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1. Zur qualifiziert elektronischen Signatur eines gerichtlichen Beschlusses, wenn in der elektronisch erstellten Signaturübersicht zwei von drei Signaturen der Kammermitglieder als "(ungeprüft)" ausgewiesen sind bzw. eine "gelbe Signaturnadel" aufweisen.
Zur Dringlichkeit einer einstweiligen Verfügung, wenn die angegriffene Handlung bereits vor Erlass der einstweiligen Verfügung eingestellt worden ist.
Bei der Geltendmachung von urheberrechtlichen Ansprüchen in gewillkürter Prozesstandschaft muss der Antrag nicht auf Leisung (bzw. Unterlassung) gegenüber dem Rechteinhaber lauten.
Zum Anspruch des Eigentümers des "Kölner Doms" auf Unterlassung der gewerblichen Verwendung von Fotoaufnahmen aus dem Innenraum aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB.
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 19.10.2022 wird bestätigt.
Die Verfügungsbeklagte trägt auch die weiteren Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um die gewerbliche Nutzung von Innenraum- und Dachaufnahmen des Kölner Doms durch die Beklagte im Internet.
3Die Verfügungsklägerin ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts, in deren Eigentum die Kathedrale „Hohe Domkirche St. Petrus“ (allgemein bekannt als „Kölner Dom“) steht. Sie ist zwar in keinem öffentlichen Register als juristische Person eingetragen, wird aber im Grundbuch von Köln als Eigentümerin des Grundstückes, auf dem der Kölner Dom gebaut ist, geführt (siehe Anlage A1). Außerdem wird ihr durch das Finanzamt Köln-Mitte bescheinigt, eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 44a Abs. 4 EStG sowie im Sinne des § 44a Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 EStG zu sein (Anlage zum Sitzungsprotokoll Bl. 679 GA).
4Die Verfügungsbeklagte ist ein international tätiger sog. Contentprovider für Bild- und Videoaufnahmen. Sie betreibt unter der URL www.E..com eine Bild- und Videodatenbank, auf der ca. 4 Mio. Bilder zur Lizensierung bzw. zur Anfrage einer möglichen Rechteübertragung mit dem Rechteinhaber bereit gehalten werden. Fotos auf der Webseite der Verfügungsbeklagten enthalten bei einer Detailansicht u.a. den Hinweis „Foto Credit: P. Images“ (Anlage A8). Als Zweigniederlassung unterhält sie in Z. zu der im Rubrum angegebenen Anschrift die P. O. W. Ltd. Z. (siehe Handelsregisterauszug Anlage A5).
5Das Betreten des Kölner Doms ist im Grundsatz jedem möglich. Unstreitig geblieben ist, dass derjenige, der den Kölner Dom zum Zwecke der Erstellung von Fotografien im Innenraum sowie in Sonderbereichen des Kölner Doms, etwa des Dachs, betreten und diese Fotografien nicht ausschließlich privat nutzen möchte, benötigt eine besondere Erlaubnis der Verfügungsklägerin. Dies erlaubt die Verfügungsklägerin als Eigentümerin der Kathedrale nur unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere, dass Fotografen eine schriftliche Zustimmung zum Betreten des Kölner Doms zum Zwecke der Erstellung von Fotos für eine bestimmte Verwendung einholen.
6Unter der URL www.koelner-dom.de, dort unter dem Link „Fotografien und Filmen“ ist seit dem 27. Juni 2020 in Form von „FAQs“ ausgeführt, in welchen Ausnahmesituationen die Antragstellerin auf schriftliche Anfrage das Fotografieren zu gewerblichen Zwecken gestattet. Insbesondere ist zu lesen, dass ein Zutritt zu der Kathedrale zum Zwecke der Erstellung von Fotos, die nicht zu ausschließlich privaten Zwecken erstellt werden, nur auf schriftliche Anfrage erlaubt werden kann (Anlage A2). Zuvor war unter der URL www.koelner-dom.de dort auf der Unterseite „FAQ“, folgender Hinweis vorgehalten:
7„jede nicht-private und jede gewerbliche Nutzung von Bildern des Dominnenraums und aller Sonderbereiche des Doms bedürfen aufgrund des Eigentums- und Hausrechts sowie aufgrund der Urheberrechte an Werken zeitgenössischer Künstler der vorherigen schriftlichen Genehmigung, auch wenn Sie Urheber der Aufnahmen sind. Bitte richten Sie Bildanfragen an: foto@dombau-koeln.de“.
8Die Verfügungsklägerin ist überdies Inhaberin einfacher Nutzungsrechte an einem Werk des Künstlers Prof. L. U., das gemeinhin bekannt ist unter dem Titel „F.“ (siehe Anlage A4). Das F. ist eines der Kirchenfenster des Kölner Doms und als solches insbesondere für Besucher im Innenbereich des Doms gut sichtbar. Es besteht aus 11.263 Farbquadrate in 72 Farben und ist in das Südquerhaus der Kathedrale eingebaut. Die Verfügungsklägerin macht vorliegend urheberrechtliche Nutzungsrechte an diesem Werk in Prozessstandschaft des Künstlers geltend.
9Auf der Webseite der Verfügungsbeklagten waren im Zeitraum September/Oktober 2022 die 33 im ursprünglichen Verfügungsantrag der Verfügungsklägerin abgebildeten Fotoaufnahmen aus dem Innen- bzw. Dachbereichs des Kölner Doms abrufbar. Außerdem waren in dieser Zeit vier Fotoaufnahmen des F. aufgenommen aus dem Innenbereich des Doms abrufbar. Zu keinem dieser Aufnahmen hat die Klägerin die Zustimmung zum Betreten des Doms erteilt, um das Foto in dieser O. gewerblich zu verwenden. Dazu führt die Verfügungsklägerin eine Datenbank, in denen erteilte Zustimmungen gespeichert werden. Die Verfügungsbeklagte hat auch weder vom Künstler Prof. U. noch von der Verfügungsklägerin ein Recht zur Vervielfältigung oder öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes „F.“ eingeräumt erhalten.
10Am 21.09.2022 erhielt die Antragstellerin eine Emailmitteilung durch das Atelier U. zu der Anfrage eines „Verlag Y. GmbH“, der um die Übertragung von Nutzungsrechten an dem Werk „F.“ bat. Der Anfrage hing ein Bild mit dem Motiv des F. an. Den Metadaten des Bildes war zu entnehmen, dass man sich für die Vermittlung von Nutzungsrechten an „P. Images“ wenden solle. Daraufhin recherchierte die Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin, Frau V., noch am 21.09.2022 im Internet nach der Verfügungsbeklagten und stellte fest, dass diese über ihre Website www.E..com die streitgegenständlichen Fotos in der streitgegenständlichen Form nutzte.
11Mit anwaltlichen Schreiben vom 30.09.2022 ließ die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte abmahnen (Anlage A11). Dabei forderte sie in der beigefügen vorformulierten Unterlassungserklärung, u.a. „1. es zu unterlassen, innerhalb des geschäftlichen Verkehrs Fotografien, die im Innenraum der Kathedrale „Hohe Domkirche St. Petrus“ oder im Dachbereich dieser Kathedrale gefertigt wurden, ohne Zustimmung der Hohen Domkirche zu Köln zu gewerblichen Zwecken auf der eigenen Website wiederzugeben und/oder zur Einlizenzierung anzubieten, dies insbesondere bezogen auf jedes der als Anlage 1 und/oder Anlage 2 wiedergegebenen Fotos.“ Die in Bezug genommenen Unterlagen enthielten jeweils die Fotoaufnahmen wie im nachfolgenden Beschlusstenor ersichtlich, jedoch nicht als Screenshot der gesamten Webseite mit den Auswahlmöglichkeiten zum Download, sondern lediglich die Fotos, wobei zum Teil ein Wasserzeichen der Verfügungsbeklagten gut sichtbar ist.
12Nach der Abmahnung recherchierte die Verfügungsbeklagte. Die streitbefangenen Fotografien wurden der Antragsgegnerin über den Fotografen und zugleich Bildarchivbetreiber I. Q. D. zugeleitet. Es erfolgte sodann die Löschung der entsprechenden Fotoaufnahmen.
