrücklich ihn gedrängt habe, sämtliche lnvolvierungen in denkbaren Drogenhandel aufzugeben und sich allein auf den Betrieb der Shishabar zu konzentrieren.
195bb) Am neunten Hauptverhandlungstag hat der Angeklagte L. J. mit der ergänzenden schriftlichen Verteidigererklärung erklärt, dass er richtig stellen könne, dass „der IH.“ nicht nach ET. gefahren sei. An dem Tag habe der GW. seinen Fahrer – er meine der hieße QL. oder EL. – nach ET. schicken wollen. Der GW. habe aber wohl niemanden erreicht. Er habe ihn, den Angeklagten, darum gebeten, zu schauen, ob er da irgendetwas organisieren könne. Auch nach Abhören des Telefonats müsse er, der Angeklagte, aber zugeben, dass er den Sachverhalt nicht mehr genau rekonstruieren könne. GW. habe mehrmals seine Meinung geändert, dann sei doch plötzlich wieder jemand erreichbar gewesen, und dann sei der Abnehmer plötzlich nicht mehr zu erreichen gewesen usw. Er könne aber sicher ausschließen, dass der IH. irgendetwas mit der Sache zu tun gehabt habe. Denn wenn jemand etwas für ihn, den Angeklagten, gefahren habe, dann habe er sofort zum Zielort und nicht erst noch woanders hin gemusst. Beim Chinesen seien Kennzeichen abzuholen gewesen und GL. sei der Arbeitgeber von XC. gewesen. Da wäre das Risiko viel zu hoch gewesen.
196Zudem hat er zu einem Gespräch mit der Angeklagten M. erklärt, dass die XC. „ihm“ 80 Euro geben sollte, habe bedeutet, dass das die Kosten für die Fahrt gewesen seien. Er wolle ganz ehrlich sein: niemand fahre Betäubungsmittel für 80 Euro.
197b) aa) Der Angeklagte I. hat mit der zu Eigen gemachten Verteidigererklärung am fünften Hauptverhandlungstag zunächst im Allgemeinen erklärt, den L. J. Anfang des Jahres 2019 über seine berufliche Tätigkeit als Taxifahrer kennen gelernt zu haben. Er habe seinerzeit aufgrund seines Wohnortes viel an der Taxihaltestelle in H. am Einkaufszentrum gestanden, auf Kunden gewartet und von dort seine Fahrten begonnen. Dieser Taxistand sei der nächste von seiner Wohnung aus gewesen. Er sei häufig die Nachtschicht gefahren, deswegen habe er da oft morgens als erstes und abends als letztes Taxi gestanden. Über die Taxirufzentrale LX. habe er dann zufällig lukrative Fahrten zu den Flughäfen UV. und Köln/Bonn erhalten und dabei L. gefahren und im weiteren Verlauf näher kennen gelernt. Wegen der frühen oder späten Uhrzeiten als dieser ein Taxi bestellt habe, sei er da gewesen. So habe es sich ergeben, dass er ihn mehrfach über die Zentrale gefahren habe und dieser sich seine Visitenkarte mit seiner Handynummer habe geben lassen. Irgendwann habe es sich so ergeben, dass dieser ihn dann eben über Handy gerufen habe und nicht mehr über die Zentrale. Als dieser ihn direkt auf seinem Handy angerufen habe, habe er dann begonnen, diesen auch zum Arzt oder ins Fitnessstudio zu fahren. Er sei davon ausgegangen, dass er keinen Führerschein habe, weil er auch solche Fahrten zur Erledigung privater Besorgungen mit ihm unternommen habe. Aufgrund der Corona Pandemie und der damit einhergehenden Maßnahmen wie Schließung der Cafés und Diskos seien allgemein die Fahrten über die Zentrale weniger geworden und er sei – wie alle Taxifahrer – auf diese privaten Fahrten immer mehr angewiesen gewesen. Deshalb sei er dann vermehrt so gefahren. Er habe zu L. jedoch keine privaten Kontakte gehabt, also sie hätten keine Freizeit miteinander verbracht, sich nicht gegenseitig zu Hause besucht oder Kaffee miteinander getrunken oder seien essen gegangen.
1982020 sei seine Auftragslage so schlimm geworden, dass er dann als Nebenjob auch Fahrten für Dialysepatienten über einen Krankenfahrtendienst MV. habe übernehmen müssen, wofür er extra ein spezielles Auto erhalten habe. Er habe im Laufe der Zeit auch die Brüder des L. kennengelernt und sei teilweise auch für D. und F. J. gefahren, was aber nichts mit strafbaren Handlungen zu tun gehabt habe. Zur Mitangeklagten XC. M. habe er keinen bzw. selten Kontakt gehabt. Für XC. habe er aber im Auftrag von L. teilweise Botenfahrten erledigt, zum Beispiel Rezepte beim Arzt geholt oder Krankmeldungen zu deren Arbeitgeber gefahren. Den gesondert Verfolgten VV. kenne er über L. nur flüchtig als „ZD. MF.“ und habe keinen Kontakt zu diesem gepflegt. Auf Zuruf von L. habe er mal Damen – er meine aus UV. – zu einer Party nach NJ. gefahren. Er meine, nicht einmal die Telefonnummer von dem VV. gehabt zu haben. Er habe ihn zu seiner Überraschung aber einmal angerufen. Da ihm der Hintergrund des Anrufs unverständlich gewesen sei, habe er auch daraufhin den L. angerufen, um zu hinterfragen, was dieser gemeint habe und habe ihn gebeten, dies zu klären.
199Zu den konkreten Vorwürfen der Anklage könne er sagen, nicht zu einer „Bande“ gehört zu haben. Er habe im Zusammenhang mit den hiesigen Taten nur auf Geheiß des L. gehandelt und mit den anderen nichts zu tun gehabt. Natürlich habe er über die Dauer seiner Bekanntschaft von L. mitbekommen oder erahnt, was dieser mache, also dass er mit Marihuana handle. Dass F. damit was zu tun haben solle, sei ihm nicht bekannt. Den Umfang und die genauen Hintergründe und Abläufe seien ihm ebenso unbekannt, wie die Personen, die involviert gewesen seien.
200Zu dem Fall 3 der Anklage hat er dann erklärt, L. habe ihn am frühen Abend des 08.11.2021 angerufen und ihn gebeten, für ihn Fahrten zu übernehmen. In diesem Zuge habe er für diesen nach LX.-PC., zu GL. und dem Chinesen fahren sollen. Diese Fahrten hätten entgegen dem Anklagevorwurf jedoch nichts mit Betäubungsmitteln zu tun gehabt. Bei der Fahrt zu GL. habe es sich nach seiner Kenntnis und Erinnerung um den Arbeitgeber der XC. M. gehandelt. Er habe hier zunächst ein ärztliches Attest einer Krankmeldung bei ihr zu Hause abgeholt und sodann auf ihr Bitten zu GL. nach Frechen an den dortigen Informationsschalter verbracht und für sie abgegeben. Das sei dringend gewesen, weil die nur begrenzt Ladenöffnungszeiten hatten. Nach PC. sei er, um dort ein defektes Handy von L. bei einem kleinen privaten Handybastler abzugeben. Den habe er aber dann nicht erreicht und habe das Handy unverrichteter Dinge wieder zurückgenommen und ins Taxi gelegt. Und bei dem "Chinesen" habe er eine Tüte mit zwei Kennzeichen abgegeben. Nach seiner Kenntnis seien das Überführungskennzeichen gewesen.
201Im Anschluss an seine Einlassung zu den einzelnen Fällen hat er schließlich erklärt, für seine Fahrten zwischen 50 und 150 EURO bekommen zu haben. Vom Grundsatz her habe er immer nach Kilometern abgerechnet. Also auch dann, wenn das Taxameter nicht gelaufen sei, habe er z.B. einen Festpreis genommen, wie er ihn von jedem anderen Taxikunden auch genommen habe. Nur für die Fahrten zu Fall 4 und 7 der Anklage habe er noch jeweils 50 EURO extra bekommen.
202bb) Auf Vorhalt und ausdrückliche Nachfrage der Kammer hat der Angeklagte schließlich am achten Hauptverhandlungstag erklärt, an dem Tag nicht in ET. gewesen zu sein.
203c) Mit der zu Eigen gemachten Verteidigererklärung hat die Angeklagte M. am fünften Hauptverhandlungstag zunächst allgemein erklärt, dass sie Anfang 2021 nach LX. in den T.-straße 6a gezogen sei, wo sie zunächst alleine gewohnt habe. Bei ihren vorherigen Besuchen im Rahmen der Fernbeziehung zum Angeklagten L. J. habe das Paar die wenige Zweisamkeit genossen und kaum etwas mit Freunden von ihm unternommen. Sie sei daher zunächst noch recht fremd und ohne weitere soziale Kontakte in Köln gewesen. Ihr jetziger Verlobter habe damals noch bei seinem Bruder F. im familiären Umfeld gelebt. Schnell sei sie jedoch in die Familie und den Freundeskreis integriert worden; oft seien sie etwa mit anderen Pärchen, auch dem Bekannten GW. und seiner Frau, essen gegangen. Auch habe es etwa gemeinsame ShoppingAusflüge zum Outlet in NJ. gegeben, wo sie dann als Gruppe oder auch individuell unterwegs gewesen seien. Als Paar seien sie auf der Hochzeit von GW. und dessen Frau eingeladen gewesen, weil man als Pärchen inzwischen befreundet gewesen sei. Mit dem Bruder von BF. J. und dessen damaliger Freundin JK. sei sie in familiären Kontakt. Sie habe JK. bei ihren Hochzeitsvorbereitungen geholfen und habe mit dem Mitangeklagten zusammen den Junggesellenabschied seines Bruders BY. organisiert. So sei auch eine WhatsApp Gruppe entstanden, in der alle Informationen diesbezüglich geteilt worden seien und auch alle Nummern verfügbar gewesen seien. Jeder der in dieser Gruppe gewesen sei, habe damit die Nummer von ihr besessen. So habe auch GW. sie kontaktieren können, wenn er den Mitangeklagten nicht habe erreichen können. Die Beziehung zwischen ihr und dem Mitangeklagten habe anfangs sehr gut funktioniert. Auch nachdem dieser zu ihr gezogen sei, sei dies ähnlich gewesen, weil sie beruflich noch sehr eingespannt gewesen sei und in Vollzeit gearbeitet habe. Im Alltag habe es so ausgesehen, dass sie immer vor dem Mitangeklagten aus dem Haus gegangen sei und vor ihm wieder gekommen sei. Sie haben sich regelmäßig nur am Abend gesehen.
2042021 habe sie sich aufgrund von Mobbing an ihrem Arbeitsplatz, an dem sie bis dahin immer viel Freude gehabt habe, depressiv gefühlt, sich beruflich umorientiert und sei krankgeschrieben worden. Als sie deswegen mehr zu Hause gewesen sei, habe sie mitbekommen, wie ihr Verlobter seinen Alltag verbracht habe. Er habe angefangen, Marihuana zu konsumieren. Sie habe ihn mehrfach darum gebeten, dies zu lassen, da sie um Drogen immer einen weiten Bogen gemacht habe und es ihr nicht gefallen habe, dass er mit den Drogen anders gewesen sei. Ihr sei es psychisch immer schlechter gegangen und sie habe oft ihre Gedanken nicht mehr kontrollieren können. Sie habe sich mehrfach professionelle Hilfe holen wollen, habe dies aber nicht getan. Heute sage sie, dass sie sich einfach geschämt habe, so sehr die Kontrolle über sich verloren zu haben.
205In der damaligen Zeit habe sie unter anderem an Schlaflosigkeit, Kopfschmerz, Konzentrationsstörungen, Angstattacken und Minderwertigkeitsempfindungen gelitten. Sie habe versucht, mit dem Mitangeklagten darüber zu reden, der zu dieser Zeit aber kein Ohr dafür gehabt habe, er habe all seine Zeit, Energie und Geld in das Projekt „Bar" gesteckt.
206Wiederholt sei es dazu gekommen, dass Pakete für den Mitangeklagten angeliefert worden seien durch Paketdienste oder Dritte. Die Pakete seien regelmäßig verschlossen und verklebt gewesen. Oft sei es so gewesen, dass der Mitangeklagte ihr angekündigt habe, dass ein Paket kommen werde. Er habe gesagt, dass die Dinge für die Bar nach Hause geliefert werden, weil in der Bar nicht immer jemand zugegen gewesen sei, um Pakete anzunehmen. Es seien regelmäßig Dinge für die Bar gekommen. Keinesfalls habe sie jedes Mal oder regelmäßig gewusst, was in den Paketen gewesen sei. Unter anderen seien aber ihrer Kenntnis nach Gläser, Barhocker, Flaschen besonderer Alkoholika, Lampen und spezielle Glühbirnen per Paket angeliefert worden. Auch sei es so gewesen, dass LJ. EU., ein Freund des Mitangeklagten, Pakete vorbeigebracht habe, oder Frau M. diese abgeholt habe. Herr EU. habe bei einem BP. Baumarkt gearbeitet und für den Umbau der Bar im Auftrag des Mitangeklagten Materialien besorgt und ihr vorbeigebracht.
207Der Mitangeklagte habe sich verändert und offensichtlich Dinge vor ihr verheimlicht. Er habe versuchte, sie bei allem außen vor zu lassen und sie habe geahnt, dass es nicht nur um die Bar gegangen sei, sondern eventuell auch um Illegales. Sie habe ihn darauf angesprochen, ob er etwas mit Drogen mache, aber er habe total abgeblockt. Wie und was der Mitangeklagte genau gemacht habe, wisse sie nicht. Einzig sei ihr zu diesem Zeitpunkt bewusst gewesen, dass er vermutlich mit Drogen handle.
208„IH.“ I. sei ein Freund ihres Verlobten, der gelegentlich Krankmeldungen zu ihrem damaligen Arbeitgeber gefahren oder sie von der Arbeit abgeholt habe, falls sie ohne Auto dort gewesen sei. Er habe ihr auch auf einer seiner Touren Essen vorbeigebracht. Für die Fahrten, die dieser für sie unternommen habe, habe sie ihm auch ein mal 80 EURO gegeben. Sie hat sodann einzelne Ermittlungsannahmen der Anklage kommentiert. Soweit von Relevanz wird dies im Zusammenhang mit diesen Ermittlungsergebnissen dargestellt.
209Anschließend hat sie zum hiesigen Anklagevorwurf (Fall 3 der Anklage II) erklärt, sich an dieses konkrete Paket nicht erinnern zu können. Sie gehe davon aus, dass es eines der Pakete für die Bar gewesen sei, welches sie in der damaligen Zeit öfters für ihren Verlobten angenommen oder an von ihm beauftragte Abholer übergeben habe. Mit dem Wissen von heute durch das Verfahren und die Akten könne sie nur sagen, dass wenn sie zu diesem Zeitpunkt schon geahnt hätte, dass in manchen Paketen möglicherweise Drogen seien, sie diese niemals angenommen hätte.
210Zu dem Anklagevorwurf im, in Bezug auf sie nach § 154 Abs. 2 StPO behandelten, Fall 8 der Anklage II hat sie weiter erklärt, dass sie häufiger mit dem Mitangeklagten oder auch mal Freunden gemeinsam in NJ. gewesen sei. Dies sei keine Seltenheit, da es in NJ. ein Outlet gebe, wo Markenwaren günstiger erworben werden können und sie sich dort auch mit ihrem Verdienst ab und zu gewisse Markenbekleidung habe leisten können. Auch sei es so gewesen, dass sie manchmal erst abends dorthin gefahren seien, weil es kurz vor Schließung nicht mehr so voll sei wie am Nachmittag. An den konkreten Tag könne sie sich allerdings nicht erinnern. Es werde aber wohl einer von vielen Ausflügen in das Outlet Center gewesen sein. Zum Anklagevorwurf zum für sie ebenfalls nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Fall 9 der Anklage II hat sie sich dahingehend eingelassen, dass sie völlig fassungslos gewesen sei, als bei der Durchsuchung der Wohnung das Kokain gefunden worden sei. Sie sei außer sich gewesen und habe von den Beamten erst einmal beruhigt und abgelenkt werden müssen. Woher das Kokain stamme, könne sie sich bis heute nicht erklären. Die rechte Tür der 3-türigen Kommode, wo das Kokain gefunden worden sei, werde allein von ihrem Verlobten genutzt. Herr J. habe diese wie eine Art Krimskrams-Aufbewahrung genutzt, weshalb sie dort auch nie dran gegangen sei. Die mittlere Tür sei für Putzutensilien genutzt worden und die linke für Kosmetikvorräte. Wie bereits geschildert, habe sie geahnt, dass Herr J. irgendwie Geld mit Drogen verdient habe. Auch habe sie gewusst, dass er immer mehr gekifft habe. Kokain sei ihr völlig fremd gewesen und erst recht habe sie niemals gedacht, dass sich Drogen in der gemeinsamen Wohnungen befunden haben. Dies hätte sie niemals geduldet.
211Im Anschluss an ihre Einlassung zu den einzelnen Fällen hat sie abschließend angegeben, zutiefst zu bereuen, wenn in einem der Pakete, die sie angenommen habe, Drogen gewesen sein sollten. Sie habe hierüber aber keine positive Kenntnis gehabt und hätte niemals bewusst an einem Handel mit Drogen mitgewirkt. Möglicherweise hätte sie gewisse Verhaltensweisen des Mitangeklagten früher hinterfragen sollen. Dies habe sie wohl aus Liebe und dem Wunsch, Streitigkeiten zu entgehen, nicht getan.
2122. Die Kammer ist zunächst davon überzeugt, dass eine Menge von wenigstens zwei Kilogramm Marihuana durch einen Kurier des Zeugen VV. nach LX. geliefert wurde, die nach Rücksprache mit dem Angeklagten L. J. an dessen Wohnanschrift überbracht und dort von der Angeklagten M. angenommen und bis zum Weitertransport durch den Angeklagten I. nach ET. aufbewahrt wurde.
213a) Der Angeklagte L. J. hat eingeräumt, dass er eine für einen ihm unbekannten Kunden bestimmte Lieferung des Zeugen VV. vorübergehend aufbewahrt hat. Auch wenn der Angeklagte sich lediglich eine schriftlich vorbereitete Verteidigererklärung zu Eigen gemacht hat, der zudem deutlich das Bemühen anzumerken ist, insbesondere die Mitangeklagte M. zu entlasten, ist dieser Teil der Einlassung glaubhaft.
214Zunächst lässt sich anhand der Telefongespräche zwischen dem Angeklagten L. J. mit dem Zeugen VV., der Angeklagten M. und dem Angeklagten I. vom 08.11.2021 nachvollziehen, dass eine solche Lieferung an diesem Tag erfolgt ist.
215Bereits aus einem Gespräch vom 08.11.2021, beginnend um 13:41:56 Uhr, ergibt sich, dass der Angeklagte L. J. an diesem Tag in Kontakt mit dem Zeugen VV. bezüglich der Lieferung von Betäubungsmitteln stand. In dem Gespräch teilt der Zeuge – benannt als „HY.“ – dem Angeklagten mit, dass heute Morgen schon was gekommen sei, man aber noch auf eine andere Partei warte. Dass es sich bei dem Nutzer der Rufnummer N06 um den Angeklagten L. J. handelt, hat dieser in weiteren in Augenschein genommenen Gesprächen – etwa einem Gespräch vom 30.11.2021, beginnend um 15:04:48 Uhr – ausdrücklich bestätigt und ergibt sich zudem aus einem Abgleich der Stimme des Sprechers mit den unter II. 3. a) dargestellten Sprachnachrichten, die er über SkyECC versandt hat. Auch der Mitangeklagte F. J. hat seinen Bruder – indes zur weiteren von diesem verwendeten Rufnummer N07 – als Sprecher eines Gesprächs vom 03.10.2021, beginnend um 19:16:25 Uhr über die Telefonüberwachung identifiziert. Dass es sich bei der als phonetisch „HY.“ oder „MF.“ angesprochenen Person um den Zeugen VV. handelt, ergibt sich daraus, dass es sich dabei – auch entsprechend der Einlassung des Angeklagten I. – um den Spitznamen des VV. handelt, der entsprechend eine niederländische Rufnummer verwendet und mit dem nach ihren Einlassungen sowohl der Angeklagte L. J. als auch der Angeklagte I. telefonischen Kontakt hatte. Der Zeuge VV. teilt dabei in dem hiesigen Gespräch dem Angeklagten L. J. ergänzend mit, dass ihm gesagt worden sei, dass er die nächste bekomme. Dass es letztlich um einen Bezug für den Angeklagten geht, ergibt sich weiter daraus, dass der Angeklagte selbst darum bittet, ihm Bescheid zu sagen und der Zeuge ihm ankündigt, dass es dann morgen sei und sowohl berichtet, dass die „schön“ gewesen seien und ausdrücklich erklärt, dass das was jetzt komme, für den Angeklagten sei.
216Aus einem weiteren Gespräch zwischen den beiden beginnend um 17:13:28 Uhr ergibt sich, dass der Zeuge bereits zu diesem Zeitpunkt einen Kurier nach LX. geschickt hatte. Dem Angeklagten teilt er insofern mit, dass er „IH.“ gefragt habe, ob der eben nach ET. gehe und ihn bittet, diesen anzurufen. Sein „Junge“, der Fahrer, warte auf den in „AJ.“ und der müsse für ihn nach ET.. VV. erklärt dem Angeklagten im Verlauf auf dessen Frage erneut „nach IU. muss der gehen, aber der geht nicht ran“ und später im Gespräch „der muss von ihm nehmen und dann fährt der äh weiter nach IU.“, woraus deutlich wird, dass zum einen der Angeklagte I. etwas nach ET. transportieren sollte und dass zum anderen der Angeklagte L. J. in diese beabsichtigte Fahrt bis dahin nicht eingebunden gewesen war. Letzteres spricht ebenso dagegen, dass hierbei um die zuvor erwähnte Lieferung an den Angeklagten handelt, wie der Umstand, dass VV. im gleichen Zug dem Angeklagten mitteilt, auch für diesen „schon acht komme nochwas“ zu haben.
217Letztlich erklärt der Angeklagte, dass er „dem“ schreibe. Dass es sich bei dem „IH.“ um den Angeklagten I. – dessen Vorname RJ. sich dahin abkürzen lässt – handelte, ergibt sich auch aus einem vorherigen Gespräch zwischen dem I. und dem Angeklagten ab 16:31:17 Uhr, in welchem der I. den Angeklagten fragt, ob es zwischen ihm und „HY.“ abgeklärt sei, dieser wolle, dass er nach ET. fahre, er sei jedoch mitten im Schlaf und bittet den Angeklagten, das zu klären und ihm das abzusegnen, was der Angeklagte bestätigt hatte. Der Angeklagte I. hat die Zuordnung der Rufnummer N08 zu seiner Person in seiner Einlassung dahingehend bestätigt, dass er auf hierüber geführte Gespräche – unter anderem das zitierte – Bezug genommen hat und zudem zu einem in Augenschein genommenen Telefonat vom 21.11.2021 beginnend um 19:34:45 Uhr erklärt hat, dort gesprochen zu haben. In dem nachfolgenden Gespräch beginnend um 17:21:39 Uhr lässt sich dann nachvollziehen, dass der Angeklagte den „IH.“ nicht erreicht habe und gegenüber dem VV. seine Vermutung äußert, dass dieser schlafe. Der Zeuge schlägt insofern vor, dass der Angeklagte die „Sachen“ eben zu sich nehmen könne, was der Angeklagte bestätigt und angibt, in 15 Minuten zu Hause zu sein. Dass es sich bei dieser Lieferung ebenfalls um Marihuana und zudem nicht um die durch den Angeklagten selbst erwartete Menge handelt, zeigt sich dabei an der hierauf nachfolgenden Erklärung des Zeugen, dass er das „Gleiche“ morgen habe und es sich der Angeklagte vielleicht direkt anschauen könne.
218Dass es zu der Übergabe der ersten Lieferung des Zeugen an die Angeklagte M. kam, lässt sich ebenfalls anhand der Gespräche nachvollziehen. In einem Gespräch beginnend um 17:24:38 Uhr teilt der Zeuge dem Angeklagten mit, dass keiner bei „EE.“ sei, worauf dieser mitteilt, dass er „XC.“ anrufe, ob die zuhause sei. Er weist den Zeugen jedoch an, diesem zu sagen, er soll schon mal dahinfahren, er sei auch in zehn Minuten da. Der solle dann einfach vor der Tür parken. Dass es sich bei „EE.“ um die Wohnanschrift der Angeklagten L. J. und M. an der Adresse T.-straße 6a in O. handelt, hat auch die Angeklagte M. bestätigt. Die Übergabe selbst ist schließlich in einem Gespräch zwischen dem Angeklagten L. J. und der Angeklagten M. ab 17:30:18 Uhr dokumentiert, in welchem er diese anruft und als diese mitteilt, dass es gerade klopfe, er ihr erklärt, dass es „HY.“ sei und sie fragt, ob sie das kurz annehmen könne, was die Angeklagte bejaht. Im Gespräch hört man schließlich, wie sie jemanden begrüßt. Dass es sich bei der Gesprächspartnerin des Angeklagten um die Angeklagte M. (Rufnummer N09) handelt, ergibt sich neben der Nennung ihres Namens hinaus auch daraus, dass die Angeklagte in ihrer Einlassung die polizeiliche Zuordnung ihrer Person in Gesprächen der Telefonüberwachung bestätigt hat. Ein iPhone 7, in das die SIM-Karte mit dieser Rufnummer eingelegt war, ist zudem ausweislich des Vermerks vom 18.05.2022 als „XC.’s IPhone“ bei der Durchsuchung der gemeinsamen Wohnung im T.-straße 6A gefunden worden.
219Nachdem der Zeuge VV. dem Angeklagten in einem Gespräch um 18:16:37 Uhr weiter mitteilt, dass „der“ noch schlafe und der Angeklagte erklärt, zu versuchen ihn zu erreichen, teilt er in einem Gespräch um 18:25:58 Uhr dem I. mit, dass er direkt „EE.“ kommen könne, was dieser bestätigt und erklärt, in 15-20 Minuten da zu sein. Kurze Zeit später beginnend um 18:29:22 Uhr meldet sich der Angeklagte auch beim Zeugen VV. und teilt diesem mit, dass der „wach“ sei und bestätigt diesem, dass der schnell zu ihm kommen könne. Erneut bittet der Zeuge ihn auch, sich das anzuschauen, was der Angeklagte ebenfalls bestätigt. Insgesamt lässt sich nachvollziehen, dass der zuvor schlafende Angeklagte I. nunmehr im Interesse des Zeugen zur Wohnanschrift der Angeklagten J. und M. fuhr. Nachdem dieser sich sodann erst in einem Gespräch beginnend um 19:47:24 Uhr wieder beim Angeklagten meldete und mitteilte, auf dem Rückweg nach (LX.-) PC. zu sein, dort laut google maps in 37 Minuten anzukommen, fügt sich das zu einem geplanten Transport nach ET.. Die Strecke von O. nach ET. konnte der Angeklagte I. insbesondere innerhalb dieser Stunde auch ausweislich einer in Augenschein genommen google maps-Kalkulation ohne Weiteres hinter sich bringen. Dass es zu der Auslieferung noch kam, fügt sich auch dazu, dass der Zeuge VV. erkennbar ein Interesse an der zeitnahen Weiterleitung nach ET. hatte.
220Die Kammer geht davon aus, dass es sich bei dieser Lieferung um Marihuana handelt. Hierzu fügt sich bereits, dass es sich nach der Einlassung des Angeklagten L. J. bei dem Zeugen VV. um seinen Marihuanalieferanten handelt. Entsprechend hat dieser dem Angeklagten mehrfach aufgefordert, sich die „Sachen“ anzuschauen, weil es morgen das Gleiche sei. Für eine Marihuanalieferung nach ET. spricht auch, dass der Zeuge VV. auch bei dem unter B. I. festgestellten Fall (Anklage I) jedenfalls versucht hatte, eine größere Menge Marihuana nach ET. transportieren zu lassen. Da die Menge selbst in der Kommunikation indes nicht genannt wird, geht die Kammer – zugunsten der Angeklagten – von einer solchen von mindestens zwei Kilogramm aus. Dafür, dass es sich um eine Lieferung in jedenfalls diesem Umfang handelt, spricht zunächst, dass der Zeuge dem Angeklagten L. J. – wie dargestellt – im Gespräch um 17:13:28 Uhr mitteilt, für ihn „bereits“, also mindestens mehr als acht Kilogramm zu haben. Zuvor hatte er dem Angeklagten bereits mitgeteilt, dass er von seinem Lieferanten mehrere Teillieferungen beziehen würde, was dafür spricht, dass auch diese erste Abnahmemenge, die nach ET. geliefert wurde, ähnlich groß, jedenfalls aber nicht unter zwei Kilogramm war. Ebenfalls hatten es sich auch bei der durch den Zeugen UM. nach ET. transportierten Menge um 5,7 Kilogramm gehandelt, während auch in den – vom Angeklagten L. J. eingeräumten – Fällen 4 bis 8 der Anklage II – vom Angeklagten jeweils nicht weniger als zwei Kilogramm bestellt worden waren. Der Transport einer Menge unterhalb von zwei Kilogramm aus den Niederlanden und dies auch noch mit einer Umladung in Köln nach ET. erscheint für eine Menge von unter zwei Kilogramm zudem im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand als nicht plausibel.
221b) Die Feststellung zur Beteiligung des Angeklagten L. J. an der vorübergehenden Aufbewahrung der vom Kurier des Zeugen VV. übergebenen Betäubungsmittel beruht auf seinem diesbezüglichen Geständnis. Dass er sich gegenüber dem Zeugen VV. zur Aufbewahrung bereit erklärt und auch diesbezüglich mit der Angeklagten M. und dem Angeklagten I. telefoniert hat, lässt sich zudem anhand der bereits dargestellten Telefongespräche nachvollziehen. Aufgrund der Gespräche lässt sich auch nachvollziehen, dass der Angeklagte selbst noch vor dem Angeklagten I. an seiner Wohnanschrift ankam und die Betäubungsmittel übernahm. In dem Gespräch um 18:29:22 Uhr hat der Angeklagte insofern – also während der Angeklagte I. noch unterwegs war – dem Zeugen VV. gegenüber bestätigt, dass er es sich anschaue und angegeben, in zehn Minuten dort zu sein.
222c) Die Feststellung zur Beteiligung der Angeklagten M. an der vorübergehenden Aufbewahrung der Betäubungsmittel beruht auf dem weiteren Beweisergebnis. Die Kammer ist – entgegen der Einlassung der Angeklagten – insbesondere davon überzeugt, dass die Angeklagte zumindest billigend in Kauf nahm, dass es sich hierbei um Betäubungsmittel dieser Art und Menge handelte.
223aa) Dass die Angeklagte das Paket angenommen hat, ist – wie dargestellt – eindeutig mit dem Gespräch um 17:24:38 Uhr dokumentiert, in dem zuletzt im Hintergrund auch zu hören ist, dass sich die Angeklagte und eine Person, der Kurier des Zeugen VV., begrüßen. Insofern ist davon auszugehen, dass der Angeklagten von diesem das Paket an der Wohnungstür übergeben wurde und sie es – in Befolgung der Bitte ihres Lebensgefährten – auch in Besitz nahm.
224bb) Die Kammer ist weiter auch davon überzeugt, dass die Angeklagte zu diesem Zeitpunkt wusste, dass der Angeklagte L. J. regelmäßig mit dem Handel mit Betäubungsmitteln befasst war.
225Soweit die Angeklagte mit ihrer Einlassung eingeräumt hat, irgendwann mitbekommen zu haben, dass ihr Lebensgefährten mit Drogen handelte, dies jedoch auf den Zeitpunkt kurz vor dessen Festnahme – diese war am 16.12.2021 – datiert hat, so ergibt sich indes aus den weiteren Beweismitteln, dass ihr dies schon wesentlich früher bekannt war. Insofern ergeben sich, ausweislich des Auswertungsvermerks vom 18.05.2022, aus Chatinhalten, welche auf den bei der Durchsuchung der gemeinsamen Wohnung der Angeklagten L. J. und M. sichergestellten und anhand des Gerätenamens und der Apple-ID eindeutig der Angeklagten zuzuordnenden Mobiltelefonen gespeichert sind, Belege dafür, dass sie diesen Umstand sogar ihren Freundinnen mitgeteilt hatte.
226Insofern konnte dort ein Chatauszug zwischen der Angeklagten über WhatsApp mit einer „WE.“ vom 29.09.2019 gefunden werden. In diesem teilt die Angeklagte ihrer Gesprächspartnerin mit, dass „der“ gemeint habe, wenn der Laden auf sei habe er ja seine Zeiten und auch Angestellte und fügt hinzu, mit „dem anderen“ höre er dann eh auf. Soweit die Angeklagte selbst nicht ausdrücklich erklärt, dass sie hiermit einen Drogenhandel meint, ergibt sich dies indes eindeutig aus den Antworten der WE., die die letzte Aussage der Angeklagten mit „denkst du wirklich?“ kommentiert und anführt, dass er doch das beste Leben habe und Shisha nicht so viel einbringe wie Drogen und schließlich sogar darauf hinweist, dass er mit der Shishabar sogar Geld waschen könnte. Die Angeklagte selbst kommentiert bestätigend die Anmerkung der „WE.“, dass diese alles etwas skeptischer sehe ohne darüber hinaus deren Aussagen irgendwie zu widersprechen. Aufgrund des Gesprächs ist jedoch offensichtlich, dass der Angeklagte L. J. in Kenntnis der Angeklagten M. bereits im KJ. 2019 sein Geld maßgeblich mit dem Verkauf von Betäubungsmitteln verdiente.
227Weiter erhält die Angeklagte von einer „PV.“ dann auch am 06.04.2020 eine Sprachnachricht, in welcher diese mitteilt, bei ihm sowieso vorsichtig zu sein und begründet dies damit, dass er sich ja im Wesen nicht geändert habe und den „gleichen Scheiß immer noch beruflich, also ‚beruflich‘ mache“ und dabei lacht. Sie habe Sorgen um die Angeklagte, da es zwar seine Sache sei, wenn er sowas mache, aber die Angeklagte habe damit ja auch im entferntesten Sinne irgendwie zu tun und rät ihr, sich einen Banker oder so zu suchen. Auch dieses Gespräch belegt, dass jedenfalls die Freundin der Angeklagten auch zu diesem Zeitpunkt noch davon ausging, dass der Angeklagte maßgeblich Drogen verkaufte. Dass dies auch im Juni weiter der Fall war, zeigt eine weitere Chatkommunikation zwischen der Angeklagten und der „PV.“ vom 23.06.2020, in welcher die Angeklagte berichtet, dass die Polizei sie auf der Autobahn „gefickt“ habe, sie einfach rausgezogen habe. In einer Sprachnachricht erläutert sie, dass alles gut sei, man nichts gefunden habe. Nachdem sie es dem „L.“ erzählt habe, schiebe der ein bisschen Paranoia und fügt an, dass sie das verstehe aber denke, wenn die einen Verdacht hätten, hätten sie sie ja schon in LX. rausgezogen und nicht erst vor AL.. Sowohl die Paranoia des Angeklagten L. J. als auch der Kommentar der Angeklagten, dass sie das verstehen kann und ihre Überlegungen, ob tatsächlich ein konkreter Verdacht vorliege, sprechen eindeutig dafür, dass auch zu diesem Zeitpunkt nicht nur Betäubungsmittelgeschäfte durchgeführt wurden, sondern auch, dass die Angeklagte davon wusste.
228Weitere Belege hierfür finden sich in einer weiteren Kommunikation der Angeklagten mit der „PV.“ vom 23.07.2020, in welcher die Angeklagte dieser über einen Streit mit dem „L.“ berichtet und dabei ausführt, dass dieser einfach Angst gehabt habe, dass die Polizei komme oder jemand der schreibe. In einer Sprachnachricht führt sie hierzu genauer aus, dass es richtig eskaliert sei, er rumgeschrien und sie rumgeschubst habe und komplett ausgerastet sei. Als der Nachbar schon die Polizei rufen wollte, habe der „halt Schiss“ gehabt, das die Polizei komme, „weil der hat grad eine Lieferung nach Hause bekommen und dann wäre der halt ins Gefängnis gekommen, wenn die gekommen wären und so“. Gerade im Hinblick auf die bereits dargestellten Kommunikationen, in denen es augenscheinlich um Drogen ging, geht die Kammer auch hier sicher davon aus, dass es sich gerade um eine – der Angeklagten bekannte – Lieferung von Betäubungsmitteln an den Mitangeklagten ging. Dies erklärt alleine die Einschätzung, dass er bei Entdeckung durch die Polizei „hierfür“, also für eine schwere Straftat – die Bewährungszeit aus der unter A. I. 3. d) dargestellten Verurteilung war bereits abgelaufen – ins Gefängnis gehen würde. Als unglaubhaft stellt sich dagegen die im Rahmen der Einlassung zu dieser Kommunikation abgegebene Erklärung der Angeklagten dar, wonach es sich bei der erwähnten Lieferung wohl um Lachgas gehandelt habe, von dem sie gewusst habe, dass er dies ein paar Mal bestellt und weiterverkauft habe, was man auf Partys auf Ibiza gereicht bekommen und teilweise habe kaufen können und von dem sie nicht gewusst habe, ob das in Deutschland auch legal sei und sie hierin die Angst des Mitangeklagten begründet habe. Dies erklärt die dargestellte Reaktion des Angeklagten dagegen jedoch gerade nicht. Eine Befassung des Angeklagten L. J. mit Lachgas ist zudem – im Gegensatz etwa zum Handel mit Marihuana – auch insgesamt nicht nachvollziehbar.
229Die dargestellte Kenntnis der Angeklagten wird – entgegen der jeweils von ihr und dem Angeklagten L. J. mit der Einlassung gegebenen Erklärung – auch durch weitere Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung aus Oktober und November 2021 bestätigt.
230Hierzu zählt ein Gespräch zwischen dem Angeklagten L. J. und der Angeklagten vom 16.10.2021, beginnend um 22:22:29 Uhr, in welcher jener mitteilt, dass „der“ auf dem Weg sei und die Angeklagte anweist, ihm „für 80 EURO“ zu geben, er melde sich, wenn der da sei. Bei dieser Formulierung ‚für 80 EURO‘ geben handelt es sich dabei um eine klassische Formulierung aus dem Drogenjargon, die beschreibt, dass man jemandem eine bestimmte Menge an Betäubungsmittel für einen von diesem aufgebrachten Geldbetrag übergibt. Im Zusammenhang damit, dass der Angeklagte augenscheinlich jemanden zur Angeklagten schickt, spricht dies letztlich dafür, dass die Angeklagte dieser Person entsprechend Betäubungsmittel – etwa 10 Gramm Marihuana zu einem Preis von 8 EURO pro Gramm – aushändigen sollte. Die von den Angeklagten L. J. und M. mit ihren Einlassungen gegebene Erklärung, dass es um die Kosten für eine Fahrt handle, die sie dem Fahrer – nach der dargestellten Einlassung der Angeklagten M. handle es sich um den Angeklagten I. – geben solle, fügt sich dagegen zu der Formulierung aufgrund der Präposition „für“ gerade nicht. In diesem Fall hätte der Angeklagte die Aufforderung sicher anders formuliert und schlicht geäußert „gib ihm 80 EURO“. Das Gespräch fügt sich insofern sowohl zur Annahme, dass die Angeklagte von dem laufenden Betäubungsmittelgeschäften wusste, als auch dass sie hierin wenigstens punktuell als Helferin sogar involviert war.
231Weiter wird die Kenntnis auch durch ein Gespräch zwischen beiden vom 26.11.2021, beginnend um 00:29:02 Uhr bestätigt, in welcher die Angeklagte ihrem Lebensgefährten mitteilt, dass es so in der Wohnung „stinke“ und sie „die Tüte“ jetzt ins Auto lege, dass er sich nicht wundere. Hierauf weist der Angeklagte sie an, es in den Kofferraum zu tun, eine blaue Mülltüte drum zu machen und es zu verknoten. Auch dieses Gespräch fügt sich zu der Annahme, dass es sich hierbei um eine Tüte mit Marihuana handelte, das eine spürbare Geruchsentwicklung hat, wenn es nicht völlig dicht verpackt ist. Zu merklichen Wahrnehmung eines Marihuanageruchs ist es dabei, ausweislich der Durchsuchungsberichte jeweiligen Durchsuchungsprotokolle vom 16.12.2021 an den Adressen ZL.-straße 6 sowie R.-straße 143, auch durch die Polizeibeamten bereits bei Betreten dieser Objekte gekommen, in denen der Angeklagte – auch ausweislich seines Geständnisses – unter anderem Cannabisprodukte aufbewahrte. Die Erklärung der Angeklagten in ihrer Einlassung zu diesem Gespräch, wonach sich der Angeklagte nicht nur Lampen etc. für die Bar sondern auch Klebstoffe nach Hause habe liefern lassen, die für gewisse Montagen benötigt worden seien und so streng gerochen hätten, dass sie den Geruch in der Wohnung nicht mehr habe ertragen wollen und dem Mitangeklagten angekündigt habe, die Utensilien ins Auto zu bringen und die Materialien in Tüte habe verpacken und in den Kofferraum legen sollen, damit nichts im Auto insbesondere auf den Sitzen auslaufe, ist dagegen unplausibel. Im Gegensatz zu Marihuana erscheint es zunächst wenig nachvollziehbar, dass solcher Klebstoff in einer Tüte aufbewahrt würde. Selbst wenn es sich um eine Umverpackung handle, wäre nicht nachvollziehbar, dass ein solcher Klebstoff nicht geruchsdicht verpackt wäre, insbesondere wenn er ja in der Wohnung überhaupt keine Verwendung finden sollte. Dass er überhaupt in die Wohnung geliefert würde, erscheint schließlich kaum nachvollziehbar. Insgesamt fügt sich das Gespräch vielmehr zur Annahme einer Menge an Marihuana in der Wohnung, welche die Angeklagte, weil sie die Geruchsentwicklung störte, in ein Auto verbracht hat.
232Unter Gesamtwürdigung der Gespräche hat die Kammer keine Zweifel daran, dass die Angeklagte sowohl von den Betäubungsmittelgeschäften des Angeklagten wusste, als auch diesbezüglich jedenfalls punktuell selbst Kontakt hierzu hatte. Dies gilt dabei bereits für den Beginn ihrer Beziehung im Jahr 2019 und habe sich auch in die Zeit des gemeinsamen Zusammenwohnens durchgezogen. Die Kammer verkennt nicht, dass jedenfalls in der Kommunikation aus 2019 erkennbar ist, dass sie zu diesem Zeitpunkt dem Betäubungsmittelhandel ihres Lebensgefährten kritisch gegenüberstand, insgesamt scheint sie diesen jedoch zumindest akzeptiert zu haben. Die umfassende Einlassung der Angeklagten und des Angeklagten L. J., wonach sie vom Betäubungsmittelhandel keine Kenntnis gehabt habe und erst am Ende selbst die Vorstellung entwickelt habe, dass ihr Lebensgefährte Drogen verkaufe, stellt sich insgesamt jedoch eindeutig als Schutzbehauptung dar.
233cc) Auf dieser Grundlage ist die Kammer weiter auch davon überzeugt, dass die Angeklagte es billigend in Kauf nahm, dass es sich bei der übernommenen und aufbewahrten Lieferung um wenigstens zwei Kilogramm Marihuana handelt.
234Aus dem bereits dargestellten Gespräch vom 08.11.2021 um 17:30:18 Uhr ergibt sich dabei eindeutig, dass der Angeklagte L. J. ihr mitteilt, dass es „HY.“, also der Zeuge VV. sei. Dass es sich indes nicht um diesen persönlich handelt, sondern um einen Kurier, ergibt sich aus den ebenfalls dargestellten Gesprächen, aus denen sich nachvollziehen lässt, dass der Zeuge eben einen bereits in LX. angekommenen Fahrer zum T.-straße schickt, weil dieser die Lieferung nicht an den Angeklagten I. hat übergeben können. Die Angeklagte wusste insofern, dass es sich um eine Lieferung handelt, welche der ihr bekannte VV., der in den Niederlanden ansässig war, durch einen Kurier hat überbringen lassen. Soweit die Angeklagte – wie dargestellt – auch von den Betäubungsmittelgeschäften ihres Lebensgefährten wusste, ist es naheliegend, dass ihr ebenso bekannt war, dass er dabei regelmäßig mit dem Zeugen VV. zusammenarbeitete. Es ist jedenfalls kein Grund erkennbar, aus dem heraus der Angeklagte L. J. ihr insoweit nicht die Wahrheit sagen sollte, obwohl sie Kenntnis von seinen Geschäften hatte und diese teilweise auch unterstütze. Hierfür spricht zudem, dass ausweislich der Auswertung des, der Angeklagten M. zugeordneten, iPhone 11 Pro diese mehrere niederländische Telefonnummern des „GW.“, dem Vornahmen des Zeugen VV., gespeichert hatte und mit diesem zwischen dem 07.11. und 14.12.2021 insgesamt 53 Telefonate sowie Chats geführt wurden. Dabei kam es etwa auch dazu, dass dieser über die Nummer der Angeklagten versuchte, den Angeklagten L. J. selbst zu erreichen. Gerade vor dem Hintergrund des dargestellten Gesprächs vom 16.10.2021 und ihrer Kenntnis vom Betäubungsmittelhandel ihres Lebensgefährten ist weiter nicht erkennbar, was durch den Zeugen VV. über einen eigenen Kurier außer Betäubungsmittel in den späten Nachmittagsstunden überbracht worden sein soll. Hierzu fügt sich auch, dass sich etwa – wie dargestellt – am 26.11.2021 ebenfalls Marihuana in einer Menge, welche zu Geruch geführt hatte, vorübergehend in der Wohnung befunden hatte. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass der hiesige Vorgang vor dem 26.11.2021 liegt, geht indes davon aus, dass die Anlieferung und jedenfalls vorübergehende Zwischenlagerung von Betäubungsmitteln an der Wohnadresse keine Ausnahme darstellte.
235Die übergebene Menge nahm die Angeklagte bei Annahme des Pakets auch sicher wahr, wobei sie die Verpackung sah und naheliegenderweise auch berührte. Selbst bei Annahme, dass sie weder sehen konnte, was sich in dem Paket befand, noch dass sie das Marihuana riechen konnte, musste sich auch das Größen/Gewichtsverhältnis des Pakets zu der Annahme fügen, dass in diesem Paket Marihuana enthalten sein könnte. Kontakt zu Marihuana hatte die Angeklagte – wie dargestellt – auch zuvor und naheliegenderweise aufgrund ihrer Beziehung zu dem Angeklagten L. J..
236Auch die diesbezügliche Einlassung der Angeklagten, sich an das Paket nicht erinnern zu können, aber davon ausgehe, dass es sich um eines der Pakte für die Bar gehandelt habe, die sie zu dieser Zeit regelmäßig angenommen habe und bei einer Ahnung, dass es sich um Drogen hätte handeln können, diese niemals angenommen hätte, ist unglaubhaft. Bereits die Grundlage der Einlassung, dass die Angeklagte von dem Betäubungsmittelhandel ihres Lebensgefährten nichts gewusst habe, ist nachvollziehbar falsch. Auch der Hinweis auf vermeintliche andere legale, an die Wohnung zugestellte, Lieferungen in dieser Zeit verfängt zudem nicht, da die Angeklagte ja ausdrücklich informiert war, von wem die Lieferung stammte und dass es sich dabei eben nicht um einen Paketdienst oder Ähnliches handelte sondern um einen Kurier des Zeugen VV..
237d) Die – insoweit rechtskräftigen – Feststellungen zur Beteiligung des Angeklagten I. an der anschließenden Auslieferung der Betäubungsmittel nach ET. für den Zeugen VV. beruhen auf dem – bereits dargestellten – Beweisergebnis, wonach es zu der von diesem geplante Auslieferung durch den Angeklagten schließlich auch gekommen ist. Sie geht insofern davon aus, dass er auch für diesen Auftrag die nach seiner Einlassung in anderen Fällen erhaltene Vergütung von 50 EURO erhalten hat.
2383. Die Kammer ist darüber hinaus – entgegen der Einlassung des Angeklagten L. J. – auch davon überzeugt, dass er am gleichen oder Folgetag auch selbst weitere wenigstens acht Kilogramm Marihuana aus den Niederlanden geliefert bekommen hat.
239Aus der bereits dargestellten Kommunikation zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen VV. ergibt sich dabei, dass der Angeklagte bei diesem ganz konkret Betäubungsmittel bezog, ihm der Zeuge auch bereits zugesagt hatte, dass die nächste Abnahmemenge für ihn sei und in dem Gespräch von 17:13:28 Uhr bereits erklärt hat, dass er bereits mehr als acht Kilogramm für den Angeklagten besorgt habe. Ganz konkret hatte er dem Angeklagten daher mehrfach vorgeschlagen, sich die zwischengelagerte Menge anzuschauen, um die Qualität der eigenen Lieferung zu überprüfen. Aufgrund dieser klaren Erklärungen hat die Kammer keine Zweifel daran, dass dem Angeklagten die bereits besorgte Menge auch übermittelt wurde. Anhaltspunkte dafür, dass es trotz der Verfügbarkeit der Betäubungsmittel beim Zeugen nicht zu einer Auslieferung zum Angeklagten gekommen wäre, liegen nicht vor, sie ergeben sich insbesondere nicht aus den in der Telefonüberwachung aufgezeichneten Gesprächen oder in den Chatnachrichten, die auf den sichergestellten Mobiltelefonen gefunden wurden.
240Andererseits lässt sich indes auch nicht feststellen, dass – wie vom Zeugen angekündigt – er noch eine größere Menge als acht Kilogramm organisiert und ausgeliefert hätte. Entsprechend der vom Angeklagten – wenn auch nicht konkret auf diesen Fall bezogen – dargestellten Zusammenarbeit mit dem in den Niederlanden ansässigen Zeugen VV. sowie dem Umstand, dass nachvollziehbar bereits an diesem Tag ein Kurier des Zeugen in LX. war, bestehen auch keine Zweifel daran, dass es aufgrund der Bestellung des Angeklagten zu einem Verbringen der Betäubungsmittel aus den Niederlanden kam.
2414. Hinsichtlich beider Marihuanamengen geht die Kammer im Wege der Schätzung von einem Wirkstoffgehalt von wenigstens 10% THC aus, nachdem sich keine Anhaltspunkte für eine abweichende Qualität ergeben und es sich – ausweislich des dargestellten Hinweises des Zeugen VV. – in beiden Gelegenheiten um die gleiche Ware handelt, welche der Zeuge im Gespräch um 13:41:56 Uhr auch als „Schöne“ bezeichnet hat, also von einer guten Qualität ausging.
2425. Die Feststellungen zum Verkaufserlös der bezogenen wenigstens acht Kilogramm Marihuana beruhen auf einer Schätzung, nachdem sich weder der Einkaufs- noch der Verkaufspreis des Angeklagten aus der konkreten Kommunikation ergeben. Zu seinen Gunsten geht die Kammer davon aus, dass er das Marihuana indes selbst für einen Preis von 4.000 EURO pro Kilogramm an Abnehmer weiterverkauft hat, obwohl nach der forensischen Erfahrung der Kammer regelmäßig selbst beim Verkauf größerer Mengen im Kilogrammbereich weit höhere Verkaufspreise erzielt werden und sich selbst der Einkaufspreis inklusive Transport aus den Niederlanden regelmäßig als teurer darstellt.
243VI. Die unter B. V. getroffenen Feststellungen (Fall 4 der Anklage II) beruhen auf den Geständnissen der Angeklagten L. J. und I. sowie dem weiteren Beweisergebnis.
2441. a) Der Angeklagte L. J. hat – wie bereits unter V. 1. a) aa) dargestellt – mit der Verteidigererklärung am zweiten Hauptverhandlungstag erklärt, dass dieser Fall nach dem dargestellten Muster abgewickelt worden sei.
245b) Mit der zu Eigen gemachten Verteidigererklärung hat der Angeklagte I. am fünften Hauptverhandlungstag zu diesem Fall erklärt, am Abend des 21.11.2021 im Auftrag des L. eine REWE-Tüte nach NJ. verbracht zu haben. In der Tüte sei ein in Zeitungspapier eingewickeltes Paket gewesen, wo Geld drin gewesen sein sollte. Er gehe auch heute noch davon aus, dass da Geld drin gewesen sei, denn das Paket habe die Größe wie ein Geldbündel gehabt. Um welchen Betrag es sich gehandelt habe, könne er nicht sagen. Der in der Anklage benannte Betrag könnte aber passen. Auf Zuruf des L. habe er das Geld an seiner neuen Wohnung im T.-straße abgeholt und zur Anschrift von dem VV. in NJ. verbracht, wo er gegen 21:00 Uhr angekommen sei. Er habe das Geld nur bei VV. abgegeben und habe nichts mit zurückgenommen.
2462. Die Geständnisse sind glaubhaft.
247Die Bestellung von wenigstens fünf Kilogramm Marihuana durch den Angeklagten L. J. sowie die Übermittlung des Kaufpreises jedenfalls in zwei unterschiedlichen Teilakten – einmal durch den Angeklagten I. am Abend des 21.11.2021 sowie ein weiteres Mal am Folgetag durch den Angeklagten L. J. selbst – lässt sich auch in der Telefonüberwachung nachvollziehen.
248Dass es sich dabei jedenfalls um den Bezug von fünf Kilogramm Marihuana handelt, ergibt sich insbesondere aus einem Gespräch zwischen dem Angeklagten L. J. und dem Zeugen VV. vom 21.11.2021, beginnend um 18:03:07 Uhr, in welchem dieser mitteilt, Morgen „fünf“ der Schönen zu haben, worauf der Angeklagte dies bestätigt und darum bittet, diese direkt zu erhalten, sobald sie da seien. Ausdrücklich teilt der Zeuge dabei mit, dass er es morgen erst bekommen werde, worauf der Angeklagte erklärt, heute „15“ mindestens geben zu können. Um 18:54:42 Uhr teilt der Angeklagte dem VV. dann mit, dass er „acht“ total habe, worauf der Zeuge ihn um 19:33:58 Uhr fragt, ob er die „acht“ direkt geben könne, was dieser bejaht, ankündigt, wenn sie warten würden auch mehr geben zu können und schließlich mitteilt, „IH.“ – also den Angeklagten I. – zu fragen, ob er fahren könne. In einem Gespräch beginnend um 19:34:45 Uhr nimmt der Angeklagte I. nachvollziehbar die Aufgabe an, zu „EE.“ und dann zu „Nef“ zu fahren. Die Darstellungen von „fünf“ der Schönen lässt sich dabei als Bezeichnung für eine Menge von fünf Kilogramm Marihuana verstehen, wohingegen die erwähnten Beträge von „15“ und schließlich „acht“ entsprechende Geldbeträge, also 15.000 bzw. 8.000 EURO als Kaufpreis hierfür bezeichnen. Indem der Angeklagte L. J. dem Zeugen VV. um 21:00:39 Uhr die Ankunft des IH. in zehn Minuten bei ihm zuhause ankündigt, ist entsprechend von einer Überbringung von wenigstens den 8.000 EURO auszugehen.