13Die Verfügungsbeklagte ließ am 07.10.2022 durch ihren Prozessbevollmächtigten antworten und bat zunächst um Fristverlängerung bis zum 21.10.2022 (Anlage A12). Im Übrigen enthielt dieses Schreiben die Mitteilung: „Bis zum Abschluss unserer Recherchen hat unsere Mandantin entgegenkommend und ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage die monierten fotografischen Abbildungen aus ihrem Angebot entfernt.“
14Es erfolgte am 10.10.2022 ein Telefonat zwischen dem Fotografen Herr D. und der zuständigen Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin, Frau V., bei dem es um die Löschung der Fotoaufnahmen ging. Die konkreten Inhalte des Gesprächs sind streitig, insbesondere mit Blick auf eine Löschung auf der Plattform der Verfügungsbeklagten.
15Die Verfügungsklägerin hat mit am 18.10.2022 eingegangenen Schriftsatz Verfügungsantrag gestellt. Sie hat dabei beantragt,
16I. Der Antragsgegnerin wird geboten, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu € 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, die zu vollziehen ist an deren Geschäftsführern, zu unterlassen,
171. Fotoaufnahmen, die im Inneren der Hohen Domkirche St. Petrus in Köln oder von dem Dachbereich der Hohen Domkirche St. Petrus in Köln gefertigt sind, und welche die vorbezeichneten Bereiche der Hohen Domkirche St. Petrus in Köln ganz oder teilweise wiedergeben, ohne Einwilligung der Antragstellerin gegenüber Dritten zu gewerblichen Zwecken zu nutzen und/oder nutzen zu lassen wie nachfolgend wiedergegeben: (es folgen die nachfolgend im Beschlusstenor eingeblendeten Screenshots mit Ziffern 1.1. – 1.33)
18und/oder
192. folgende Bilder ganz oder teilweise zu verwerten, insbesondere zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen und/oder solche Handlunge durch Dritte vornehmen zu lassen: (es folgen die nachfolgend im Beschlusstenor eingeblendeten Screenshots mit Ziffern 2.1. – 2.4).
20Die Kammer hat der Verfügungsbeklagten mit Beschluss vom 19.10.2022 im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten:
211. Fotoaufnahmen, die im Inneren der Hohen Domkirche St. Petrus in Köln oder von dem Dachbereich der Hohen Domkirche St. Petrus in Köln gefertigt sind, und welche die vorbezeichneten Bereiche der Hohen Domkirche St. Petrus in Köln ganz oder teilweise wiedergeben, ohne Einwilligung der Antragstellerin gegenüber Dritten zu gewerblichen Zwecken gegenüber Dritten zu gewerblichen Zwecken zu lizensieren und/oder lizensieren zu lassen und/oder eine derartige Lizenzierung anzubieten und/oder anbieten zu lassen wie nachfolgend wiedergegeben:
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103Die Beschlussverfügung, die in der elektronischen Akte erstellt worden ist, ist von allen drei Kammermitgliedern elektronisch signiert worden. Die entsprechende Software zeigt folgende Signaturübersicht an:
104„Bilddarstellung wurde entfernt“
105Die Verfügungsklägerin hat nach unbestrittener Darstellung der Verfügungsbeklagten verschiedene Vollziehungsversuche unternommen, wobei sie stets eine anwaltlich beglaubigte Abschrift einer Ausfertigung der Beschlussverfügung zustellen ließ. Diese zugestellten anwaltlich beglaubigten Kopien enthielten unten links abgedruckten Signaturen von RILG Dr. A. und Dr. K. mit dem Hinweis jeweils „(ungeprüft)“, wobei die Signatur des VorsRiLG Dr. J. auf „(gültig)” lautet.
106Die Verfügungsbeklagte hat mit Schriftsatz vom 16.12.2022 Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung der Kammer vom 19.10.2022 erhoben. Diesen Widerspruch hat die Verfügungsbeklagte erst mit Schriftsatz vom 08.03.2023, dem Gericht am 09.03.2023 um 09.29 Uhr zugegangen, begründet. Der Termin zur mündlichen Verhandlung hat am 09.03.2023 um 14:30 Uhr stattgefunden.
107Die Verfügungsklägerin behauptet, dass die Verfügungsbeklagte für die im Verfügungsantrag unter Ziffer I. 1. 1.-33. ersichtlichen Aufnahmen des Innen- oder Dachbereich des Kölner Doms die Erteilung einer Lizenz angeboten habe. Dies ergebe sich schon aus den in den Antrag eingeblendeten Auszügen aus der Website. Ergänzend legt sie in der mündlichen Verhandlung Ausdrucke zum kostenpflichtigen Lizenzbezug eines Gemäldes des Künstlers H. über den Dienst der Verfügungsbeklagten vor, den die Prozessbevollmächtigte der Verfügungsklägerin aus der Bundesrepublik Deutschland heraus getätigt hat (Anlagen zum Sitzungsprotokoll Bl. 608 ff. GA).
108Sie legt zur Glaubhaftmachung ihrer Aktivlegitimation für urheberrechtliche Ansprüche des Herrn Prof. U. eine E-Mail des Herrn N. für das Atelier U. (E-Mail Adresse: E-Mail01) vor mit folgendem Inhalt: „Soweit die Hohe Domkirche zu Köln gem. Ziff. 3.1 des zwischen ihr und Herrn U. geschlossenen „Vertrag über die Einräumung urheberrechtlicher Nutzungsrechte" gegen die Verletzung von Urheberrechten im Wege der gewillkürten Prozesstandschaft vorgehen darf, darf die Hohe Domkirche zu Köln Leistungen Dritter, die vor diesem Hintergrund beansprucht werden können, an sich selbst verlangen“ (Anlage zum Sitzungsprotokoll Bl. 676 GA).
109Die Verfügungsklägerin beantragt,
110die einstweilige Verfügung der Kammer vom 19.10.2022 zu bestätigen.
111Hilfsweise für den Fall, dass die Kammer aufgrund der Signaturproblematik davon ausgehen sollte, dass die Beschlussverfügung unwirksam sei, stellt sie erneut den ursprünglichen Verfügungsantrag vom 18.10.20222, in der Fassung der Beschlussverfügung vom 19.10.2022.
112Die Verfügungsbeklagte beantragt,
113die einstweilige Verfügung vom 19.10.2022 aufzuheben.
114Sowie den hilfsweise heute erneut gestellten Verfügungsantrag zurückzuweisen.
115Die Verfügungsbeklagte rügt eine Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts auf prozessuale Waffengleichheit, das durch den Erlass der einstweiligen Verfügung ohne vorherige Anhörung der Verfügungsbeklagten verletzt worden sei. Insbesondere seien Abmahnung und Verfügungsantrag nicht identisch. Unmittelbar nach Abmahnung sei die Nutzung der gerügten Fotoaufnahmen eingestellt worden.
116Sie rügt ferner die Verfügungsanträge als zu unbestimmt, insbesondere die im Verfügungsantrag zu I. 1. benutzte Formulierung der „gewerblichen Nutzung“. Die Kammer habe durch die Änderung des Tenors im Vergleich zum Verfügungsantrag (konkret: Änderung des beantragten Begriffs „gewerbliche Nutzung“ in „gewerbliche Lizenzierung“ bzw. „gewerbliches Angebot der Lizenzierung“ beim Antrag zu I. 1. sowie Einfügung einer konkreten Verletzungsform beim Antrag zu I. 2.) ihre aus § 938 Abs. 1 ZPO grundsätzlich bestehenden Befugnisse überschritten.
117Es bestehe außerdem kein Verfügungsgrund. Die Sache sei angesichts der nach der Abmahnung und vor Eingang des Verfügungsantrags bereits eingestellten Rechtsverletzungen bereits nicht dringlich gewesen. Die Verfügungsklägerin habe das Gespräch zwischen Herrn D. und Frau V. am 10.10.2022 beim Verfügungsantrag unterschlagen. Im Übrigen habe die Verfügungsklägerin zwischen Abmahnung und Verfügungsantrag elf Tage verstreichen lassen, was zeige, dass die Angelegenheit nicht besonders dringlich gewesen sei.
118Die einstweilige Verfügung sei nicht wirksam vollzogen worden. Die Beschlussverfügung sei schon nicht wirksam elektronisch signiert worden, weil zwei von drei Signaturen der Kammermitglieder „ungeprüft“ waren (s.o. in der Signaturübersicht das Symbol der gelben Signaturnadel). Jedenfalls sei die Zustellung von Ausfertigungen mit der Signaturübersicht, die zwei solche „ungeprüfte“ Signaturen ausweisen, nicht geeignet die Vollziehung der einstweiligen Verfügung zu bewerkstelligen.
119Es mangele der Verfügungsklägerin außerdem an der Aktivlegitimation für urheberrechtlichen Ansprüche wegen des F.. Sie ist der Ansicht, dass die Verfügungsklägerin nur Unterlassung gegenüber dem Urheber Herrn Prof. U. fordern könne. Soweit die Verfügungsklägerin eine E-Mail des Herrn N. vorlegt, so genüge dies nicht dem Schriftformerfordernis im Vertrag zwischen der Verfügungsklägerin mit Herrn Prof. U..
120Schließlich sei die Verfügungsbeklagte nicht passivlegitimiert. Es sei schon nicht vorgetragen, dass das behauptete Verbot des Betretens der Kathedrale zur Fotoerstellung für andere als private Zwecke bereits zum Zeitpunkt der Erstellung der streitgegenständlichen Fotografien bestanden habe. Hinweise im Internet seien außerdem nicht ausreichend. Dass entsprechende Hinweise vor dem Kölner Dom für Besucher erkennbar waren, sei nicht vorgetragen. Auch bestreitet die Verfügungsbeklagte, dass die hier gegenständlichen Fotoaufnahmen überhaupt an Interessenten im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland lizensiert worden seien bzw. ein entsprechendes Angebot erfolgt sei. Die Verfügungsklägerin habe dies jedenfalls nicht durch einen „Testkauf“ glaubhaft gemacht.
121Das Gericht hat in Vorbereitung dieses Urteils noch einmal die Signaturen der Beschlussverfügung vom 19.10.2022 über die eAkten-Software geprüft. Nunmehr werden alle drei Signaturen als geprüft angezeigt mit einer „grünen Signaturnadel“ wie folgt:
122„Bilddarstellung wurde entfernt“.
123Entscheidungsgründe:
124Auf den zulässigen Widerspruch der Verfügungsbeklagten war die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
125Die Verfügungsklägerin hat auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Verfügungsbeklagten in der Widerspruchsbegründung hinreichend glaubhaft gemacht, dass ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund vorliegen, §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO. Auch im Übrigen stehen der Bestätigung der einstweiligen Verfügung keine Umstände entgegen. Der auf Antrag der Verfügungsklägerin ergangenen Entscheidung liegen prozessual die Regelungen der §§ 935 ff., 922 ZPO zugrunde. Der Verbots- bzw. Unterlassungsanspruch folgt aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB sowie für die Tenorziffer zu 2.) aus § 97 Abs. 1 Satz 1 16, 19a, 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG; die Androhung der Ordnungsmittel aus § 890 ZPO.
126Zunächst wird auf die Begründung der Beschlussverfügung vom 19.10.2022 Bezug genommen.
127I. Die durch §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO vorgesehene Vollziehungsfrist von einem Monat ab Zustellung der einstweiligen Verfügung beim Verfügungskläger ist durch die unstreitig erfolgte Zustellung einer anwaltlich beglaubigten Abschrift einer Ausfertigung der Beschlussverfügung vom 19.10.2022 gewahrt.
128Dabei ist zwischen den Parteien die Wirksamkeit des Zustellungsvorgangs als solcher nicht streitig (zur Zustellung einer Beschlussverfügung grundlegend: BGH NJW 2019, 1374). Die Verfügungsbeklagte hält jedoch das zugestellte gerichtliche Dokument, d.h. den Beschluss vom 19.10.2022 für nicht wirksam von allen Kammermitgliedern elektronisch signiert, was sich aus der dem gerichtlichen Dokument beiliegenden Signaturübersicht ergebe, auf der zwei Signaturen als „ungeprüft“ ausgewiesen waren.
129Der Beschluss der Kammer vom 19.10.2022 war korrekt signiert.
130Dabei war der Beschluss von allen drei Kammermitgliedern zu signieren gem. § 315 Abs. 1 ZPO iVm §§ 317 Abs. 2 S. 2, 329 ZPO. Die Kammer hat sich ausweislich des Rubrums zur Entscheidung als Kammer und nicht für eine Entscheidung nur durch den Vorsitzenden entschieden. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass die Signatur des Vorsitzenden Richters Dr. J. jedenfalls als „geprüft“ angezeigt worden ist.
131Da das hiesige Verfahren als elektronische Akte geführt wird, handelt es sich bei dem Beschluss vom 19.10.2022 um ein gerichtliches elektronisches Dokument gem. § 130b ZPO. Nach S. 1 dieser Vorschrift müssen, soweit die ZPO dem U. (u.a.) die handschriftliche Unterzeichnung vorschreibt, die verantwortenden Personen am Ende des elektronischen Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen.
132Den Rechtsrahmen für die die Unterschrift ersetzende qualifizierte elektronische Signatur bildet die eIDAS-VO (VO (EU) Nr. 910/2014, siehe ausdrücklich O.. 25 Abs. 2). Nach O.. 3 Nr. 12 eIDAS-VO handelt es sich bei der qualifizierten elektronischen Signatur um eine fortgeschrittene elektronische Signatur (O.. 3 Nr. 11), die von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt wurde (O.. 3 Nr. 23) und auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruht (O.. 3 Nr. 15).
133Die qualifizierte elektronische Signatur gewährleistet sowohl die Authentizität als auch die Integrität des Dokuments, also dass das elektronische Dokument eine dem Papierdokument vergleichbare dauerhafte und nicht unbemerkt veränderbare Fassung erlangt. Die Signatur ist personengebunden und wird unter Verwendung der technischen Komponenten und der geheim zu haltenden PIN auf dem elektronischen Dokument vor der Übersendung angebracht. Das elektronische Dokument ist daher, um einer eigenhändigen Unterzeichnung gleichwertig zu sein, von demjenigen, dessen Unterschrift dem Formerfordernis des Schriftsatzes genügen würde, und damit von dem Signaturkarteninhaber eigenhändig zu signieren (MüKoZPO/Fritsche, 6. Aufl. 2020, ZPO § 130a Rn. 10 f.).
134Nach diesen Anforderungen haben alle drei Kammermitglieder eine qualifizierte elektronische Signatur vorgenommen. Zunächst erinnern sich alle drei Kammermitglieder, die den Beschluss vom 19.10.2022 signiert haben, dass sie die Signatur – wie sonst auch mehrfach täglich – unter Nutzung ihrer Signaturkarte und Eingabe ihrer persönlichen PIN geleistet haben. Die beiden Kammermitglieder, deren Signatur zunächst „ungeprüft“ angezeigt worden sind, signieren im Übrigen in gleicher O. und Weise dieses Urteil. Weiterhin hat die oben im Tatbestand dargestellte nachträgliche Prüfung über die eAkten-Software ergeben, dass die zwei zunächst als „ungeprüft“ angezeigten Signaturen nunmehr als „geprüft“ angezeigt werden. Der Grund für die frühere Anzeige als „ungeprüft“ ist der Kammer nicht nachvollziehbar, sie können aber auf einer technischen Störung der Signaturprüfung zurückgehen, die durchaus regelmäßig auch landesweit auftreten.