249Dass der Angeklagte L. J. dann weitere jedenfalls 8.000 EURO am 22.11.2021 selbst nach NJ. überbrachte, lässt sich dann in den Gesprächen zwischen ihm und dem Zeugen VV. an diesem Tag nachvollziehen. Nachdem der Zeuge ihm in einem Gespräch beginnend um 11:27:26 Uhr angekündigt hat, selbst in zwei Stunden in NJ. zu sein und um 12:17:35 Uhr konkretisiert, in einer Stunde da zu sein, kündigt der Angeklagte L. J. an, auf das Auto von „F.“, also seines Bruders, zu warten und dann zu kommen. Schließlich teilt der Angeklagte dem Zeugen um 13:38:10 Uhr mit, auf dem Weg zu sein und erklärt auf Nachfrage, wieviel er dabei habe, ausdrücklich „acht“ und ergänzt, dass es gestern und heute „16“ seien. Aufgrund des ausdrücklichen Zusammenhangs mit der Zahlung vom Vortag und der am Vortrag mitgeteilten Möglichkeit, auch mehr als 8.000 EURO zusammenzubekommen, geht die Kammer davon aus, dass insgesamt wenigstens die erwähnten 16.000 EURO für das Geschäft überbracht worden sind. Dieser Preis erscheint auch plausibel, wenn auch günstig, für den Bezug von fünf Kilogramm Marihuana.
250Dass der Angeklagte I. oder der Angeklagte L. J. in einem der beiden Fahrten auch selbst bereits Teile der bestellten Betäubungsmittel mit nach Deutschland gebracht hätte, lässt sich nicht feststellen. Hiervon ist jedenfalls – mit Ausnahme der Ankündigung des VV. vom 21.11.2021, dass er die fünf Kilogramm am nächsten Tag erhalte – letztlich nichts Konkretes ersichtlich. Dass einer der beiden Angeklagten in einem anderen Fall den Transport über die Grenze übernommen hätte, ist aus dem Beweisergebnis auch nicht ersichtlich. Letztlich geht die Kammer davon aus, dass der Zeuge die Betäubungsmittel – wie auch sonst – auf Bestellung des Angeklagten L. J. durch einen eigenen Kurier nach Deutschland hat verbringen lassen. Hierfür spricht auch ein Gespräch vom 24.11.2021, beginnend um 14:06:57 Uhr, in dem der Zeuge VV. dem Angeklagten L. J. mitteilt, dass er mit einem Dritten gesprochen habe, der gleich losfahre und sich bei diesem in einer Stunde melde. Die Ankündigung fügt sich im Hinblick auf die zeitliche Nähe zum vorherigen Überbringen des Kaufpreises und die zwischen NJ. und LX. passende Fahrtzeit von einer Stunde zur Annahme einer solchen Auslieferungsfahrt.
2513. Die Feststellungen zur Beteiligung des Angeklagten I. an der Übermittlung eines Teils des Kaufpreises gegen 50 EURO Entlohnung und dessen Vorsatz bezüglich des Betäubungsmittelgeschäfts beruht auf dem Geständnis des Angeklagten, welches durch das Beweisergebnis bestätigt wird.
2524. Die Kammer geht auch in diesem Fall zugunsten des Angeklagten von einem Wirkstoffgehalt des Marihuanas von wenigstens 10% THC aus, obwohl der Zeuge VV. diesbezüglich in dem dargestellten Gespräch ausdrücklich sogar von „schöne“, also einer guten Qualität, gesprochen hat. Zu Gunsten des Angeklagten geht die Kammer auch hier von einem erzielten Verkaufspreis von wenigstens 4.000 EURO pro Kilogramm aus.
253VII. Die unter B. VI. getroffenen Feststellungen (Fall 5 der Anklage II) beruhen auf dem Geständnis des Angeklagten L. J. und dem weiteren Beweisergebnis.
2541. Der Angeklagte J. hat – wie bereits unter V. 1. a) aa) dargestellt – mit der Verteidigererklärung am zweiten Hauptverhandlungstag erklärt, dass auch dieser Fall nach dem dargestellten Muster abgewickelt worden sei.
2552. Der Bezug von letztlich zwei Kilogramm Marihuana lässt sich auch hier anhand der zwischen dem Angeklagten L. J. und dem Zeugen VV. geführten Telefonate nachvollziehen. Insbesondere teilt dieser dem Angeklagten am 25.11.2021, beginnend um 15:34:11 Uhr mit, dass er jemanden gefunden habe, wobei der Preis „4.3“ betrage und konkretisiert in einem weiteren Gespräch ab 15:38:16 Uhr, dass diese ihr Geld direkt haben wollten und der Angeklagte zur Übersendung von Geld auffordert. In weiteren Gesprächen lässt sich sodann nachvollziehen, dass der Angeklagte selbst zum Zeugen reist, um augenscheinlich den Kaufpreis zu überbringen, wobei er ab 16:49 Uhr ausdrücklich auf Nachfrage mitteilt, „15“, also 15.000 EURO, zu transportierten und hält ihn dann um 17:23:39 Uhr und 17:48:16 Uhr über seine Ankunft in NJ. auf dem Laufenden. Dass dieses Geld nur teilweise für den Erwerb Verwendung fand, ergibt sich sodann aus einem nachfolgenden Gespräch um 18:39:54 Uhr, in welchem der Zeuge VV. dem Angeklagten ausdrücklich mitteilt, dass „der“ jetzt gerade da sei und „vier“ dabei habe, von denen „zwei“ wie „Kush“ und „zwei“ gut aussähen. Auf ausdrückliche Nachfrage des Zeugen teilt der Angeklagte in diesem Gespräch dann mit, dass er die „zwei guten“ nehme und ansonsten sein Geld zurück wolle. Es ist insofern nachvollziehbar, dass der Zeuge just in diesem Moment entsprechend den Vorgaben des Angeklagten und mit dessen zuvor überbrachten Bargeld zwei Kilogramm Marihuana erwirbt.
256Schließlich lässt sich auch hier die Auslieferung durch einen Kurier des Zeugen VV. nach LX. von NJ. aus in den Gesprächen der Telefonüberwachung nachvollziehen. Nachdem der VV. den Angeklagten beginnend um 18:42:00 Uhr fragt, ob alles frei gewesen sei, was dieser bestätigt, erklärt er um 19:53:39 Uhr, dass jemand gleich am Kiosk sei und erhält um 20:28:00 Uhr die Bestätigung des Angeklagten, das alles geklappt habe. Im Hinblick auf die zeitliche Nähe und die Fahrtzeit von etwa einer Stunde fügen sich die Gespräche dazu, dass der Zeuge unmittelbar nach Erhalt der Betäubungsmittel auf dessen Bestellung einen Kurier über die Grenze nach LX. zur Auslieferung entsandt hatte.
2573. Die Feststellungen zur Wirkstoffmenge des Marihuanas von wenigstens 12% THC beruht auf einer Schätzung. Aufgrund des dargestellten Gesprächs ist davon auszugehen, dass es sich um besonders gute Qualität und Marihuana der Sorte „Haze“ handelt. Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss, da der Zeuge VV. die andere – vom Angeklagten nicht übernommene – Menge insofern abgrenzend als wie „Kush“ aussehend bezeichnet. Zugunsten des Angeklagten geht die Kammer trotz dieser guten Qualität und trotz des hier sogar höher vom Zeugen angegebenen Kaufpreis von „4.3“, also 4.300 EURO/Kilogramm, wie auch in den anderen Fällen trotzdem von einem Verkaufspreis von wenigstens 4.000 EURO pro Kilogramm aus.
258VIII. Die unter B. VII. getroffenen Feststellungen (Fall 6 der Anklage II) beruhen auf dem Geständnis des Angeklagten L. J. und dem weiteren Beweisergebnis.
2591. Der Angeklagte J. hat – wie bereits unter V. 1. a) aa) dargestellt – mit der Verteidigererklärung am zweiten Hauptverhandlungstag erklärt, dass dieser Fall nach dem dargestellten Muster mit GW. abgewickelt worden sei.
2602. Diese pauschalen Angaben fügen sich zu dem weiteren Beweisergebnis, bei dem sich die Bestellung von sechs Kilogramm Marihuana erneut in den Telefongesprächen zwischen dem Angeklagten L. J. und dem Zeugen VV. nachvollziehen lassen. In diesen kündigt dieser dem Angeklagten am 30.11.2021, beginnend ab 14:12:09 Uhr insbesondere an, dass er mit einer Frau gesprochen habe, von welcher er bekommen könne. Kurz darauf, beginnend um 15:04:08 Uhr, konkretisiert er sodann, dass die Frau „sechs“ geben könne und er darauf warte, dass es jemand holen könne. Ab 15:04:48 Uhr fragt er den Angeklagten sodann, ob dieser gleich „Papiere“ bringen könne und erklärt noch einmal, dass er „sechs“ nehmen könne, der Angeklagte müsse jedoch die „Papiere“ bringen, worauf der Angeklagte auf Nachfrage auch bestätigt, dass er „5.5“ habe und „3“ offen blieben. Anhand der Gespräche lässt sich nachvollziehen, dass der Zeuge konkret Betäubungsmittel in einer Menge von sechs Kilogramm auf Bestellung des Angeklagten bezog und hierfür auch konkret bereits die Übergabe jedenfalls eines Teils des Kaufpreises einforderte.
261Auch hier ist – entsprechend der Einlassung – nicht erkennbar, dass der Angeklagte selbst die Betäubungsmittel in den Niederlanden abholte. Auch insofern lässt sich indes anhand der weiteren Gespräche nachvollziehen, dass es zu einem Treffen zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen gekommen ist. Insofern fragt der Zeuge ihn beginnend um 18:10:52 Uhr, wann er da sei, worauf dieser konkret zwanzig bis dreißig Minuten antwortet. Nachvollziehbar ist indes, dass dieses Treffen der angekündigten Übergabe des Kaufpreises diente und die Betäubungsmittel – wie auch sonst – durch einen Kurier des Zeugen an den Angeklagten überbracht wurden.
2623. Die Kammer geht mangels anderweitiger Anhaltspunkte auch in diesem Fall von einem Wirkstoffgehalt des Marihuanas von wenigstens 10% THC und einem durch den Angeklagten erzielten Weiterverkaufspreis von wenigstens 4.000 EURO pro Kilogramm aus.
263IX. Die unter B. VIII. getroffenen Feststellungen (Fall 7 der Anklage II) beruhen auf dem Geständnis des Angeklagten L. J. und dem weiteren Beweisergebnis.
2641. a) Der Angeklagte J. hat – wie bereits unter V. 1. a) a) dargestellt – mit der Verteidigererklärung am zweiten Hauptverhandlungstag erklärt, dass dieser Fall nach dem dargestellten Muster abgewickelt worden sei.
265b) Der Angeklagte I. hat sich mit seiner zu Eigen gemachten Verteidigerklärung am fünften Hauptverhandlungstag dahingehend erklärt, dass er am Abend des 02.12.2021 auf Zuruf von L. eine Person nach QH. habe fahren sollen, weil man sich nach seiner Kenntnis dort habe treffen wollen. Der genaue Hintergrund des Treffens sei ihm nicht benannt worden. Das Treffen sei aber schlussendlich gescheitert. Er habe dann nach langem hin und her eine Tüte mit „Reklamationsware“ entgegengenommen und an L. übergeben. Er habe sehen und riechen können, dass es sich hierbei um Marihuanareste gehandelt habe. Der Fall ist ihm gegenüber nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden.
266c) Die frühere Mitangeklagte LP. VK. hat sich in ihrer zu Eigen gemachten Verteidigererklärung am fünften Hauptverhandlungstag nicht ausdrücklich zu der Tat erklärt.
2672. Die geständige Einlassung des Angeklagten L. J. wird hinsichtlich der Bestellung von fünf Kilogramm Marihuana durch das Beweisergebnis bestätigt, konkret insbesondere durch die Telefongespräche zwischen dem Angeklagten L. J. und dem Zeugen VV. vom 02.12.2021. Beginnend um 13:42:00 Uhr kündigt dieser dem Angeklagten an, „das Grüne“ besorgen zu können und teilt mit, dass er selbst „vier“ bräuchte und der Angeklagte „fünf“ haben könne. Weiter lässt sich sodann auch nachvollziehen, dass der Angeklagte – wie in den früheren Fällen auch – in der Folge in die Niederlande zur Übergabe jedenfalls von Teilen des Kaufpreises fuhr. Bereits um 17:56:40 Uhr teilt er dem Zeugen insofern mit, dass er auf einen Fahrer warte und erhält um 18:02:07 Uhr die konkrete Nachfrage vom Zeugen, der sich beklagt, die ganze Zeit schon zu warten. In einem Gespräch beginnend um 18:18:45 Uhr teilt er schließlich mit, dass er selbst komme und erklärt auf Nachfrage, dass er „20“ mitbringe und ungefähr „11“ fehlen würden. Schließlich lässt sich auch seine Ankunft beim Zeugen in den Niederlanden nachvollziehen, sodass eine Übergabe von jedenfalls 20.000 EURO Bargeld als Anzahlung nachvollziehbar ist.
268Die Kammer geht entsprechend der Einlassung des Angeklagten L. J. davon aus, dass er auch in diesem Fall die Betäubungsmittel nicht selbst bei dieser Fahrt mit nach Deutschland transportiert hat, sondern diese ihm – wie in den anderen Fällen – im Nachgang auf seine Bestellung hin aus den Niederlanden übersandt wurden. Etwas anderes ergibt sich auch aus der Einlassung des Angeklagten I. nicht.
2693. Die Feststellungen zu Wirkstoffgehalt und –menge des Marihuanas beruhen auch hier entsprechend auf einer Schätzung, bei welcher die Kammer von einem Wirkstoffgehalt von wenigstens 10% THC ausgeht. Anhaltspunkte für eine schlechtere Qualität ergeben sich nicht. Entsprechend geht die Kammer auch hier davon aus, dass der Angeklagte die Betäubungsmittel zu einem Preis pro Kilogramm von wenigstens 4.000 EURO weiterverkauft hat.
270X. Die unter IX. getroffenen Feststellungen (Fall 8 der Anklage II) beruhen auf dem Geständnis des Angeklagten L. J. sowie dem weiteren Beweisergebnis.
2711. a) Der Angeklagte L. J. hat – wie bereits unter V. 1. a) aa) dargestellt – mit der Verteidigererklärung am zweiten Hauptverhandlungstag erklärt, dass dieser Fall nach dem dargestellten Muster abgelaufen sei, es indes zu keiner Lieferung gekommen sei, nachdem er das Geschäft nach Anschauen GW.s Materials auf dem Parkplatz wegen mangelhafter Qualität abgelehnt gehabt habe.
272b) Die Angeklagte M. hat sich – wie unter V. 1. c) bereits dargestellt – mit ihrer zu Eigen gemachten Verteidigererklärung am fünften Hauptverhandlungstag dahingehend eingelassen, sich an den Vorgang nicht erinnern zu können, es sich jedoch um einen von vielen Ausflügen in das Outlet Center in NJ. gehandelt habe. Hinsichtlich der Angeklagten ist die Tat nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden.
2732. Die verbindliche Bestellung von wenigstens fünf Kilogramm Marihuana wird durch das weitere Beweisergebnis bestätigt. Insofern fragt der Zeuge VV. den Angeklagten L. J. in einem Gespräch vom 07.12.2021, beginnend um 18:21:45 Uhr, wann er „dem sagen“ könne und erklärt, dass er morgen „fünf, sechs“ sicher habe. Der Angeklagte bestätigt dies, nachdem er bereits angekündigt hat, dass es 20:00 bis 20:15 Uhr werde. Er erklärt schließlich, dass er in etwa einer Stunde mit XC., der Angeklagten M., losfahren werde. Dass es bei der Fahrt um die Übermittlung jedenfalls von Teilen des Kaufpreises geht, wird auch dadurch bestätigt, dass der Zeuge in dem Gespräch zudem angibt, eine Anzahlung leisten zu müssen. Um 19:50:04 Uhr konkretisiert er entsprechend, gleich bei XC. zu sein und dann loszufahren. Entsprechend lässt sich auch insofern nachvollziehen, dass der Angeklagte – wie in vorherigen Fällen auch – nach NJ. fährt, um jedenfalls Teile des Kaufpreises für die vom Zeugen organisierten Betäubungsmittel zu übergeben.
274Die Kammer geht zu Gunsten des Angeklagten davon aus, dass es letztlich – entsprechend seiner Einlassung – zwar zu einer verbindlichen Bestellung von wenigstens fünf Kilogramm Marihuana, zu einer Auslieferung hingegen nicht kam. Insofern lässt sich anhand der Maßnahmen der Telefonüberwachung weder eine entsprechende Ankündigung einer Auslieferung nachvollziehen noch Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte – im Gegensatz zu vorherigen Fällen – Betäubungsmittel selbst unmittelbar aus den Niederlanden mitgebracht hätte. Nach dem gewöhnlichen Ablauf ist jedenfalls klar, dass der Angeklagte die Betäubungsmittel – wie in den anderen Fällen – bereits bestellt hatte, bevor er in die Niederlande fuhr, auch wenn er diese möglicherweise später storniert hat.
2753. Die Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der Betäubungsmittel, auf welche sich die Bestellung des Angeklagten bezog, beruhen auf einer Schätzung der Kammer, welche auch hier zugunsten des Angeklagten von einer durchschnittlichen Wirkstoffmenge von wenigstens 10% THC ausgegangen ist.
276XI. Die unter B. X. getroffenen Feststellungen (Fall 9 der Anklage II) beruhen auf der teilgeständigen Einlassung des Angeklagten L. J. sowie im Übrigen – insbesondere im Hinblick auf die Widmung des im Sideboard gefundenen Kokains und Ecstasys zu dessen Handeltreiben – auf dem weiteren Beweisergebnis.
2771. a) aa) Der Angeklagte L. J. hat in seiner zu Eigen gemachten Verteidigererklärung vom zweiten Hauptverhandlungstag – anschließend an die unter V. 1. a) aa) dargestellte Einlassung zu Fall 3 – erklärt, das Ergebnis einer anderen Gefälligkeit sei offensichtlich das in Fall 9 erwähnte Kokain. Das aufgefundene Kokain habe weder dem Eigenkonsum noch dem Weiterverkauf durch ihn gedient. Es habe lediglich für ein bis zwei Tage in seiner Wohnung aufbewahrt werden sollen. GW. habe gewusst, dass er niemals Geschäfte mit Kokain gemacht habe, habe aber dennoch an verschiedene andere Kunden das Kokain nach Deutschland geliefert. Noch kurz vor der Hausdurchsuchung bei ihm habe GW. ihn gebeten, er möge kurzfristig das Kokain bei sich aufbewahren. Er und GW. haben das Kokain in eine vorhandene Vapiano-Dose umgefüllt, um diese dann ohne weitere Bemühungen des Versteckens in einem allein von ihm benutzten Schrank zu legen, der in unmittelbarer Nähe der Eingangstür gewesen sei. GW. habe ihn um diesen ungewöhnlichen Gefallen gebeten, da das von ihm beabsichtigte Kokaingeschäft offensichtlich nicht so gelaufen sei, wie er es mit seinem Kunden vereinbart gehabt habe. Letzterer habe offensichtlich nicht das notwendige Kaufgeld parat gehabt, GW. seinerseits habe das Kokain daraufhin nicht wieder zurück in die Niederlande nehmen wollen. Der Plan sei dahin gegangen, dass er, der Angeklagte, das Kokain am darauffolgenden Tage entweder an GW. oder an einen von ihm Benannten herausgeben habe sollen. Dabei habe GW. angedeutet gehabt, dass der Angeklagte diesen Käufer möglicherweise kennen würde. Zu einer solchen Übergabe sei es allerdings nicht gekommen, da am Folgetag das Kokain bei seiner Durchsuchung sichergestellt worden sei. Aus anderen Quellen habe er nunmehr nach seiner Verhaftung in Erfahrung gebracht, dass es sich bei dem Kokainkunden um einen guten Bekannten von ihm handeln könnte, nämlich den PU. KH.. Aus seiner Sicht habe dieser alte Bekannte ganz offensichtlich bewirkt, dass ihm, dem Angeklagten, nicht zuzurechnendes Kokain durch die Polizei gefunden werde. Einen gewissen Sinn ergebe dies für ihn, nachdem für ihn feststehe, dass es sich bei diesem PU. offensichtlich um diejenige Person handle, die durch zahlreiche E-Mails auf angebliche Straftaten seiner Familie hingewiesen habe und die ganz offensichtlich mit der Polizei kollaboriert habe.
278bb) Mit der schriftlichen, zu Eigen gemachten ergänzenden Verteidigererklärung vom neunten Hauptverhandlungstag hat der Angeklagte ausgeführt, dass die kleinere Menge Kokain, die bei ihm noch in der Wohnung gefunden worden sei, Reste seien, die er immer wieder gesammelt oder zugesteckt bekommen habe. Dabei seien auch mal größere „Krümel" an ihn weitergegeben worden, wenn man das so nicht habe weiterverkaufen können. Er persönlich habe das ab und an mal verwendet. Er habe außerdem einen Abnehmer gekannt, der das Kokain genau so habe haben wollen. Er habe es daher gesammelt, in der kleinen Schublade „versteckt“ und hätte das dann seinem Bekannten überlassen. Verkaufen habe man das wohl nicht können.
279b) Die Angeklagte M. hat sich – wie bereits unter V. 1. c) dargestellt – am fünften Hauptverhandlungstag mit der zu Eigen gemachten Verteidigererklärung dahingehend eingelassen, ob des Auffindens fassungslos gewesen zu sein und sich nicht erklären zu können, woher dieses stamme. Hinsichtlich der Angeklagten M. hat die Kammer die Tat im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
2802. Die getroffenen Feststellungen zu den Funden ergeben sich zunächst aus dem Durchsuchungsergebnis der Wohnadresse der Angeklagten L. J. und M. im T.-straße 61 in O.. Ausweislich des Durchsuchungsberichts, dem Durchsuchungs-/Sicherstellungsprotokoll und dem Verwiegevermerk jeweils vom 16.12.2021 sowie des Vermerks vom 03.01.2022 wurden dabei innerhalb der Wohnung Betäubungsmittel an zwei Orten gefunden. Danach befanden sich die weit überwiegende Menge an Betäubungsmittel hinter der rechten Tür eines Sideboards im Flur, wo eine durchsichtige Plastikdose mit einem Stück Kokain – später durch das LKA mit netto 216,76 Gramm verwogen –, eine weitere Plastikdose des Restaurants Vapiano mit einem weiteren Stück Kokain – später durch das LKA mit netto 481,07 Gramm verwogen – sowie eine weitere durchsichtige Plastikdose mit gelbem Deckel mit Pulver/Krümeln an Kokain – später bei der Begutachtung mit netto 7,269 Gramm verwogen – gefunden wurden. Weiter fanden sich danach in diesem Schrank auch eine Tüte mit 36 Ecstasy-Tabletten, eine Tüte mit brutto 6,51 Gramm Marihuana in Form von fünf Blüten und drei kleinen Stücken Marihuana sowie zwei Feinwaagen. Neben diesem Fundort von Betäubungsmitteln hat sich zudem im Wandvorsprung der Trennwand zwischen Wohnzimmer und Flur ein mit einer verschraubten Pressspanplatte bedeckter Hohlraum finden lassen, in der eine kleinere Menge an Betäubungsmitteln gefunden wurden, und zwar zwei Tüten mit brutto 10,26 und brutto 7,17 Gramm Marihuana (ungefähr fünf Blüten), ein etwa 5,66 Gramm schwerer Haschischklumpen, eine Tüte mit ca. brutto 1,87 Gramm Kokain und eine weitere Feinwaage. Die Auffindesituation lässt sich zudem anhand der in Augenschein genommenen Lichtbilder im Einzelnen nachvollziehen.
2813. Die Kammer ist – entgegen der Einlassung des Angeklagten L. J. –davon überzeugt, dass jedenfalls sämtliche in den drei Plastikdosen im rechten Fach des Sideboards gefundenen Menge an Kokain sowie die 36 Ecstasytabletten für das Handeltreiben des Angeklagten bestimmt waren.
282Hierfür spricht zunächst die Auffindesituation selbst. Ausweislich insbesondere der Lichtbilddokumentation befanden sich alle drei Plastikdosen erkennbar in unmittelbaren räumlichen Zusammenhang innerhalb der rechten Seite im oberen von zwei Fächern des Sideboards. Dabei lag die erste Dose mit den netto 481,07 Gramm vorne links und enthielt einen festen Block, der jedoch auf dem Lichtbild erkennbar über eine Bruchkante verfügte und weitere Krümel in der Dose lagen. Direkt dahinter lag obenauf die Dose von Vapiano, welche den netto 216,76 Gramm schweren festen Block enthielt, welcher ebenfalls über eine Bruchkante verfügte. Unmittelbar unter der Vapianobox lag sodann die weitere Plastikbox mit gelben Deckel, welche die netto 7,269 Gramm Kokain in Form von Pulver und etwas größere Krümel sowie einen Löffel enthielt. Bereits der unmittelbare räumliche Zusammenhang dieser drei Dosen spricht dabei für einen gemeinsamen Verwendungszweck, wobei es nachvollziehbar erscheint, dass die Blöcke auch deshalb gebrochen wurden, um sie in diesen Dosen aufzubewahren. Im Hinblick auf den erheblichen Verkaufswert an Kokain erscheint es weiterhin naheliegend, dass etwaige hierbei oder bei einer Portionierung entstehende Krümel und Pulver dann ebenfalls aufbewahrt werden, was sich zu dem Inhalt der dritten Dose mit Pulver und Krümeln fügt. Insbesondere erscheint es im Hinblick auf die Zusammensetzung auch dieses Kokains letztlich plausibel, dass sämtliche in diesem Schrank in unmittelbarer Nähe zueinander aufbewahrten Kokainmengen letztlich aus dem gleichen Vorrat stammen. Ausweislich des Gutachtens des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung vom 11.05.2022 sind diese drei Teilmengen getrennt nach ihrem Wirkstoffgehalt untersucht worden, wobei das in der Vapianodose befindliche Kokain einen Wirkstoffgehalt von 65,8 +/- 5,3 Gramm KHC/100 Gramm, das in der durchsichtigen Box befindliche Kokain Werte von 62,7 +/- 5 Gramm und das in der pulvrigen Form in der dritten Dose aufbewahrte Werte von 67,2 +/- 5,4 Gramm ausgewiesen hat. Alle drei Teilmengen wiesen damit Werte in einem vergleichbaren Bereich aus, der auch insofern bemerkenswert ist, als nach der forensischen Erfahrung der Kammer derzeit im Schnitt wesentlich höhere Wirkstoffgehalte bis nahe an 100% bei solchen Untersuchungen auftreten. Für ein konkret bestehendes Bedürfnis eines Portionierens und Abwiegens fügt sich dann auch, dass in dem Fach – auf den Lichtbildern erkennbar – auch eine Kiste mit Einmalhandschuhen, kleineren Tüten und eine Feinwaage vorhanden waren. Die Auffindesituation spricht damit insgesamt für eine Verkaufsbestimmung des Kokains des – auch im Übrigen im Gegensatz zur Angeklagten M. mit dem Betäubungsmittelhandel befassten – Wohnungsinhabers L. J., da zudem unabhängig von der Frage eines – noch zu diskutierenden – Eigenkonsums des Angeklagten, die Menge letztlich hierfür zu groß wäre.
283Dass der Angeklagte J. auch im Übrigen mit Kokain befasst war, ergibt sich zudem daraus, dass ihm bereits im unter B. I. festgestellten Fall (Anklage I) nach Überzeugung der Kammer Kokain zum Handeltreiben übermittelt werden sollte und in den unter B. XI. und XIII. (Fälle 10 und 12 der Anklage II) betroffenen Räumlichkeiten ebenfalls Kokain gefunden wurde, dessen Zuordnung zu seiner Person der Angeklagte jedenfalls zu Fall 10 der Anklage II auch eingeräumt hat.