135Insoweit sieht auch die „Dienstanweisung - Elektronische Aktenführung und –bearbeitung“ des Präsidenten des Landgerichts Köln im Fall einer – wie hier zunächst vorliegenden – „gelben Signaturnadel“ Folgendes vor:
136„Bei der Anzeige einer gelben Signaturnadel ist zu differenzieren. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Prüfung der Signatur häufig spätestens nach einer Zeit von wenigen Stunden erfolgreich durchgeführt werden kann. Mit Ausnahme von besonderen Eilfällen ist daher zunächst eine gewisse Zeit zuzuwarten, bevor der Vorgang in Papierform weiterbearbeitet wird. Die erneute Überprüfung der Signatur erfolgt nicht automatisch. Vor Übergang in eine Bearbeitung in Papierform ist daher zunächst durch die Servicekraft ein neuer Signaturprüfbericht anzufordern. Von weiteren Anforderungen sollte zurückhaltend Gebrauch gemacht werden, um das System nicht zu überlasten. In bestimmten Fällen (allgemeine Störung, Verwendung eigener Signaturkarte, deren Zertifikat nicht gesperrt wurde) kann trotz gelber Signaturnadel von einer gültigen Signatur ausgegangen werden. Das gilt insbesondere, wenn es sich bei der Signatur um eine solche handelt, die man selbst mit seiner eigenen Signaturkarte ausgeführt hat und bei der man daher davon ausgehen kann, dass das Zertifikat zwischenzeitlich nicht gesperrt worden ist, weil ein Missbrauch auszuschließen ist. Es ist Rücksprache mit dem Entscheider zu halten.“
137Hieraus folgert die Kammer, dass eine „ungeprüfte Signatur“ jedenfalls dann eine qualfizierte elektronische Signatur ist, wenn die signierenden U. wie hier mit der eigenen auch im sonstigen Tagesgeschäft regelmäßig ohne Probleme eingesetzten Signaturkarte signiert haben und ein Missbrauch ausgeschlossen werden kann. Dies gilt umso mehr für einstweilige Verfügungen, bei deren Abwicklung regelmäßig Eile durch das Gericht geboten ist, was auch in der oben zitierten Dienstanweisung Anklang findet. Vorliegend ist neben der notwendigen Authentizität auch die Integrität des Beschlusses vom 19.10.2022 gegeben, weil das Dokument nach der Signatur aller drei Kammermitglieder nicht geändert worden ist. Andernfalls wären die Signaturnadeln im System als grau hinterlegt gewesen.
138Da somit drei wirksame qualifizierte elektronische Signaturen vorliegen, besteht weder an der formellen Wirksamkeit der Beschlussverfügung, noch an der Wirksamkeit der Zustellung der beglaubigten Abschrift der Ausfertigung dieses Beschlusses jegliche Zweifel. Dies gilt im Übrigen auch vor dem Hintergrund, dass hier im Vergleich zur Papieraktenführung kein Grund ersichtlich ist, wieso der Beschluss oder die Zustellung unwirksam sein sollten. Denn es handelt sich vorliegend weder um einen Fall der Nichtunterzeichnung, noch um einen Fall ähnlich der Unterzeichnung mit einer Paraphe, die in der Vergangenheit ggf. zu Problemen bei der Wirksamkeit geführt haben. Auch enthalten Ausfertigungen von Beschlussverfügungen aus Papierakten regelmäßig überhaupt keine Unterschriften, sodass auch insoweit nicht nachvollziehbar ist, wieso die hier beigefügte Signaturübersicht jedweden Einfluss auf die wirksame Vollziehung der einstweiligen Verfügung haben soll.
139II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig.
140Dafür wird zunächst auf die Begründung des Beschlusses vom 19.10.2022 verwiesen.
141Sodann rügt die Verfügungsbeklagte ausdrücklich die fehlende Bestimmtheit des Verfügungsantrages nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wobei sie hierzu aber keine Begründung gibt, sondern sodann einen Verstoß der Kammer gegen § 938 Abs. 1 ZPO postuliert. Dieser liege darin, dass der im Verfügungsantrag benutzte Begriff der Nutzung der Fotoaufnahmen von der Kammer geändert worden ist hin zum Begriff der Lizensierung bzw. des Angebots einer derartigen Lizenzierung.
142Zunächst einmal ist der Begriff der Nutzung nicht unbestimmt, folglich der Verfügungsantrag nicht in unzulässiger Weise unbestimmt. Ein Unterlassungsantrag muss nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO so bestimmt gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar umrissen sind und der Unterlassungsbeklagte erkennen kann, wogegen er sich verteidigen soll und welche Unterlassungspflichten sich aus einer dem Unterlassungsantrag folgenden Verurteilung ergeben; die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, darf nicht im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht überlassen werden (vgl. BGH ZUM 2008, 225). Nach diesen Grundsätzen lässt sich aus dem Begriff der Nutzung von Fotoaufnahmen der Umfang des Verbots für die Verfügungsbeklagte hinreichend erkennen. Dies gilt ebenso für die Begriffe der Lizensierung bzw. des Angebots einer derartigen Lizenzierung. Hierbei handelt es sich jeweils um klar konturierte Begriffe, wobei sich vertreten lässt, dass die von der Kammer gewählten Begriffe einen Unterfall der Nutzung darstellen.
143Selbst wenn ein Verstoß der Kammer gegen § 938 Abs. 1 ZPO vorliegen würde, so kann dies schon nicht zur Unzulässigkeit des Verfügungsantrags führen, allenfalls zu einer anderen Tenorierung in hiesigem Verfahren. Eine weitere Auseinandersetzung mit dem Einwand der Verfügungsbeklagten ist damit an dieser Stelle nicht erforderlich.
144III. Der Verfügungsgrund ist gegeben.
1451. Die Dringlichkeit ist gegeben.
146a) Die in der Beschlussverfügung bereits beschriebene Einreichung des Antrags binnen eines Monats ab Kenntnisnahme der angegriffenen Handlungsweisen der Verfügungsbeklagten genügt zunächst in zeitlicher Hinsicht den Anforderungen an die Dringlichkeit. Die in Urheberrechtssachen insoweit regelmäßig von der Kammer und vom Berufungssenat beim OLG Köln angenommene Monatsfrist lässt sich dabei wegen einer vergleichbaren Interessenlage auch auf die auf das absolute Rechts des Eigentums gestützten Ansprüche der Verfügungsklägerin übertragen.
147Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass zwischen der Reaktion der Verfügungsbeklagten auf die Abmahnung am 07.10.2022 und dem Eingang des Verfügungsantrags weitere 11 Tage verstrichen sind. Wie oben dargelegt ist der Antrag jedenfalls einen Monat nach Kenntnisnahme bei Gericht anhängig gemacht worden. Diese zeitliche Komponente ist bereits streng und bedarf keiner weiteren „Frist innerhalb der Frist“, wonach der Antrag binnen einer bestimmten Zeit nach der Abmahnung oder nach einer Reaktion hierauf einzureichen ist. In besonders eiligen Fällen mag dies nach den Grundsätzen der Selbstwiderlegung der Dringlichkeit anzunehmen sein. Ein solcher Fall liegt hier aber nach Ansicht der Kammer nicht vor.
148b) Der Umstand, dass die Verfügungsbeklagte die Fotoaufnahmen von ihrer Webseite entfernt hat, steht der Annahme eines Verfügungsgrundes nicht entgegen.
149aa) Die Dringlichkeit wird im Urheberrecht sowie im allgemeinen Deliktsrecht – anders als im Lauterkeitsrecht nach § 12 Abs. 1 UWG – zwar nicht vermutet. Der Antragsteller hat vielmehr darzutun und gegebenenfalls glaubhaft zu machen, dass die Voraussetzungen der §§ 935, 940 ZPO vorliegen und der Weg ins Hauptsacheverfahren unzumutbar ist (vgl. OLG Köln, ZUM-RD 2021, 431 f.; OLG Nürnberg GRUR-RR 2019, 64; OLG München BeckRS 2008, 42109). Bei einer fortbestehenden Rechtsverletzung wird sich die Dringlichkeit aber auch ohne Vermutung des § 12 Abs. 1 UWG in der Regel aus der Lage des Falles selbst ergeben (vgl. OLG Köln, ZUM-RD 2021, 431 f.; OLG Köln, BeckRS 2016, 09601; OLG München BeckRS 2008, 42109; GRUR 2007, 184; OLG Köln, WRP 2014, 1085). Die rein tatsächliche Beendigung der Verletzungslage kann zwar dazu führen, dass der Verfügungsgrund entfällt und dem Verletzten nur das Hauptsacheverfahren bleibt (OLG Köln, ZUM-RD 2021, 431, 432). Dies beschränkt sich indes auf Ausnahmesituationen (vergleiche OLG Köln, Urteil vom 21.10.2022 – 6 U 61/22).
150bb) Jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation führt der Umstand, dass die konkreten Fotoaufnahmen nicht mehr abrufbar sind, nicht dazu, dass der Verfügungsgrund entfällt. Die Frage, ob ein Verfügungsgrund zu verneinen sein kann, wenn das beanstandete Verhalten zwischenzeitlich eingestellt worden ist, muss stets anhand des Einzelfalls und kann nicht pauschal beantwortet werden (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 26.01.2023 – 6 W 1/23; siehe auch OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2021, 47128, Rz. 23 ff. – Deckenleuchten [zum Geschmacksmusterrecht]).
151Die Beurteilung der Frage, ob ein Verfügungsgrund anzunehmen ist, erfolgt daher im Rahmen einer einzelfallorientierten Interessenabwägung. Häufig ist ein wirksamer Schutz der Urheberrechte des Rechtsinhabers nur durch ein kurzfristiges Unterlassungsgebot zu erreichen. Dasselbe gilt auch für die hier auf Eigentum gestützten Ansprüche, das ebenfalls ein Ausschließlichkeitsrecht darstellt. Aus diesem Grund ist ein Eilbedürfnis regelmäßig anzunehmen, wenn weitere Verletzungshandlungen drohen (vgl. Kefferpütz in Wandtke/Bullinger aaO, Vor §§ 97 ff. Rn. 79). Allerdings muss die Prüfung der Notwendigkeit der einstweiligen Verfügung auch berücksichtigen, ob wesentliche Nachteile drohen und die einstweilige Verfügung notwendig ist. In diesem Rahmen sind die sich gegenüberstehenden Belange der Parteien zu berücksichtigen (vgl. Wimmers in Schricker/Loewenheim, UrhG, 6. Aufl., § 97 Rn. 341a; Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 12. Aufl., § 97 Rn. 200). Dass eine einstweilige Verfügung erforderlich ist, ist vom Antragsteller darzulegen und erforderlichenfalls glaubhaft zu machen (vgl. Wimmers in Schricker/Loewenheim aaO, § 97 Rn. 341a; Fromm/Nordemann aaO, § 97 Rn. 199; zitiert nach OLG Köln, Beschluss vom 26.01.2023 – 6 W 1/23; Urteil vom 21.10.2022 – 6 U 61/22).
152Für die Beantwortung der Frage, welche Anforderungen in einem solchen Fall an die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast des Antragstellers in Bezug auf das (weitere) Vorliegen einer Eilbedürftigkeit zu stellen sind, ist ferner zu berücksichtigen, dass sich der Verfügungsgrund aus objektiven Umständen ergeben muss. Ob einem Antragsteller das Verfügungsverfahren offensteht, muss deshalb auch für ihn auf der Grundlage objektiver Anhaltspunkte beurteilbar sein. Denn naturgemäß kennt er die Gedanken und Absichten seines Gegners nicht. Auch will er sich zu Recht nicht der Gefahr ausgesetzt sehen, nach Einstellung der Verletzungshandlung keinen Eilrechtsschutz in Anspruch genommen zu haben, um sich dann bei einer etwaigen Wiederaufnahme der Verletzungshandlung mit dem Vorwurf konfrontiert zu sehen, er sei nicht frühzeitig gegen die Verletzung vorgegangen. Wie auch hier, steht es regelmäßig im Belieben des Antragsgegners, ob er die zunächst eingestellte Verletzungshandlung wieder aufnimmt. Denn faktisch möglich ist ihm das regelmäßig jederzeit. Weiteren Vortrags der Antragstellerin zur Eilbedürftigkeit bedarf es in einem solchen Fall deshalb zunächst nicht, solange nicht objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine eingestellte Verletzungshandlung in naher Zukunft nicht wieder aufgenommen wird.
153Die Verfügungsbeklagte hat vorliegend auf die vorgerichtliche Abmahnung mit einer Fristverlängerungsbitte reagiert und keine Unterlassungserklärung abgegeben. Dabei führt die bloße materiell-rechtlich indizierte Wiederholungsgefahr nicht automatisch zur Annahme der Dringlichkeit (vgl. OLG Köln, Urteil vom 21.10.2022 – 6 U 61/22; Beschluss vom 26.01.2023 – 6 W 1/23). Jedoch ergibt sich aus dem anwaltlichen Schreiben vom 07.10.2022 keine zweifelsfreie Unterwerfung der Verfügungsbeklagten, die der Verfügungsklägerin hinreichende Sicherheit geben könnte, dass nicht mit einer Wiederaufnahme der Angebote im Laufe der Zeit bis zur Erlangung einer Hauptsacheentscheidung zu rechnen wäre. So schreibt der Prozessbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten (Anlage ASt 12) eingangs, dass die „Abmahnung und die dort erhobenen Vorwürfe zu der Vielzahl beanstandeter Abbildungen eine Reihe von Fragen aufwerfen“. Der Schriftsatz schließt mit der Formulierung: „Bis zum Abschluss unserer Recherchen hat unsere Mandantin entgegenkommend und ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage die monierten fotografischen Abbildungen aus ihrem Angebot entfernt.“ Aus dieser Äußerung lässt sich aus Sicht der Verfügungsklägerin mit guten Gründen befürchten, dass die Verfügungsbeklagte nach Abschluss ihrer Recherchen und rechtlicher Prüfung zu dem Ergebnis kommen könnte, die angegriffenen Handlungsweisen seien rechtmäßig und folglich die Nutzung auf ihrer Webseite wieder aufnehmen. Dies wird noch unterstrichen durch die Wendungen „entgegenkommend“ und „ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage“. Dieser Eindruck wird noch durch die Länge der erbetenen Fristverlängerung von zwei Wochen bestärkt, denn wenn die Verfügungsbeklagte erst nach einer erheblichen Dauer ihre Recherchen abschließt und dann meint, zur Nutzung berechtigt zu sein, wäre der Verfügungsklägerin der Weg in den Eilrechtsschutz versperrt gewesen. Insoweit liegt der hiesige Fall bereits erheblich anders als in der von der Verfügungsbeklagten vorgebrachten Entscheidung des OLG Köln in Sachen „Trainer-Foto“ (ZUM-RD 2021, 431). Vorliegend ist es gerade nicht nur das Vorliegen der Widerholungsgefahr des materiell-rechtlichen Unterlassungsanspruchs, der für eine Dringlichkeit spricht.
154Wenn somit – wie vorliegend – aus der bloßen Einstellung der Verletzungshandlung für die Verfügungsklägerin nicht sicher beurteilbar ist, dass bis zum nächstmöglichen Verstoß aller Voraussicht nach eine Hauptsacheentscheidung herbeigeführt werden kann, und wenn die O. des in Rede stehenden Verstoßes eine zeitnahe Wiederholung als wahrscheinlich erscheinen lässt, dann entfällt ein Verfügungsgrund regelmäßig nur dann, wenn der Verfügungsbeklagte neben der Einstellung der Verletzungshandlung eine unter der rückwirkend auflösenden Bedingung einer für ihn positiven Entscheidung in der Hauptsache stehende, vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung abgibt (OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2021, 47128, Rz. 31 – Deckenleuchten [zum Geschmacksmusterrecht]). Dies belastet einen Antragsgegner im Verhältnis zum Antragsteller auch nicht unangemessen. Will er dem Antragsteller die Möglichkeit eines Vorgehens im einstweiligen Verfügungsverfahren nehmen, dann muss er den Antragsteller in eine Lage versetzen, die auch für diesen das Abwarten auf eine Hauptsacheentscheidung zumutbar macht.