284Die Einlassung des Angeklagten ist im Übrigen auch aus sich heraus nicht glaubhaft, da sie bereits unplausibel ist. Insbesondere fügt sich die Einlassung bereits auf einer sehr basalen Ebene nicht zum Auffindeergebnis, da bei Annahme einer kurzfristigen Aufbewahrung nebst gemeinsamer Umverpackung von Kokain des Zeugen VV. in eine Vapianodose letztlich nur ein Teil des in Blockform gefundenen Kokains erklärt würde, nicht jedoch die weitere Dose, in welcher sich ebenfalls ein Block befand. Weiter erschließt sich der Kammer auch der Sinn einer solchen Umverpackung – zudem für einen sehr kurzen Zeitraum – nicht, nachdem der Zeuge das vermeintlich für einen Dritten bestimmten Kokain ja auch in einer bestimmten Form überbracht hätte und dieses – so die Einlassung – ja genau in dieser Menge auch weitergegeben werden sollte. Gegen die Einlassung spricht zudem, dass es sich mit netto 481,07 und 216,76 Gramm, also insgesamt netto 697,83 Gramm Gewicht des Kokains in Blockform um eine in dieser Größenordnung ungewöhnlich krumme Gesamtmenge für einen Abverkauf einer größeren Menge an einen Abnehmer handeln würde. Schließlich erscheint es der Kammer auch als wenig naheliegend, dass die Betäubungsmittel just kurz vor der Durchsuchung eingebracht wurden, die hierfür gegebene Erklärung, wonach der Zeuge KH. einen solchen Fund beim Angeklagten habe provozieren wollen, als insgesamt fantastisch. Insgesamt fügen sich die dargestellten Umstände, insbesondere die recht ordentliche Aufbewahrung der Blöcke innerhalb von zwei Plastikboxen, die krumme Menge insbesondere auch im Zusammenhang mit der weiteren Plastikbox mit Krümeln und Pulver, die vergleichbaren Wirkstoffgehalte der verschiedenen Teilmengen sowie der räumlichen Nähe etwa zu der Feinwaage zu einem eigenständigen Abverkauf aus dieser Gesamtmenge.
285Darüber hinaus geht die Kammer auch hinsichtlich der sich ebenfalls in diesem Schrank aufbewahrten Ecstasytabletten davon aus, dass auch diese zum Verkauf bestimmt waren. Diese befinden sich insofern ebenfalls zusammen mit dem Kokain in dem Sideboard. Anhaltspunkte dafür, dass er diese selbst konsumieren wollte, haben sich diesbezüglich insbesondere nicht ergeben. Eine Befassung des Angeklagten mit Ecstasy zum Zwecke des Handeltreibens liegt demgegenüber auch im Fall 10 der Anklage vor. Die Angeklagte M. hat jeden eigenen Drogenkonsum weit von sich gewiesen, insoweit ist ihre Einlassung auch glaubhaft.
2864. Hinsichtlich der im Hohlraum gefundenen weiteren Betäubungsmittel ist die Kammer weiter ebenfalls davon überzeugt, dass der Angeklagten diese dort bewusst aufbewahrte. Insofern handelt es sich um die von ihm genutzte Wohnung, während er selbst mit Betäubungsmitteln befasst ist. Gleichsam handelte es sich zwar um ein Versteck, jedoch war dieses auch durch die Ermittlungsbeamten bei der Durchsuchung ohne weiteres auffindbar, sodass nichts dafür spricht, dass die Betäubungsmittel dort ohne Wissen des Angeklagten L. J. aufbewahrt wurden. Plausibel erscheint es, dass der Angeklagte kleinere Mengen der verschiedenen Betäubungsmittel in diesem Versteck gelagert hatte, bevor er schließlich dazu übergegangen ist, das Kokain, Ecstasy und Marihuana auch in das – für ihn einfacher und schneller erreichbaren – Sideboard verbracht hat. Dass auch die kleinere Menge Marihuana im Sideboard zum Verkauf bestimmt war, hat die Kammer trotz ihrer Nähe zu Kokain und Ecstasy nicht festgestellt.
2875. Die Feststellungen zur Nettomenge und Wirkstoffmenge des im Sideboard gefundenen Kokains beruhen auf dem Gutachten des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung vom 11.05.2022, wobei die Kammer im Hinblick auf die ausgewiesene Schwankungsbreite der Wirkstoffmengen zugunsten des Angeklagten jeweils vom Mindestwert ausgegangen ist. Hinsichtlich der weiteren dort und in dem Hohlraum gefundenen Betäubungsmittel ist eine Wirkstoffmengenbestimmung nicht erfolgt, jedoch jeweils ein Drugwipetest durch die Polizei auf die jeweils festgestellte Betäubungsmittelart erfolgt, welcher sich auch jeweils zum optischen Zustand der Funde fügt.
288XII. Die unter B. XI. getroffenen Feststellungen (Fall 10 der Anklage II) beruhen zunächst auf dem Geständnis des Angeklagten L. J. sowie der teilgeständigen Einlassung des Angeklagten F. J. und im Übrigen auf dem weiteren Beweisergebnis.
2891. a) aa) Der Angeklagte L. J. hat mit seiner zu Eigen gemachten Verteidigererklärung am zweiten Hauptverhandlungstag erklärt, dass er gelegentlich verlegen um die Annahme und Weiterleitung des an ihn vereinbarungsgemäß übersandten Marihuanas gewesen sei. Da es keine wie auch immer eingespielte Abnehmerkette gegeben habe, er persönlich darüber hinaus gelegentlich nicht unmittelbar verfügbar gewesen sei, habe sich für ihn häufig das Problem gestellt, angelieferte Mengen zwischenzulagern. Insoweit habe es allerdings keine wie auch immer geartete Dauerlösung gegeben. Wenn in Fall 10 Drogen bei F. gefunden worden seien, sei dies allein ihm, dem Angeklagten L. J., zuzurechnen, der dauerhaft einen GE. zu dieser Wohnung gehabt habe.
290bb) Auf spätere Nachfrage durch die Verteidigung des Angeklagten F. J. hat er angegeben, immer einen Schlüssel für die Wohnung des F.s gehabt zu haben, wenn nicht habe sich ein solcher in einer Vase befunden, damit er rein- und rausgekonnt habe. Angerufen habe er nur, um zu erfahren, ob keiner da sei – etwa die Freundin des F.s. In seiner ergänzenden zu Eigen gemachten Verteidigererklärung hat er zudem bestätigt, dass es sich bei einem in einem Telefonat mit seinem Bruder erwähnten Glätteisen um eben ein solches handle. Er habe ein Toupet getragen und habe dessen Haare glätten wollen.
291b) aa) Der Angeklagte F. J. hat sich in einer zu Eigen gemachten Verteidigererklärung am zweiten Hauptverhandlungstag dahingehend eingelassen, in engem Verbund mit seiner Familie zu leben, wobei die Familienangehörige sehr nah zusammen wohnen. Während der Angeklagte selbst eine eigene, an das Elternhaus anschließende, Wohnung bewohne, bestünden in dem Familienverband keinerlei Absperrungen gegenüber den anderen Mitgliedern, sich frei zu bewegen. Sein Bruder L. habe sehr lange bei den Eltern gewohnt und habe dort im Elternhaus auch noch ein eigenes Zimmer. Diesem habe er schon lange die Nutzung seiner eigenen Wohnung als Rückzugsort überlassen, der sich dort immer schon aufgehalten habe. Während er selbst noch nie etwas mit Drogen zu tun gehabt habe und auch weder konsumiert noch gehandelt habe, habe er gewusst, dass sein Bruder L. dies anders gehalten habe. Ihm sei bekannt gewesen, dass dieser mit Drogen zu tun gehabt habe. Er, der Angeklagte F. J., habe sich aus diesem Bereich herausgehalten. In der Familie habe man immer Anteil genommen, sich aber nicht eingemischt.
292Ihn habe nicht wahnsinnig interessiert, was sein Bruder in der Wohnung gemacht habe. Er selbst habe keine Ahnung davon, wie man Amphetamin herstelle oder dergleichen. Er habe auch nicht den Eindruck gehabt, dass Betäubungsmittel hergestellt worden seien. Was der Bruder mache, sei ihm auch egal gewesen, auch wenn er gewusst habe, dass die Dinge bei diesem nicht gerade gelaufen seien. Mehr könne er dazu nicht sagen. Die einzige Bande, der er sich zuordne, sei die Familienbande der Familie J..
293bb) Am zehnten Hauptverhandlungstag hat der Angeklagte F. J. durch eine zu Eigen gemachte Verteidigererklärung erklärt, natürlich wahrgenommen zu haben, dass ab einem gewissen Zeitpunkt Betäubungsmittel in die Wohnung verbracht worden seien. Diese lagen dann nicht überall herum, sondern im Wesentlichen im Ankleidezimmer und der Tiefkühlbox. Er habe gewusst, dass sie eingebracht worden seien, nichts jedoch über Mengen und Wirkstoffgehalte. Klar sei ihm auch gewesen, dass sein Bruder mit Betäubungsmitteln Handel getrieben habe. Er habe sich gegen die Nutzung der Wohnung nicht gewehrt. L. habe die Wohnung immer schon betreten, um dieses und jenes zu tun. Dass in diesem Zeitraum das Betreten im Zusammenhang mit den Betäubungsmitteln gestanden habe, sei ihm schon bewusst gewesen. Und er habe natürlich den Zugang nicht verhindert. Weiterhin hat er erklärt, dass L. einen eigenen Schlüssel zur Wohnung gehabt habe. Ansonsten habe es auch den weiteren Schlüssel in einer Vase vor der Wohnung gegeben, der für jedes der Familienmitglieder gewesen sei. Er selbst – so von ihm selbst hinzugefügt – sei teilweise viel am Arbeiten gewesen und erst spät nach Hause gekommen. Den Schlüssel in der Vase habe auch L. verwendet.
2942. Die getroffenen Feststellungen zur Auffindesituation der Betäubungsmittel beruhen zunächst auf den Ergebnissen der Durchsuchungsmaßnahmen an der Wohnanschrift des Angeklagten F. J. in der R.-straße 143 in LX..
295Die Wohnung besteht, wie sich aus dem Durchsuchungsbericht vom 16.12.2021 und den bei der Durchsuchung gefertigten Lichtbildern ergibt, aus Schlafzimmer, Badezimmer, Ankleidezimmer und Wohnzimmer mit Zugang zum Balkon und offener Küche. Dabei konnten ausweislich des Durchsuchungsberichts, des Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokolls und des Verwiegevermerks jeweils vom 16.12.2021 in der Wohnung eine Vielzahl von Betäubungsmitteln gefunden und sichergestellt werden; – nach der späteren genaueren Messung im Rahmen der Begutachtung – insgesamt netto 3.881,89 Gramm Marihuana, netto 54,485 Gramm Haschisch, ca. 560 Stück (netto 241,251 Gramm) Ecstasytabletten, netto 78,69 Gramm Kokain sowie netto 1.328,27 Gramm Amphetamin. Anhand der in Augenschein genommenen Lichtbilder der Durchsuchung lässt sich dabei erkennen, dass das Marihuana sich insbesondere auf vier große Druckverschlussbeutel verteilt in einem auf dem Boden des Ankleidezimmers befindlichen Umzugskartons befand. Weiteres Marihuana befand sich im Ankleidezimmer lose in einer Schublade und in durchsichtigen Plastiktüten in einem Umzugskarton sowie in einer weiteren durchsichtigen Plastiktüte. In einem roten Koffer im Ankleidezimmer wurden ferner acht Ecstasytabletten in einem Beutel sowie Haschisch sichergestellt. Das Amphetamin befand sich weiter auf den Lichtbildern deutlich erkennbar in einer Tüte im Gefrierfach des Kühlschranks in der Küchenzeile der Wohnung. Schließlich lässt sich anhand der Lichtbilder erkennen, dass sich das Kokain in einer durchsichtigen Box mit gelben Deckel befand, welche ihrerseits in einer grauen Tüte lag. Direkt neben dieser befand sich eine Vielzahl von Ecstasytabletten in Druckverschlusstüten.
2963. Die Feststellungen der Bestimmung der gefundenen Betäubungsmittel zum Handeltreiben des Angeklagten L. J. beruhen auf dessen Geständnis sowie der diese bestätigende Einlassung des Angeklagten F. J..
297Entsprechend hatte der Angeklagte L. J. auch bereits im Haftprüfungstermin vom 04.01.2022 ausdrücklich erklärt, dass er freien Zugang zu der Wohnung gehabt habe, ebenso wie der Angeklagte F. J. in seiner Haftprüfung am gleichen Tag bereits sinngemäß erklärt hatte, mit den Betäubungsmittel nichts zu tun zu haben. Hinweise darauf, dass der Angeklagte F. J. tatsächlich selbst mit Betäubungsmitteln gehandelt hätte, haben sich auch aus der Beweisaufnahme nicht ergeben, sodass die Einlassung der Angeklagten bestätigt wird, dass diese dem L. J. zuzuordnen sind. Dass die gelagerten Betäubungsmittel zum Handeltreiben vorgehalten wurden, fügt sich dabei gerade auch zu den erheblichen Mengen und der auf den Lichtbildern dokumentierten Aufbewahrungsform der Betäubungsmittel. Insofern fanden sich – wie dargestellt – große Teile des Marihuanas in großen verschlossenen Druckverschlussbeuteln in einem Umzugskarton, während auch die größte Menge der Ecstasytabletten in Druckverschlusstüten in einer größeren Umverpackung direkt neben dem Kokain in einer Box befand. Schließlich wurde die Amphetaminpaste am Stück im Tiefkühlfach aufbewahrt.
2984. Die Kammer ist weiter davon überzeugt, dass der Angeklagte F. J. sowohl Kenntnis von den in seiner Wohnung gefundenen Betäubungsmitteln hatte, deren Umfang jedenfalls billigend in Kauf nahm, als auch – noch über seine Einlassung hinaus – diesen Betäubungsmittelhandel seines Bruders jedenfalls punktuell auch aktiv unterstützte.
299Dass er von den Betäubungsmitteln wusste, hat der Angeklagte letztlich eingeräumt und ergibt sich indes auch bereits aus der Auffindesituation. Unabhängig davon, inwiefern er seinem Bruder die Nutzung der Wohnung ermöglichte, handelte es sich bei der Wohnung in erster Linie jedenfalls auch um seine Wohnung, die er zu Wohnzwecken nutzte. Bei lebensnaher Betrachtung konnte dem Angeklagten insofern indes nicht entgehen, dass sich in der Wohnung an verschiedenen Stellen teils erhebliche Mengen an Betäubungsmittel befanden und darüber hinaus auch weitere Utensilien, die sogar auf eine Herstellung von Amphetamin in der Wohnung hindeuten. Insofern lässt sich anhand der Lichtbilder der Durchsuchung zunächst nachvollziehen, dass – wie dargestellt – vier große Tüten Marihuana letztlich im Ankleidezimmer in einem nach oben nicht geschlossenen Umzugskarton lagen. Eine kleinere Menge Marihuana befand sich zudem offen auf einem Schrank aufliegend sowie in einer Schublade, in der auch Werkzeug gelagert war. Die Amphetaminpaste füllte schließlich erhebliche Teile des Tiefkühlfachs des Kühlschranks aus, was dem Angeklagten ebenfalls nicht entgangen sein kann. Im Hinblick auf das Amphetamin befand sich in einer Wäschetonne im Ankleidezimmer darüber hinaus ein Mixer mit Amphetaminanhaftungen sowie Koffein, was deutlich auf eine Herstellung von Amphetamin in der Wohnung selbst hindeutet. Hierzu fügt sich auch, dass in einer Kiste in der Küche Batteriesäure gefunden wurde, ein Bestandteil, der zur Herstellung von Amphetaminpaste aus Amphetaminöl benötigt wird. Ein anderer Grund, warum sich in der Wohnung Batteriesäure befinden sollte, ist zudem nicht ersichtlich. In einer Bauchtasche auf einem Schrank im Wohnzimmer wurde ferner eine Feinwaage mit weißen Anhaftungen gefunden. Auf dem Balkon wurden ein leerer Plastikkanister sowie weitere Plastikgefäße und ein Trichter in einem schwarzen Bottich sichergestellt.
300Darüber hinaus wird die Annahme der Kenntnis von und jedenfalls punktuellen Einbindung in das Handeltreiben auch durch Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung gestützt.
301Insbesondere folgt dies etwa aus einem Telefonat zwischen den Angeklagten L. und F. J. vom 28.10.2021, beginnend um 16:00:05 Uhr. Der Angeklagte F. hat dabei – wie bereits dargestellt – die Zuordnung zu seiner Person (Rufnummer N07) bei Inaugenscheinnahme insbesondere eines Gesprächs vom 03.10.2021, beginnend um 19:16:25 Uhr ebenso bestätigt wie diejenige seines Bruders (Rufnummer N07). In diesem Gespräch bittet der L. seinen Bruder darum, noch einmal bei einem Dritten wegen der „Säure“ anzurufen, worauf sich auf die Nachfrage des F. ausdrücklich ergibt, dass es um „Batteriesäure“ gehe. In einem weiteren Gespräch ab 16:12:55 Uhr teilt der F. seinem Bruder sodann mit, dass dieser noch fünf Stück da habe. Aus den Gesprächen ergibt sich, dass der Angeklagte L. letztlich jedenfalls Batteriesäure von einem Bekannten des F. bezogen hat, welches dann zur Herstellung von Amphetaminpaste Verwendung fand. Dass die Herstellung von Amphetamin zudem in der Wohnung des F. erfolgt war, fügt sich gerade zum dargestellten Durchsuchungsergebnis, als dort sowohl Amphetaminpaste als auch eben Batteriesäure, ein Mixer mit erkennbaren Amphetaminanhaftungen und daneben Koffein als typisches Streckmittel hiervon aufgefunden wurden. Hierzu fügt sich zudem ein weiteres Gespräch zwischen den Angeklagten vom 13.12.2021, beginnend um 21:14:02 Uhr, in welchem der L. seinem Bruder mitteilt, dass er oben das Fenster aufmachen müsse, worauf dieser mitteilt, es bereits selbst zu riechen. Auch insofern erscheint naheliegend, dass dies etwas mit dem Herstellungsprozess des Amphetamins zu tun hatte. Die Erklärung beider Angeklagten nach Inaugenscheinnahme des Gesprächs, dass es aufgrund einer iranischen oder afghanischen Küche in einer angrenzenden Wohnung regelmäßig das Bedürfnis zu lüften ergeben hätte, erscheint hingegen wenig plausibel. Zur Herstellung von Amphetamin fügt sich weiter ein Gespräch vom 31.10.2021, beginnend um 12:24:56 Uhr, in dem der Angeklagte L. J. seinen Bruder fragt, ob die Mutter unten Einliterflaschen habe und erklärt dazu, dass er oben sei und solche bräuchte. Der Angeklagte F. erklärt, er habe die alle weggebracht, oben seien jedoch 750 ml Flaschen, die er leer machen könne. Auch dies spricht dafür, dass der Angeklagte L. J. diese im Zusammenhang mit der Herstellung von Amphetamin verwendet hatte. Dass der Angeklagte F. den Angeklagten L. J. auch weiter unterstützte, zeigt sich weiter etwa in einem Gespräch vom 26.10.2021, beginnend um 20:10:48 Uhr, in welchem der L. seinen Bruder auffordert, in die Küche zu gehen und einer Person, die in 15 Minuten da sei, etwas aus einer Schublade „mit den Tüten“ zu geben. Während des Gesprächs findet der F. diese auch und lässt sich genau erklären, was er dort weitergeben solle. In einem weiteren Gespräch vom 03.11.2021, beginnend um 14:31:47 Uhr kündigt der Angeklagte L. J. seinem Bruder zudem an, dass jemand hochkomme, worauf der F. dies bestätigt und neben dem Hinweis auf „Kühlschrank“ auch angibt, sich zu kümmern. Insgesamt erscheint auch hier eine Verbindung mit den Betäubungsmittelgeschäften des Angeklagten L. J. in der Form naheliegend, dass F. J. in Tüten portioniertes und abgepacktes Betäubungsmittel an Abnehmer herausgab bzw. Abnehmer mit im Kühlschrank gelagerten Amphetamin versorgte. Über seine geständige Einlassung hinaus stellt es sich insgesamt insbesondere so dar, dass der Angeklagte nicht völlig unbeteiligt hinsichtlich der Geschäfte seines Bruders agiert hat, sondern diese – wenn auch nicht unbedingt aus Eigeninteresse – jedenfalls punktuell unterstützt hat.
302Diese Unterstützungshandlungen belegen zugleich, dass der Angeklagte F. J. das Handeln seines Bruders nicht nur duldete, sondern aktiv unterstützte und begründen zudem die Überzeugung der Kammer, dass er auch mit dem Willen handelte, sich selbst und seinem Bruder den ungehinderten Zugang zu den jeweils in der Wohnung gelagerten Betäubungsmitteln zu erhalten. Die dargestellten Telefonate belegen ferner, dass die Lagerung von Betäubungsmitteln in der Wohnung bereits geraume Zeit, nämlich jedenfalls ab Oktober 2021, praktiziert wurde.
303Insbesondere ergibt sich aus der Telefonüberwachung indes auch, dass der Angeklagte L. J. nicht stets ohne zusätzliche Anfrage Zugang zur Wohnung des Angeklagten F. J. hatte. In mehreren Gesprächen, etwa am 02.10.2021 ab 19:28:58 Uhr, am 04.10.2021 ab 18:14:37 Uhr, am 08.11.2021, ab 15:59:35 Uhr und am 27.11.2021, ab 18:42:18 Uhr fragte der Angeklagte L. vorher bei seinem Bruder an, ob er hochkönne. Zudem ergibt sich aus einem Gespräch vom 29.10.2021 ab 19:40:49 Uhr etwa, dass der Angeklagte L. seinem Bruder mitteilt, dass dessen Haustürschlüssel sich in der Vase befinde. In einem Gespräch am 01.11.2021, beginnend um 17:56:58 Uhr fragt der Angeklagte L. weiter nach einem Haustürschlüssel. In einem Gespräch vom 15.11.2021, beginnend um 22:04:09 Uhr kündigt der Angeklagte L. seinem Bruder erneut an, dass er hochgehe und wird von diesem angewiesen, den Schlüssel dann bei ihm zu lassen. Auch aus diesen Gesprächen ergibt sich, dass der Angeklagte die Wohnung des Angeklagten F. nicht völlig frei benutzte, sondern – aus Sicht der Kammer auch naheliegend – regelmäßig bei seinem älteren Bruder nachfragte, bevor er die Wohnung nutzte, und nicht zu jedem Zeitpunkt über einen eigenen Schlüssel verfügte. Insofern ist die Kammer auch davon überzeugt, dass der Angeklagte F. letztlich über die Herstellung, die Lagerung und den Abverkauf der Betäubungsmittel in seiner Wohnung grundsätzlich Bescheid wusste und dem Angeklagten in diesem Bewusstsein auch die Nutzung dieser wiederkehrend ermöglichte und zwar auch vor der Einlagerung der am 16.12.2021 gefundenen Betäubungsmittelmengen. Die Art und genaue Menge der gelagerten Betäubungsmittel nahm er insofern jedenfalls billigend in Kauf.
3045. Die Feststellungen zu Nettomenge und Wirkstoffgehalt der Betäubungsmittel beruhen auf dem Gutachten des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung vom 03.05.2022, wobei die Kammer im Hinblick auf die dort ausgewiesenen Schwankungsbreiten der Wirkstoffmengen zugunsten des Angeklagten jeweils den dortigen Mindestwert festgestellt hat.
305XIII. Die unter B. XII. getroffenen Feststellungen (Fall 11 der Anklage II) beruhen auf dem Geständnis des Angeklagten L. J. und dem weiteren Beweisergebnis.
3061. a) aa) Der Angeklagte L. J. hat anschließend an die unter XII. 1. a) aa) dargestellte Einlassung mit der zu Eigen gemachten Verteidigererklärung vom zweiten Hauptverhandlungstag erklärt, wenn in Fall 11 bei LP. ebenfalls Drogen gefunden worden seien, so beruhe dies allein darauf, dass er sie in diesem Fall ganz kurzfristig gebeten habe, eine für ihn bestimmte Lieferung aufzubewahren. Sie habe ihm den Gefallen getan, ohne nach dem Hintergrund zu fragen.
307bb) Am neunten Hauptverhandlungstag hat der Angeklagte mit der schriftlichen Verteidigererklärung ergänzt, dass er zu den 12 Kilogramm „CBD-Marihuana“ sagen könne, dass ihm der geringe Wirkstoffgehalb natürlich bekannt gewesen sei. Nach seiner Erinnerung habe es noch mehr Marihuana im Keller gegeben, das von noch schlechterer Qualität gewesen sei. Er habe dieses CBD-Marihuana für deutlich billiger eingekauft. Es sei allerdings eine gute CBD-Qualität gewesen, so dass er es unproblematisch habe verwenden können, um die übrigen Produkte zu „strecken“.
308b) Die vormalig Mitangeklagte LP. VK. hatte sich am fünften Hauptverhandlungstag mit einer zu Eigen gemachten schriftlichen Verteidigererklärung zur Sache eingelassen und dabei dargestellt, dass sie im Jahre 2011 mit ihrem Ehemann eine neue Wohnung gesucht und in die NA.-straße 143 in LX.-QH. gezogen seien, wobei eine Freundschaft mit der Familie J. entstanden sei, insbesondere mit L., die bis heute anhalte. Im Winter 2017 seien sie in die ZL.-straße 6 umgezogen, wobei die Freundschaft zur Familie J. fortgedauert habe. Der Kontakt zu L. sei am intensivsten gewesen. Dieser sei häufig bei den VK.s zu Hause gewesen, man habe gemeinsam gegessen und L. habe auch gelegentlich seine Wäsche bei ihnen gewaschen. L. J. sei immer eine große Unterstützung für die Eheleute gewesen, auch und insbesondere wenn sie selbst wieder gesundheitlich angeschlagen gewesen sei. Man habe sich auf ihn verlassen können, wenn Fahrten oder Besorgungen zu erledigen gewesen seien.
309Aufgrund der freundschaftlichen Nähe zu L. habe sie in der Vergangenheit bereits die Vermutung gehabt, dass dieser auch mit Marihuana Geschäfte mache. Sie habe L. aber niemals ausdrücklich darauf angesprochen, noch habe dieser ihr gegenüber etwas Konkretes dazu gesagt. Sie erinnere sich, dass sie im Jahr 2021 erstmals von L. gefragt worden sei, ob er „etwas bei ihr kurzzeitig unterbringen könnte“. Es sei an dem Tag zum Kiosk der VK.s in der R.-straße gekommen und habe eine Sporttasche dabei gehabt. Sie glaube sich zu erinnern, dass es anlässlich eines Geburtstages von L.‘ Schwester gewesen sei und er die Tasche nicht mit dorthin habe nehmen wollen. Sie erinnere sich, dass sie nicht gesehen habe, was sich in der Tasche befunden habe, aber vermutet habe, dass es sich um Marihuana handeln könnte. Sie habe ihm den Haustürschlüssel gegeben und gesagt, er solle die Tasche in das Arbeitszimmer stellen. Sie erinnere noch, dass sie den Geruch von Marihuana wahrgenommen habe, als sie nach Hause gekommen sei und sich so in ihrer Vermutung bestätigt gesehen habe. Gleichwohl habe sie L. den Gefallen tun wollen. Soweit sie sich erinnere, habe L. die Tasche auch kurze Zeit später wieder abgeholt. Ausdrücklich darüber gesprochen, was sich in der Tasche befunden habe, hätten beide nicht. Ab diesem Zeitpunkt habe L. gelegentlich Sachen in diesem Arbeitszimmer aufbewahrt, ohne dass er sie genau darüber informiert habe, um was es sich gehandelt habe. Sie habe aber mit L. ausdrücklich vereinbart, dass er seine Sachen ausschließlich im Arbeitszimmer habe unterbringen sollen, da dieses Zimmer von den Eheleuten nur als Abstellraum genutzt worden sei, in welchen diese so gut wie nie reingegangen seien. Einen eigenen Schlüssel für das Haus habe L. nicht besessen. Er habe also sie fragen müssen, wenn er in das Haus gewollt habe. Da er aber seit Jahren als Freund der Eheleute auch so bei ihnen ein- und ausgegangen sei, sei es, um etwas zu essen, sich auszuruhen, sich um die Tiere zu kümmern oder Wäsche zu waschen, habe es aus ihrer Sicht auch andere Gründe für L. gegeben, um nach dem Schlüssel zu fragen. Für sie sei es daher nicht so, dass sie zwangsläufig davon ausgegangen sei, dass L. bei ihr Drogen deponieren oder holen habe wollen, wenn er nach dem Schlüssel gefragt habe.