155Dabei ändert auch das Telefonat vom 10.10.2022 zwischen Frau V. und Herr D. nichts an der Dringlichkeit. Bereits aus der zur Glaubhaftmachung vorgelegten E-Mail in Anlage AG1, die nicht über eine eidesstattliche Versicherung des Herrn D. untermauert wird, ergibt sich nichts, was die oben dargestellte Mitteilung der Rechtsanwälte der Verfügungsbeklagten einer „entgegenkommender“ Weise vorgenommenen Löschung unter Recherchevorbehalt umkehren würde, sodass die Verfügungsklägerin nunmehr von einer dauerhaften Löschung ausgehen konnte. Dieses Verständnis bestätigt die in der Sitzung zur Glaubhaftmachung vorgelegte E-Mail der Frau V. vom 09.03.2023 (Bl. 603 GA), die ebenfalls nicht über eine eidesstattliche Versicherung untermauert wird. Hier schildert Frau V., dass ihr „nicht bekannt (war), wie genau die Beziehungen zwischen einem Fotografen und P. sind, und was ein Fotograf für Möglichkeiten hat auf eine Wiedergabe von Fotos über das Portal von P. einzuwirken.“ Jedenfalls habe sie nach dem Telefonat nicht das Gefühl gehabt, eine zukünftige Wiedergabe der Fotos über die Website von P. sei sicher ausgeschlossen. In der fehlenden Aufführung dieses Telefonats vom 10.10.2022 in der Antragsschrift erkennt die Kammer demnach auch keine Erschleichung eines Vollstreckungstitels, den die Verfügungsklägerin andernfalls nicht erlangt hätte. Wären die Informationen hierzu bereits in der Antragsschrift enthalten gewesen, so hätte auch insoweit für die Kammer kein Hinweis einer dauerhaften einvernehmlichen Löschung bestanden.
156Daher ist die Antragstellerin schon grundsätzlich auf den Erlass der einstweiligen Verfügung zur effektiven Durchsetzung ihrer Rechte angewiesen, um ihre prozessualen und materiellen Interessen zu wahren.
157cc) Nichts anderes ergibt sich aus einer weiteren Interessenabwägung.
158Auf der Seite der Verfügungsklägerin ist dabei ergänzend zu berücksichtigen, dass die Verfügungsbeklagte in absolute Rechte der Verfügungsklägerin eingegriffen hat und dies über das Internet erfolgt ist. Durch das Vorhalten der Fotoaufnahmen auf der Webseite der Verfügungsbeklagten eröffnet sie die Gefahr der Intensivierung der behaupteten Rechtsverletzung, namentlich durch Auffindbarkeit über die Google-Bildersuche, durch einfache Vervielfältigung der Fotoaufnahmen durch Besucher der Webseite der Verfügungsbeklagten mit wenigen Klicks. Mit zunehmender Dauer der Verfügbarkeit wird es dadurch schwieriger für die Verfügungsklägerin, die Verfügbarkeit von Fotoaufnahmen im Internet insgesamt zu unterbinden.
159Die Interessen der Verfügungsbeklagten sind dagegen vorliegend nicht gleichgewichtig; sie überwiegen jedenfalls nicht. Die Verfügungsbeklagte ist dabei zwar in ihren grundrechtlich nach O.. 12, 14 GG geschützten Positionen betroffen. Diese Betroffenheit bezieht sich aber nur auf einen marginalen Anteil der von ihr angebotenen Fotoaufnahmen und zwar auf ca. 40 Aufnahmen von ca. 4 Mio. Bildern, die sie zur Lizensierung anbietet. Mit dem einstweiligen Verbot der Nutzung der hier gegenständlichen Fotoaufnahmen gehen also auch keine offensichtlichen wirtschaftlichen Einbußen einher. Jedenfalls hat die Verfügungsbeklagte solche hier nicht vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht.
1602. Schlussendlich fehlt der Verfügungsgrund auch nicht wegen einer angeblichen Verletzung der Beklagten in ihrem grundrechtsgleichen Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs und wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit. Selbst wenn ein solcher Verstoß vorliegen sollte – was die Kammer indes auch nach dem Vorbringen der Verfügungsklägerin nicht erkennt – wirkt sich dies für das weitere Verfahren nicht aus. Denn die Verfügungsbeklagte hat jedenfalls nunmehr - im Rahmen des Widerspruchsverfahrens - hinreichend Gelegenheit zur Äußerung erhalten – wovon sie erstaunlicher Weise erst am Morgen des Tages der mündlichen Verhandlung ca. 5 Monate nach Beschlusserlass und ca. 3 Monate nach Erhebung des Widerspruchs Gebrauch gemacht hat.
161Für das weitere fachgerichtliche Verfahren bleibt ein – an dieser Stelle unterstellter – Waffengleichheitsverstoß ohne Konsequenz. Ein nach mündlicher Verhandlung über den Widerspruch nach §§ 924, 936 ZPO ergangenes Urteil, welches eine einseitig ohne Anhörung des Antragsgegners erlassene Beschlussverfügung gemäß §§ 925, 936 ZPO bestätigt, beruht jedenfalls nicht mehr auf einem angenommenen ursprünglichen Verstoß (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil v. 27.02.2019 - I-15 U 45/18 -, juris Rn. 8 ff.; OLG München, Urteil v. 12.12.2019 - 6 U 4009/19 -, juris Rn. 78). Erhält die Verfügungsbeklagte Gelegenheit, in den vorbereitenden Schriftsätzen und im Termin zur mündlichen Verhandlung über den Widerspruch, § 924 Abs. 2 Satz 2 ZPO, ihre sämtlichen tatsächlichen und rechtlichen Argumente vorzubringen, wird der angenommene ursprüngliche Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör noch vom zuständigen Ausgangsgericht geheilt. Das Gericht hat auf den Widerspruch hin zu prüfen, ob im allein maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung über den Widerspruch sämtliche Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Verfügung vorliegen. Dies erfolgt in dieser Urteilsbegründung.
162IV. Die Verfügungsklägerin hat das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen des für die Tenorziffer 1.) der Beschlussverfügung aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB sowie für die Tenorziffer zu 2.) aus § 97 Abs. 1 Satz 1 16, 19a, 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG folgenden Unterlassungsanspruchs gegen die Verfügungsbeklagte dargelegt und glaubhaft gemacht. Dabei wird zunächst auf die ausführliche Begründung der Beschlussverfügung verwiesen, die hier keiner Wiederholung bedarf. Es wird nachstehend auf die Einwendungen der Verfügungsbeklagten eingegangen.
1631. Die Klägerin ist aktivlegitimiert.
164Soweit die Verfügungsbeklagte zunächst die Rechts- und Parteifähigkeit der Verfügungsklägerin bestritten hat, hat sie dies in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich fallen gelassen. Als Eigentümerin ist sie für die Ansprüche nach § 1004 BGB aus eigenem Recht aktivlegitimiert.
165Für die Ansprüche betreffend das F. ist die Verfügungsklägerin im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft aktivlegitimiert. Dies bestreitet die Verfügungsbeklagte im Ausgangspunkt angesichts der vorgelegten und im Wortlaut unmissverständlichen vertraglichen Vereinbarung zwischen der Verfügungsklägerin und Herrn Prof. U. nicht. Sie bemängelt aber, dass keine Einzugsermächtigung zugunsten der Verfügungsklägerin bestehe und sie deshalb zwar fremde Rechte in eigenem Namen geltend machen kann, jedoch nur Leistung an Prof. U. als Urheber verlangen könne. Diese Ansicht ist rechtsirrig.