310Konkrete Kenntnis von den Dingen, die bei ihr gelagert gewesen seien, habe sie nicht gehabt. Wenn sie in dem Abstellraum gewesen sei, habe dort nur mal eine Sporttasche gestanden, mal nicht. Außerdem habe sie hin und wieder den Geruch von Marihuana wahrgenommen. Die Kartons, die anlässlich der Durchsuchung aufgefunden worden seien, habe sie nie gesehen. Auch am Tag der Durchsuchung sei ihr nur durch den vernehmenden Beamten mitgeteilt worden, dass es sich um Kartons handle. Sie habe diese selbst nicht gesehen.
311Ihrem Mann XT. habe sie nur mitgeteilt, dass L. mal was im Arbeitszimmer abstellen würde. Mehr habe dieser nicht gewusst. Sie habe zu keinem Zeitpunkt gewusst, dass es ich um Mengen im Kilobereich handle, die in ihrer Wohnung aufbewahrt worden seien. Sie habe auch zu keinem Zeitpunkt vermutet, dass es sich um solche großen Mengen handeln könnte. Dies habe nicht in ihr Vorstellungsvermögen gepasst und sie hätte so etwas auch niemals toleriert. Ihre Toleranz, dass L. etwas in ihrem Haus aufbewahren könnte, sei für sie nur eine freundschaftliche Gefälligkeit gewesen, für die sie nie eine Gegenleistung wollte oder bekommen habe. Umso größer sei der Schock gewesen, als ihr anlässlich der Durchsuchung bekannt gemacht worden sei, um welche Mengen es sich handle. Auch sei ihr nicht bekannt gewesen, dass auch Drogen offensichtlich im Keller aufbewahrt worden seien.
3122. Die Feststellungen zum Fund der Betäubungsmittel im Wohnhaus der vormals Angeklagten LP. und XT. VK. in der ZL.-straße 6 ergibt sich zunächst aus den diesbezüglichen Durchsuchungsergebnissen vom 16.12.2021. Ausweislich des Durchsuchungsberichts von diesem Tag, dem Durchsuchungsprotokoll und einem Vermerk vom 02.01.2022 wurden die größeren Mengen an Cannabis (Marihuana, Pflanzenteile und Haschisch) in mehreren Umzugskartons im Kinderzimmer und in mehreren Müllsäcken im Keller des Hauses gefunden. Entsprechend lässt sich anhand der in Augenschein genommenen Lichtbilder ebenfalls nachvollziehen, dass insbesondere in dem Kinderzimmer mehrere Umzugskartons abgestellt waren, in denen jeweils mehrere – teils vakuumierte – Tüten mit Cannabis einlegt waren sowie eine Tüte mit Haschisch. Lediglich eine kleinere Menge an Cannabis wurde dagegen ausweislich des Durchsuchungsberichts im Wohnzimmer der VK.s aufgefunden und auch aufgrund der Umstände diesen zugeordnet.
3133. Die Feststellung, dass das dort im Kinderzimmer und im Keller gelagerte Marihuana insgesamt dem Handeltreiben des Angeklagten L. J. zuzuordnen ist, beruht zunächst auf seinem Geständnis, mit dem er jedenfalls zuletzt deutlich eingeräumt hat, dass sowohl die im Kinderzimmer als auch die weiteren im Keller eingelagerten Cannabisprodukte seinem Handeltreiben dienten, indem er diese direkt verkaufen oder zur Mischung mit anderen zum Handeltreiben bestimmter Mengen verwenden wollte.
314a) Gestützt wird diese Einlassung auch von derjenigen der vormals Mitangeklagten LP. VK., die letztlich diese sämtlichen Mengen ebenfalls dem Angeklagten zugeordnet hat; dies, wovon die Zeugin KHKin XG. berichtet hat, auch bereits in der Beschuldigtenvernehmung der vormals Angeklagten am 16.12.2021. Dort hatte die frühere Mitangeklagte VK. angegeben, der Angeklagte L. J. habe sie erstmals Mitte letzten Jahres gefragt, ob sie kurzfristig etwas für ihn unterbringen könne. Sie habe keinen Überblick gehabt, er sei mal mit einem Karton gekommen und sie habe ihm einen GE. gegeben, damit er ins Haus kommen konnte. Sie habe gewusst, dass es um Marihuana gegangen sei, die Menge habe sie nicht gewusst. L. habe immer alles in einem nicht genutzten Gäste- und Abstellzimmer im Erdgeschoss verstaut, offenbar habe er auch den Keller benutzt, das habe sie aber erst im Zuge der Durchsuchung erfahren. Sie habe L. immer den Schlüssel für 15-20 Minuten gegeben, wenn er habe reingehen müssen, mal sei er oft gekommen, mal gar nicht. Geld habe sie von L. niemals bekommen.
315b) Dies fügt sich weiter auch zur dargestellten Art der Aufbewahrung der Betäubungsmittel, welche im Kinderzimmer insbesondere in Umzugskartons aufgefunden wurden. Dies fügt sich dazu, dass diese bereits in dieser Form in die Wohnung verbracht wurden bzw. auch auf einfachem Wege aus dieser entfernt werden konnte. Dies spricht für die Nutzung des Hauses als maßgeblichen Lagerort für die Betäubungsmittel. Insbesondere haben sich auch keine Hinweise aus der sonstigen Beweisaufnahme ergeben, dass die Eheleute VK. selbst aus ihrer Wohnung heraus mit Cannabisprodukten gehandelt hätten.
316c) Das Geständnis des Angeklagten zur Zuordnung der Betäubungsmittel zu seiner Person wird schließlich auch dadurch gestützt, dass bei der Untersuchung von Abriebspuren im Zusammenhang mit den Funden maßgeblich ihm zuzuordnende daktyloskopische und DNA-Spuren gesichert werden konnten.
317aa) Ausweislich des Spurensicherungsberichts vom 07.01.2022, des Spurensicherungsberichts II vom 17.01.2022 und dem Vermerk vom 16.03.2022 wurden dabei an einer Rolle Plastiktüte und drei verschiedenen Griptüten daktyloskopische Spuren gefunden, welche dem Angeklagten L. J. zuzuordnen sind.
318bb) Ausweislich des Gutachtens des LKA NRW aus dem Bereich DNA-Analytik/Serologie vom 24.03.2022 wurde zudem an einer Gripleiste einer Tüte eine DNA-Spur gefunden, deren Hauptanteil dem Angeklagten zuzurechnen ist, die Beimengung war für Abgleiche zu geringfügig. Bei einer biostatischen Bewertung sei es hinsichtlich dieser Spur mehr als 30 Milliarden Mal wahrscheinlicher, dass der Hauptteil der Spur von dem Angeklagten L. J. stamme, als dass dies nicht der Fall sei.
319Zudem wurden in elf Abrieben von Einmalhandschuhen dem Angeklagten zuzuordnende DNA-Spuren gefunden. In drei Fällen (Spuren 1.1, 35.1, 26.1) war dabei der Hauptanteil der Spur dem Angeklagten L. J. und der Angeklagten M. gemeinsam zuzurechnen, die Beimengung war für Abgleiche zu geringfügig. Bei einer biostatischen Bewertung ist es 2,95x1015 Mal wahrscheinlicher zu beobachten, dass die dominierenden DNA-Merkmale von dem Angeklagten L. J. und der Angeklagten M. stammen sowie einer unbekannten, mit den beiden nicht blutsverwandten Person als dass sie von zwei unbekannten, mit den beiden Angeklagten nicht blutsverwandten Personen stammen.
320In einem weiteren Fall (12.1) handelt es sich um eine unvollständig auswertbare Mischspur, hinsichtlich derer die Angeklagten L. J. und M. sowie einer Person (K0017), deren DNA-Identifizierungsmuster in der DNA-Referenzdatei NRW gespeichert ist, die die Identifizierungsmuster von Polizeibeamten und anderen für Polizeibehörden tätigen Personen erfasst, nicht als Mitverursacher ausgeschlossen werden können.
321In einem Fall (Spur 13.1) ist ein Teil der Spur dem Angeklagten L. J. zuzuordnen, daneben finden sich dominierende Merkmale der Person K0017 sowie eine minimale, für Abgleiche nicht geeignete Beimengung. Bei einer biostatischen Bewertung sei es 3,26x1014 Mal wahrscheinlicher, dass die dominierenden Merkmale von dem Angeklagten L. J. und einer unbekannten, mit ihm nicht blutsverwandten Person als dass sie von zwei unbekannten, mit dem Angeklagten nicht blutsverwandten Personen stammen.
322Bei zwei weiteren Spuren (38.1 und 39.1) ist der Angeklagte L. J. als Mitverursacher der (Minimal-) Spur anzusehen, die weiteren Spuren sind für Abgleiche zu minimal.
323Bei den übrigen Spuren (3.1, 4.1, 11.1, 14.1) ist der Hauptanteil der DNA-Spur jeweils dem Angeklagten L. J. zuzuordnen und ist es bei einer biostatischen Bewertung mehr als 30 Milliarden Mal wahrscheinlicher, dass der Hauptteil dieser Spuren von dem Angeklagten L. J. stamme, als dass dies nicht der Fall ist.
324Auch wenn man die Spuren 12.1, 38.1 und 39.1 außer Acht lässt, sind nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachtens danach mehrere DNA-Spuren des Angeklagten L. J. gefunden worden, die sein Geständnis bestätigen.
3254. Die Feststellungen zu den Nettomengen und Wirkstoffmengen der Betäubungsmittel beruhen auf dem Gutachten des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung vom 23.05.2022, wobei die Kammer im Hinblick auf die ausgewiesene Schwankungsbreite zugunsten des Angeklagten den Mindestwert an Wirkstoffgehalt angenommen hat. Soweit ein erheblicher Teil der untersuchten Teilmengen, ca. 12 Kilogramm, über Wirkstoffkonzentrationen unter 5% THC im Durchschnitt verfügte, handelt es sich jedenfalls bei sämtlichen Teilmengen um konsumfähiges, THC-haltiges Cannabis, welches zu einem Rausch führen kann (vgl. auch BGH, Beschluss vom 23. Juni 2022 – 5 StR 490/21 – , juris), da die niedrigste Wirkstoffkonzentration bei 0,41% THC lag. Angesichts des ausweislich des Durchsuchungsberichts ebenfalls an der Anschrift sichergestellten Plantagenequipments dürfte es sich im Übrigen nicht um CBD-Marihuana, sondern um nach der Abernte übrig gebliebene Teile von Cannabispflanzen handeln, die ebenfalls zum Weiterverkauf geeignet und nach der Überzeugung der Kammer auch bestimmt waren. Dieses Material kann insbesondere zum Strecken anderen Marihuanas oder zum Herstellen hochkonzentrierten Cannabisöls verwendet werden.
326XIV. Die unter B. XIII. getroffenen Feststellungen (Fall 12 der Anklage II) beruhen schließlich auf dem Beweisergebnis.
3271. Der Angeklagte L. J. hat mit seiner zu Eigen gemachten Verteidigererklärung am zweiten Hauptverhandlungstag ausgeführt, dass er bei Übernahme der Räumlichkeiten der geplanten Shishabar im B.-straße von der Sekretärin des Vermieters angesprochen worden sei, dass unmittelbar im Zusammenhang mit dem Komplex noch drei Wohnungen zu verwalten seien. Die Verwaltung habe ganz offensichtlich die Kapazitäten des Sekretariats überstiegen. Man habe ihm daher das Angebot gemacht, dass er für den Vermieter die Vermietungen übernehmen solle, die den Erwartungen des Vermieters übersteigenden Beträge hätte er selbst vereinnahmen können. Diese Vereinbarung sei für ihn sehr reizvoll gewesen, da er seinerzeit keine weiteren wesentlichen Einkommensquellen gehabt habe. Die Verwaltung dieser Wohnungen sei letztlich mühsamer gewesen, als er es sich vorgestellt habe. Es habe in der kurzen Zeit der Vermietung durch ihn einen häufigen Mieterwechsel gegeben, er habe sich regelmäßig um Renovierungen und ähnliches zu kümmern gehabt. Die Mieter habe er hauptsächlich aus einem weiten Bekanntenkreis rekrutiert. Dabei habe er teilweise nahen Freundinnen und Freunden geholfen, die bei der Suche nach einer Unterkunft in Not gewesen seien. Gelegentlich habe er sich auch dazu hinreißen lassen, wegen er erhöhten Einnahmen eine Wohnung auch an Frauen zu vermieten, die offensichtlich der Prostitution nachgegangen seien. Letztlich habe er auch registriert, dass Bekannte, an die er Wohnungen vermietet habe, diese Wohnungen offensichtlich nicht zu Wohnungszwecken, sondern zu Lagerzwecken von Rauschgift benutzt haben. Auch wenn er keine Berührungsängste mit dem Drogenhandel gehabt habe, so habe er kein Interesse daran gehabt, dass er selbst möglicherweise hier zu Unrecht in den Verdacht des Drogenhandels gerate. Tatsächlich habe er mit irgendwelchen Drogen, die hier gelagert sein mochten, persönlich nichts zu tun. Nicht zuletzt eine nicht unerhebliche Geruchsentwicklung von Marihuana habe ihn dann allerdings veranlasst, beispielsweise Herrn TH. die Wohnung zu kündigen, wofür dieser letztendlich Verständnis aufgebracht habe.
328Eine der Wohnungen – so die Einlassung weiter – habe er auch an einen Bekannten vermietet, der als „SL.“ bekannt gewesen sei. Auch von diesem habe er gewusst, dass er den Drogenhandel betrieben habe. Dass und in welchem Umfang er in dieser Wohnung Drogen gelagert habe, sei ihm allerdings nicht geläufig gewesen. Er sei davon ausgegangen, dass SL. seine Geschäfte regelmäßig außerhalb der Wohnungen des B.-straße durchgeführt habe.
3292. Die getroffenen Feststellungen zu den in der Wohnung gefundenen Betäubungsmitteln beruhen auf dem Ergebnis der Durchsuchung der Wohnung im ersten Obergeschoss der Adresse B.-straße 48 vom 16.12.2021. Ausweislich des Durchsuchungsvermerks, des Durchsuchungsprotokolls und des Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokolls jeweils vom 16.12.2021 und des Verwiegevermerks vom 03.01.2022 wurden dabei an verschiedenen Stellen der Wohnung erhebliche Mengen an Betäubungsmittel gefunden, die sodann ausweislich des Gutachtens des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung vom 04.04.2022 auf netto 50,28 Gramm Kokain, netto 784,85 Gramm Ecstasytabletten, netto 1.708,46 Gramm Haschisch, netto 3.983,46 Gramm Marihuana und netto 1.328,27 Gramm Amphetaminpaste verwogen wurden. Anhand der in Augenschein genommenen Lichtbilder der Wohnung lässt sich dabei nachvollziehen, dass die Betäubungsmittel dort teilweise in Folien verpackt in Kisten, Behältern, einer schwarzen Tasche und auch in Einmachgläsern gefunden wurden.
330Dass es sich bei der Wohnung letztlich um eine so genannte Bunkerwohnung zum Lagern und Verpacken von Betäubungsmittel handelt, lässt sich über das Vorhandensein erheblicher Mengen verschiedenster Betäubungsmittel hinaus an der fotografischen Dokumentation der Wohnung erkennen, welche zwar möbliert war, jedoch nicht den Eindruck einer Nutzung zu Wohnzwecken macht. Vielmehr stehen und liegen überall nicht nur Betäubungsmittel, sondern auch Verpackungsmaterialien, Feinwaagen und ein Laminiergerät herum, während etwa für Wohnzwecke erforderliche Gegenstände wie Bettzeug auf der immerhin vorhandenen Matratze nicht erkennbar sind. Vorhandene Schränke wurden ausschließlich zur Aufbewahrung von Betäubungsmitteln oder zum Verwiegen und Verpacken erforderlichen Utensilien wie Feinwaagen genutzt, persönliche Gegenstände eines Bewohners sind nicht erkennbar. Ausweislich eines Auswertevermerks über die dort gefundenen Gegenstände vom 22.02.2022 wurden weiter auch etwa ein Kassenbuch und Klemmbretter mit Telefonnummern sichergestellt, was sich ebenfalls zur Annahme fügt, dass die Wohnung dem Verkauf von Betäubungsmitteln diente.
3313. Die Kammer ist entgegen der Einlassung des Angeklagten zudem davon überzeugt, dass die in der Wohnung gefundenen Betäubungsmittel dem Handeltreiben des Angeklagten, in diesem Fall gemeinsam mit dem Zeugen GE., dienten.
332a) Die Kammer ist zunächst aufgrund der Einlassung des Angeklagten und des weiteren Beweisergebnisses davon überzeugt, dass die in der Wohnung gefundenen Betäubungsmittel und weiteren Utensilien dem Zeugen FP. RI. WJ. GE. zuzuordnen sind.
333Dies ergibt sich insbesondere aus der Auswertung zahlreicher in der Wohnung gefundenen Unterlagen und Mobiltelefone, die im Auswertevermerk vom 22.02.2022 dokumentiert sind. Dabei wurde insbesondere auch ein Beleg über eine Geldsendung per PX. QW. am 03.12.2021 – also im zeitlichen Nahbereich vor der Durchsuchung – gefunden, in denen der Name des Zeugen GE. als Absender angegeben war. Auf mehreren der gefunden Mobiltelefonen wurde der Anschlussinhaber dabei als „SL.“, der Abkürzung des ersten Vornamens des Zeugen GE. angesprochen. Der Zeuge ZAM FQ. hat dabei auch bestätigt, dass der Zeuge GE. gerade zu Beginn der an der Adresse seit dem 08.06.2021 durchgeführten Observationsmaßnahmen regelmäßig dort gesehen wurde. Der Verteidiger des Angeklagten L. J. habe zudem bereits in einem Schriftsatz vor Eröffnung des Hauptverfahrens auf die Identität des als „HU.“ bekannten Tatverdächtigen mit dem Zeugen GE. hingewiesen und die insofern bestandenen Ermittlungsannahmen bestätigt.
334Dass der Angeklagte die Wohnung – entsprechend seiner Einlassung – überlassen hat, wird auch durch ein Gespräch zwischen ihm und seiner Schwester vom 15.10.2021, beginnend um 11:58:54 Uhr bestätigt, in welcher diese ihren Bruder bittet, ihr eine Wohnung zu geben. In diesem Zusammenhang bietet er ihr ausdrücklich eine Wohnung in der Innenstadt über „dem Laden“, also der Shishabar an, die er noch sauber machen müsste und erklärt auf den Einwand seiner Schwester, dass er die doch vermiete, „nee hier der SL. ist sowieso raus. Der hat noch ein paar Sachen drinne, weil der…“. Das Gespräch belegt dabei zum einen, dass der Angeklagte die Wohnung eben diesem SL. überlassen hat, zum anderen, dass er es für möglich hielt, diese nach einer Reinigung seiner Schwester zu Wohnzwecken zu überlassen, diese Nutzung also letztlich bestimmte. Das Durchsuchungsergebnis zeigt indes auch, dass es zu einer Änderung der Nutzung der Wohnung nicht gekommen war.
335b) Die Kammer ist darüber hinaus jedoch davon überzeugt, dass der Zeuge GE. mit dem Angeklagten L. J. im Hinblick auf den Verkauf der in der Wohnung befindlichen Betäubungsmittel als Mittäter zusammenarbeitete.
336aa) Hierfür spricht bereits, dass ausweislich der Spurensicherungsberichte vom 07. und 17.01.2022 und des Daktyloskopischen Kurzgutachtens vom 08.03.2022 zwei daktyloskopische Spuren an einer schwarzen Mülltüte mit Verpackungsmaterialien hinter einer Tür des Wohnzimmers der Wohnung gefunden wurden, welche dem Angeklagten zugeordnet werden konnten. Gerade der Fund auf einer Tüte mit Umverpackungen, die – wie die weiteren Gegenstände in der Wohnung – dem Betäubungsmittelhandel gewidmet waren, erscheint jedoch bereits lediglich dann plausibel, wenn der Angeklagte selbst unmittelbar Kontakt zu diesen Verpackungsmaterialien hatte. Die Kammer geht insofern – entgegen seiner Einlassung – davon aus, dass er letztlich in der Wohnung Betäubungsmittel umverpackt hat. Auf welche andere Weise die Spuren an dieser Tüte gelangt sein könnten, ist nicht ersichtlich.
337Weiter wurden ausweislich des Auswertevermerks vom 22.02.2022 in der Wohnung daneben auch zwei Mobiltelefone der Marke Samsung gefunden, in denen der Anschlussinhaber als „JS.“ angesprochen wurde. Hierbei handelt es sich eben um denjenigen Spitznamen des Angeklagten, mit dem der Angeklagte – wie bereits zu Fall 1 der Anklage II dargestellt – unter anderem auch etwa per SkyECC in der Gruppe mit den Zeugen TH. und HW. angesprochen wurde und zu welchem bei der Durchsuchung der Wohnung der Angeklagten L. J. und M. – wie unter II. 3. dargestellt – auch ein iPhone gefunden wurde, das als „iPhone von JS.“ mit der registrierten Emailadresse „entfernt“ verwendet wurde und dem Angeklagten zuzuordnen ist. Das Auffinden entsprechender Telefone, die einem JS. zugeordnet werden können, in der Wohnung im B.-straße 48 spricht dann ebenfalls dafür, dass diese und die Wohnung selbst durch den Angeklagten verwendet worden waren. Bei den bereits erwähnten Telefonlisten fand sich zudem auch etwa die Nummer des Angeklagten I., den gerade der Angeklagte L. J. nachvollziehbar und nach der Einlassung beider Angeklagten für Fahrten einsetzte.
338Des Weiteren wurde der Angeklagte L. J. auch im Zusammenhang mit der Wohnung und dem Zeugen GE. bei den Observationsmaßnahmen gesehen. Ausweislich des Observationsberichts vom 21.06.2021 wurde zunächst der Zeuge GE. mehrfach gesehen, wie er das Objekt an der Adresse betrat, während schließlich gegen 19:40 Uhr eine KP „AW.“ erscheint und mit einer blauen Tüte das Zielobjekt betritt, und kurze Zeit später beide das Objekt verlassen und der GE. noch ein handgroßes weißes „Pack“ aus dem Fußraum des Beifahrersitzes des AW. in die Wohnung verbringt, bevor sie zusammen mit dem AW. wegfahren. Ausweislich des Vermerks vom 27.10.2021 konnte als diese Kontaktperson „AW.“ des GE.s schließlich der Angeklagte identifiziert werden. Ebenso konnte dieser ausweislich des Vermerks als Kontaktperson des GE.s bereits am 18.06.2021 identifiziert werden, als der Angeklagte gegen 13:40 Uhr mit einem Fahrzeug vorfuhr und mit einer großen Papiertüte aus dem Kofferraum ins Zielobjekt ging, um neun Minuten später mit der Tasche wieder herauszukommen. Auch diese Treffen erscheinen nachvollziehbar jedenfalls des Einbringens von Betäubungsmittel in die Wohnung gedient zu haben. Insbesondere der am 21.06.2021 dokumentierte Ablauf, in denen letztlich sowohl der Zeuge GE. als auch der Angeklagte selbst Objekte in die Wohnung verbrachten und schließlich gemeinsam fortfuhren spricht für eine Zusammenarbeit beider.
339bb) Diese Annahme einer Zusammenarbeit mit dem Zeugen GE. wird zudem durch mehrere Gespräche aus der Telefonüberwachung gestützt, in welchen der Angeklagte L. J. mehrfach im Zusammenhang mit dem Ankauf von Betäubungsmitteln vom Zeugen VV. den „SL.“ bzw. den „HU.“, die Spitznamen des Zeugen GE., ausdrücklich erwähnt.
340So berichtet der Zeuge VV. dem Angeklagten in einem Gespräch vom 25.10.2021, beginnend um 15:55:44 Uhr, dass er gleich bei der „Frau mit die Auge“ sei und diese nächsten Monat 100-120 Kilo reinbekommen werde. In diesem Zusammenhang fragt er den Angeklagten, wieviel er heute habe und dass er jemanden schicken könne. Hierauf antwortet der Angeklagte, dass er „SL.“ erst um 19 Uhr treffe. Dass dieses Gespräch auch insofern – wie in den anderen dargestellten Fällen – die Übergabe von Kaufgeldern für Betäubungsmittel thematisiert, zeigt sich dann auch, indem er dem VV. um 19:41:07 Uhr mitteilt, sich jetzt mit „HU.“ zu treffen und um 19:53:22 Uhr dem VV. verkündet, dass es total „18“ seien, „13“ seien in der Tüte und „5“ seien offen, was insgesamt für eine Verfügbarkeit von 18.000 EURO spricht. Von Relevanz ist insofern insbesondere, dass der Angeklagte in diesem Fall diese Auskunft erst nach Rücksprache mit dem Zeugen GE. erteilen konnte.
341Weiter verweist der Angeklagte sodann auch in einem Gespräch mit dem Zeugen VV. am 02.11.2021, beginnend um 21:22:36 Uhr, auf den „SL.“, auf dessen Rückkehr in der kommenden Woche er warten müsse. Dass es auch hierbei erneut um den Bezug von Betäubungsmitteln geht, zeigt sich dann daran, dass der Zeuge VV. auch hier mitteilt, dass jemand angekündigt habe, dass Freitag, Montag und Dienstag nach Auskunft etwas kommen solle. Dies fügt sich entsprechend auch zum Bezug von Marihuana in anderen Fällen vom Zeugen, in denen der VV. Betäubungsmittel auf vorherige Bestellung und zumindest teilweiser Übermittlung des Kaufpreises geliefert hat. Dies wird zusätzlich bestätigt durch ein weiteres Gespräch zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen VV. vom 04.11.2021, beginnend um 20:33:36 Uhr, in welchem der Zeuge nun ankündigt, am Montag zu bekommen, zwanzig zu haben und selbst acht zu brauchen. In diesem Zusammenhang weist der Zeuge den Angeklagten – wie auch in anderen Fällen – darauf hin, dass er „Papiere“ bekommen müsse, dann gehe es schneller. Hierauf antwortet der Angeklagte, dass er das wisse, die „Papiere“ für den Zeugen habe und erläutert, dass er solche von mehreren Personen bekommen habe und am Wochenende erst „SL.“ komme, dann könne er, der Angeklagte, das Geld von der alten Rechnung geben. Auch in diesem Beispiel wird erkennbar, dass der Angeklagte zur Bezahlung einer – hier eher vorhergehender – Lieferung darauf angewiesen ist, dass der Zeuge GE. wieder da sei. Auch dies spricht für gemeinsame Geschäfte beider Personen mit Betäubungsmitteln.
342Sämtliche dieser Gespräche fanden dabei nach dem Zeitpunkt statt, als der Angeklagte L. J. seiner Schwester die Wohnung am 15.10.2021 angeboten hatte, was sich zu der weiteren Nutzung der Wohnung zum Betäubungsmittelhandel des Angeklagten und des Zeugen GE. nach diesem Zeitpunkt fügt.
343cc) Insgesamt ist die Kammer aufgrund der dargestellten Indizien davon überzeugt, dass der Zeuge GE. und der Angeklagte schließlich zusammen gearbeitet haben und die in der Wohnung aufbewahrten Betäubungsmittel nebst Verpackungsmaterialien ihrem gemeinsamen Handeltreiben dienten. Die Einlassung des Angeklagten ist hingegen unglaubhaft. Sämtliche dargestellten Umstände sind letztlich mit einer reinen Vermietertätigkeit des Angeklagten gegenüber dem Zeugen GE. nicht plausibel vereinbar, sondern fügen sich insgesamt zu einer gemeinsamen Nutzung der Wohnung und einen gemeinsamen Betäubungsmittelhandel.
344Insbesondere der Fund zweier Mobiltelefone der Marke Samsung in der Wohnung, in denen der Anschlussinhaber als „JS.“ angesprochen wurde, und die Fingerspur des Angeklagten an der Mülltüte sprechen dabei für einen häufigeren Aufenthalt des Angeklagten in der Wohnung bzw. einen Aufenthalt in der Wohnung, der nicht nur dem Abliefern von Betäubungsmitteln diente. Dies spricht dagegen, dass der Angeklagte lediglich der Lieferant des Zeugen GE. gewesen sein könnte, der die Betäubungsmittel sodann selbständig verkauft hätte.
3454. Die Feststellungen zu den Nettomengen und den Wirkstoffgehalten der in der Wohnung gefundenen Betäubungsmittel beruhen auf dem Gutachten des Bildungs- und Wissenschaftszentrums der Bundesfinanzverwaltung vom 04.04.2022, wobei die Kammer im Hinblick auf die dort ausgewiesenen Schwankungsbreite der Wirkstoffmengen zugunsten des Angeklagten jeweils vom Mindestwert ausgegangen ist.
346XV. Die Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit des Handeltreibens des Angeklagten L. J. beruhen auf dessen dargestellter Einlassung und dem weiteren Beweisergebnis. Im Hinblick auf den festgestellten erheblichen – auch über seine Einlassung hinausgehenden – Umfang und die Frequenz der Betäubungsmittelgeschäfte ist die Kammer jedoch davon überzeugt, dass der Angeklagte bereits im Fall der Anklage I und sodann bei sämtlichen weiteren Fällen gewerbsmäßig handelte. Hierfür sprechen auch die unter V. 2. c) bb) dargestellten Chatkommunikationen der Angeklagten M. mit ihren Freundinnen aus den Jahren 2019 und 2020.
347XVI. 1. a) Die unter A. I. 1. getroffenen Feststellungen zum Werdegang des Angeklagten L. J. beruhen auf dessen Angaben in der schriftlichen Verteidigererklärung, die er sich zu Eigen gemacht hat, und seinen Angaben im Explorationsgespräch mit dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. SJ., von welchen der Sachverständige zeugenschaftlich berichtet hat. Hinsichtlich seiner unter A. I. 3. festgestellten Vorstrafensituation beruhen die Feststellungen auf dem verlesenen Bundeszentralregisterauszug vom 10.08.2022 und den aus den Vorstrafenakten verlesenen Urkunden.
348b) Dies gilt indes nicht bezüglich der Angaben des Angeklagten zu seinem Betäubungsmittelkonsum. Insofern hat die Kammer keine positiven Feststellungen über einen Betäubungsmittelkonsum des Angeklagten über den festgestellten hinaus treffen können.
349aa) (1) Mit seiner zu Eigen gemachten Verteidigererklärung vom zweiten Hauptverhandlungstag hat der Angeklagte zu seinem Konsumverhalten zunächst im Zusammenhang mit seinem Werdegang erklärt, auch nach seiner Tätigkeit als Personal Trainer eigene Fitnessaktivitäten, gelegentliche Tätigkeit als Fitnesstrainer und insbesondere den intensiven Umgang mit Anabolika fortgesetzt zu haben. Bis zu seiner Festnahme habe er regelmäßigen und intensiven Kontakt zu Anabolika gehabt, was er sowohl selbst eingenommen als auch unter Ausnutzung seiner Kontakte zu preiswerten Lieferanten für seinen eigenen Nebenverdienst genutzt habe. Weiter hat er angegeben, seit vielen Jahren selbst Drogen zu konsumieren und auch nicht bestreiten zu wollen, in der Drogenszene verankert zu sein. Weitergehende Erwähnungen eines eigenen Konsumverhaltens enthält diese Erklärung darüber hinaus nicht.
350(2) Nachdem die Verteidigung sodann am siebten Hauptverhandlungstag erklärt hat, dass an diesem Tag die Entscheidung zur Zustimmung zu einer Exploration durch den Sachverständigen Dr. SJ. getroffen worden sei, hat ein Explorationsgespräch zwischen dem Sachverständigen und dem Angeklagten stattgefunden. Im Zuge seiner Gutachtenerstattung hat der Sachverständige die Angaben des Angeklagten zu seinem Konsum zeugenschaftlich dahingehend wiedergegeben, dass dieser sich im Zusammenhang mit seiner Zeit als Fitnesstrainer zur Leistungssteigerung der Hilfe von Steroiden und Anabolika bedient habe. Auch zuvor habe er im Rahmen seines Studiums bereits mit der Einnahme von Ritalin experimentiert gehabt. Während des Projekts der Renovierung und Eröffnung einer Shishabar B.-straße habe es als Form der Entlastung dann einen Cannabiskonsum gegeben. Als der Versuch der Eröffnung am B.-straße zur Zeit der COVID-Pandemie ohne Erfolg geblieben sei, habe er auch Cannabis konsumiert, um zu vergessen. Ergänzend habe er dann auch Kokain konsumiert, um alles durchziehen und feiern zu können. Das sei dann in der Regel in Kombination mit Alkohol erfolgt. Dabei habe er in großen Mengen – bis zu zehn Gramm Kokain am Wochenende – konsumiert. Auch Cannabis habe er in großen Mengen konsumiert. Zusätzlich habe er auch Lachgas konsumiert. Bis zuletzt habe er dann auch Anabolika genommen, gerade wenn er nicht viel Zeit zum Sporttreiben gehabt hätte. Nach der Inhaftierung habe er sich als total kaputt beschrieben, habe einige Tage erst einmal durchgeschlafen. Derzeit konsumiere er nichts mehr.
351Auf Nachfrage hat der Sachverständige erklärt, der Beginn des Konsums von Cannabis sei durch den Angeklagten zur Studien- und Shishabarzeit in Z. K. verortet worden, also nicht sehr früh in dessen Leben. Das habe sich dann mit der Bekanntschaft zu GW. später gesteigert. Marihuana habe er ausschließlich als Joints geraucht, teilweise bis zu maximal 10 Gramm täglich, insbesondere am Wochenende. Der Konsum sei dabei auch schon mal tagsüber erfolgt, aber nicht direkt morgens beim Aufstehen. Er habe darüber hinaus aber auch unter der Woche täglich konsumiert. Kokain habe er ausschließlich gezogen, dies am Wochenende. Das sei dann eher abends erfolgt. Alkohol sei begleitend zu Kokain konsumiert worden und habe keinen eigenen Stellenwert eingenommen. Lachgas habe er sporadisch konsumiert, das habe er sich nicht selbst besorgt. Das sei ihm dann mitgebracht worden in Gasflaschen und Ballons. Zu sonstigen Drogen habe er nichts berichtet.
352(3) Im unmittelbaren Anschluss an die Gutachtenerstattung des Sachverständigen hat der Angeklagte in der weiteren schriftlichen Verteidigererklärung – wie bereits dargestellt – erklärt, dass die kleinere Menge Kokain, die bei ihm noch in der Wohnung gefunden worden sei, Reste seien, die er immer wieder gesammelt oder zugesteckt bekommen habe, was er ab und an mal verwendet, im Übrigen jedoch an seinen Bekannten abgegeben hätte. Darüber hinaus enthält auch diese Erklärung – von der Verteidigung mit Verweis auf die erfolgte Exploration indes auch so angekündigt – nichts Weiteres zu einem eigenen Konsum.
353bb) Die Angaben des Angeklagten gegenüber dem Sachverständigen finden weder in seiner sonstigen Einlassung noch im objektiven Beweisergebnis – mit Ausnahme eines nicht näher eingrenzbaren Cannabiskonsums – eine Stütze.
354(1) Zunächst findet sich im Gegensatz zu seinen Angaben gegenüber dem Sachverständigen in den dargestellten Einlassungen aus den zu Eigen gemachten Verteidigererklärungen zunächst lediglich der pauschale Hinweis, seit vielen Jahren selbst Drogen zu konsumieren und auf seine Verankerung in der Drogenszene, sowie in der späteren Erklärung, dass er sich an der kleineren bei ihm gefundenen Menge an Kokain ab und an mal bedient habe. Darüber hinaus findet sich jedoch auch in keinem Zusammenhang etwa ein Hinweis darauf, dass seine Befassung mit den Betäubungsmitteln einem Eigenkonsum gedient habe. Solche Angaben finden sich etwa auch nicht bezüglich der sonstigen kleineren Betäubungsmittelmengen in der eigenen Wohnung, den Betäubungsmitteln in der Wohnung seines Bruders F. oder den Eheleuten VK.. Die Kammer verkennt dabei auch hier nicht, dass es sich dabei um zwar zu Eigen gemachte, aber von den Verteidigern formulierte Einlassungen handeln; der behauptete Eigenkonsum findet sich in diesen jedoch in der Form nicht wieder.
355Ins Auge fällt dabei auch, dass die Behauptung in der ersten zu Eigen gemachten Verteidigererklärung, „seit vielen Jahren selbst Drogen zu konsumieren“ sich kaum damit vereinbaren lässt, dass der Angeklagte in der Exploration angegeben hat, der Cannabiskonsum habe zur Studien- und Shishabarzeit in Z. K. begonnen, der Kokainkonsum noch später, wobei eine positive Erwähnung eines Marihuanakonsums sich erst für die Zeit des Betreibens der Shishabar findet, also frühestens 2017. Diesen Zeitraum von vier bis fünf Jahren als „seit vielen Jahren“ zu bezeichnen, wäre jedenfalls ungewöhnlich.
356(2) Auch die weiteren Angeklagten haben einen Betäubungsmittelkonsum des Angeklagten in diesem Ausmaß nicht bestätigt.
357Die Angeklagte M. hat insofern lediglich – wie unter V. 1 c) dargestellt – angegeben, dass sie im Jahr 2021, als sie mehr zu Hause gewesen sei, gemerkt habe, dass ihr Verlobter angefangen habe, Marihuana zu konsumieren und sie habe ihn mehrfach darum gebeten, dies zu lassen. Zu einem Gespräch auf der Telefonüberwachung zwischen ihr und dem Angeklagten hat sie zudem ausgeführt, dass dem ein Streit zugrunde gelegen habe, weil er in ihren Augen zu viel gekifft habe. Hierbei hat sie auch erklärt, dass der Angeklagte ein paar Mal Lachgas bestellt und weiterverkauft habe. Zu dem in ihrer Wohnung gefundenen Kokain hat sie erklärt, völlig fassungslos gewesen zu sein, gewusst zu haben, dass der Angeklagte immer mehr gekifft habe, von Kokain aber nichts gewusst zu haben. Insgesamt hat sie damit letztlich lediglich von einem – hinsichtlich der Frequenz und Menge nicht weiter konkretisierten – Konsum von Cannabis berichtet, während ein Konsum von Lachgas oder Kokain nicht bestätigt wird.
358Weiter hat auch der Angeklagte F. J. – wie unter XII. 1. B) aa) dargestellt – lediglich angegeben, dass während er selbst mit Drogen nie etwas zu tun gehabt habe und weder konsumiert noch gehandelt habe, er gewusst habe, dass sein Bruder L. dies anders gehalten habe und ihm bekannt sei, dass dieser mit Drogen zu tun gehabt habe. Hieraus lässt sich bereits nicht eindeutig entnehmen, ob sein Bruder lediglich gehandelt, oder auch konsumiert habe. Jedenfalls konkrete Angaben dazu, was und in welchem Umfang dieser konsumiert habe, enthält seine Einlassung nicht. Der Angeklagte I. hat über einen Konsum des Angeklagten nichts berichtet, ebenso wenig wie die vormals Mitangeklagte LP. VK..
359Die Kammer verkennt dabei nicht, dass insbesondere die Einlassung der Angeklagten M. dabei auch beinhaltet, dass der Angeklagte Dinge vor ihr verheimlicht habe und sie gerade im Hinblick auf das in der Wohnung gefundene Kokain keine Kenntnis gehabt habe. Ebenso enthält auch die Einlassung des Angeklagten F. J., dass er genaue Kenntnisse von der Drogenbefassung seines Bruders nicht gehabt habe. Dennoch stellen sich die Erklärungen nicht als Bestätigung der Angaben des Angeklagten L. J. dar.
360(3) Auch die vernommenen Zeugen UM. und OH. haben einen erheblichen Konsum des Angeklagten L. J. nicht bestätigen können. Der Zeuge UM. hat dabei erklärt, von Ende 2018 bis zu seiner eigenen Festnahme am 03.05.2019 regelmäßigen Kontakt zum Angeklagten insbesondere über die Shishabar in Z. K. gehabt zu haben. Ausdrücklich nach dessen Konsum befragt, hat er angegeben, den Angeklagten nie Alkohol habe trinken oder Drogen konsumieren gesehen zu haben; auch keinen Joint oder so. Der Zeuge OH. hat ebenfalls angegeben, den Angeklagten etwa im September 2018 kennengelernt zu haben und mit diesem damals schon viel Kontakt gehabt zu haben, unter anderem habe man auch privat Serien geschaut, Shishabars in LX. besucht und dieser habe ihm auch etwa bei einem Umzug geholfen. Nach dessen Konsum befragt, hat dieser indes angegeben, den Angeklagten nur einmal – bei einer kleinen Party in der Shishabar in Z. K. – beim Trinken von Alkohol gesehen zu haben. Darüber hinaus glaube er, auch an diesem Abend gesehen zu haben, dass er an einem Joint gezogen habe. Darüber hinaus sei ihm ein Konsum jedoch nicht aufgefallen, worauf der Angeklagte auf dessen Nachfrage erklärt habe, dass er das ab und zu rauche.
361Die Kammer verkennt auch hier nicht, dass auch die Zeugen insbesondere für den späteren Zeitraum, auf den sich die Darstellung des Angeklagten über einen erheblichen Konsum bezieht, keine Wahrnehmung mitteilen konnten. Den behaupteten Konsum stützen die Angaben dieser jedoch über einen damaligen, nicht näher eingrenzbaren, Cannabiskonsum hinaus nicht.
362(4) Eine Kommunikation, welche den behaupteten Konsum des Angeklagten stützen würde, findet sich weiter auch weder auf den verlesenen SkyECC-Protokollen aus dem Jahr 2020 noch aus den zahlreichen durch Verlesung der Protokolle und/oder Abhören in die Hauptverhandlung eingeführten Gesprächen aus der mehrere Monate andauernden Telefonüberwachung des Angeklagten im zweiten Halbjahr 2021 noch aus der Kommunikation des Angeklagten per Chat, die jedenfalls teilweise anhand der Auswertung seines Mobiltelefons nachvollziehbar war. Dies gilt auch bezüglich der Kommunikation mit dem Zeugen VV., mit dem er jedenfalls regelmäßig über den Bezug von Betäubungsmitteln zum Verkauf sprach. Dass sich ein erheblicher Konsum von Cannabis und Kokain nirgendwo in den Gesprächen niedergeschlagen hätte, erscheint auffällig. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass solche auch nicht zwingend zu erwarten wären, die Einlassung wird jedoch auch aus dieser Erkenntnisquelle nicht objektiv gestützt.
363(5) Hinweise auf einen eigenen Konsum von Betäubungsmitteln haben sich weiter auch aus den unter A. I. 3. dargestellten Vorstrafen nicht ergeben. Insbesondere die unter A. I. 3. c) und d) dargestellten jüngsten Vorstrafen, die zudem jeweils den Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge betrafen, enthalten keine Hinweise auf einen eigenen Konsum des Angeklagten. Solche finden sich weder bei den Feststellungen zur Person, noch bei denjenigen zur Sache oder zur Strafzumessung.
364(6) Für die Möglichkeit eines Konsums von Kokain durch den Angeklagten könnte schließlich lediglich sprechen, dass in der von ihm genutzten Wohnung über die großen Blöcke hinaus an zwei Stellen auch kleinere Mengen Kokain gefunden wurden. Hinsichtlich der im Sideboard gefunden Menge an Pulver und Kokainkrümel ist die Kammer indes – wie dargestellt – davon überzeugt, dass diese – wie die dort in den anderen Boxen befindlichen größeren Blöcke und die in der Wohnung des Angeklagten F. J. sowie in der Wohnung B.-straße 48 gefundenen größeren Mengen – ebenfalls zum gewinnbringenden Verkauf bestimmt waren. Selbst die dargestellte ergänzende, indes unglaubhafte, Einlassung des Angeklagten ist dabei dahin gegangen, dass er dieses im Wesentlichen unentgeltlich an eine andere Person habe abgeben wollen. Letztlich bliebe insofern lediglich die kleine Menge von brutto 1,87 Gramm Kokain, die sich in dem Versteck im Wandvorsprung befand, als potentielle Eigenkonsummenge. Eine Erklärung hierzu ist nicht erfolgt, obwohl die Kammer explizit hiernach gefragt hatte, die Antwort sich dann jedoch mit der Verteidigererklärung offensichtlich auf die dritte Dose im Sideboard bezog. Auch die Kleinmenge im Versteck im Wandvorsprung kann jedoch ohne weiteres zum Verkauf bestimmt gewesen und kann jedenfalls den von dem Angeklagten behaupteten umfangreichen Kokainkonsum nicht bestätigen. Gleiches gilt für eine kleinere Menge Kokain, die ausweislich des Durchsuchungsberichts vom 16.12.2021 in einer Dose im Hängeschrank des Thekenbereichs der Sishabar „X.“ gefunden wurden, wobei hierbei völlig unklar ist, ob diese Menge überhaupt dem Angeklagten zuzuordnen ist. Sonstige erkennbare Konsumutensilien haben sich in seiner Wohnung im T.-straße 6a ebenfalls nicht finden lassen.
365cc) (1) Die Kammer ist nach alledem nicht davon überzeugt, dass der dargestellte Konsum des Angeklagten in dem behaupteten Ausmaß vorgelegen hat. Nach dessen Angaben hätte dieser neben Lachgas insbesondere in sehr gravierendem Ausmaß sowohl täglich Marihuana geraucht und zudem sehr große Mengen des höchst wirksamen Rauschmittels Kokain konsumiert, ohne dass sich dies – mit Ausnahme von Beobachtungen bezüglich eines Rauchens von Joints – ansonsten objektivierbar in irgendeiner Weise niedergeschlagen hätte. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass der Angeklagte im Hinblick auf die unter B. I. bis XV. getroffenen Feststellungen zu seinem Handeltreiben theoretisch auch Zugriff auf die diversen Betäubungsmittel gehabt hätte, mit denen er befasst war und zu denen auch Cannabis und Kokain gehörten. Diesbezüglich ist die Kammer jedoch jeweils – wie dargestellt – gerade davon überzeugt, dass die Betäubungsmittel zum Handeltreiben bestimmt waren.
366(2) Darüber hinaus erscheint der Kammer das behauptete Konsummuster – unabhängig von den dargestellten Zweifeln – auch im Hinblick auf die sehr großen Konsummengen als wenig plausibel. Der Sachverständige Dr. SJ. hat die wiedergegebenen Angaben des Angeklagten zu dessen Konsummenge dahingehend kommentiert, dass diese nicht „per se nicht glaubwürdig“ seien. Er hat dazu erläutert, dass es sich dabei schon um sehr große Mengen handle, jedoch gäbe es Menschen – das seien so ca. fünf Prozent der Menschheit – deren körperliche Kompetenz zum Abbau von Stoffen erhöht sei, so genannte Rapid Metabolizer. Sollte es sich bei dem Angeklagten um einen solchen handeln, seien die angegebenen Konsummengen daher denkbar. Indes gebe es – so der Sachverständige auf Nachfrage – bis auf die Einlassung selbst keine Anhaltspunkte, dass der Angeklagte zu dieser Gruppe gehöre. Der diesbezüglich gestellte Hilfsbeweisantrag der Verteidigung des Angeklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens, dass der Angeklagte zu dieser Gruppe gehöre, unterliegt jedoch der Zurückweisung wegen Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Gründen nach § 244 Abs. 3 Nr. 2 StPO, nachdem bei Vorliegen der behaupteten Beweistatsache die Angaben allenfalls überhaupt erst plausibel würden und der Schluss damit möglich wäre, die Angaben zu dem Konsummuster träfen zu. Diesen Schluss wollte die Kammer aber auch dann angesichts des übrigen, dargestellten Beweisergebnisses nicht ziehen.
367(3) Zusammengefasst hat sich das vom Angeklagten selbst gegenüber dem Sachverständigen behauptete Konsummuster nicht feststellen lassen. Die Kammer hat aufgrund der Angaben der Angeklagten M. und des Zeugen OH. lediglich feststellen können, dass der Angeklagte in den Jahren seit etwa 2017 in nicht feststellbarer Häufigkeit und Umfang Marihuana konsumierte.
3682. Die unter A. II., III. und IV. getroffenen Feststellungen zum Lebenslauf der Angeklagten I., M. und F. J. beruhen auf deren glaubhaften Angaben im Rahmen der Hauptverhandlung sowie auf den diese betreffenden Bundeszentralregisterauszügen sowie bezüglich des Angeklagten F. J. auf den aus den Vorstrafenakten verlesenen Urkunden.
369XVII. Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit der Angeklagten beruhen hinsichtlich der Angeklagten L. und F. J. jeweils auf den Ausführungen des Sachverständigen Dr. SJ., Facharzt für Psychiatrie, innere und somatische Medizin und langjährigen forensischen Sachverständigen, an dessen Sachkunde keine Zweifel bestehen und der von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen ist.
3701. a) Der Sachverständige Dr. SJ. hat zunächst erklärt, dass beim Angeklagten L. J. das Vorliegen eines Eingangsmerkmals nach den §§ 20, 21 StGB außerhalb einer Betäubungsmittelproblematik zunächst eindeutig nicht vorliege.
371Auszuschließen sei dabei zunächst eine psychotische Erkrankung im Sinne des ersten Eingangsmerkmals einer krankhaft seelischen Störung. Beim Angeklagten seien weder nach Akteninhalt, noch in der Hauptverhandlung oder im Explorationsgespräch Anhaltspunkte etwa für eine fehlende Realitätswahrnehmung, eine affektive Störung oder einer hirnorganischen Schädigung zu erkennen gewesen. Eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung im Sinne des zweiten Eingangsmerkmals sei weiter bereits aufgrund des Tatvorwurfs ausgeschlossen, da es sich beim Handeln mit Betäubungsmitteln gerade nicht um eine solche Tätigkeiten handele, die im Affekt vorstellbar wäre. Weiter sei auch eine Intelligenzminderung im Sinne des dritten Eingangsmerkmals ausgeschlossen. Der Angeklagte verfüge augenscheinlich nicht um eine abgeminderte Intelligenz. Schließlich liege auch keine schwere andere seelische Störung im Sinne des vierten Eingangsmerkmals vor. Eine Persönlichkeitsstörung sei hierbei nur dann relevant, wenn hierdurch die Fähigkeit zur Alltagsgestaltung erheblich reduziert wäre. Das sei nicht der Fall, da der Angeklagte sowohl in einer Beziehung gelebt als auch gearbeitet habe. Im Übrigen sei zwar im Hinblick auf die Vorstrafen eine Tendenz zu erkennen, elastisch mit bestimmten Regeln umzugehen. Eine schwerwiegende Dissozialität liege aber jedenfalls nicht vor, da eine solche klassischerweise mit dem Ausbeuten von Beziehungen einhergehe.
372b) Weiter hat der Sachverständige erläutert, dass ein Eingangsmerkmal im Hinblick auf eine Betäubungsmittelproblematik nicht vorliege. Dies sei selbst dann der Fall, wenn man die unter XVI. 1. b) aa) (2) dargestellten Angaben zugrunde legen würde, die der Angeklagte ihm gegenüber im Explorationsgespräch getätigt habe.
373Insofern sei bei Zugrungelegung dieser Angaben aus psychiatrischer Sicht zwar zunächst die Diagnose einer Abhängigkeitserkrankung durch multiplen Substanzgebrauch nach ICD-10: F19.2, einer Polytoxikomanie, zu stellen, wobei sich diese auf Cannabis, Kokain und Alkohol beziehe. Der Angeklagte habe danach über einige Jahre in sehr erheblichem Maße konsumiert und insbesondere Cannabis und Kokain auch gezielt eingesetzt, um vor dem Hintergrund einer Unzufriedenheit und einem empfundenen hohen Leistungsdruck eine befreiende Wirkung zu erreichen oder auch seine eigene Leistungsfähigkeit zu steigern.
374Indes würde auch dies nicht bereits zum Vorliegen des ersten Eingangsmerkmals führen. Das Vorliegen einer krankhaft seelischen Störung sei letztlich lediglich in drei Fallgruppen denkbar, die im Ergebnis nicht vorliegen würden.
375In Betracht käme zunächst eine Tatbegehung im Zustand einer für den Betroffenen außergewöhnlichen, über den normalen Grad hinausgehenden Intoxikation. Eine solche Intoxikation sei zum einen nicht erkennbar, zum anderen auch schwer vorstellbar bei den angeklagten Vorwürfen. Bei diesen ginge es nicht um spontane Handlungen, sondern um längerfristige Handlungsweisen, bei denen komplexe Entscheidungen getroffen werden müssen, geplant werden müsste und eine kaufmännische Grundidee verfolgt werden müsste, etwa dass nach Durchführung des Betäubungsmittelhandels rechnerisch ein Gewinn erzielt werde. Auch Überlegungen zur Verdeckung des Handels vor den Ermittlungsbehörden forderten eine intakte Reflexionsfähigkeit ein. Selbst Betäubungsmittelabhängige würden solch entscheidenden Fragen jedenfalls nicht zu einem Zeitpunkt erheblicher Intoxikation treffen, sondern im Zustand relativer Klarheit. Im Übrigen seien Cannabis und Kokain auch grundsätzlich keine Betäubungsmittel, mit denen man sich in einen tiefen Betäubungszustand versetze.
376Die weitere Fallgruppe des Handelns unter einer eintretenden oder drohenden Entzugsproblematik sei ebenfalls bei den in Frage stehenden Betäubungsmitteln Cannabis und Kokain nicht denkbar, da bei diesen diese körperliche Entzugssymptome – im Gegensatz etwa zu Heroin – bei Ausbleiben eines Konsums nicht einträten, zudem gäbe es hierfür auch in den Angaben des Angeklagten keine Anhaltspunkte.
377Schließlich liege auch eine Persönlichkeitsdepravation – die dritte denkbare Fallgruppe – nicht vor. Insofern könne es durch den Konsum neurotoxisch wirkender Substanzen zu einem hirnorganischen Abbauprozess kommen, bei welcher sich die eigene Persönlichkeit weitestgehend entdifferenziere und unter Anderem ein Verlust der Selbstfürsorge eintrete. Zwar handle es sich etwa bei Lachgas oder Alkohol um solche neurotoxisch wirkenden Stoffe, beim Angeklagten sei das Eintreten einer Depravation nach dem in der Exploration und der Hauptverhandlung hinterlassenen Eindruck aber sicher auszuschließen. Er habe sich gerade in der Exploration selbstreflektiert und schwingungsfähig präsentiert. Es bestünden keine Anhaltspunkte, dass ein solcher Abbauprozess überhaupt begonnen hätte.
378c) Die Kammer folgt den in jeglicher Hinsicht nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Anhaltspunkte für das Vorliegen von Eingangsmerkmalen haben sich auch in der Hauptverhandlung, welcher der Angeklagte erkennbar hat folgen können, nicht ergeben. Im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen zu einer Betäubungsmittelproblematik, hat die Kammer im Übrigen das behauptete Konsummuster auch nicht feststellen können.