166Die Geltendmachung urheberrechtlicher Unterlassungsansprüche in gewillkürter Prozessstandschaft ist keine Seltenheit und war bereits wiederholt Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen. So führte etwa der I. Zivilsenat des BGH bereits im Jahr 2001 (Urteil vom 05.07.2001, GRUR 2002, 248, 250 – SPIEGEL-CD-ROM) wie folgt aus:
167Das BerGer. hat jedoch die unwirksamen Abtretungserklärungen ohne Rechtsfehler in der Weise umgedeutet, dass der Kl. dazu ermächtigt werden sollte, diese Ansprüche im eigenen Namen durchzusetzen. Diese Ermächtigung ist wirksam. Insbesondere steht ihr - entgegen der Auffassung der Revision - nicht entgegen, dass der in Prozessstandschaft geltend zu machende Anspruch nicht abtretbar ist (BGH, GRUR 1983, 379 [381] = NJW 1983, 1559 - Geldmafiosi). Zwar ist die gewillkürte Prozessstandschaft in der Rechtsprechung des BGH für unzulässig gehalten worden, wenn das einzuklagende Recht höchstpersönlichen Charakter hat und mit dem Rechtsinhaber, in dessen Person es entstanden ist, so eng verknüpft ist, dass die Möglichkeit, seine gerichtliche Geltendmachung einem Dritten im eigenen Namen zu überlassen, dazu in Widerspruch stünde (BGH, GRUR 1983, 379 [381] = NJW 1983, 1559 - Geldmafiosi, m.w. Nachw.). Handelt es sich aber um Rechte oder rechtlich geschützte Positionen, die zusammen mit den Ansprüchen, die sie schützen sollen, übertragbar sind, hat die Rechtsprechung, auch wenn die geltend zu machenden Ansprüche für sich allein nicht übertragbar sind, die Ermächtigung zur gerichtlichen Verfolgung von Rechten zu Gunsten des materiell Berechtigten stets für zulässig erachtet, wenn der Ermächtigte an der Rechtsverfolgung ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse hat (BGH, GRUR 1983, 379 [381] = NJW 1983, 1559 - Geldmafiosi, m.w. Nachw.). Zu den Rechten, zu deren gerichtlicher Wahrnehmung der Rechtsinhaber einen Dritten wirksam ermächtigen kann, zählen danach auch die aus den urheberrechtlichen Verwertungsrechten fließenden Unterlassungsansprüche. Sie können - obwohl nicht isoliert abtretbar - im Falle der Einräumung von Nutzungsrechten von anderen als den ursprünglichen Rechtsinhabern geltend gemacht werden. Auch ihrer Geltendmachung im Wege der Prozessstandschaft steht grundsätzlich nichts entgegen.
168Für eine gewillkürte Prozessstandschaft des Kl. fehlt es auch nicht an dem erforderlichen eigenen schutzwürdigen Interesse (vgl. BGH, GRUR 1998, 417 [418] = NJW 1998, 1148 = LM H. 5/1998 § 13 UWG Nr. 89 - Verbandsklage in Prozessstandschaft). Beim Kl. handelt es sich um einen Berufsverband, bei dem ohne weiteres - auch ohne dass Feststellungen zum Satzungszweck getroffen sind - davon auszugehen ist, dass die Geltendmachung von Ansprüchen der hier in Rede stehenden O. zu seinen Aufgaben gehört und dass er daher ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung hat.
169(Hervorhebungen durch die Kammer)
170Dieser Entscheidung ist weder in der Tenorierung (siehe dazu auch die Tenorierung der Vorinstanz des OLG Hamburg, Urteil vom 05.11.1998 - 3 U 212/97, über juris) noch in den Entscheidungsgründen ein Erfordernis dahingehend zu entnehmen, dass die Unterlassung nur gegenüber dem Rechteinhaber oder nur gegenüber dem gewillkürten Prozessstandschafter mit Einzugsermächtigung verlangt werden kann. Entsprechendes lässt sich auch nicht späteren Grundsatzentscheidungen des BGH im Urheberrecht, bei denen eine gewillkürte Prozessstandschaft gegeben war entnehmen (insbesondere BGH, NJW 2013, 3789 – Beuys-Aktion, und GRUR 2016, 1048 - An Evening with Marlene Dietrich; NJW 2016, 2335 – Marcel-Breuer-Möbel II).
171Dies wiederum liegt darin begründet, dass bei einem Unterlassungsanspruch, anders als bei Zahlungsansprüchen, die Erfüllung nach § 362 BGB nur eine untergeordnete Rolle spielt. Zwar sind auch Unterlassungsansprüche für die Vergangenheit einer Erfüllung zugänglich. Da Unterlassungsverpflichtungen aber in der Regel – so auch hier – Dauerschuldverhältnisse darstellen, erfordern sie eine fortlaufende Erfüllung; eine endgültige Erfüllung im Sinne von § 362 Abs. 1 BGB, die zum Erlöschen des Anspruchs führt, scheidet aus (vgl. Fritzsche, in: Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 3. Auflage 2022, § 8 UWG, Rn. 174). Insoweit ist das Konstrukt der Einzugsermächtigung im Falle eines Unterlassungsanspruchs bereits ungeeignet, weil hier die Problematik des §§ 362 Abs. 2, 185 BGB im Falle der Leistung durch den Schuldner an eine andere Person als den Gläubiger keine praktische Auswirkung hat. Denn wenn der Unterlassungsschuldner gegenüber dem Prozessstandschafter eine Handlung unterlässt, so unterlässt er diese logischerweise im Falle der unterlassenen Verletzung absoluter Rechte auch gegenüber dem Gläubiger. Hier besteht nicht die Gefahr wie bei Zahlungsansprüchen, dass die punktuelle Leistungsbewirkung gegenüber dem Prozessstandschafter keine Wirkung gegenüber dem Gläubiger hat. Der Prozessstandschafter verfügt durch die „Annahme der Erfüllung“ der Unterlassungsschuld für die Vergangenheit, die faktisch einem Nichtstun entspricht, auch über keine fremde Rechtsposition.
172Deshalb ist es bei Unterlassungsansprüchen entscheidend, dass die Wiederholungsgefahr ausgeräumt wird. Diese Wiederholungsgefahr muss wiederum nicht unbedingt gegenüber dem Gläubiger selbst ausgeräumt werden. Insoweit zeigt die Ermächtigung zur gewillkürten Prozessstandschaft bereits, dass der Urheber bei dem Ermächtigten ein gleichwertiges Interesse an der Verfolgung von Rechtsverletzungen und der Durchsetzung von diesbezüglichen Ansprüchen erkennt oder erwartet. Dies kann auch damit zusammenhängen, dass der Urheber selbst kein Interesse hat, selbst Verletzungen zu verfolgen. Demnach kann auch die Ausräumung der Wiederholungsgefahr gegenüber einem Dritten, wie einem Prozessstandschafter erfolgen. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass die Wiederholungsgefahr nur einheitlich und nicht etwa unterschiedlich im Verhältnis zu verschiedenen Verletzten beurteilt werden kann, da es nicht denkbar ist, dass ein und derselbe Verstoß einem Verletzten – und zwar dem Vertragsstrafegläubiger - gegenüber unterlassen, anderen gegenüber aber nochmals begangen werden kann (so zur Drittunterwerfung im Lauterkeitsrecht, BGH GRUR 1983, 186 – Wiederholte Unterwerfung; vgl. dazu auch Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Auflage 2023, § 13, Rn. 212 f.). Diese Erwägung ist im Urheberrecht ebenso anwendbar, weil auch hier mehrere Unterlassungsgläubiger denkbar sind, etwa bei Miturhebern oder Urhebern und ausschließlichen Lizenznehmern. Der Fall liegt auch nicht anders, wenn der Urheber einen wie hier nur einfachen Lizenznehmer zur gewillkürten Prozessstandschaft ermächtigt. Wenn aber die Wiederholungsgefahr schon vorgerichtlich gegenüber einer anderen Person als dem Urheber ausgeräumt werden kann, so muss diese andere Person auch – wie hier bei entsprechender Ermächtigung – befugt sein, gerichtliche Schritte einzuleiten. Andernfalls würde man die Axt an das etablierte und höchstrichterlich ständig praktizierte Institut der gewillkürten Prozessstandschaft anlegen.
173Dem stehen auch die im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 30.03.2023 erneut vorgebrachten Argumente entgegen. Wie oben dargelegt, beruht die Entscheidung der Kammer nicht auf Praktikabilitätserwägungen, sondern auf dogmatischen Grundlagen. Auch die Erwägung wer einen Ordnungsmittelantrag stellen kann, spielt hier keine Rolle. Denn selbst wenn die Unterlassungspflicht gegenüber dem Urheber tenoriert würde, so würde gleichwohl die Verfügungsklägerin als Partei antragsberechtigt nach § 890 ZPO sein und nicht der Urheber, der ja gerade nicht Titelgläubiger, sondern nur materiell Begünstigter wäre. Dasselbe gilt für einen Titelverzicht oder die Passivlegitimation einer Vollstreckungsabwehrklage. Das „Prinzip, dass der Titelgläubiger mit dem materiell oder prozessual Berechtigten übereinstimmen muss“ wird gerade durch die gemeinhin anerkannte gewillkürte Prozessstandschaft durchbrochen. Dass die Verfügungsbeklagte hier auf dem juristischen Holzweg ist, zeigt sich auch dadurch, dass sie keine einzige Quelle aus Schrifttum oder Rechtsprechung zu zitieren vermag, die ihre Ansicht stützen könnte.