3792. Hinsichtlich des Angeklagten F. J. hat der Sachverständige Dr. SJ. ebenfalls ausgeführt, dass kein Eingangsmerkmal der §§ 20, 21 StGB gegeben sei. Anhaltspunkte hierfür gäbe es keine. Nach der eigenen Darstellung handle es sich um einen Menschen, der in engen familiären Bindungen lebe, beruflich engagiert sei und keine Drogen konsumiere. Mit Ausnahme einer im Hinblick etwa auf die mehreren Vorstrafen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis festzustellenden gewissen Unverdrossenheit in Bezug auf Regelverstöße gäbe es keine Hinweise, die für eine dissoziale Persönlichkeit sprechen würden. Weiter sei auch ein unauffälliger schulischer Verlauf gegeben und auch keine relevanten Erkrankungen aufgetreten. Soweit in der Vergangenheit ein Konsum von Alkohol im größeren Ausmaß eine Rolle gespielt habe, so sei nunmehr aufgrund seiner Angaben davon auszugehen, dass er nunmehr abstinent lebe. Die Kammer folgt diesen in jeglicher Hinsicht nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen.
3803. Im Übrigen bestehen auch bei den Angeklagten I. und M. keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von Eingangsmerkmalen. Solche haben sich weder aus der Beweisaufnahme noch aus der Hauptverhandlung ergeben.
381382
D.
383Rechtliche Würdigung
384Die Angeklagten haben sich nach den unter B. getroffenen Feststellungen jeweils wie aus dem Tenor ersichtlich strafbar gemacht.
385I. Hinsichtlich sämtlicher Angeklagter hat die Kammer in den Fällen 3 bis 12 der Anklage II den Vorwurf einer bandenmäßigen Begehung der Betäubungsmittelstraftaten nach § 154a Abs. 2 StPO mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft ausgeschieden. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hat die Kammer zudem nach § 154 Abs. 2 StPO hinsichtlich des Angeklagten I. den Fall 7 der Anklage II und hinsichtlich der Angeklagten M. die Fälle 8 und 9 der Anklage II eingestellt.
386II. 1. Zunächst erfüllen die unter B. I.-XIII. getroffenen Feststellungen (Anklage I sowie Fälle 1 bis 12 der Anklage II) für den Angeklagten L. J. jeweils die Voraussetzungen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG.
387Im unter B. I. festgestellten Fall (Anklage I) bezieht sich das Handeltreiben dabei lediglich auf das zu seinem eigenen Handeltreiben bestimmte Kokain. Bei der unter B. II. festgestellten Tat (Fall 1 der Anklage II) bezieht sich das Handeltreiben lediglich auf die 50 Kilogramm, die aus der geplanten Lieferung des Zeugen TH. für sein eigenes Handeltreiben bestimmt waren. Beim unter B. IV. festgestellten Fall (Fall 3 der Anklage II) bezieht sich das Handeltreiben lediglich auf die mindestens acht Kilogramm, die der Angeklagte für sein eigenes Handeltreiben erhalten hat. Im unter B. X. festgestellten Fall (Fall 9 der Anklage II) betrifft das Handeltreiben lediglich die Menge an Kokain, die im Fach des Sideboards im Flur der Wohnung gefunden wurden, sowie das dort aufbewahrte Ecstasy. In den übrigen Fällen dienten sämtliche Betäubungsmittel dem Handeltreiben. Die Grenzwerte der nicht geringen Menge (7,5 Gramm THC, 30 Gramm MDMA-Base, 5 Gramm KHC und 10 Gramm Amphetaminbase) sind dabei in den einzelnen Fällen jeweils hinsichtlich der festgestellten Handelsmenge deutlich überschritten.
388Soweit eine Lieferung von Betäubungsmitteln nicht feststellbar war, lag jeweils jedoch als Teilakt eines vollendeten Handeltreibens eine verbindliche Absprache über den Bezug der Betäubungsmittel vor.
3892. Darüber hinaus erfüllen die unter B. I., IV., V., VI., VII., VIII. getroffenen Feststellungen (Anklage I, Fälle 3 bis 7 der Anklage II) zudem jeweils tateinheitlich für den Angeklagten den Tatbestand der Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmittel in nicht geringer Menge nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, 26 StGB.
390In diesen Fällen bestimmte der Angeklagte jeweils eine weitere Person dazu, Betäubungsmittel, hinsichtlich derer der Grenzwert der nicht geringen Menge jeweils deutlich überschritten ist, über die niederländisch-deutsche Grenze nach LX. zu verbringen. Hinsichtlich der unter B. I. festgestellten Tat (Anklage I) bezieht sich dies sowohl auf das Marihuana als auch auf das Kokain, welches der Zeuge UM. nach Deutschland verbracht hat. In den weiteren Fällen liegt in der jeweiligen Bestellung der Betäubungsmittel beim Zeugen VV. eine Anstiftung dessen bzw. im Wege einer Kettenanstiftung dessen jeweiligen Kuriers vor, nachdem der Angeklagte jeweils wusste, dass der Ausgangsort der an ihn übersandten Lieferung in den Niederlanden lag.
3913. Weiter erfüllen die unter B. IV. und X. getroffenen Feststellungen (Fälle 3 und 9 der Anklage II) zusätzlich tateinheitlich den Tatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln, dies in Fall 3 der Anklage II in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und in Fall 9 der Anklage II einer nicht qualifizierten Menge nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG. In Fall 3 der Anklage II bezieht sich der eigenständige Besitz auf die jedenfalls zwei Kilogramm Marihuana, welche der Angeklagte vor ihrem Weitertransport nach ET. in seiner Wohnung verwahrt und bei der er vor Weitergabe an den Angeklagten I. auch eine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit hatte. Diesbezüglich ist der Grenzwert der nicht geringen Menge an Betäubungsmittel überschritten. In Fall 9 der Anklage II bezieht sich der eigenständige Besitz auf die kleinere Menge an Betäubungsmitteln, die im Wandvorsprung der Wohnung gefunden wurden und die geringere Menge Marihuana im Sideboard und die nicht feststellbar zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren. Der Grenzwert der nicht geringen Menge ist dabei nicht überschritten.
3924. Die unter B. I., II. und IV. getroffenen Feststellungen (Anklage I, Fälle 1 und 3 der Anklage II) erfüllen zudem für den Angeklagten tateinheitlich den Tatbestand der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 27 StGB. Insofern hat der Angeklagte im festgestellten Fall der Anklage I durch die Vermittlung und Anleitung des Zeugen UM. als Kurier eine gewichtige Hilfeleistung für das Handeltreiben des Zeugen VV. betreffend das nach ET. zu liefernde Marihuana erbracht. Ebenso hat er über sein eigenes Handeltreiben hinaus in Fall 1 der Anklage II über sein eigenes Handeltreiben hinaus eine gewichtige Hilfeleistung für die weiteren in der Gesamtlieferung enthaltenen 30 Kilogramm Marihuana erbracht, indem er dem Lieferanten TH. den Ort zum Abladen der Gesamtmenge an Betäubungsmitteln vermittelt hat. In Fall 3 der Anklage II hat der Angeklagte schließlich bezüglich der Zwischenlagerung der wenigstens zwei Kilogramm, die später nach ET. transportiert wurden, eine gewichtige Unterstützungshandlung erbracht.
3935. Im Fall 3 der Anklage II stehen die Taten des Angeklagten hinsichtlich der aufbewahrten wenigstens zwei Kilogramm Marihuana und der selbst bestellten wenigstens acht Kilogramm im Verhältnis der Tateinheit nach § 52 StGB zueinander, da sich aufgrund der dargestellten Gespräche die Ausführungshandlungen überschneiden.
394Darüber hinaus stehen die Taten im Verhältnis der Tatmehrheit nach § 53 StGB zueinander. Weitere Überschneidungen in den Ausführungshandlungen haben nicht konkret festgestellt werden können. Hinsichtlich der Fälle 3 bis 7 der Anklage II erfolgt untereinander bereits aufgrund der jeweils verwirklichten Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine Verklammerung der Taten auch bei etwaigen Überschneidungen in den Ausführungshandlungen des Handeltreibens nicht (vgl. etwa BGH, NStZ-RR 2018, 352). Eine Überschneidung mit den Fällen 9 bis 12 der Anklage II erscheint zudem im Hinblick auf den zeitlichen Abstand zu den bei den vorherigen Taten festgestellten Lieferungen auch nicht naheliegend.
395III. 1. Die unter B. IV. getroffenen Feststellungen (Fall 3 der Anklage II) erfüllen für den Angeklagten I. die Voraussetzungen des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, §§ 27, 52 StGB. Durch die Übernahme der jedenfalls zwei Kilogramm Marihuana und deren Transport nach ET. begründete er Besitz an diesen und unterstützte den Zeugen VV. bei dessen Handeltreiben. Der Grenzwert der nicht geringen Menge von Betäubungsmitteln von 7,5 Gramm THC ist um ein Vielfaches überschritten.
3962. Weiter erfüllen die unter B. V. getroffenen Feststellungen (Fall 4 der Anklage II) den Tatbestand der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 27 BtMG. Durch den Transport des Kaufpreises zum Zeugen VV. in die Niederlande leistete er eine gewichtige Unterstützungshandlung für das Handeltreiben seines Auftraggebers, des Mitangeklagten L. J.. Der Grenzwert der nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln von 7,5 Gramm THC ist um ein Vielfaches überschritten.
3973. Beide Taten stehen im Verhältnis der Tatmehrheit, § 53 StGB, zueinander.
398IV. Die unter B. IV. getroffenen Feststellungen (Fall 3 der Anklage II) erfüllen für die Angeklagte M. die Tatbestände des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß den § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, §§ 27, 52 StGB. Durch die Übernahme und Lagerung der jedenfalls zwei Kilogramm Marihuana in der gemeinsamen Wohnung mit dem Angeklagten L. J. begründete die Angeklagte dabei Besitz an diesen Betäubungsmitteln, welchen sie bis zur Ankunft des Mitangeklagten auch alleine ausübte. Zudem leistete sie eine gewichtige Unterstützungsleistung für den Zeugen VV., der auf die zwischenzeitliche Unterbringung angewiesen war. Der Grenzwert der nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln von 7,5 Gramm THC ist um ein Vielfaches überschritten.
399V. Die unter B. XI. getroffenen Feststellungen (Fall 10 der Anklage II) erfüllen für den Angeklagten F. J. ebenfalls die Tatbestände des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß den § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, §§ 27, 52 StGB. Insbesondere liegt bei Würdigung des Einzelfalls auch ein von einem Herrschaftswillen getragenes tatsächliches Herrschaftsverhältnis vor. Als letztlich alleiniger Wohnungsinhaber hatte der Angeklagte F. J. die ungehinderte Einwirkungsmöglichkeit auf die in seiner Wohnung an verschiedenen Stellen gelagerten Betäubungsmittel, wobei er die Wohnung seinem Bruder für eine längere Dauer zur Verfügung stellte und ergänzend auch weitere Unterstützungshandlungen durchführte, womit er auch seinen Besitzwillen demonstrierte.
400Die Grenzwerte der nicht geringen Menge von 7,5 Gramm THC, 30 Gramm MDMA- Base, 5 Gramm KHC und 10 Gramm Amphetaminbase sind dabei jeweils, aber insbesondere auch in der Summe der verschiedenen Betäubungsmittel deutlich überschritten.
401E.
402Strafzumessung
403I. 1. a) Hinsichtlich des Angeklagten L. J. ist die Strafe bei der unter B. I. festgestellten Tat (Anklage I) im Ausgangspunkt dem Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG zu entnehmen, der Freiheitsstrafe von zwei bis fünfzehn Jahren vorsieht. Die Kammer hat sodann in den Blick genommen, ob ein minder schwerer Fall nach § 30 Abs. 2 BtMG vorliegt, was indes nach Abwägung sämtlich für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte nicht der Fall ist.
404Dabei spricht zunächst zugunsten des Angeklagten in diesem Fall sein überwiegendes, wenn auch spät erfolgtes, Teilgeständnis, mit dem er auch Verantwortungsübernahme demonstriert hat. Dies hat er auch dadurch getan, dass er insgesamt auf eine Reihe von Gegenständen verzichtet hat, hinsichtlich derer eine Einziehung mit nebenstrafenähnlichen Charakter in Betracht gekommen wäre. Über Betäubungsmittel und hierfür verwendete Utensilien wie Feinwaagen etc. hinaus sind dabei auch in der Wohnung des Angeklagten sechs, ihm zuzurechnende, Mobiltelefone, u.a. das iPhone SE sowie in der Wohnung im B.-straße 48 eine Mehrzahl älterer Mobiltelefone sichergestellt worden, hinsichtlich derer die Kammer insgesamt von einem Wert von bis zu 1.000 EURO ausgeht. Zugunsten des Angeklagten hat die Kammer zudem berücksichtigt, dass er erstmals eine lange Freiheitsstrafe vergegenwärtigt und dabei als Erstverbüßer als besonders haftempfindlich gilt. Insofern berücksichtigt die Kammer zu seinen Gunsten auch das Gesamtstrafübel, da dem Angeklagten aufgrund der Verurteilung wegen dieses Falles, der in der Bewährungszeit der unter A. I. 3. d) dargestellten Verurteilung zu einer zwölfmonatigen Freiheitsstrafe liegt, konkret der Widerruf auch dieser Freiheitsstrafe droht. Die Kammer wertet weiter zugunsten des Angeklagten, dass die Tat bereits eine erhebliche Zeit her ist und es sich bei einem großen Teil der Betäubungsmittel – dem Marihuana, welches auch nicht seinem eigenen Handeltreiben diente – um eine so genannte weiche Droge handelt. Auch wertet sie zu seinen Gunsten, dass er als Konsument von Marihuana tatgeneigt war. Zugunsten des Angeklagten wirkt sich zudem aus, dass die Betäubungsmittel insgesamt – also sowohl das Marihuana als auch das Kokain – sichergestellt und somit nebst ihrer Gefährlichkeit dem Verkehr entzogen wurden.
405Zulasten des Angeklagten wirken sich indes die Vorstrafen des Angeklagten aus, die zum Teil (vgl. unter A. I. c) und d)) auch einschlägig sind. Zudem hat er unter laufender Bewährung wegen der unter A. I. 3. d) dargestellten Verurteilung gestanden. Weiter wirkt sich zu Lasten des Angeklagten die große Menge an Betäubungsmitteln aus, auf die sich seine Anstiftungshandlung bezieht, auch wenn die Kammer nicht verkennt, dass der Großteil nicht dem eigenen Handeltreiben des Angeklagten diente. Bezüglich des zum eigenen Handeltreiben bestimmten Kokains berücksichtigt die Kammer zudem die Gewerbsmäßigkeit des tateinheitlich verwirklichten Handeltreibens des Angeklagten. Ein minder schwerer Fall liegt danach nach Abwägung nicht vor.
406b) Die Kammer hat unter erneuter Abwägung der dargestellten Zumessungsgesichtspunkte für diesen Fall eine Freiheitsstrafe von
407zwei Jahren und neun Monaten
408für tat- und schuldangemessen erachtet.
4092. a) Hinsichtlich der unter B. II. festgestellten Tat (Fall 1 der Anklage II) ist die Strafe im Ausgangspunkt dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen, der Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren vorsieht. Die Kammer hat sodann in den Blick genommen, ob ein minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt, dies jedoch nach Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechender Zumessungsgesichtspunkte verneint.
410Zugunsten des Angeklagten hat die Kammer sein auf die Vermittlung des Abladeorts bezogenes Teilgeständnis gewertet, bei dem er auch die Zuordnung zu seiner SkyECC-Kennung bestätigt hat und damit ebenfalls eine gewisse Verantwortungsübernahme demonstriert hat, ebenso wie durch den – bereits dargestellten – Verzicht auf Gegenstände. Auch in diesem Fall ist zugunsten des Angeklagten auch zu berücksichtigen, dass er als Erstverbüßer erstmalig eine längere Haftstrafe vergegenwärtigt und besonders haftempfindlich ist. Weiter berücksichtigt die Kammer zu seinen Gunsten, dass er in diesem Fall lediglich mit der so genannten weichen Droge Marihuana befasst war sowie seine Tatneigung. Zudem wirkt sich zu seinen Gunsten aus, dass eine Lieferung letztlich nicht feststellbar erfolgt ist, sodass auch ein Weiterverkauf nicht feststellbar ist. Eine Aufklärungshilfe nach § 31 BtMG liegt jedenfalls im Hinblick auf die Benennung des Zeugen KH. als Inhaber des Abladeorts bereits nicht vor, da diese Angaben erst in der Hauptverhandlung erfolgt sind, die Kammer hat diese Angaben aber zu seinen Gunsten berücksichtigt.
411Dagegen wirken sich auch in diesem Fall die – teilweise einschlägigen – Vorstrafen des Angeklagten aus; eine Tat unter laufender Bewährung liegt ab diesem Fall indes nach Ablauf der Bewährungszeit der unter A. I. 3. d) dargestellten Verurteilung nicht mehr vor. Zulasten des Angeklagten wirkt sich weiter jedoch die große Menge an Betäubungsmitteln aus, mit denen er befasst war, wobei bereits die zu seinem Handel bestimmte Menge den Grenzwert der nicht geringen Menge um ein großes Vielfaches überschreitet. Zudem handelte er gewerbsmäßig. Ein minder schwerer Fall liegt danach nach Abwägung nicht vor.
412b) Die Kammer hält nach nochmaliger Abwägung der dargestellten Zumessungsgesichtspunkte eine Freiheitsstrafe von
413vier Jahren
414für tat- und schuldangemessen.
4153. a) Hinsichtlich der unter B. III. festgestellten Tat (Fall 2 der Anklage II) ist die Strafe ebenfalls im Ausgangspunkt dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG mit ein bis fünfzehnjähriger Freiheitsstrafe zu entnehmen. Die Kammer hat auch hier in den Blick genommen, ob ein minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt, dies im Ergebnis jedoch verneint.
416Dabei hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten jedenfalls berücksichtigt, dass er bereits zu Fall 1 der Anklage II die Zuordnung zur festgestellten SkyECC-Kennung bestätigt hat. Zudem hat sie auch hier den erklärten Verzicht und seine Tatneigung infolge eigenen Marihuanakonsums berücksichtigt sowie den Umstand, dass der Angeklagte erstmalig eine längere Haftstrafe vergegenwärtigt, dabei besonders haftempfindlich ist sowie dass er mit der so genannten weichen Droge Cannabis befasst war. Zudem hat sie berücksichtigt, dass eine Auslieferung der Betäubungsmittel an den Angeklagten nicht feststellbar ist.
417Zu seinen Lasten wirkt sich dagegen auch hier seine Vorstrafensituation und die Befassung mit einer erheblichen Menge an Betäubungsmitteln aus, bei welcher der Grenzwert der nicht geringen Menge um ein Vielfaches überschritten ist. Der Angeklagte handelte zudem gewerbsmäßig. Ein minder schwerer Fall liegt nach Abwägung damit nicht vor.
418b) Unter erneuter Abwägung der dargestellten Strafzumessungsgesichtspunkte hat die Kammer eine Freiheitsstrafe von
419zwei Jahren und neun Monaten
420für tat- und schuldangemessen erachtet.
4214. a) Hinsichtlich der unter B. IV. festgestellten Tat (Fall 3 der Anklage II) ist die Strafe im Ausgangspunkt dem Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG zu entnehmen, der Freiheitsstrafe zwischen zwei und fünfzehn Jahren vorsieht. Die Kammer hat sodann in den Blick genommen, ob ein minder schwerer Fall nach § 30 Abs. 2 BtMG vorliegt, dies nach Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Zumessungsgesichtspunkte indes verneint.
422Zugunsten des Angeklagten hat die Kammer dabei das Teilgeständnis bezüglich der Aufbewahrung der wenigstens zwei Kilogramm Marihuana berücksichtigt. Darüber hinaus haben sich auch hier zu seinen Gunsten sein erklärter Verzicht und seine Tatneigung ebenso strafmildernd ausgewirkt wie der Umstand, dass er als Erstverbüßer eine erhebliche Freiheitsstrafe vergegenwärtigt und besonders haftempfindlich ist sowie dass er mit der so genannten weichen Droge Cannabis befasst war.
423Zu seinen Lasten wirkt sich neben seiner Vorstrafensituation und der Gewerbsmäßigkeit seines Handeltreibens auch hier die Befassung mit einer erheblichen Menge an Betäubungsmitteln aus, bei denen der Grenzwert der nicht geringen Menge hinsichtlich der für sein Handeltreiben eingeführten wenigstens acht Kilogramm um ein erhebliches Vielfaches und bezüglicher der weiteren wenigstens zwei Kilogramm um ein Vielfaches überschritten ist. Ein minder schwerer Fall liegt danach nicht vor.
424b) Die Kammer hat unter erneuter Abwägung der dargestellten Zumessungsgesichtspunkte eine Freiheitsstrafe von
425drei Jahren und sechs Monaten
426für tat- und schuldangemessen erachtet.
4275. a) Hinsichtlich der unter B. V.-VIII. festgestellten Taten (Fälle 4-7 der Anklage II) ist die Strafe im Ausgangspunkt jeweils dem Strafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG zu entnehmen, der Freiheitsstrafe zwischen zwei und fünfzehn Jahren vorsieht. Die Kammer hat sodann in jedem dieser Fälle in den Blick genommen, ob ein minder schwerer Fall nach § 30a Abs. 2 BtMG vorliegt, dies indes nach Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte jeweils verneint.
428In jedem dieser Fälle hat die Kammer zugunsten des Angeklagten dessen Geständnis berücksichtigt, mit welchem er auch Verantwortungsübernahme demonstriert hat, obgleich die Geständnisse dabei relativ pauschal ohne Angaben zu Einzelheiten der Geschäfte erfolgt sind. Zu seinen Gunsten hat die Kammer auch jeweils seine Tatneigung und den erklärten Verzicht gewürdigt sowie den Umstand, dass der Angeklagte als Erstverbüßer erstmalig eine erhebliche Freiheitsstrafe vergegenwärtigt und besonders haftempfindlich ist. Schließlich hat sie in jedem dieser Fälle zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass er mit Cannabis als sogenannter weicher Droge befasst war.
429Dagegen hat sich zu seinen Lasten auch hier jeweils seine Vorstrafensituation ausgewirkt sowie der Umstand, dass er gewerbsmäßig Handel getrieben hat. Zudem hat sich jeweils in unterschiedlichem Umfang zu seinen Lasten die Befassung mit den erheblichen Mengen an Betäubungsmitteln ausgewirkt, bei denen der Grenzwert der nicht geringen Menge jeweils um ein Vielfaches überschritten ist. Ein minder schwerer Fall liegt danach in keinem dieser Fälle vor.
430b) Die Kammer hat in jedem der Fälle die dargestellten Zumessungsgesichtspunkte erneut gegeneinander abgewogen und folgende Freiheitsstrafen für tat- und schuldangemessen erachtet:
431Fall 4 der Anklage II: zwei Jahre und acht Monate
432Fall 5 der Anklage II: zwei Jahre und vier Monate
433Fall 6 der Anklage II: drei Jahre
434Fall 7 der Anklage II: zwei Jahre und acht Monate
4356. a) Hinsichtlich der unter B. IX. festgestellten Tat (Fall 8 der Anklage II) ist die Strafe im Ausgangspunkt dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG mit Freiheitsstrafe zwischen einem und fünfzehn Jahren zu entnehmen. Die Kammer hat auch hier in den Blick genommen, ob ein minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt, hat dies indes nach Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechender Zumessungsgesichtspunkte verneint.
436Hierbei hat die Kammer die unter 5. a) dargestellten Zumessungsgesichtspunkte entsprechend für und gegen den – auch diesbezüglich geständigen – Angeklagten berücksichtigt. Zusätzlich hat sich zugunsten des Angeklagten auch ausgewirkt, dass er die Betäubungsmittel nicht erhalten hatte. Im Hinblick auf die gewichtigen gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte, Vorstrafensituation, Überschreitung des Grenzwertes der nicht geringen Menge um ein Vielfaches, gewerbsmäßiges Handeln, liegt jedoch nach Abwägung auch hier kein minder schwerer Fall vor.
437b) Die Kammer hat unter erneuter Abwägung der Strafzumessungsgesichtspunkte eine Freiheitsstrafe von
438einem Jahr und zehn Monaten
439für tat- und schuldangemessen erachtet.
4407. a) Hinsichtlich der unter B. X. festgestellten Tat (Fall 9 der Anklage II) ist die Strafe im Ausgangspunkt dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen, der Freiheitsstrafe von einem bis fünfzehn Jahren vorsieht. Die Kammer hat auch hier in den Blick genommen, ob ein minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt, dies indes nach Abwägung der Strafzumessungsgesichtspunkte gegeneinander verneint.
441Dabei hat sie zunächst zu Gunsten des Angeklagten seine teilgeständige Einlassung bezüglich des Besitzes des Kokains im Sideboard berücksichtigt. Auch hier hat die Kammer des Weiteren berücksichtigt, dass er Erstverbüßer einer erheblichen Freiheitsstrafe und besonders haftempfindlich ist und dass er den Verzicht auf werthaltige Gegenstände erklärt hat, sowie seine Tatneigung. Weiter hat sich zugunsten des Angeklagten ausgewirkt, dass die Betäubungsmittel sichergestellt und damit nebst ihrer Gefährlichkeit dem Verkehr entzogen wurden. Zugunsten des Angeklagten hat die Kammer dabei auch die polizeiliche Überwachung der Tat durch die Telefonüberwachung und die Observation berücksichtigt, da durch die polizeiliche Überwachung insbesondere des Angeklagten der hiesige Fundort als potentieller Lagerort von Betäubungsmittel bekannt war und die Sicherstellung konkret vorbereitet hatte (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2022 – 5 StR 9/22 –, juris).
442Zulasten des Angeklagten hat sich neben der Vorstrafensituation hier die Befassung mit der erheblichen Menge an Kokain ausgewirkt, bei welcher der Grenzwert der nicht geringen Menge um ein Vielfaches überschritten ist sowie das gewerbsmäßige Handeltreiben des Angeklagten. Ein minder schwerer Fall liegt demnach nicht vor.
443b) Die Kammer hat unter erneuter Abwägung der dargestellten Strafzumessungsgesichtspunkte für diesen Fall eine Freiheitsstrafe von
444drei Jahren
445für tat- und schuldangemessen erachtet.
4468. a) Hinsichtlich der unter B. XI. festgestellten Tat (Fall 10 der Anklage II) ist die Strafe im Ausgangspunkt ebenfalls dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG mit Freiheitsstrafe zwischen einem und fünfzehn Jahren zu entnehmen. Die Kammer hat auch hier unter Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte das Vorliegen eines minder schweren Falls geprüft, dies indes im Ergebnis verneint.
447Zugunsten des Angeklagten ist dabei zunächst sein Geständnis zu berücksichtigen, mit dem er ebenso Verantwortungsübernahme demonstriert hat wie mit dem erfolgten Verzicht auf sichergestellte Gegenstände. Zu seinen Gunsten hat die Kammer auch hier berücksichtigt, dass er als Erstverbüßer eine erhebliche Freiheitsstrafe vergegenwärtigt und besonders haftempfindlich ist. Weiter hat die Kammer berücksichtigt, dass ein erheblicher Teil der Betäubungsmittel die so genannte weiche Droge Cannabis betraf sowie seine Tatneigung. Zugunsten des Angeklagten hat sich auch hier die polizeiliche Überwachung ebenso strafmildernd ausgewirkt wie die durch sie vorbereitete komplette Sicherstellung der Betäubungsmittel.
448Dagegen hat sich auch hier neben der Vorstrafensituation des Angeklagten sowohl sein gewerbsmäßiges Handeln als auch der Umstand strafschärfend ausgewirkt, dass er mit einer erheblichen Menge an – hier unterschiedlichen – Betäubungsmitteln befasst war, bei denen der Grenzwert der nicht geringen Menge insgesamt um ein erhebliches Vielfaches überschritten ist. Ein minder schwerer Fall liegt danach nicht vor.
449b) Die Kammer hält unter erneuter Abwägung der dargestellten Zumessungsgesichtspunkte eine Freiheitsstrafe von
450drei Jahren und drei Monaten
451für tat- und schuldangemessen.
4529. a) Hinsichtlich der unter B. XII. festgestellten Tat (Fall 11 der Anklage II) ist die Strafe im Ausgangspunkt ebenfalls dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen. Die Kammer hat auch hier unter Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Zumessungsgesichtspunkte geprüft, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, dies indes verneint.
453Zugunsten des Angeklagten hat die Kammer dabei zunächst sein Geständnis berücksichtigt, mit dem er zudem ebenso Verantwortungsübernahme demonstriert hat wie durch die Verzichte auf sichergestellte werthaltige Gegenstände. Die Kammer hat auch hier berücksichtigt, dass der Angeklagte erstmalig eine – zudem erhebliche – Haftstrafe vergegenwärtigt und als besonders haftempfindlich anzusehen ist. Weiter hat sie berücksichtigt, dass er mit der so genannten weichen Droge Cannabis befasst war, wobei es sich bei Teilen hiervon auch um Marihuana mit geringen THC-Gehalten handelte, wie der Angeklagte auch wusste. Berücksichtigt hat sie auch seine Tatneigung. Insgesamt hat es zu seinen Gunsten auch in diesem Fall sowohl berücksichtigt, dass die Betäubungsmittel insgesamt sichergestellt und dem Verkehr entzogen wurden, als auch, dass der hiesige Fundort bereits aufgrund der polizeilichen Überwachungsmaßnahmen als potentieller Lagerort bekannt war und die spätere Sicherstellung durch die Überwachung vorbereitet wurde.
454Zu Lasten des Angeklagten haben sich neben seiner Vorstrafensituation auch hier die erhebliche Menge an Betäubungsmitteln ausgewirkt, mit denen der Angeklagte in diesem Fall befasst war und bei denen der Grenzwert der nicht geringen Menge um ein sehr erhebliches Vielfaches überschritten war. Zudem handelte der Angeklagte gewerbsmäßig. Ein minder schwerer Fall liegt danach nicht vor.
455b) Die Kammer hält unter erneuter Berücksichtigung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Zumessungsgesichtspunkten eine Freiheitsstrafe von
456vier Jahren
457für tat- und schuldangemessen.
45810. a) Schließlich ist die Strafe hinsichtlich der unter B. XIII. festgestellten Tat (Fall 12 der Anklage II) im Ausgangspunkt dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen, der Freiheitsstrafe zwischen einem und fünfzehn Jahren vorsieht. Die Kammer hat sodann unter Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte geprüft, ob ein minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt, dies indes im Ergebnis vereint.
459aa) Zunächst spricht auch in diesem Fall für den Angeklagten, dass er erstmalig eine zudem erhebliche Freiheitsstrafe vergegenwärtigt und als besonders haftempfindlich anzusehen ist. Durch den Verzicht auf werthaltige Gegenstände hat er zudem Verantwortungsübernahme demonstriert. Die Kammer wertet auch hier zugunsten des Angeklagten, dass es sich bei den Betäubungsmitteln, mit denen er in diesem Fall befasst war, zu erheblichen Teilen um die so genannte weiche Droge Cannabis handelte. Berücksichtigt hat sie auch seine Tatneigung. Weiter hat die Kammer zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass die Betäubungsmittel insgesamt sichergestellt und damit dem Verkehr entzogen wurden. Weiter hat sie auch entsprechend berücksichtigt, dass der Fundort bereits aufgrund der polizeilichen Überwachungsmaßnahme als potentieller Lagerort von Betäubungsmitteln bekannt war und die Sicherstellung dort insofern durch die polizeiliche Überwachungsmaßnahme ermöglicht wurde.
460Zu Lasten des Angeklagten wirkt sich neben seiner Vorstrafensituation indes die erhebliche Menge an Betäubungsmitteln aus, mit denen der Angeklagte in diesem Fall befasst war, wobei der Grenzwert der nicht geringen Menge um ein erhebliches Vielfaches überschritten ist. Zudem handelte der Angeklagte gewerbsmäßig. Die Annahme eines minder schweren Falls kommt unter Berücksichtigung der dargestellten allgemeine Zumessungserwägungen nicht in Betracht.
461bb) Die Kammer hat indes über die allgemeinen Zumessungserwägungen hinaus auch die Voraussetzungen einer Aufklärungshilfe nach den § 31 S. 1 Nr. 1 BtMG als gegeben angesehen und den dort vertypten Strafmilderungsgrund angenommen. Der Angeklagte hat – über seinen Verteidiger – bereits vor Eröffnung des Hauptverfahrens erklärt, dass es sich bei der als „HU.“ benannten Person, welche aus Sicht der Ermittlungsbehörden in Beziehung zu der in diesem Fall gegenständlichen Wohnung stand, um den Zeugen GE. handelte. Hierdurch hat er – wie der Zeuge ZAM FQ. bestätigt hat – damals bereits vorhandene Ermittlungsergebnisse hierüber bestätigt. Damit ist im konkreten Fall auch ein hinreichender Aufklärungserfolg eingetreten. Ohne sich ausdrücklich im Einzelnen zu etwaigen strafbaren Handlungen dieses GE.s zu verhalten, wirkte der Angeklagte bei der – noch nicht erwiesenen – Identifizierung der Person „HU.“ mit, welcher die Ermittlungsbehörden selbst indes bereits strafbare Handlungen, insbesondere die Zuordnung der in der Wohnung gefundenen Betäubungsmittel, zugeschrieben hatte. Im Sinne eines Aufklärungserfolgs wirkte der Angeklagte somit durch die Zuordnung bei der Aufklärung mit. Der Umstand, dass er seine eigene Tatbeteiligung im Hinblick auf die in der Wohnung gefunden Betäubungsmittel letztlich nicht eingeräumt hat, steht der Annahme eines solchen Aufklärungserfolgs nicht entgegen. Auch unter Heranziehung und Verbrauch dieses vertypten Strafmilderungsgrundes liegt unter Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Zumessungsgesichtspunkte jedoch ein minder schwerer Fall nicht vor.
462Die Kammer hat indes aufgrund der geleisteten Aufklärungshilfe von der Möglichkeit der Verschiebung des Ausgangsstrafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG nach den § 31 BtMG, 49 StGB Gebrauch gemacht, sodass die Strafe einem Strafrahmen von drei Monaten bis elf Jahren und drei Monaten zu entnehmen ist. Ein Absehen von Strafe ist dagegen aufgrund der Schwere der Tat nicht in Betracht gekommen.
463b) Unter erneuter Abwägung sämtlicher dargestellter Strafzumessungsgesichtspunkte hält die Kammer eine Freiheitsstrafe von
464drei Jahren
465für tat- und schuldangemessen.
46611. Die Kammer hat schließlich die Einsatzstrafe von vier Jahren Freiheitsstrafe aus Fall 1 der Anklage II im Rahmen der Gesamtstrafenbildung maßvoll erhöht. Dabei hat sie die Anzahl und das Gewicht der weiteren zwölf Taten ebenso berücksichtigt wie den relativ langen Tatzeitraum von insgesamt zweieinhalb Jahren. Hierbei hat die Kammer weiter auch erneut das Gesamtstrafübel in den Blick genommen und berücksichtigt, dass aufgrund der hiesigen Verurteilung wegen der unter B. I. festgestellten Tat der Widerruf der unter A. I. 3. d) dargestellten Bewährungsaussetzung bezüglich der zwölfmonatigen Haftstrafe konkret droht. Insgesamt hat die Kammer insofern eine Gesamtfreiheitsstrafe von
467sieben Jahren
468gebildet.
469II. 1. a) Hinsichtlich des Angeklagten I. ist für die unter B. IV. festgestellte Tat (Fall 3 der Anklage II) die Strafe im Ausgangspunkt dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen, der Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren vorsieht. Die Kammer hat sodann unter Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechender Zumessungsgesichtspunkten geprüft, ob ein minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt, dies indes im Ergebnis verneint.
470Zugunsten des Angeklagten hat sie dabei berücksichtigt, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist und auch im Übrigen bislang einen ordentlichen Lebensweg bestritten hat. Weiter hat sie zu seinen Gunsten berücksichtigt, dass der Angeklagte mit Marihuana, einer so genannten weichen Droge, befasst war und seine Entlohnung sich insgesamt als geringfügig darstellt.
471Zu seinen Lasten wirkt sich dagegen die Befassung mit einer erheblichen Menge an Betäubungsmitteln aus, bei welcher der Grenzwert der nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln um ein Vielfaches überschritten ist. Ein minder schwerer Fall liegt nach Abwägung insofern nicht vor.
472b) Die Kammer hat unter erneuter Berücksichtigung der dargestellten Zumessungsgesichtspunkte eine Freiheitsstrafe von
473einem Jahr und vier Monaten
474für tat- und schuldangemessen erachtet.
4752. a) Weiter ist hinsichtlich der unter B. V. festgestellten Tat (Fall 4 der Anklage II) die Strafe im Ausgangspunkt ebenfalls dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG mit ein- bis fünfzehnjähriger Freiheitsstrafe zu entnehmen. Die Kammer hat auch hier sodann in den Blick genommen, ob ein minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt.
476aa) Ein solcher liegt zunächst unter Abwägung der allgemeinen Strafzumessungsgesichtspunkte nicht vor. Zugunsten des Angeklagten spricht zunächst sein Geständnis und zudem auch hier, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist und bislang einen ordentlichen Lebensweg beschritten hat. Auch hier ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass die Tat sich auf Marihuana, eine so genannte weiche Droge bezog, wobei er mit den Betäubungsmitteln selbst auch keinen unmittelbaren Kontakt hatte. Seine Entlohnung stellte sich auch hier als geringfügig dar. Dagegen ist indes zu berücksichtigen, dass das unterstützte Betäubungsmittelgeschäft eine erhebliche Menge mit einer Überschreitung des Grenzwerts der nicht geringen Menge um ein Vielfaches betraf. Ohne zusätzliche Berücksichtigung und Verbrauch des vertypten Strafmilderungsgrundes der Beihilfe liegt nach Abwägung insofern kein minder schwerer Fall vor.
477bb) Ein solcher ergibt sich indes unter ebendieser Heranziehung und Verbrauch des vertypten Strafmilderungsgrundes, sodass ein minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG mit einem Strafrahmen von drei Monaten bis 5 Jahren Freiheitsstrafe vorliegt. Die Anwendung dieses Strafrahmens stellt sich aufgrund des geringen Höchststrafe für den Angeklagten auch günstiger dar als eine Strafrahmenverschiebung des Ausgangsstrafrahmens über die §§ 27, 49 Abs. 1 StGB, der einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu elf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe ergeben würde.
478b) Unter erneuter Berücksichtigung der dargestellten Strafzumessungsgesichtspunkte hält die Kammer eine Freiheitsstrafe von
479zehn Monaten
480für tat- und schuldangemessen.
4813. Unter maßvoller Erhöhung der Einsatzstrafe von einem Jahr und vier Monaten (Fall 3 der Anklage II) hat die Kammer unter Berücksichtigung des engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs zwischen beiden Taten eine Gesamtfreiheitsstrafe von
482einem Jahr und sechs Monaten
483gebildet.
4844. Die Vollstreckung der Strafe hat gemäß § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden können.
485Eine positive Sozialprognose liegt nach Überzeugung der Kammer vor. Der Angeklagte I. ist bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten, berufstätig und lebt mit seiner Familie in einer Wohnung. Insgesamt hat er bislang einen ordentlichen Lebensweg beschritten. Die hiesigen Straftaten haben sich dabei zwar aus seinem Beruf als Taxifahrer heraus angebahnt, stehen jedoch erkennbar im Zusammenhang mit seiner Bekanntschaft zum Angeklagten L. J., sodass aufgrund dessen Festnahme und Inhaftierung der Hintergrund des delinquenten Verhaltens des Angeklagten I. nicht mehr besteht. Jedenfalls geht die Kammer davon aus, dass bereits das Verfahren vor der großen Strafkammer und die Verurteilung zu einer erheblichen Freiheitsstrafe dem Angeklagten als Warnung gereicht, um ihn künftig vor der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten, insbesondere auch solchen, welche seine Dienste als Fahrer betreffen.
486Aus den genannten Gründen liegen auch besondere Umstände im Sinne der Vorschrift vor. Die Verteidigung der Rechtsordnung gebietet die Vollstreckung der Freiheitsstrafe danach ebenfalls nicht.
487III. 1. Hinsichtlich der Angeklagten M. ist die Strafe für die unter B. IV. festgestellte Tat (Fall 3 der Anklage II) im Ausgangspunkt dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen, der Freiheitsstrafe von einem Jahr bis fünfzehn Jahren vorsieht. Die Kammer hat sodann das Vorliegen eines minder schweren Falls nach § 29a Abs. 2 BtMG mit dem Strafrahmen von drei Monaten bis fünf Jahren Freiheitsstrafe in den Blick genommen und dies nach Abwägung sämtlicher für und gegen die Angeklagte sprechender Gesichtspunkte bejaht.
488Dabei spricht für die Angeklagte zunächst, dass sie nicht vorbestraft ist und auch im Übrigen bislang einen ordentlichen Lebensweg beschritten hat. Die Angeklagte hat zudem auf eine Reihe von Gegenständen – unter anderem zwei in ihrer Wohnung sichergestellte werthaltige Mobiltelefone (iPhone 7 und iPhone 11 Pro) – verzichtet, hinsichtlich derer eine Einziehung mit nebenstrafenähnlichen Charakter in Betracht gekommen wäre und diesbezüglich die Kammer von einem Wert von bis zu 600 EURO ausgeht. Zugunsten der Angeklagten hat die Kammer auch berücksichtigt, dass es sich bei dem Marihuana, mit dem sie befasst war, um eine so genannte weiche Droge handelt. Die Kammer berücksichtigt zudem, dass die Angeklagte nur verhältnismäßig kurz im Besitz der Betäubungsmittel war und diesen auch nur auf konkrete Bitte ihres Lebensgefährten L. J. begründet hat. Eine Entlohnung hat sie hierfür nicht erhalten, ihr Handeln stellt sich in Bezug auf das Handeltreiben lediglich als Beihilfe dar.
489Dagegen muss sich jedoch die Befassung mit der erheblichen Menge an Betäubungsmitteln, bei denen der Grenzwert der nicht geringen Menge um ein Vielfaches überschritten ist, zu ihren Lasten auswirken. Aufgrund der überwiegenden zu ihren Gunsten streitenden Gesichtspunkte liegt indes ein minder schwerer Fall vor.
4902. Unter erneuter Abwägung der dargestellten Zumessungsgesichtspunkte im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat die Kammer eine Freiheitsstrafe von
491neun Monaten
492für tat- und schuldangemessen erachtet.
4933. Die Vollstreckung der Strafe hat gemäß § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden können.
494Nach Überzeugung der Kammer liegt bei der Angeklagten M. eine positive Sozialprognose vor. Die hiesige Tatbegehung steht erkennbar im Zusammenhang mit der Befassung des Lebensgefährten der Angeklagten mit dem Betäubungsmittelhandel, sodass davon auszugehen ist, dass durch dessen Festnahme und Inhaftierung vergleichbare Straftaten der Angeklagte nicht zu befürchten sind. Insofern ist diese auch anderweitig nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten. Es ist jedenfalls auch zu erwarten, dass bereits der Eindruck des Verfahrens vor der großen Strafkammer und die Verurteilung eine hinreichende Warnung darstellen, um die Angeklagte künftig von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Sie verfügt auch über eine Arbeit und eine abgeschlossene Berufsausbildung, was die positive Sozialprognose weiter stützt.
495Aus den genannten Gründen liegen auch besondere Umstände im Sinne der Vorschrift vor. Die Verteidigung der Rechtsordnung gebietet die Vollstreckung der Freiheitsstrafe danach ebenfalls nicht.
496IV. 1. Hinsichtlich des Angeklagten F. J. ist die Strafe für die unter B. XI. festgestellte Tat (Fall 10 der Anklage II) im Ausgangspunkt dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen, der Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren vorsieht. Die Kammer hat sodann in den Blick genommen, ob ein minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt, dies nach Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte indes verneint.
497Die Kammer hat dabei zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass der Angeklagte sich letztlich jedenfalls weitgehend geständig im Sinne der Feststellungen eingelassen hat. Die damit demonstrierte Verantwortungsübernahme hat er auch weiter dokumentiert, indem er auf eine Reihe von Gegenständen verzichtet hat, bei denen es sich indes maßgeblich um die nach den Feststellungen seinem Bruder zugeordneten Gegenstände aus seiner Wohnung handelt. Darüber hinaus ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass die in seiner Wohnung gefundenen Betäubungsmittel insgesamt sichergestellt und damit nebst ihrer Gefährlichkeit dem Verkehr entzogen wurden und der hiesige Fundort durch die polizeiliche Überwachung zudem als potentieller Lagerort von Betäubungsmitteln bekannt war und die spätere Sicherstellung vorbereitet hatte. Bei einem erheblichen Teil der Betäubungsmittel handelte es sich zudem um als weiche Droge bezeichneten Cannabis. Die Kammer hat schließlich zu seinen Gunsten auch berücksichtigt, dass er für die Tat keine Entlohnung oder einen sonstigen erkennbaren Vorteil erlangt hat.
498Zulasten des Angeklagten ist zu berücksichtigen, dass er – wie unter A. IV. 3. dargestellt – bereits vielfach strafrechtlich belangt worden ist, wobei die Kammer nicht verkennt, dass die den Verurteilungen zugrundeliegenden Taten nicht einschlägig sind und weit überwiegend nur zu Geldstrafen geführt haben. Strafschärfend wirkt sich darüber hinaus insbesondere indes aus, dass der Angeklagte mit einer sehr erheblichen Menge von Betäubungsmitteln befasst war, bei denen der Grenzwert der nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln um ein großes Vielfaches überschritten ist. Ein minder schwerer Fall liegt nach Abwägung der dargestellten Zumessungsgesichtspunkte nicht vor.
4992. Bei der konkreten Strafzumessung hat die Kammer die vorgenannten Zumessungsgesichtspunkte erneut gegeneinander abgewogen und danach eine Freiheitsstrafe von
500zwei Jahren
501für tat- und schuldangemessen erachtet.
5023. Die Vollstreckung der Strafe hat gemäß § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden können.
503Trotz der zahlreichen strafrechtlichen Verfehlungen des Angeklagten in der Vergangenheit erscheint der Kammer zum jetzigen Zeitpunkt – wenn auch unter Zurückstellung von Bedenken – die Annahme einer positiven Sozialprognose beim Angeklagten als tragfähig. Im Hinblick auf die konkrete Verfehlung geht die Kammer davon aus, dass durch die Festnahme und Inhaftierung seines Bruders, des Angeklagten L. J., vergleichbare Straftaten des Angeklagten F. nicht mehr zu erwarten sind. Darüber hinaus erscheint der Angeklagte auch durch das Verfahren vor der großen Strafkammer hinreichend beeindruckt, sodass die Kammer auch davon ausgeht, dass zusammen mit der drohenden Vollstreckung der hiesigen Freiheitsstrafe bei einem weiteren Verstoß auch andere Straftaten, wie sie in der Vergangenheit aufgetreten sind, nicht zu erwarten sind. Weiter lebt der Angeklagte in geregelten Verhältnissen. Er bewohnt eine eigene, im Eigentum der Familie stehende, Wohnung und verfügt – unbeschadet seiner beruflichen Pläne einer weitergehenden Selbstständigkeit auch als Gutachter – jedenfalls erkennbar über die Möglichkeit, in dem Betrieb seiner Familie weiterhin einer geregelten legalen Beschäftigung nachzugehen. Hierfür verfügt er über die notwendige berufliche Qualifikation und Erfahrung.
504Aus den genannten Gründen liegen auch besondere Umstände im Sinne der Vorschrift vor. Die Verteidigung der Rechtsordnung gebietet die Vollstreckung der Freiheitsstrafe danach ebenfalls nicht.
505F.
506Maßregeln der Besserung und Sicherung
507Daneben ist weder beim Angeklagten L. J. noch beim Angeklagten F. J. die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gem. § 64 StGB anzuordnen, da die Voraussetzungen hierfür jeweils nicht vorliegen.
508I. Die Voraussetzungen des § 64 StGB für eine Unterbringung liegen zunächst für den Angeklagten L. J. nicht vor. Insofern lässt sich bereits kein Hang feststellen.
5091. Ein solcher ist eine den Täter treibende oder beherrschende Neigung, Rauschmittel im Übermaß, das heißt in einem Umfang zu konsumieren, durch welchen Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt werden. Ausreichend ist eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Das kommt nicht nur dann in Betracht, wenn der Betroffene Rauschmittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt werden, sondern insbesondere auch bei Beschaffungskriminalität (s. etwa BGH, Beschluss vom 2. April 2015 – 3 StR 103/15, juris, Rn. 5 m.w.N.).
510Wenngleich erhebliche Beeinträchtigungen der Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betreffenden indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hangs haben und in der Regel mit übermäßigem Rauschmittelkonsum einhergehen werden, schließt deren Fehlen jedoch nicht notwendigerweise die Annahme eines Hangs aus. Auch stehen das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz der Annahme eines Hangs nicht entgegen. Er setzt auch nicht voraus, dass die Rauschmittelgewöhnung auf täglichen oder häufig wiederholten Genuss zurückgeht; vielmehr kann es genügen, wenn der Täter von Zeit zu Zeit oder bei passender Gelegenheit seiner Neigung zum Rauschmittelkonsum folgt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2018 – 3 StR 166/18, juris, Rn. 12). Dabei muss das Vorliegen eines Hanges jedoch zur Anordnung der Unterbringung positiv festgestellt werden (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 – 1 StR 25/03, juris m.w.N.).
5112. Der Sachverständige Dr. SJ. hat ausgeführt, dass aufgrund der Angaben, welcher der Angeklagte ihm gegenüber im Explorationsgespräch getätigt habe (C. XIV. 1. b) aa) (2)), ein Hang im Sinne der Vorschrift sicher vorliege.
512Gehe man auf dieser Grundlage, wie unter C. XVII. 1. b) dargestellt, vom Vorliegen einer Abhängigkeitserkrankung im Sinne einer Polytoxikomanie aus sei der – insofern niederschwelligere – Hangbegriff erfüllt. Zudem handle es sich insbesondere auch bei Kokain – aber auch Lachgas – um Substanzen, welche die körperliche Integrität schädigen. Im Übrigen – so der Sachverständige weiter – lägen dann auch die weiteren Voraussetzungen des § 64 StGB vor. Ein symptomatischer Zusammenhang sei im Sinne einer Teilsymptomatizität zu bejahen, wenn man davon ausgehe, dass ein erheblicher Teil der durch den Betäubungsmittelhandel erzielten Einnahmen zur Finanzierung des eigenen Suchtmittelkonsums verwendet worden sei. Ohne Behandlung sei auch von einer Gefahr weiterer erheblicher Straftaten auszugehen. Eine unbehandelte Suchterkrankung stelle einen sehr gewichtigen negativen Prädiktor für weitere Straftaten dar, da der eigene Konsum finanziert werden müsse. Schließlich sei auch von einer hinreichenden Erfolgsaussicht auszugehen, nachdem der Angeklagte ihm gegenüber angegeben habe, eine Therapie machen zu wollen. Dieser erkenne das Problem durchaus an und es bestünden auch keine Merkmale, welche – wie eine andere psychische Erkrankung oder eine massive Dissozialität – einem Behandlungserfolg entgegenstehen würden. Schließlich verfüge er über die Ressourcen zur erfolgreichen Teilnahme an einer Therapiebehandlung. Insgesamt gehe er, der Sachverständige, davon aus, dass eine Therapie von zwei Jahren inklusive Adaptionsbehandlung hinreichen würde, um eine Abstinenz des Angeklagten zu erreichen, der recht spät mit dem Konsum begonnen habe und nach seinen Angaben aufgrund – möglicherweise bereits aufgelöster – Konfliktspannungen bezüglich des gescheiterten Projekts mit der Eröffnung einer Shishabar in LX. konsumiert habe.
5133. Ein solches Konsummuster, welches der Sachverständige auf Grundlage der Angaben des Angeklagten seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat, hat indes nicht festgestellt werden können. Die Kammer ist von keinem Sachverhalt überzeugt, auf dessen Grundlage die psychiatrische Diagnose einer polytoxikomanen oder auf einzelne Betäubungsmittel bezogenen Abhängigkeitserkrankung gestellt werden könnte. Auch ein schädlicher Gebrauch – unterhalb einer Abhängigkeitserkrankung – kann nicht sicher angenommen werden, sondern lediglich ein in seinem Umfang nicht eingrenzbarer Cannabiskonsum. Ein Hang ist danach nicht positiv feststellbar.
514Im Übrigen würde es selbst bei Annahme eines Hangs auch an dem symptomatischen Zusammenhang zwischen diesem und den Anlasstaten fehlen. Insofern fehlt ein solcher bei einem Rauschgifthändler, dem es alleine darum geht, erworbene Betäubungsmittel mit Gewinn zu verkaufen, regelmäßig auch dann, wenn er gelegentlich selbst Suchtmittel konsumiert (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2019 – 2 StR 331/19 –, juris).
515II. Eine Unterbringung ist auch gegenüber dem Angeklagten F. J., hinsichtlich dessen die Kammer sich ebenfalls der sachverständigen Unterstützung des Sachverständigen Dr. SJ. bedient hat, nicht anzuordnen. Hierzu hat der Sachverständige ausgeführt, dass bei ihm weder eine Abhängigkeitserkrankung noch ein schädlicher Gebrauch von Betäubungsmitteln oder Alkohol vorliege und damit ein Hang nicht begründbar sei. Dieser in jeglicher Hinsicht nachvollziehbaren und überzeugenden Einschätzung schließt sich die Kammer an.
516G.
517Einziehung
518I. Beim Angeklagten L. J. ist zudem die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 104.000 EURO gemäß den §§ 73 Abs. 1, 73c StGB anzuordnen.
519Dabei sind nach dem Bruttoprinzip beim Angeklagten ohne Berücksichtigung der für die Betäubungsmittelgeschäfte durch diesen selbst aufgewandten Kosten jeweils sämtliche Geldbeträge einzuziehen, welche ihm im Zuge der festgestellten Betäubungsmittelgeschäfte zugeflossen sind. Einzuziehen sind damit ohne Abzug des Einkaufspreises die jeweils vom Angeklagten durch den Weiterverkauf der Betäubungsmittel an seine eigenen Abnehmer erlangten Gelder; nicht nur der realisierte Gewinn.
520Dies führt nach den unter B. getroffenen Feststellungen zu folgenden Einziehungsbeträgen, die in der Summe einen Betrag von 104.000 EURO ausmachen:
521Fall 3 der Anklage II 32.000 EURO
522Fall 4 der Anklage II 20.000 EURO
523Fall 5 der Anklage II 8.000 EURO
524Fall 6 der Anklage II 24.000 EURO
525Fall 7 der Anklage II 20.000 EURO
526II. Gegenüber dem Angeklagten I. ist weiter nach den §§ 73 Abs. 1, 73c StGB der Betrag von insgesamt 100 EURO als Summe der jeweils von ihm erhaltenen Barentlohnung von wenigstens 50 EURO für die Fälle 3 und 4 einzuziehen.
527III. Eine weitere Einziehungsentscheidung ist darüber hinaus nicht zu treffen, nachdem die Angeklagten in der Hauptverhandlung auf eine Reihe sichergestellter Gegenstände verzichtet haben und darüber hinaus eine Einziehung nicht angezeigt ist.
528H.
529Kosten
530Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 S. 1 StPO.