1742. Die Beklagte ist auch passivlegitimiert.
175Die Verteidigung, wonach die Bedingungen zur Gestattung der Fotografie zu privaten Zwecken nur im Internet veröffentlicht worden sei, ist schon deshalb unbehelflich, weil nach der in der Beschlussverfügung zitierten Rechtsprechung grundsätzlich ein Totalverbot von Innenaufnahmen und damit auch der Nutzung entsprechender Fotoaufnahmen berechtigt ist. Es bedarf also keines Verbots durch die Klägerin, sondern allein eine Gestattung führt aus dem Verbot heraus.
176Soweit der Verfügungsbeklagte sich an einer bestimmten Formulierung, die auf eine zeitliche Verknüpfung abzielt („späterer Verstoß“), so ist diese Formulierung einem Rechtsprechungszitat entnommen. Nach vorstehendem Absatz kommt es auf die zeitliche Abfolge der Bedingungen der Verfügungsklägerin nicht an, weil die Verfügungsbeklagte selbst nicht behauptet, zu irgendeiner Zeit eine Gestattung der Verfügungsklägerin zur Nutzung von Innenaufnahmen des Kölner Doms gehabt zu haben.
177Die Kammer ist auch allein anhand der in der Tenorziffer zu 1.) der Beschlussverfügung eingeblendeten Screenshots von der Webseite der Verfügungsbeklagten von einer Lizenzierung bzw. eines entsprechenden Angebots nach Deutschland nach dem für das einstweilige Verfügungsverfahren ausreichenden Wahrscheinlichkeitsgrad überzeugt. Dabei genügt nach Ansicht der Kammer bereits das Bereithalten der Fotoaufnahmen auf der gewerblichen Bilderdatenbank der Verfügungsbeklagten dafür, um von einem Angebot zur Lizenzierung auszugehen. Denn die Verfügungsbeklagte hält diese Fotodateien dort zum Zwecke ihres Geschäftsbetriebs und nicht etwa aus redaktionellen oder archivarischen Gründen vor. Dabei erscheint es widersinnig, Fotodateien vorzuhalten, die von den Kunden nicht lizensiert werden können. Dass die Verfügungsbeklagte vergleichbar einer Bildersuchmaschine oder einem sozialen Netzwerk wie Pinterest Fotografien zum Informations- oder Unterhaltungszweck vorhält, trägt sie selbst nicht vor.
178Soweit die Screenshots in der Vielzahl sodann den ausdrücklichen Text „Want to download this image now?“ (oder bei 1.33 auf Deutsch: Sie möchten dieses Bild sofort?) und/oder eine Schaltfläche „add to cart“ und „1. Usage/2. Pay“ aufweisen, kann auch ohne „Testlizenzkauf“ der Verfügungsklägerin von einem Lizenzangebot ausgegangen werden. Anders erklärt sich dieser gewählte Auftritt der gewerblich im Bereich der Bildlizenzierung auch in Deutschland tätigen Verfügungsbeklagten nicht. Auch der Anlage A8 war in der URL bereits das Kürzel nach Top und Second Level Domain der Pfad „/de/“ zu entnehmen, sodass hier offenbar ein Zugriff aus Deutschland oder jedenfalls unter Nutzung der deutschen Sprache erfolgt ist. Demnach stellen sich die Lizenzangebote auch als Angebote an den deutschen Verkehr dar. Dies wird außerdem durch die eidesstattliche Versicherung der Frau V. in Anlage A9 unterstrichen, wonach der „Verlag an der Y. GmbH“ über die Seite der Verfügungsbeklagten Nutzungsrechte anfragte.
179Bei den Screenshots 1.20, 1.21, 1.24 und 1.28 heißt es sodann „not available für e-commerce. please click to get a quote that fits your requirements“ bzw. bei 1.32 „Online-Kauf nicht verfügbar. Klicken Sie hier, um ein Angebot anzufordern, das Ihren Anforderungen entspricht“. Auch hier wird deutlich, dass eine Lizenzierung durch die Verfügungsbeklagte grundsätzlich angeboten wird, andernfalls macht es keinen Sinn, dass der Seitenbesucher auf die pinke Schaltfläche klicken soll, um ein Angebot bzw. ein „quote“ zu erhalten. Dies mag zwar zivilrechtlich nur eine invitatio ad offerendum darstellen, für den insoweit nicht allgemein zivilrechtlich, sondern mit Rücksicht auf die wirtschaftliche bzw. faktische Handlung der Verfügungsbeklagten zu verstehenden Tenor der Beschlussverfügung reicht dies jedoch aus. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtung hält die Verfügungsbeklagte auch hier die Bilder auf der eigene Webseite vor und bietet Lizenzsuchern an, ein maßgeschneidertes Angebot zu unterbreiten. Allein ein „E-Commerce“ ist hier nicht möglich.
1803. Die Tenorierung ist durch die Kammer nach § 938 Abs. 1 ZPO klarstellend gefasst worden. Die von der Verfügungsbeklagten gerügte Änderung des Begriffs der „Nutzung“ hin zu „Lizenzierung“ bzw. „Angebot der Lizenzierung“ in der Tenorziffer zu 1.) der Beschlussverfügung ist eine zulässige Klarstellung des Begehrens. Dies ist weder ein „aliud“, noch ein „minus“ zum Begriff der „Nutzung“, sondern unter Berücksichtigung der Begründung dasjenige, was dem Begehren der Verfügungsklägerin, wie es sich vor allem aus den eingeblendeten Screenshots ergibt. Hiermit geht keine Teilzurückweisung einher.
181Die Einfügung der konkreten Verletzungsform in der Tenorziffer zu 2.) entspricht auch der ständigen Praxis der Kammer für Urheberrechtssachen nach § 938 Abs. 1 ZPO. Die Kammer legt Wert darauf, dass in den Tenorierungen sowohl der Schutzgegenstand als auch die konkrete Verletzungsform ersichtlich sind. Bei Auslegung des Klagebegehrens, insbesondere nach Vorlage der Anlage K8, hat die Kammer angenommen, dass hier kein rein abstraktes Verbot begehrt worden ist, sondern ein Verbot der konkreten Verletzungsform. Demnach wurde diese im Tenor eingeblendet. Da dies dem nach Auslegung ermittelten Begehren entsprach, war hiermit auch keine Teilzurückweisung verbunden.
182V. Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 30.03.2023 (Verfügungsbeklagte), vom 05.04.2023 (Verfügungskläger) und vom 03.05.2023 (Verfügungsbeklagte) hat die Kammer zur Kenntnis genommen. Neuer Tatsachenvortrag hierin, insbesondere im letztgenannten Schriftsatz vom 03.05.2023, ist jedoch gem. § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen. Die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 ZPO ist nicht geboten, da kein Grund nach Absatz 2 der Norm vorliegt und im Übrigen angesichts des hier vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht angezeigt ist. Im Übrigen hat die Kammer insoweit in ihre Bewertung einfließen lassen, dass die im Schriftsatz vom 03.05.2023 erstmals vorgelegte E-Mail in Anlage AG4 auf den 06.10.2022 datiert ist und insoweit eine frühere Einführung in dieses Verfahren möglich gewesen wäre.
183VI. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
184Das die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil wirkt wie die ursprüngliche einstweilige Verfügung und ist daher mit der Verkündung, auch wegen der Kosten, sofort vollstreckbar (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 925, Rn. 7).
185VI. Der Streitwert wird gemäß §§ 39 ff., 48, 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 63 GKG, 3 ZPO auf 53.000,00 EUR (Antrag zu 1.: 33 x 1.000,00 EUR; Antrag zu 2.: 20.000,00 EUR) festgesetzt.